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:antifaschistische Nr.

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nachrichten g 3336 12.9.2002 18. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤

Polizeieinsatz wegen
NPD-Veranstaltung
Ramstein-Miesenbach. Mehrere
Hundertschaften Polizei haben am
31.8. den Veranstaltungsort eines
„Fests“ der NPD am Miesenbacher
Seewoog abgeriegelt. Dadurch sollte
ein Zusammentreffen von Anhängern
der Rechtspartei mit gewaltbereiten
Gegendemonstranten aus der linken
Szene verhindert werden. Das „Anti-
imperialistische Fest“ der NPD, zu
dem die Veranstalter 200 Teilnehmer
erwartet hatten, stand unter dem Mot-
to „Frieden für Deutschland – Ami go

www.arbeiterfotografie.com
home“. In der Ramsteiner Innenstadt
fand am Samstagmittag eine geneh-
migte Gegendemonstration der Verei-
nigung der Verfolgten des Nazi-Regi-
mes/Bund der Antifaschisten (VVN/

Info:
BdA) statt, an der rund 130 Menschen
teilnahmen. Eine weitere Gegenkund-
gebung zur NPD-Veranstaltung war
am Vortag von der Stadtverwaltung
verboten worden, weil die Organisa- Die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge zieht noch bis zur Bundestagswahl von
toren nicht zu einem Abstimmungs- Stadt zu Stadt. Berichte aus Hamburg und Köln auf Seite 13 und 14
gespräch mit dem Ordnungsamt er-
schienen waren. Als dennoch 30 De-
monstranten einen Protestzug begin-
nen wollten, wurde er von der Polizei
aufgelöst. Rund um Miesenbach rich-
Ein Schreibtischtäter
tete die Polizei Kontrollstellen ein,
um eine direkte Konfrontation von
Rechten und Linken zu verhindern.
geht zur Sache
So wurden bis 17 Uhr über 200 Perso- In seiner Rede vor dem Bundestag – Anlass war die Hochwasserkatas-
nen überprüft, außerdem sprach die trophe – hat Ronald Schill von der „Partei rechtsstaatliche Offensive“
Polizei mehr als 50 Platzverweise für PRO auf Denkmuster zurückgegriffen, die den furchtbarsten Verbrechen
den Stadtteil Miesenbach aus. den Boden bereiteten. Er nimmt den „Ausländer“, den Flüchtling, den Fremden
In der Nacht zum Samstag war ein aus der mitmenschlichen Identität und Solidarität heraus und präpariert ihn als
Teil des Freizeitgeländes mit „Nazis- eigentliche Ursache für die mit der Flutkatastrophe verbundenen Belastungen,
raus“-Parolen bemalt worden. Die ja generell als Hemmnis und Störfaktor für die Entfaltung deutscher Tüchtig-
NPD sprach in diesem Zusammen- keit. Er schafft ein Feindbild und facht zugleich das in der deutschen Ideologie
hang von einem „Anschlag“ durch so fest verwurzelte, völlig irreale, in seiner Konsequenz für andere lebensge-
„kriminelle Elemente“. Nach Anga- fährliche deutsche Überlegenheitsdenken an. Wir dokumentieren den Protest
ben der Polizei kamen die Teilnehmer des TGB - Bündnis Türkischer Einwanderer e.V., die Erklärung der PDS zu ihrer
des NPD-„Fests“ aus ganz Rhein- Strafanzeige gegen Schill sowie Auszüge aus der Rede Schills. scc
land-Pfalz einschließlich des Raums
Karlsruhe. So nicht, Herr Schill! geführt und der Hoffnung Ausdruck ge-
Quelle: Rheinlandpfalz Online, Wir, der TGB, legen Bürgermeister von geben, er möge sich mit populistischen
2.9., (rik) Beust nahe, sich im Wiederholungsfall Äußerungen zu Problemen bei Migration
von Schill zu trennen. Bisher haben wir und Integration zurückhalten.
uns ganz bewusst zurückgehalten, haben Wir müssen nun erkennen, dass Innen-
dem Innensenator eine gewisse Schon- senator Schill nicht lernfähig ist. Einmal
Aus dem Inhalt: frist zugebilligt und gehofft, dass das mehr machte er die Migranten dafür ver-
Die Flut in Theresienstadt . . . . . . . 8 Amt eine beruhigende Wirkung auf ihn antwortlich, wenn heute kein Geld da
Hintergrundbericht zurGesell- ausübt, dass er die Realität wahrnimmt, sei, um die Opfer der Flutkatastrophe zu
schaft für bedrohte Völker. . . . 10 kurz, dass er lernfähig ist. In diesem Sin- entschädigen. Weil viel zu viel Geld für
ne haben einige unserer Vorstandsmit- Katastrophen in aller Welt und für die
glieder ein Gespräch mit Herrn Schill Fortsetzung Seite 3
: meldungen, aktionen
„Republikaner“ und die
„DNZ“
Schill in „Nation und ropäischen Rechtsparteien. Diesen dien- München. Wie die neofaschistische
Europa“ te auch sein jüngstes Treffen mit dem Zeitschrift „Nation & Europa“ (09/02)
„Lega Nord“-Europa-abgeordneten und berichtete, kam es am 25. Juni zu einem
Hamburg. Der Hamburger Innensenator Bossi-Vertrauten Mario Borghezio, den Treffen zwischen dem Bundesvorsitzen-
und Vorsitzender der „Partei Rechtsstaat- Köpfen des belgischen „Vlaams Blok“, den der sog. „Republikaner“, Rolf
licher Offensive“ (PRO), Ronald B. Frank Vanhecke und Filip Dewinter, dem Schlierer, seinem Landesvorsitzenden in
Schill, dessen Gerede im Bundestag über Leiter des österreichischen Ablegers der NRW, Klaus Petri und dem Herausgeber
eine angebliche Verschwendung „deut- „Jungen Freiheit“, der „Zur Zeit“, An- der „Deutschen National-Zeitung“ und
scher Steuergelder“ für Ausländer un- dreas Mölzer, dem Wiener Historiker DVU-Chef Gerhard Frey in München.
längst auf heftige Kritik gestoßen war, und Interviewpartner des Organs der sog. Bei diesem Treffen soll es um die
hat der neofaschistischen Zeitschrift „Republikaner“, Lothar Höbelt und an- „Schaltung von REP-Inseraten in der
„Nation & Europa. Deutsche Monatshef- deren im Schloßhotel Seefels am Wör- von Frey herausgegebenen „National-
te“ ein Interview gegeben. Interviewt thersee. Haider wird seine Europakon- Zeitung“ gegangen sein. Die Anzeigen
von „N&E“-Mitarbeiter Eric Weber hatte zeption in der FPÖ durchsetzen wollen mit dem Appell zur Wahl der „Republi-
Schill in dem 1951 von dem früheren um diese als Motor einer Neuformierung kaner“ sollten auf Wunsch von Schlierer
SS-Sturmbannführer Arthur Ehrhardt ge- der europäischen Rechten im Sinne einer aber „getarnt“ erscheinen, „ohne REP-
gründeten Blatt u.a. das neue Zuwande- Bündelung des allgemeinen Rechtsdrifts Raute und ohne Angabe einer Parteiglie-
rungsgesetz kritisiert. Das Gesetz sei „in in Europa nutzen zu können. Ob dies bis derung“ und lediglich von Petri als „Pri-
dieser Fassung für das gesellschaftliche zu den Europawahlen im Jahre 2004 vatmann“ gestaltet. „Notfalls hätte sich
Leben in Deutschland nicht förderlich“. oder erst im Jahr 2009 erfolgt, ist nur der REP-Vorsitzende dann distanzieren
Die „unkontrollierte Zuwanderung“ eine Frage der Zeit. Für Ende September können, obwohl er am Zustandekommen
müsse „gestoppt werden“, so Schill. Kri- ist ein weiteres Treffen von FPÖ-Politi- des Arrangements beteiligt war“, so
tik übte Schill auch an dem Bundestags- kern u.a. mit Vertretern des „Vlaams „N&E“. Abgelehnt wurde das von REP-
kandidaten der CDU/CSU, Edmund Sto- Blok“ in Kärnten geplant. Spannend Chef Schlierer gewünschte Arrangement
iber. Der habe sich mittlerweile „weich- dürfte hingegen werden, welcher letztlich von Gerhard Frey selbst.
spülen“ lassen und stelle im Wahlkampf bundesdeutsche Partner in einen solchen hma ■
die Änderung dieses Gesetzes nicht mehr Zusammenschluss passen könnte. Um
zur Debatte. Seine Partei stehe nur für gute Kontakte zu Haider bemüht sind die Nazi-Aufmarsch in Wupper-
eine Koalition mit der CDU/CSU zur „Deutschen Konservativen“ um Joachim
Verfügung, so der Hamburger Amtsrich- Siegerist und Heinrich Lummer, die erst tal am 7.9.
ter. Es müsse aber endlich ein „Politik- kürzlich noch zur Unterstützung Ronald Am Samstag, den 7.9. kamen auf dem
wechsel“ stattfinden, denn „Deutschland B. Schills aufriefen. So künden diese be- Rathausvorplatz in Wuppertal-Barmen
braucht dringend politische Veränderun- reits eine Teilnahme Haiders auf ihrem etwa 3000 GegnerInnen der zeitgleich
gen“. hma ■ nächsten Jahreskongress an, der vom 13. am Barmer Bahnhof stattfindenden NPD
bis 19. Oktober in Bad Kleinkirchheim Kundgebung zusammen, darunter viele
Es geht um mehr in Kärnten stattfindet. hma ■ jüngere Leute. Obwohl die Polizei eine
angekündigte Gegendemonstration des
Österreich/Wien. Um weitaus mehr als „ENiD“ in der Krise Bündnisses „Wuppertal stellt sich quer"
„nur“ um die gegenwärtige Regierungs- – es gab ein zweites Bündnis, in dem der
politik der FPÖ dürfte es bei den derzei- Renningen-Malmsheim. Streitigkeiten DGB und die vertretenen Parteien im Rat
tigen Auseinandersetzungen innerhalb innerhalb der am rechten Rand der evan- u.a. waren, das nur zu einer Kundgebung
der FPÖ gehen. Nur vordergründig geht gelischen Kirche beheimateten „Evange- aufgerufen hatte – zu verhindern ver-
es um die Verschiebung der Steuerreform lischen Notgemeinschaft“ (ENiD) haben suchte, setzte sich ein großer Teil der An-
und den Kauf von modernen Abfangjä- diese in eine schwere Krise gebracht. wesenden um 11:45 Uhr in Richtung Al-
gern in Österreich. Vielmehr handelt es Der derzeit im Amt befindliche Vorstand ter Markt in Bewegung. Nach wenigen
sich bei den Auseinandersetzungen zwi- und ein „Arbeitskreis zum Erhalt der Metern wurde der Demonstrationszug
schen den Flügeln um die FPÖ-Chefin Evangelischen Notgemeinschaft“ strei- durch die Polizei unter Schlagstockein-
Riess-Passer einerseits und der Kärntner ten derzeit vor Gericht um die Rechtmä- satz gestoppt, wobei es zu ersten Fest-
FPÖ-Landeshauptmann Jörg Haider an- ßigkeit der jeweils parallel zueinander nahmen und Verletzten kam. Mit einer
dererseits um zwei verschiedene Positio- stattgefundenen außerordentlichen Mit- Kehrtwende ließen es sich die Demon-
nen zur künftigen Europakonzeption der gliederversammlungen. strantInnen aber nicht nehmen, in die an-
FPÖ. Knapp 30 rechte Abgeordnete im Seit der Abberufung des früheren Vor- dere Richtung zu gehen und somit die
Europaparlament, darunter die von FPÖ, sitzenden der ENiD, Pfarrer Hanns Hauptverkehrsstraße, die B7, zu beset-
„Lega Nord“ und „Vlaams Blok“, sind Schrödl, im vergangenen Jahr wurden zen. Die Masse war dann aber doch nicht
derzeit fraktionslos. Dies bedeutet nicht wiederholt Vorwürfe „wegen dessen ganz so entschlossen, so dass ein Vor-
nur weniger Geld, Personal und techni- fragwürdigen Umgangs mit Spendengel- dringen Richtung Nazis gegen die Poli-
sche Ausstattung sondern verwehrt auch dern“ laut. Trotz der „rapide verschlech- zei nicht möglich war.
die Möglichkeit, eigene Anträge ins Par- terten finanziellen Situation des Vereins“ Ein zweiter Demonstrationszug führte
lament einzubringen. Während sich die erscheint das Organ der ENiD, „Erneue- anschließend mit etwa 2500 Menschen
derzeitige FPÖ-Chefin Riess-Passer eher rung und Abwehr“ derzeit noch unverän- zum Neubau der jüdischen Synagoge,
zur gemäßigt rechten Europarlaments- dert weiter und auch die letzte Studienta- um der jüdischen Gemeinde gegen die
fraktion „Union für das Europa der Va- gung konnte noch stattfinden. Als neuer Provokation der Nazis den Rücken zu
terländer“ (UEN) um die italienische Geschäftsführer der „ENiD“ wurde nun stärken. Die NPD hatte ursprünglich ei-
„Alleanza Nazionale“ und der irischen Ulrich Motte aus München gewählt. nen Aufmarsch vorbei an der neuen Syn-
„Fianna Fail“ hingezogen fühlt, bastelt Motte war Autor in der Zeitschrift „Criti- agoge geplant. Insgesamt wurden 5
Jörg Haider an seinen eigenen Vorstel- con“ und schreibt heute u.a. in die „Jun- GegendemonstrantInnen in Gewahrsam
lungen einer gemeinsamen Liste der eu- ge Freiheit“. hma ■ genommen. Quelle: www.indymedia.de ■

2 : antifaschistische nachrichten 19-2002


Fortsetzung von Seite 1 Auftritte dieser Art zu erwarten sind, Teile der Bevölkerung“ aufgestachelt
Aufnahme von Flüchtlingen ausgege- schadet unserer Stadt ganz massiv: Wir wurde.
ben worden sei, bedürfe es nun Steuerer- möchten Sie, sehr geehrter Herr Bürger- Angesichts der vielen schweren Kör-
höhungen, so Schill. meister, an Ihren Amtseid erinnern. Sie perverletzungen und auch Morde, die in
Diese Sicht der Dinge schließt nahtlos schworen, alles zu tun, um Schaden von den vergangenen Jahren aus fremden-
an seine Äußerung an, die im Frühsom- dieser Stadt fernzuhalten. Genügen Sie feindlichen Motiven an Flüchtlingen be-
mer bereits für einen Eklat sorgte, als er diesem Eid und machen Sie Ihrem gangen wurden, muss damit gerechnet
den Ausländern pauschal vorwarf, sie Innensenator unmissverständlich klar, werden, dass die von Schill getätigten
verfrühstückten den Reichtum dieses ihn im Wiederholungsfall zu entlassen! Äußerungen weitere Straftaten provozie-
Landes. Nihat Ercan (Vorsitzender) ■ ren.
Wenn Herr Schill solche Reden in den Diese Gefahr ist umso größer, als
Hinterzimmern von Kneipen vor bierse- PDS-Strafanzeige gegen Schill Schill nicht nur eine an sich schon straf-
ligen Parteigenossen schwingt, so ist das Harald Werner, Parteivorstandsmitglied würdige Rede zur Verbreitung von Aus-
schlimm genug. Wenn er aber sein Amt und Spitzenkandidat in Hamburg, sowie länderfeindlichkeit gehalten hat, sondern
als Hamburger Innensenator dazu miss- weitere Bundestagskandidaten der Ham- auch eine demagogische Verbindung
braucht, den Deutschen Bundestag als burger PDS, werden Innensenator Schill zwischen der Not der Hochwasseropfer
Forum für seine Hasstiraden auf alles nach § 130 StGB wegen Volksverhet- und der Aufnahme von Flüchtlingen her-
Fremde zu nutzen, so schürt er nicht nur zung anzeigen, weil er die von der Jahr- stellte. Erschwerend kommt hinzu, dass
Fremdenhass und Ausländerfeindlich- hundertflut geschädigten Menschen in die Behauptung von Schill besonders
keit, sondern schadet damit dem Senat seiner Bundestagsrede gegen Flüchtlin- glaubwürdig erscheint, weil er sie als
und vor allem dem Ansehen der Freien ge aufgehetzt hat. Schill hatte die Be- Vertreter einer Landesregierung vor dem
und Hansestadt Hamburg. Bürgermeister hauptung aufgestellt, dass das Geld für Deutschen Bundestag aufgestellt hat.
Ole von Beust hat zwar reagiert und den die Flutopfer fehle, weil die Bundesre- Wenn Bürgermeister Ole von Beust
Auftritt seines Stellvertreters in unge- gierung „jedes Jahr über 10 Milliarden nachträglich erklärt, dass sein Innense-
wöhnlich scharfer Form gerügt, er will DM für Flüchtlinge ausgegeben“ habe. nator für eine solche Rede „kein Man-
sich aber nicht von diesem Mann tren- Mit dieser und anderen Bemerkungen ist dat“ hatte, dann hat Roland Schill sein
nen. Ein bedingungsloses Festhalten an nach Ansicht der Bundestagskandidaten Amt missbraucht und ist als Senator
diesem Senator, einem Mann, der offen- der Straftatbestand der Volksverhetzung endgültig untragbar geworden.
bar nicht dazulernt und von dem weitere erfüllt, weil eindeutig „zum Hass gegen Harald Werner ■

Dokumentiert: Auszug
fassen; denn Sie gehören zu den Verantwort-
aus der Rede Schills lichen. – Wie gesagt, es hat eine Zuwanderung
vor dem Dtsch. Bundestag stattgefunden, die zulasten der Sozialkassen
(...) Wie konnte es dazu kommen, obwohl doch geht. Obwohl es eine Verdoppelung der Zahl
die Menschen unseres Landes anerkannterma- der Ausländer seit 1972, also in den letzten 30
ßen zu den tüchtigsten Europas gehören? Unse- Jahren, gegeben hat – ich sage das in aller
re tüchtigen Bürger klagen an, auf welche ver- Deutlichkeit –, waren 1972 mehr ausländische
schwenderische Weise deutsche Politiker in den Mitbürger erwerbstätig als heute. Damals wa-
vergangenen Jahrzehnten mit dem Geld umge- ren es 2,3 Millionen und jetzt sind es nur noch 2
gangen sind. Unsere tüchtigen Bürger klagen Millionen.
zum Beispiel diejenigen Politiker an, die sich Was lernen wir daraus? – Wir lernen dar-
darin gefallen haben, in den letzten Jahrzehn- aus, dass es eine verdammt teure Entwicklung
ten mit dem Kelch der Barmherzigkeit, gefüllt mit gewesen ist.
deutschen Steuergeldern, durch die ganze Welt Jetzt fehlen die nötigen Gelder für Hilfsmaß-
zu ziehen und bei irgendwelchen Katastrophen nahmen, die in den USA bei vergleichbaren Ka-
die betroffenen Menschen hierher zu holen. Je- tastrophen aus der Portokasse finanziert wer-
der, der dagegen etwas gesagt hat, wurde als den. Wir haben uns etwa den Luxus geleistet, in
ausländerfeindlich bzw. als menschenunfreund- der Zeit des Bosnien-Bürgerkriegs doppelt so
Thüringer Neonazi-Netz lich diffamiert. viele Bosnier nach Deutschland zu holen wie
Entwicklung des militan- Jetzt wundert sich die ganze Welt, dass sämtliche Staaten der Europäischen Union zu-
ten Flügels der NPD Deutschland noch nicht einmal in der Lage ist, sammen. Da stellt sich doch die Frage, ob die
der in Not geratenen Bevölkerung aus eigener Regierungschefs anderer europäischer Natio-
Mitte der neunziger Jahre hatte sich Kraft zu helfen, ohne die Steuer zu erhöhen wo- nen unmenschlich waren oder ob nicht vielmehr
innerhalb der Jugendorganisation der mit gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Wirt- die Politiker unseres Landes die Bedürfnisse der
NPD der nationalrevolutionäre Flügel schaft erdrosselt wird. Die ganze Welt wundert eigenen Bevölkerung mit Füßen getreten haben.
durchgesetzt. In diversen Publikationen sich mittlerweile darüber, was aus diesem In den letzten Jahren wurden jedes Jahr über
der Jungen Nationaldemokraten verdeut- Deutschland geworden ist. 10 Milliarden DM für Flüchtlinge in Deutsch-
lichte sich ein Trend hin zur Abnabelung Wir bilden das Schlusslicht in Europa, was land ausgegeben. Dieses Geld fehlt jetzt an an-
von der legalistisch orientierten Mutter- Sie teilweise zu verantworten haben. derer Stelle. Sehen Sie es endlich ein! Wer mir
partei, zudem wurde die Schaffung einer Es hat in den letzten 30 Jahren eine massive vorwirft, ich würde das Leid der Flutopfer gegen
Kaderstruktur propagiert und die Bereit- Zuwanderung stattgefunden, die zulasten der das Leid der Flüchtlinge ausspielen, dem kann
schaft zur Kooperation mit militanten Sozialkassen geht. ich nur sagen: Nur ein Rabenvater lässt seine
Kräften herausgestellt. Welche Rolle die- (Ludwig Stiegler [SPD]: Sie müssen zur Sa- Kinder darben, während er sich um unbekannte
se Entwicklung in Thüringen spielt, unter che reden!) Gäste kümmert. Sie haben in der Vergangen-
anderem mit wesentlich neuen Ergebnis- – Ich rede zur Sache. Es besteht nämlich auf- heit das Geld verfrühstückt und haben es mit der
sen zum NSAW, ist einer Recherche des grund der Flutkatastrophe die Notwendigkeit, Gießkanne über die ganze Welt verteilt, sodass
Mobilen Beratungsteams (MOBIT) Thü- die Steuern zu erhöhen. Mit den Ursachen für Deutschland diese Katastrophe nicht mehr an-
ringen zu entnehmen. Bestellungen an: diese Notwendigkeit sollten Sie sich einmal be- gemessen bewältigen kann. (...) ■
mail@mobit.org

: antifaschistische nachrichten 19-2002 3


7. Aufmarsch in diesem Jahr Tatort Stadion: Rassismus und Diskriminierung im Stadion
Leipzig. Am Samstag, 7.9. fand der
siebte Aufmarsch von Neonazis inner-
halb eines Jahres in Leipzig statt. 135
Neonazis marschierten vom Hauptbahn-
hof Richtung Völkerschlachtdenkmal.
Rund 1000 Polizisten waren im Einsatz.
250 Gegendemonstrierten protestierten
lautstark gegen den Aufmarsch.
Die Stadt hatte zur Auflage gemacht,
die Neonazis nur bis zur Alten Messe
kurz vorm Völkerschlachtdenkmal mar-
schieren zu lassen. Zudem waren Sym-
bole und Losungen wie „Ruhm und Ehre
der Waffen-SS“ wie auch das Tragen von
Springerstiefeln und Bomberjacken ver-
boten. Das führte zu längeren Kontrollen
der einzelnen Teilnehmer. ■

Den Krieg und nicht nur die Auf Initiative des Bündnisses aktiver Fußball-Fans (BAFF) gastiert die Ausstel-
lung „Rassismus und Diskriminierung im Stadion“ zur Zeit im Frankfurter
Beteiligung daran verhin- DGB-Haus. Sie wird präsentiert von den Fan-Projekten Frankfurt, Offenbach,
dern! Mainz und Darmstadt, dem DGB und der Sportjugend Frankfurt. Es gibt ver-
Bochum. Die VVN BdA NRW hat auf schiedene Begleitveranstaltungen sowie eine Broschüre mit Material zum
ihrer Landeskonferenz im verdi-Haus in Thema. www.aktive.fans.de
Bochum zur Friedensdemonstration am
14. September in Köln aufgerufen. Ein- Bundesverfassungsgerichtes ist." Außer- Regierung soll Untätigkeit
stimmig wurde zu den jüngsten Kanzler- dem soll die Landesregierung mitteilen, gegen Antisemitismus ein-
und Kanzlerkandidatenerklärungen fest- „was sie zum Schutz der Bürger unter- stellen
gestellt: „Es geht der Friedensbewegung nehmen will, die vom Anti-Antifa-Terror
und den Antifaschistinnen und Antifa- bedroht sind" und "wie sie das Demon- Berlin. Zu einer Studie der Universität
schisten nicht nur darum, die deutsche strationsrecht der Antifaschisten durch- Leipzig über wachsenden Antisemi-
Kriegsbeteiligung zu verhindern, son- setzen und künftige Polizeikessel verhin- tismus erklärt die innenpolitische Spre-
dern den ganzen Krieg. Wenn die Regie- dern will.“ cherin der PDS-Bundestagsfraktion, Ulla
rung den Krieg ein Abenteuer nennt, Die Landeskonferenz, auf der 77 De- Jelpke: „Die Studie bestätigt meine Be-
dann muss sie alles tun, um dieses Aben- legierte die rund 1.200 Mitglieder der fürchtungen und Erfahrungen. Die
teuer zu verhindern." größten und sehr traditionsreichen Verei- Bundesregierung hatte erst kürzlich auf
Die Regierung soll noch vor den Wah- nigung der Naziopfer und ihrer Hinter- meine Anfrage mitgeteilt, dass im zwei-
len feststellen: „Wir machen nicht mit, bliebenen sowie jüngerer Mitkämpferin- ten Quartal 2002 die Zahl der amtlich er-
auch wenn es ein Nato- und ein soge- nen und Mitkämpfer vertraten, die in fassten antisemitischen Straftaten gegen-
nanntes UNO-Mandat gibt." Der Bünd- rund 20 Kreisvereinigungen arbeiten, über dem ersten Quartal um 150 Prozent
nisfall der NATO, beschlossen nach dem war die letzte VVN-Landeskonferenz im angestiegen ist. ...Wenn Leute wie Schill,
11. September 01 ist sofort aufzuheben. Bundesmaßstab vor dem Vereinigungs- Stoiber und Möllemann die Backen so
Weigert sich die NATO, so hat die Regie- kongress aller Landesverbände und an- mit fremdenfeindlichen und antisemiti-
rung zu erklären, dass sie sich an diesen derer antifaschistischer Gruppen aus Ost schen Sprüchen aufblasen wie in den
Beschluss nicht mehr gebunden fühlt. und West Anfang Oktober in Berlin. Es letzten Wochen und Monaten, wundert
Vor allem ist der umfassende Ermächti- wurde ein neuer Geschäftsführender es mich nicht, wenn sich auch in der Be-
gungsbeschluss zum Kriege, vom Kanz- Landesausschuss gewählt, dem Jupp An- völkerung offener Antisemitismus breit
ler am 16. November 2001 im Bundestag genfort (Düsseldorf), Ulrich Sander macht.
erzwungen, aufzuheben, ebenso wie die (Dortmund) und Jochen Vogler (Wup- Zwei Jahre nach den Anschlägen auf
„Verteidigungspolitischen Richtlinien" pertal) als Landessprecher vorstehen. jüdische Menschen und Einrichtungen
von 1992. Maria Wachter (92 Jahre), Teilnehmerin und der großen Demonstration in Berlin
Die VVN-BdA: „Es gilt der Slogan: am antifaschistischen Widerstand und zum Jahrestag der Reichspogromnacht
,Keine Stimme für den Krieg‘.“ Die Verfolgte des NS-Regimes, kandidierte hat auch die Bundesregierung den „Auf-
VVN-BdA verlangte auf ihrer Landes- nicht erneut als stellvertretende Landes- stand der Anständigen“ wieder abgebla-
konferenz außerdem, der nordrhein- vorsitzende. Die Düsseldorferin wurde sen. Innenminister Schily will von Auf-
westfälische Landtag soll endlich die unter langem Beifall zur Ehrenvorsitzen- klärungsarbeit gegen Rechtsextremismus
bundesweit einmaligen Polizeiskandale den gewählt. Hans-Dieter Warda vom nichts mehr wissen.
– manifestiert in Polizeikesseln von Verdi-Landesvorstand, hatte die Konfe- Im Haushalt 2003 will er nur 3 Millio-
Dortmund und Düsseldorf gegen Antifa- renz zu Beginn mit einem herzlichen nen Euro für Aufklärungsarbeit gegen
schisten – aufklären. Der Landesinnen- Grußwort eröffnet und die Tatsache eines Rechtsextremismus und nur 2,8 Millio-
minister soll endlich vom Landesparla- Neonaziaufmarschs zu gleicher Stunde nen Euro für den Schutz jüdischer Fried-
ment aufgefordert werden zu erklären, in Wuppertal verurteilt, an dem sich Na- höfe bereit stellen. Die Leipziger Studie
„was er für die nachhaltige Durchset- zis führend beteiligten, die VVN-Mit- bestätigt die Forderung der PDS, dass die
zung der Organisationsverbote der Neo- glieder terrorisiert haben. Er gedachte Aufklärung gegen Antisemitismus und
nazivereinigung wie ANS, FAP, NO usw. der Opfer des 11. September 2001 in Fremdenfeindlichkeit erheblich verstärkt
aus den 90er Jahren unternehmen wird", New York, aber auch der des 11. Septem- werden muss.
ferner „was seine Antwort auf die fort- ber 1979 in Santiago de Chile, die Opfer Die PDS wird entsprechende Anträge
währenden Verharmlosungen der Nazi- von Terror und Staatsterror wurden. in die Haushaltsberatungen einbringen.“
aufmärsche durch drei Richter des VVN-BdA NRW ■ Ulla Jelpke ■
: antifaschistische nachrichten 19-2002
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„Weniger Zuwanderung – mehr
Arbeitsplätze“ steht auf seinen
Plakaten, „Wir sind für Null To-
Kein Wahlkampf
leranz gegenüber Verbrechen. Wir
werden die Zuwanderung im Interesse
auf Kosten
unseres Landes steuern und begren-
zen“ heißt es im Faltblatt, mit dem er
von Zuwanderern!
für sich wirbt – der CDU-Kandidat Köln-Leverkusener CDU-Kandidat verstößt gegen Fairness-Abkommen
für Köln-Mülheim/Leverkusen Hel-
mut Nowak. gesetzten Ombudsleute für einen fairen Die Verknüpfung der Ablehnung von
Wahlkampf und selbst Mitglied der Zuwanderung mit der Forderung „mehr
Vor allem die Plakate stoßen auf Ableh- CDU, befindet: Das Plakat ist ein ein- Arbeitsplätze“ impliziert, dass es einen
nung in einem Stadtteil, in dem Men- deutiger Verstoß gegen das Abkommen. direkten Zusammenhang zwischen feh-
schen aus den unterschiedlichsten Län- Mit Schreiben vom 28.8. fordert sie lenden Arbeitsplätzen und dem Auslän-
dern, vor allem aber türkische Zuwande- den CDU-Kandidaten auf, die Plakate deranteil im Stadtteil gibt. Das ist nicht
rer leben. Mülheimer Bürger/innen be- nur falsch, sondern auch rassistisch, ähn-
schwerten sich beim Runden Tisch für liche Aussagen finden sich in der Regel
Ausländerfreundlichkeit, der im Vorfeld auf Wahlplakaten der REP oder der
der Wahl die Parteien im Kölner Rat zu NPD.
einem Fairness-Abkommen aufgefordert Die Kölner CDU will jetzt auf einer
hatte. Darin haben sich die Parteien ver- Zusammenkunft der Ortsvereins-Vorsit-
pflichtet: „Migrantinnen und Migranten zenden noch einmal beraten. Richtig
nicht für negative gesellschaftliche Ent- wäre nur eins: Abhängen und einstamp-
wicklungen wie Arbeitslosigkeit oder fen. Ulrike Bach ■
Gefährdung der Inneren Sicherheit ver-
antwortlich zu machen.“ Genau das aber
tut Nowak. Beifall von ganz Rechts blieb für
Frau Bartscherer vom Katholikenaus- Nowak nicht aus. Inzwischen gibt
schuss, eine der vom Runden Tisch ein- es auf der Internetseite der neofa-
schistischen Bürgerbewegung Pro
Köln einen Wahlaufruf für No-
CDU und FDP lehnen Fair- wak:
ness-Abkommen ab Das umstrittene Plakat „Erststimme für Helmut Nowak!
Essen. CDU und FDP haben in Essen Die Bürgerbewegung pro Köln ruft die
die Unterzeichnung eines Fairness-Ab- bis Ende der Woche zu entfernen. Doch Wähler im Bundestagswahlkreis Mül
-
kommens für den Wahlkampf abge- ihre Aufforderung bleibt bis zum 1. Sep- heim-Leverkusen dazu auf, ihre Erst-
lehnt. In dem Abkommen, das von SPD tember ohne Wirkung. stimme dem CDU-Kandidaten Helmut
und Grünen vorgeschlagen und von der Am 3. September berichtet daraufhin Nowak zu geben. Grundlage dieses
PDS Essen unterstützt wurde, sollten der Kölner Stadtanzeiger. Laut Zeitungs- Wahlaufrufes ist ein von Nowak in
sich die Unterzeichner auf einen fairen artikel hält der Kölner CDU-Chef Blö- den Wahlkampf eingeführtes Plakat
Wahlkampf verpflichten, „der auf Dif- mer die Aussagen auf dem Plakat für mit der Losung: „Weniger Zuwande
-
famierungen sowie ehrverletzende Be- „missglückt“. Er habe Nowak gebeten, rung! Mehr Arbeitsplätze!“ Dazu er-
merkungen verzichtet“ und „nicht zu die Tafeln abzuhängen. Anweisen könne klärt die Vorsitzende von pro Köln, Ju-
Lasten von Minderheiten geht“. Gerade er den Kandidaten aus Leverkusen, der dith Wolter: „Nowak hat ganz offen
-
der letzte Punkt hat vor allem die CDU Vorsitzender der dortigen CDU ist, aller- sichtlich den Zusammenhang zwi-
gestört. Sie fühlte sich unangenehm an dings nicht. schen Massenarbeitslosigkeit und Zu-
Kampagnen wie „Kinder statt Inder“ Inzwischen wächst der öffentliche wanderung erkannt. Die großen, inter
-
erinnert, wo ihr Kanzlerkandidat in den Druck. Die PDS-Kandidatin im Wahl- nationalen Konzerne wollen einen glo-
letzten Monaten doch Tonnen von kreis Leverkusen/Mülheim, Hamide Ak- balisierten Arbeitsmarkt, um mit dem
Kreide gefressen hat. bayir, emigrierte Kurdin und Mitglied Arbeitskräfte-Überschuß der wirt-
Die Nicht-Unterzeichnung des Ab- des Ausländerbeirates der Stadt Köln, schaftlich weniger entwickelten Länder
kommens durch CDU und FDP läuft fühlt sich durch den herabwürdigenden überall die Einkommen drücken zu
faktisch darauf hinaus, dass sie sich Plakatanschlag beleidigt und fordert: können. Die Folge ist bei uns millionen-
eine Tür offen halten für einen diffa- „Wir Wahlkreiskandidaten sollten ge- fache Arbeitslosigkeit. Die Konzerne
mierenden und ehrverletzenden Wahl- meinsam den Mitbewerber Nowak zum können mit der Massenarbeitslosigkei
t
kampf zu Lasten von Minderheiten. Plakatwechsel bewegen und im Kampf in Deutschland gut leben und gute Ge-
Dabei wäre es sicherlich besser gewe- um die Wählerstimmen fairer und beson- winne machen. ‘Offene Grenzen’ sind
sen, wenn der Vorschlag für ein Fair- nener sein.“ Auch die FDP-Kandidatin im Interesse der wirtschaftlich Starken
ness-Abkommen von parteiunabhängi- äußerte sich entsprechend. und benachteiligen diejenigen Men
-
gen Gruppen wie dem Ausländerbeirat Nowak aber steht nach wie vor zu sei- schen, die ihren Lebensunterhalt nich
t
oder Pro Asyl/Flüchtlingsrat gekom- nen Aussagen und will die Plakate hän- durch Kapitalerträge, sondern durch
men wäre, wie es die PDS bei einer gen lassen. Laut Stadtanzeiger hat der Arbeit erwirtschaften. Mehr Zuwande
-
Veranstaltung des Ausländerbeirates 61-jährige Unternehmer „mit einer ge- rung bedeutet mehr Arbeitslosigkeit.
der Stadt Essen im Juni vorgeschlagen wissen Verwunderung von der Kritik aus Hut ab vor Helmut Nowak, der
hatte. So hätte der Vorschlag von SPD der Nachbarstadt gehört“. Er sehe keinen Mann hat Mut, unbequeme Wahrhei-
und Grünen nicht in den Geruch kom- Verstoß gegen das Abkommen. Als Bril- ten auszusprechen und in eine einfa
-
men können, selbst Wahlkampf zu sein. lenhersteller sollte er vielleicht einmal che Formel zu fassen!“
Wolfgang Freye ■ zum eigenen Produkt greifen und genau
hinsehen:

: antifaschistische nachrichten 19-2002 5


Sommeruniversitäten Le Pen forever – auch 2007 ?
beim FN ... Nach seinen Verlautbarungen will der FN-Chef auch noch im Jahr 2007 zur Präsidenschaftswahl
kandidieren. Davor will der mittlerweile 74jährige im übernächsten Jahr Listenführer seiner Partei zu
Annecy. Manche haben lange darauf ge- den Europaparlamentswahlen sein. Seit nunmehr 30 Jahren steht Le Pen ununterbrochen an der
wartet, doch noch immer will der Alte Spitze der neofaschistischen Formation, die er im Oktober 1972 gründete. Rivalen um die Nachfol-
nicht gehen: Anwärter auf die Nachfolge ge, wie sein ehemaliger Chefideologe Bruno Mégret, flogen aus der Partei. Seit einiger Zeit galt
der eher bürgerlich wirkende FN-Führungskader Bruno Gollnisch, ehemaliger Dekan der juristi-
des rechtsextremen Parteichefs Jean-Ma-
schen Fakultät der Universität Lyon-III, als wahrscheinlicher Nachfolger seines Chefs Le Pen. Doch
rie Le Pen werden sich noch länger gedul- dieser macht den Zukunftsplänen einiger hoher Parteifunktionäre erneut einen Strich durch die
den müssen. Zu Beginn der Sommeruni- Rechnung. Neben seinem Vorhaben, sich selbst noch über Jahre hinaus an der Spitze der Partei zu
versität des Front National (FN) im ost- halten, baut Le Pen nun selbst eine mögliche Nachfolgerin auf: Seine jüngste Tochter Marine (34),
französischen Annecy hat Le Pen dies derzeit Rechtsanwältin des FN.
Mitte voriger Woche durchblicken lassen. Als Vorsitzende der Vereinigung jüngerer Kader „Generation Le Pen“ will die gleichnamige Politi-
Die Tagung, die vom 28. bis 30. August 02 kerin dem FN ein moderneres Image geben. Dies gab sie kurz nach ihrer Führungsübernahme bei
dauerte, hat nach einem Gerichtsbeschluss diesem Verein, den einst Le Pens jung-dynamischer Schwiegersohn und FN-Jugendführer Samuel
Maréchal – er ist inzwischen kaltgestellt – (1998) begründete, zu Anfang des Sommers bekannt.
gegen den Bürgermeister von Annecy, (,Le Monde’ vom 11. Juli 02) Sie kündigte an, etwa im Bereich der Abtreibung und Frauenpolitik ei-
Bernard Bosson (Christdemokrat), doch gene Vorstellung, abseits des Parteiprogramms, zu hegen. Die katholischen Fundamentalisten der
noch stattfinden können. Ursprünglich Partei unter dem Altkader Bernard Antony heulten deswegen vorige Woche in Annecy auf. Auch
hatte die Tagung im südwestfranzösischen im Hinblick auf die EU-Gegnerschaft könnte die Konzeption des FN etwas überholt werden.
Pau stattfinden sollen. Doch der dortige Einer solchen familiären Nachfolge dürfte der Parteiapparat nicht viele Hindernisse in den Weg
sozialistische Bürgermeister, André La- stellen können: Die Partei hat seit der Trennung vom Mégret-Flügel 1999 einen Großteil ihrer denk-
barrère, hatte das Stattfinden auf dem Bo- und handlungsfähigen Kader verloren. Das hat Le Pen in Annecy vorige Woche selbst zugegeben:
den seiner Kommune abgelehnt. Dafür Falls er im Frühjahr je zum Präsidenten gewählt worden wäre, hätte er enorme Probleme gehabt,
eine Regierung zu bilden, so Le Pen. Nunmehr plädierte er für eine „Humanisierung des Images“
zog er zwar öffentlich eine klare politische der rechtsextremen Partei.
Begründung heran, doch zugleich konnte Zugleich knüpfte der FN-Chef, die Gelegenheit nutzend, sogleich an eine Verlautbarung des
er auch juristische Angriffe mit einem Wirtschaftskapitäns Claude Bébéar auf der zeitgleich stattfindenden Sommeruniversität des Arbeit-
„technischen“ Argument parieren, da er geberverbands MEDEF an. Bébéar, Vorstandsvorsitzender des Versicherungskonzerns und Bran-
auf bauliche Schäden am Kongresszen- chengiganten AXA, hatte anlässlich der in der Nähe von Versailles stattfindenden Kapitalistenta-
trum hinweisen konnte. Bosson hatte da- gung erklärt: „Die weiße Rasse ist dabei, (angesichts des Geburtenrückgangs) Selbstmord zu bege-
mit argumentiert, dass der Kongresspalast hen.“ Le Pen warf die Suggestivfrage auf, ob Bébéar sich „so äußern darf“, oder ob nun auch er
unter das Antirassismus-Strafgesetz falle. Auf die – dämliche – Frage eines Journalisten, ob Le Pen
im ostfranzösischen Annecy von seinen
sich einen Claude Bébéar als Wirtschaftsminister unter seiner Führung vorstellen könne, antwortete
Statuten her nicht für politische Veranstal- Le Pen: „Warum nicht.“ bhs
tungen mit Publikums- und Außenwir-
kung vorgesehen sei. Doch der Conseil
d’Etat, das oberste Verwaltungsgericht, kurz nach dem Stattfinden seiner Som- kern der Mégret-Partei mit (angeblich)
verdonnerte ihn daraufhin wegen partei- mertagung abgibt, ist eindeutig: Es ist das rund 15.000 Mitgliedern aus dem damali-
politischer Diskriminierung. Allerdings eines des Zusammenbruchs. Der MNR ist gen Front National ausgezogen, das wäre
kamen nur rund 250 Mitglieder und Kader schwer angeschlagen aus seinen Wahl- damals rund ein Drittel der (real zu vermu-
des FN, statt der vorgesehenen bzw. ange- schlappen im Frühjahr 2002 hervorgegan- tenden) FN-Mitgliedschaft gewesen, und
kündigten 500 bis 600, aus diesem Anlass gen, zumal diese zeitgleich zum (relati- zwar deren aktivster Teil. Am Gründungs-
zusammen. Manche hatten vielleicht ihre ven) Triumph des innerrechten Erbfeinds kongress in Marignane im Januar 1999
letzte Augustwoche bereits anderweitig Jean-Marie Le Pen zu verzeichnen waren. hatten immerhin 3.000 Mitglieder aktiv
verplant, nach dem langen Tauziehen um Dazu kamen die öffentlichen Auswirkun- teilgenommen. Es dürfte feststehen, dass
das Stattfinden der Veranstaltung. Doch gen des Attentatsversuch durch den Neo- beide Hälften des gespaltenen Neofa-
zugleich dürfte diese eher geringe Teil- nazi Maxime Brunerie auf Staatspräsident schismus seitdem an aktiven Mitgliedern
nehmerzahl auch belegen, dass es derzei- Jacques Chirac. Brunerie hatte im März eingebüßt haben. Vor allem vermutlich der
tig – neben dem Treiben des in seiner Par- 2001 zu den Kommunalwahlen in Paris MNR, der seit dem Frühjahr 1999 keine
tei allmächtigen Chefs Jean-Marie Le Pen für den MNR kandidiert. vorzeigbaren landesweiten Wahlergeb-
– keine große Dynamik an der Basis gibt. Die Regenbogenzeitschrift VSD (für nisse mehr erzielte – allerdings ein paar
„Vendredi, Samedi, Dimanche“ = Freitag, gute Ergebnisse bei den Kommunalwah-
... und beim zerfallen- Samstag, Sonntag) berichtet in ihrer Aus- len im März 2001, an erster Stelle in Ma-
gabe vom 22. August nochmals über den rignane (doch dessen Bürgermeister Si-
den MNR Attentatsversuch Bruneries am National- monpieri ist aus dem MNR ausgetreten)
Vom 29. bis 31. August hatte der MNR feiertag im Juli. Der Artikel ist weitgehend und Vitrolles (doch diese Stadt könnte am
rund 300 bis 400 Parteigänger zu seiner ei- uninteressant, zumal er die – tatsächlich 6. Oktober dieses Jahres bei Neuwahlen
genen Sommeruniversität Saint-Laurent- nicht sonderlich intelligent vorbereitete – verloren gehen). Und der bereits mehrfach
sur-Manoire, in der südwestfranzösischen Tat entpolitisiert und auf Liebeskummer seine Mitglieder zur Kasse gebeten hat,
Dordogne, zusammenbringen können. Bruneries zurückzuführen versucht. Doch um Parteischulden abzahlen zu können.
Diese Mobilisierung ist zwar zahlenmäßig ein Detail ist interessant: Die Autorin, die Doch stimmt die Zahl von 1.500 Mitglie-
ein wenig besser als jene zur FN-Sommer- offensichtlich über Polizeiinformationen dern, dann ist bereits jetzt ein beachtlicher
veranstaltung in Annecy. Sie ist jedoch po- verfügte – sie zitiert aus Ermittlerquellen Tiefpunkt erreicht.
litisch ungleich schwächer zu werten, bezüglich der bei Brunerie aufgefundenen Bruno Mégret wusste, dass er nun stra-
denn bei derzeitigem Stand ist der FN eine Gegenstände – spricht von aktuell 1.500 tegische Entscheidungen treffen muss. Die
weitgehende Führerpartei. Der MNR hin- Mitgliedern des MNR. Ein Druckfehler Strategie, zugleich rechts vom „klassi-
gegen ist eine fast reine Kaderorganisation durch versehentliches Weglassen einer schen“ FN – als Partei, die für die militan-
(mit kollegialer Führung), die ohne aner- Null ist ausgeschlossen, da die Zahl in ten Neonazis offen ist – und „links“ von
kannte „Volkstribunen“- oder Führerfigur Druckbuchstaben ausgeschrieben ist. ihm (als mit den Konservativen bündnis-
auskommen muss. Das bildet innerhalb Trifft die Zahlenangabe zu – und derzeit fähige und -bereite Kraft) zu stehen, ist
der, auf starke Führungspersönlichkeiten ist keine andere verfügbar –, dann wäre nicht länger durchhaltbar. Denn je gerin-
ausgerichteten, extremen Rechten freilich der MNR bereits sehr tief abgestiegen. ger die Gesamtmasse wird, desto größer
eher ein Problem. Das Bild, das der MNR Zum Jahresanfang 1999 war der Gründer- Fortsetzung Seite 8

6 : antifaschistische nachrichten 19-2002


Wer den Wahlkampfbroschü-
ren der Regierenden glaubt,
mag damit selig werden. Wer
Und noch viel mehr
aber erfahren will, was sie wirklich
planen, der lese die Haushaltsent-
würfe. Was plant zum Beispiel der
V-Leute von Ulla Jelpke

Bundesinnenminister? Welche innen- zahlt werden - mit welchen Folgen für heitsbewältigung bemüht. Schilys Ent-
politischen Vorhaben hinterlässt die die innere Sicherheit, insbesondere für schuldigung bei dem rechtsextrem
Koalition von Sozialdemokraten und die persönliche Sicherheit von Flüchtlin- durchsetzten Bundesverband der Vertrie-
Grünen im Haushaltsentwurf 2003 gen und MigrantInnen, zeigt ein Blick in benen und dessen Präsidentin Erika
dem künftigen Innenminister Schily die monatliche Statistik rechter Gewalt. Steinbach für den angeblich unberech-
oder Beckstein? Der mit Abstand größte Zuwachs fin- tigten Vorwurf des Revanchismus schep-
det sich im Titel „Beschaffungen für die pert noch im Ohr.
Schauen wir in den Abschnitt über das Bereitschaftspolizeien der Länder“. Die- Auch hier sollen den Worten neue,
Bundeskriminalamt: 1999, im ersten se meist in Panzerkleidung auftretenden größere Taten folgen. Nächstes Jahr will
Jahr von Rot-Grün, lag die Personalstär- Einheiten sollen im nächsten Jahr 235 Schily die Zuschüsse für den BdV von
ke des BKA schon bei stattlichen 4518 Prozent mehr bekommen. Statt 5,2 25,98 Millionen Euro (2002) auf 29
Beschäftigten. Diese überdimensionierte Millionen Euro (2002) will Schily ihnen Millionen Euro erhöhen. Zum Vergleich:
Behörde, deren Existenz der Verfas- nächstes Jahr 17,5 Millionen Euro zu- Die Bundeszentrale für politische Bil-
sungsregel widerspricht, dass Polizei kommen lassen – neue schicke Panzer- dung soll im nächsten Jahr wieder nur
eine Sache der Länder, nicht des Bundes kleidung vermutlich, Wasserwerfer, erbärmliche drei Millionen Euro für
ist, wurde nach dem 11. September 2001 Knüppel und NATO-Draht. Wie sich die Aufklärungsarbeit gegen Rechtsradika-
in einem Tempo ausgebaut, dass jeder jetzt Regierenden im Widerstreit von In- lismus erhalten, für die Sicherung und
CSU-Innenpolitiker neidisch werden nerer Sicherheit und Bürgerrechten auch Betreuung der Friedhöfe ehemaliger jü-
musste. 4871 Beamte, Angestellte und künftig entscheiden wollen, ist damit discher Gemeinden sind wieder nur 2,8
Arbeiter sollen 2003 beim BKA be- vorgezeichnet. Millionen Euro vorgesehen.
schäftigt sein, 353 mehr als im ersten Dass ihnen auch die Wünsche der Wenn ein Minister für Aufklärung ge-
Jahr dieser Regierung. Noch steiler stieg Vertriebenenverbände besonders am gen Rechtsextremismus ein Zehntel des-
das Budget des Amtes: von 275 Millio- Herzen liegen, hat die Debatte um das sen bereitstellt, was er im gleichen Jahr
nen Euro (1999) auf 394 Millionen Euro „Zentrum gegen Vertreibungen“ gezeigt. einer Organisation zahlt, die dem
(2003). Ein Plus von 43,3 Prozent. Von Je weniger Ostvertriebene aus den Jah- Rechtsextremismus seit jeher als Nähr-
wegen „schlanker Staat“! ren 1944 ff. es noch gibt, desto teurer boden dient – welches Fazit drängt sich
Zum Vergleich: Die Ausgaben des werden sie der SPD und den Grünen. da auf?
Bundes für soziale Sicherung wurden Hier haben sich Schily und Schröder in Ulla Jelpke ist innenpolitische Spre-
von 1999 bis 2003 um sechs Prozent er- den letzten Jahren eifrig um Vergangen- cherin der PDS-Bundestagsfraktion
höht. Der Etat des BKA wuchs also in
vier Jahren Rot-grün sieben Mal so
schnell wie die – hinter der Inflationsra-
te zurückbleibenden – Ausgaben für so-
ziale Sicherung. Selbst die Ausgaben für
D ie Analyse der Aktivitäten der V-Leute
Holtmann und Frenz – erarbeitet vom
DISS-Institut für die PDS Fraktion im
Bildung, Wissenschaft und Forschung, Bundestag – ergibt, dass diese nicht als
angehoben durch Erlöse aus dem Ver- agents provocateurs innerhalb der NPD
kauf der UMTS-Lizenzen, stiegen mit wirkten. Die Autoren Schobert und
24 Prozent (1999-2003) nur etwa halb Dietzsch kommen zu dem Schluss, dass es
so schnell wie die des BKA. Wenn das vollkommen unsinnig wäre, sogar von ei-
keine klaren Prioritäten sind! ner Steuerung der NPD durch Geheim-
Noch krasser entwickeln sich andere dienste zu sprechen. Vielmehr verkörper-
Einzelposten. Der Zuschuss für Europol ten die beiden exponierten NPD-Funktio-
wird sich 2003 mit 16,5 Millionen Euro näre den Typus des omnimodo facturus,
gegenüber den acht Millionen im Jahr d.h. es handelte sich um Personen, die
2000 mehr als verdoppelt haben. Der man zu nichts anstiften kann, weil sie oh-
BKA-Etat für Datenverarbeitungsgeräte nehin zu allem bereit sind. Ihre Aktivitäten
und -programme steigt sogar von 7,4 deckten sich nahtlos mit dem sonstigen
Millionen Euro (2001) auf 47,2 Millio- Kurs der Partei, und sie genossen gerade
nen Euro im nächsten Jahr, also auf wegen ihrer antisemitischen und rassisti-
mehr als das Sechsfache innerhalb von schen Hetze über Jahrzehnte das Vertrau-
zwei Jahren. Lauschangriff ist offen- en der Partei. Aus diesem Grund kann die
sichtlich teuer. Datenschutz wäre billi- V-Mann-Affäre auch nicht als Argument gegen das lange überfällige Verbot der NPD die-
ger. nen. Freilich wirft die Affäre ein düsteres Licht auf die Aktivitäten der Verfassungsschutzämter,
Das für seine V-Leute-Skandale be- insbesondere auf deren V-Mann-Praxis. Dies führte letztendlich dazu, die NPD zu stärken,
rüchtigte Bundesamt für Verfassungs- statt sie zu schwächen, und sie erbrachte geheimdienstliche Informationen, die zuvor von der
schutz bekommt ebenfalls eine Steige- NPD-Führung gefiltert worden waren und deren Wert auch deshalb mehr als zweifelhaft ge-
rung seines Etats, von der alle Sozialpo- wesen sein dürfte. Es stellt sich die Frage, ob es nicht an der Zeit ist, das V-Mann-Unwesen
litikerInnen und vor allem die auf Sozi- endlich vollständig zu beenden. Die Affäre ist ein Beleg dafür, dass sich die Geheimdienste
alleistungen Angewiesenen nur träumen der Bundesrepublik Deutschland einer wirksamen demokratischen Kontrolle erfolgreich ent-
können. Statt mit 114,7 Millionen Euro ziehen, so die Autoren.
(1999) dürfen VS-Chef Fromm und sei- Sonderausgabe der Archiv-Notizen Aug./Sept. 2002, 5 Euro, zu bestellen
ne Leute im nächsten Jahr mit 154 Milli- über: DISS, Siegstr. 15, 47051 Duisburg, Tel. 0203-20249, Fax 0203-28 78 81
onen Euro rechnen, 34,3 Prozent mehr. email: diss@uni-duisburg.de
Viele neue V-Leute können damit be-

: antifaschistische nachrichten 19-2002 7


Fortsetzung von Seite 6 November nur noch „L’Union“ heißen, Augenzeugenbericht von Eberhard
werden die zentrifugalen Kräfte, die eine vielleicht nach dem Vorbild der deut- Frasch, 26. August 2002
kriselnde Partei auseinanderzureißen schen CDU/CSU, deren Strukturen als
drohen. Bereits im Sommer 2002 war es
zu Abgängen, aber auch Ausschlüssen
Einheitspartei der konservativen Rechten
auf jeden Fall kopiert werden sollen. Mé-
Die Flut in
gekommen. Am 1. August gab Mégret
die „faktische“ Trennung von den mili-
tanten Radaufaschisten um Fabrice Ro-
gret sprach sich für Abkommen bei Wah-
len mit der Union aus, und kündigte „je-
nen, die in zweifelhaften Gruppen her-
Theresien-
bert (von der verbotenen Unité radicale)
bekannt, der auch tatsächlich Ausschlüs-
umhüpfen“, den Parteiausschluss an.
Schließlich sei man um jene bemüht, die
stadt
se gefolgt zu sein scheinen. Auch Anhän- „mit den wichtigsten Ideen des FN ein-
ger des Rasseideologen Pierre Vial (der verstanden sind, aber ohne den Fa- Mitte August, die Hochwasserwelle rollt
selbst bereits im Herbst 2001 wegen ei- schismus, ohne das Spießertum, ohne von Prag in Richtung Dresden, irgendwo
nes zu USA-freundlichen Kurses ausge- den Extremismus, ohne die verbalen Ex- zwischen den Bildern und Schlagzeilen be-
treten war) fanden statt, wie jene des Re- zesse und Ausrutscher, ohne Rassismus gegnet mir die lapidare Ein-Zeilen-Mel-
und Antisemitismus“. Zugleich sei dung: „Stadt und Gedenkstätte Theresien-
man konsequenter und weniger feige stadt unter Wasser.“ Ich recherchiere im
oder kompromisslerisch als die Internet und finde schließlich einige weni-
Union. Beim MNR unterscheide man ge Bilder: Der Nationalfriedhof über-
zwischen der „Masseneinwande- schwemmt, einsam ragt der Davidstern aus
rung“, die man nicht wolle, und der den Fluten; die Torüberschrift „Arbeit
assimiliationsfähigen „guten Einwan- macht frei“ im Spiegel des Wassers, die
derung“, die es – auf individueller Straßen von Theresienstadt Kanäle. Berich-
Ebene – auch gebe. Und der MNR- te, genauere Informationen: Fehlanzeige.
Generalbeauftragte (Nummer Zwei
der Partei), Jean-Yves Le Gallo,
sprach davon, „Europa vollkommen
zu akzeptieren“, wobei dieses Europa
allerdings „zum Ausdruck und zur
Verteidigung seiner Zivilisation“ hin
umorientiert werden solle. Das alles
aber war für viele MNR-Kader zu
viel.
Eine Reihe von Kadern sind dar-
aufhin frisch aus der Mégret-Partei
ausgetreten. Unter ihnen ist der bishe-
rige MNR-Generalsekretär (Nummer
Drei der Partei) Frank Timmermans,
aber auch eine Reihe von Bezirksse-
gionalparlamentariers aus Orléans, Denis kretären in den Départements. Laut ,Le
Daude, der (zusammen mit anderen) in Monde’ vom 4. September 02 streben ei-
einem Brief an die MNR-Kader die nige die Gründung einer neuen politi-
Schaffung einer Struktur „außerhalb von schen Organisation an. Derselben Zei-
Wahlen“ empfohlen hatte. Von selbst ge- tung zufolge ist auch der paramilitärische
gangen sind u.a. die Elsässer Stéphane Ordnerdienst der Partei, der DPA (Abtei- Ich habe den Eindruck: Diese Senke in
Bourhis, Regionalparlamentarier in lung Schutz und Beistand/ Département Nordböhmen, in der die Ohre in die Elbe
Strasbourg, und Thierry Gross (Kommu- protection assistance) - eine Nachbildung mündet und die kilometerweit überflutet
nalparlamentarier in Mulhouse). Sie wol- des DPS bei Jean-Marie Le Pen - oder je- ist, liegt im toten Winkel der Berichterstat-
len jetzt an der Gründung einer denfalls seine Spitze weitgehend von ter, auch derer in Deutschland, die – ver-
rechts(extrem)en, elsässisch-regionalisti- Mégret abgefallen. Der nationale DPA- ständlicherweise wegen der eigenen Hoch-
schen Partei teilnehmen. Gegangen ist Direktor Claude Cotte ist demnach am wasserprobleme – der dramatischen Situa-
auch Philippe Adam, der bei den Lokal- Montag, 2. September von seinem Amt tion Terezins kaum Beachtung schenken. In
wahlen 2001 in Südostfrankreich noch zurückgetreten. Dasselbe taten die DPA- mir reift der Entschluss, auf eigene Faust
eines der höchsten Ergebnisse in Salon- Verantwortlichen in 15, von insgesamt nach Theresienstadt zu fahren - in doppel-
de-Provence erzielt hatte. 22, französischen Regionen. ter Intention: einmal um meine Hilfe bei
Anlässlich der Sommertagung Ende Im Oktober 02 hatte der MNR einen den Aufräumarbeiten anzubieten, zum an-
August nun hat Mégret sein neuen Kurs nationalen „Neugründungskongress“ ge- deren, um aus der eigenen Anschauung her-
vorgegeben. Und er lautet: Wir werden plant, um den Kahn, der abzusaufen aus zu versuchen, die öffentliche Aufmerk-
gemäßigt! Bruno Mégret sprach vom droht, wieder flott zu bekommen. Er samkeit auf die Katastrophe dieses durch
„Bruch mit der extremen Rechten“, und könnte vor dem Hintergrund von Ruinen die Naziverbrechen mit Deutschland so eng
gab als Standortbestimmung aus: „Der stattfinden. Damit würde der MNR auch verknüpften Ortes zu lenken. Selbstver-
MNR ist eine Bewegung auf der Rech- als attraktiver Partner für eine EU-weite ständlich bin ich mir meiner bescheidenen
ten, der richtigen Rechten, und liegt zwi- gemeinsame Liste rechtsextremer Par- Möglichkeiten bewusst, trotzdem ...
schen der extremen Rechten und der po- teien zu den Europaparlamentswahlen im So sammle ich Sachspenden bei den Ge-
litischen Mitte. Er steht links vom Front Juni 2004 entfallen. Bruno Mégret hatte schäften im Umfeld und mache mich auf zu
National und rechts von der UMP“, so in dieser Sache im November 2001 an ei- einer Reise ins Ungewisse: eine endlos sich
heißt die neue Einheitspartei der Rechten nem Treffen in Österreich teilgenommen, hinziehende Bahnfahrt durch die Tagebau-
unter Jacques Chirac (= Union für die das Jörg Haiders „Kulturberater“ Andre- Mondlandschaften Nordböhmens bei brü-
Mehrheit des Präsidenten). Letztere soll as Mölzer organisiert hatte. tender Hitze, kein Schaffner weiß, wo wel-
nach ihrem Gründungskongress am 17. Bernhard Schmid, Paris ■ cher Zug im Überschwemmungsgebiet en-

8 : antifaschistische nachrichten 19-2002


det. Schließlich lande ich doch in Lito- kumente werden in Lkws tiefgekühlt ab- Riefenstahl-Feier im
merice/Leitmeritz und gelange mit der gefahren, in der Hoffnung sie retten zu ehemaligen „Führerbau“:
Hilfe eines Taxifahrers am Abend des 20. können.
August durch alle Sperren nach There- In den nächsten Tagen bekomme ich
sienstadt – der Großteil des Wassers war allmählich einen Überblick: In den Häu- „Ein unerträglicher
erst am Vortag abgeflossen. An den sern der Begegnungsstätte (eines davon Skandal“
Hauswänden die unübersehbare dunkel- erst kürzlich eröffnet) sind v.a. die tech-
flächige Wasserstandsmarke: in der ges- nischen Einrichtungen in Küche und Bü-
amten Stadt ca. 1,50 - 2 Meter über dem ros betroffen; im Museum sind v.a. die München. Eine Feier zum 100. Ge-
Straßenniveau – ein Bild der Zerstörung. Büros und das Kino beschädigt, die burtstag der NS-Propaganda-Regisseurin
Die ersten Aufräumarbeiten sind für die- „Kleine Festung“ (das ehemalige Gesta- Leni Riefenstahl, die neonazistische
sen Tag abgeschlossen, die Helfer ziehen po-Gefängnis) steht noch länger unter Kreise im ehemaligen Führerbau, der jet-
für heute ab. Der Großteil der Einwohner Wasser, dort ist der Schaden an Gebäu- zigen Musikhochschule, veranstaltet ha-
ist noch evakuiert. So werde ich die den, Einrichtung und Materialien unüber- ben, sorgt in der Münchener Stadtrats-
Nacht in einer menschenleeren Stadt bei sehbar, der Nationalfriedhof ist eine fraktion Bündnis 90/Die Grünen - rosa
Kerzen und Mondlicht verbringen - um- Schlammwüste, jüdischer Friedhof und liste für Empörung.
geben von einer unheimlichen Stille. Krematorium sind noch vollkommen Fraktionsvorsitzende Sabine Krieger
Ich werde sehr herzlich empfangen überflutet, als ich am 23. August abreise. fordert in einem Antrag an den Feriense-
und komme für diese Nacht (und drei Von der Stadt und der Umgebung ganz nat am 4. September einen genauen Be-
weitere) im trocken gebliebenen zweiten zu schweigen. richt über die Vorfälle vom vergangenen
Stock der Begegnungsstätte unter. Die Nach einer ersten Bestandsaufnahme Freitag in der Musikhochschule. Sie will
nächsten Tage helfe ich zunächst Materi- der Direktion liegt der Schaden bei 2 wissen, was über die Veranstalter und den
alien aus der Sammlung zu bergen, zu Mio. Euro. Im Augenblick kann sich nie- Verlauf der Feier bekannt ist und inwie-
sichten, zu reinigen und zu desinfizieren, mand vorstellen, wie der Kraftakt, die weit das Kreisverwaltungsreferat in die
u.a. persönliche Habseligkeiten der Ghet- Begegnungsstätte wieder voll instand zu Genehmigung involviert war. Außerdem
tobewohner und Häftlinge, Koffer, Werk- setzen, gemeistert werden kann. Auf der fordert sie, zusammen mit den Behörden
zeuge, aber auch die Folterwerkzeuge Heimreise habe ich einen Spendenaufruf des Freistaats eine Strategie zu entwi-
und Waffen ihrer Peiniger. Wir, das zwi- der Direktion im Gepäck und lasse das ckeln, „die es Rechtsextremisten in Zu-
schen Verzweiflung und Entschlossenheit Versprechen zurück, ihn in Deutschland kunft unmöglich macht, öffentliche (und
schwankende Personal sowie die Mit- zu verbreiten. vor allem durch die deutsche Geschichte
glieder der Freiwilligendienste aus Hoffnungszeichen durch zukunfts- besonders sensible) Gebäude für ihre
Deutschland und Österreich, später auch orientierte Erinnerung zu geben, ist der Zwecke zu nutzen.“
Soldaten, räumen die überschwemmten Auftrag einer Gedenkstätte. Ihre Mitar- Sabine Krieger: „Die Feier des 100.
Räume: fast das gesamte Mobiliar, die beiter brauchen heute in ihrem Kampf Geburtstag der sehr umstrittenen frühe-
Teppichböden, unzählige Publikationen, gegen den Schlamm und die Verzwei- ren Propaganda-Regisseurin Hitlers Leni
wissenschaftliche und pädagogische Do- flung ein Zeichen der Hoffnung von uns: Riefenstahl im ehemaligen Führerbau
kumentationen, Geschäftsakten – alles unsere Spende für den Wiederaufbau. Adolf Hitlers ist ein unerträglicher Skan-
muss auf dem Müll, vieles unersetzlich. dal, der ein schlechtes Bild auf die Stadt
Was trocken geblieben ist und gereinigt Spendenkonto: Verein der Freunde München und ihre Bemühungen um die
werden kann, wird nach oben gebracht, und Förderer von Theresienstadt e.V. Bewältigung ihrer nationalsozialistischen
um die Erdgeschossräume für die Reno- Potsdam/Berlin, Nr. 586301400, Vergangenheit wirft. Gerade ein so sensi-
vierung vorzubereiten. Durchnässte Do- Deutsche Bank Berlin, BLZ 100 700 bles Gebäude wie der ehemalige Führer-
00, Kennwort: Gedenkstätte bau darf nicht für jede beliebige Veran-
Theresienstadt staltung aus Geldgründen zur Verfügung
Eberhard Frasch gestellt werden. Die Stadt steht in der
Eine Information der Deutsch- Verantwortung, die ihr zur Verfügung ste-
Tschechischen Nachrichten, henden Mittel auszuschöpfen, um derarti-
Schwanthalerstr. 139 Rgb., 80339 ge Vorfälle künftig zu vermeiden.“
München. PM Bündnisgrüne,28. 8. 02. ■

Aus dem Spendenappell der Leitung der Gedenkstätte


Theresienstadt:
Die Leitung der GEDENKSTÄTTE THERESIENSTADT appelliert an alle Menschen, denen die Exis-
tenz und die Arbeit der Einrichtung am Herzen liegt, einen Spendenbeitrag zur Beseitigung der
Schäden und zum Wiederaufbau zu leisten.
Informationen über die Situation und über Spendenkonten in Deutschland durch Herrn Eberhard
Frasch: FON 07472-915468, FAX 07472-915469, MAIL e.frasch@gmx.de
Wir danken allen, die uns durch Weitergabe der Information oder eine Spende unterstützen!
Dr. Blodig, (Vizedirektor)
Aus der Pressemitteilung, mit der Eberhard Frasch den Spenden-
appell der Gedenkstättenleitung weiterleitete:

Zu meiner Person: Ich bin Historiker und Fachleiter für Geschichte und Politik an einem Tübinger
Gymnasium. ... Da in den Medien in Tschechien und noch mehr in Deutschland und Österreich
(verständlicherweise wegen der eigenen Hochwasserprobleme) die dramatische Situation Tere-
zíns kaum Beachtung findet, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, das öffentliche Augenmerk
(auch) dorthin zu lenken. Ein erster Schritt ist, die Pressemitteilung und den Spendenappell in
Deutschland und Österreich zu verbreiten.

: antifaschistische nachrichten 19-2002 9


Die deutsche Gesellschaft für be- Hintergrundbericht:
drohte Völker (GfbV), die sich
als „Menschenrechtsorganisa-
tion“ bezeichnet, tritt für die weltweite Die Gesellschaft
Durchsetzung von „Volksgruppen“-
Rechten und des „Rechts auf die Hei-
mat“ ein. Sie kooperiert mit Vorfeldor-
für bedrohte Völker
ganisationen der deutschen Außenpoli- demnach ihre „Identität“ und damit einen welches das „Recht auf die Heimat“
tik wie dem Bund der Vertriebenen und wesentlichen Anteil ihres Menschseins. durchsetzen soll. „Dieses Zentrum in
der Föderalistischen Union Europäi- Entsprechend bekämpft die GfbV jede Berlin ist gerade für die Opfer gegenwär-
scher Volksgruppen und ist eng mit der Form des Aufgehens der überall auf der tiger Vertreibungen von großer Bedeu-
deutschen Expansionspolitik unter dem Welt entdeckten „Völker, Volksgruppen, tung, denn die europäischen Regierungen
Vorwand der „Durchsetzung von Men- ethnischen und religiösen Gemeinschaf- bekämpfen dieses Verbrechen weder ent-
schenrechten“ verflochten. Die Durch- ten“ in anderen Bevölkerungsgruppen, schieden noch setzen sie sich energisch
setzung der „fundamentalen Menschen- jede Form der Assimilation an eine ande- für eine Rückkehr der Vertriebenen ein“,
rechte“ soll nach den Vorstellungen der re als diese völkisch bestimmten Gemein- erklärte Zülch.
GfbV durch „ständig einsatzbereite mi- schaften als „Völkermord“. Die „Ver- Die letzte Jahreshauptversammlung
litärische Eingreiftruppen“ sicher ge- nichtung von Andersartigem“ beginne der Gesellschaft für bedrohte Völker im
stellt werden. mit der Zerstörung von Sprachen und Jahr 2001 machte sich die Forderungen
Kulturen; das bedeute „Ethnozid“ und der deutschen Vertriebenenverbände zu
Die Gesellschaft für bedrohte Völker „kulturellen Völkermord“:
(GfbV), ein 1970 gegründeter Verein mit „Eine Atmosphäre zu schaf-
(nach eigenen Angaben) rund 8.300 Mit- fen oder zu tolerieren, in der
gliedern und etwa 25.000 Unterstützern, eine Sprache nicht überleben
bezeichnet sich selbst als „die größte kann, ist Sprachenmord.“
Menschenrechtsorganisation in Deutsch- Frankreich etwa wird wegen
land nach amnesty international“ . Darü- seiner in den Augen der
ber hinaus gibt es – als Teil der GfbV- GfbV ungenügenden Förde-
International – weitere Sektionen in Ös- rung der regionalen Dialekte
terreich, Luxemburg, der Autonomen Re- des „fortgesetzten Ethnozids“
gion Südtirol, der Schweiz und Bosnien- angeklagt.
Herzegowina sowie ein Kontaktbüro in
Paris. Die GfbV hat seit 1993 beratenden ■ Das am meisten be- rnet aktiv, bietet Info rmationen
Die GfbV ist auch im Inte
Status beim Wirtschafts- und Sozialrat drohte Volk: in etlichen Sprachen
der UNO. Gründer und politischer Kopf Die Deutschen
der GfbV ist Tilman Zülch, seit Mai 2000 Geschichte ist für die GfbV
Generalsekretär der Gesellschaft für be- dementsprechend in erster Linie Völker- eigen und forderte die Bundesregierung
drohte Völker und Präsident der Gesell- geschichte bzw. eben die Geschichte fort- und den Bundestag dazu auf, „alles zu
schaft für bedrohte Völker International. gesetzter Völkermorde. Sie behauptet, unternehmen, um Verbrechen der Vertrei-
Im vergangenen Jahr erhielt er die Plaket- dass „in unendlicher Folge seit dem Ende bung in Europa künftig zu verhindern
te des Bundes der Vertriebenen (BDV) des zweiten Weltkrieges ganze Volks- und das Recht von Vertriebenen und
„für den Einsatz um die Menschenrechte gruppen vertrieben und immer wieder Flüchtlingen auf Rückkehr durchzuset-
der deutschen Vertriebenen“, in diesem Genozid verübt wurde“. Die Völker- zen“. Die Bundesregierung müsse „auf
Jahr von Bundespräsident Rau das mords-Geschichtsschreibung der GfbV europäischer und internationaler Ebene
Bundesverdienstkreuz für „konsequentes geht einher mit einer weitgehenden Rela- politische Schritte unternehmen, damit
Eintreten für die Menschenrechte“. tivierung der realen deutschen Massen- (...) sämtliche Gesetze und Verordnun-
„Ethnozid“ und „Sprachenmord“ verbrechen, insbesondere des Holocaust. gen, durch welche die Vertreibung der
Das deutsche Volk wird dabei für die Deutschen nach dem 2. Weltkrieg ange-
Die politische Arbeit der GfbV ist von GfbV zu einem der am meisten bedrohten ordnet bzw. nachträglich legalisiert wur-
der deutschen völkischen Ideologie be- Völker: „In der Weltgeschichte ist die de, von den heutigen EU-Beitrittskandi-
stimmt. Im Mittelpunkt stehen nicht be- Vertreibung der Deutschen aus Osteuropa daten im östlichen Mitteleuropa als histo-
drohte und verfolgte Menschen, auch 1945 bis 1948 der schwerste Fall. Mehr risches Unrecht anerkannt und aufgeho-
wenn die GfbV sich selbst als Menschen- als 12 Millionen Menschen verloren da- ben werden“.
rechtsorganisation bezeichnet. Wie schon mals ihre Heimat, bis zu drei Millionen
der Organisationsname zeigt, interessie- ihr Leben.“ Zülch - der „Politische Lei- ■ Völker statt Menschen
ren die einzelnen Menschen als Mitglie- ter“ der GfbV - beklagt, dem Holocaust Über diese enge Kooperation mit den
der einer bestimmten Gemeinschaft - werde ein zu großer Stellenwert einge- deutschen „Vertriebenen“ sind eine Reihe
eben eines Volkes. Laut Satzung kämpft räumt, während das „Tribunal der Sieger- von Kontakten der GfbV zu Gruppierun-
die GfbV „gegen jeden Versuch, ein Volk, mächte“ die „Kriegsverbrechen alliierter gen bekannt geworden, die in der Tradi-
seine Sicherheit, sein Leben, sein Recht Regierungen“ und die „Vertreibungsver- tion der völkischen und der NS-Ideologie
auf Eigentum und Entwicklung, Religion brechen an den Ost- und Sudetendeut- stehen. Im Jahre 1995 etwa stellte sich
sowie seine sprachliche und kulturelle schen (...), die nach heutigen Maßstäben heraus, dass der ehemalige Naziverwalter
Identität zu zerstören“. „Volk“ ist in der den Tatbestand des Völkermords erfüllt des Ghettos Kolomea in Polen, dem die
Sichtweise der GfbV die wesentliche Or- hätten“, ungesühnt ließ. Mitverantwortung für den Tod von
ganisationsform der Menschheit, eine Zülch wurde inzwischen in das Bera- 30.000 Juden vorgeworfen wird, im Bei-
quasi-natürliche „Gemeinschaft“, die im tungsgremium des Bundes der Vertriebe- rat der GfbV mitarbeitete. Die als rechts-
Grunde erst das Menschsein ausmacht. nen (BdV) zum Aufbau eines „Zentrums extrem bekannte Zeitschrift „Junge Frei-
Menschen, die den Bestandteilen ihres gegen Vertreibungen“ in Berlin berufen heit“ lobte ausdrücklich die völkische Po-
„Ursprungsvolkes“ (Sprache, Kultur, Re- und setzt sich gemeinsam mit dem BdV litik der GfbV, die sich als „Vertreter und
ligion etc.) entfremdet werden, verlieren für die Errichtung dieses Zentrums ein, Unterstützer bedrohter Nationalitäten und

10 : antifaschistische nachrichten 19-2002


Stammesvölker und ethnischer und reli- Volksgruppen und Minderheiten unter- deutsche Asien-Konzept vorstellte. Die
giöser Minderheiten“ profiliert habe. In schreiben und einen verbindlichen Min- deutsche Außenpolitik werde sich den
der „nationalrevolutionären“ Zeitschrift destbestand an Dezentralisierung bzw. „fehlgeschlagenen Staaten“ der Region
„wir selbst“ schließlich erschien ein Arti- Autonomie und Regionalismus gewäh- fürsorglich widmen, da „Nation-buil-
kel des stellvertretenden Leiters Politik ren.“ ding“ auch dort eine „strategische Auf-
der GfbV und Chefredakteurs der GfbV- gabe“ für Deutschland sei, hatte Volmer
Zeitschrift „pogrom“, Andreas Selmeci, ■ „Sehnsucht nach völkischer behauptet und eine „Neuordnungspoli-
mit dem Titel „Vertreibung nicht länger Selbstbestimmung“ tik“ wie auf dem Balkan angekündigt.
dulden!“. Das Motto dieser Zeitschrift Besonders aktiv in der „Volksgruppen“-
(„Wer von den Völkern nicht spricht, soll Politik ist die Sektion Südtirol der GfbV- ■ „Erfordernisse des fundamenta-
von den Menschen schweigen!“), die für International, die den Bereich „Ethnische len Menschenrechtsschutzes“
„,nationale Identität’ in kleinen, ethnisch Minderheiten in Europa“ „betreut“. Die Mit der deutschen Expansionspolitik un-
homogenen Einheiten“ eintritt, entspricht GfbV-Sektion arbeitet eng zusammen ter dem bereits in der Kaiserzeit erfunde-
der politischen Maxime der GfbV. mit der FUEV, dem „Südtiroler Volks- nen Vorwand der „Durchsetzung von
gruppen-Institut“ (das, geleitet vom ehe- Menschenrechten“, den Außenminister
■ „Europa der Regionen“ und der maligen FUEV-Präsidenten Prof. Chris- Fischer als „wichtiger denn je“ bezeich-
„Volksgruppenrechte“ toph Pan, einen „konstruktiven Beitrag net hat, sind die weltweiten Aktivitäten
Besonders enge Kontakte unterhält die zur Lösung der Volksgruppenfrage in Eu- der GfbV eng verbunden. Die von der
GfbV zur Föderalistischen Union Euro- ropa leisten“ will und zur „Entwicklung GfbV überall entdeckten und beschriebe-
päischer Volksgruppen (FUEV). Die eines europäischen Minderheitenschutz- nen „bedrohten Völker“ liefern der deut-
FUEV, deren Zentrale in Deutschland ar- systems“ vor allem mit zuständigen Or- schen Außenpolitik die Stichworte und
beitet, war maßgeblich an der Wiederbe- ganen des Europarats und des Europäi- Informationen, die als Legitimation für
lebung der deutschen „Volkstums“- und schen Parlaments kooperiert) sowie dem Interventionen und Ansatzpunkte für ver-
Minderheiten-Aktivitäten nach dem im Jahre 1983 in Wien mit dem Gedan- stärkten Druck auf die Regierungen der
Zweiten Weltkrieg beteiligt. Mehrere ih- ken einer „Volksgruppenbotschaft“ ge- betroffenen Länder dienen.
rer Gründer sind ehemalige nationalsozi- gründeten Österreichischen Volksgrup- Eng eingebunden war die GfbV insbe-
alistische Rassisten. Die FUEV steht in penzentrum, das „sämtliche autochthone sondere in die Kampagne zur Durchset-
unmittelbaren Beziehungen zum Aus- österreichische Volksgruppen“ vereint. zung des Internationalen Strafgerichtsho-
wärtigen Amt und wird von der Bundes- Mit Unterstützung der Südtiroler Lan- fes (IStGH), zu dessen Hauptinitiatoren
republik Deutschland finanziert. desregierung und der Region Trentino- Berlin gehörte, sowie zur Schaffung ei-
Die GfbV-Zeitschrift „pogrom“ etwa Südtirol betreibt die GfbV eine umfang- nes internationalen „Völkerstrafrechts“,
erschien im Dezember 1993/Januar 1994 reiche Propaganda für das „Selbstbestim- das Interventionen in anderen Staaten
mit dem thematischen Schwerpunkt „Eu- mungsrecht von Völkern und Volksgrup- nach den „Erfordernissen des Menschen-
ropas Vielfalt bewahren – Zur Situation pen“, den „Volksgruppenschutz“ und das rechtsschutzes“ ermöglichen soll.
der Nationalitäten und Minderheiten“ . „Recht auf die Heimat“. In ihren Publi- Zusammen mit anderen Menschen-
Die FUEV – deren Selbstdarstellung sich kationen fordert die GfbV die „systema- rechts- und Juristen-Organisationen bil-
ebenfalls im Heft findet – lieferte einige tische und umfassende Kodifizierung ei- dete die GfbV ein deutsches Komitee der
der programmatischen Artikel; auch die nes möglichst weltweit gültigen und ein- „Coalition for an International Criminal
weiteren Beiträge lagen auf der Linie der klagbaren Rechts auf die Heimat“. Zum Court“ , in deren Lenkungskreis das
„Volksgruppen“-Politik.Wolfgang Mayr Zweck der von ihr verbreiteten Unter- GfbV-Mitglied Andreas Bummel saß.
(Gründungsmitglied der GfbV-Südtirol, richtsmaterialien für Schulen heißt es, Bummel ist Bundestagskandidat der
die innerhalb der GfbV-International diese sollten den Schülern klar machen, FDP und Mitglied der Deutschen Gesell-
schwerpunktmäßig für das Thema „wie wichtig die Sicherung kollektiver schaft für Auswärtige Politik, der Deut-
„Volksgruppen“ zuständig ist) beklagt in Rechte für Volksgruppen ist, welche zen- schen Gesellschaft für die Vereinten Na-
seinem Artikel die mangelnde Durchset- trale Bedeutung die Wahrung der Spra- tionen, des World Federalist Movement,
zung von „Volksgruppenrechten“: „100 chenvielfalt in Europa hat“. der Union Europäischer Föderalisten und
Millionen Europäer sind Angehörige von der Europa-Union Deutschland. Für das
über 200 Volksgruppen und Minderhei- ■ „China der Regionen“ und der deutsche „Komitee für ein effektives
ten. Das entspricht einem Siebentel der „Volksgruppenrechte“ Völkerstrafrecht“ und die GfbV war er
Europäischen Bevölkerung. Dieses eine Auch mit der Situation in China beschäf- Mitglied in der Vorbereitungskommis-
Siebentel wird bewußt ausgegrenzt und tigt sich die GfbV. Sie unterstützt seit sion des Internationalen Strafgerichtsho-
diskriminiert.“ Es sei nicht gelungen, langem den „Dalai Lama“ als „geistliche fes im UN-Hauptquartier in New York.
rechtlich verbindliche „Volksgruppen- und weltliche Oberhaupt des tibetischen In der UNO müssten neben den Staa-
rechte“ festzuschreiben, weil „Staaten Volkes“ und fordert „religiöse und kultu- ten auch „indigene Völker“ und „ethni-
wie Frankreich, England, Griechenland relle Autonomie für Tibet“. Darüber hin- sche Minderheiten“ vertreten sein, for-
und die Türkei kräftig bremsen“. aus sieht der „Koordinator der GfbV für dert die GfbV. Das Prinzip der Nichtein-
In einem weiteren Artikel begrüßte der die Minderheiten Chinas“, Prof. Thomas mischung in innere Angelegenheiten ei-
damalige Südtiroler Abgeordnete in der Heberer, eine „Periode ethnischer Kon- nes Staates sei den „Erfordernissen des
Fraktion der Grünen im Europa-Parla- flikte und Auseinandersetzungen“ in Chi- fundamentalen Menschenrechtsschutzes“
ment Alexander Langer „ethnisch“ moti- na heraufziehen. Die GfbV vertritt für „klar unterzuordnen“. Zur Durchsetzung
vierte Kriege („Ethno-nationale Span- China die Perspektive der „Schaffung ei- der „fundamentalen Menschenrechte“
nungen dürfen nicht einfach bloß negativ nes föderativen Staates“, in dessen Rah- (zu denen für die GfbV das „Selbstbe-
besetzt werden, in ihnen liegt auch viel men autonome Regionen weitgehende stimmungsrecht von Völkern und Volks-
Vitalität und Echtheit.“) und propagierte Kompetenzen (einen „Sonderstatus“) er- gruppen“, der „Volksgruppenschutz“ und
ein „Europa der Regionen“ und der halten sollen. das „Recht auf die Heimat“ zählen) will
„Volksgruppenrechte“: „Als konstitutive Entsprechend dieser ihrer Politik war die GfbV bei der UNO ein „militärisches
Elemente und als Bedingung für die Auf- die GfbV unter den geladenen Gästen, Beratungsgremium“ einrichten und
nahme in die EG müssen die Staaten Eu- als der Staatsminister im Auswärtigen „ständig einsatzbereite militärische Ein-
roparegionen über ihre Grenzen hinweg Amt, Volmer, vor zahlreichen deutschen greiftruppen“ aufstellen.
akzeptieren, eine verbindliche Charta der Nichtregierungsorganisationen das neue von: www.german-foreign-policy.com ■

: antifaschistische nachrichten 19-2002 11


: ausländer- und asylpolitik
haben und für die ein geregelter Alltag
und ein Minimum an Perspektive exis-
tenziell notwendig ist, eine ebenso harte
Altfallregelungen Flops – diese Menschen einen Aufenthaltsstatus wie unnötige Strafaktion.
Bleiberecht für Flüchtlinge bringt. Ulla Jelpke ■ Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert
alle Betroffenen und Initiativen auf, sich
muss her gegen die Umsetzung dieses Gesetzes zur
Rücksichtslose Umvertei-
Berlin. Die Altfallregelungen sind ge- Wehr zu setzen. Die Umquartierung steht
scheitert. Das zeigt die Antwort der lung zur „freiwilligen“ Aus- im direkten Zusammenhang mit der vom
Bundesregierung auf eine Anfrage der reise Freistaat noch für dieses Jahr angekün-
PDS-Abgeordneten Ulla Jelpke. Sie ha- München. Das bayerische Aufnahme- digten Einrichtung sogenannter Ausreise-
ben nicht dazu geführt, dass Flüchtlinge, gesetz, das seit 1. Juli 2002 in Kraft ist, zentren. In diese Zentren sollen Flücht-
die seit langem in Deutschland leben, ist ein Baustein rigider bayerischer Poli- linge eingewiesen werden, die nur gerin-
endlich einen Aufenthaltsstatus erhiel- tik gegen Flüchtlinge. Das Aufnahmege- ge Chancen auf ein Bleiberecht haben,
ten. Die Kriterien waren zu streng, die setz schreibt vor, dass die bisher von den aber aus zumeist praktischen Gründen
Hürden zu hoch. Besonders die Anforde- Kommunen versorgten Flüchtlinge künf- nicht abgeschoben werden können. Un-
rung, dass die Menschen keine Sozialhil- tig vom Freistaat verwaltet werden, was verblümt nennt das Innenministerium als
fe beziehen durften, war für viele ent- zumeist eine gravierende Verschlechte- Ziel dieser Ausreiselager, Flüchtlinge Re-
scheidendes Hindernis. rung der Unterbringung, der Versorgung pressalien auszusetzen, so dass sie „frei-
Das Scheitern der Altfallregelung er- und vor allem der Betreuung der Flücht- willig“ ausreisen. Damit exerziert die
gibt sich klar aus den Zahlen, die die linge zur Folge hat. Von den mehr als Staatsregierung eine rigide Ausgren-
Bundesregierung vorgelegt hat. Danach 24.000 Personen, die in Bayern durch das zungspolitik gegenüber Flüchtlingen, die
haben in 13 Bundesländern insgesamt Gesetz betroffen sind, wohnen zur Zeit soziale Kälte nicht nur billigend in Kauf
rund 42.900 Menschen Anträge auf Auf- mehr als 18.000 außerhalb von Flücht- nimmt, sondern bewusst und methodisch
enthaltsbefugnisse nach der Altfallrege- lingsunterkünften und müssen, sollte das als Abschreckung einsetzt.
lung von 1999 gestellt (aus 3 weiteren Gesetz rigide umgesetzt werden, aus ih- Stephan Dünnwald, Bayer. Flücht-
Ländern liegen keine Zahlen vor). ren Wohnungen in Sammellager umzie- lingsrats, weitere Informationen unter
In allen 16 Bundesländern wurden zu- hen. Doch auch die Verlegung von kom- Tel 089-76 22 34, Fax 089-76 22 36 ■
sammengenommen bis dato 29.200 Auf- munalen Unterkünften in staatliche Lager
enthaltsbefugnisse erteilt. Dabei schwan- ist mit einem gigantischen Aufwand ver- Gibraltar: 10 000 Immigran-
ken die Zahlen erheblich: In Baden- bunden. Allein in München werden ca.
Württemberg wurde noch nicht einmal 2000 Flüchtlinge mit Duldungsstatus von ten ertrunken
ein Viertel der Anträge positiv beschie- städtischen Unterkünften in staatliche La- Barcelona. In der Meerenge von Gi-
den (20,4 %), während es in Schleswig- ger umgesiedelt. Von regierungsgeführ- braltar (14 bis 44 Kilometer breit) spielt
Holstein immerhin 68,0 % waren. In den ten sogenannten Gemeinschaftsunter- sich eine unvorstellbare menschliche Tra-
meisten Bundesländern liegen die Zah- künften müssen rund 850 Flüchtlinge mit gödie ab. Seit 1997 sind dort schon 10000
len bei 30 bis 40 %. Umgekehrt: 60 bis Aufenthaltsbefugnis von der Stadt über- Immigranten ertrunken, die heimlich mit
70 Prozent der Menschen, die seit lan- nommen werden und werden in städti- Booten von Nordafrika nach Südspanien
gem hier leben, sind an den hohen Hür- schen Unterkünften einquartiert. Die Fol- übersetzen wollten. Das geht aus einer
den der Altfallregelungen gescheitert. ge: Ein Teil der Flüchtlinge, deren Verle- neuen Studie hervor, die jetzt von der
Wie dringend notwendig eine vernünf- gung in staatlich geführte Unterkünfte nichtstaatlichen marokkanischen Hilfsor-
tige Bleiberechtsregelung ist, die die ansteht, werden von München auf Flücht- ganisation „Freunde und Angehörige von
Menschen wirklich auf einen grünen lingslager in ganz Oberbayern verteilt Opfern der Geheimen Immigration (AF-
Zweig bringt, zeigen die Zahlen der hier werden, zumindest aber in Unterkünfte in VIC)“ veröffentlicht wurde. Danach sind
seit Jahren mit einer Duldung lebenden anderen Stadtvierteln. Die meisten der vor den Küsten von Marokko und Spa-
Menschen. Am 21. August 2002 lebten davon Betroffenen werden ihre Arbeit nien in den letzten fünf Jahren 3286 Lei-
12.531 Menschen mit einer Duldung seit verlieren, die Kinder ihre Kindergarten- chen von Bootsflüchtlingen gefunden
dem 1. Januar 1990 in Deutschland, d. h. plätze, die Flüchtlinge fallen aus beste- worden, die übrigen Opfer wurden vom
seit mehr als 12 Jahren! 78.487 Men- henden sozialen und kulturellen Netz- Meer verschlungen. Das schlimmste Un-
schen sind mit Duldung seit 1. Juli 1993 werken heraus und müssen sich völlig glück ereignete sich am 26. September
ausgestattet, 102.771 Menschen seit 1. neu orientieren. Die „Wunschlisten“ für 1998, als ein überladenes Boot in der
Januar 1995, 146.838 Menschen seit 1. die Unterbringung, die an die Flüchtlinge Meerenge unterging und 38 Afrikaner er-
Januar 1998 und 189.975 Menschen seit und Betreuungsstellen im Vorfeld verteilt tranken. Marokko gilt für viele Bewohner
1. Januar 2000. wurden, werden nicht berücksichtigt wer- aus dem armen Sahara-Raum als „Tor
Insgesamt 120.405 leben außerdem in den, weil den Innenministerium auf eine nach Europa“. Das Land sei aber auch für
Deutschland mit Duldung, die vorher ein eilige Umsetzung des Gesetzes drängt. ausreisewillige Marokkaner längst zum
Asylverfahren durchlaufen haben. Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert „Wartesaal“ geworden, berichtet AFVIC.
Daran wird deutlich: die Konsequenzen des Gesetzes auf 80 Prozent der Immigranten, die in Euro-
● Das Asylverfahren führt offenbar nicht Schärfste. Die Umsiedlung der Flüchtlin- pa ein neues Leben anfangen wollen,
dazu, die tatsächliche Notlage von Men- ge wäre nicht notwendig gewesen, wenn seien mittlerweile Marokkaner. Bei den
schen herauszufinden: Viel zu viele „fal- der Gesetzgeber festgelegt hätte, dass die spanischen Landwirten und Großgrund-
len durch den Rost“ Kommunen, wenn sie es wünschten, besitzern sind die Nordafrikaner als billi-
● Tausende von Menschen leben seit auch weiterhin für die Unterbringung der ge Arbeitskräfte oft willkommen, da für
Jahren ohne vernünftigen Aufenthaltsta- Flüchtlinge zuständig sein können und sie weder Sozialabgaben noch Steuern
tus hier. der Freistaat lediglich die Kosten erstat- entrichtet werden. In einer Aufklärungs-
Die Konsequenz für die Politik: Wenn tet. So werden ohne Not mehrere Tausend kampagne warnt die Organisation den-
das Zuwanderungsgesetz am 1.1.2003 in Flüchtlinge ihrer Perspektiven und ihrer noch ihre marokkanischen Landsleute:
Kraft tritt, muss dies mit einer Bleibe- sozialen Kontakte beraubt. Das ist für „Geheime Immigration ist Selbstmord –
rechtsregelung verbunden werden, die Flüchtlinge, die oft mühevoll ihre Kriegs- entscheiden wir uns für das Leben!“
ohne umständliche Einzelfallprüfung für und Verfolgungserfahrungen verarbeitet SAD/Fra ■

12 : antifaschistische nachrichten 19-2002


Repression gegen Flüchtlin-
ge nimmt schlimme Züge an
Italien. In Treviso wurden Ende August
nordafrikanische Familien aus ihren
Wohnungen, die einem städtischen Be-
trieb gehören, vertrieben. Ihr Eigentum
wurde von Mitarbeitern der Firma ver-
packt und in ein Firmendepot gebracht.
Die offizielle Begründung: Die Häuser
sollen wohl renoviert, bzw. abgerissen
und Neue errichtet werden. Die Immi-
granten haben alle Aufenthaltsgenehmi-
gungen und auch Arbeit. Doch der Bür-
germeister von Treviso Gentilini macht
klar, dass er die Ausländer raus aus Trevi-
so haben will. Er spricht von drohender
Überfremdung und der Unmöglichkeit
Bilder: res
des Zusammenlebens von guten Katholi- Hamburg. Am 23./24.8. war die
ken und Muslimen. Außerdem führt er Karawane für die Rechte der
noch die Bezeichnung „razza piave“ ein, Flüchtlinge in Hamburg. Zusam-
die zuletzt zu Zeiten Mussolinis verwen- men mit dem Hamburger Flüchtlingsrat
det wurde. Die Regierung hat sich nicht wurde am 23.8. eine Kundgebung vor
von den Aktionen distanziert, im Gegen- dem Universitäts-Krankenhaus Ham-
teil: Der Vizepräsident des Senats Cal- burg-Eppendorf (UKE) mit 120 Teilneh-
deroli (FI) hat die Äußerungen des Bür- merInnen abgehalten. Der Protest richte-
germeisters ausdrücklich gutgeheißen. te sich gegen die Brechmitteleinsätze so-
Die Vertriebenen haben Zuflucht im Dom wie die dort praktizierte, umstrittene Me-
gefunden und auf Initiative des Bischofs thode des „Ältermachens“ von minder-
und anderer wurden mittlerweile einige jährigen Flüchtlingen, um sie aus Ham-
Wohnungen für die 61 Menschen gefun- burg wegverteilen zu können.
den. Nun hoffen die Vertriebenen auch all Am Freitag Abend fand in den Räu-
ihr Hab und Gut wiederzubekommen. men der Brigittenstr. 5 eine Informa-
Aber auch vor dem Dom gab es Angriffe tionsveranstaltung mit Jose Luneta und
u.a. mit Flaschen gegen die Vertriebenen einem Hamburger Rechtsanwalt statt. Es
und gegen sich solidarisierende Italiener. ging um die Ablehnung des Asylantrags
Trotz vorliegender Videoaufnahmen der von Jose Luneta. Als Begründung wurde
Angreifer wurden erst zwei von ihnen vom Bundesamt auf die neuen sog. Anti-
festgenommen. Und die „Volontari Ver- Terror Gesetze, nach September 11, ver-
di“, sozusagen der Schlägertrupp der wiesen.
Lega Nord erklärt, dass er auf die Anwei- Jose Luneta ist Mitbegründer der wurde bereits in den 80ern bewiesen. Die
sungen des Bürgermeisters warte, um Kommunistischen Partei der Philippi- Marcos-Regierung verübte diese Tat
mitzuhelfen die Stadt zu reinigen. nen, hat sechseinhalb Jahre zur Zeit des selbst, um damit die Opposition zu ver-
Das neue Bossi-Fini-Gesetz – gültig Marcos-Regimes unter Folter im Ge- folgen und das verhängte Kriegsrecht zu
ab dem 6.9.02 – sieht u.a. vor, dass fängnis gesessen. 1994 floh er nach rechtfertigen.
Extracomunitari (alle Menschen von Deutschland und stellte einen Antrag auf Ein Hamburger Rechtsanwalt sprach
außerhalb der EU) nur noch mit einem Asyl. Dieser wurde vom Bundesamt im anschließend über den neuen Anti-Terror
bereits abgeschlossenen Arbeitsvertrag April diesen Jahres unter Verweis auf die §129b, der in seiner Erweiterung (129a)
für bis zu 2 Jahre eine entsprechend lan- neuen sog. Anti-Terror Gesetze abge- auf die Verfolgung ausländischer Organi-
ge Aufenthaltsgenehmigung erhalten und lehnt. Es ist das erste Mal, dass Asyla- sationen und evt. auch deutschen Unter-
einreisen dürfen. Verlieren sie in dieser blehnung mit den Gesetzen, die nach stützungsgruppen zielt. Es ist zur Zeit
Zeit die Arbeit, müssen sie ausreisen und dem 11. September verabschiedet wur- schwierig Einschätzungen über die Pra-
verlieren dabei (auch wenn sie nach nor- den, begründet wurde. Das Bundesamt xis mit dem § zu geben, aber aufgrund
maler Beendigung der Arbeit ausreisen) bezieht sich auf Vorwürfe gegen Jose Lu- der Erfahrungen mit dem §129a lässt
alle erworbenen Ansprüche aus den So- neta, die längst widerlegt sind. So wird sich ableiten, wozu der §129b dient.
zialversicherungen. Die max. Anzahl der seine Beteiligung an einem Bombenan- Am 24. demonstrierten ca. 400 Men-
Einreisen wird jedes Jahr per Dekret schlag, der in den 70er Jahren auf den schen durch die Innenstadt. Auf einer
vom Ministerpräsident festgelegt. Extra- Philippinen verübt wurde, angeführt. Zwischenkundgebung auf dem Rathaus-
comunitari können auch nicht mehr ge- Dass diese Anschuldigung falsch ist, markt wurde der Stadt für ihre bundes-
gen Bürgschaft italienischer Staatsbürger weit herausragende Rolle be-
einreisen. Um die 110. bis 300.000 (die züglich der repressiven und
in ,Unità‘ angegebenen Zahlen schwan- inhumanen Flüchtlingspolitik
ken stark) beschäftigten Illegalen zu le- ein Denkmal gesetzt. Die De-
galisieren, gibt es noch Streit innerhalb monstration endete im August
der Regierung. Der Arbeitsminister wür- Lütgens Park mit einem inter-
de alle legalisieren, die einen unbefriste- nationalen Kulturfest.
ten Arbeitsvertrag haben. Doch genau
dem widerspricht das Gesetz, das nur Ar- Quelle und weitere Berich-
beitsverträge über max. 2 Jahre vorsieht. te: www.insof.org/cara-
Christoph Wiese ■ van/2002/tour/events.php ■

: antifaschistische nachrichten 19-2002 13


die man gern auch einmal spucken
darf, wächst rapide. Immerhin ge-
deiht auch hier und da eine wider-
ständige Pflanze, widerborstiges Ge-
strüpp, ein Geflecht vielleicht von re-
sistenten Ranken, die von der ideolo-
gischen Chemie nicht so einfach tot
gespritzt, nicht so ohne weiteres um-
gehauen werden können von den At-
tacken der Rechtsstaatsordnung. Es
ist Gegnerschaft nötig gegen diese
Ordnung, die von der Armut lebt und
nur auf dem Elend der Welt gedeiht.
Nicht Überredungskünste sind ge-
fragt, um die Herrschenden eines
Besseren zu belehren. Argumente
sind nötig – und Taten –‚ um die
nicht Herrschenden zu ermutigen.
Manchmal ist auch ein gutes Essen
nötig, um sich dafür zu stärken.
Freundschaft, Hilfe von vielen. Wenn
die Karawane jetzt, im Wahlkampf,
Info:
durch deutsche Städte zieht und Köln
www.arbeiterfotografie.com erreicht hat, wollen wir dazu beitra-
gen: Freundschaft, Hilfe von vielen.
Auch schlicht – oder heute einmal
Köln. Am 31.8. wurde die Kara- dass Migration und Flucht die Kosten besser – Essen. Das ist, was auch Illega-
wane mit einem öffentlichen Es- der ungerechten Weltwirtschaftsordnung lisierte brauchen. Wir – ich meine damit
sen in Köln begrüßt. Am Nach- sind. „kein mensch ist illegal – wir gehören
mittag besuchte sie die Flüchtlinge im Das Kapital scheut unnötige Kosten – eher zu den Satten. Dass wir trotzdem
Containerlager in Kalk. und also drückt es Migranten und Flücht- opponieren, hat schlicht damit zu tun,
Kleine illegale Tischrede, gehalten am linge aus dem Land. Es sei denn, unter dass wir sonst – ich sage das ungern
31.8. auf dem Alter Markt, Köln: ihnen sind welche, die es günstig nutzen beim Essen – kotzen müssten.
kann. Köln will jetzt flächendeckend Flücht-
„Wir sind hier, weil Ihr unse- Die drei reichsten Männer der Erde linge mit Fresspaketen füttern. Köln will
besitzen mehr als die Bevölkerung der jetzt flächendeckend Containerlager für
re Länder zerstört.“ 48 ärmsten Staaten. Mit dieser Kenntnis unliebsame Migranten. Und wer aus der
Das ist das Motto der Karawane. Das versorgt uns freundlicherweise die UNO. Reihe tanzt, wer gar den kleinen Reich-
Motto, das die Herrschenden und manch Was bedeutet diese Ungeheuerlichkeit? tum aus den großen Taschen klaut, wird
mehr oder weniger bekannter Zeitungs- Dass wir heute Weltverhältnisse haben, eingesperrt. Und wenn er auch zwölf
verleger in diesem Land gegen diese wie sie zur Zeit Ludwig des XIV. bestan- Jahre ist. Es sollte mehr Karawanen ge-
schlichte Wahrheit setzen, heißt: „Wer so den. Der Absolutismus war aus der Öko- ben, die dieses und anderes Unrecht ge-
freche Reden führt oder auch nur danach nomie nie verschwunden; jetzt erdrückt rade an den Migranten und Flüchtlingen
handelt, den kriegen wir auch hier ka- er die Welt. Und dazu passt, dass in der herausschreien. Wir sind noch viel zu
putt.“ Politik die Apartheid regiert. Die Anzahl leise. Und deshalb ist es gut, dass ihr hier
Entwürdigung und Entrechtung sind der Rechtlosen, die Anzahl der Vogel- seid!
die Leitlinien einer Politik, die weiß, freien, die Anzahl der Überflüssigen, auf Albrecht Kieser, kein mensch ist illegal ■

www.arbeiterfotografie.com
Info:

14 : antifaschistische nachrichten 19-2002


Rassistischer Mob greift 2 Tage Vor drei Monaten wurden sämtliche
Wände innerhalb der Flüchtlingsunter-
kunft mit rassistischen und rechtsradika-
lang Flüchtlingsunterkunft an len Parolen sowie Hakenkreuzen be-
sprüht, welche die Gemeinde beseitigen
Niedersachsen. Am letzten Wochenen- Am Sonntagabend überfielen gegen 21 ließ, offenbar ohne Strafanzeige zu stel-
de wurde eine Flüchtlingsunterkunft in Uhr etwa 50, teils mit Eisenstangen be- len. Vor 2,5 Monaten wurden tamilische
der Hermann-Löns-Straße in Algermis- waffnete Schützenfestbesucher erneut die Flüchtlinge von einem Mann, der einen
sen bei Hildesheim mehrfach von einem Unterkunft, diesmal unter Bezugnahme in der Flüchtlingsunterkunft lebenden
aufgeheizten rassistischen Mob überfal- auf einen angeblichen Versuch sexueller deutschen Obdachlosen besuchte, mit ei-
len. Die Bewohner des Hauses wurden so Nötigung durch einen der Flüchtlinge. ner Gaspistole aufgefordert, „ins Haus“
lange bedroht und geschlagen, bis die Po- Uns liegen zu dem Vorfall keine weiteren zu gehen. Ständig hat es nach Aussage
lizei die betroffenen Opfer evakuieren Informationen vor. Offenkundig diente der tamilischen Flüchtlinge Drohungen
musste. Bereits am Samstag wurde eine dieser Vorwurf jedoch der Bestätigung und Beschimpfungen durch Besucher
Gruppe von vier Tamilen von einer Hor- und Verfestigung bereits vorhandener dieses Obdachlosen gegeben, die offen-
de von etwa 20 deutschen Jugendlichen, rassistischer Vorurteile und Stereotypen. sichtlich ungehindert in der Unterkunft
darunter 4 Skinheads, auf dem Schützen- Diesmal handelte es sich nicht nur um Ju- ein- und ausgehen konnten.
fest angegriffen. Die Flüchtlinge wurden gendliche, sondern um erwachsene Dorf- Der Niedersächsische Flüchtlingsrat
umzingelt, beschimpft und angepöbelt. bewohner, die lauthals rassistische Paro- und der Flüchtlingshilfeverein „Asyl
Eine gaffende Menge sah diesem Schau- len grölten. Einige Personen drangen in e.V.“ fordern eine sofortige Festnahme
spiel zu, ohne einzugreifen. Das Gerücht die – nicht abschließbare – Flüchtlings- und strafrechtliche Verfolgung der Täter,
von einer versuchten sexuelle Nötigung, unterkunft ein, zertrümmerten eine die den betroffenen Flüchtlingen teil-
das laut HAZ vom 3.9.2002 der Anlass Zwischentür und versuchten, auch die ab- weise bekannt sind: „Es ist nicht hin-
für die Überfälle darstellte, war zu die- geschlossenen Zimmertüren aufzubre- nehmbar, dass die Flüchtlinge vertrieben
sem Zeitpunkt noch gar nicht aufgekom- chen, hinter die sich die in Angst und werden, während die Täter nach wie vor
men. Die Flüchtlinge flohen zurück in Schrecken versetzten Bewohner geflüch- frei herum laufen. Schärfstens kritisieren
ihre Unterkunft, wurden jedoch von der tet hatten. Auch als die Polizei eintraf, wir die unsäglichen Verharmlosungen
Gruppe verfolgt und mehrfach geschla- ließen sie nicht von ihrem Tun ab, son- durch den Gemeindedirektor und die Po-
gen. Ein Flüchtling erlitt eine Verletzung dern schlugen weiter gegen die Tür. Sie lizei: Offenkundig haben sich bereits
am Arm, ein zweiter eine Platzwunde am blieben mehr als eine Stunde im Haus. mehrere rassistische Übergriffe in Alger-
Hinterkopf, die im Krankenhaus genäht Die Polizei sah sich nicht in der Lage, zu missen ereignet, bevor es zu dem Über-
werden musste. Die zu Hilfe gerufene den um Hilfe rufenden Flüchtlingen in fall vom Wochenende kam. Wenn der Ge-
Polizei schützte die Flüchtlinge vor wei- den ersten Stock zu kommen. Aus der meindedirektor behauptet, es gäbe „keine
teren Übergriffen, nahm jedoch keine Menge wurde die Polizei aufgefordert zu ausländerfeindlichen Gruppen“ in Alger-
Personalien der Täter auf. Lediglich die verschwinden und angegriffen, eine Per- missen, so entspricht dies offenkundig
Personalien der betroffenen Flüchtlinge son wurde daraufhin festgenommen. Erst nicht der Realität. Auch erscheint uns
wurden registriert. Danach verließ die nach mehr als einer Stunde verschwan- schleierhaft, warum die Polizei keinen
Polizei zunächst den Ort. den die Angreifer. Die Polizei sah nun „rechtsradikalen Hintergrund“ zu erken-
Nachdem die Polizei weg war, kamen keinen anderen Ausweg mehr, als die ta- nen vermag. Für unerträglich halten wir
die Täter zurück und zerschlugen mehre- milischen Flüchtlinge in eine andere es schließlich, wenn ein Mitarbeiter der
re Scheiben der Unterkunft mit Stühlen. Unterkunft zu evakuieren. Ausländerbehörde die Forderung nach ei-
Ein Tamile wurde durch einen Glassplit- Nach Recherchen des Hildesheimer ner Unterbringung außerhalb von Alger-
ter im Auge getroffen. Von der erneut ge- Vereins „Asyl e.V.“ sowie des Nieder- missen mit der Bemerkung kommentiert,
rufenen Polizei verlangten die Bewohner sächsischen Flüchtlingsrats sind den An- die Betroffenen könnten ja „zurück nach
nunmehr ultimativ eine Unterbringung in griffen vom Wochenende bereits mehrere Sri Lanka“ gehen. Die betroffenen Opfer
einer anderen Unterkunft, was von der rassistischen Überfälle vorausgegangen: haben Anspruch auf unseren Schutz und
Polizei jedoch abgelehnt wurde. Wenig- Vor 5-6 Monaten wurde ein Tamile vor unsere Solidarität. Sie dürfen nicht erneut
stens wurde das Gebäude über Nacht von seinem Zimmer ins Gesicht geschlagen zwangsweise nach Algermissen ge-
der Polizei bewacht. und erstattete Anzeige gegen den Täter. schickt werden.“
Niedersächs. Flüchtlingsrat, 4.9.02 ■

Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:


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Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, Antifaschistischen
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Tel. 0711 / 62 47 01. Für „Aus der faschistischen Presse“: J. Detjen c/o GNN Köln. Insgesamt sind bisher
Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro.
Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Postfach 260 226, 50515 Köln. Sonderbestellungen sind
möglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt. 1008,– Euro eingetroffen
Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein- (Stand 9. September 2002)
zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinung Vielen Dank!
der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann.
Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); Annelie
Buntenbach (MdB Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Forum kommunistischer Arbeitsge- Spendenkonto:
meinschaften); Martin Dietzsch; Regina Girod (Bund der Antifaschisten, Dachverband); Dr. Christel Hartinger (Frieden-
szentrum e.V., Leipzig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke, (MdB PDS); GNN-Verlag, Postbank
Jochen Koeniger (Arbeitsgruppe gegen Militarismus und Repression); Marion Bentin, Edith Bergmann, Hannes Nuijen
(Mitglieder des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–Förderverein Antifaschisti-
Köln, BLZ 370 100 50,
sche Nachrichten); Kreisvereinigung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in der PDS NRW; Angelo Konto 10419507
Lucifero (Landesleiter hbv in ver.di Thüringen); Kai Metzner (Info Pool Network); Bernhard Strasdeit (MdB-Büro Winfried
Wolf); Volkmar Wölk.

: antifaschistische nachrichten 19-2002 15


: aus der faschistischen presse
Für Nazis schreiben
Österreich/Wien. Wieder einmal
zeigt sich, dass sich FPÖ-Funktionäre
Schill-Partei: Keine Landes- Zwangsarbeiter stellen wir uns eine Ent- immer weniger Mühe geben, ihre Ver-
verband in Niedersachsen schädigungszahlung zwischen 5.000 und bindungen zum offenen Rechtsextre-
14.000 Mark vor, je nach Schicksal.“ Ei- mismus und Neonazismus zu ver-
Junge Freiheit Nr. 35/2002 vom 23. August gentlich sollen die Staaten, die nach dem schleiern: So meldete sich am 2. Au-
2002 zweiten Weltkrieg vor allem Kriegsge- gust in der „National-Zeitung“ des Dr.
Die Gründung des Landesverbandes fangene zur Arbeit einsetzten, zahlen. Gerhard Frey der Bezirksparteiob-
Niedersachsen der „Partei rechtsstaatli- Aber, so Pawelka, „nachdem die mann der FPÖ Wiener Neustadt, Bern-
che Offensive“ ist auch beim zweiten Bundesregierung sich als deutsche Re- hard Blochberger, mit einem Leser-
Anlauf gescheitert, weil nur 180 der nach gierung weigert, diese Probleme zu ver- brief zur Causa Stadler und der Frage,
Satzung mindestens notwendigen 200 handeln, muss – unserer Meinung ob Österreich 1945 befreit worden
Mitglieder erschienen waren. Das nach – sie dafür eintreten. wäre, zu Wort. So meint er, dass Poli-
Blatt berichtet zudem über for- Aber selbst dann müsste tikerInnen, „die glauben, der Roten
male Streitereien um die ord- die Bundesregierung Armee huldigen zu müssen“, unser
nungsgemäße Einladung zur verhandeln, denn Volk verhöhnen. „Frei, wenn auch mit
Versammlung. Interessant selbst wenn unsere gewissen Einschränkungen und Aufla-
ist die Aussage des Wahl- Regierung das Pro- gen, wurde Österreich 1955“, so
kampfleiters Niedersach- blem der deut- Blochberger.
sen, der mitteilte, die Par- schen Zwangsar- Blochberger ist kein „Neuling“ auf
tei habe ein besonderes beiter inern regeln diesem Terrain: So engagierter er sich
Konzept für russlanddeut- würde, bleiben im- in den 80er-Jahren in führender Rolle
sche Wähler. Wie das aus- mer noch die Deut- in der neonazistischen Nationaldemo-
sieht, berichtete das Blatt nicht. schen in der Heimat ...“ kratischen Partei (NDP), nach deren
In einer Sonderbeilage und dem Der Arbeitskreis hofft auf Verbot kandidierte er für die Tarnliste
großen Interview auf Seite 3 rühmt das Unterstützung durch eine uni- „Ein Herz für Inländer“. Offensicht-
Blatt Leni Riefenstahl und gratuliert zum onsgeführte Regierung, weil CDU/CSU lich die richtige Grundlage, um in der
100. Geburtstag. Die Regisseurin des den Arbeitskreis bisher unterstützt hät- FPÖ eine führende Stellung einzuneh-
Propagandafilms über den Nürnberger ten. Große Aufmerksamkeit erhielten men.... Quelle: http://www.döw.at
Parteitag der NSDAP wird wegen ihrer seine Forderungen vor allem bei den Ver-
angeblichen Bedrohung, Verfolgung und triebenenverbänden. Nazis verhaftet
Verfemung in der Bundesrepublik be-
dauert und ihre Ästhetik gerühmt. Schill stößt auf Begeisterung Anfang August wurde in Wien die Ne-
onazizelle SS-Kampfgemeinschaft
Rechte „Zwangsarbeiter“- Junge Freiheit Nr. 37/2002 vom 6. Septem- Prinz Eugen von der Polizei ausgeho-
ber 2002 ben. Drei Personen wurden im Zuge
Kampagne Der Hamburger Innensenator Ronald der Amtshandlung festgenommen, sie
Junge Freiheit Nr. 36/2002 vom 30. August Schill hat sich mit seiner gezielten Pro- waren gerade dabei Waffen und Muni-
2002 vokation im Bundestag die Hochachtung tion aus einem Versteck abzutranspor-
Mit Unterstützung der Vertriebenen-Ver- des Blattes eingehandelt: „Diese ,Diplo- tieren, bei den anschließenden Haus-
bände hat sich im Sommer 2000 ein „Ar- matenkonferenz’ hat Schill völlig undi- durchsuchungen wurden mehr als 50
beitskreis Deutsche Zwangsarbeiter“ plomatisch gestört, wofür ihm aller Res- Waffen – darunter zahlreiche Maschi-
(AKDZ) gebildet. Dieser informelle Zu- pekt gebührt. Nicht viele bringen in die- nengewehre – Sprengstoff und um-
sammenschluss bemüht sich nun um eine sem Land noch den Mut auf, sich gegen fangreiches Nazipropagandamaterial
Kampagne für die Entschädigung dieser die etablierte classe politique samt ihrer sichergestellt. Öffentlich aufgetreten
Leute. Wer sie entschädigen soll, bleibt Medienmacht zu stellen.“, kommentiert sind die drei für die „Döblinger Initati-
etwas unklar, aber Rudi Pawelka, der Alexander Griesbach. Außerdem doku- ve Autofahrerrechte (DIAR)“, die als
Vorsitzende des Arbeitskreises, erklärte mentiert das Blatt die vollständige Rede. Tarnorganisation fungierte.
im Interview mit dem Blatt: „Aber pro uld ■ Als zentrale Figur der Gruppe wird
von Polizei und Justiz der im Juni die-
ses Jahres verstorbene Neonazi Georg
BESTELLUNG: Hiermit bestelle ich … Stück pro Ausgabe (Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt)
Gasser präsentiert: Dieser engagierte
O Halbjahres-Abo, 13 Hefte 22 Euro
Erscheinungsweise: sich in den späten 70-er Jahren in der
O Förder-Abo, 13 Hefte 27 Euro 14-täglich neonazistischen Aktion Neue Rechte
O Jahres-Abo, 26 Hefte 44 Euro
(ANR), Mitte der 80er-Jahre tauchte er
O Förder-Abo, 26 Hefte 54 Euro
dann in der, selbst in der rechtsextre-
O Schüler-Abo, 26 Hefte 28 Euro
O Ich möchte Mitglied im Förderverein Antifaschistische Nachrichten werden. Der Verein unterstützt finanziell
men Szene als zu radikal verschriee-
und politisch die Herausgabe der Antifaschistischen Nachrichten (Mindestjahresbeitrag 60,- DM). nen, „Europaburschenschaft Tafelrun-
Einzugsermächtigung: Hiermit ermächtige ich den GNN-Verlag widerruflich, den Rechnungsbetrag zu Lasten de zu Wien“ wieder auf, bei der er sich
meines Kontos abzubuchen. (ansonsten gegen Rechnung) führend betätigte. Dies gemeinsam mit
einem gewissen Wolfgang Haberler –
Name: Adresse: mittlerweile ist der Mann zum stellver-
tretenden FPÖ-Landesparteiobmann in
Konto-Nr. / BLZ Genaue Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts Niederösterreich aufgestiegen.
Quelle: http://www.döw.at /
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Wien, http://www.raw.at ■

16 : antifaschistische nachrichten 19-2002

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