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Weitgespannter Horizont Zeitvorstellungen in der neuen Musik von Helga de la Motte Dic nachfolgenden Uberlegungen stellen die Frage, wie rmusikalische Zeit sich im Bewusstsein konstituieren kénnte, Sie sind zugleich in eine kulturhistorische Pers- pektive eingebettet und bringen soziale Konstruktionen zat Sprache, die ein Spiegel von Herrschafiskonstruktio- nen sein kénnen. Weitergehende Fragen tiber die Existenz der Zeit bleiben jedoch ausgeklammert. Ich schlteBe rich dabei an die phanomenologische Bestimmung an, wie sie Thomas Clifion in seinem viel zu wenig beachteten, Buch ,Music as Heard" vorgelegt hat. Fr betrachtete Zeit als eine Modalitit eines erfahrenden Subjekts, was ihn zu einem Verdikt der Annahme einer Zeit fihrt, die unab- hingig vom Hérer existiert. Das Problem einer objet ven Zeit wied hier nur dann angesprochen, wenn dariber ‘Annahmen von Komponisten vorliegen, etwa wie bei Igor Strawinskys Unterscheiduing von ontologischer und psychologischer Zeit. Auch John Cage ging von einer au- Rerhalb des Bewusstseins existierenden Zeit aus. Abnlich ‘wie es Jonathan D. Kramer in seinem Buch ,The Time of Music"? getan hat, wird im Folgenden versucht, Zeitkon- ‘zepte der neuen Musik im Verhiltnis zur Tredition zu Deleuchten. Dabei kommen jedoch andere als die neun Kategorien von Kramer 2ur Sprache? Vor allem aber wird der Bezug zwischen zeitlicher Organisation und rium- licher Wirkuag stirker thematisiert, Denn der Auffl- rungsraum wurde, wie schon in den mehrstimmigen Kompositionen der Renaissance, seit dem zwanzigsten Jahrhundert 2u eimem Mitspieler.* Und es wurden Ein- drlicke von fiktiven Riuumen gestalte, dle u einer mehr ‘oder weniger éynamischen Zeitgefithl beitragen kénnen, Kulturhistorische Entwicklung der Zeitvorstellungen Regehungen des sozialen Lebens fanden in unserer Kultur ‘im Mittelalter durch eine zyklische, kreisformige Zeitvor- stellung statt, die an der Natur, an Tag und Nacht, den 1 Tuomas Clifton, Music as Heard, A Study in Applied Phenomenology, New Haven: Yale University Press, 1983. 2 Jonathan D. Kramer, The Time of Music. New Meanings, New Temporalites, New Listening Strategies, New York: Schirmer, 988; Derselbe, ,Pastmodern Concepts of Musical Time”, in: Indiana Theory Review, 2/1996, 21-62. 4 Kramers Buch durchziehen die Kategorien der Zeit als: absolute, social, clock, virtua, gestural, non directed, goal directed, multiplying directed, vertical 4 Diether de la Motte (Herausgeber), Zeit in der Musik~ Musikia der Zeit, Frankfurt: Lang, 1997; Stephen Kem, The (Culture of Time and Space 1880-1018 (1983), Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, zveite Auflage, 2003; Michel Bandson (Herausgeber), Zeit, Die viet Dimension in der Kunst, Weinlseim: Acia Humaniora, 1985. Musik Texte 148 e Jahreszeiten abgelesen wurden. Solche Zeitvorstellungen sind an der Vergangenheit orientiert. Die Zeit vergeht nicht, sondem sie kehrt wieder bis an den Punk, an dem die Wiedergeburt des Lebens méglich scheint. In unse~ rem Kulturbereich blieb bis ins Mittelalter hinein das 2y- lisch arhistorische Zeitbewusstsein erhalten. Nicht das einmalige Ereignis ziblt, sondem die Wiederholung, nicht die Entwicklung, sondern die Tradition. Linear aus- ‘gctichtete Momente der Zeit, die die Menschen an ihrer Verginglichkeit erfubren, hoben sie durch den Gedan- kken der Emeuerng ibrer Vorfahren in den Nachfahren auf. Zeitvorstellungen wie die am’Tag Nacht Wechsel ot centicrten des Mittelalters sind notwendigerweise mit dem. Lebensraum verbunden. Reste davon sind in den heut gen ,Ortszeiten* noch erhalten. Die Anschauing einer sich wiederholenden Zeit findet in der mittelalterichen Musik einen direkten Widerhall. Ganz vordergriindig zeigt sich dies in det modalen Rythmik mit ihren kreisenden Dauern, in den frihen ‘Organa, off nur in der einfachen Wiederholung von Lon- gen. Die Bindung an kirchliche Orte, mit der Einheit von, Klang und Raum im Nachhall, erforderte ein kontempla- fives ,vernehmendes" Héren! Die musikalischen Imita- tionen in Perotins vierstimmigem ,Sederunt Principes” (um 1200) weisen allerdings bereits auf ein anderes mu- sikalisches Denken voraus, nammtich auf eines, bei der fin aktiver Bezug des Gehérten um Folgenden herge- stellt werden kann, Das Cristentum verinderte mehr und mehr die 2yXli- sche Zeitauffassung; es finalisierte und dramatisierte sie hin auf ein Ende, das Jiingste Gericht, Seit dem vierzchn- ten Jahthundert wurde das Verrinnen det Zeit durch Glo- ckenttirme Stunde um Stunde dem Bewusstsein der Men: schen lautstark verdeutlicht. Die Kirche herrschte zu niichst tier die Zeit. Bald jedoch wurden auch Rathaus- tirme von den Birgern mit den neu erfundenen mecha- rischen Uhren ausgeriistet. Die vektorielle Ausrichtung auf die Zukunft, ein Zeitpfeil, der seit der Renaissance in unserer Kultur vorherrschend wurde, verband sich mit neuen Vorstellungen von Entwickhungen und Hoherent- swicklungen. Ihr verdanken wir im achtzehnten Jabrhun- dert neue Worte wie das des Fortschrits. Bine solche Sinn- konstruktion ersetzte den Glauben an eine universelle ‘Ordnung durch eine geschichtliche Perspektve. Dieser nach oben strebende Zeitpfeil pragte um 1800 ‘anehmend die europaische Musik. Es ist ziemlich 5 Heinrich Besseler, Musik des Mittclatters und der Renaissance, Wildpark-Potsdam: Athenaion, 1932 Seite 27 gleichgiltig, welches Werk von Ludwig van Beethoven. man heranzieht, um zu zeigen, dass, bis in satztechni- sche Sachvethalte hincin, eine vorwartsdringende, auf fin Ziel gerichtete Zeit diese Musik prigt. Diese Musile konstruiert die Zeit. Sie birgt das Versprechen, Macht ‘aber die Zeit zu haben, und sie reit den Zubérer in ihre Zeit hinein, Aber sic hatte eine reichhaltige temporale Organisation hervorgebracht mit der Aufhebung des wie cine Uhr gleichimaRig messenden metronomischen Takts, der mit ungleichmaRigen Rhythmen individualisierten Prozessen Rechmung tragen kann, Auf diese Individua- lisierung eines regelnden dogmatischen Maes durch nen, wie sie ihn nennen, ,kritischen Rhythmus* haben Gilles Deleuze und Felix Guattari in ihrem Buch Mille Platoaux" aufmerisam gemacht Die finalen Ausrichtungen der Zeit machen immer noch einen Aspekt unserer gegenwartigen Zeitbestim- mung aus, Dies gilt zumindest fir die stindigen Hoff snungen auf Erhohung des Brutiosozialprodukss oder ir die der Aktienkurse, Von musikalischer Relevanz ist ein solches finales Zeitkonzept in der ,Philosophie der neuen ‘Musik von Theodor W. Adorno; seine These vom .Stand des Materials" ist eines der prigmantesten Beispicle da- fir. Adomo wollte seinen Fortschrittsbegriff musikalisch realisiert erleben, immer neuer sollten die Komposiio- nen werden, Die Folge war jedoch eine Zerstérung des wichtigsten musikalischen Produktionsmittels der Zeit gestaltung, nimlich von Takt und raultiplikativen Rhyth- men. Durch die Unterordmung der Zeitorganisation unter die serielle Technik wurde sie addity, ein Gefihl irr einen Zeitfluss war nicht mehr miglich. Forischritt wurde zur Vernichtung, was Komponisten wie Pierre Boulez, vor alk lem Karlheinz Stockhausen, dann doch bald zu einer Umorientierung zwang, Zuundichst aber hatte diese These za einer Haltung des Ubertreffens der vorangegangenen, Stiicke durch immer neues Material gefihrt. Eine finale Zeitkonzeption findet sich bereits nicht mehr tneingeschrinkt in romantischer Musik; es wird lediglich weiterhin ein Fnthobensein aus der Realitat an- gestrebt, Die zeitliche Ferme", die Dieter Schnebel als Suche nach einer Befreiting aus der Zeit an den Lindlern von Frantz Schubert diagnostizierte,” verband sich mit dem ‘Wunsch der Fntrickung. Das Rauschen des Es-Dur-Drei- Klangs im Vorspiel von Richard Wagners .Rheingold*, das cinem somnambulen Zustand entsprungen sein soll lisst die Zeit regelrecht stillstehen. Der aus dem =Parsifal* stammende, zum gefligelten Wort gewordene Satz ,Zum Raum wird bier die Zeit" verweist darauf, 6 Deutiche Obersetaang: Tausend Plateaus, Kapitalisimus tnd Schizophrenie, Belin: Mere, 1952. 1 DictrSchnebel, Schubert. Auf der Suche mach dec befritn Zeit, n: Derselhe, Dencbae Musik, herausgegeben von Hans Rolf Zaller, Kore Dublont, 1972, 116 8 Richard Wegner, Mein Leben, Band 2, Minnchen: Bruckmann, rt sta Seite 28 dass Wagner den Hérer in eine Welt mythischer Zu- standlichkeit versetzen wollte. Jedoch blieb im neun- zehnten Jahrhundert auch teilweise das finale Zeitbe- vwussisein erhalten. So huldigte Wagner noch immer ei- nein Fortschrittsgedanken, Musikalisch wollte er mit se nem Gesamtkunstwerk Haydn, Mozart und vor allem Beethoven abertreffzn, Zu Beginn des rwanzigsten Jahrhunderts ~ Telefon, ‘Telegraphie, Autos, Flugzeuge waren schon erfunden — schrumpfien riumliche Entfermungen noch mebr als zur Zeit der Fisenbahn. Das empfundene dynamische Ge- schehen, dem die italienischen Futuristen ~ noch immer von Phantasien der Hoherentwicklung, auch von Fried. rich Nietzsches Idee des Ubermenschen befliigelt — in ihrer Malerei Ausdruck verlicheu, liste fir die Kinstler auch die Klassiistische Unterscheidung von Raum- und ‘Zeitkiinsten auf. Geschwindigkeit und Krach sollten sug- geriert werden, Warum sollte ein Maler wie Luigi Russolo sich nicht auch mit Geriuschkonzerten diese Dynamik aneignen, warum nicht auch Giacomo Balla sich an be \wegter Malerei versichen? Das vom ihm fir Strawinslys Orchesterwerk .Feu dartifice* eritworfene Bithnenbild versetzie er durch eine Lichtorgel in raschen Wechsel Dic Flektrizitat eréffnete ihm bereits r917 die Méglich- keiten der Multimecialiat. Zu Beginn der Zwanzigerjahre entstand mit den expe- rimentellen Filmen von Walter Ruttmann, Hans Richter und Viking Eggeling eine weitere intermediale Kunstgat- tung, die die fiturstische Phasenmalerei tiberwinden wollte durch die Obemzhme von musikalischer Zeitorgs- nisation, vor allem des Rhythmus, in ein visuelles Ge schehen, das in der Filmprojektion als bewegt erschien Neue Kunsigattungen, die sich in den Zwischenraum setzten, zwischen dic einmal als Zeit- oder Raumkiinste ‘getrennt erscheinenden Gattungen, wurden typisch fir dic Folgezeit. Verrauumlichung der Zeit Der Zeitbegriff der Musik dos zwanzigsten Jahrhunderts lasst sich nur zureichend darstellen, wenn man sein ver- andertes Verhiltnis zu Raumwvorstelhungen bedenkt. Raum und Zeitparameter durchdringen sich sehr stark, Die integration von réumlichen Vorstellungen bewirkte zwar die Auflésung einer vektorillen Zielgerichtetheit der Zeit, aber sie schuf durch Raumwanderungen der linge ne lische Bewegungsformen. Da sich je- doch andererseits di finalen Ausrichtungen nicht ganz aufldsten, entwickelie sich im zwanzigsten Jahrhundert cin pluralistischer Begriff von Zeit, bi der zeitweilig auch as finale Zeitkonzept dominant werden konnte. Adorno wollte seinen hegelimisch umgemtinzten marristischen Fortschrittsbegriff, der nicht nur die Komponisten in den Fuinfaigerjahren zu einer Halting des Ubertteffens det jeweils vorausgehenden ,Produktionsmnitte!* anregte, auch in innermusikalischen Frtwicklungen realisiert sehen MusikTexte 148 Erhat daher das Verdikt der Versdurnlichung tber Claude Debussy wie fiber Strawinsky verhangt:” Der die fehlende Finalitit der Zeit bemangeinde kritische Blick beruht auf einer richtigen Diagnose, verkennt jedoch, wie anregend sich die Verriumlichung von Musikzu Beginn des zwan- zigsten Jahrhunderts auf nachfolgende Entwickhungen auswirkte, Zukunftweisend war Debussys Vorschrft .en dexors", die eine Stimme, nicht allein dynamisch, son- dern auch durch die rhythmische Bewegung aus dem ‘Tonraum hervortreten lisst. Gybrgy Ligeti verwendet sol ches Hervortreten fir die reliefartigen Wirkungen in den, »Melodien". Die von Adorno kritisierte Klangschichtung in ,Marmorblécken* durch die Dynamik hat Edgard Va- rése aus der Musik von Debussy herausgclesen, um ei- nen fiktiven Raumeindruck 2u erzeugen. Strawinsky hat ebenfalls Schichtungen vorgenommen, jedoch weniger um riumliche Eindriicke hervorzurufen, sondern um die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Zeiten anzuzeigen. Realer und fiktiver Musikraum Die Kategorie des Raums ist mindestens ebenso schwie- rig zu bestimmen wie die der Zeit, Denn auch fir die Raumerfahrung besitzen wir kein Sinnesorgan, Wir glau- ben, den Raum 2u sehen, aber wir sehen nur Objekte, um die herum das Licht gebeugt wird. Wir kénnen ledig- lich Entfernungen visuell gut einschatzen. Mit den Oh- zen kénnen wir den Raum um uns herum besser auffas- sen als mit den Augen. Denn sie zeigen uns an, was hin- ter uns ist, sie geben Auskunft tber sein Volumen. Das Schallspektrum enthalt auSerdem Informationen ber die Tiefendimension, weil hohere Frequenzen in weite- rer Entfernung einer Dampfung unterliegen. Der erlebte Realraum ist kein festes Gehause, sondern cine kognitive Konstruktion, die im Verlauf der Ontogenese gelernt swird, Ex ist nicht identisch mit dem von der Physik durch unabhingige Dimensionen, metrisch tberall gleich be- schaffen und unbegrenzt bestimmten Raum, Im physi Jalisch-geometrischen Raum gibt es kein Oben und Un- ten, kein Vorn und Hinten. Lm Unterschied hierzu erle- ‘ben Menschen Reum aber immer imn Verhaltnis zum ef jgenen Standort. Der Auffidhrungsraum ist flr die elektroakustische ‘Musik seit der Erfindung der Stereophonie von besonde- rer Bedeutung, weil die Aufstellung der Tautsprecher be- dacht werden muss, die mir Organisation der zeitlichen Erfahrung beitragen, im einfachsten Fall durch das Wan- dem eines Klangs von einem Lautsprecher zutn anderen. Frangois Bayle hat ein solches Abschreften von Wegen als cine der wichtigsten Weiterentwickhungen seiner Mu- sik gegentiber der Musique concréte von Pierre Schaefer emapfunden. Da der Raum als Mitspieler elektroakusti- scher Musik eine Selbstverstindlichkeit ist, seien ledig- Theodor W. Adorno, Philosophie der neuen Musik (1549), Frankfurt, Berlin, Wien: Uilstein, 1972, 169, MusikTexte 148 lich 2wei von vielen weiteren Beispielen genannt, bei de- nen et eine Hauptrolle einnimmt. John Cage hat mehrere Sticke, darunter auch ,One™ (1983), auf 4'33” (1952) 70- rrickbezogen, das den Umgebungsgerduschgn gewidmet ist. Die kurze verbale Instruktion fiir .One™ lautet: .Ar- range a sound'systern so that the whole hall ison the edge of feedback, without actually feeding back." Dadurch soll nur eine Verstarkung (ohne weitere Resonanizen) der ge- genwartigen akustischen Oberfliche im Raum erzielt, nicht aber der Raum im Klang auégelést werden, wie dies ‘twa bei Alvin Luciers ,1 am sitting in @ room" der Fall ist, bei dem ein stindiges Feedback nur die Raumreso- nanzen gesprochener Sprache tibriglisst. Zwar haben ‘wir es in beiden Fallen mit reiner, im Raum etzeugier Prozessualitit zu tun, Cage jedoch wollte Lebenswirklich kit zu Gehér bringen. Er ging dabei von einer Raum- Zeit aus: ,|The] advances in this century have bought about the ‘space-time’ into our vocabulary. Thus, the dis- tinctions made ... between the space and the time arts are at present an oversimplification.“"® Bei seinen ,Audible Ecosystems" betrachtet Agostino 4: Scipio Rau und Klang als, ‘it gewinnt der Raum eine instrumentelle Funktion. Das Gerdusch, das als Ausgangsmaterial dient, kann aus die- sem Raum stammen. Die Verarbeitung des Signals durch cin Computerprogramm wird tiber Lautsprecher in den Raum zurlickgeschickt. Die neu entsichenden Umwelt ‘linge werden wieder aufgenommen, so dass cin selbst reflexiver, zunchmend komplexer werdender Prozess ent steht, dessen Output an hérbaren Daten auf den voraus- gehenden Interaktionen beruht. Als Urheber bleibt ein Kompositorisches Subjekt durch die Setzung einer syn- taktischen Tiefenstruktur erhalten, die zur Produktion von Stiicken dient, die in moglichst vielen Raumen iri. ‘mer neuattig entfaet werden sollen und bezaubernde Klangfarbenetfekte hervorbringen, die manchmal wie bunte Tupfer im Raum witken. Die zeitliche Metamor- phose im Klang hebt die Stabilitit des Realraums auf lange vermitteln nicht mur Informationen tiber den. Realrzum. Sie rufen auch einen fiktiven akustischen Raumeindruck hervor, dem als erlebtes Phinomen Reali- tit zakommt. Dies gilt besonders fir die Ausdehnung, des Tonraums in einer Vertikale, die sich im Ubrigen in. Partituren regelrecht rdumlich darstellt (hohe Instra- mente oben, tiefe unten). Das Fortschreiten der Téne in der Zeit bewitkt den Eindruck einer Horizontalen, die seit dem zwanzigsten Jahrhundert fir cine neue Nota- tionsform genutzt wurde, die sogenannte ,space nota tion". Paradigmatische Beispicle daft, dass ein rium- Ficher Abstand auf einer horizontalen Achse eine zeit liche Dauer anzeigt, bieten die ,Projections* (1950/1951) ‘und , Intersections” (1952/1953) von Morton Feldman. interaktives System. Da- Yo john Cage, A Year from Monday. Lectures and Writings (0963), London: Marion Boyars, zweite Auflage, 1975, 31 Seite 29 Feldman, ,Projection 1, Copyright 1962 C.F. Peters, New York. Komponisien ktinmen durch (Therlagemingen von must lalischen Schichten auerdem eine Tiefendimension er ‘zeugen. Wirksam ist dabei vor allem die Lautstirke (leise Klinge wirken entfernter) sowie die Klangfarbe und der Rhythmus (Fehlen hoher Oberténe = Findruck von Ent. fernung, wie auch unklar konturierte Rhythmen). Diese ‘Tiefendimension wurde in der traditionellen Musik in Fchowirkungen genutzt, Was leiser, mit leichten zeit. lichen Verdnderungen gedimpfter gespielt wird, loka- lisiert das Oh an einem entfernteren Ort, Bin bekanntes Beispiel dafr ist das Homsolo zu Beginn der groRen C- Dur-Sinfonie von Franz Schubert. George Crumb er- zeugte Echos zu Beginn von ,Eleven Echos of Autumn (Echo I", 1965) einfacher, namlich durch Resonanzen der Obertine, die der im Fligel spiclende Pianist auf den anderen Saiten erzeugt. Im ,licho 4" spielen Flite und Klarinette direkt in den Fligel hinein und erzeugen je- nen Effekt der direkten Wiedergabe, den schon Hermann, von Helmholtz im neunzehnten Jahrhundert beschrie- ben hatte, Das akustische Ereignis wird von einem .Spie- gel* zuriickgeworfen. 1967 lie8 Crumb mit .Echos of Time and the River (Echo li)" ein weiteres Sttick folgen. Diese beiden Echo-Siiicke stehen am Anfang seiner in- tensiven Beschaftigung mit der Zeit. Dem reinen Flie&en der Zeit steht das Gedachtnis entgegen. Auch bei diesen, beiden Beispielen wird das zeittiche Ereignis im Erleben, durch ein speicherndes Gediichtnis festgehalten. Die wie- derkehrende riumliche Projektio des Klangs als Echo bewirkt ein .gebrochenes" Zeitbild »Die Zeit als Raum sehen” ‘Weniger dem Problem der musikalischen Zeit ima enge- ren Sinn als dem des Raums waren die Versuche der Schénbergschule bei der Neordnung der Tonhéhenbe- iehungen gewidmet, Jedoch spielte Zeit bei Arnold Schdnibergs Arbeit an cinem Raumkonzept eine Rolle. Bekannt geworden ist scin Josef Rufer gegentiber gedu- erter Ausspruch: .Die Musik ist eine Kunst, die sich in dex Zeit alpiell. Aber die Vorstelluayg des Komponisten ist davon unabhingig, Die Zeit wird als Rau geschen. Beim Niederschreiben wird der Raum in die Zeit Seite 30, umgekappt."” Dieses Umklappen lisst sich bereits an den ersten Taken des Klaviersticks opus 332 (1929) zei- gen, Die Zwélftonreihe (auf b), die im ersten Takt als Motto zusammengedringt auf drei Akkoxde, ira zweiten ‘Takt ebenfalls akkordisch als Krebsumkehrung (auf es) erscheint, wird danach zeitich auseinandergezogen, die Krebsumkehrang erhalt einen Kontrapunkt durch den Krebs (auf). aaBig 20) Schonberg, Klaverstick opus 332, Takt 1-3 Mit der Wendung zum zwolfténigen Komponieren konnte Schonberg die Vorstellung eines véllig gleichgewichteten Raums entwickeln. Sein mehrfach (zuerst 193s) gehalte. net Vortrag ,Komposition mit wolf Tonen" stellt dabei einen véllig gleichgewichteten Raum vor: ,Der zwei- oder mehrdimensionale Raum, in dem musikalische Gedan- ken dargestellt werden, ist eine Einheit ... In diesem Raum gibt es wie in Swedenborgs" Himmel (beschrieben in Balzacs ,Seraphita'] kein absolutes Unten, kein Rechts ‘oder Links, Vorwarts oder Riichwarts, Jede musikalische Konfiguration, jede Bewegumg von Ténen muss vor allem versianden werden als wechselseitige Bezichurg von Klin: gen, von osvillierenden Schwingungen, die anverschiede- nen Stellen und zu verschiedenen Zeiten suftreten*.”” Anton Weber, der ebenfalls von Swedenbory fasziniert war, hat mit einfacheren Worten diese geistige Einheit beschrieben: Die Komposition mit zwélf Tenen hat ei- nen Grad der Vollendung des Zusarnmenhangs erreicht, ‘wie er friher auch nicht annahernd vorhanden war.“ Genauer besehen aber liegt dieser Musikanschauung cine doppelie Weltsicht zugrunde, einerseits ein unsicht- barer geistiger Zusammenhang, und anderersits eine reale physische Erscheinung: ein Konstruktionsprinzip, das sich hinter einer Klanglichen Fassade verbirgt? Im Unterschied zu den bisher besprochenten neuen Ansitzen scheint dieses .gleichgewichtete Raumkonzept" wenig tit der zeitlichen Gestaltung au tun zu haben. In der Tat {st zumindest die Rhythmik in dem erwahnien Klavier- 11 Jovef Rufer, Die Komposition mit zw Tonen, Berlin und ‘Wunsiedel: Hesse, 1952, 50. 12 Emanuel Swedenborg 1688-1773), schwedischer Theosoph, und Mystker, Sein Spiritualismus beeinflusse viele Kinsler jm awanzigsten Jahrhundert 13 Amnold Schonberg, .Komposition mit zw3lf Ténen*, aus ‘dem Englischen dbersetzt von Gudrun Budde, fa: Silund Gedanke, herausgegsben von Frank Schneider, Leipaiy: Reclam 1989, 146-176, 153 und 156. 14 Anton Webem, Der Weg zur neuen Musik (Vortige 1932/ 1933), Wien: Universal Edition, 2960, 19, MusikTexte 148 stiick von Schénberg trotz einiger Taktwechsel sehr tradi- tionell, und das Erscheinen eines zweiten Themas nert auch an eine altere Formgebung, Es liegt noch eine gerichtete lineare Zeit vor die aber nicht mehr in harmo- rnischen Modulationen als Entfermung von einem tonalen Zentrum erlebt wird, sondem als Nacheinander einer gleich strukturierien Ganzheit. Zeit, die vierte Dimension des Raums Die Integration von Zeit und Raum beschiftigte bereits in der ersten Halfte des neunzehnten Jarhunderss die Mathematiker. Sie weckten Zweifel an Immanuel Kants Ausfassung, Zeit und Raum seien unabhangige Katego- rien der Anschauung. Die Zeit wurde als vierte Dimen- sion des Raums bestimmt. 1905 hatte Albert Fins spezielle Relativitatstheorie vorgelegt. In Kiinstlerkreisen warden Spekulationen Uber den Zusammenhang von Raum und Zeit zu Beginn des zwanzigsten Jahriaunderts zusitvlich durch symnbolistisch-theosophische Theorien liber die vierte Dimension geftrdert. Sie sollte eine hihere Dimension erfahrbar machen, Futuristen wie Kubisten rezipierten diese Theorien, die einerseits cin Raurn-Zeit Kontinuum und andererseits die Konstruktion mehr dimensionaler Riume anregte. Eine starke Verbreitung, hhatten diese Gedanken auch in Russland erfahren. Durch, Oberseteungen des Buchs .Tertium organum* (i911) ‘wurde die Hyperraumphilosophie des russischen Philo- sophen Peter Demianovich Ouspensky sehr bekannt. Der amerikanische Architekt Claude Bragdon griff fir cin Buch zur vierten Dimension darauf zurtick und setzte sie auch praktisch um." Er veranstaltete nach Einbruch der Dunkelheit von 1915 bis 197 groe Events in Parks mit ‘Tausenden von Singern und einer Architektur aus Licht, dessen Strablen gema& seiner ,Omamente” als vier imensionaler Hyperraum empfunden werden sollten, Der Realraumn wurde iberformt, weil seine Kanten und Ecken nicht sichtbar waren. Spiter setzte Bragdon auch durch cine Lichtorgel bewegtes Licht ein, Eine regelrechte Raum-Zeit bestitnmte nach 1919 die Kunstproduktion. ine Expedition des britischen Mathe- matikers Arthur S. Eddington zwecks Beobachtung der Ablenkang von Lichtstrahlen bet einer totalen Sonnen- finstemnis wurde zu einer Sensationsmeldung der Presse, dass Einsteins Relativitatstheorie bewiesen sei. Die Ver suche, diese vierte Dimension durch Kunst anschauilich zu machen, wurden intensiviert. Im Bereich det Maletei kam es zu Konflikten darlber, wie dies am sinnvollsten zu realisieren sei. Dies gilt vor allem fir die hollindische Kiinstlergruppe ,De Stijl" bezichungsweise den Streit von Piet Mondrian und Theo van Doesburg iiber die Ver- ‘wendung der Diagonalen. George Antheil war zeitweilig, Mitglied dieser Kiinstlergruppe. Er publizierte 1925 einen 15 Claude Bragdon, A Primer of Higher Space (The Fourth Dimension), Rochester, New York: Manas Press, 1913. MusikTexte 148 Artikel in der gleichnamigen Zeitschrift: .My Ballet mé&- ‘canique*, in dem er dieses als neue, vierte Dimension der Musik bezeichnete." Ezra Pound hatte bereits vorher ahnliche Gedanken iber Antheils Musik geguert.” In ‘einem Brief von 1936 an Nicolas Slonimsky bemerkte der Komponist ibér die Bedeutung dieses Sticks: ,.. that it ‘was conceived in a new form, that form specifically being filed out of a certain time canvas .. time is our musical canvas, not the notes and timbres of the orchestra .. In the Ballet Mécanique I used time as Picasso might have used the blank spaces of his canvas." Antheil wiederholte: Time ... is the musicians canvas ... The ‘Time-Space’ principle, therefore, is an aesthetic of ‘looking’ so to speak. ata piece of music all at once’. One might propose therefore, that itis a sor of ‘Fourth Dimension’ *"* ‘Antheil hatte mit dem Vergleich zur kubistischen Ma lerei einen Hinweis darauf gegeben, was er mit dem Be {riff der Zcitleinwand meinte. Es werden quasi Figuren, und Objekte auf diese Leinwand aufgetragen oder colla: giert. Eine solche Objekthaftigkeit der Klinge gewann er durch ausgedelnte Passagen von Wiederholungen, Er Komnte dabei wie die Malerei ein Figur-Grund-Prinzip durch Schichtungen realisieren. Die heftige Betonuing, ie Antheil im seinen wenigen schrifilicdhen Augerungen darauf legte, mu sagen, es handle sich um das erste Stick dieser Art auf Erden, stimmt nicht so ganz. Denn x915 hatte der russische Komponist Arthur Loutié mit ,For- men in der Luft" eine Zeitleinwand geschaffen, Die mu sikalischen Arabesken dieses Pablo Picasso gewidmeten Klavierstiicks gentigen nicht mehr einem stringenten Ab- Jauf musikalischer Zeit. Sie bleiben in der Luft hingen, ohne dass aber genauie Pauseriangaben vorligen. Sic las sen quasi das Wei der Leinwand durchschimmers. Da. mit wird jedoch eine formkonstituierende musikalische Logik: durchkreuzt. In seinem kurzen Text ,Between Ca- tegories"”? benutzte Morton Feldman ebenfalls dea Be- griff der Zeit-Leinwand. ,... meine Kompositionen sind Keine ,Kompositionen’. Man kénnte sie einer Zeitlein- ‘wand vergleichen. Ich bemale diese Leinwand mit Musik farbe.* Auch Morton Feldman wollte die lineare Kon- struktion der musikalischen Zeit ausheben. Klinge soll- ten fir sich stehen und nicht das Glied in einer kontina- ierlichen Entwicklung sein,” sonde wie die Farbfeld- ¥6 George Antheil, .My Ballet mécanique", in: De Sul, 13/1925, Leiden, 141-144. 17 Ezza Pound, Antheil and the Trestise on Harmony (1924), (Chicago: Pascal Covici, 1927.27 18 George Antheil an Nicolas Slonimsky (1936) und .Com- poser's Note on 1952-53 Re-Fditing Ballet Mécanique", in: Daniel Albright, Modernism and Music. An Anthology of Sources, Chicago: Chicago University Press, 2004,7. 19 Morton Feldman, ,Between Categories”, inx Morton Feld- san Essays, herausgegeben von Walter Zimmermann, Kerpen: Beginner Press, 1985, 82-84 20 Sebastian Claren, Neither. Die Musik von Morton Feldman, Hofheiz: Wolke, 2000, 119-120. Seite 31 malerei ,non-relational-art”” Die traditionelle rhythmi- sche Gestaltung kann dabei ganz entfallen, indem, wie in den .Last Pieces" fir Klavier (1963), nur einzelne Klinge notiert werden, oder wie in den mehrstimmigen Paitern- Kompositionen, ctwa den beiden Streichquartetten, (1979, 1983), der Taktstrich nur cin Ordnungsstrich ist. Tin Zusammenhang mit einer weiteren Erwahnung des Bezugs zur Malerei erwilnt Feldman Edgard Varese und bezeichnet dessen Musik als ,floating sculpture" Varese ist vielleicht derjenige Komponist, der sich am in: tensivsten mit der Vorstellung einer Raum-Zeit befasst hhatte, daraus aber die Vorstellung von raumlicher Musik ‘entwickelte, Er kannte die Lehre von Bragdon.” war mit dem Gedankengut von Ouspensky in Beriihrung gekom- sen, schitzte die Schriften von Arthur 8. Fddington und hate eine enge Beziehung zu den Kubisten. Seine Vorstellungen von einer spatialen Musik betref fen alle Dimensionen des musikalischen Raums.”* Seine infuhrung zu ,[ntégrales"* ist wohl unter dem Bindruck des folgenden Zitats us einem Artikel von Massimo Z3- noiti-Bianco entstanden: If we project an imaginary sound-mass into space, we find that it appears as constantly changing volumes and combi nations of planes... successive projections would give birth to architecture of sound.” ‘Von Klangmassen ist die Rede, von wechselnden Kér pern und Ebenen, nicht von Ténen, die Varése mur als Kondensationspunkte von Klingen verstand, Varése, der seine Musik als ,organized sound" bezeichnete,”” war we niger an der Farbe eines Klangs als an seinem Volurmen und seiner Dichte interessiert und am simultanen Wech- selspiel von sich gleichzeitig bewegenden, aber unabhian- igen Klangkérpern, Die gravierendste Veranderung tra- ditioneller musikalischer Parameter betrifft die kontrar punktische Handhabung der Dynamik, auch sie wagt zum Rhythmus bei. Die Leutstirke wird zu einem Mittel der Erzeugung eines Raumeindrucks. Leise Klinge, wie bereits das Echo zeigte, bewirken den Eindruck einer Ent- 21 Marion Saxer, Between Categories. Studien zum Kompor nieren Morton Feldarans von 1951 bis 1977, Saarbrticken: fav, 1998, 37-32. 22 Morton Feldman, .Ciippled Symmetry’, in: Morton Feldman says, herausgegeben von Walter Zimmermann, Kerpen: Beginner Press, 1985 124-137, hier 137. 23 Odile Vivier, Vardse, Pacis: Sole ges/Seuil, 74, 24 Bdgurd Vardse, ,Spatial Music", Sarah Lawrence College, Bronawille, New York 1959, in: Loulse Hitbour, Edgard Vardse. Ecrits, Paris: Christian Rougois, 983, 50-15, sche auch: Helga de Motte Haber, Die Musik von Edgard Varése, Hofheim: Wolke, 1993. 25 ,Lmaginez la projection dune figure géometrique et un. plan qui bougent dans tespace, selon leur propre li et & des vitesse varies de translation et de rotation .u", i: Edgard Vartse, Eerits, ebends, 128, 26 Massimo#anoti-Bianco, .Edgar Varése and the Geometzy of Souné’, in: The Ars VIV/s,Janar 1925, 35. 27 Joba Cage hat den Begriff von ihm Ubernommen, Seite 32 fernung, zumal wenn sic dimn und zerstreut wirken. Laute Klinge hingegen wirken nah, Varése gestaltete mit leichzeitigen Crescendi und Decrescendi von Klangkir- per, die in Gegenbewegung verlaufen, einen rhyth- misch-dynamischen Musikraum. Diese dynamische Be- hhandlung von Klangverliufen ist nach dem Vorbild der polyphonen Satztechnik gestaltet. Varese, onisation", Takie 1-6 Im Unterschied zu den Vorstellungen einer Zcitleir wand intendierte Varese jedoch keine Aufheburg der li nearen Zeit. Seine Klingende Geometrie bedeuete vi mehr, einen musikalischen Raum zu 6ffnen, der in sich wie ein Prisma prozessualisiet ist, sich durch die Zeit bewegt und am Ende wieder geschlossen erscheint. Mu- sik riumlich mu begreifen und gleichzeitig durch die Zeit za bewegen, erméglichte einem Komponisten leichter als «einem bildenden Kiinstler, eine faszinierende Raurm-Zeit zu gestalten, Varéses Technik, durch eine kontrapunk- tische Dynamik einen virtuellen Musikraum zu erzeu- gen, wird bis heute von Komponisten genutz:, wobei Mark Andre in seinem Orchesterwerk .... auf." Ill (2005/2007) fur das weite Offnen dieses Raums im drit ten Teil auch eine Extrapolation durch Live-Flektronik in den Realraum vorsieht, Isomorphie von Raurn und Zeit Fiir die Neuordnung des musikalischen Raums war die Extrapolation Klingender Strukturen in den Realreum, ablesbar an den zahireichen Raumkompositionen der Funfzigerjahre, ebenso wichtig wie die Zwilfionlehre mit ihrer Aufhebung der zeitlichen Ordnung der Téne. Aber voll von jugendlichem ‘Trotz hatte Pierre Boulez 1952 seinen Fssay ,Schénberg ist tot" geschrieben, ver- bunden mit der heftigen Kritik, dass lediglich das Mate- rial neu organisiert, davon aber nicht die Straktur insge- samt, iin Sinne der Gesamtarchitektur eines Werks, be- troffen sei Gesamtarchitektur meint nun aber nicht mehr eine Konzeption im Sinne einer traditionellen Form, die fester und loser (zum Beispiel als Uber eitung) 28 Pierre Boulez, Schonberg st tot, in: Derselbe, Anka punkte, Essays, deutsch von Josef Hiusler, Kassel: Birenreiter, 1979, 288-207. MusikTexte 148, at agefigte Passagen kennt, sondern bei der allen Teilen die gleiche Tiefenstruktur zugrunde liegt.” Olivier Messiaen hratte bereits im ,Modes de valeurs et d'intensités (19.49) Folgerungen aus der neuen Zwolftonordnung fur die Ordnung der weiteren musikalischen Parameter gezo- gen. Dieses Stiick wurde zu einer wichtigen Anregung fir die serielle Musik. In den Anfingen des seriellen Komponierens bewirkte die Ordnung der einzelnen Tone und ihrer Eigenschaften (Hohe, Dauer, Intensitit, et cete- 1a) eine sogenannte punktuclle Musik (Herbert Eimert), die das FlieRen der Zeit aufhob. .Il canto sospeso" (1956) von Luigi Nono rief daher Uberraschung hervor. Denn trotz des punkiuell aufgeldsten, tiber die Oktaviagen auf gespreizten Notenbilds rief das Stick beim Héren den Eindruck des Strémens hervor. Nono hatte den Horef- fekt des ,perceptual streaming” genutzt.” Aufeinander- folgende Téne in verschiedenen Instrumenten kénnen sich zu virtuellen Melodien zusammenschlieRen, werm [Nono, Il canto sospeso", Takte 40-42 29 Lev Roblyakov, Pierre Bouler. A World of Harmony, Chur: Harwood, 1990. 30 Helga de la Motte-Haber, Handbuch der Musikpsychologie (4985), Laaber: Laher, zweite Auflage, 1696, 101. Nono hat sicher nicht de enteprechenden Hérexperimente gekannt, denn es handel sich urn einen Effet, der sich dem Héren cinfach erschliet. Die mehrstimmige Wirkung der Sclo- onaten und partiten von Jobann Sebastion Bach beruht ‘ebenfalls auf einem Zusammenschluss von Ténen von Stimamen in unterschiedlichen Oktavlagen. MusikTexte 148 sie eine ahnliche Tonhohenlage haben, Nono transfor. mierte den Realraum der Aufstelling der Instrumente in einen ,melodischen* Tonhihenraum mit verschiedenen Schichten. Nono konnte mit diesem FlieRery noch eine Richtung der Zeit andeuten, die bei anderen Komponis- ten verlorengiig. Aber trotz einer politisch motivierten Hoffnung auf die Zukunft misstraute auch er einer regel- recht finalen Steigeruing, Nur Verdnderung der Statik des Raums Klingt auf mit den zwei umherwandemden Gei- gem in ,Hay que caminar sofiando" (1989). Boulez verdankt sich mit den .Structures Ia" (1952) das cexste durchstrukturierte serielle Werk, in dem alle Para meter (auRer der Oktavlage) rethenmagig, rickbezogen auf Messiaen, organisiert sind. Gisela Nauck hat in det seriellen Kompositionstechnik eine der wichtigsten An- regungen filr ein neues kompositorisches Raumdenken sgesehen.” Die Analogie zwischen Ton- und Zeftraum hat Boulez in .Penser la musique aujourd'hui" (gleichzeitig deutsch: ,Musikdenken heute") dargelegt.” Der differen- zierten Beschreibung des Tonraums (gerade, gekriimmt, regelmaRig, unregelmaig) werden zwei grundsitelich uunterschiedliche Kategorien gegeniibergestell:.der glatte Raum und .der gekerbte Raum.” Gekerbt meint einen strukturierten Tonraum, glatt eine statistische Verteilung, der Frequerizen (xa réparttion statistique des fréquences') Boulez hat diese Begriffe auf den Unterschied einer amorphen, nicht chronometrisch untertelten Zeit im Unterschied zu einer pulsierenden angewendet: .Die ‘amorphe Zeit ist ohne weiteres mit der glatten Fliche zu vergleichen, die pulsierende Zeit mit der eingeritzten Fla- ‘che; ich mache also einen Analogieschluss und nemne die Deiden Kategorien fortan glatte Zeit und cingekerbte Zeit Beriiglich der durch Dauern eingekerbten Struk- turierung geht Boule auf eine logarithmische Unter- scheidung ein, die Stockhausen vorgeschlagen hatten, um Dauernunterschiede dem Hérvermdgen anzupas- sen.” Es ist schwierig, Boulez’ doppelschichtigen Zeitbe: griff gedanldich zu verankern. Wat er von Olivier Mes siaen, Igor Strawinsky oder noch eher von dem zeitwei- ligen Mentor und Freund Pierre Souvtchinsky angeregt worden? Karlheinz Stockhausen hat alle seine Werke als Raum- musik verstanden und in vielfiltiger Weise eine wechsel- seitige Integration von Zeit und Raum vorgenommen. Nur einige Beispiele sollen als Beleg dafitr einstehen. Die 37 Gisela Nauck, Musik im Raum - Raum in der Musik, Srumgare: Franz Steiner, 1997 32 Pierre Boulez, Penserla musique aujourd'hui, Paris: Gonthier, 1963; Musikdenken heute, bersetzt von Josef Eijusler und Pierre Stol, Darmstadter Beitrige zur Neuen Musik (ganz), Mainz: Schott, 1963, 33 Bbenda, 75. 34 Ebenda, 77 35 Karlheinz Stockhausen, ,.. wie die Zeit vergeht.." (1957) In: Texte ()) zur elektronischen und instrumentalen Musik, herausgegeben von Dieter Schnebel, KBIn 1963, 99-139. Seite 33 Stockhausen, Aufstellungsplan fie ,Keeuzspiel* crwahnte Logerithmisierung der Dauern, die die davor verwendeten additiven seriellen Reihen ersetzte, hatte er durch Ubertragung der Tonhdhenverhaltnisse gewon- nen. Musikalische Intervalle wurden als Bandbreiten bestimmt. Dem Ensemblestck ,Kreuzspiel* (1951) liegt, ‘wie von Stockhausen im Programmtext beschrieben, die Idee einer Kreuzung von zeitlichen und riumlichen Vor- sgingen” zugrunde.”” Der Kreuzung (von auen nach in- nnen, von innen nach 2uen, gespiegelt, et cetera) hoher und tiefer Instrumente beziehungsweise Tonlagen, von Dauern und Lautstirken wird erginzt durch die Aufstel- ung der Instrumente im Auffshrungsraum gem&i ihrer Tonhihenlage auf unterschiedlich hohen Podesten. Die Instrumente waren mikrophoniert, damit sie gleich gut gehért werden konnten, Bindriicke von rdumlicher Entfernung sind bei der nelektronischen* Komposition Gesang der Jinglinge* (1956) durch den Nachhall in die musikalische Struktur ‘einbezogen. Zugleich wurde durch komponierte Schall- richtung und Bewegung der Klinge im Raum durch die inf halbkreisférmig um das Publikum verteilten Lout- sptechergruppen ,eine neue Dimension fiir das musika- lische Erlebnis erschlossen.“™ Dieses Prinzip hat Stock- hhausen fiir Gruppen” fiir drei Orchester (1955/1957). seine erste instrumental den in der Mitt sitzenden H3- er umschlieRende Raummusik, dbernommen. Das Stack beginnt mit einem dem Obertonspektrum (hahere Frequenzen sind schmeller) nachgebildcten Orchester- Klang links, wendet sich nach rechts und wieder zurtick. 36 Stockhausen wusste nicht, dass die Wahmetxmang aller Sinnlichen Reize einem logarithmischen Verhiltnis fog. 37 Kariheing Stockhausen, -Kreurspiel (2951), in: Texte, Band 2, sin: DuMont, 1964, 11-72, hier 11, 38 Karlheinz Stockhausen, ,Ne. 8 Gesang der Jonglinge (1956), Floktronische Musik’, ebenda, 49, Seite 34 Zeit Raume werden ausgebildet, in denen sich ,Raum- Melodien" entfalten.”” Dabei werden die verschiedenen Onte der halbkreisférmig sitzenden Orchester durch die Wanderang von sich iiberlappenden Klinger verbunden, Man kémnte von einem frihen Dolby Surround sprechen, Stockhausens kinstlerisches Denken war sein Leben lang von Ana ogien zwischen Zeit und Raum geprigt. Mit der Preisgabe einer final ausgerichteten Zeit schien die traditionelle musikalische Form verlorengegangen. Erst heute gelingt es Komponisten wieder, so Fabien Lévy, «in Formverstindnis im traditionellen Sinn mit an jeder Stelle gleich dicht gewebten Strukturen zu vereinbaren.” Fir eine #ltere Generation bot hingegen der Raiun eine Ordnungsmiglichkeit, in die jedoch durch Wege und ‘Wanderungen Zeit einbezogen wurde. Es scheint, dass dic ‘eitwellige Preisgabe der Idee einer geschlossenen Kom. position weniger durch die Zuféllskompositionen von John Cage angeregt wurde als einer inneren geschicht lichen Entwicklung entsprach, Stockhausen fhrien sie ‘zu Momentforinen oder Jetatmomenten, dic er als vert kalen Schnitt durch die horizontale Zeit ve-siand, Der Zuhdrer sollte seine réurliche Position uné die Dauer seines Zuhérens frei wablen. Dies kiindigt cic Idee der spliteren Klanginstallationen an, dic er aber abgeletant hat. Dieses ,Jetzt" wird 1960 metaphysisch aufgeladen, als Moglichkeit, im Moment ,Ewigkeit” zu ereichen.*" Schwierigkeiten einer geradlinigen Gliederung des vor- liegenden Texts zeigen sich besonders deutich bei der inordnung der Vorstellungen von Iannis Xenakis, der durch seine Ausbildumg als Architekt und Musiker 16. sungen fand, die an die von Varese gewiinschte Identitit von Raum und Zeit erinnem. Besonders auffilig ist dies ‘an der teilweisen Umsetzung der architektonisch aufge- fassten Glissandopassagen des Orchestersticks .Metas- tascis* (1954) in die para- und hyperbolischen Formen des Philips-Pavillions. Mit dem eigens entwickelten Computersystem UPIC hatte Xenakis die Méglichkeit, Graphiken dirckt in Musik zu ibersetzen. Trotz enger freundschafticher Verbundenheit mit Varese" hatte er jedoch auch andere dsthetische Intentionen, Ausfthrlich dangelegt sind diese Iden in seinem mehrfach abge dnuckten Aufsatz ,Sur le temps" (1988)."* Xenakis unter- schied zwischen einer Existenz der Musik ,hors-ternps*, 39 Karlheinz Stockhausen, ;Musik im Raum” {1959}, i Texte, ‘Band 1, Kéln DuMont, 1963, 152-175, her 170. 40 Fabien Lévy, ,Form, Struktur und sinaliche Erfahnung*, in: Musiktheorie 3/2007, Laaber, 222-225 41 Karlheinz Stockhausen, ,Momentform” (1960), in: Texte, Band r, Kéln: DuMont, 1965, 186-210, hier 199, 42 Francois Delalande, 1 faut ére constarnment sm immaigné Entretiens avoc Xenakis, Paris: Buchet/Chastel, 997, 55-58. 43 lannis Xenakis, Sure temps, in: Kélettha. Ecrts, Pars: LiArche, 1994, 94-105. Ebenfalls zu finden in: Derselbe, Concerning Time, Space Music‘, in: Formalized Music. ‘Thought and Mathematics in Composition, Stuyvesant New York: Pendragon Press, 1992, 255-267, MusikTexte 148, damit ihrer Teilhabe an einem auRerzeitlichen Raum (Llespace hors-temps"), und gle flux temporel”. ,On peut dire que tout schéma temporel précongu ou post-congu est une représentation hors-temps du flux temporel”. Alle Tonleitern, Tonarten und Architekturen wie die Fa- ge, 80 schreibt er weiterhin, sind grundsitzlich au8er- hhalb des Flusses der Zeit 2u denken, der an die Wahtneh- ‘mung eines Nacheinanders gebunden ist und damit an ein riickbezichendes Gedachinis. ‘Xenakis geht von einer streng phinomenologischen Vorstellung der Zeit aus: .Méme dans Vhypothése d'un flux du temps objectf, indépendant de-moi, son appré: henson par un sujet humain, donc par moi, doit passer par des phénoménes-repéres du flux, d'abord percus, puis inscrits dans ma mémoire.“* Die musikalisch ab- laufende Zeit wird aus der Gesamtarchitektur gem lo gischer Regeln konstruiert. Ausfihrlich hat er dies an dem Cello-Solostiick ,Nomos Alpha“ (1963) erériert.* Grundlegend ist die Struktur eines Wirfels mit seinen cht Ecken, wobei die Ecken aus unterschiedlichen ,Wol- kken* von Klangereignissen bestehen (zim Beispiel be- steht eine Ecke aus punktuellen Pizzikatoklingen). Die Ecken werden systeratisch-kombinatorisch tum die Ach- sen gedreht, wodurch sich eine zeitliche Abfolge ergibt. ‘Wie immer solehe Komibinatorik neben anderen rauralich und zeitlich anwendbaren Ordnungen, etwa der .Sieb- technik*, sich mit intensiven Wirkungen auf den Hirer verbinden konnten, so erlaubten sie Xenakis, darin der Philosophie von Parmenides verpflichtet, auch einen Verweis auf ein absolutes universales Sein (tant), ein nicht erreichbares, nicht lesbares Kontinuum von Zeit und Raum: .Le continu est done un tout unique remplis- sant et 'espace etle temps.*"” ‘Ontologische und psychologische Zeit Eine ontologische und cine psychologische Zeit hat Igor Strawinsky unterschieden. In seiner musikalischen Poe- tik schrieb er: ,Jeder weil, dass die Zeit auf unterschiedli- che Weise abliuft, je nach innerer Disposition des Sub- jekts und nach Ereignissen, die das Bewusstsein affizie zen, Diese Verinderungen der psychologischen Zeit sind ‘nur wahrzunehmen durch die Bezichung auf das be vwusste oder unbewusste Grundgefthl der wirklichen Zeit, der ontologischen Zeit.“ Strawinksky bemerkt wei techin, dass er mit diesem Zitat Ideen seines Freunds, des russisch-ukrainischen Emigranten Pierre Souvtchin- sky, wiedergebe. Es handelt sich dabei um mehr als eine We Ebenda, 101 45 Ebenda, 98. 46 Balint Andrés Varga, Gespriche mit lannis Xenakis, Zitrich: ‘Alanis 1995, 86-87: Xenakis, Formalized Music, 219-256. 47 Xenakis, Sure temps, siehe Anmerkung 43, 99 48 Igor Suainsly, Pobtique Musicale sous forme de sx legons, _zarst als: Poetic of Music, Cambridge, Massachusetts Harvard University Press, 3942, crite Auflage, 1970, 30. MusikTexte 148 Referenz. Denn Souvichinsky war, neben Roland-Manu- cl einer der beiden Ghostwriter von Strawinskys Poetik. Paychologisch ist eine Zeit, die sich steigem kann, mit psychologischem Sinngehalt befrachtet und yaigt emotio- nale Impulse aus. Die ontologische Zeit hingegen repra sentiert die imhere Ordnung des Zeitablaufs, mit anderen Worten, die Gesetze der musikalischen Ordnung, Schwie- rigkeiten bereitet das Wort ontologisch. Denn aus der Poe- tik konnte man vordergriindig den Gegensatz von einer ausdruckshaltigen Musik mit stindig wechselnden In- tensitéten herauslesen — Wagner wird als Beispiel ge zannt-, und einer Rube ausstrahlenden, chronometrisch lichmaftigen Musik. Souvichinsky scheint jedoch ,on- ‘ologisch auch in einem metaphysischen Sinne verstan- den 2u haben, wenn er von einer erfahrbaren Zeit spricht, die alle Wahmehmung pragt und der nicht un- mittelbar erfalrbaren .non-temps*.” Wollte Strawinsky ieses, nicht in der Zeit erfahrbare abstrakte Ordnungs- prinzip durch eine Coincidentia oppositorum iu einem Erlebnisinhalt werden lassen mittels der Uberlagerang von untereinander unabhangigen Taktmodellen? Stereo- ‘yp spiclt der Kontrabassit im ersten Satz der ,Geschichte vom Soldaten“ (ror8) eine gleichbleibende Figur. Sie geht unbektimmert um die Taktwechsel der anderen yme vonstatten. Aus dieser Gleichzeitigkeit von Ge- gensatzlichem entsteht fiir den Horer ein ibergeordne- ter Rhythmus. Ubemommen haben Elliott Carter wie auch Aaron Copland diese Technik der metrischen ,De- formation Allerdings macht Strawinskys Hinwendung zur Religion” sie offen fiir metaphysische Uberlegungen. Strawinsky, aus: .Marsch des Soldaten* Olivier Messiaen, der den Rhythmus fiir das ,wesent- lichste Element der Musik‘ ansah, hat, tels in Anleh- rnung an Igor Strawinsky, die bislang umfangreichste Rhythmustheorie neuer Musik vorgelegt. Wer beztglich dieser Theotie Messiaens einer kurzen Einfihrung be- dar sei auf sein Vorwort zum .Quatuor pour la fin du ‘temps* (r941) mit der ,Petite théorie de mon langage ryth: rmique* verwiesen. Traditionelle Techniken wie Augmen- 49 Pierre Sowvtchinsky, La notion du temps etla musique, La Revue Musicale 20, 1939, 31:~320, hier 313. 50 Ute Henseler, Zwischen ,musique pure" und religidsem Bekeuntais, Hotheimn: Wolke, 2007. 51 Olivier Messizen, Conférence de Bruxelles (1958), Paris: Leduc, 1960, dewtsch: ,Vortrag in Brussel’ in: Heinz-Kiaus Metzger und Rainer Riehn (Herausgeber), Olivier Messiaen, Musik:Konzepte 28, Munchen: text +kritik. 1982, 3-6, hier 3 52 Olivier Messizen, Traté de rythme, de couleur et orn thologie, sieben Bunde, hier Band I, Paris: Leduc, 1995, 93-94 Seite 35 aeple Prrteerr et pir tf Sesion rym on ropa cages marr cutnet md nyt: p Ch Porn pr per leer poor! CCPL Cher Coote carr ieee: cece | MOnere Cheer Diese Abfolge von nicht umkehrbaren Rhythmen hat Messiaen im sechsten Satz seines Quartetis ,Danse de la fureur, pour les sept rompettes", Zier F verwendet, tation und Diminution spielen eine Rolle sowie antike und fernstliche Rhythmen, dariiber hinaus besondere Zeit. gestaltungen wie zum Beispiel die nicht umkebrbaren Rhythmen, symmetrische Bildungen, die von vorne wie von hinten gelesen gleich bleiben. Messiaen hatte die un- terschiedlichsten Anregungen in seine Theorie aufge- nommen.® Sicher liegt es 2um Teil in seiner Religiositit Degriindet, velleicht aber auch den Diskussionen seiner ‘Zeit, dass ex eine Form ontologischer Zeitlosigheit kannte, cine Ewigkeit als eine allumfassende Simultaneitat, die kein Vorher und Nachher kenunt und den Raum mit ein bezicht. Becindruckt hatte ihn die Dissertation von Gistle Bre- let Wie es scheint, interessicrte thn daran vor allem de- ren Ubernahme der Zeittheorie von Henri Bergson mit der Unterscheidung der gequantelten, gemessenen Zeit (cum Beispiel durch die Uhr) vor kontinuierlichen Wer- den eines ununterbrochenen FlieRens. Im Unterschied xu der an duSeren Verinderungen im Raum oder durch die Uhr gemessenen quantifizierenden temps espace* ist ir Bergson die erlebte Dauer (cla durée") ein stin- diger Fluss. Psychische Prozesse durchdringen sich in stindigen Wandlungen, Dabei dehnt sich Vergangenes in das Jetzt, das sich mit Erwartungen des Zukdinftigen| verkniipht. Bergson sprach von einem .dynamischen An- einanderkntipfen und sich untereinander Organisieren, vergleichbar den Tonen einer Melodie*>® Brelet hatte das unterbrochenen FlieBen der Zeit mit deren finaler Richtung verbunden, was Messiaen kai sierte, In diesem Zusammenhang spielen seine in sich zuriicklaafenden, nicht umkehrbaren Rhychmen als Ver~ weis auf die ontologische Zeit der Ewigkeit eine Rolle. 53 Andrew D.), Shenton, ,Observations on Time i Olver Messiaen’ Trl, in: Christopher Dingle and Nigel, Simone, Olver Messiaen, Masi, Ax, and :tretize, Aldershoé:Ashgste, 2007. 179-189, hier 187-169 $4 Gite Breit, Le terape musical, zwei Bind, Pars: Presse Univenaire de France 1949. 5 Hons Bergson, Boa sures domes immédates de conscience (880), deutsch von Pau Foh, Frankfurt am Main: Athenaur, £989, 29 Seite 36 Bei aller Eewunderung fix Brelet stdrte hn auch deren Ubemnahmen von Gedanken des in Frankreich selir be- rihmten Philosophen Gaston Bachelard,” der seinerseits Messiaens Rhythmik kritisiert hatte, weil sie nicht dem phinomenologischen FlieRen der Musik folgten: Mes: siaen wiinschte durchaus einen zeitlichen Riickbezug beim Héren: ,Je mouvement rétrograde et les autres per ‘mutations... ie sont appréciés comme tels par V'auditeur que rétrospectiverment, par rapport au tnéme texte enten- du antérieurement en sens droit.*” Denn die symmetr- sche Spiegelung der nicht umkehrbaren Khythmen hatte Messiaen mit metaphysischen Spekulationen verbunden; sie bereiten ,2u einem winzigen Teil" auf den Zustand der Ewigheit vor.** In dieser Figkeit fallen Raum und Zeit zusammen, jedoch hatte Messiaen, mit Widerhall bei den fianztsischen Spektralisten, Musik nicht mehr als reine Zeitkunst verstanden: ,la musique est un perpé- tuel dialogue entre Vespace et le temps ... dislogue qui aboutit @ une unification: le temps est un espace."** Ex folgt hieria auch den vom ihm bewunderten Malern, Ro- bert Delauney oder Charles Blanc Gatti, die in ihren Bil- der Zcitlchkeit zu integrieren versuchten. ‘Zweifel an der reinen Linearitat der Zeit Neuinterpretationen von Bergsons Theorie gab es vor al- Jem in den Vierzigerjahren. Wichtige Beitrage hierzu stammen von Maurice Merleau-Ponty. Er widersprach der dee des kontinuierlichen FiieRens, zugunsten der Si- rmultaneitit des Vergangenen in der Gegenwart, in der “Zulkiinftiges erwartet wird. Er betonte zudern die mit der ‘Zeit verbundenen komplexen Erlebnisweisen des Réum- lichen sticker als Erfahrung eines ,Prasenzfelds".° Eine reine Linearitit der Zeit verabschiedete Brian Fer- neyhough im vorletzien Absatz seiner Binftthrang zu seiner ,Time and Motion Study II* fir einen singenden Collsten und Live-Blektronik (1973-1076): «As with hu ‘man meruory the supposed linearity of time is here abol- ished, its constituent ciphers are delivered up to the si- rmultaneity of the individual conscious.** Angesprochen ist damit die Wirkung des vorgeschriebenen ,delay-tape Layouts" der Elektronik, die das LiveSpiel zeitverzgert und zuncilen nicht exakt wiedergibt. Dies ist nur eines der vielen Musikbeispiele, die Delay, Loops, et cetera ver~ wenden. 56 Gasion Bachelard, La dialectique dela durée (1936), Paris: Presse Universitaire de France, 1950. 57 Olivier Messiaen, Traité,siehe Fulnote 52,45 58 Olivier Messiaen, Traité M1, ebends, 353-354 59 Olivier Messiaen, Conférence de Noire Dame, Paris: Leduc, 1978.5 60 Maurice Merleau-Ponty, Phinomenologie der Wahrehmung (0945). tbersetzt von Rudolf Boehm, Berlin: De Gruyter, sechste Auflage, 1966, 952, 472. 51 www.eition-peters.com 62 Tilman Baumggrtel, Schleifen. Zur Geschichte und Asthetik des Loops, Berlin; Kadmos, 2015. MusikTexte 148 ‘Musikalisch versuchte Morton Feldman, die abstrakte Erfahnung einer gedehnten, flieRenden Zeit in seinem Spitwerk durch die stindig werdenden, sich variativ une rmerklich wandelnden Eindriicke erfahrbar zu machen, aber er benutzte auch Wiederholungen von Patterns. Feldman kannte die Philosophie von Bergson, wie aus seiner .Darmstadt-Lecture hervorgeht."” Es ist wahr- scheinlich, dass er auch mit der Lehre von Maurice Mer- eave Ponty in Bertihrung gekommen war. Denn die ame rikanische Minimal-Bewegung fand cine wichtige Be- griindung bei Merleau-Ponty, dessen ,Phénomenclogie der Wehmehmung" r962 ins Englische iibersetzt worden war. Neu war die Bedeutung, die der Rezeption rzugebilligt wurde. Der Rezipient sollte riurnlich und zeit. lich einbezogen werden. Erst durch seine Prisenz gewinnt die Kunst ihre Bedeutung und vermittlt das Erlebnis des ‘Zugegenseins im Kunstraum. Es wird nichts mehr repri- sentiert, das aus der perspektivisch konstruierten Distanz oder vorn Podium herab eine zu entziffernde Bedeutung vermitten will Im Klang kénnen Erfahringen vor gleichzeitig, nahe, hineinversetzt (als Hineinhoren) eine Desondere Prisenz gewinnen. La Monte Young, der den Ansto8 zur Minimal Music gab, war seit seinem Trio ft Streicher (1958) durch Deh- mung der Zeit zur ,Dauer* durch langausgehaltene Tone und Pausen, diesem Konzept des Hineinhérens ver pflichtet. Finf Stunden dauerte 1963 cine Auffhrung seiner ,Composition No. 7* (1960), einer ausgehaltenen Quinte hfs, in die intensiv hineingehért werden sollte. Dieses Konzept des Hineinhdrens verdichtete sich in det Drone-Musik des von shim gegriindeten musikalischen Ensombles , The Theatre of Eternal Music’. Drone meint hier cin -unvorherschbares Spiel der ObertOne in einem konstanten Klang. La Monte Young verlieS mit dem ab 1962 konzipierten .Dream House" die Prisentations- form des Vis.2-vis von Publikum und Podium. Durch die Installation von genau auf den Raum berechneten Sinus- schwingumgen bilden sich im ,Dream House" exakt be- rechnete, ortsfeste stehende Wellen aus, die sich in druckintensiven Knotenpunkten verschlingen. Der Hé rer befindet sich mitten in der ungerichteten Zeit der Drones mit ihrem reichen, in sich bewegien harmont- schen Spektrum. Beim Umbergehen verindert sich die Knotensteuktur der Schallwellen, Der Besucher wird zam Performer, der die Zeitfolge der Klangereignisse steuert. Er wird damit zu einem Mitproduzenten des Kunstereignisses, dem sich allerdings das Ganze nie voll stindig prisentiert. Er erfihrt, dass die unmittelbare menschliche Wahrnehmung immer fragmentiert ist. Zu sginglich ist nicht das Ganze, sondern nur das Umfeld Solche durch die eigene Bewegung des Rezipienten er- 663 Morton Feldman, ,Darmstadt-Lecture*, in: Morton Feldman Essays, herausgegeben von Waltcr Zimmermann, Kerpen: Beginmer Press, 1985, 181-213, hier 184. MusikTexte 148 veugte zeillche Klangstrukturierung des Raums spiett eine wichtige Rolle in seit den Achtzigerjahren konzipier- ten Klanginstallationen, die den Musikbegriff erweiterten. Das situative Moment der Zeitkonstruktign bei mini- alistischen Konzeptionen gilt auch fiir das bloRe Zuhé- ren, Steve Reith hat dies durch leere Notenlinien deutlici gemacht, auf die eventuell gehdrte Gesialten (,resulting patterns") notiert werden Kénnten, die sich aus der Uber lagerung von gleichen, zeitverschoben sich wiederholen- den Phrasen ergeben (,Piano Phase" tind ,Violin Phase" von 1967). Die Minimal Music, unabhingig davon, ob es sich um langsame, graduelle Verschiebungen oder um repetitive Pulse Music handelt, list nicht-linear gerichtete Prozesse entstehen, die weit entfemt sind von jeglicher kornpositorischer formalen Zeitgestaltung, weil es keine éominante, hierarchisch aufeinander bezogene Phrasen gibt. Es ist der Horer, der eine mgliche Gestalt auskris- tallisiert. Die Prozesse, die sich entfalten, besitzen keinen Jformulierten* Anfang und kein klares Ende. Sie kinnen sehr lange dauern, wie bei Philip Glass’ mehr als vier ‘Stunden dauernder ,Music in Twelve Parts" (1972). Jona than Kramer hemerkte im Zusammenhang einer Be- sprechung der Musik von Terry Riley: ,The result is sim- ple present, stretched out into an enormous duration, po- tentially infinite ‘now’ that nonetheless feels like an in- stant... {call the time sense evoked by such music ‘verti- cal’ Der Begriff wertikal'erscheint alerdings nicht ganz, aliickich gewahlt, ist er doch bereits musikalisch besetzt {unter anderem durch Varésc). Er zeigt jedoch an, dass sich mit der Kondensation von Vergangenheit und Z1- Jkunft auf das Brlebnis der Gegenwart auch das Raumier- lebnis verindert, weil sich das Bewussisein insgesamt andert. Minimal Music, die Anregungen indischer und sfrikanischer Musik aufnalhm, ist weit entfernt von jeg chen finalen Vorstellungen der Zeit, Soll das Erlebnis einer ontologischen Zeit hervorgerufen werden, wenn Steve Reich die Moglichkeit anspricht, .znusical processes can give 2 direct contact with the impersonal and also a kind of complete control, and one doesn't always think of the impersonal and complete control. as going together?" Was ist dabei mit Kontvolle gemeint® Kann Minimal Music, die nur eine klangliche Oberftiche obne verborge- ne Strukturen zu prisenticren versucht, als reine Phimo- menologie der Wahrnchmung bezeichnet werden? Bei der besonderen Variante minimalistischer Musik von ‘Tom Johnson zihlt auch die Tiefenstruktur. Denn die ‘gcometrischen Ordnungen oder arithmetischen Regeln, Symmetrien oder das Pascalsche Dreieck, die er fiir sein Komponieren verwendet, verweisen auf eine auSerzeit- liche, nicht-individuatistisch geprigte Logik ohne An- sspruch, das Universum verbessern zu kénnen. Daher ist ‘64 jonathan Kramer, siche FiRmnote 2, 55, 65 Steve Reich, Writings about Music, New York: University Press, 1974, 10. Seite 37 rr cr iberzeugt, ,... that it makes more sense to respect these principles and let them make the statement without presuming to be able to add too much,“** Fin neues Problem: ,Nahe fern"? Die Diversifizierang der Zetiauffassungen, die seit dem zwanzigsten Jahrhundert statigefunden hat, setzt sich fort, wobei bislang entwickette Konzeptionen beibehalten werden, Dies gilt beispielswe'se fir das Extrapolieren von Musik in den Realraum, das durch die Verwendung von Live-Tlektronik begiinstigt wird, Auch des .UmWaypest von Zeit in den Raum’, das sich schon in der Zwélfton- ‘musik findet, gehirt nach wie vor zu den kompositori- schen Techniken. Es verdanlt sich der gleichen istheti- schen Intention, eine strukturell mdglichst hohe Dichte zuerzielen, be stiistisch groen Unterschieden, Helmut Lachenmanns Idee des komplexen Strukturklangs zielt auf eine solche prozessuale Umsetzuing, die ,tiber jede sirmultane Klangvorstellung hinaus der formalen Projek- sn abzuiastenden Zeit Raum bedarf Brian Fetneyhough entwickelte mit seinem aus einer Geste ab- ageleiteten Begriff der musikalischen Gestalt (Figur) deren Deformationen eine Weiterentwicklung exméglicht, ebenfalls die Vorstellung einer Integration von Teil und Ganzem. Dehnungen eines Klangs auf der Zeitachse ‘oder Herausfiltern von Teileigenschaften, Auseinander- Zichen einer Klangfarbe zu einer Melodie und anderes ‘mehr sind typische Verfahren der Gestaltung von Zeit. verliufen der Spektralmusik Gérard Grisey bestimmte sie jedoch als irreversibel im Unterschied za den nicht- uumikehrbaren Rhythmen seines Lehrers Messiaen. ‘Neu und als solche noch wenig reflektiert sind die im ‘Zwischenreich von Experimentalfilm und Musiktheater angesiedelten Konzerte mit der Begleitung durch Videos. Welche Zeit ist gemeint, wern sich Bild und Ton, Auge und Ohr asynchron zueinander verhalten, weil das Bild zeitverzdgert projiziert wird? Den Komponisten hat sich jedoch gegen Ende des letz ten Jahchunderts verstarkt das Problem der Gleichzeitig. eit des Ungleichzeitigen in einer Musikicultur gestllt, in der altere Werke so prasent sind, dass man sie nicht einer Vergangenheit zurechnen konnte, Die Hoffmungen friherer Generationen, das Zeitgendssisch-Neue kénnte das Vergangene ersetzen, scheinen nicht mehr tragfahig. tion in ei 66 Tom Johnson, Symmetries, New York: 218 Press, 1981, Introduction, one Sette [4 67 Helmut Lachenmann, Musik sls exstentielle Exfahrung, Wiesbaden: Breithopf & Hart, 1996, 18. 68 Brian Femeyhough, Form Fgure— Siyle. An intermediate ‘Assessment, in: Collected Writings, herausgegeben von James Boros und Richard Too9, Amsterdam: Harwood, 1995, 21-28. Obersetrung von Claus Steffen Mahnkopf, ‘in: MusilTexte 37, Koln, Dezember 1990, 7-10. 69 Gérard Grfsey,.Tempus ex machina. Reflesionen tiber die ‘musilalische Zeit’ in: Neulard. Ansitze eur Musil der Gegenwart, Band 3, Bergisch Gladbach, 1983, 190-20, Seite 38 Nahe fern" (1-4, 2011/2012), der Titel einer vierteiligen Orchesterkomposition von Wolfgang Rihm, der Tradi- tion immer als die eigene-anzueignende verstand, ist das, Motto dieses Abschnitts. Rihm hat sich weniger durch Zitate oder dutch direkte Reminiszenzen auf die traditi: nellen Werke bezogen, sondern durch satztechnische Verfahren, darin vergleichbar der Verpflichtung, die Schonberg beziiglich der Kompositionstechnik von Jo- hhannes Brahms empfand, Eine Vorlauferfunktion fiir das neuere Verstindnis des wpluralistischen Kumpuuierens” kounal Beta Alvis ‘Zimmermann zu mit der Annahme einer .Kugelgestalt, der Zeit", von der er anlisslich der ,Soldaten" (1963) schrieb: ,Zulunft, Gegenwart und Vergangenheit wer- den vertauschbar."” Er trug dem Umstand des Gleichzci- tig Ungleichzeitigen durch die Oberlagerung stilistisch unterschiedlicher Schichten Rechnung, die er aber auf: einander bezog durch eine Form des Tonhdhen integrie: renden Collagierens in ciner ZwolRonreihe. Dem Versuch, ob aus der Kombination von Ait und Neu eine Uberzetliche Struktur 2u gewinnen sei, widmete 1968/1969 Luciano Berio seine .Sinfonia* (unter ande- rem mit der Verwendung einer Zitatcollage von Gustav Mablers Zweiter Sinfonie). Er war dazu von Claude Lévi- Strauss’ Strukturbegrff angeregt worden. Komponisten wie Manfted Trojahn oder Detlev Glanert stellen sich in jiimgerer Zeit ebenfalls bewusst der Frage, ob und wie sich Aneignungen der ‘Tradition finden lassen. Zahlrei che Aktualisierungen von Musik der Vergangenheit im Geiste der neuen Musik finden sich bei Salvatore Sciarri- no. Als Stimme hinter Glas lsst er die Musik von Carlo Gesualdo horen, gespiegelt in neuer Klanglichkeit (,Le voci sottovetro fiir Ensemble, Stimme, 1998). Das Mu- siktheater verlangt nach Ausdruckscharakteren, die nicht immer mit den Miiteln der neuen Musik zu erreichen sind. Giorgio Battistelli oder Lucia Roncheti filtern sie ‘quasi aus alteren Werken und verschmelzen sie mit neu- cen musiksprachlichen Mitteln, besser zu sagen: Sie legie- ten sie, vergleichbar wie man Gold mit Kupfer hirtet. Hatten sich im Denken von Komponisten im zwan- zigsten Jahrhundert, zwar nicht in ihren Werken, aber doch in ihrem allgemeinen Anspruch, noch viele Jahr zehnte hindurch die Vorstellungen des die Vergangen- heit dberwindenden, vektorill auf die Zukunft gerichte- ten Zeitpfeils erhalten, so scheint heute eine solche finale Zeitkonstruktion nicht mehr tragfabig, Stattdessen zeigt sich ein weitgespannter Horizont von Zeitvorstellungen. 70 Bend Alois Zimmermann, Intervll und Zeit Aufeitze und Schriften, herausgegeben von Christo Bitter, Mainz: Schot, 1974.96. MusikTexte 148

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