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Überstunden „Sollen wir am Wochenende ins Kino gehen?

“, fragte Als der Aufzug im Erdgeschoss ankam, geleitete To-


sie ihn. bias seine Freundin auf die Straße. Direkt vor dem Haus
„Hmm. Ich würde dich lieber zum Essen einladen. parkte eine riesige Stretchlimousine.
Marion saß zu Hause und wartete. Schon seit einer Nur wir beide. Am Samstagabend. Was hältst du Marion blieb stehen. Sie traute ihren Augen nicht.
Stunde wartete sie ungeduldig. Wo blieb er nur? Er sollte davon?“, schlug Tobias vor. „Ja aber... Was... Ich...“, stammelte sie.
doch schon längst zu Hause sein. In letzter Zeit ging er „Alles klar. Das finde ich noch besser. Wohin gehen Tobias lachte und sagte: „Genau. Ich verstehe dich
abends immer häufiger fort und kam spät wieder. Erst wir denn?“ auch ohne, dass du etwas sagst.“
letzte Woche ist ihr aufgefallen, dass er aus der Sauna zu- „Lass dich überraschen.“ Er führte Marion zur Limousine und der Fahrer des
rück gekommen war und sein Handtuch überhaupt nicht Wagens öffnete die Tür.
benutzt hatte. Und jetzt saß sie schon wieder zu Hause „Tobias? Wieso hat Rudolph vorhin hier angerufen „Bitte schön die Dame.“, sagte er. „Der Herr.“
und machte sich Sorgen. Ihm könnte etwas passiert sein. und gefragt, ob du die CD-Rom zu Hause hast? Ich Die beiden stiegen ein und der Fahrer schloss die
Marion lief in der Wohnung umher. Immer wieder dachte ihr beide wart zusammen essen.“ Tür wieder. Dann stieg auch er ein und die Fahrt be-
blieb sie am Fenster stehen und sah auf die Straße. Drau- „Marion. Ich kann dir das erklären. Es ist so, dass-“ gann.
ßen regnete es und die Regentropfen prasselten auf das „Nein! Ich will es gar nicht hören. Wenn du mich Marion staunte so sehr über das Innere der Limousi-
Dachfenster. nicht liebst, dann sag es einfach. Dann gehe ich.“, schrie ne, dass sie völlig überrascht war, als der Fahrer die Tür
Wo blieb er nur? Ihre Gedanken kreisten um die un- sie ihn an. öffnete und sagte: „Wir sind da. Ich wünsche Ihnen
möglichsten Dinge und egal, was sie tat, sie konnte es „Aber Schatz! So ist das doch gar nicht.“ einen angenehmen Abend.“
nicht ändern. „Ach. Und wie ist es dann?“ Das Pärchen stieg aus und Tobias bedankte sich bei
Endlich fuhr ein Taxi vor. Aber wieso kam er mit dem „Bitte vertraue mir. Ich kann es dir noch nicht sagen. dem Fahrer. Währenddessen wurde Marion schon wie-
Taxi? Ein Mann in einem schwarzen Anzug stieg aus. Er Aber wenn wir morgen Abend essen gehen, dann erzähle der sprachlos.
hatte einen Aktenkoffer bei sich. Doch Marion konnte ich es dir. Bitte!“ Sie stand vor dem nobelsten und teuersten Restau-
nicht erkennen, ob es wirklich ihr Tobias war. Marion wusste selbst nicht genau, wieso sie Tobias rant der ganzen Stadt. Es hatte fünf Sterne und war nur
Der Mann ging auf die Eingangstür des Hauses zu und glaubte. Es war, als würde jemand anderes die Antwort für Mitglieder. Marion wusste, dass keiner von ihnen
somit war er aus Marions Blickfeld verschwunden. Sie geben. Es war, als würde jemand unbekanntes ihrem Mitglied war. Trotzdem führte Tobias seine Freundin zu
wartete. Doch als der Mann auch nach fünf Minuten noch Freund noch eine letzte Chance geben. eben diesem Restaurant.
nicht in der Wohnung stand, in welcher Marion wartete, „Na gut.“ Drinnen sah alles sehr edel und teuer aus und Mari-
wusste sie, dass es nicht ihr Tobias war. „Danke.“ Das war alles, was Tobias sagen konnte. Als on zweifelte keine Sekunde daran, dass es das auch war.
Und wieder wartete sie. Ihre Augen starrten zwar auf er sah, dass Marion sich auf das Sofa setzte, verspürte er Nachdem die beiden die ersten drei Gänge ihres
die Straße, allerdings nahm sie nichts von dem wahr, was den Drang, sich in sein Arbeitszimmer zurück zu ziehen Menüs gegessen hatten, sagte Tobias: „Du hast ja mitbe-
sie sah. Ihre Gedanken kreisten nur um Tobias. Umso und die letzten, entscheidenden Vorkehrungen zu tref- kommen, dass ich in letzter Zeit sehr viel unterwegs war
überraschter war sie, als ihr plötzlich jemand eine Hand fen. und kaum Zeit für dich hatte. Das hatte auch einen
auf die Schulter legte. Sie fuhr herum und blickte in zwei Grund. Ich war nicht in der Sauna und auch nicht beim
wunderschöne blaue Augen. Der Samstagabend kam und Tobias hatte Marion ge- Pokern. Und ich hatte auch noch nie ein Essen mit mei-
„Hallo mein Schatz. Tut mir Leid, ich wollte dich nicht beten, sich schick zu machen. nem Abteilungsleiter. Ich habe dich angelogen. In Wirk-
erschrecken.“, begrüßte er Marion. Es klingelte an der Tür. Tobias ging an die Gegen- lichkeit habe ich länger gearbeitet und Überstunden ge-
„Hallo. Wo warst du so lange?“, fragte sie. sprechanlage und sagte: „Ja. Wir sind gleich unten.“ macht, damit ich das alles hier bezahlen kann und da-
„Kevin, Rudolph und ich waren noch bei ein paar „Kommst du Schatz. Der Wagen ist da.“, rief er ihr mit ich dir den Schönsten von allen schenken kann.“
Freunden und haben gepokert. Tut mir Leid. Das nächste zu. Tobias stand von seinem Stuhl auf und kniete neben
Mal rufe ich an, wenn ich später komme. In Ordnung?“ „Welcher Wagen?“ seine Marion.
Marion nickte. Sie glaubte ihm nicht. Sie konnte ihm „Komm einfach. Das wirst du dann schon sehen.“ „Marion. Willst du meine Frau werden?“ Er öffnete
einfach nicht glauben. Zu oft blieb er in letzter Zeit weg. Tobias nahm Marions Hand und die beiden fuhren das kleine, mit Samt überzogene Kästchen, das er eben
Er hatte kaum noch Zeit, um mit ihr gemeinsam etwas zu mit dem Aufzug nach unten. noch in seiner Tasche hatte und offenbarte den schöns-
unternehmen. Marion konnte ihm nicht mehr vertrauen. Marion trug ein weißes, wunderschönes Kleid und ten Ring, den Marion je gesehen hatte.
„Ach, bevor ich es vergesse, Schatz.“, rief Tobias aus ihre Haare waren kunstvoll zu einer Hochsteckfrisur fri- Vor lauter Freude fing sie an zu weinen und drückte
dem Badezimmer heraus. „Morgen Abend bin ich mit Ru- siert. Tobias ganz fest an sich. Sie konnte nicht reden. Sie ver-
dolph bei meinem Abteilungsleiter zum Essen eingeladen. „Du siehst wunderschön aus.“, flüsterte Tobias und suchte es erst gar nicht, denn sie spürte, dass es nicht
Er will uns beide wohl befördern. Du musst also nicht auf konnte seine Augen kaum von ihr abwenden. funktionieren würde. Deshalb nickte sie nur und
mich warten.“ „Dankeschön.“, sagte Marion und sah verlegen zu schenkte Tobias das schönste Lächeln, das er jemals ge-
Sie hatte damit gerechnet, dass er auch morgen keine Boden. sehen hatte.
Zeit für sie haben wird.

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