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seite 1
www.rosen-web.de.vu
2.Jahrg6
ang
Themen
03 - Chronik
04 - Neonazis im Berliner Speckgürtel // EAG
07 - Das Berliner Flüchtlingsheim Motardstraße // AIM
08 - Neues von Pankower Neonazis // EAG// A
10 - Hände weg vom Mellowpark // ASVSV
12 -Neonazistische Aktivitäten in Bernau und Biesenthal
15 - Keine Stimme den Nazis // Interventionen
16 - Happy Birthday Israel // AK Antifa der Jusos Berlin
18 - Interview mit „Jugendliche ohne Grenzen“ // APB
21 - Massenflucht und unsere Verantwortung // JOG
24 - Mit der Reichsbahn kam der Tod // APB
26 - Buchvorstellung „Unsere Opfer zählen nicht“ // EAG
28 - Für eine befreite Gesellschaft // Antifa Bernau
30 - Termine & Links
32 - Bertolt Brecht - Resolution der Kommunarden
Der Artikel „Die Hooligans des Berli- ganisierter Neonazis ein Pankower Wir entschuldigen uns dafür an
ner Fußballklubs (BFC) Dynamo“ der BFC-Fan mit der Bildunterschrift dieser Stelle und bedauern, falls
EAG wurde in der letzten „Rosen auf „Pankower Neonazi“ abgebildet. ihm durch diese Verwechslung Pro-
den Weg gestreut“ (Nr.5) auf Seite 16 Dabei ist uns ein Fehler unterlau- bleme entstanden sind. Wir haben
mit Bildern aus dem BFC Fanblock fen. Die dargestellte Person ist das Foto aus der Internet-Ausgabe
illustriert. Dabei wurde zwischen unseres Wissen nie öffentlich neo- entfernt. EAG
mehreren Bildern aktiver und or- nazistisch in Erscheinung getreten.
Impressum: Geschlecht auch Transgendern und anderen Rech-
Die Texte dieses Heftes geben nur die Meinung der nung zu tragen. (Bei Fragen und Anregungen
jeweiligen Autor_innen wieder. Die Verteiler_innen schreibt einfach den beteiligten Gruppen eine
des Hefts sind nicht mit den Macher_innen iden- Mail)
tisch.
Wir verwenden die geschlechtsneutrale Form „_in- V.i.S.d.P.: Greta Schloch, Berliner Straße 8a, 13187
nen“, um neben dem männlichen und weiblichen Berlin
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite
Chronik
rechter Aktivitäten im Großbezirk Pankow
in den Monaten März bis Juni 2008
Diese Zusammenstellung basiert auf den hebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Opfer oder Zeug_in einer Naziaktion, eines
Chroniken der Emanzipativen & Antifa- Sammlungen dieser Art sind vor allem da- Übergriffs oder von Propaganda-Aktionen
schistischen Gruppe, der Antifa Prenzlauer von abhängig, dass Betroffene von Naziak- wirst, melde diese bitte unter folgender E-
Berg und der Antifa Klein-Pankow. Sie er- tionen diese öffentlich machen. Wenn du Mail-Adresse: eag-berlin@riseup.net
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite
Nazis im Berliner
Speckgürtel
Ein Blick auf die Neonaziszene in Hohen Neuendorf und
Birkenwerder bei Berlin. Erster Artikel unserer Serie über
das Umland von Berlin.
von Emanzipative & Antifaschistische Gruppe [EAG]
Die Pagode Hohen Neuendorf ist das größte Chinesische Restaurant der Region. Hier kann auch geheiratet werden.
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite
Der erste Garten hinter der Autobahnfußgängerbrücke, gleich links Richtung Friedhof
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite
Das Berliner
Flüchtlingsheim
Motardstraße
Das Berliner Flüchtlingsheim in der Motardstraße liegt am Rande von Berlin im
Spandauer Industrierevier. Das Heim wird von einem Zaun mit Stacheldrahtaufsatz
umringt. Direkt daneben produziert ein Vattenfall-Kraftwerk Strom. Die Kläranlage
und der Sondermüllplatz sind ebenfalls ganz in der Nähe des Heimes.
Hier verirrt sich niemand hin – nur Autos rasen vorbei. Der nächste U- Bahnhof ist
15 Minuten Fußweg entfernt und die einzigste infrastrukturelle Anbindung.
von Antifaschistische Initiative Moabit [AIM]
(Kontakt: www.aim-berlin.de.vu // a_i_m@gmx.de)
Das Flüchtlingsheim in der Mo- in die Motardstraße einquar- machen, da es kein Geld für die
tardstraße erfüllt zudem zwei tiert werden können. Sie sollen BVG-Tickets gibt. Wir haben 40 €
Funktionen: durch den Aufenthalt in diesem Taschengeld. Doch dieses Geld wird
Auf der einen Seite werden hier Heim psychisch unter Druck ge- uns gestrichen, wenn wir in den Au-
Menschen eingewiesen, die gera- setzt werden, damit sie letztlich gen der Behörden nicht bei unserer
de erst ihren Asylantrag gestellt „freiwillig“ ausreisen. Zu den eigenen Abschiebung kooperieren.
haben. Laut Gesetz müssen sie Druckmitteln gehört das tägliche Mir wurde das Geld gestrichen und
es drei Monate in der Motardstra- Warten auf eine ungewisse Zu- ich muss regelmäßig zum Arzt. Jetzt
ße aushalten, um anschließend kunft in einem Heim ohne Be- bekomme ich nur noch Tickets, die
in ein anderes Heim zu kommen schäftigungsmöglichkeiten, in für diese Strecke begrenzt ausgestellt
oder abgeschoben zu werden. engen Mehrbettzimmern und mit werden.
Somit erfüllt das Heim in der schlechten Fertigessen der Firma Doch die Anzahl der Tickets deckt
Motardstraße die Funktion einer Dussmann. nicht alle Arztbesuche im Monat ab,
„Erstaufnahmeeinrichtung“ (EAE). so dass ich eine Stunde zu Fuß krank
Auf der anderen Seite ist das Ein Bewohner der Motardstraße zum Arzt laufen muss. Allgemein ist
Heim Motardstraße ein „Ausrei- berichtet über die Zustände: die medizinische Versorgung in der
sezentrum“. Dies bedeutet, dass Motardstraße schlecht. Man muss
MigantInnen, die zuvor zum Teil Seit zwei Jahren und zwei Mona- sich einen Gesundheitsschein bei
schon in eigenen Wohnungen ten bin ich jetzt schon in der Mo- der/dem SozialarbeiterIn holen und
lebten, auf unbefristete Zeit tardstraße. Man kann hier nichts ist so von ihr/ihm abhängig. Doch
das eigentliche Problem bei einer
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite
Erkrankung sind die schlechten Le- viele Menschen einen Herd teilen, tallbetten schlafen und die Schränke
bensbedingungen in der Unterkunft abends muss man dann zum Kochen sind nicht abschließbar.
an sich. anstehen. Doch die monatlichen 40 Im Badezimmer werden die Frauen
Das Essen in der Motardstraße ist € Taschengeld sind nicht ausreichend durch das Schlüsselloch beobachtet.
sehr schlecht. Wir bekommen Fer- für den Kauf von Nahrung und Sie stecken deswegen Taschentücher
tigessen von der Firma Dussmann. BVG-Tickets. in die Schlüssellöcher.
Fast niemand holt sich das Essen Die Beziehung zwischen den Bewoh- Das ist das Leben in der Motardstra-
ab, es wird in den Abfallcontainer nerInnen ist schlecht. Man kann den ße!
geschmissen. Nur Brot und Wasser ganzen Tag nichts tun – nur schlafen
wird abgeholt. Das weggeschmissene und essen und schlafen und essen. Kein Lager nirgendwo! Rassis-
Essen zieht viele Tiere an, wie etwa Für die Kinder gibt es keinen Spiel- mus, Antisemitismus und Sexis-
Füchse oder Ratten. Aber auch Ka- platz, sie müssen zwischen den Con- mus bekämpfen!
kerlaken gab es schon in den Contai- tainern spielen. Wir müssen in engen Lager Motardstraße schließen,
nerblöcken. In der Küche müssen sich Mehrbettzimmern wohnen, auf Me- sofort!
Jörg Hähnel – Der Mann für die Hähnel. Am 7. Juni 2008 löste er wird wegen Beihilfe zur Herstel-
schiefen Töne den kränkelnden Eckart Bräu- lung einer CD der Naziband DST
Vor einiger Zeit verabschiedete niger an der Spitze der Berliner ermittelt. Eine Umbenennung des
sich der „nationale Barde“ NPD ab. Bräuniger wird Braunen Kreuzes war notwendig
Hähnel vom Posten des sich zukünftig wohl mehr geworden, weil das Deutsche
Pankower NPD-Vorsitzen- in der Bundes-NPD enga- Rote Kreuz (DRK) gegen den Na-
den. Er gab diesen an den gieren. men und die Verwendung des
Schläger Daniel Steinbre- verfremdeten Symbols geklagt
cher weiter. Hähnel be- Michaela Zanker - Braune hatte. Das neue NSD-Logo sieht
gründete diesen Schritt Sanitäter machen weiter nunmehr dem Symbol eines
mit seiner Überlastung als Der Nationale Sanitätsdienst großen deutschen Pharmaher-
Multifunktionär. (NSD) führt seit Novem- stellers zum Verwechseln ähnlich.
Er war damals schon ber 2007 die Arbeit des Die Firma Hexal prüft daher recht-
NPD-Verordneter in Lich- früheren Braunen Kreuzes liche Schritte gegen die braunen
tenberg, Mitarbeiter der weiter. Faktisch ist der Demo-Helfer.
NPD-Fraktion in Schwerin, NSD eine Arbeitsgruppe Zanker, die beim NPD-Bundespar-
Mitglied des Bundesvor- der NPD. Anmelderin der teitag in Bamberg als Delegierte
stands der NPD, Lieder- NSD-Webseite ist die ein- der Berliner NPD auftrat, wurde
macher und Gestalter etli- schlägig bekannte Michae- am 7. Juni 2008 zudem als Beisit-
cher NPD-Propaganda. la Zanker. Gegen ihren Lebensge- zerin des Vorstands des Berliner
Scheinbar ist das nicht genug für fährten, einen Berliner Polizisten, Verbands gewählt.
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite
www.asbb.blogsport.de
Detlef Britt - Ein unbescholtener litischen Gegnern Fotos anzufer- sich Seidler aktuell vor Gericht
Bürger wehrt sich tigen. Die Internetseite „Konserva- verantworten. So war er bei dem
Das neurechte Internetportal „Po- tive“, der sich PI bedient schreibt Angriff von 15 Neonazis auf eine
litically Incorrect (PI)“ schreibt am dazu folgendes „Der 53jährige Gruppe alternativer Jugendlicher
27.11.2007 folgendes „Es ist im- Berliner hat sich nichts zu- am 11. Juli letzten Jahres
mer wieder erschreckend, mit welcher schulden kommen lassen, dabei. Zusammen mit wei-
Leichtigkeit Teile der Bevölkerung was jemandem das Recht teren Jugendlichen Neo-
(...) auf die schlichte Stigmatisierung geben würde, ihn einen Ne- nazis steht er dafür seit
von Mitmenschen mit blankem Hass onazi zu schimpfen.“ dem 3. Juni vor Gericht,
bis zum Vernichtungswillen zu rea- Wir meinen: Doch. verhandelt wird auch ein
gieren. Ein besonders krasser Fall (...) Angriff Seidlers auf einen
wird jetzt aus Berlin bekannt.“ Willy Seidler - Junger Mitschüler, den er mit
Was war passiert? Der Prenzlauer Schläger im Zentrum der einem Teleskopschlag-
Berger Detlef Britt fand Plakate Repression stock verletzte, „weil er
mit seinem Namen und dem Hin- Seit einigen Jahren ist ihn gehänselt habe“.
weis, dass er ein Nazi wäre in Seidler zusammen mit Am 4. Mai 2007 wurde
seiner Wohngegend. Nicht ver- seiner Schwester Vicky Seidler zusammen mit
wunderlich, schließlich war er in der Pankower Neona- dem Pankower NPD-Vor-
lange Zeit Aktivist der Pankower zisszene aktiv. Während sitzenden Steinbrecher
Republikaner und sucht seit sei- sie NPD-Verbandsarbeit, wie z.B. festgenommen, als er NPD-Pla-
nem Austritt die Nähe der lokalen Standbetreuung bevorzugt, ist kate klebte, die beiden hatten
NPD, er betreut ihre Infostände, Seidler oft dabei, wenn es um Teleskopschlagstöcke und Präzi-
er besucht ihre Aufmärsche und handfeste Auseinandersetzungen sionsschleudern bei. Wir warten
nutzt diverse Anlässe um von po- geht. Für einige dieser Fälle muss gespannt auf das Urteil.
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 10
Der Mellowpark ist die größte Ganzes, mit all seinen Möglich-
Jugendeinrichtung Köpenicks keiten zur individuellen Freizeit-
und entwickelte sich auf einer gestaltung wie dem Skatepark,
Fläche von 10.000 qm innerhalb den Sportanlagen, den vielsei-
von sieben Jahren zu Europas tigen Workshops, dem Tonstu-
größter Jugend-, Sport- und dio und diversen anderen.
Freizeiteinrichtung. Doch die An- Zum Erhalt des Mellowparks
laufstelle für rund 20.000 Besu- gründeten die Betreiber_innen
cher_innen jährlich ist bedroht und Nutzer_innen die Bürger_
innen-Initiative “Hände weg vom
“Die stetige Optimierung unseres Mellowpark”. In der Initiative
Immobilienbestandes haben uns arbeiten 19 Gründer_innen an
zur Nr. 1 im ostdeutschen Immobi- einem Plan zum Weiterbetrieb
lienmarkt gemacht.” des Parks und sammelten mit
Mit diesen Worten brüstet sich der Unterstützung von 68 Hel-
das Unternehmen, welches den fer_innen wie Eltern, Anwoh-
Betreiber_innen des Mellow- ner_innen und Jugendlichen aus
parks zum 31. Dezember 2008 Köpenick insgesamt 6000 Unter-
kündigte und das Areal an der schriften gegen die Schließung
Friedrichshagener Straße nun der Jugendfreizeiteinrichtung.
als Wohngebiet in Gestalt von Schon im letzten Jahr wurden
Luxus-Wohnungen vermarkten die Unterstüzer_innen aktiv. Mit
will. einer Spontandemonstration zo-
Eine Alternative, welche den gen sie zum Berliner Abgeordne-
aktuellen Ort des Mellowpark tenhaus, um beim Jugendforum
nur annährend ersetzen könnte, 2007 zu zeigen, was selbstbe-
gibt es bisher nicht. So steht stimmte Jugendpolitik bedeuten
nicht nur die einzigartige Größe kann. 150 Skater_innen schaff-
der Jugendeinrichtung auf dem ten es, die aktuellen Belange
Spiel, sondern das Projekt als ins Licht zu rücken:
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 11
Unterstützt durch die Schnipsel- Antifaschist_innen ihre Solidarität Skater together”. Im Rahmen der
aktion der Bildungsinitiative en- mit einem Freiräume-Transpi und Kampange wurden bereits 4000
gagierter Schüler_innnen (BES) einer spontanen Kundgebung. Aufkleber gedruckt und verklebt,
erregten sie die Aufmerksamkeit Besonders im Berliner Raum denn als Antifaschist_innen ge-
der anwesenden Politker_in- stellt das Verschwinden von Frei- hen uns neben den bedrohten
nen, bis sie von der Polizei des zeiteinrichtungen für all jene ein alternativen Wohnprojekten, wie
Hauses verwiesen wurden. Problem dar, die nicht wissen, z.B. der Rigaer 94, auch Frei-
Hier wird deutlich, wie schein- wie und vor allem wo sie ihren räume an, in denen Jugendliche
heilig die sogenannte Förderung Nachmittag verbringen sollen. selbstbestimmte Freizeitgestal-
von Jugendprojekten im Abge- Finanzielle Zuschüsse, eine wich- tung erfahren und diese aktiv be-
ordnetenhaus ist – und das am tige Vorrausetzung für Jugendpro- einflussen können. Wir erachten
Tag des Jugendforums, an dem jekte, werden immer öfter gestri- eine Unterstützung, ähnlich der
chen bzw. gekürzt, der Köpi, die eine bevorstehende
“Dann besetzen wir den Mellow- worunter letztendlich Räumung verhinderte, auch beim
park. Mal sehen, was der Politik die Jugendlichen zu
leiden haben, wel-
Mellowpark für angebracht..
Glücklicherweise geben die Be-
eine gute Jugendarbeit wert ist!” chen oftmals ein Ort treiber_innen des Mellowpark
fehlt, an dem sie nicht gleich klein bei: “Dann
Jugendliche eingeladen wurden, unter sich sind und Gelegenheit besetzen wir den Mellowpark. Mal
selbst Politik zu machen und ihre haben zu skaten, zu quatschen sehen, was der Politik eine gute Ju-
Forderungen zu artikulieren. Im oder einfach mal abzuhängen. gendarbeit wert ist!”
Mai diesen Jahres wurden die An- Als Schüler_innen fehlt uns oft
hänger_innen des Mellowparks ein solcher Ort. Darum setzen wir Kreative Umgebungsgestaltung –
erneut aktiv. Mit einer Demo zo- uns für die jetzige Standorterhal- Unsere Art von Stadtverwaltung!
gen sie durch Treptow zum Rat- tung des Mellowparks mit seinen Wir retten den Mellowpark –
haus und beteiligten sich an der quantitativen Angeboten ein und Squater and Skater together!
Bezirksverordnetenversammlung. starteten im März die Kampagne
Am Ufer der Spree zeigten junge “Mellowpark bleibt....- Squater and
Neonazistische Ak-
tivitäten in Bernau
und Biesenthal
In der letzten Ausgabe wurde bereits über die bevorste-
henden Kommunalwahlen im September in Brandenburg
berichtet. Nun folgt ein Text von aktiven Antifaschist_innen
aus Bernau und Biesenthal – zwei Städte nordöstlich von
Berlin (Landkreis Barnim).
Der „Alte Dorfkrug“ in Schönow so genannten „Kameradschafts- zur rechten Zeit mit dem nötigen
und die gestörte Ruhe abend“ waren neben „freien Ka- Geld, spricht u.a.:
Die Stadt Bernau – auch bekannt meradschaftlern“ und NPD´lern
als Hussitenstadt und schon im- aus Berlin und Brandenburg auch Die Wirtin hat nicht nur ein finan-
mer eine rote Insel im braunen bekannte Neonazis, wie Jörg zielles, sondern auch ein ideo-
Meer, trat in den letzten Jahren Hähnel (seit kurzem NPD-Lan- logisches Interesse. So sind Le-
vor allem durch seine alternative desvorsitzender Berlin) und Mike bensgefährte und besonders der
und antifaschistische Jugendsze- Sandow (NPD-Kreisvorsitzender Sohn selbst aktiv in der rechten
ne in die Öffentlichkeit. Versuche Barnim-Uckermark) anwesend. Szene.
von Brandenburger und Berliner Ebenso wie Michael „Lunikoff“ Neben örtlichen Neonazis wurden
Neonazikameradschaften, in den Regener, Sänger der verbotenen auch die so genannten „Rechtspo-
Jahren 2004 und 2005
in Bernau Fuß zu fassen, Da die Nazis nicht mit Springerstiefeln, Glatze und Bom-
scheiterten kläglich. Doch berjacke im Ort herumlaufen, stört sich niemand an den
seit einigen Monaten sorgt Veranstaltungen im Dorfkrug.
der ca. 5.900 Einwohner_
innen starke Ortsteil Schö-
now für Gesprächsstoff. Neonaziband „Landser“. pulisten“ - Verordnete der „Unab-
Seit einigen Jahren ist der „Alte hängigen Fraktion“ der Bernauer
Im vergangenen Dezember fand Dorfkrug“ im Besitz von Frau Stadtverordnetenversammlung,
in einer Gaststätte, dem „Alten Spahn und ihrem Lebensgefähr- ehemals „Schillpartei“, bei den
Dorfkrug“ in Schönow, der Lan- ten. Regelmäßig finden neben NPD Veranstaltungen in Schönow
desparteitag der NPD statt. den bereits erwähnten Veran- gesehen. Diese Verbindung wun-
Daraufhin berichtete die Polizei staltungen, Konzerte und Parties dert nicht, so ist Mike Sandow
Barnim von regelmäßigen monat- statt. bei einem Mitglied der dreiköp-
lichen Treffen der NPD im Dorf- figen Fraktion als Hausmeister
krug. Im März diesen Jahres kam Gegen die Annahme, der Dorf- angestellt.
es dann zu einem weiteren grö- krug habe schon lange finanzi-
ßeren Neonazitreffen. Bei einem elle Probleme, und die NPD kam
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 13
Bereits im September 2004 sollte mosexuelle, Behinderte oder Lin- Zeitung „NPD plant Schulungs-
ein rechtsextremer Liederabend ke machen, sondern „ordentlich“ zentrum“, „NPD will Grundstück
im Dorfkrug stattfinden. und meist in Anzügen auftreten, erwerben“, etc. Zuletzt gab es
Dieser, zu dem sich bereits 70 stört sich niemand an den Veran- solch eine Vermutung Anfang
bis 80 Nazis versammelten, wur- staltungen im Dorfkrug. Mai in Rheinsberg (Landkreis
de schon im Vorfeld durch die Die Bürger_innen wollen ihre Ostprignitz-Ruppin). Nun hieß es
Polizei verhindert. Damals hatten Ruhe im Ort, deswegen sollte Ende Mai in diversen Zeitungen:
auch die örtlichen Neonazis der lieber nicht über die Nazis ge- „Nazis im Flüchtlingsheim?“ oder
„Nationalen Jugend Barnim“ und redet werden. Das könnte auch auch „NPD will ins Asylbewerber-
des „Nationalen Bündnis Preußen“ dem Ansehen der ganzen Stadt heim“.
zu dem Abend aufgerufen. schaden.
Im Alten Dorfkrug in Schönow ha- Der Grund: Die NPD sei bei ih-
Vor einigen Jahren sollte der Saal ben die Nazis nun einen „ruhiges rer fieberhaften Suche nach einer
– weil dieser der einzige größere Plätzchen“ gefunden, um sich Immobilie endlich fündig gewor-
Raum in der Umgebung ist - für ungestört auf die kommenden den. Das ehemalige Asylbewer-
Jugendliche im Ort geöffnet wer- Wahlen vorzubereiten. berheim in Biesenthal solle nun
den. Doch es gibt einige Wenige, die Schulungszentrum werden.
Nach ersten Problemen mit Wirt nicht länger mit ansehen wollen, Bereits im August des letzten Jah-
und Wirtin, die ihre rechte Pro- wie sich die Nazis breit machen. res hieß es, die NPD habe Inte-
paganda an den Jugendlichen Z.B. sagte der örtliche Sportver- resse an einem Objekt, welches
ausprobierten, suchte man nach ein seine Weihnachtsfeier im ver- bis dahin als so genanntes Asyl-
einem anderen Ort für die Ju- gangenen Jahr im Dorfkrug ab, bewerberheim genutzt wurde.
gendlichen. nachdem bekannt wurde, dass Der Mietvertrag des Heimes lief
Geht man nach der Ortsbür- dort der NPD- Landesparteitag im März diesen Jahres aus und
germeisterin Adelheid Reimann stattfand. Verschiedene Bürger_ der Besitzer weigerte sich den
(SPD) oder anderen Bürger_in- innen des Bernauer Netzwerkes Vertrag zu verlängern. Viele Zei-
nen des Ortes, stellen die regel- für Toleranz und Weltoffenheit, tungen berichteten, dass die
mäßigen Treffen und Veranstal- darunter auch Schönower_innen, NPD noch im Mai mit ersten
tung jedoch kein Problem dar. wollen nun im Ort aufklären. Veranstaltungen anfangen wolle.
Da die Nazis nicht offensichtlich Der Tagesspiegel hatte dies aus
mit Springerstiefeln, Glatze und Biesenthal: Mikey, die NPD und so genannten Sicherheitskreisen
Bomberjacke im Ort herumlaufen das Schulungszentrum vernommen. Dort heißt es wei-
und Jagd auf Migrant_innen, Ho- Immer wieder liest man in der ter:
„In Biesenthal habe die Partei offen- des Tagesspiegel Mitte Juni,
bar genau die Immobilie entdeckt, wurde die Brisanz nun deut-
die sie gesucht hatte“. licher:
Auch der Verfassungsschutz be- Auf dem Gelände wolle
stätigt dies. Nur der Besitzer nicht nur die NPD einen
bestreitet gegenüber Stadt und „Stützpunkt“ für die Kom-
Presse einen Mietvertrag mit der munalwahlen im Septem-
NPD zu haben. Biesenthals Bür- ber aufbauen, auch für die
germeister André Stahl kündigte neonazistische Musikszene
an: „Wir werden eine NPD-Ein- oder andere Neonaziverei-
richtung verhindern und dabei alle nigung wie die „Heimattreue
Möglichkeiten des Ordnungs- und Deutsche Jugend“ (HDJ), sei
Verwaltungsrechtes ausschöpfen.“ es ein „ein zentrales Objekt“,
das „bundesweit in die Szene
Kurz darauf veranlasste der ausstrahlt“.
Landkreis Barnim eine Verfügung
gegen eine mögliche Ansiedlung Ob Schulungszentrum oder
der NPD. Demnach dürfen die nicht, Biesenthal ist hin-
Gebäude auf dem Gelände nicht sichtlich neonazistischer
für einen Pensionsbetrieb ge- Aktivitäten kein unbeschrie-
nutzt werden. benes Blatt.
Mit diversen Aktionen wehrt sich So wohnt Mike Sandow, der
die Stadt nun gegen die Ansied- Vorsitzende der NPD-Kreis-
lungen der NPD: verbandes Barnim-Ucker-
Nach Bekanntwerden der NPD mark, der sich im Dezember
Pläne, gründete sich ein Netz- 2006 gründete und wei-
werk gegen Rechts, welches zu tere NPD-Mitglieder in Bie-
einem Friedensgebet gegen die senthal. Ab und an trifft man
NPD aufrief. Ende Mai steckten Mikey bei der Biesenthaler
junge Antifaschist_innen Flyer in Stadtverordnetenversamm-
Briefkästen in Biesenthal um für lung oder liest Kommentare
die Kampagne „Keine Stimme den auf der Internetseite der
Nazis“ im Vorfeld der Kommunal- Stadt. Ende Mai bejubelte die NPD eine
wahlen aufmerksam zu machen. Auch auf dem Internetportal des Frau, die einen „dunkelhäutigen“
Weitere Aktionen sollen folgen. NPD Kreisverbandes, dem „Nati- Mitarbeiter der Berliner Ver-
onalen Netztagebuch“, finden sich kehrsbetriebe geschlagen und
Die Möglichkeiten von Stadt, antisemitische und rassistische beschimpft hatte. Im letzten Jahr
Land und Zivilgesellschaft sich Äußerungen der Partei. musste die Seite wegen einer an-
gegen die Ansiedlung der NPD zu tisemitischen Äußerung vorüber-
wehren, sehen allerdings nicht gehend offline gehen.
immer rosig aus. In einem Artikel
www.keine-stimme-den-nazis.de
Am 28. September 2008 sind
Kommunalwahlen in Branden-
burg. Die NPD will flächen-
deckend antreten und wird dabei
tatkräftig von gewalttätigen Neo-
nazis aus den „Freien Kamerad-
schaften“ unterstützt. Ihr Plan ist
der Einzug in die kommunalen
Parlamente, um sich so ein Fun-
dament für die Landtagswahlen
2009 zu schaffen.
Unser Plan ist, den Nazis einen
dicken Strich durch die Rechnung
zu machen – sowohl bei den
Wahlen, als auch im Alltag, auf
der Straße, im Jugendclub oder
im Verein. Dazu haben wir uns in
der Kampagne „Keine Stimme den
Nazis!“ zusammengeschlossen.
Wir sind ein breites Bündnis aus
Gewerkschaften, Jugendverbän- Menschen. In den nächsten Mo- Gemeinsam haben wir eine klare
den, Antifas und vielen weiteren naten sind vielfältige Aktivitäten Chance, den weiteren Vormarsch
Gruppen. Wir stehen für ein so- geplant. Mach mit, wenn du ge- der extremen Rechten in Bran-
lidarisches Zusammenleben aller gen Rechts aktiv werden willst! denburg zu stoppen.
www.interventionen.conne-island.de
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 16
60 Jahre Israel
Happy Birthday
und Hava nagila
Theodor Herzl und mit ihm viele andere träumten von einem
unabhängigen jüdischen Staat. Am 14. Mai 1948 wurde die-
ser Traum Wirklichkeit. David Ben Gurion, der erste Staats-
präsident, rief in Tel Aviv den Staat Israel aus. Zu diesem
Anlass sagen wir:
Hava nagila venismechah!1
von AK Antifa der Jusos Berlin
Denn Grund zum Feiern gibt es Grund zum feiern. Dass in Israel ist auch nach der Verwirklichung
anlässlich dieses Geburtstages ein Leben in Freiheit für Millionen der großen Vision des Zionismus
genug! Mit der Gründung Israels Jüdinnen und Juden und für Men- alles andere als verschwunden.
wurde Millionen Jüdinnen und Ju- schen anderen Glaubens möglich So ist für Islamisten nicht nur al-
den ein Land geschaffen, in dem ist, ist ein Grund zum feiern! Der les jüdische böse, sondern auch
ein sicheres Leben ohne antise- Zionismus ist die einzige Ant- alles Böse jüdisch. Der „kleine
mitische Verfolgung möglich wer- wort, die es auf Jahrhunderte der Satan“ Israel soll aus ihrer Sicht
den sollte und das für viele Jü- Verfolgung, die in den unvorstell- von der Landkarte getilgt wer-
dinnen und Juden in der Diaspora baren Grausamkeiten der Shoah den. Es ist unentbehrlich, soll der
ein Rettungshafen darstellt. Dass gipfelten, geben kann. sich gegen jeden Antisemitismus
wendende Antifaschismus ernst
Laut einer Umfrage der BBC vom Frühjahr 2007 gemeint sein, den islamischen
sind 77% der Deutschen der Ansicht, Israel habe ei- Antisemitismus mit aller Vehe-
menz zu verurteilen und sich
nen negativen Einfluss auf die Welt. solidarisch mit Israel zu erklären.
Interview mit
„Jugendliche ohne
Grenzen“ Jugendliche ohne Grenzen (JoG) ist
ein bundesweiter Zusammenschluss
jugendlicher Flüchtlinge. Die Jugend-
lichen unterstützen sich gegenseitig
bei der Bewältigung des alltäglichen,
staatlichen Rassismus und kämpfen
gemeinsam für eine Verbesserung ih-
rer Situation. Insbesondere setzen sie
sich für ein Bleiberecht für geduldete
Flüchtlinge und eine Legalisierung ille-
galisierter Migrant_innen ein.
Wir sprachen mit Azad (21), Ahmad
(23) und Abu Umar (25) von JoG Ber-
lin. Weitere Informationen zu JoG fin-
det ihr unter www.jogspace.net und
www.berlin.jogspace.net.
von Antifa Prenzlauer Berg [APB]
enthalt gefragt. Sie meinten dann, oder sogar alleine nach Deutsch- Leben bestimmt. Wie soll jemand
dass sie mich zwar gerne nehmen land zu fliehen. Ich wollte euch in einer solchen Situation Kinder
würden, weil mein Notendurch- daher bitten kurz zu erzählen, großziehen können und ihnen eine
schnitt sehr gut ist, sie aber keine warum ihr flüchten musstet. Zukunft bieten?
Leute nehmen, die nur eine Duldung
für sechs Monate haben. Ich habe Abu Umar: In unseren Heimatlän- APB: Ihr setzt euch seit langem
es mit einem Anwalt versucht, aber dern gibt es keine Zukunft. Mensch für eine Bleiberechtsregelung für
hatte keine Chance. Auf einer ande- muss sich nur einmal vorstellen, dass geduldete Flüchtlinge ein. Wel-
ren Schule habe ich dann trotzdem ein Lehrer oder ein Ingenieur an der che Erfahrungen habt ihr dabei
meinen Realschulabschluss gemacht Straße Obst verkaufen oder Taxi fah- gesammelt und wie erfolgreich
und wollte dann mein Abitur ma- ren muss. Nicht weil unsere Heimat waren eure Bemühungen?
chen. Wegen meiner Duldung wurde so ist. Ich zum Beispiel bin palästi-
ich aber wieder nur abgelehnt. nensischer Flüchtling aus dem Liba- Ahmad: Wir erleben das ganz oft,
Wie Ahmad gesagt hat: Du hast ein- non. Seitdem ich geboren bin, gab es dass Jugendliche zu uns kommen, die
fach keine Perspektive. Dann gehst nur Kriege. Wie soll mensch da noch seit Jahren eine Duldung haben und
du lieber illegal arbeiten und ein leben? Ich glaube nicht, dass auch nun eine Ausbildung machen wollen.
bisschen Geld verdienen – besser als nur ein Ausländer freiwillig hier her Sie kommen dann in die Gruppe rein
diese 120 Euro Sozialhilfe. gekommen ist. und haben manchmal die Hoffnung,
Abu Umar: Bei mir war es ähnlich. dass sie nach ein paar Wochen eine
Mit 14 Jahren bin ich in Deutsch- Ahmad: Ich habe erst gedacht wir Ausbildung machen dürfen. Das ist
land angekommen und direkt in eine natürlich nicht so. Wir brauchen ei-
„Die meisten Deutschen stempeln dich gleich als nen ganz langen Atem.
Das Thema Bleiberecht war bei jeder
Terrorist, Krimineller oder irgendetwas anderes Konferenz, die wir gemacht haben,
ab, wenn sie die Duldung anschauen.“ an erster Stelle. Wir haben ganz
viele Aktionen, Demos und so weiter
Förderklasse auf die Hauptschule ge- verreisen nach Deutschland. Mit gemacht. Unser größter Erfolg war
kommen. Zwei Jahre habe ich dann 12 Jahren nimmt mensch das eher dann in Nürnberg 2006: Wir ha-
gebraucht, um deutsch zu lernen. als Abenteuer wahr. Erst als wir in ben die bis dahin größte Konferenz
Ich habe dann meinen Hauptschul- Deutschland waren, wurde mir mit von JoG mit Jugendliche aus allen
abschluss geschafft und wollte eine der Zeit klar, dass wir hier bleiben. Bundesländern organisiert und ge-
Ausbildung beginnen. Durfte ich Ich habe mein Vater ein paar mal meinsam mit ganz vielen anderen
aber nicht, wegen der Duldung. Ich gefragt, warum wir geflüchtet sind. Organisationen eine Demonstration
habe dann geschaut, was ich über- Aber er spricht nicht so gerne darü- mit 2.000 bis 3.000 Personen veran-
haupt machen darf und mich bei ber. Er sagte nur, dass er nicht mehr staltet. Das Thema Bleiberecht stand
der Volkshochschule angemeldet. Die dafür garantieren konnte, uns groß auf der Tagesordnung der Innenmi-
musste ich jedoch selber bezahlen, zu ziehen. Wenn ich jetzt Fernsehen nister und es hieß, da soll was kom-
was natürlich finanziell ein bisschen schaue, frage ich mich, wie mein men – diejenigen, die seit langem in
beschissen war. Ich habe deshalb Vater dort fünf Kinder großziehen Deutschland leben, sollen einen Auf-
angefangen, Werbung zu verteilen wollte. Es ging einfach gar nicht. Es enthalt bekommen. Die Stimmung
und wurde erwischt: Illegale Arbeit. ist ein ständiger Zustand der Angst war natürlich richtig gut.
Natürlich gleich eine Anzeige und vor den gewaltsamen Auseinan- Wir haben dann im Fernsehen mit-
vor Gericht. Das war mein erster dersetzungen und Kriegen, der das verfolgt, wie die Regelung beschlossen
Schock: Das die hinter einem wurde und dann hieß es: Nur wer
Jugendlichen her sind, nur weil Abs
c seit 6 Jahren (Singles seit 8 Jahren)
Eine hiebun
der arbeitet, um seine Schule zu erzw Abschi
g in Deutschland ist; nur wer nicht
e
finanzieren. setz ungene bung b vorbestraft ist; nur wer eine Arbeit
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22.0 . Im Jah ise von tfalls m eine v hat – was völlig absurd ist, denn wer
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APB: Viele deutsche Jugend- zun 00 Men r 2004 Mensc it Gew n Behö eine Duldung hat, darf gar nicht ar-
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liche können sich gar nicht 8M bsch abge en aus in ein urchge beiten – und nur wer keine falschen
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vorstellen, was für ein Zwang ass A k n.
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dahinter steht, als Kind oder Stra haft ge etroffe chset- Aufenthalt. Das heißt, es gab ein
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Jugendlicher mit seiner Familie ang e
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Bleiberecht, aber nur für topfitte
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n.
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 21
Menschen, die produktiv sind – die in Zukunft zu einem weiteren dass dieses Thema in den nächsten
Deutschland Geld bringen. Schwerpunkt machen und wie zwei, drei Jahren gelöst wird. Aber
Mitte 2007 kam dann ein gesetz- seht ihr die Chancen, auch in wir setzen uns ran. Uns geht es
liches Bleiberecht, das jedoch genauso Deutschland eine Legalisierung erstmal darum, die Bevölkerung zu
schlecht war. Von den knapp 200.000 von illegalisierten Migrant_innen informieren. Weil eigentlich weiß
Geduldeten haben bisher maximal zu erkämpfen? mensch von diesen Menschen gar
20.000 ein Bleiberecht bekommen. nichts, obwohl sie unter uns leben.
Es werden einfach viel zu viele Men- Ahmad: Dieses Thema war natür- Sie arbeiten schwarz auf dem Bau,
schen von einem Bleiberecht ausge- lich immer präsent. Aber für uns bedienen uns im Supermarkt, sind
schlossen. Für uns ist das Thema nach nicht so deutlich, bis wir direkt mit Kellner oder Tagesmütter. Wir wissen
wie vor aktuell. Die meisten von uns Illegalität konfrontiert wurden. Wir aber von ihnen eigentlich gar nichts.
haben kein Bleiberecht bekommen. haben erst langsam von ganz vie- Sie zeigen natürlich auch nicht nach
len Betroffenen mitbekommen, wie draußen, dass sie hier ohne Papiere
APB: Im Vorgespräch habt ihr sie hier in Deutschland leben. Das leben. Für unsere nächste Konferenz
erzählt, dass ihr euch in Zukunft schwierige ist, dass solche Menschen versuchen wir, Referent_innen zu
für die Legalisierung von Men- bis jetzt keine Lobby haben. Wir diesem Thema zu bekommen. Es ist
schen, die in die Illegalität ge- versuchen jetzt mit Betroffenen und sehr schwierig, weil das Thema nicht
drängt wurden, einsetzen wollt. Unterstützer_innen in Kontakt zu so fassbar ist, aber das haben wir uns
Weshalb wollt ihr dieses Thema treten. Wir gehen nicht davon aus, nun vorgenommen.
Massenflucht und
unsere Mitverant-
wortung
Ramin Agha Kazem Schirazi und Mohammed Jouni von Ju-
gendliche ohne Grenzen
Entsprechend dem „Abkommen sich außerhalb des Landes befindet, gen der erwähnten Befürchtungen
über die Rechtstellung von Flücht- dessen Staatsangehörigkeit sie be- nicht dorthin zurückkehren will“.
lingen“ vom 28. Juli 1951, besser sitzt, und den Schutz dieses Landes Auf dieser Grundlage geht das
bekannt unter dem Namen „Gen- nicht in Anspruch nehmen kann oder „Hochkommissariat der Vereinten
fer Flüchtlingskonvention“, ist die- wegen dieser Befürchtungen nicht in Nationen für Flüchtlinge“ (UNHCR)
jenige Person ein Flüchtling, die Anspruch nehmen will; oder die sich davon aus, dass sich die Gesamt-
„aus der begründeten Furcht vor Ver- als staatenlose infolge solcher Ereig- zahl der Flüchtlinge momentan
folgung wegen ihrer Rasse, Religion, nisse außerhalb des Landes befindet, auf 40 Millionen Menschen be-
Nationalität, Zugehörigkeit zu einer in welchem sie ihren gewöhnlichen läuft. Von diesen verbleiben ca.
bestimmten sozialen Gruppe oder Aufenthalt hatte, und nicht dort- 80-85% in ihrer Herkunftsregion,
wegen ihrer politischen Überzeugung hin zurückkehren kann oder we- während die Anzahl der Binnen-
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 22
flüchtlinge, d.h. der im eigenen der Peripherie nutzen ihre Macht als Schlepper verdingen und so
Land Vertriebenen, laut Internal zur persönlichen Bereicherung ihr Geld für das tägliche Über-
Displacement Monitoring Centre und verdienen am Rohstoffexport leben verdienen. Oder aber sie
(IDMC) auf 24,5 Millionen ge- und der Vergabe von Konzessi- veräußern ihre Schiffe um sich
schätzt wird. onen. Sie bedienen die Interes- selber einen Schlepper leisten
sen des Zentrums, während sie zu können, der sie nach Europa
Fluchtursachen in Kauf nehmen, dass die eige- bringt. Über 30.000 Personen
Die Verhältnisse, die dafür sorgen, ne Bevölkerung auf dramatische haben sich alleine im Jahre 2006
dass ein Mensch seinen ange- Weise verarmt. So waren es z.B. mit solchen Booten von Westafri-
stammten Lebensraum verlässt, im Kongo Auseinandersetzungen ka auf den Weg nach Europa (Ka-
um durch Flucht in ein anderes um die reichhaltigen Bodenschät- narische Inseln) gemacht.
Land oder in eine andere Regi- ze und die Möglichkeit, mit dem
on seine Lebenssituation erträg- Verkauf dieser in das Ausland en- Einen ähnlichen Effekt haben die
licher gestalten zu können, sind orme Geldsummen zu verdienen, milliardenschweren Agrarsub-
vielfältig. Neben der globalen die zu hunderttausenden Toten ventionen der Industrieländer
Verteilungsungerechtigkeit sind führten. Ähnlich sieht die Situ- auf die Produktion in den Ent-
es Naturkatastrophen, Kriege und ation in Angola, Sudan und in wicklungsländern. Während die
Konflikte um Ressourcen, um nur vielen anderen Gegenden dieser reichsten Länder dieser Erde die
einige der Umstände zu nennen, Welt aus. Öffnung der Märkte propagieren,
die die Lebensgrundlage von schützen sie ihre heimischen
Menschen zerstören und sie zur Als ein weiteres Beispiel dienen Agrarerzeugnisse mit Produk-
Flucht aus ihrer Heimat zwingen. die riesigen Fischereiflotten der tions- und Exportsubventionen.
Die Ursachen können sowohl in- Europäischen Union (EU), die 349 Milliarden US-Dollar waren
nerhalb als auch außerhalb der mit teilweise abgepressten Kon- dies im Jahr 2005. Nicht genug
Länder liegen. Letztere sollen im zessionen die Gewässer vor den also, dass es Produkte aus Ent-
Rahmen dieses Artikels in den Küsten Westafrikas leerfischen. wicklungsländern aufgrund von
Fokus genommen werden. Um die heimischen Arbeitsplätze Einfuhrzöllen sowieso schon
Führen wir uns doch nur einmal zu schützen, subventioniert die schwer haben auf die Märkte in
folgende Fakten vor Augen: Ob- EU dieses Unternehmen, indem den Industriestaaten zu kommen.
wohl also die Weltwirtschaft in sie den Fischern, den Treibstoff, Die Subventionierung des Agrar-
den letzten 60 Jahren um das die Löhne und die Lizenzen für bereiches in den Industriestaaten
siebenfache angewachsen ist, die Fischereirechte zahlt. Alleine führt im Effekt noch dazu, dass
profitieren global gesehen im- im Zeitraum von 2004 bis 2006 europäisches Gemüse auf afrika-
mer weniger Menschen davon. floss so eine Summe von 4,1 nischen Märkten um ein Drittel
Schaut man sich die Verteilung
des Einkommens auf der Welt Über 30.000 Personen haben sich alleine im Jahre
an, so stellt man mit Erschrecken 2006 mit Booten von Westafrika auf den Weg nach
fest, dass 3 Milliarden Menschen Europa gemacht.
– das ist die Hälfte der Erdbevöl-
kerung – weniger verdienen als Milliarden Euros in die Fischerei, billiger als heimische Produkte
die 400 reichsten Familien. die die Verdienstmöglichkeiten angeboten wird. Heimische Pro-
der Menschen vor Ort vernichtet. dukte können somit nicht kon-
Es waren schließlich die Kolo- Denn durch den hochindustriali- kurrieren und die Bauern, Fischer
nialmächte, die die Strukturen sierten Fischereibetrieb sind die und Tierzüchter müssen ihre Be-
aufgebaut hatten, „… die mit ei- Gewässer vor Ort entweder leer- triebe schließen und werden ar-
ner auf Export ausgerichteten Wirt- gefischt oder derart unergiebig, beitslos, eine Eskalationsspirale
schaftspolitik die Grundlage für die dass sich die Arbeit für die Ein- der Armut, die Menschen dazu
andauernde Abhängigkeit vieler … heimischen finanziell nicht mehr drängt, auszuwandern.
Staaten von den Weltmarkt beherr- lohnt. So oder so, mit dem Aus-
schenden Konzernen legten.“ Die Zu- fall der Erwerbsarbeit breitet sich Krieg
sammenhänge heutzutage laufen die Armut aus. Ein Ausweg für Nach Aussagen des Direktors
ähnlich wie zu Hochzeiten des die lokalen Fischer besteht darin, des UN-Flüchtlingshilfswerkes
Kolonialismus: Korrupte Eliten in dass sich die mit ihren Booten (UNHCR), Antonio Guterres, spielt
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 23
sich im Irak „… die weltweit größte mindest toleriert wurden, steht ner ganzen Region die Lebens-
Flüchtlingskatastrophe seit dem Jahr das Land nach drei Kriegen und grundlage.
1948 ab“. In Europa und Norda- zwölf Jahren Embargo in mitten
merika, wo die Länder der Kriegs- einer humanitären Katastrophe. Fazit
koalition „Coalition of the willing“ Ein Drittel aller Iraker lebt mitt- Es ist unser Lebensstil und Le-
sitzen, bekommt man davon rela- lerweile in Armut, zwei Drittel ha- bensstandard, mit dem wir be-
tiv wenig mit, denn den Großteil ben keinen Zugang zu sauberem wusst oder/und unbewusst in
des Flüchtlingsstroms bekommen Trinkwasser. Menschenhandel Kauf nehmen, dass Menschen
die direkten Nachbarländer Jor- und Zwangsprostitution grassie- aufgrund einer ungleichen Vertei-
danien und Syrien ab. Während ren und Kinder, insbesondere lung des Wohlstands anderswo
im Jahr 2006 in Schweden etwa Flüchtlingskinder, leiden unter Not leiden müssen. Es sind über-
9000 Iraker um Asyl nachgesucht schlechter medizinischer Ver- wiegend die industrialisierten
haben, in den Niederlanden 2800 sorgung, können keine Schule Gesellschaften, die Luxusartikel
und in Deutschland 2100 Iraker, besuchen und müssen arbeiten wie Blutdiamanten konsumieren,
haben die Nachbarländer Jorda- um ihre Familie zu ernähren. Laut die zur Aufrechterhaltung ihres
nien und Syrien 750.000 bzw. 1,5 UNICEF leiden 4,5 Millionen Kin- Lebensstils Unmengen an Sprit
Millionen Flüchtlinge aufgenom- der im Irak unter Mangelerschei- und Wasser verbrauchen und da-
men. Die Vereinigten Staaten von nungen, wobei jedes zehnte Kind bei nicht bedenken, dass ande-
Amerika haben bis jetzt lediglich akut unterernährt ist. ren weniger davon übrig bleibt.
einige hundert irakische Flücht- Zur Durchsetzung ihrer Interes-
linge aufgenommen. Im Irak sel- Der Krieg zwischen dem Liba- sen sind unsere Gesellschaften
ber sind es noch einmal 2 Millio- non und Israel im Sommer 2006 bereit, Kriege zu führen und zu
nen Menschen, die auf der Flucht führte auf libanesischer Seite unterstützen.
sind. Den Schätzungen zu Folge zur Vertreibung von etwa 1 Mil- Sie bedenken dabei nicht, oder
sind ein Achtel bis ein Sechstel lion Menschen. 750.000 von aber nehmen in Kauf, dass an-
aller Iraker auf der Flucht. „Wei- ihnen flohen innerhalb der liba- dere Menschen unter diesen Um-
tere 60.000 kommen nach aktuellen nesischen Grenzen und 250.000 ständen zu leiden haben.
Schätzungen des UN-Flüchtlings- entkamen in das Ausland. Wäh- Konsequenzen sind Vertrei-
kommissariats (UNHCR) jeden Mo- rend es der Mehrheit möglich war, bungen, Mangelernährung und
nat hinzu.“ nach der Einstellung der Kampf- Armut. Will sagen, der Exodus
Umfassende Privatisierungen, die handlungen in ihre Wohngebiete aus der Dritten Welt hinein in
der Invasion des Irak folgten, die zurückzukehren, blieben 200.000 die Zentren ist von uns selbst
Auflösung der Armee und damit Menschen vertrieben. Schuld da- geschaffen. Dies sollte uns stets
anwachsende Arbeitslosigkeit ha- ran war die massive Zerstörung bewusst sein. Und als sei das
ben, mit dem Verschwinden des der Infrastruktur durch Bombar- noch nicht genug, so sind es
politischen Systems, welches die dements der israelischen Armee. gerade die Wohlstandsinseln,
Konflikte zwischen den einzelnen Krankenhäuser, Schulen, Stra- die sich vor Übernahme von Ver-
Gruppierungen zunächst forciert ßen, Brücken, Häfen und Ben- antwortung für ihr Tun drücken.
und dann mit Repressionen ge- zinspeicher, und sogar ganze Während relativ arme Länder wie
deckelt hat, zu einer Situation Ortschaften wurden zerstört und Pakistan, Syrien und Tansania je-
geführt, in der ethnische Säube- Strom und fließendes Wasser weils Millionen von Flüchtlingen
rungen und interkonfessionelle waren nicht vorhanden. Was aber aufnehmen und unter den Bela-
Gewalt grassieren. Der Irak droht noch schwerer wog, war die sy- stungen zu kollabieren drohen,
aufgrund seiner Geschichte aus- stematische Vernichtung der Le- verzeichneten alle 27 Mitglied-
einanderzufallen. Nachdem das bensgrundlage vieler Südlibane- staaten der EU 2007 lediglich
Land zunächst vom Westen als sen auf lange Zeit. Dies geschah 223.000 Aslyanträge.
Bollwerk gegen die Islamische durch den Abwurf von Streumu- Sie werden demnach ihrer Mit-
Revolution im Iran aufgerüstet nition. Die Mehrheit der Südliba- verantwortung an Zuständen,
wurde, nachdem die Gräuel- nesen ist auf Verdienste aus der die Menschen zur Flucht treiben,
taten Saddam Husseins gegen Landwirtschaft angewiesen. Die nicht im Ansatz gerecht.
Kurden im Norden und Schiiten Verminung der Agrarflächen mit
im Süden von der sogenannten geschätzten 170.000 bis 340.000
internationalen Gemeinschaft zu- Streusprengsätzen raubt also ei-
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 24
Erst im Jahr 2000 hatte ein The- nicht in diesem Umfang stattfin- „11.000 Kinder“ deren Fortfüh-
ma Banken, Versicherungen und den können. Die Reichsbahn war rung im Rahmen des „Zuges der
Konzerne wie die Deutsche Bahn, es, von der Speers Rüstungsmi- Erinnerung“ behindert und sa-
wieder eingeholt, das von ihnen nisterium beim Transport seiner botiert, wo es ging. Während es
über Jahrzehnte verdrängt und Rüstungsgüter, die Wehrmacht anfangs noch der Bahn angeblich
verleugnet worden war. Es geht beim Transport ihrer Truppen an finanziellen und personellen
um die Verstrickung der Firmen und das Reichssicherheitshaupt- Mitteln zur Durchführung eines
in die Kriegs- und Vernichtungs- amt (RSHA) bei der Deportation solchen Projekts fehlte, waren
politik der Nazis, den völker- insbesondere von Jüdinnen und es nun Sicherheitsbedenken und
rechtswidrigen Einsatz von mehr Juden, Sinti und Roma sowie po- die unzulässige Beeinträchtigung
als acht Millionen Zwangsarbeite- litischen Gegnerinnen und Geg- des Schienenverkehrs. War er-
rinnen und Zwangsarbeitern aus nern abhängig waren. steres schon unglaubwürdig,
allen besetzten Ländern Europas.
Während die Deutsche Bank am Auch gelang es der Bahn AG nicht, den Zug auf
Bau von Auschwitz beteiligt war,
technokratische Weise zu stoppen. Im Gegenteil!
deportierte die Deutsche Reichs-
bahn unter anderem über 12.000
namentlich bekannte Kinder und Der Zug der Erinnerung in der spätestens nachdem sie aufwen-
Jugendliche vor allem jüdischer Hauptstadt und die Angst der dig die Fußballweltmeisterschaft
Eltern dorthin, wo sie mit dem Bahn vor einem schlechten Image 2006 sponsorte, erwiesen sich
von einer Tochtergesellschaft der auch die Sicherheitsbedenken
Degussa AG und der I.G. Farben, Die Bahn möchte eigentlich un- mehr als fadenscheinig. Letzt-
der Firma Degesch (Deutsche heilvolle Erinnerungen in ihrem lich war es Mehdorn selbst, der
Gesellschaft für Schädlingsbe- Zusammenhang ungern wach- klarmachte, worum es ging: „Die
kämpfung), hergestellten Zyklon rufen. Denn das könnte bei der Deutsche Bahn behält sich das Recht
B in den Gaskammern ermordet internationalen Expansion ins vor, selbst zu entscheiden, wie wir
wurden. Die Verbrechen der Na- europäische Ausland unange- mit der Vergangenheit verantwort-
zis hätten ohne die Reichsbahn nehme Assoziationen wecken. lich umgehen.“ Doch diese Rech-
und ihre Kapazitäten bei weitem Also wurde nach der Initiative nung ging so nicht auf. Denn
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 25
dank der Berliner Initiative „Zug mensschildern bekannter depor- Unterstützung antifaschistischen
der Erinnerung – Haltestelle Berlin“, tierter, ermordeter und verschol- und zivilgesellschaftlichen En-
der es gelang ein breites Bündnis lener Kinder im Alter von einem gagements an den Bahnhöfen
verschiedener Organisationen, bis zwanzig Jahren gegen kleine Lichtenberg und Schöneweide.
Institutionen, Gruppen und Ein- Spenden verteilt, auf den Potsda- Abschließend hielt der Zug in
zelpersonen zusammenzubringen mer Platz gestellt und angezün- Westhafen und Grunewald als
und die für den Stopp des Zuges det. Eine größere Kerze brannte ehemalige Deportationsbahn-
in Berlin benötigten finanziellen symbolisch für alle unbekannten höfe.
Forderungen der Deutsche Bahn Opfer der Deportationen. Auch Wir möchten uns ganz herzlich
zu erfüllen, machte der Zug hier wurde in Reden, unter ande- bei den jeweiligen Mitwirkenden
der Erinnerung vom 13. bis 22. rem durch Petra Rosenberg (Vor- in der Berliner Initiative sowie
April in Berlin Station. Auch ge- sitzende des Landesverbandes der Berliner Antifa, der Berliner
lang es der Bahn AG nicht, den Deutscher Sinti und Roma von FDJ, der VVN/BdA-Berlin und zahl-
Zug auf technokratische Weise Berlin-Brandenburg), gegen die reichen Helferinnen und Helfern
zu stoppen. Im Gegenteil! Das Haltung der Deutschen Bahn AG bedanken. Am meisten Dank aus-
Verhalten des Bahnvorstandes protestiert. sprechen, möchten wir allerdings
führte eher zu einem weiteren unserem Freund und Genossen
Imageverlust. Denn die öffent- Der Zug, der aus mehreren Aus- Dirk Stegemann, der sich über
lich ausgetragenen Differenzen stellungswagen besteht und der Monate diesem Projekt hingab.
zwischen der Berliner Initiative die Städte der über 12.000 Kin-
und der Bahn AG führten nicht der und Jugendlichen ansteuerte, Der Text wurde für die „Rosen
nur zu Sympathiebekundungen die zwischen 1940 und 1944 in auf den Weg gestreut“ gekürzt. Die
für die Initiative, sondern be- die Vernichtungslager deportiert vollständige Auswertung kann
scherten dem Zug über 50.000 wurden, hielt auf fünf Berliner als PDF auf unserer Internetseite
Besucherinnen und Besucher. Bahnhöfen. Der erste Stopp war (www.antifa-pberg.de.vu) runter-
am Ostbahnhof, sowie dann zur geladen werden.
Bereits am Vorabend der Ankunft
des Zuges in Berlin gab es eine
Gedenkveranstaltung vor dem
Brandenburger Tor. Vor ca. 600
Menschen sprachen unter ande-
rem Esther Bejarano, Überleben-
de von Auschwitz und Ravens-
brück, Romani Rose (Zentralrat
Deutscher Sinti und Roma), Mi-
chael Joachim (Jüdische Gemein-
de zu Berlin) und Hans Coppi
(VVN-BdA). Ein Schweigemarsch
führte anschließend von dort zum
Potsdamer Platz zur Bahnzentra-
le. Während der Veranstaltung
wurden 4.646 Kerzen mit Na-
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 26
„Unsere Opfer
zählen nicht“
„Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ Herausgegeben von
„Rheinisches JournalistInnenbüro - Recherche International
e.V.“ April 2005 (Baumann/Heyl/Melzer 2000)
von Emanzipative & Antifaschistische Gruppe [EAG]
Wer sich mal durch die Vorle- leeren Land, welches zu zivilisie- der Dekolonialisierung im 20.
sungsverzeichnisse der Neueren ren sei. Auch heute noch ist die Jahrhundert auf mehreren Ebe-
und Neuesten Geschichte deut- Analogie eines Landes mit Weib- nen, etwa der wissenschaftlichen
scher Unis gelesen hat, dem wird lichkeit weit verbreitet: Bildlich und sprachlichen, die vormals
auffallen, dass sich der absolut gesehen stellt diese Weiblichkeit offensichtlichen Abhängigkeiten
überwiegende Teil mit deutscher das zu beschützende oder auch bestehen bleiben.
und kerneuropäischer Geschichte zu formende Gut dar. Ein sehr wichtiges Feld ist dabei
beschäftigt. Der „koloniale Blick“ setzt sich die Wissensproduktion, womit
Europäische Geschichte wird so somit auf die Spitze des Eis- wir wieder bei den Vorlesungs-
automatisch zur „Geschichte an berges einer selbst geschaffenen verzeichnissen der Geschichte
sich“, andere Blickwinkel werden Hierarchie. Damit geht einher, wären: Das repräsentierte Wissen
kaum eingenommen oder einfach dass dieser Blick als selbstver- ist spezifisch, nämlich lokal so-
nur in den jeweiligen Fächern wie
etwa Afrikanistik oder Sinologie „Wir wollten die Geschichte der dritten Welt im Zwei-
behandelt. Dieser Eurozentrismus
ist nicht nur bedauerlich, sondern ten Weltkrieg soweit wie möglich aus der Perspektive
hat auch eine lange Tradition, der Kolonialisierten beschreiben.“
welche einen Strang in den sog.
Kolonialwissenschaften hat.
Europäische Kolonisation ging ständlich angenommen und nicht wie hegemonial, d. h. herrschaft-
einher mit dem Verständnis eines mehr thematisiert wird, dass er lich.
Triumphes der Wissenschaft ge- einerseits historisch und damit Umso erfreulicher ist es, wenn
genüber dem „Primitiven“. Dabei wandelbar ist, sowie anderer- mensch dann auch mal einen
war z. B. der Vorgang der „Ent- seits eben nur eine spezifische Blick auf andere Perspektiven be-
deckungen“ oftmals geschlechtlich Perspektive wiedergibt. kommt, wie sie im Buch „Unsere
analogisiert: Das zu entdeckende Diesem Umstand versucht die Opfer zählen nicht“ repräsentiert
Land wurde zum „jungfräulichen „Postkoloniale Theorie“ Rechnung werden.
Land“, also zu einem aus dem zu tragen, indem sie davon aus-
Blickwinkel der Kolonialmächte geht, dass auch nach der Phase
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 27
Die Intention wird im Vorwort soldaten halb soviel kosten wie die und unverheirateten Mädchen, die
des Historikers Kum’a Ndumbe Söhne der Grande Nation.“ ihre Soldaten im Krieg missbraucht
III. deutlich: Beim Marsch auf Paris wurde haben, nichts wissen und nichts hö-
„Die Geschichte des Zweiten Welt- durch General de Gaulle der Be- ren. Sie warten einfach darauf, dass
krieges erweist sich, wie jede Geschich- fehl zum Blanchissement erteilt, Frauen wie ich sterben.“
te, als die der Sieger, aber auch als die schwarze Streitkräfte wurden Diese zwei Beispiele stehen da-
der Besitzenden und Wohlhabenden. durch weiße ersetzt. Viele der für, dass heutige Geschichte eine
Deutschland und Japan gehören Tirailleurs (frz. Bezeichnung für sehr einseitige und herrschaft-
trotz ihrer militärischen Niederlage Kolonialsoldaten) warteten jah- liche Betrachtung der Weltge-
in der Geschichtsschreibung zu den relang in Lagern auf die Rück- schichte ist, wobei subalterne
Siegern, denn auch wenn die Histo- kehr in die Heimat, wo sie eine (subaltern ist ein Begriff aus der
riographie in den beiden Ländern systematische Benachteiligung postkolonialen Theorie und meint
eine kritische Befragung und Korrek- im Gegensatz zu französischen die Perspektive derjenigen, wel-
turen hinnehmen musste, werden sie Soldaten erwartete, und gemach- che bei der Thematisierung eines
doch als Menschen gleichen Ranges te Versprechen seitens der Regie- Themas, hier z.B. des Zweiten
wahrgenommen. Diejenigen aber, rung nicht eingehalten wurden: Weltkrieges, auf Grund von Herr-
die nach dem Krieg vergessen wur- „Hatte die französische Bevölkerung schaftsmechanismen nicht gehört
den, als ob sie während des Krieges während des Krieges die Tirailleurs werden, deren Perspektive sozu-
gar nicht existiert hätten, die mit noch freudig begrüßt und gefeiert, sagen keinen Widerhall im Main-
ihren eigenen Kindern die Geschich- warfen sie den Afrikanern jetzt vor, stream findet) Perspektiven, wie
te neu erlernen müssen, ohne eigene sich auf Kosten der Franzosen ein etwa hier die Verquickung von
Taten in dieser Geschichtsschreibung schönes Leben machen zu wollen.“ Kolonialismus und Geschlecht
wieder zu finden, gehören zu den ei- Eine andere Geschichte betrifft keine Beachtung finden.
gentlichen Verlierern.“ die Zwangsprostitution während
Diesem Verschweigen anderer des Krieges, etwa in der „kaiser- „Unsere Opfer zählen nicht“ gibt
Perspektiven versucht das Redak- lich-japanischen Armee“. Asiatische also verschwiegene Perspektiven
tionskollektiv entgegenzuwirken: NGOs (Nichtregierungsorganisati- wieder und weist darauf hin, wie
„Wir wollten die Geschichte der drit- onen) schätzen die Zahl der in notwendig es ist, sich der domi-
ten Welt im Zweiten Weltkrieg soweit japanische Militärbordelle ver- nanten Sichtweise europäischer
wie möglich aus der Perspektive der schleppten Mädchen und Frauen Geschichtsschreibung bewusst
Kolonialisierten beschreiben. Ihre auf 200.000. zu werden und diese zu thema-
Stimmen zu sammeln und zu Gehör So erzählt die Koreanerin Hwang tisieren. Nicht zuletzt wird auf-
zu bringen, die Geschichte des Zwei- KumJu, welche als Betroffene seit gezeigt, inwiefern Geschichte als
ten Weltkrieges »von unten« zu be- den 1990er Jahren in Seoul Pro- Bedingung für den Zustand der
leuchten ist eines der Hauptanliegen testveranstaltungen organisiert: aktuellen Gesellschaft eine zen-
dieses Buches.“ „Meine verlorene Jugend lässt sich trale Rolle einnimmt.
Eine dieser Perspektiven ist die nicht wieder gut machen. Aber
der Kolonialsoldaten, welche ich werde hier bei Wind und
während des Ersten und Zwei- Wetter so lange demonstrieren,
ten Weltkrieges von den soge- bis sich die Japaner bei mir ent-
nannten Mutterländern teilweise schuldigt haben. Als Nordkore-
„freiwillig“, teilweise unter Zwang aner vor einigen Jahren einige
in die eigenen Armeen als eigen- Japaner entführten und fünf
ständige Einheiten eingegliedert von ihnen umkamen, machten
wurden. Dabei unterschied sich die japanischen Behörden ein
die Ernährung als auch die Klei- Mordsgeschrei und verlangten
dung deutlich von der der ein- Entschädigungen von Nordkorea
heimischen Einheiten: „Wie die für die Opfer. Dieselben japa-
Briten ließen sich auch die Franzo- nischen Regierungsstellen wollen
sen die Verpflegung ihrer Kolonial- von den Zehntausenden jungen
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 28
Wie viele sicherlich schon erfah- gleichzeitig geht es uns um mehr. volle und produktive Lösungen
ren haben, finden am 28. Septem- Es reicht uns nicht aus, einfach entstehen zu lassen. Auch wenn
ber 2008 die Kommunalwahlen nur „Gegen Rechts“ zu sein. durch eine Straßenparade Inhalte
im Land Brandenburg statt. Dass auf der Strecke bleiben, ist es
bei den Wahlen auch die rechts- Wir wollen klarstellen, dass Na- wichtig zu wissen, worum es ei-
extreme NPD flächendeckend zis nicht vom Himmel fallen gentlich geht.
antreten wird, ist wahrscheinlich und nur zutiefst bösartige Men-
auch nichts Neues mehr. schen sind, sondern es gesell- Gegen eine Welt, in der rassi-
schaftliche Ursachen gibt, die stische und antisemitische Denk-
Wir wollen den Nazis entschlos- Menschen Ideologien wie Natio- weisen, sowie Homophobie und
sen entgegentreten - sowohl bei nalismus, Rassismus und Antise- Sexismus zum Alltag gehören,
den Wahlen, als auch im Alltag, mitismus annehmen lassen. Es fordern wir eine Gesellschaft, in
auf der Straße, im Jugendclub ist wichtig, die antifaschistische der wir solidarisch zusammen le-
oder im Verein. Alleine schon aus
dem Grund dass wir nicht einse- Gegen eine Welt, in der rassistische und antisemi-
hen, dass nach über 63 Jahren tische Denkweisen, sowie Homophobie und Sexis-
der Kapitulation Nazi-Deutsch-
lands eine Partei antreten wird, mus zum Alltag gehören
deren Programm des „nationalen
Sozialismus“, der rassistisch kon-
struierten Volksgemeinschaft und (Jugend)Kultur zu vergrößern und ben können. In der Staaten und
noch vieles mehr aufleben lässt. sich inhaltlich mit den Proble- Nationen als überflüssig gelten
men, innerhalb der bestehenden und es scheißegal ist, wo ein
Zwar ist es unser Ziel, während Gesellschaft, auseinanderzuset- Mensch geboren wurde oder lebt.
der Kommunalwahlen, gemein- zen und die Ursachen der jet- Es ist uns besonders wichtig,
sam mit der Brandenburger Kam- zigen Verhältnisse zu verstehen. dass Menschen nicht nach einer
pagne „Keine Stimme den Nazis“, kapitalistischen Verwertungslogik
der NPD die Suppe zu versalzen, Erst dann ist es möglich, sinn- sortiert werden und mensch sich
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 29
www.antifa-bernau.tk
www.keinestimmedennazis.de
Rosen auf den Weg gestreut . Sommer 2008 . Seite 30
Termine
02.07. - 15.07. - Dosto (Mo - Fr 05.07. - 17:00 Oranienplatz 18.07. - 17:00 - & 19.07. - 14:00
14 bis 20 Uhr) (U-Kottbuser Tor / Moritzplatz) Kulturpark Strausberg
(Breitscheidtstr. 43c, S-Bhf Bernau) De*fence-Abschlusskonzert mit (Peter-Göring-Str. 25, Strausberg)
02.08. - 15.08. Jugendzentr. JUP Anarchist Academy, Koljah, Tai Subtival Festival III: Politics
(Florastraße 84, S-Bhf Pankow) Phun, NMZS & Ciaoceskos meet Music
AUSSTELLUNG mehr Infos unter Selbstorganisiertes Festival in
„Plakative Anschläge“ www.chipkartenini.squat.net Strausberg bei Berlin.
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der letzten 15 Jahre. Eine Aus- 07.07. - 18:30 - Dosto www.subtival.de
stellung der Initiative „Poli- (Breitscheidtstr. 43c, S-Bhf Bernau)
tisches Plakat“ INFOABEND „Plakatgestal- 07.08. - 21:00 - Bandito Rosso
mehr Infos unter tung und Antisexismus“ (Lottumstraße 10a, U-Bhf R. Luxemburg Platz)
www.politisches-plakat.tk Ein Vortrag der Initiative „Poli- Antifa-Solitresen
tisches Plakat“ zur Unterstützung linker Projekte
01.07. - 18:00 - Lichtburg-Forum im Bezirk
(Bellermannstraße 22 - S-Bhf Gesundbrunnen)
07.07. - 19:00 -Jugendzentr. JUP www.antifa-pberg.tk
Podiumsdiskussion „Kein platz (Florastraße 84, S-Bhf Pankow)
für nazis“ ANTIFA-Café 11.08. - 19:00 Jugendzentr. JUP
u.a. mit der Mobilen Beratung Das Thema wird noch bekannt- (Florastraße 84, S-Bhf Pankow)
gegen Rechtsextremismus gegeben. Eine Veranstaltung ANTIFA-Café „Plakatgestal-
organisiert von den Jusos Mitte der emanzipativen & antifaschi- tung und Antisexismus“
mehr Infos unter stischen Gruppe Ein Vortrag der Initiative „Poli-
www.jusos-berlin.de www.pankow.antifa.net tisches Plakat“
mehr Infos unter
02.07. - 18:30 - Dosto 12.07. - 14.00 - Bahnhof Bernau www.pankow.antifa.net
(Breitscheidtstr. 43c, S-Bhf Bernau)
STREETPARADE „Keine Stimme
INFOABEND „Grundlagen der
den Nazis“ 01.09. - 19:00 Jugendzentr. JUP
Plakatgestaltung“
Mobiles Straßenfest in Bernau (Florastraße 84, S-Bhf Pankow)
Ein Vortrag der Initiative „Poli- ANTIFA-Café „Drogenpolitik &
mehr Infos unter
tisches Plakat“ Rassismus“
www.antifa-bernau.tk
Ein Vortrag der Initiative „Paeris“
03.07. - 21:00 - Bandito Rosso organisiert von Antifaschis-
(Lottumstraße 10a, U-Bhf R. Luxemburg Platz)
16.07. - 19:00 - Wahlkreisbüro
Dr. Gregor Gysi tischen Jugendlichen aus
Antifa-Solitresen
(Brückenstraße 28 - Treptow-Köpenick) Pankow [AJAP]
zur Unterstützung linker Projekte
Info-Veranstaltung: „Nazis
im Bezirk
in den Parlamenten“ 06.10. - 19:00 Jugendzentr. JUP
www.antifa-pberg.tk
In fünf Bezirksverordnetenver- (Florastraße 84, S-Bhf Pankow)
Bertolt Brecht