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Prof. Dr.

Bardo Herzig
Silke Grafe

DIGITALE MEDIEN
IN DER SCHULE
STANDORTBESTIMMUNG UND
HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
FÜR DIE ZUKUNFT

STUDIE ZUR NUTZUNG DIGITALER MEDIEN IN


ALLGEMEIN BILDENDEN SCHULEN IN DEUTSCHLAND
Vorwort
Das Jahr 2006 ist für die Deutsche Telekom mit einem ganz be-
sonderen Jubiläum verbunden: Vor zehn Jahren wurde auf Initiati-
ve des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der
Deutschen Telekom der Verein Schulen ans Netz e.V. gegründet.
Das Ziel war damals, alle allgemein bildenden Schulen in Deutsch-
land an das Internet anzuschließen, um so das Lernen und Lehren
mit digitalen Medien nachhaltig zu fördern.
Seit dieser Zeit hat sich viel getan. Digitale Medien haben
längst Einzug gehalten in bundesdeutsche Klassenzimmer – Com-
puter und Internet sind zu Alltagsinstrumenten im Bildungswesen
geworden. Schulen ans Netz und das Engagement der Deutschen
Telekom für leistungsfähige breitbandige IT-Infrastrukturen haben entschei-
dend dazu beigetragen, Schülerinnen und Schülern unabhängig von ihrer sozia-
len Herkunft die notwendige multimediale Kompetenz zu vermitteln. Dies ist
eine entscheidende Schlüsselqualifikation in der heutigen Wissens- und Infor-
mationsgesellschaft – gerade für junge Menschen.
Zehn Jahre Schulen ans Netz – das sind auch zehn erfolgreiche Jahre Public-
Private-Partnership. Für die Deutsche Telekom ist diese Initiative ein heraus-
ragendes Beispiel dafür, wie Staat und Wirtschaft das Land gemeinsam voran-
bringen. Die Deutsche Telekom schafft seit Jahren mit technologischen Innova-
tionen und der hohen Qualität ihrer Produkte und Services professionelle Rah-
menbedingungen für eine moderne Lehr- und Lernkultur. Flankiert von der im
Jahr 2000 ins Leben gerufenen Initiative T@School gelang es bereits bis Ende
2001 34.000 staatliche und staatlich anerkannte Schulen in Deutschland mit
einem kostenfreien Internetanschluss zu versorgen. Heute sind dank T@School
rund 28.000 davon mit modernen Breitbandanschlüssen versorgt.
Anlässlich des zehnjährigen Bestehens von Schulen ans Netz hat die Deut-
sche Telekom die vorliegende Studie bei Prof. Dr. Bardo Herzig vom Institut für
Erziehungswissenschaft der Universität Paderborn in Auftrag gegeben. Die Stu-
die beschreibt die Nutzung digitaler Medien an deutschen Schulen und zeigt
bildungspolitische Handlungsempfehlungen auf. Sie ist eine Standortbestim-
mung und unterstreicht die Bedeutung der schulischen Nutzung digitaler Me-
dien. Gleichzeitig zeigt sie aber auch, dass es künftig vor allem darum geht,
bislang ungenutzte Potenziale in der Praxis auszuschöpfen. Diese Studie soll
positive Impulse für eine bedarfsgerechte Optimierung und Vernetzung beste-
hender Aktivitäten im Bildungsbereich geben.
Die Förderung von Bildung ist seit vielen Jahren ein Schwerpunkt des gesell-
schaftlichen Engagements der Deutschen Telekom. Unsere Aktivitäten sind in-
tegraler Bestandteil des Corporate-Responsibility-Programms „Verantwortung
für morgen”. Darin manifestiert sich auch unser zentraler Anspruch, durch
technologische Innovationen und die Bereitstellung leistungsfähiger Breitband-
netze die Menschen in allen Bereichen der Bildung lebenslang zu unterstützen
und zu begleiten, denn von der Wettbewerbs- und Leistungsstärke unseres Bil-
dungssystems hängt die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft ab. Für die
Deutsche Telekom ist dieses Engagement eine nachhaltige Investition in den
sozialen Fortschritt.

René Obermann
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG
Anlage der Studie
2

Inhalt
1. Vorwort....................................................................................... 4

2. Anlage der Studie ......................................................................... 6


2.1 Auftrag und Zielsetzung ......................................................... 6
2.2 Methodisches Vorgehen .......................................................... 6

3. Potenziale digitaler Medien............................................................. 9


3.1 Begriffsklärungen .................................................................10
3.2 Lernförderliche Potenziale ......................................................13
3.3 Digitale Medien in Erziehungs- und Bildungskontexten ...............15
3.4 Zusammenfassung ...............................................................19

4. Einstellungen gegenüber digitalen Medien .......................................20


4.1 Schülerinnen und Schüler ......................................................20
4.2 Lehrpersonen.......................................................................23
4.3 Schulleitungen .....................................................................28
4.4 Eltern .................................................................................28
4.5 Studierende .........................................................................31
4.6 Zusammenfassung ...............................................................33

5. Medienausstattung und -nutzung an Schulen ...................................35


5.1 Medienausstattung ...............................................................35
5.2 Mediennutzung.....................................................................41
5.3 Zusammenfassung ...............................................................48

6. Wirkungen digitaler Medien ...........................................................51


6.1 Digitale Medien und Fachleistungen.........................................51
6.2 Digitale Medien und Schlüsselqualifikationen ............................64
6.3 Digitale Medien und Unterrichtskultur ......................................68
6.4 Digitale Medien und Schulentwicklung .....................................80
6.5 Forschungsmethodische Konsequenzen....................................86
6.6 Zusammenfassung ...............................................................91

7. Digitale Medien in der Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung ...........95


7.1 Lehrerausbildung..................................................................95
7.2 Lehrerfortbildung..................................................................98
7.3 Zusammenfassung ............................................................. 110

8. Digitale Medien in der Schule im internationalen Vergleich............... 113


8.1 Einstellungen gegenüber digitalen Medien .............................. 113
8.2 Computerausstattung.......................................................... 115
8.3 Computernutzung ............................................................... 119
8.4 Wirkungen auf Fachleitungen und Schlüsselqualifikationen ....... 121
8.5 Wirkungen auf die Unterrichtskultur ...................................... 122
8.6 Wirkungen auf die Schulentwicklung ..................................... 124
8.7 Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung ................................. 125
8.8 Forschungsperspektiven ...................................................... 127
8.9 Zusammenfassung ............................................................. 128
Inhalt
3

9. Digitale Medien im Spiegel von Expertenmeinungen........................131


9.1 Workshop 1 .......................................................................131
9.2 Workshop 2 .......................................................................137
9.2.1 Frühkindliche Medienaneignung ...................................137
9.2.2 Digitale Medien in der Jugendarbeit ..............................145
9.2.3 Digitale Medien in der Erwachsenenbildung....................151
9.2.4 Digitale Medien in der Weiterbildung.............................157
9.2.5 Digitale Medien und Allgemeinbildung ...........................160
9.2.6 Digitale Medien und Urteilsfähigkeit ..............................163
9.2.7 Visuelle Kompetenz als Basisqualifikation ......................165
9.2.8 Digitale Medien und Knowledge Communities.................169

10. Empfehlungen ...........................................................................175

11. Literatur ...................................................................................183

Anhang .........................................................................................191
Anlage der Studie
4

1 Vorwort
Digitale Medien stellen in der heutigen Zeit einen bedeutenden Entwick-
lungsmotor gesellschaftlicher Veränderungen dar. Diskussionen um solche
Veränderungen sind dabei durch technologische, wirtschaftliche und päda-
gogische Sichtweisen geprägt, wobei sich diese Faktoren wechselseitig be-
dingen und Auswirkungen auf den Alltag, den Beruf und die Freizeit haben.
Veränderungen in der Medienlandschaft weisen eine starke Dynamik auf
und stellen für verschiedene gesellschaftliche Bereiche, insbesondere auch
für institutionalisierte Bildungsprozesse, eine dauerhafte Herausforderung
dar.
Ziel der vorliegenden Studie ist es daher, einen Überblick über den Verlauf
und den Stand der Arbeit mit digitalen Medien in allgemeinbildenden Schu-
len in Deutschland zu gewinnen und auf der Basis der vorliegenden Erfah-
rungen Handlungsfelder und -notwendigkeiten für weitere Aktivitäten in die-
sem Bereich zu formulieren.
Die Standortbestimmung basiert auf der Auswertung empirischer Befunde
ausgewählter Studien im Bereich digitaler Medien an Schulen. Grundsätzlich
ist die Bedeutung digitaler Medien aber nicht auf schulisches Lehren und
Lernen beschränkt, sondern spielt z.B. auch in den Bereichen der frühkindli-
chen Erziehung, der Jugendarbeit, der beruflichen Bildung, der Erwachse-
nenbildung oder der Weiterbildung im Kontext lebenslangen Lernens eine
herausragende Rolle. Diese Bereiche sind im Rahmen dieser Studie – mit
dem Fokus Schule – nicht analysiert worden. Daher wurden hierzu ergän-
zend Expertenmeinungen aufgenommen, die die jeweilige Situation in die-
sen Feldern charakterisieren und bewerten und ebenfalls Handlungsnotwen-
digkeiten aufzeigen.

Für die vorliegende Studie ergibt sich daraus folgende Vorgehensweise:


Im anschließenden Kapitel werden Auftrag und Zielsetzung der Studie
sowie die zugrunde gelegte Datenlage und das gewählte Vorgehen näher
erläutert.
Zu Beginn des dritten Kapitels werden zunächst verschiedene Begrün-
dungsmuster für die Verwendung digitaler Medien an Schulen skizziert. Es
folgt eine Typologie digitaler Medien, die eine Einordnung im Hinblick auf
mögliche Funktionen in Lehr- und Lernprozessen erlaubt. Anschließend wer-
den – zunächst aus theoretischer Sicht – potenzielle lernförderliche Wirkun-
gen dargestellt. Diese auf das schulische Lernen fokussierte Perspektive
wird durch eine zusammenfassende Darstellung der Bedeutung digitaler
Medien für weitere Erziehungs- und Bildungskontexte über die Lebens-
spanne aus der Sicht verschiedener Expertinnen und Experten aus diesen
Bereichen erweitert.
Inwieweit die zuvor skizzierten Potenziale digitaler Medien auch von den an
schulischen Lernprozessen Beteiligten als realisierbar und wirksam einge-
Vorwort
5

schätzt werden, steht im Mittelpunkt des vierten Kapitels. Da eine positive


Grundeinstellung gegenüber digitalen Medien eine wichtige – wenn auch
nicht hinreichende – Voraussetzung einer erfolgreichen Arbeit mit digitalen
Medien in der Schule darstellt, werden auf der Grundlage empirischer Daten
die Einstellungen von Schülerinnen und Schülern, Lehrpersonen und Schul-
leitungen sowie von Eltern und Studierenden in den Blick genommen.
Die Verfügbarkeit über eine angemessene Infrastruktur an Schulen und de-
ren Nutzung stellen weitere wichtige Voraussetzungen für die erfolgreiche
Integration digitaler Medien in Lehr- und Lernprozesse dar. Daher werden
im fünften Kapitel zunächst Daten zur Entwicklung der Medienausstattung
an Schulen dargestellt. Im Anschluss erfolgt eine Übersicht zu Basisdaten
der Nutzung digitaler Medien im Unterricht.
Bestimmte Erwartungen an die lernförderlichen Wirkungen einerseits und
Fragen der Infrastruktur und deren Nutzung andererseits legen es nahe,
auch nach empirischen Belegen vorhandener Wirkungen zu fragen. Entspre-
chend stehen verschiedene Wirkungsbereiche – Fachleistungen, Schlüssel-
qualifikationen, Unterrichtskultur und Schulentwicklung – im sechsten Kapi-
tel im Blickpunkt. Da den Studien sehr unterschiedliche Forschungsmetho-
dologien zugrunde liegen, werden abschließend forschungsmethodische
Probleme reflektiert.
Für eine erfolgreiche Integration digitaler Medien sind nicht zuletzt auch die
Fähigkeiten der Lehrpersonen von besonderer Bedeutung, die es in ver-
schiedenen Institutionen anzubahnen und weiterzuentwickeln gilt. Im sieb-
ten Kapitel wird dazu die Situation der Lehrerausbildung und -fortbildung im
Hinblick auf den Erwerb medienpädagogischer Kompetenz genauer beleuch-
tet. Dies erfolgt sowohl bezogen auf die Grundlegung im Rahmen der Erst-
ausbildung an Universitäten und der Ausbildung in Studienseminaren als
auch im Hinblick auf die Weiterentwicklung im Rahmen von Fort- und Wei-
terbildung.
Um die Bestandsaufnahme zur Situation digitaler Medien an Schulen in
Deutschland auch in den Kontext internationaler Entwicklungen einordnen
zu können, werden im achten Kapitel exemplarisch Studien und Programme
sowie Empfehlungen aus internationaler Sicht skizziert.
Ergebnisse eines Expertenworkshops zu Problemlagen in Bezug auf das
schulische Lernen mit digitalen Medien sind im neunten Kapitel dokumen-
tiert. Es folgen die Darstellungen und Einschätzungen der Situation digitaler
Medien in anderen Erziehungs- und Bildungskontexten über die Lebens-
spanne sowie damit verbundene Handlungsempfehlungen durch weitere
Expertinnen und Experten, die an einem zweiten Workshop teilgenommen
haben.
Als Resümee und in Fortführung der Überlegungen aus den dargestellten
Bereichen werden im zehnten Kapitel Handlungsnotwendigkeiten und For-
schungsbedarfe formuliert.

Für die Unterstützung danken wir der Deutschen Telekom AG, dem Bun-
desministerium für Bildung und Forschung und dem Verein „Schulen ans
Netz e.V.”.

Paderborn, im September 2006

Bardo Herzig und Silke Grafe


Anlage der Studie
6

2 Anlage der Studie


2.1 Auftrag und Zielsetzung
Ziele der Ziel der Studie soll sein, eine Einschätzung des Verlaufs und des Stands der
Studie Arbeit mit digitalen Medien in allgemeinbildenden Schulen in Deutschland zu
gewinnen.
Die Studie steht im Kontext des 10-jährigen Bestehens von „Schulen ans
Netz”, einer Initiative des BMBF und der DTAG, mit der das Lehren und Ler-
nen mit Neuen Medien im schulischen Umfeld gefördert wird. Neben Bera-
10 Jahre tung und Qualifizierung in den Bereichen Inhalte, Fortbildung und Technik
„Schulen
ans Netz“ bietet „Schulen ans Netz” (SaN) Publikationen und Veranstaltungen sowie
verschiedene Internetdienste für Lehrkräfte und Schulverantwortliche an.
Neben einer Beschreibung der derzeitigen Situation sollen mit der Studie
darüber hinaus – auf der Basis der vorliegenden Erfahrungen – bildungspoli-
tische Empfehlungen für weitere Aktivitäten in diesem Bereich verbunden
werden. Die Handlungsempfehlungen sollen dabei sowohl bildungspolitische
Institutionen – insbesondere auf Bundesebene – als auch privatwirtschaft-
liche Akteure ansprechen. Nicht zuletzt geht es auch darum, Zukunftsbot-
schaften zu vermitteln und Szenarien zu entwerfen, die dann in konkrete
Maßnahmen von Entscheidungsträgern Eingang finden können.

Arbeits- Die Studie wurde neben der Deutschen Telekom AG als Auftraggeberin vom
gruppe Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) begleitet. Die Erstel-
lung der Studie lag in der Hand der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Bardo
Herzig (Ruhr-Universität Bochum, ab 04/2006 Universität Paderborn).
Beteiligt waren Silke Grafe als wissenschaftliche Mitarbeiterin sowie Julia
Lange, Carolin Marx, Kerstin Sauselin, Carolin Wilms, Jannis Friederich und
Bernd Prenger als studentische Hilfskräfte.

2.2 Datenlage und Vorgehen


Als Datengrundlage für die zu erstellende Studie wurden folgende Studien
Datenbasis vereinbart:
1. Drei Begleitstudien, die Schulen ans Netz zu den pädagogischen und
organisatorischen Perspektiven beim Institut für Schulentwicklungs-
forschung bzw. der Humboldt-Universität Berlin im Jahr 2000 in Auf-
trag gegeben hatte,
2. die internationale IEA-Studie SITES M-2 und die OECD-Studie „ICT
and the quality of learning” (2001/2002),
3. die Studienergebnisse aus den Bertelsmann-Initiativen zu Laptop-
klassen und Medienschulen (2001/2002),
4. die NRW-Evaluation der Landesinitiative „NRW-Schulen ans Netz –
Verständigung weltweit” aus dem Jahr 1998,
5. die Erfahrungen aus dem SEMIK-Programm,
Anlage der Studie
7

6. die vorläufigen Zwischenergebnisse der Evaluation der Laptop-


initiative Niedersachsen,
7. erste Ergebnisse der Evaluation des Lehrer-Online-Dienstes von
Schulen ans Netz und
8. eventuell bemerkenswerte, vergleichbare Studien aus dem europäi-
schen Ausland.
Dieser Grundstock von Studien ist im Hinblick auf die forschungsmethodi- Forschungs-
schen Zugänge insgesamt sehr heterogen. Zum Teil handelt es sich um Er- methodische
Probleme
hebungen, zum Teil um Evaluationen, teilweise aber auch um qualitative
explorative Studien. Eine Metaanalyse solcher Studien – mit dem Ziel, aus
einer Menge von Untersuchungen mit gemeinsamer Thematik durch Zu-
sammenfassung einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu
gewinnen – ist daher aus verschiedenen Gründen nicht möglich (vgl. z.B.
Bortz/Döring 2003, S. 627 ff.):
- Die wenigsten der angegebenen Studien – und auch der darüber hinaus
verwerteten (s.u.) – arbeiten streng quantitativ und lassen einen Vergleich
der zentralen Größe – der Effektstärke1 – nicht zu. Dies wäre insbesondere
bei experimentellen oder quasi-experimentellen Studien zu erwarten, die
im schulbezogenen Bereich der digitalen Medien allerdings so gut wie nicht
anzutreffen sind (vgl. dazu auch die forschungsmethodischen Ausführun-
gen in Abschnitt 6.5).
- Die einzelnen Untersuchungen gehen unterschiedlichen Erkenntnisinteres-
sen nach,
- denen keine gemeinsame Frage, z.B. nach bestimmten Wirkungszusam-
menhängen, zugrunde liegt (sondern die nach verschiedenen Wirkungs-
faktoren fragen),
- die teilweise stärker an der Identifikation von Nebenwirkungen und för-
derlichen oder hinderlichen Rahmenbedingungen interessiert sind als an
der strengen Kontrolle einzelner Variablen oder
- die der Erhebung von Basisdaten und nicht der Prüfung von Hypothesen
oder der Einschätzung von Zielerreichungen dienen.
Die vorliegende Studie kommt einem Vorgehen am nächsten, bei dem nicht
auf der Ebene von statistischen Indikatoren, sondern auf sprachlicher Ebene
Ergebnisse verschiedener Untersuchungen in sogenannten Reviews zusam-
mengefasst werden. Sie dienen der systematischen Übersicht über einen
Forschungsstand, bewerten und interpretieren Forschungsergebnisse, sind
aber nicht auf die statistische Aussage im Sinne der Erhärtung von be-
stimmten nachgewiesenen Effekten ausgerichtet.
Einschränkend in Bezug auf die vorliegende Studie muss allerdings gesagt
werden, dass nicht sämtliche relevanten Untersuchungen einbezogen wer-
den konnten, sondern zunächst die von der Auftraggeberin gewünschten
(insbesondere solche, die im Kontext der Initiative „Schulen ans Netz” ent-
standen sind). Diese Datenbasis wurde von der Arbeitsgruppe noch einmal
deutlich ausgeweitet, um möglichst viele Facetten der Verwendung Neuer
Medien in der Schule zu beleuchten und auch erste vergleichende Aussagen
treffen zu können, wenngleich nur in einzelnen Fällen repräsentative Daten
verfügbar sind.

1
Unter Effektstärke versteht man den Quotienten aus der Differenz der Mittelwerte einer
Versuchsgruppe und einer Kontrollgruppe und der Standardabweichung der Kontrollgrup-
pe. Es handelt sich also um ein auf die Standardabweichung normiertes Abstandsmaß
(vgl. z.B. Glass et al. 1978).
Anlage der Studie
8

Das Vorgehen bei der Erstellung dieser Studie ist dementsprechend eher
Vorgehen
induktiv. Zunächst wurden zu einzelnen Aspekten der Arbeit mit Neuen
Medien in der Schule jeweils die Ergebnisse solcher Studien analysiert, die
im Kontext der Initiative „Schulen ans Netz” stehen. Davon ausgehend wur-
den weitere Studien in den Blick genommen, so dass eine Einordnung der
Ergebnisse aus den SaN-Studien und eine Charakterisierung der Situation
vor dem Hintergrund einer breiteren Informationsbasis möglich werden.
Schließlich erfolgte eine Verortung der Ergebnisse in die aktuelle Diskussion
mediendidaktischer Forschung und in den internationalen Kontext.

Experten- Neben der Analyse wichtiger Studien und Projekte liegen den Empfehlungen
workshops dieses Berichtes zwei Expertenworkshops zugrunde, die gemeinsam mit der
DTAG und dem BMBF veranstaltet wurden. Der erste Workshop diente dazu,
eine Einschätzung zur Arbeit mit Neuen Medien in allgemeinbildenden Schu-
len sowie zu möglichen zukünftigen Entwicklungen zu gewinnen (vgl. Ab-
schnitt 9.1). Der zweite Workshop war inhaltlich deutlich breiter ausgelegt
und bezog die Entwicklungen im frühkindlichen Bereich sowie in der beruf-
lichen Bildung ebenso ein wie die Jugendarbeit, die Erwachsenen- und Wei-
terbildung und Fragen digitaler Kultur und visueller Bildung 19(vgl. Ab-
schnitt 9.2). In methodischer Hinsicht dienten die Workshops auch dazu, die
Ergebnisse der ausgewählten Studien mit Expertenurteilen zu konfrontieren
und so einer gewissen „Validierung” zu unterwerfen.

Die vorliegende Studie ist – zusammenfassend – methodisch keinem Rein-


typ zuzuordnen. Sie enthält synoptische Elemente wie in Review-Studien
ebenso wie interpretierende und schlussfolgernde Aussagen sowie Einschät-
zungen und Empfehlungen zu zukünftigen Entwicklungen bzw. Handlungs-
feldern. Die „Daten”-Basis stellt eine nicht repräsentative Auswahl von
empirischen Studien und Expertengespräche dar, die wiederum mit Ergeb-
nissen der allgemeinen medienpädagogischen – insbesondere medien-
didaktischen – Forschung verbunden sind. So entsteht insgesamt eine Be-
schreibung der Situation zur Arbeit mit Neuen Medien in der Schule, die
zwar nicht in jeder Hinsicht repräsentativ und statistisch abgesichert ist,
jedoch eine zusammenfassende Einschätzung der Situation erlaubt.

Hinweis Zum Sprachgebrauch: In der vorliegenden Studie wird bei der Bezeichnung
von Personengruppen aus Gründen der Lesbarkeit häufig die maskuline
Form verwendet. Damit sind weibliche und männliche Personen in gleichem
Maße angesprochen.
9

3 Potenziale digitaler Medien


Mit der zunehmenden Verbreitung digitaler Medien fanden diese auch Ein-
gang in die Schulen und in inhaltlicher Hinsicht auch in die Lehrpläne und
Curricula (vgl. Herzig 2002, S. 15 ff.). Die Begründungen für eine schulische
Begrün-
Nutzung von bzw. für eine Auseinandersetzung mit Neuen Medien sind un- dungs-
terschiedlich. Hawkridge identifizierte vier populäre Begründungsmuster, die varianten
für digitale
in vielen Fällen auch heute noch anzutreffen sind (vgl. 1990, S. 1 f.): Medien in
- Die gesellschaftliche Begründung (social rationale): Sie beruht auf der An- der Schule
nahme, dass Kinder und Jugendliche in der Schule auf eine Welt vorberei-
tet werden müssen, die zunehmend von Neuen Medien durchdrungen wird.
Im Sinne einer Kulturtechnik müsse auch in diesem Bereich eine entspre-
chende Bildung stattfinden.
- Die berufsbezogene Begründung (vocational rationale): Neben der gesell-
schaftlichen Bedeutung komme den digitalen Medien eine enorme Bedeu-
tung im beruflichen Sektor zu. Die Veränderung der Gesellschaft hin zu
einer Informations- oder Wissensgesellschaft, in der Wissen einen Produk-
tionsfaktor darstellt, erfordere auch die Ausbildung der Heranwachsenden
im Umgang mit grundlegenden Computeranwendungen. Diese Begrün-
dungslinie rekurriert stärker auf pragmatische Fähigkeiten, weniger auf
eine reflektierte und kritische Haltung gegenüber Computern als techni-
sche Artefakte.
- Die pädagogische Begründung (pedagogical rationale): In dieser Argumen-
tationslinie wird auf die Möglichkeiten der Veränderung des Lernens, der
Entwicklung einer neuen Lernkultur und der Verbesserung von Lernergeb-
nissen hingewiesen. Damit verbunden ist auch die Erwartung an die Ent-
wicklung entsprechender Softwareprodukte, z.B. Lehr- und Lernsoftware
oder Werkzeuge zur Kommunikation und Kooperation oder Kollaboration
(s.u.).
- Die „katalytische” Begründung (catalytic rationale): Neue Medien, so wird
im Kontext dieser Begründungsvariante argumentiert, haben auch Wirkun-
gen auf die Veränderung von Institutionen und ihrer Mitglieder. In der
Schule können digitale Medien eine katalytische Wirkung im Rahmen der
Schulentwicklung entfalten. Veränderungen in der Unterrichtskultur sind
damit ebenso angesprochen wie administrative Entwicklungen oder die
Öffnung der Schule nach außen.

Im Rahmen der vorliegenden Studie werden insbesondere empirische Be-


funde zur pädagogischen Erwartung an die Neuen Medien diskutiert. Dabei
geht es weniger um eine abschließende Beurteilung, inwieweit die Hoffnun-
gen und Erwartungen als erfüllt, berechtigt oder angemessen bezeichnet
werden können, sondern um eine Beschreibung der derzeitigen Situation
und die Identifikation von Trendlinien und möglichen und sinnvollen zukünf-
tigen Entwicklungen. Ohnehin muss immer darauf hingewiesen werden,
Potenziale digitaler Medien
10

dass gerade der Bereich der Neuen Medien ein „fluider Bereich” ist, in dem
Ergebnisse im Grunde immer nur Zwischenergebnisse darstellen können.
Darüber hinaus werden die gesellschaftliche und die berufliche Begrün-
dungsvariante aufgegriffen, wenngleich dazu keine empirischen Daten ana-
lysiert wurden (vgl. insbesondere Abschnitt 9.2). Die katalytischen Prozesse
kommen z.B. im Kontext der Schulentwicklung oder der Lehrerbildung zum
Tragen.

Um eine sprachliche Klarheit herzustellen, werden in diesem Abschnitt


zunächst begriffliche Präzisierungen vorgenommen, bevor die Potenziale
Neuer Medien aus der lehr- und lerntheoretischen Perspektive dargestellt
werden. In diesem Schritt geht es also bewusst zunächst darum, theoriege-
leitet zu argumentieren, d.h. noch keine empirischen Daten hinzuzuziehen.

3.1 Begriffsklärungen
Medien- Der Versuch, Medien zu definieren, kann immer nur eine Arbeitsdefinition
begriff
sein, die durch die spezielle, häufig disziplininterne, Sichtweise der jeweili-
gen Autoren geprägt ist. Damit unterliegen solche Begriffsbestimmungen
zum einen der Gefahr, aus anderen Blickwinkeln als dem eigenen
verkürzend zu wirken, zum anderen der Gefahr, auch irreführende oder
problematische Vorstellungen zu erzeugen. Dies gilt insbesondere in inter-
disziplinären Bereichen wie hier im Falle des Lehrens und Lernens mit Me-
dien – einem Spannungsfeld zwischen Lerntheorie, allgemeiner Didaktik,
Entwicklungstheorie, Medientheorie, Medienforschung und Medienpraxis. So
wird beispielsweise häufig die Funktion der Vermittlung oder Übertragung
von Informationen als ein Charakteristikum von Medien betont: Mit Hilfe
z.B. eines Buches – dem Papier als materiellem Träger und den darauf ge-
druckten Buchstaben als Zeichen – lassen sich Informationen übertragen.
Interpretiert man eine solche Vorstellung im Sinne des informationstheore-
tischen Modells von Shannon und Weaver (vgl. 1976), so könnte der Ein-
druck entstehen, Medien enthielten Informationen oder sogar Bedeutungen,
die von einem Individuum zum anderen übertragen werden. Eine solche
Übertragungs- oder Containermetapher ist aus nachrichtentechnischer Per-
spektive sicherlich unbedenklich, aus pädagogischer Sicht aber durchaus
problematisch, weil sie bereits bestimmte – nicht immer konsensfähige –
Auffassungen von Lernvorgängen nahelegt (vgl. Herzig 2002, S. 225 ff.).
Wir verzichten an dieser Stelle auf eine Darstellung möglicher Varianten in
der Bestimmung des Medienbegriffs, sondern verwenden eine Arbeitsdefini-
tion von Medien, die durch den speziellen Fokus auf Lehr- und Lernprozesse
und die technische Bedingtheit von medialen Angeboten beeinflusst ist. Ent-
sprechend verstehen wir Medien als Mittler, durch die in kommunikativen
Zusammenhängen (potenzielle)2 Zeichen mit technischer Unterstützung ge-
speichert, wiedergegeben, angeordnet oder verarbeitet und in abbildhafter
und/oder symbolischer Form präsentiert werden (vgl. z.B. Tulodziecki/
Herzig 2002, S. 64 f.).
2
Mit der Formulierung „potenzielle“ Zeichen soll deutlich gemacht werden, dass durch Me-
dien nur materiale bzw. physikalische Bestandteile von Zeichen übertragen, gespeichert,
wiedergegeben oder verarbeitet werden. Bedeutungen erhalten diese materiellen bzw.
physikalischen Bestandteile erst, wenn sie von den an Kommunikation beteiligten Perso-
nen mit Bedeutung belegt werden.
Potenziale digitaler Medien
11

Die Arbeitsdefinition umfasst traditionelle Medienangebote, z.B. aus dem


Printbereich oder dem audiovisuellen Angebotsbereich, ebenso wie Neue Digitale
Medien. Als „Neue Medien” sollen hier – mit besonderer Akzentsetzung – Medien

computerbasierte Angebote bezeichnet werden. Die entscheidende neue


Funktionalität, die computerbasierte Medien – im Vergleich zu traditionellen
Medien wie Fernsehen, Radio, Video usw. – aufweisen, ist die Möglichkeit
der Verarbeitung. Grundlage dieser Verarbeitung ist die Digitalisierung. Wir
werden daher im Folgenden auch von digitalen Medien sprechen, um deut-
lich zu machen, dass wir unter „neuen” Medien computerbasierte Medien
verstehen.
In vielen Publikationen zu digitalen Medien ist von Informations- und Kom- IKT/ ICT
munikationstechnologien bzw. von Information- and Communication-Tech-
nologies die Rede. Wir werden diesem Sprachgebrauch dort folgen, wo es
sinnvoll ist, und die Abkürzungen IKT bzw. ICT verwenden.

Im Bereich der digitalen Medien werden unterschiedliche Angebote zum Medien-


Lehren und Lernen bereitgehalten. Im Folgenden geben wir einen Über- angebote/
Software-
blick über mögliche Softwaretypen, die im Unterricht oder am häuslichen typen
Arbeitsplatz Verwendung finden können (vgl. Tulodziecki/Herzig 2004, S. 64
ff.).

Lehrprogramme:
Sie sind ausdrücklich für das Selbststudium konzipiert und behandeln in
der Regel einen stark eingegrenzten Themenbereich oder verfolgen ein
eng umrissenes Ziel. Lehrprogramme sollen Inhalte, die für den Nutzer
neu sind, mit Hilfe einer strikten Programmführung vermitteln. Beispiele
sind etwa Programme zur Vermittlung der Prozentrechnung, der neuen
deutschen Rechtschreibung oder der Funktionsweise eines Computers
bzw. zur Einführung in die Buchführung oder in die Linguistik.
Übungsprogramme:
Auch Übungsprogramme beziehen sich zumeist auf einen deutlich be-
grenzten Themenbereich und zeichnen sich ebenfalls durch eine strikte
Programmführung aus. Im Unterschied zu den Lehrprogrammen sollen
mit ihnen jedoch keine neuen Inhalte vermittelt werden, vielmehr soll
eine Anknüpfung an bereits Bekanntes erfolgen. Sie dienen demnach in
erster Linie der Festigung bzw. Automatisierung von Lerninhalten, die im
Unterricht bereits gelernt bzw. gelehrt wurden. Beispiele sind Gramma-
tik- oder Rechtschreibtrainer und Programme zum Automatisieren be-
stimmter Rechenprozesse.
Offene Lehrsysteme:
Bei Lehr- und Übungsprogrammen steht der zu erlernende „Stoff”, bei
offenen Lehrsystemen dagegen die Information im Vordergrund. In offe-
nen Lehrsystemen werden Informationen, die sich in der Regel nicht auf
ein isoliertes Fachgebiet, sondern auf thematische Zusammenhänge be-
ziehen, didaktisch und hypermedial – d.h. multimedial und als vernetzte
Inhaltsstruktur – aufbereitet. Dabei entstehen eher lockere Arrange-
ments von Informationseinheiten, die vom Nutzer frei ausgewählt wer-
den können. Es erfolgt also keine strikte Steuerung durch das Pro-
gramm, sondern es besteht die Möglichkeit, unterschiedliche Lernwege
zu gehen, was den verschiedenen Vorkenntnissen und Lernstrategien der
Potenziale digitaler Medien
12

Nutzer zugute kommen kann. Die größere Bandbreite möglicher Zugriffe


erhöht darüber hinaus die Aussicht, offene Lehrsysteme als Medien in
wechselnden Unterrichtssituationen einsetzen zu können. Beispiele sind
Programme zum Thema Alpen, zum Expressionismus, zur heimischen
Fauna und Flora etc.
Lernspiele:
Lernspiele zielen nicht in erster Linie auf den Erwerb von Wissen oder die
Aneignung von Lösungsstrategien, sondern auf deren Anwendung im
Rahmen pädagogisch sinnvoller Aufgaben. Entsprechend steht im Vor-
dergrund solcher Programme meist eine problemorientierte Situation, die
mit Hilfe des Vorwissens und der Geschicklichkeit des Spielers bzw. der
Spielergruppe verändert und zu einem Ergebnis geführt werden kann.
Die in der Konzeption der Spiele vorgedachten Handlungsräume können
beim Nutzer vielfältige Fähigkeiten und Fertigkeiten aktivieren, z.B.
planvolles Handeln, logisches Denken, Raumvorstellung, Reaktionsver-
mögen, Merkfähigkeit und Ausdauer. Lernspiele können den Lernprozess
unterstützen, weil sie in der Regel einen hohen Motivationsgrad besitzen.
Beispiele sind Programme, die den Nutzer vor die Aufgabe stellen, ein
Gebiet zu besiedeln, einen Kriminalfall zu lösen oder einer Spielfigur aus
einem Missgeschick herauszuhelfen.
Experimentier- und Simulationsumgebungen:
Grundlage solcher Programme ist die Darstellung realer oder fiktiver Zu-
stände im Rahmen eines Modells mit vorgegebenen bzw. modifizierbaren
Parametern. Durch Abwandlung der Parameter bzw. der Parameterwerte
verändern sich die Zustände. Auf diese Weise können entweder Hypo-
thesen geprüft oder ein Veränderungsprozess beobachtet werden. Expe-
rimentier- und Simulationsumgebungen ermöglichen den fiktiven Um-
gang mit real vorhandenen, aber nicht verfügbaren Gegenständen, Ma-
terialien und Situationen und schulen das Denken in Zusammenhängen.
Beispiele sind Fahr- und Flugsimulatoren, naturwissenschaftliche Expe-
rimente sowie Experimente für den gesellschafts- und sozialpolitischen
Bereich.
Kommunikations- und Kooperationsumgebungen:
Sie bieten eine Infrastruktur für den Austausch von Informationen, Er-
fahrungen und Meinungen sowie für die gemeinsame Bearbeitung von
Produkten auch über größere räumliche Distanzen hinweg. Kommunika-
tions- und Kooperationsumgebungen sind deshalb in aller Regel netz-
basiert und stellen neben Funktionen zur Kommunikation auch Funktio-
nen für die Verwaltung von Objekten (Dateien) zur Verfügung. Beispiele
sind die verschiedenen Arbeitsbereiche der Bildungsserver, die Foren in
den Internetpräsentationen von Unternehmen oder webbasierte Platt-
formen im Bereich des E-Learning.
Datenbestände:
Themenbezogene Datenbestände, die online (z.B. im World Wide Web)
und offline (z.B. auf CD-ROM) verfügbar sind, können aus Bildern,
schriftlichen Texten und Tondokumenten bestehen. Diese Datensamm-
lungen sind in der Regel nicht didaktisch aufbereitet. Der Nutzer kann
per Suchwerkzeug auf die Inhalte zugreifen und sich per Verweisstruktur
(Links) innerhalb der Datensammlung oder auch darüber hinaus be-
wegen. Datenbestände können das problemorientierte, selbstständige
Potenziale digitaler Medien
13

Lernen und Arbeiten unterstützen. Beispiele sind Enzyklopädien, Werk-


ausgaben und themenbezogene Websites.
Werkzeuge:
Als Werkzeuge werden solche Programme bezeichnet, die von vornher-
ein themenneutral bzw. nicht an die inhaltliche Seite eines Themas ge-
bunden sind, sondern dazu dienen, Texte, Bilder, Tonfolgen, Filme oder
Simulationen zu gestalten, zu bearbeiten und weiterzugeben. Entspre-
chend stehen Werkzeuge zur Erledigung isolierter Einzelaufgaben zur
Verfügung; sie können aber auch als Programmfunktion in andere Pro-
gramme (z.B. offene Lehrsysteme, Lernspiele, Experimentier- und Simu-
lationsumgebungen oder Kommunikations- und Kooperationsumgebun-
gen) integriert werden. Werkzeuge eignen sich für Lehr-Lern-Prozesse,
in denen das Recherchieren, das Systematisieren, das Bilden von Model-
len und das Präsentieren sowie der Austausch von Informationen gefor-
dert sind. Beispiele sind Textverarbeitungs- und Bildbearbeitungspro-
gramme, Programme für die Entwicklung von Simulation, Tabellenkalku-
lations- und Datenbankprogramme, Programme für die Zwischenablage
von Daten, Suchmaschinen und E-Mail-Programme.
Die hier vorgestellte Klassifikation von Angeboten orientiert sich an ver-
schiedenen grundlegenden Funktionen, die Medienangebote im Kontext von
Lehr- und Lernprozessen übernehmen können. Je nach Kontext finden sich
auch andere Klassifikationen, in denen verschiedene der hier vorgestellten
Grundformen zusammengefasst werden, so z.B. die Differenzierung in
- Lernsoftware (Lehrprogramme, Übungsprogramme, offene Lehrsysteme,
Lernspiele),
- multimediale Nachschlagewerke (Datenbestände),
- Software mit Werkzeugcharakter (Experimentier- und Simulationsumge-
bungen, Kommunikations- und Kooperationsumgebungen) und in geson-
derte Kategorien, wie z.B.
- Programmiersprachen,
- Programme zur Erstellung von multimedialen Anwendungen (Präsenta-
tionsprogramme, Autorensysteme, CAD, …),
- Branchenprogramme (z.B. Finanzbuchhaltung, CNC, CAD, …).

3.2 Lernförderliche Potenziale


Mit Angeboten der oben genannten Art werden – insbesondere im Rahmen
Erwartungen
pädagogisch begründeter Argumentationen – vielfältige Erwartungen an die an digitale
Verbesserung von Lernprozessen und von Lernergebnissen geknüpft. Sie Medien
beziehen sich z.B. auf
- die Veränderung der Lernkultur hin zu einem stärker selbst gesteuerten,
motivierten Lernen, zum Teil in kooperativen Lerngemeinschaften,
- die Veränderung der Unterrichtskultur von einem stark lehrerzentrierten
Unterricht („harte” Treatments) hin zu offeneren Formen („weiche” Treat-
ments) oder
- die Nutzung medialer Funktionen, die über das Präsentieren hinausgehen –
z.B. Selektieren, Speichern, Produzieren und Kommunizieren (vgl. z.B.
Weidenmann 2001, S. 89 ff.).
Im Hinblick auf die Lernergebnisse wird u.a.
- ein höherer Wissenserwerb,
Potenziale digitaler Medien
14

- ein vertieftes Verständnis von Inhalten,


- ein stärker anwendungsbezogenes Wissen oder
- eine geringere Lernzeit
betont.

Lern- Diese Erwartungen lassen sich zum Großteil auf Annahmen zu Wechselwir-
förderliche kungen zwischen bestimmten Medienmerkmalen und Eigenschaften des
Potenziale
Nutzers sowie Kontextmerkmalen der Nutzungssituationen zurückführen.
Dies führt zu folgenden Konkretisierungen von lernförderlichen Potenzialen:
Dezentrale - Dezentralisierung und Deregulierung von Lernorten: Mit Hilfe von compu-
Lernorte
terbasierten, netzunterstützten Angeboten ist der rasche Zugriff auf Ar-
beitsmaterialien unabhängig von Orten ihrer physikalischen Speicherung
und unabhängig von der lokalen Repräsentanz des Lernenden möglich.
Darüber hinaus wird der Zugriff zunehmend nicht mehr durch die Zugehö-
rigkeit zu bestimmten Institutionen oder Organisationen, zeitliche Restrik-
tionen oder bestimmte Infrastrukturen reguliert.
Multicodali- - Multicodalität und Multimodalität: Multimediale Angebote sind in verschie-
tät / Multi- denen Zeichensystemen codiert und sprechen unterschiedliche Sinne an;
modalität
die Angebote umfassen unterschiedliche mediale Formen, z.B. Texte, Gra-
fiken, Bilder, Tondokumente, Videofilme, Programme.
Information - Information on demand und just in time: Informationen können situati-
on demand
onsgerecht dann abgerufen werden, wenn sie benötigt werden. Mit Hilfe
von Breitbandtechnologien können auch in komplexen Arbeits- und Lern-
umgebungen in Echtzeit große Datenmengen übertragen und verarbeitet
werden.
- Adaptivität: Computerbasierte, multimediale Angebote sind in gewissen
Adaptivität Graden anpassungsfähig an die Lernvoraussetzungen der Benutzer. Dies
geschieht z.B. durch die Möglichkeit, bedürfnis- und kenntnisorientiert
eigene Lernwege festzulegen und Lernmaterialien auszuwählen, oder
durch die Auswertung von Benutzereingaben mit Hilfe einer wissensbasier-
ten Datenbank, die dann zur Bereitstellung angemessener Aufgaben, Er-
läuterungen etc. führt.
Inter- - Interaktivität: Multimedia-Angebote ermöglichen die Bearbeitung und kre-
aktivität ative Umgestaltung vorhandener Materialien als Manipulation symbolischer
Objekte (z.B. Bildbearbeitung) sowie die Exploration von symbolischen In-
teraktionsräumen und die Manipulation von darin befindlichen Objekten.
Die verschiedenen Interaktionsformen erlauben auch die Erweiterung der
Lernumgebung z.B. durch das Annotieren von Materialien, durch Einfügen
zusätzlicher Materialien, durch Umstrukturierungen oder durch den Aufbau
und die Veränderung von Verweisstrukturen. Solche Interaktionsstrukturen
sind im Softwaredesign prädeterminiert.
Feed-back - Feedback: Manipulationen von symbolischen Strukturen, z.B. die Eingabe
von Texten, Drag-and-Drop-Aktionen, das Ausfüllen von Skripts o.Ä. füh-
ren zu Rückmeldungen des Systems, die den Lernenden Entscheidungs-
hilfen für weitere Lernaktivitäten (z.B. in einem Planspiel) oder Aufschluss
über den Stand ihrer Kenntnisse geben können.
Kommuni- - Kommunikation und Kooperation: Computerbasierte Anwendungen bieten
kation/
Kooperation
die Möglichkeit, über Telekommunikationsnetze oder bestimmte Internet-
Dienste, z.B. das WorldWideWeb, mit anderen in Verbindung zu treten, zu
kommunizieren (z.B. E-Mail, Chat, Newsgroup, Videokonferenz) oder ge-
Potenziale digitaler Medien
15

meinsam an bestimmten Aufgaben zu arbeiten (z.B. CSCW – Computer


Supported Cooperative Work, CSILE – Computer Supported Intentional
Learning Environment).
- Entlastung von Routinetätigkeiten: Computerbasierte Angebote tragen ins- Entlastung
von Routine
besondere in ihrer Funktion als Werkzeug zur Entlastung solcher Routine-
tätigkeiten bei, die für den Lehr- und Lernprozess irrelevant sind, z.B. die
Durchführung komplexer Rechenvorgänge oder in ihrer Funktion als „ex-
ternes Gedächtnis”3.
- Sanktionsfreie Räume: Mit Hilfe computerbasierter Lern- und Arbeitsum-
gebungen lassen sich virtuelle Räume schaffen, in denen Manipulationen Virtuelle
Räume
an symbolischen Objekten vorgenommen werden können, ohne das Risiko
problematischer Auswirkungen solcher Handlungen an originalen Objekten
in Kauf nehmen zu müssen. Dies gilt z.B. für virtuelle Laboratorien und
Experimentierumgebungen, den Umgang mit gefährlichen oder begrenzt
verfügbaren Stoffen ebenso wie für die Simulation medizinischer, biologi-
scher, ökonomischer oder sozialwissenschaftlicher Prozesse. Grundsätzlich
lassen virtuelle Umgebungen und andere multimediale Angebote – abseits
von ethischen Problemen – Fehler zu, die im sozialen Nahraum nicht sank-
tioniert werden, d.h. für den Benutzer keine realen Folgen haben.
- Erkenntnismittel: Computerbasierte Angebote können nicht nur in Lehr- Erkenntnis-
und Lernprozessen z.B. für Schülerinnen und Schüler förderlich wirken, instrument
sondern auch Experten zur weiteren Erkenntnisgewinnung dienen. So sind
beispielsweise wesentliche Erkenntnisfortschritte in der experimentellen
Mathematik durch den Einsatz computerbasierter Systeme begünstigt wor-
den, ebenso wie z.B. in der Physik die Aufnahme, Verarbeitung und Dar-
stellung von Messwerten oder Daten durch multimediale Angebote – etwa
bei der Berechnung und Visualisierung von Verhaltensaspekten dissipativer
Systeme – letztlich Erkenntnisgewinn beschleunigen oder gar erst ermögli-
chen.

Die Veränderung des Lernens durch digitale Medien wird häufig auch lern- Neue
Lernkultur
theoretisch begründet – etwa in der sprachlichen Wendung vom „Lernen mit
Neuen Medien” zum „Neuen Lernen mit Medien”. Entsprechende Begrün-
dungen rekurrieren darauf, dass auch die Gestalter von Lernsoftware eine
bestimmte Auffassung vom Lernen haben und diese implizit in dem jeweili-
gen Angebot zum Tragen kommt. So ist beispielsweise ein „Drill-and-
practice-Programm” wie ein Vokabeltrainer häufig nach einer stärker beha-
vioristischen Auffassung im Sinne des instrumentellen Lernens gestaltet,
wohingegen offene Lehrsysteme deutlicher die eigene Konstruktion von
Wissen in authentischen Umgebungen betonen und damit gemäßigt-
konstruktivistischen Auffassungen vom Lernen nahe kommen.

3.3 Digitale Medien in Erziehungs- und Bildungskontexten


Die bisher beschriebenen Funktionen und Potenziale digitaler Medien sind
Ausweitung
aus einer stärker mediendidaktischen Perspektive im Hinblick auf die Verän- der
derung von Lehr- und Lernprozessen in der Schule formuliert. Es liegt auf Perspektive
der Hand, dass digitale Medien nicht allein unter dem Blickwinkel ihrer

3
Vgl. dazu Keil-Slawik 1990.
Potenziale digitaler Medien
16

Bedeutung für die Verbesserung von Lernprozessen diskutiert werden dür-


fen. Diese Schwerpunktsetzung in der vorliegenden Studie ist dem Auftrag
der Studie geschuldet, auf die Mediennutzung im schulischen Kontext und
entsprechende empirische Daten zu fokussieren und dabei im Wesentlichen
allgemeinbildende Schulen zu betrachten.
Eine umfassendere Würdigung digitaler Medien muss sich aber auch auf an-
dere Erziehungs- und Bildungskontexte über die Lebensspanne beziehen,
etwa die frühkindliche Bildung, die Jugendarbeit, die berufliche Bildung und
die Erwachsenen- und Weiterbildung. Darüber hinaus lassen sich Potenziale
digitaler Medien in ihrer grundsätzlichen kulturellen Bedeutung und ihrem
allgemeinbildenden Wert reflektieren.
Mit einer solchen Aufweitung der Perspektive gerät neben didaktischen Fra-
gen auch die Medienerziehung in den Blick, d.h. die Frage, wie eine bildende
Auseinandersetzung von Kindern und Jugendlichen oder auch Erwachsenen
mit Medien angeregt und unterstützt werden kann.

Im Folgenden werden entsprechende Bildungsaspekte und Bildungsbereiche


Experten- aufgegriffen. Dabei werden zunächst verschiedene Kompetenzbereiche ver-
statements
tieft, bevor solche Bildungsbereiche angesprochen werden, die neben der
Schule für das Lernen mit digitalen Medien besondere Bedeutung haben.
In Abschnitt 9.2 der vorliegenden Studie werden diese Aspekte ausführ-
licher als Expertenstatements dargestellt, so dass hier ein kurzer Problem-
aufriss genügt.

Digitale Reduziert man die schulische Auseinandersetzung mit digitalen Medien nicht
Medien und auf mediendidaktische Fragen – und damit im engeren Sinne auf Möglich-
Allgemein-
bildung
keiten der Verbesserung von Lernprozessen –, dann geraten weitergehende
Aufgaben in den Blick, die die im Begriff der „digitalen Kultur” ausgedrück-
ten Veränderungen betreffen. Digitale Medien schaffen neue Bedingungen
des Selbst- und Weltverständnisses und werden von Kindern und Jugendli-
chen insbesondere in Prozessen informellen Lernens erschlossen. Über diese
Form des Wissenserwerbs und über Möglichkeiten, sie mit institutionalisier-
ten Lernprozessen zu verbinden, ist bisher wenig bekannt. Die Auseinander-
setzung mit digitalen Medien sollte daher auch selbst Eingang in den schuli-
schen Alltag finden und die Grundlage für ein Basisverständnis des Zusam-
menhangs zwischen Kultur und Technik geschaffen werden (vgl. Schelhowe,
Abschn. 9.2.).

Bisherige schulische Bildungsprozesse lassen sich durch eine gewisse Ge-


Digitale schlossenheit charakterisieren, die nicht zuletzt auch in entsprechend kodifi-
Medien und
Urteils- ziertem zu vermittelnden Wissen in Lehrbüchern ihren Ausdruck findet. Die-
fähigkeit se Situation ändert sich, wenn Unterricht sich durch den Einbezug digitaler
Medien – insbesondere des Internets – öffnet und damit einen Teil solcher
Geschlossenheit verliert. Informationen, die in Unterrichtssituationen von
Lernenden online erschlossen werden, sind nicht mehr redaktionell bearbei-
tete und didaktisch reduzierte Informationen und stellen die Lehrenden vor
eine besondere Herausforderung. Solche Informationen müssen bewertet
werden, sie erfordern Stellungnahme und machen das Spektrum unter-
schiedlicher Standpunkte deutlich. Gleichzeitig wird deutlich, dass letztlich
auch das Ziel darin bestehen muss, Schülerinnen und Schüler dazu zu befä-
Potenziale digitaler Medien
17

higen, Medienangebote in kritischer Weise zu reflektieren, zu bewerten und


bedürfnisbezogen zu nutzen (vgl. Coy, Abschn. 9.2.).

Mit der Entwicklung der Massenmedien wurde dem Bild als visuellem Ge- Visuelle
genstand erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt und die Entwicklung visueller Kompetenz
als Basis-
Kompetenz propagiert, um der Gefahr eines visuellen Analphabetismus zu kompetenz
entgehen und der Macht der Bilder nicht zu erliegen. Mit der Entwicklung
digitaler Medien und der Diskussion um den pictorial oder iconic turn rückte
auch die Bedeutung von Bildern – neben der Kunst – in den Naturwissen-
schaften und den Geisteswissenschaften stärker ins Bewusstsein. Zur akti-
ven, kritischen und bewussten Wahrnehmung von Bildern sowie zur Selekti-
on im Rahmen einer zunehmenden Flut von Bildern ist daher eine besonde-
re Kompetenz erforderlich, die es als Basiskompetenz im Sinne einer ästhe-
tischen Erziehung auszubilden gilt (vgl. Walch, Abschn. 9.2.).

Fragen des Umgangs mit Medien und der Medienaneignung sind nicht erst
Frühkindli-
mit dem Eintritt ins Schulalter relevant, sondern insbesondere in der ent- che Medien-
wicklungs- und ereignisreichen Phase der frühen Kindheit besonders be- aneignung
deutsam. Von der anfänglichen Wahrnehmung von Medien als auditive oder
visuelle Reizquellen über die Entwicklung von medialen Wünschen und Vor-
lieben, erste Formen der eigenständigen Medienaneignung bis hin zur akti-
ven Arbeit mit Medien sind verschiedene Phasen der kindlichen Auseinan-
dersetzung mit Medien zu begleiten. Erste Kontakte finden im Elternhaus
statt, sind allerdings deutlich abhängig vom Bildungsstand der Erziehenden.
Dies bedeutet, dass Kleinkinder aus bildungsfernen Schichten eher der Ge-
fahr ausgesetzt sind, problematische Mediengewohnheiten und risikoreiche
Medienvorlieben zu entwickeln. Entsprechend kommt den Kindertagesstät-
ten eine hohe Verantwortung zu, Kinder bei ihrer Medienaneignung im me-
dienerzieherischen Sinne systematisch zu begleiten. Dabei sollten Kinder
befähigt werden, Medien als Orte des informellen Lernens, als Mittel der
Weltaneignung und als Gegenstand kritischer Beurteilung gewinnbringend
für die eigene Lebensgestaltung zu nutzen. In struktureller Hinsicht erfor-
dert dies eine Verbesserung der medienpädagogischen Ausbildung von Er-
zieherinnen und Erziehern sowie eine Verzahnung von familiärer Mediener-
ziehung und professioneller Medienkompetenzförderung in pädagogischen
Einrichtungen (vgl. Theunert/Demmler, Abschn. 9.2.).

Kindliche Medienaneignung setzt sich in der Jugendphase fort und führt zu


Jugend-
verschiedenen – ebenfalls bildungsabhängigen – Formen der Mediennut- arbeit
zung. Medien stellen für Jugendliche Orte informellen Lernens außerhalb
institutionalisierter Lernprozesse dar. Sie nutzen Medien zur Orientierung
für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit, als Informations- und Wissensquelle
und zur Entwicklung von (Medien-)Kompetenz. Diskrepante Fähigkeiten Ju-
gendlicher, Informations- und Wissensangebote zu erschließen oder sich in
bestimmte Jugendkulturen aktiv und gestaltend einzubringen, leisten aller-
dings einer Ausweitung der Wissenskluft zwischen bildungsbevorzugten und
bildungsbenachteiligten Jugendlichen Vorschub. Eine wichtige Aufgabe der
außerschulischen Jugendarbeit ist daher die Bereitstellung von Handlungs-
räumen, in denen Jugendliche medienbezogene Erfahrungen machen und
mediale Handlungsoptionen erproben können. Als besonders erfolgreich
hat sich dabei die aktive Medienarbeit erwiesen. Diese Bemühungen gilt es
Potenziale digitaler Medien
18

durch die Herstellung geeigneter Rahmenbedingungen und die Verankerung


von medienpädagogischen Ausbildungsangeboten bei Pädagoginnen und
Pädagogen zu verstärken (vgl. Schell, Abschn. 9.2.).

Berufliche In besonderer Weise wird auch die berufliche Alltagspraxis durch eine „digi-
Bildung tale Kultur” geprägt und stetig verändert. Für die berufliche Bildung stellt
sich insbesondere die Aufgabe, die Durchdringung der Arbeitssysteme durch
Informations- und Kommunikationstechnologien und den sich daraus erge-
benden Wandel der Aufgaben zu analysieren und zu reflektieren. Diese
Durchdringung lässt zunehmend die Grenzen zwischen Arbeiten und Lernen
verschwinden. Der Fokus liegt nicht mehr auf der Beherrschung eines Ar-
beitssystems, sondern auf der Entwicklung der Fähigkeit, mit Hilfe digitaler
Technologien im Arbeitsprozess bestimmte Probleme zu lösen. Entspre-
chend stellt sich für die berufliche Bildung die Aufgabe, arbeitsprozessbezo-
genes Lernen mit Hilfe digitaler Medien durch geeignete Lehr- und Lern-
arrangements zu unterstützen, die auch einer an den spezifischen Belangen
der Lebens- und Arbeitswelt orientierten Lernkultur Rechnung tragen, also
einen hohen Kontextbezug aufweisen (vgl. Spöttl/Becker, Abschn. 9.2.).

Weiter- Dass eine Ausbildung im Sinne des Erreichens verschiedener Qualifikationen


bildung
nicht das Ende von Lernprozessen markiert, darauf deutet die Weiterbildung
hin, die seit jeher dem lebenslangen Lernen verpflichtet ist. Weiterbildungs-
prozesse unterliegen besonderen Rahmenbedingungen, z.B. in ihrer Organi-
sation als Fernstudium, als berufsbegleitendes Lernen oder als Weiterbil-
dung in der Freizeit. Es ist nahe liegend, die Möglichkeiten digitaler Medien
– und hier insbesondere des Internets – für die Unterstützung solcher Lern-
prozesse zu nutzen. Dies erfordert verschiedene Bemühungen im Bereich
Forschung und Entwicklung, Infrastruktur und Qualifizierung. Die bisher un-
zureichend geklärten Fragen reichen von der Entwicklung einer spezifischen
Didaktik, die geeignet ist, Kompetenzentwicklung in netzbasierten Lern-
prozessen anzuregen und zu fördern, über angemessene Aufbereitung von
Standardthemen der Weiterbildung bis zu Qualifikationsprofilen entspre-
chender Weiterbildner (vgl. Arnold, Abschn. 9.2.).

Erwachse- Neben der Weiterbildung besteht auch in der Erwachsenenbildung Hand-


nenbildung
lungsbedarf, z.B. in der politischen Bildung, in der kulturellen Bildung, in der
Grund- oder Sprachenbildung die Auseinandersetzung mit digitalen Medien
– in ihrer Bedeutung als Kulturtechnik und als Voraussetzung zur gesell-
schaftlichen Teilhabe – verstärkt zu fördern. Insbesondere diejenigen Er-
wachsenen, die nicht über die berufliche Weiterbildung erfasst werden,
müssen in der Breite die Möglichkeit erhalten, Kompetenzen zu erwerben,
die ihnen eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und einen
eigenständigen Zugang zu Bildungsangeboten ermöglichen (vgl. Stang,
Abschn. 9.2.).

Digitale Die besondere Bedeutung digitaler Medien für Erziehungs- und Bildungspro-
Medien und
Knowledge
zesse in allen Lebensphasen lässt sich auch an spezifischen Funktionalitäten
communi- der Medien festmachen. In der so genannten social software liegt beispiels-
ties weise ein großes Potenzial digitaler Medien im Hinblick auf die Zusammen-
führung von Menschen – sowohl in der Schule als auch in der beruflichen
Bildung, der Erwachsenenbildung und Weiterbildung oder in der Jugend-
arbeit. In informellen, nicht institutionalisierten Kontexten etablieren sich
Potenziale digitaler Medien
19

bereits selbstorganisierende Gemeinschaften, in denen die beteiligten Per-


sonen unter hoher Identifikation mit der community netzbasiert gemeinsam
Wissen konstruieren und weitergeben. Solche Prozesse und ihren autopoie-
tischen Charakter auch in institutionellen Kontexten fruchtbar werden zu
lassen, stellt eine besondere bildungspolitische Herausforderung dar (vgl.
Creß/Hesse, Abschn. 9.2.).

3.4 Zusammenfassung
Mit der Verbreitung von digitalen Medien als selbstverständlicher Bestandteil
der beruflichen und privaten Lebenswelt ging auch verstärkt die Forderung
nach einer schulischen Nutzung solcher Technologien einher. Die Begrün-
dungsmuster rekurrieren im Wesentlichen auf die allgemeine gesellschaft-
liche Bedeutung, auf die zukünftige berufliche Relevanz digitaler Medien, auf
die pädagogische Wirkung im Hinblick auf eine Verbesserung des Lernens
und der Lernergebnisse und auf das Veränderungspotenzial, das in Institu-
tionen wie der Schule damit ausgelöst werden könne.
Im Rahmen der vorliegenden Studie stehen die pädagogischen Möglich-
keiten und Wirkungen im Vordergrund. Digitale – d.h. computerbasierte –
Medien treten in der Schule in Form von verschiedenen Anwendungen in
Erscheinung. Diese reichen von Lehr- und Übungsprogrammen, Datenbe-
ständen und Werkzeugen über Lernspiele und offene Lehrumgebungen, Ex-
perimentier- und Simulationsumgebungen bis hin zu komplexen Kommuni-
kations- und Kooperationsumgebungen. Entsprechend vielfältig sind mög-
liche unterrichtliche Verwendungsformen und damit verbundene Lernaktivi-
täten. Erwartungen an eine lernförderliche Wirkung verbinden sich u.a. mit
bestimmten Funktionalitäten und Eigenschaften, die digitalen Medien bzw.
ihren spezifischen Angeboten eigen sind. Neben der auf unterschiedlichen
Codierungsarten beruhenden und verschiedene Sinnesmodalitäten anspre-
chenden Gestaltung von Lernangeboten sind dies beispielsweise der inter-
aktive Umgang mit Lernobjekten, Möglichkeiten der Adaption an bestimmte
Lernvoraussetzungen, Rückmeldungen zu einzelnen Lernaktivitäten, explo-
rierende und simulierende Handlungen oder der netzbasierte Aufbau von
ortsverteilten Lerngemeinschaften in virtuellen Räumen. Inwieweit solche
Potenziale ausgeschöpft werden, welche Nutzungsformen und -szenarien
vorherrschen und ob sich die Erwartungen an die Veränderung von Lern-
kultur und Lernergebnissen auch erfüllen, ist eine empirische Frage, die in
den nachfolgenden Kapiteln erhellt werden soll.

Digitale Medien sind letztlich nicht nur für schulische Lehr- und Lernprozes-
se bedeutsam, sondern durchziehen alle Phasen der Entwicklung in unter-
schiedlicher Weise. Mit der Fokussierung auf Schule ist demnach eine
Schwerpunktsetzung gewählt, die nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass
z.B. in der frühkindlichen Bildung, in der Jugendarbeit, in der Weiterbildung
und in der Erwachsenenbildung digitale Medien ebenso eine herausragende
Rolle spielen und ebenfalls vielfältige Herausforderungen und Anforderun-
gen stellen. In der vorliegenden Studie konnten diese Bereiche nicht ver-
tiefend unter Einbezug entsprechender Studien analysiert werden. Sie sind
daher in einzelnen Expertenstatements zusammenfassend dargestellt und
beurteilt (vgl. Abschnitt 9.2).
Einstelllungen gegenüber digitalien Medien
20

4 Einstellungen gegenüber
digitalen Medien

Digitale Medien bieten Funktionalitäten und besitzen Eigenschaften, die


grundsätzlich in gewinnbringender Weise für Lernprozesse genutzt werden
können. Was lerntheoretisch gut begründet werden kann und daher zu
Recht als lernförderliches Potenzial ausgewiesen wird, findet aber nicht au-
tomatisch auch Anwendung bzw. Umsetzung. Der Einsatz digitaler Medien
im Unterricht ist nicht zuletzt auch davon abhängig, welche Beutung ihnen
von schulischen Akteuren zugemessen wird. In diesem Kapitel werden da-
her die Einstellungen verschiedener Personengruppen gegenüber digitalen
Medien in den Blick genommen, um eine Einschätzung des „Medienklimas”
zu ermöglichen. Neben den unmittelbar am Unterricht Beteiligten (Schüler
und Lehrpersonen) werden auch die Schulleitungen und Eltern und – über
den Schulbereich hinausgehend – Studierende betrachtet.

4.1 Schülerinnen und Schüler


In einer Auswertung der (repräsentativen) PISA-Studie 2003 (Learning for
PISA 2003 Tomorrow’s World – First Results from PISA und Problem Solving for Tomor-
row’s World – First Measures of Cross-curricular Competencies from PISA
2003) hat die OECD Daten zum Umgang mit Informations- und Kommuni-
kationstechnologien (IKT) sowie zu Zusammenhängen zwischen IKT und
Schulleistungen zusammengestellt (vgl. OECD 2006a). Im fächerübergrei-
fenden Teil des PISA-Fragebogens wurden die 15-jährigen Schülerinnen und
Schüler u.a. nach ihren Einstellungen zu Neuen Medien gefragt. Zu den vier
Statements
- „Es ist sehr wichtig für mich, mit einem Computer zu arbeiten”
- „Mit einem Computer zu arbeiten oder zu spielen, macht Freude”
- „Ich benutze einen Computer, weil ich sehr viel Interesse daran habe”
- „Ich verliere die Zeit aus den Augen, wenn ich mit dem Computer arbeite”
Positive
wurden die Lernenden gebeten, den Grad ihrer Zustimmung anzugeben. Die
Grundein- Ergebnisse zeigen, dass deutsche Schülerinnen und Schüler im Durchschnitt
stellung eine vergleichsweise positive Grundeinstellung gegenüber digitalen Medien
haben (positiver als ca. 60% der Schüler aller OECD-Staaten, vgl. OECD
2006a, S. 107)4. Der Wert wird nur von Polen und Portugal übertroffen.

4
Die Antworten wurden zu einem Mittelwert verrechnet, der normiert wurde. Ein Wert von
-1 bedeutet, dass ein Schüler eine positivere Einstellung gegenüber Computern hat als ca.
ein Sechstel der internationalen Gesamtstichprobe, ein Wert von +1 bedeutet entspre-
chend eine positivere Einstellung als ca. 84% der Gesamtpopulation. Die Normierung er-
folgt über z-Werte, so dass der Mittelwert für alle Schüler der OECD-Staaten 0 ist und die
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
21

Allerdings zeigt sich in den Einstellungen ein signifikanter geschlechtsspezi-


fischer Bias. Deutsche Schülerinnen stehen Computern durchschnittlich
positiver als knapp die Hälfte aller OECD-Schülerinnen und Schüler gegen-
über, deutsche Schüler haben durchschnittlich jedoch positivere Einstellun-
gen als 71% der Gesamtpopulation. Mit Ausnahme Japans ist dieser signifi-
kante Unterschied in allen OECD-Ländern zu beobachten (vgl. ebd.). Eine Ge-
schlechts-
Analyse der Daten zeigt weiter, dass die computerbezogenen Einstellungen spezifischer
neben dem Faktor Geschlecht insbesondere von der Verfügbarkeit über Effekt
einen Computer zu Hause, der Häufigkeit der Computernutzung und dem
autodidaktischen Vorgehen bei der Computernutzung beeinflusst werden. In
Deutschland beträgt die Varianzaufklärung durch den Faktor Geschlecht
7,2% – der zweithöchste Wert in allen OECD-Staaten. Die anderen Faktoren
klären mit ein bis zwei Prozentpunkten auf, also deutlich niedriger. Insge-
samt beträgt die Varianzaufklärung 13,4% (einschl. der Wechselwirkungen
zwischen den genannten Faktoren).

Schulen
ans Netz
Computer im Unterricht machen das Lernen leichter

Der Mensch wird immer abhängiger von Computern

Wissen über Computer gehört zur Allgemeinbildung

Ich werde in einem späteren Beruf viel mit Computern zu tun


haben

0 20 40 60 80 100

Darstellung 4.1: Persönliche Einstellungen von Schülerinnen und Schülern zu IKT (Schulz-
Zander et al. 2000, S. 31; n=943, Angaben in Prozent, Kategorien
„stimme voll/eher zu”)

In der Evaluation des Projektes „Schulen ans Netz” aus dem Jahr 2000 wird
ebenfalls über die Einstellungen der Schüler zu Informations- und Kommu-
nikationstechnologien berichtet (vgl. Schulz-Zander et al. 2000). In einer –
für die bis Februar 1998 geförderten 6038 SaN-Schulen repräsentativen –
Erhebung messen Schülerinnen und Schüler dem Computer in der Gesell-
schaft und in der schulischen Umwelt eine hohe Bedeutung bei. Dabei erzie-
len die allgemeine Wichtigkeit von Computer und Internet und ihr Einsatz in
der Schule die höchsten Zustimmungswerte (vgl. Darstellung 4.1).

Standardabweichung 1 ist. Dies bedeutet, dass ungefähr zwei Drittel der Schüler Werte
zwischen -1 und +1 aufweisen (vgl. nachfolgende Grafik).
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
22

Ebenfalls nach den Erwartungen an das Lernen mit digitalen Medien, in die-
Laptop- sem Fall mit Laptops, wurden Schüler in einer Einzelfallstudie von Rein-
Studie
mann/Häuptle (2006) gefragt, die sich mit den Wirkungen des Notebook-
Einsatzes auf Unterricht, Lernen und Schule auseinandersetzt. Drei deut-
sche Hauptschulklassen mit Notebooks (davon eine Klasse mit zweijähriger
Notebook-Erfahrung) wurden in einem quasi-experimentellen Design (Paral-
lelklassen als Kontrollgruppen) mit quantitativen und qualitativen Methoden
zu Beginn und zum Ende des Schuljahres (2004/2005) evaluiert.
Zu Beginn der Untersuchung wurden die Schüler der Laptop-Klassen ge-
fragt, welche Erwartungen sie an das Lernen mit Laptops knüpfen. Die Er-
gebnisse (vgl. Darstellung 4.2) zeigen, dass insbesondere die Hoffnungen
auf eine Verbesserung des Unterrichts, mehr Selbstständigkeit und bessere
Chancen auf dem Arbeitsmarkt dominieren.
Vergleicht man die Ergebnisse der Repräsentativstudien mit dieser Einzel-
fallstudie, so zeigen sich eine vergleichsweise hohe Bedeutsamkeit im beruf-
lichen Bereich und ebenfalls eine hohe Einschätzung der Möglichkeiten zur
Verbesserung von Unterricht. Interessant ist der hohe Wert im Item Selbst-
ständigkeit, der vermutlich auf das Medium Notebook und die damit ver-
bundenen Erwartungen an den eigenständigen, unabhängigen und flexiblen
Umgang mit dem Gerät zurückzuführen ist.

90
78
80 72
70
60 51
50 40
37 37 38
40
30 23 22 25 25 25
21 1817
20 15
9 8
3 0 5 2 5 0
10 0 0 2 0 3 0
0
werden besser

Man lernt lieber

Man hat mehr


Der Unterricht

und nicht kann

selbstständiger
berücksichtigt,

Arbeitsmarkt
Chancen auf
Es wird mehr

was ich kann


wird besser

Schulnoten

Man wird

dem

ja, vorwiegend zum Teil nein, eher nicht weiß nicht keine Angabe

Darstellung 4.2: Einstellungen bzw. Nutzen-Erwartung von Schülern im Hinblick auf den
Notebook-Einsatz (Reinmann/Häuptle 2006, S. 24; Angaben in Prozent,
n = 65)
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
23

4.2 Lehrpersonen

Im Rahmen der Evaluation des Projekts „Schulen ans Netz” wurden Lehr- Schulen
personen u.a. nach der Bedeutung gefragt, die sie den Informations- und ans Netz

Kommunikationstechniken zusprechen. Die Ergebnisse der 248 befragten


Lehrpersonen5 zeigen, dass im Bereich des Unterrichts insbesondere
- die Förderung von Motivation und Lernfreude,
- die Befähigung zum selbstständigen Arbeiten,
- die Befähigung zum projektorientierten Arbeiten,
- das Erlernen von Methoden der Informationsgewinnung und -analyse und
- die Förderung von Medienkompetenz
erwartet werden (vgl. Schulz-Zander et al. 2000, S. 33; Darstellung 4.3).
Deutlich geringer werden Möglichkeiten eingeschätzt, soziale Fähigkeiten zu
entwickeln, schwächere Schüler zu fördern und Chancengleichheit von Jun-
gen und Mädchen herzustellen. Auffällig ist, dass die Lehrpersonen, die re-
gelmäßig digitale Medien (insbesondere das Internet) nutzen, signifikant
positivere Erwartungen an den Einsatz von IKT im Unterricht haben.

Förderung der Chancengleichheit von Mädchen und Jungen

Förderung schwächerer Schüler in besonderem Maße

Entwicklung sozialer Fähigkeiten und Empfindsamkeiten

Befähigung zu projektorientiertem Arbeiten

Befähigung zu Gruppen- und Teamarbeit

Befähigung zu eigenverantwortlichem Arbeiten

Befähigung zu selbstständigem Arbeiten

Förderung von Lernfreude und Motivation

0 20 40 60 80 100

regelmäßige Nutzer (n=128) unregelmäßige Nutzer (n=120)

Darstellung 4.3: Einstellungen von Lehrpersonen zu Computer und Internet (vgl. Schulz-
Zander et al. 2000, S. 33; Angaben in Prozent; Kategorien „trifft voll/
eher zu”)

In der Evaluation der „e-nitiative.nrw” gaben die im Jahr 2003 befragten e-nitiati-
Lehrkräfte ebenfalls eine für die berufliche Zukunft sehr hohe Bedeutung ve.nrw
digitaler Medien an, ebenso im Hinblick auf die Ziele der Förderung
von Selbstverantwortung, individueller Lernerfahrung und interessanter Un-
terrichtsgestaltung (vgl. Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 60).
Deutliche Skepsis herrscht in Bezug auf die Bedeutung Neuer Medien zur
Förderung von Kooperation, fachspezifischen Leistungen und handlungs-
orientiertem Unterricht (vgl. Darstellung 4.4). Auffällig ist hierbei, dass sich

5
Die Lehrpersonen stellen eine nach Bundesländern und Schulformen quotierte Stichprobe
der bundesweit 6038 geförderten SaN-Schulen dar (vgl. Schulz-Zander 2001, S. 185 f.)
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
24

die sehr hohen Bedeutsamkeitswerte zunächst auf solche Ziele beziehen,


die das Individuum betreffen. Skeptischer wird die Bedeutung der digitalen
Medien in den Fällen eingeschätzt, in denen stärker auch die didaktischen
Kompetenzen der Lehrpersonen gefragt sind, z.B. in der Unterstützung bzw.
Initiierung von Kooperation, von Handlungsorientierung oder von Binnendif-
ferenzierung. Mit Bezug auf die o.g. Ergebnisse einer hohen Bedeutung digi-
taler Medien für das projektorientierte Arbeiten liegt die Vermutung nahe,
dass viele Lehrpersonen mit dem Projektunterricht bereits Erfahrungen
haben und daher dort positive Möglichkeiten des Medieneinsatzes sehen.
Binnendifferenzierende Maßnahmen sowie kooperatives und kollaboratives
Arbeiten mit digitalen Medien dürften hingegen bisher eher die Ausnahme
darstellen.

völlig/ eher eher/ sehr


teils/ teils
unwichtig wichtig n
Vorbereitung Beruf 3% 14% 83% 1258
Verbesserung Leistung 21% 48% 32% 1257
Berücksichtigung unterschiedlicher 16% 43% 41% 1255
Leistungsniveaus
Förderung kooperativen Lernens 34% 30% 27% 1250
Förderung Selbstverantwortung/ 10% 29% 61% 1253
Selbstorganisation
Förderung handlungsorientierten 26% 34% 41% 1251
Lernens
Interessante Gestaltung der 9% 34% 58% 1252
Lernprozesse
Individualisierung der Lernerfahrung 8% 33% 60% 1251

Darstellung 4.4: Bedeutung digitaler Medien für das Erreichen pädagogischer Ziele (vgl.
Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 60)

Die Einstellungen von Lehrerinnen und Lehrern gegenüber Computer und


Medien-
pädagogischer Internet waren auch Bestandteil einer Erhebung durch den Medien-
Forschungs- pädagogischen Forschungsverbund Südwest. In einer repräsentativen Be-
verbund fragung wurden Lehrpersonen an Grund-, Haupt- und Realschulen sowie an
Südwest
Gymnasien und integrierten Gesamtschulen erfasst (vgl. mpfs 2003b). Die
Ergebnisse zeigen eine sehr aufgeschlossene und pragmatische Haltung der
Lehrpersonen gegenüber digitalen Medien. Ihre Bedeutung für Alltag und
Beruf wird insgesamt sehr hoch eingeschätzt, ebenso wie die Zugehörigkeit
von Computern zum schulischen Unterrichtsalltag von 86% der Befragten
bejaht wird (vgl. S. 34). Ambivalent ist allerdings die Einschätzung des
Zeitpunkts, zu dem Kinder mit Neuen Medien vertraut gemacht werden
sollten. Während knapp 57% der Befragten angeben, dies solle so früh wie
möglich geschehen, stimmen 42% dieser Aussage weniger oder gar nicht zu
(vgl. ebd.; Darstellung 4.5).
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
25

Eltern sollten PC-Umgang beibringen 6 26

Kinder so früh wie möglich an PC gewöhnen 30 27

in Schule sollen PCs zum Schulalltag gehören 55 31

ohne PC geht heute nichts mehr 65 23

Kinder sollen PC-Umgang in Schule lernen 60 31

PCs sind nützlich, um später Beruf zu finden 66 27

PCs sind für die Schule nützlich 67 29

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
in Prozent

stimme voll und ganz zu stimme weitgehend zu

Darstellung 4.5: Einstellungen von Lehrpersonen zu Computer und Internet (=PC) (mpfs
2003b, S. 34; Angaben in Prozent, n = 2002)

In ihrer Begleitforschung zum Interneteinsatz an Schulen im Rahmen der Schulen


Initiative „Schulen ans Netz” haben Scholl/Prasse individuelle Einflussfakto- ans Netz

ren der Internetnutzung untersucht. Befragt wurden 204 Lehrpersonen


(Fachbereichsleiter an Gymnasien) aus Berlin und den neuen Bundeslän-
dern. Dabei zeigten die Lehrpersonen eine insgesamt sehr positive Einstel-
lung gegenüber dem Internet. 82% der Befragten halten die Aussage, die
Internetnutzung an Schulen sei eine gute Sache, für ziemlich oder sehr zu-
treffend (vgl. Scholl/Prasse 2000, S. 128 f.). 85% der Lehrpersonen sind
Positive
zudem der Ansicht, dass Lehrerinnen und Lehrer fähig sein sollten, das In- Einstel-
ternet für den Unterricht zu nutzen. Auch die Relevanz des Internets für die lungen
schulische Ausbildung wird sehr hoch eingeschätzt. 79% der Befragten hal-
ten es für gar nicht zutreffend, dass der Umgang mit dem Internet erst in
der Berufsausbildung oder in der Hochschule vermittelt werden sollte.
Vergleicht man die Mittelwerte der einstellungsbezogenen Items, so zeigt
sich, dass die Lehrpersonen, die schon über Interneterfahrung verfügen,
positivere Einstellungen haben: „Positive Einstellungen zum Internet be-
günstigen eine verstärkte Nutzung. Umgekehrt dürfte auch gelten, dass mit
häufigerer Nutzung die Einstellung positiver wird” (ebd., S. 130). Interes-
sant ist auch die Erwartungshaltung von Schülern und Eltern aus der Sicht
der Lehrpersonen. So hielten es nur 18% der Lehrpersonen für ziemlich
oder sehr zutreffend, dass ihre Schüler die Erwartung an sie haben, das In-
ternet in den Unterricht einzubeziehen. In Bezug auf die Eltern sinkt der
Wert auf 7,5% (vgl. ebd., S. 131). Diese Einstellungen dürften sich – mit
Blick auf die o.g. Ergebnisse – heute im Sinne sowohl gestiegener empfun-
dener und auch faktischer Erwartungshaltungen deutlich anders darstellen
(vgl. auch Abschn. 4.4).
Scholl/Prasse haben die generellen Einstellungen und die subjektiven Nor- Bedeutung
men als zwei Prädiktorvariablen für die Häufigkeit der schulischen Internet- subjektiver
nutzung identifiziert. Sowohl bei den – im Hinblick auf die schulische Inter- Normen

netnutzung – unerfahrenen als auch bei den erfahrenen Lehrpersonen stellt


sich die subjektive Norm (Erwartungen von Eltern und Schülern) als
bedeutsamer Prädiktor heraus (vgl. S. 136). Die generellen Einstellungen
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
26

gegenüber dem Internet allerdings sind nur bei den Lehrpersonen ein ge-
wichtiger signifikanter Einflussfaktor, die bereits zu den aktiven Nutzern
zählen (vgl. S. 137).

Eine grundsätzlich positive Grundhaltung gegenüber dem Einsatz digitaler


IT works Medien im Unterricht kommt auch in den Ergebnissen der Bestandsaufnah-
me im Rahmen des Projekts „IT works” von Schulen ans Netz zum Aus-
druck. IT works ist mit dem Ziel verbunden, IT-basierte wartungsarme
Organisationskonzepte für Schulumgebungen zu entwickeln. Neben dem
Austausch über und der Kommunizierung von bestehenden Lösungen gilt es
insbesondere übertragbare Verbundlösungen für Schulen zu finden. Exem-
plarisch werden vier schulische Systemlösungen über einen Zeitraum von
drei Jahren evaluiert. Die erste Evaluationsphase stellt eine Bestandsauf-
nahme vor Einführung der Systemlösung dar und liefert die Ausgangsbasis
für die weiteren Evaluationsschritte (vgl. IT works 2006).
Wunsch In der ersten Befragungswelle wurden Lehrpersonen (in insgesamt 73 betei-
nach ligten Projektschulen aus vier Bundesländern) um Angaben gebeten, ob sie
Computer-
einsatz
persönlich den Computereinsatz im Unterricht wünschen. Dies bejahen
knapp 75% der Befragten, nur ca. 6% verneinen dies und weitere 15% sind
sich nicht sicher (ebd., S. 40). Nach dem schulischen Klima in Sachen Com-
putereinsatz gefragt, zeigt sich, dass die „schulnahen” Personengruppen
(Schulleitungen, Lehrpersonen) in ihrer Einstellung durchweg positiv einge-
schätzt werden, etwas zurückhaltender die Gruppe der Eltern und IT-
Beauftragten (vgl. Darstellung 4.6).

0 10 20 30 40 50 60 70

Ja - von Seiten der Schulleitung 62

Ja - von Seiten der KollegInnen 55,1

Ja - von Seiten der für IT zuständigen KollegInnen 37,5

Ja - von Seiten der Eltern 38,4

Wir haben das Thema bisher noch nicht angesprochen 6,5

Nein, an unserer Schule fordert niemand explizit den


13
Einsatz des Computers im Unterricht

Keine Angabe 5,7

Darstellung 4.6: „Wird an Ihrer Schule der Einsatz von Computern gewünscht?” – Wunsch
nach schulischem Einsatz von Computern aus Sicht von Lehrpersonen
(Angaben in Prozent, n=1106 ; vgl. IT works 2006, S. 40)

Wenn Computereinsatz in der Schule auch mehrheitlich gewünscht wird, so


Digitale
Medien und wird den digitalen Medien insgesamt keine unabdingbare Funktion für die
guter Unter- Gestaltung guten Unterrichts zugewiesen. Darüber hinaus sind aber gut drei
richt
Viertel der Befragten der Ansicht, dass nicht notwendigerweise erst ein Nut-
zen digitaler Medien definitiv nachgewiesen sein muss, bevor man bewährte
Unterrichtsformen verändert (vgl. Darstellung 4.7). Aus der einerseits sehr
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
27

aufgeschlossenen Haltung und dem Wunsch nach Medieneinsatz im Unter-


richt und der andererseits eher zurückhaltenden Bewertung der digitalen
Medien als conditio sine qua non guten Unterrichts muss kein Widerspruch
abgeleitet werden. Das Ergebnis lässt sich durchaus so verstehen, dass „ein
guter Unterricht durch die Integration der Neuen Medien noch gewinnen
kann. Der qualitative Nachweis der Nützlichkeit Neuer Medien, als be-
schränkender Faktor für ihre Nutzung, verliert somit in diesem Zusammen-
hang an Bedeutung” (S. 41).

50

40

30

20

10

0
stimme voll stimme stimme nicht
stimme zu keine Angabe
zu bedingt zu zu
Ohne neue Medien kein 12,5 19,1 39,2 25,9 3,3
guter Unterricht
Kein Einsatz solange 5,4 14,6 33 41 6
Nutzen nicht
nachgewiesen

Darstellung 4.7: Bedeutung Neuer Medien aus Sicht der Lehrpersonen (Aussagen: „Ohne
Neue Medien ist ein guter Unterricht heute nicht mehr möglich”, „Es
macht keinen Sinn, eine bewährte Unterrichtsform zu verändern, solange
der Nutzen der Neuen Medien nicht definitiv nachgewiesen ist”, n=1106,
Angaben in Prozent; vgl. IT works 2006, S. 39)

In diese Richtung können auch die Ergebnisse einer Studie zur Verbreitung
ISB-Studie
und Anwendung digitaler Medien im Fachunterricht an bayerischen Schulen
interpretiert werden. Ca. 5600 Lehrkräfte wurden u.a. zu ihren Einstellun-
gen zur Notwendigkeit, digitale Medien im Fachunterricht verstärkt zu för-
dern, befragt (vgl. Bofinger 2004). Dabei zeigte sich, dass die Mehrzahl der
Lehrkräfte den Neuen Medien positiv – wenn auch mit Einschränkungen –
gegenübersteht. Eine direkt gegnerische Haltung vertreten durchschnittlich
nur 5% der befragten Lehrkräfte (vgl. Darstellung 4.8).
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
28

Förderschule 35 43 3 19
Wirtschaftsschule 33 49 4 14
Hauptschule 32 47 3 18
Grundschule 30 47 3 20
Fach-/Berufsoberschule 27 54 7 12
Realschule 23 56 5 16
Gymnasium 21 62 6 11
Lehrkräfte/ Fach insgesamt 28 52 5 15

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

ja, unbedingt ja, mit Einschränkungen nein, auf keinen Fall kann ich nicht einschätzen, k.A.

Darstellung 4.8: Einstellungen von Lehrpersonen verschiedener Schularten gegenüber


einer verstärkten Förderung Neuer Medien im Fachunterricht (n=5572;
vgl. Bofinger 2004, S. 28)

4.3 Schulleitungen
SITES-M1 Insgesamt liegen über die Einstellungen von Schulleitungen nur wenig
empirische Daten vor. Eine insgesamt positive Grundeinstellung gegenüber
digitalen Medien weisen die Befunde der Studie „Second Information Tech-
nology in Education Study” M-16 aus dem Jahr 1999 aus. Dort zeigten inter-
national die Schulleitungen eine tendenziell positive Einstellung im Hinblick
auf die Wirkungen auf Schülerleistungen, auf das Schulmanagement und
das lebenslange Lernen (vgl. Pelgrum/Anderson 1999). Dies scheint sich
auch gegenwärtig im Trend so fortzusetzen. So geben im Rahmen der Be-
fragung von IT works (vgl. Abschnitt 4.2) Lehrpersonen zu 62% an, dass
ihre Schulleitung den Einsatz von Computern wünsche.
Allerdings sind die Aussagen der Schulleitungen generell eher vorsichtig zu
interpretieren. Zum einen gehören sie in der Regel nicht zum Kreis der er-
fahrenen Nutzer, zum anderen sind sie aufgrund ihrer Leitungsfunktion ggf.
auch bestimmten Erwartungen im Sinne sozialer Erwünschtheit ausgesetzt.

4.4 Eltern
KIM-Studien Im Rahmen der repräsentativen Studie KIM -2005 (Kinder + Medien, Com-
puter + Internet) vom medienpädagogischen Forschungsverbund wurden
Eltern um Angaben zur Bedeutung verschiedener Medien bzw. Medienange-
bote für Kinder (6- bis 13-Jährige) gebeten. Dabei werden dem Computer
insbesondere unterhaltende und für die Schule unterstützende Funktionen
zugeschrieben, wohingegen dem Internet eher skeptisch begegnet wird.

6
Die von der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA)
durchgeführte Studie umfasst drei Teilstudien: Modul M-1 (1997-1999) als repräsentative
Schulstudie, Modul M-2 als qualitative Studie mit Fallstudien über innovative pädagogi-
sche Praxis mit IKT und Modul M-3 (2004-2007) (SITES 2006) als Schul-, Lehrer- und
Schülerstudie.
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
29

Nahezu die Hälfte der Eltern glaubt, dass Kinder hier mit ungeeigneten Din-
gen konfrontiert werden können (vgl. Darstellung 4.9).

Computer Internet
fördern die Fantasie von Kindern 29 12
liefern Gesprächsstoff 44 26
Kinder lernen aus Medien 45 23
Einfluss auf Gewaltbereitschaft 28 31
Kinder haben Spaß 60 31
Eindruck vom wirklichen Leben 14 11
für Kinder spannend 44 30
Unterstützung für die Schule 58 30
um bei Freunden mitzureden 53 30
bieten Vorbilder 14 8
ungeeignete Dinge 26 48

Darstellung 4.9: Bedeutung der Medien für die Kinder – Angaben der Erziehungsberechtig-
ten (mpfs 2006, S. 57; Angaben in Prozent, n = 1203)

Tendenziell zeigen sich damit in den Einstellungen gegenüber dem Compu-


ter insbesondere didaktische und motivierende Hoffnungen, in den Einstel-
lungen gegenüber dem Internet eher Skepsis bzw. Befürchtungen.
Darüber hinaus machten die Erziehungsberechtigten Angaben zur generel-
len Bedeutung von Computer und Internet. Diese Fragen wurden bereits in
den KIM-Studien der Jahre 2000, 2002 und 2003 gestellt und können so
vergleichend herangezogen werden (vgl. mpfs 2001, 2002, 2003a). Dabei
lässt sich insgesamt eine relativ stabile Einstellung der Erziehungsberechtig-
ten feststellen (vgl. Darstellung 4.10). Eine Verschiebung zeigt sich aller-
dings in der Frage, wer den Kindern Kompetenzen im Umgang mit Compu-
tern und Internet vermitteln soll. Hier steigt der Anteil der Eltern, die mei-
nen, dass dem Elternhaus diese Aufgabe zukomme, kontinuierlich an. Ent-
sprechend sinkt der Wert der vollständigen Zustimmung zu der Aussage,
dass die Kinder den Umgang mit dem PC in der Schule lernen sollen. Aus
dem Jahr 2003 liegt hierzu ein Vergleichswert der Lehrer vor, die mit 6%
bzw. 26% in deutlich geringerem Maße dieser Auffassung voll bzw. weitge-
hend zustimmten (vgl. Darstellung 4.5). Insgesamt ändert dies aber nichts
daran, dass der Großteil der Eltern dem Computer für das Alltagsleben und
den Beruf eine sehr hohe Bedeutung zumisst und auch die Schule in der
Verantwortung sieht, Kinder auf diese Herausforderungen vorzubereiten.
Allerdings ist in den letzten Jahren ein leichter Rückgang in der ungeteilten
Zustimmung zu verzeichnen, Kinder so früh wie möglich mit dem PC ver-
traut zu machen. Hier könnte die dazu geführte öffentliche Diskussion in
den vergangenen Jahren zu einer leichten Verunsicherung geführt haben.
Vergleicht man die übrigen Einschätzungen der Eltern mit denen der Lehr-
personen (im Jahr 2003, vgl. Darstellung 4.5), so fällt auf, dass deutlich
mehr Eltern der Meinung sind, dass sie selbst den Kindern den Umgang mit
dem PC nahebringen sollten, und dass deutlich weniger Lehrpersonen voll
oder weitgehend der Auffassung zustimmen, Kinder möglichst früh an den
PC zu gewöhnen. In den Items, die die Notwendigkeit und die Nützlichkeit
des Erwerbs von Kompetenzen am Computer in der Schule betonen, zeigen
die Lehrpersonen eine insgesamt etwas höhere grundsätzliche Zustimmung,
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
30

in der Verteilung (stimme voll und ganz zu/stimme weitgehend zu) zeigt
sich aber eine deutliche Verschiebung zugunsten einer vollen Zustimmung.

Umgang PC von Eltern lernen

2000 38

2002 7 36

2003 9 39

2005 11 41

Kinder so früh wie möglich an PC gewöhnen

2000 74

2002 34 38

2003 31 41

2005 29 41

ohne PC geht heute nichts mehr

2000 86

2002 49 41

2003 48 39

2005 49 38

Kinder sollen PC-Umgang in Schule lernen

2000 93

2002 49 39

2003 47 41

2005 41 47

PCs sind nützlich, um später Beruf zu finden

2000 88

2002 50 38

2003 51 36

2005 46 40

PCs sind für die Schule nützlich

2000 90

2002 49 41

2003 48 42

2005 46 44

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
in Prozent

stimme voll und ganz zu stimme weitgehend zu schraffiert: stimme voll und ganz/ weitgehend zu

Darstellung 4.10: Bedeutung von Computer und Internet – Angaben der Erziehungsberech-
tigten7 (vgl. mpfs 2001, S. 47, n = 1228; 2002, S. 57, n = 1241; 2003a,
S. 57, n = 1201; 2006, S. 62, n = 1203; Angaben in Prozent)

7
Als Erziehungsberechtigte sind in den Studien von 2000, 2002 und 2003 jeweils die Müt-
ter befragt worden, in 2005 werden die Erziehungsberechtigten geschlechtsspezifisch
nicht mehr differenziert.
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
31

In der unter 5.1 angesprochenen Studie zum Lernen mit Laptops von Rein-
mann/Häuptle wurden auch die Eltern nach ihren Erwartungen befragt (vgl. Laptop-
2006, S. 24). Dabei zeigt sich, dass mit der Hoffnung auf individuelle Förde- Studie

rung der Kinder, höhere Motivation und Selbstständigkeit sowie verbesserte


Chancen auf dem Arbeitsmarkt die höchsten Erwartungen verbunden sind8
(vgl. Darstellung 4.11). Tendenziell zeigen diese Ergebnisse einer Einzel-
fallstudie mit Bezug auf ein spezielles digitales Medium also in die gleiche
Richtung.

90
77
80
70
60 52
44 47
50 42 40
40 31 34 31
29
30 1916
15 16
20 11
6 6 8 10 8 10 8 6 10 6
10
5 2
10 2 0
0
individueller

Kind hat mehr


Der Unterricht

Kind lernt

selbstständiger
Schulleistungen
werden besser

Arbeitsmarkt
Chancen auf
Kind kann
wird besser

gefördert

besser
werden

Kind wird

dem
ja, vorwiegend zum Teil nein, eher nicht weiß nicht keine Angabe

Darstellung 4.11: Einstellungen bzw. Nutzen-Erwartung von Eltern (der Notebook-Klassen)


im Hinblick auf den Notebook-Einsatz (Reinmann/Häuptle 2006, S. 24;
Angaben in Prozent, n = 65)

4.5 Studierende
Wenn auch Studierende nicht mehr zum Bereich der Schule gehören, so
lassen ihre Einstellungen zu digitalen Medien dennoch wichtige Erkenntnisse
über die Schulzeit hinaus zu.
Über entsprechende Einstellungen gibt eine Studie des Deutschen Studen-
tenwerks Aufschluss. In der repräsentativen Erhebung wurden Studierende Einstellun-
u.a. um Einschätzungen zu bestimmten Aussagen gebeten, die sich auf die gen von
lernförderlichen Eigenschaften von Computern bzw. von Softwareangeboten Studieren-
den
beziehen. Dabei zeigt sich, dass die Studierenden ambivalente Einschätzun-
gen zu Möglichkeiten und Grenzen computerbasierten Lernens haben (vgl.
Darstellung 4.12). Auf der einen Seite wird dem Computer in der Vermitt-
lung einzelner Inhalte eine hohe Nützlichkeit zugeschrieben, auf der ande-
ren Seite werden Möglichkeiten zur Motivierung und zur Förderung des
selbst gesteuerten Lernens deutlich skeptischer eingeschätzt. Jeder zweite
Befragte ist der Auffassung, dass die Kritikfähigkeit beim computerbasierten
Lernen zu wenig gefördert wird. Differenziert man die Studierenden nach
ihren PC-Kompetenzen, so zeigt sich, dass fast jeder zweite Studierende

8
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich die Einstellungen der Eltern von Nicht-
Notebook-Schülern nicht grundlegend unterscheiden.
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
32

derer, die sich eine Vertrautheit mit vielfältigen Anwendungen zuschreiben


(Universalkompetenz), eine (sehr) stark zustimmende Haltung gegenüber
computergestützten Lernprogrammen äußert. Bei den Studierenden, die nur
eine geringe oder keine PC-Kompetenz aufweisen, ist dies nicht einmal je-
der fünfte (vgl. BMBF 2002, S. 49).

Für die Vermittlung mancher Lerninhalte kann der Computer sehr nützlich
23 14 41 40
sein

Der Einsatz von Computern im Bildungbereich zerstört die


21 28 28 17 6
zwischenmenschlichen Beziehungen

Lernen mit dem Computer ermöglicht in hohem Maße selbstbestimmtes und


6 17 38 28 11
entdeckendes Lernen

Computergestützte Lernprogramme sind in vielen Fällen der klassischen


Lehrveranstaltung überlegen, weil sie Lernen ermöglichen, das auf die 13 29 36 17 5
individuellen Bedürfnisse der Studierenden abgestimmt ist

Durch computerbasierte Lernprogramme können Studierende besser zum


15 28 35 18 4
Lernen motiviert werden

Beim Lernen mit dem Computer wird die Kritikfähigkeit der Lernenden zu
6 14 30 37 13
wenig gefördert

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
in Prozent

5 = stimme gar nicht zu 4= stimme weniger zu 3 = weder/noch 2 = stimme eher zu 1 = stimme völlig zu

Darstellung 4.12: Bewertung von Aussagen zu computergestützten Lernprogrammen (vgl.


BMBF 2002, S. 47; Angaben in %, Mittelwerte auf einer 5-stufigen Skala,
n = 12573)

Aggregiert man die Zustimmungswerte zu den einzelnen Aussagen, so las-


sen sich statistische Typen bilden. Diese zeigen, dass die Mehrheit der be-
fragten Studierenden eine eher neutrale Haltung gegenüber Lernprogram-
men im Studium aufweist (vgl. Darstellung 4.13).

MW des ƶ-
Typ: Einstellung zu Lernprogrammen
Scores in %
I (sehr) starke Zustimmung 1,0 - 2,5 32
II neutrale Haltung >2,5 -3,5 56
III (starke) Ablehnung >3,5 12

Darstellung 4.13:Einstellungstypen zu Lernprogrammen (BMBF 2002, S. 48; n = 12573)

Festzuhalten bleibt, dass auch hier die Einstellung in positivem Zusammen-


hang mit der eigenen Nutzung bzw. der eigenen Kompetenz steht. Darüber
hinaus ist im Grundsatz eine durchaus positive Einstellung zu den Möglich-
keiten vorhanden, ähnlich wie dies auch bei den Schülern der Fall ist (vgl.
Abschn. 5.1). Die relativ neutralen Einschätzungen zu spezifischen Wirkun-
gen müssen allerdings auch vor dem Hintergrund möglicher Erfahrungen in
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
33

der jeweiligen universitären Lehre gesehen werden. Auch hier ist davon
auszugehen, dass fehlende Erfahrungen zu eher zurückhaltenden neutralen
Äußerungen führen. Dies kann nicht unbedingt als unentschlossene Haltung
interpretiert werden, sondern eher als eine realistische Äußerung, die sich
nicht in der einen oder der anderen Richtung auf Mutmaßungen stützen
möchte.

4.6 Zusammenfassung
Eine wichtige – wenn auch nicht hinreichende – Voraussetzung einer erfolg-
reichen Arbeit mit digitalen Medien in der Schule kann in einer positiven
Grundeinstellung gegenüber Neuen Medien gesehen werden. Eine solche
Stimmung lässt sich über Indikatoren erfassen, die z.B. nach der subjektiv
empfundenen Wichtigkeit der Arbeit mit dem Computer, dem Interesse für
Computer, der gesellschaftlichen Bedeutung von Computern für das Alltags-
oder Berufsleben oder nach vermuteten positiven oder negativen Wirkungen
fragen. Verschiedene Studien zeigen, dass die Schülerinnen und Schüler in
Deutschland eine insgesamt sehr positive Grundeinstellung gegenüber digi-
talen Medien haben. Dies gilt auch im internationalen Vergleich, wobei
allerdings deutliche Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen zu Gunsten
der Jungen bestehen. Unterschiede in den Einstellungen werden in Deutsch-
land in einem international vergleichsweise sehr hohen Prozentsatz durch
den Faktor Geschlecht aufgeklärt. Neben der wachsenden gesellschaftlichen
Relevanz von Computern und der damit verbundenen Notwendigkeit, kom-
petent mit ihnen umzugehen, sind für die Schülerinnen und Schüler die
Hoffnung auf eine Verbesserung des Unterrichts bzw. des Lernens und die
möglichen beruflichen Erfordernisse wichtige Aspekte, die sowohl digitale
Medien als bedeutsam erscheinen lassen als auch eine aufgeschlossene
Grundhaltung bewirken.
Ein insgesamt sehr positives Klima in Bezug auf den schulischen Einsatz von
digitalen Medien herrscht auch bei den Lehrpersonen. Übereinstimmend
werden tendenziell in vielen Studien die gesellschaftliche Bedeutsamkeit
und die berufliche Relevanz der Neuen Medien für die Schüler betont. Der
Förderung von Motivation, der Befähigung zu selbstständigem und projekt-
orientiertem Arbeiten sowie einer interessanten Unterrichtsgestaltung sind
digitale Medien nach Angabe vieler Lehrpersonen zuträglich. Dabei sind Leh-
rende mit Medienerfahrung in der Regel positiver eingestellt als unerfahre-
ne. Skeptischer werden von Lehrerinnen und Lehrern Möglichkeiten einge-
schätzt, die sich nicht auf Aspekte beziehen, die unmittelbar mit dem Medi-
um verbunden sind – etwa das eigenständige Arbeiten oder individuelle
Lernerfahrungen –, sondern auf die Anregung von kooperativem Arbeiten
mit Medien, die individuelle Förderung von Schülern oder die Entwicklung
sozialer Fähigkeiten mit Hilfe von Medien. Diese Ergebnisse deuten mögli-
cherweise darauf hin, dass Lehrerinnen und Lehrern in den Bereichen, in
denen die didaktischen Anforderungen relativ hoch sind (z.B. im Umgang
mit Heterogenität) entsprechende Erfahrungen und Vorstellungen noch feh-
len. Digitale Medien werden auch nicht grundsätzlich als unabdingbare Vor-
aussetzung eines guten Unterrichts gesehen, sondern eher als ein Potenzial,
das zur Bereicherung und Verbesserung von Unterricht beiträgt und das
auch genutzt werden soll. Die insgesamt positive Grundeinstellung wird of-
fensichtlich auch nicht durch eine bisher fehlende wissenschaftliche Evidenz
Einstellungen gegenüber digitalen Medien
34

des Nutzens digitaler Medien im Unterricht beeinträchtigt. Anscheinend sind


Lehrerinnen und Lehrer hier bereit, eigene Erfahrungen zu sammeln und
entsprechend explorativ zu arbeiten.
Über die Einstellung von Schulleitungen liegen insgesamt weniger Daten
vor. Sie sind durchgängig ebenfalls positiv und aufgeschlossen. Allerdings
sind Aussagen von Schulleitungen grundsätzlich vor dem Hintergrund zu
sehen, dass sie einerseits häufig weniger Erfahrungen in der Verwendung
digitaler Medien im Unterricht haben, zum anderen, dass sie aus ihrer Lei-
tungsfunktion heraus unter Umständen einer gewissen Erwartung im Sinne
sozialer Erwünschtheit unterliegen. Nimmt man allerdings den Befund hinzu,
dass auch die Lehrpersonen den Schulleitungen eine aufgeschlossene Hal-
tung attestieren, kann der berichtete positive Trend bestätigt werden.
Eltern sehen auf breiter Front in digitalen Medien Möglichkeiten und Nutzen
für den didaktischen Bereich zur Unterstützung von Lernprozessen, sind al-
lerdings – insbesondere in Bezug auf das Internet – in medienerzieherischer
Hinsicht eher kritisch und besorgt. Insgesamt teilen sie aber – wie verschie-
denen Studien zu entnehmen ist – die große Bedeutsamkeit digitaler Medien
für Alltagsleben und Beruf und sehen auch die Schule in der Verantwortung,
den Umgang mit dem PC zu vermitteln. Allerdings wächst in den letzten
Jahren der Anteil der Eltern, die sich mit dieser Aufgabe selbst in die Pflicht
nehmen.
Betrachtet man – den schulischen Bereich verlassend – Studierende in ihren
Einstellungen zu digitalen Medien, so schätzen diese die Vermittlungsfunkti-
on digitaler Medien – insbesondere von Lernprogrammen – als durchaus
nützlich ein, zeigen sich aber deutlich skeptischer im Hinblick auf die Förde-
rung von Motivation und Selbstständigkeit. Allerdings ist – in Übereinstim-
mung mit den anderen Personengruppen – die Einstellung deutlich abhängig
von der eigenen Erfahrung. Vor diesem Hintergrund kann die teilweise et-
was zurückhaltende Einschätzung der Studierenden auch Ausdruck einer an
den Hochschulen noch nicht durchgängig überzeugenden Nutzung digitaler
Medien in der Lehre sein.

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass die an Schule beteiligten


Akteure in Deutschland eine durchgängig positive Grundhaltung gegenüber
der gesellschaftlichen Bedeutung digitaler Medien und ihrem Einsatz im Un-
terricht zeigen.
35

5 Medienausstattung und Medien-


nutzung an Schulen

Eine positive Grundstimmung gegenüber digitalen Medien ist eine wichtige


Voraussetzung, um Innovationen in der Schule anzustoßen. Ebenso plausi-
bel ist, dass der Einsatz digitaler Medien im Unterricht einer bestimmten
Infrastruktur bedarf. In diesem Kapitel werden daher zunächst Daten zur
Entwicklung der Medienausstattung dargestellt. Im Anschluss erfolgt dann
eine Übersicht zu Basisdaten der Nutzung digitaler Medien im Unterricht.

5.1 Medienausstattung
Schüler-Computer-Relation
Als eine wichtige Kenngröße im Zusammenhang der Beschreibung der Aus- BMBF-
stattungssituation hat sich – auch im internationalen Kontext – die Relation Erhebungen

von Schülern zu Computern etabliert. Diese hat sich in den letzten zehn
Jahren in der Bundesrepublik deutlich verbessert. Im Jahr 1998 betrug das
Verhältnis von Schülern zu Computern nach einer Befragung der Computer-
koordinatoren (n=520) im Rahmen der bundesweiten Evaluation der Initia-
tive „Schulen ans Netz” noch 36:1 (vgl. Schulz-Zander et. al. 2000, S. 15). Schüler-
Seit dem Jahr 2001 führt das BMBF jährlich eine repräsentative Erhebung Computer-
Relation
der IT-Ausstattung allgemeinbildender und berufsbildender Schulen durch. national
Das Verhältnis von Schülern zu Computern betrug danach im Jahr 2005
11:1.
Der Anteil mobiler Computer verzeichnet zwar deutliche Zuwächse, spielte
bei einem Verhältnis von 117:1 im Jahr 2005 aber nach wie vor eine noch
vergleichsweise untergeordnete Rolle.
Die Qualität der Hardware ist insgesamt sehr unterschiedlich. So muss z.B.
bei den Angaben zur Schüler-Computer-Relation relativierend einbezogen
werden, dass es sich ungefähr bei jedem sechsten Rechner um einen nicht
multimediafähigen Pentium-PC (486er-PC oder Pentium bis 133 MHz oder
gleichwertig) handelt (vgl. BMBF 2005, S. 8 f.).

Schüler-Computer-Relation 2001 2002 2003 2004 2005

Computer gesamt k.A. 17:1 14:1 12:1 11:1


Computer stationär 18:1 16:1 13:1 12:1 11:1
Computer mobil k.A. 369:1 209:1 206:1 117:1

Darstellung 5.1: Schüler-Computer-Relation 2001-2005 (BMBF 2005, S. 40 f.)


(k.A. = keine Angabe)
Medienausstattung und -nutzung
36

Differenziert man die Schüler-Computer-Relation nach verschiedenen Schul-


formen, so zeigt sich insbesondere bei der Entwicklung der Ausstattung der
Grundschulen in den letzten Jahren ein deutlich verbessertes Verhältnis von
Schülern und Computern, wobei das Verhältnis mit 13:1 nach wie vor im
Vergleich zu den anderen Schulformen am ungünstigsten bleibt (Sekundar-
schulen I und II 12:1, berufsbildende Schulen 9:1; vgl. BMBF 2005, S. 9).

Schüler-Computer-Relation 2001 2002 2003 2004 2005

Grundschule 31:1* 23:1 17:1 15:1 13:1


Sekundarschulen I/II 18:1* 17:1 14:1 13:1 12:1
Berufsbildende Schulen 15:1* 13:1 11:1 9:1 9:1

Darstellung 5.2: Schüler-Computer-Relation differenziert nach Schulformen (BMBF 2005,


S. 40 f.)
(*Angabe bezieht sich nur auf stationäre Computer)

e-nitia-
tive.nrw Erhebungen innerhalb einzelner Bundesländer zeigen, dass sich z.T. länder-
spezifische Unterschiede ergeben. So weist beispielsweise der Evaluations-
bericht zur Arbeit der e-nitiative.nrw darauf hin, dass im Jahr 2002 die
Realschulen Nordrhein-Westfalens mit einem Schüler-Computer-Verhältnis
von 27:1 deutlich schlechter ausgestattet waren als im Bundesdurchschnitt
(14:1) (vgl. Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 24).
Schüler-
Rückt man die bundesdeutsche Schüler-Computer-Relation in den internati-
Computer- onalen Kontext, so lässt sich zwar einerseits feststellen, dass das von der
Relation Kommission der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen des „Aktionsplans
Inter-
national E-Learning” für das Jahr 2004 angestrebte Ziel eines Verhältnisses von fünf
bis fünfzehn Schülerinnen und Schülern je Multimedia-Computer erreicht
wurde (vgl. KOM 2001, S. 3). Andererseits lag die Bundesrepublik im Jahr
2003 im Vergleich zur durchschnittlichen Ausstattung der OECD-Staaten mit
einer Relation von 12,5 Schülern pro Computer (BMBF-Daten für 2003
14:1) auf Rang 24 von 28 9 der OECD-Staaten (vgl. OECD 2005, S. 27).
Länder mit dem günstigsten Schüler-Computer-Verhältnis im Jahr 2003
waren Liechtenstein (3,0:1), die USA (3,3:1) und Australien (3,6:1; vgl.
OECD 2006a, S. 98).

Ausstattung mit vernetzten Rechnern


Vernetzung In Bezug auf die Vernetzung der Rechner lässt sich feststellen, dass im Jahr
2005 72% der Schulen in der Bundesrepublik ein serverbasiertes Netzwerk
besitzen, wobei 72% der Gesamtzahl der Computer der ausgestatteten
Schulen mit dem Netzwerk verbunden sind. Differenziert man sowohl bezo-
gen auf die Anzahl der Schulen als auch auf die Anzahl der vernetzten
Rechner nach Schulformen, so zeigt sich auch hier, dass die berufsbilden-
den Schulen (83% Netzwerk vorh. bzw. 84% mit Netzwerk verb. Comp.)
und die Sekundarschulen I und II (86% bzw. 75%) beim Vernetzungsum-
fang noch deutlich vor den Grundschulen (54% bzw. 48%) liegen, wenn-
gleich auch diese seit 2001 deutliche Zuwächse verzeichnen konnten (vgl.
BMBF 2005, S. 48 f.).

9
Grundlage bilden 30 OECD-Staaten, wobei von Frankreich und England keine Daten vor-
liegen.
Medienausstattung und -nutzung
37

Ausstattung mit Computern mit Internetanschluss


Ähnliches gilt auch für die Anzahl der mit dem Internet verbundenen Com- Internet-
puter. 68% der Gesamtzahl der Computer der ausgestatteten Schulen wa- anschlüsse
ren im Jahr 2005 mit dem Internet verbunden. Insbesondere in den Jahren
2002 und 2003 waren starke Zuwächse zu verzeichnen, während in den
letzten zwei Jahren die Anzahl auf einem ähnlichen Niveau blieb.

Computer mit
2001 2002 2003 2004 2005
Internetzugang
Schulformen gesamt 23 58 65 68 68
Grundschule 10 31 42 45 47
Sekundarschulen I/II 25 64 70 72 72
Berufsbildende Schulen 26 64 74 77 78

Darstellung 5.3: Computer mit Internetzugang, differenziert nach Schulformen, gemessen


an der Gesamtzahl der Computer der ausgestatteten Schulen (Angaben
in Prozent; vgl. BMBF 2005, S. 52)

Die Anbindung der Schulen ans Internet wurde in den meisten Schulen zu- Breitband-
anschlüsse
nächst über ISDN-Anschlüsse realisiert, die zunehmend durch Breitband-
Anschlüsse (xDSL) ersetzt werden. Im Jahr 2001 waren noch 94% aller In-
ternet-Anschlüsse in Schulen ISDN-Anschlüsse, im Jahr 2003 sank dieser
Anteil auf 77% gegenüber 15% bei den xDSL-Anschlüssen. Im Jahr 2005 ist
das Verhältnis mit 54% zu 52% fast ausgeglichen (vgl. BMBF 2005, S. 51;
Darstellung 5.4). Standleitungen werden nur von wenigen Schulen verwen-
det und machen bundesweit einen Anteil von 6% aller Internetanschlüsse
im Jahr 2005 aus, wobei den größten relativen Anteil die Berufsschulen mit
13% im Jahr 2005 haben (vgl. ebd.).

100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
2001 2002 2003 2004 2005

ISDN xDSL Standleitung

Darstellung 5.4: Art der Internet-Anschlüsse in allgemeinbildenden Schulen (Angaben in


Prozent; vgl. BMBF 2005, S. 51)

Für den internationalen Vergleich muss man wiederum auf die im Rahmen
der PISA-Studie erhobenen Daten aus dem Jahr 2003 zurückgreifen. Der
Prozentsatz an Computern, die Internetzugang haben, liegt nach der Daten-
lage der PISA-Studie im Jahr 2003 bei 71% und damit unter dem OECD-
Durchschnitt von 78% (das BMBF gibt für 2003 einen Anteil von 70% in den
Medienausstattung und -nutzung
38

Sekundarschulen an, vgl. 2003, S. 21). In Island und Luxemburg waren


96% der an Schulen vorhandenen Computer mit dem Internet verbunden.
In der Slowakischen Republik verfügten dagegen nur rund die Hälfte (51%)
der Rechner über einen Internetzugang (OECD 2006a, S. 98). Inzwischen
dürfte der Prozentsatz in der Slowakischen Republik durch die mit „Schulen
ans Netz” vergleichbare Initiative „eSlovakia”, ein Projekt der Tochtergesell-
schaft der Deutschen Telekom Slowakische Telekom und dem Slowakischen
Bildungsministerium, deutlich gestiegen sein. Laut Angaben der Slowaki-
schen Telekom sind aktuell 60% der Schulen in der Slowakei – und damit
zurzeit ein größerer Prozentsatz als in Deutschland – mit ASDL-Verbin-
dungen ausgestattet (Slovak Telekom 2006).
Auch die Ausstattung mit Peripheriegeräten verzeichnete in Deutschland in
Peripherie- den letzten Jahren deutliche Zuwächse. An 73% der Schulen steht im Jahr
geräte
2005 mindestens ein Scanner zur Verfügung, an 58% mindestens eine Digi-
talkamera, an 56% mindestens ein Videobeamer und an 57% der Schulen
ein DVD-Player. Differenziert man die Angaben nach Schulformen, so zeigt
sich auch in Bezug auf die Peripheriegeräte, dass die Ausstattung der
Grundschulen zwischen 15% und 30% unter den jeweiligen Durchschnitts-
werten der verschiedenen Geräte liegt und diese damit deutlich schlechter
ausgestattet sind als die Sekundarschulen I und II und die berufsbildenden
Schulen (vgl. BMBF 2005, S. 14).

Verfügbarkeit/Zugänglichkeit von Computern in der Schule


Standorte Ein wichtiger Aspekt in Bezug auf die schulische Ausstattung mit Computern
ist die Frage nach den Standorten der Computer in den Schulen. Ob die
Rechner in Klassen oder Fachräumen stehen, ob nur einer oder mehrere
Klassenräume mit PCs ausgestattet bzw. mehrere PC-Räume vorhanden
sind, hat einen Einfluss auf die Nutzungshäufigkeit und Möglichkeiten der
flexiblen Integration der Rechnernutzung in den Unterricht. Im Jahr 2005
waren 30% der Klassen- und Fachräume mit stationären Computern aus-
gestattet. In Bezug auf diesen Aspekt der Ausstattung liegen ausnahmswei-
se die Grundschulen mit 52% vor den Sekundarschulen I und II (23%) und
den Berufsschulen (17%), jedoch besitzen umgekehrt nur wenige Grund-
schulen (7%) mehr als einen PC-Raum, wobei die Gesamtzahl der Schüle-
rinnen und Schüler pro Grundschule allerdings auch im Durchschnitt deut-
lich geringer ist (vgl. BMBF 2005, S. 15). Möglichkeiten zur Computernut-
zung außerhalb des Unterrichtes bieten 28% der Grundschulen, 57% der
Sekundarschulen I und II und 78% der berufsbildenden Schulen an (vgl.
ebd.). Diese Möglichkeit ist besonders für Schülerinnen und Schüler rele-
vant, die zu Hause keinen Computer für schulische Arbeit zur Verfügung
haben. Deshalb wird im Folgenden ergänzend die Situation der häuslichen
Ausstattung von Kindern und Jugendlichen dargestellt.
Verfügbarkeit/Zugänglichkeit von Computern in Haushalten
Ausstattung In der Bundesrepublik lag im Jahr 2003 der Anteil der Jugendlichen, die zu
Haushalte Hause einen Computer zur Verfügung haben, bei 96% und damit deutlich
über dem OECD-Durchschnitt von 85% (vgl. OECD 2005, S. 95). Der reprä-
sentativen JIM-Studie – Jugend, Information, (Multi-)Media – zufolge liegt
die Computerausstattung bei Familien mit Kindern zwischen 12 und 19 Jah-
ren im Jahr 2005 inzwischen bei 98% (vgl. mpfs 2005, S. 8) und bei Fami-
lien mit Kindern zwischen 6 und 13 Jahren bei 83% (vgl. mpfs 2006, S. 13).
Demnach sind die Haushalte umso besser ausgestattet, je älter die Kinder
Medienausstattung und -nutzung
39

sind. Betrachtet man die Haushalte von Lehrpersonen, so zeigte sich im


Jahr 2003, dass in 85% der Fälle ein Computer vorhanden war. Damit
waren zwar mehr Lehrerhaushalte mit Computern ausgestattet als Haushal-
te mit Kindern (74%), jedoch liegt der Prozentsatz auch deutlich unter dem
Anteil der Haushalte mit Jugendlichen (96%) (vgl. mpfs 2003b, S. 23). Be-
trachtet man den persönlichen Computerbesitz von Kindern und Jugend-
lichen im Jahr 2005, so zeigt sich, dass jeweils 12% der Kinder zwischen
6 und 13 Jahren einen Kindercomputer bzw. einen Computer besitzen, die
Besitzrate der Jugendlichen liegt bei 57% (vgl. mpfs 2006, S. 9).

Häusliche Verfügbarkeit/Zugänglichkeit von Computern – geschlechts-


spezifisch
Betrachtet man die Verfügbarkeit von Computern für Kinder und Jugend-
liche nach Geschlechtern getrennt, so unterscheidet sich diese nur sehr
geringfügig. Die Differenz (Jungen – Mädchen) beträgt im Hinblick auf die
Verfügbarkeit zu Hause nur 1% (OECD-Durchschnitt: 3%), in Bezug auf die
Verfügbarkeit in der Schule -1% (OECD-Durchschnitt: -1%) (vgl. OECD
2006a, S. 93).

Häusliche Verfügbarkeit/Zugänglichkeit von Computern – nach sozioökono-


mischem Status
Bezieht man den sozioökonomischen Status mit ein, so zeigt sich, dass in
Bezug auf die Computerausstattung insbesondere Schülerinnen und Schüler
benachteiligt sind, deren Familien aus dem unteren Viertel der „national
quarters of the index of economic, social and cultural status (ESCS)” stam-
men10. Während 99% der Schülerinnen und Schüler aus dem oberen Viertel
des ESCS einen Computer zur Verfügung haben, 98% aus dem dritten und
93% aus dem zweiten Viertel, sind es nur 76% aus dem unteren Viertel
(vgl. OECD 2006a, S. 96). Dies trifft auch auf die Zugänglichkeit weiterer
Medien wie Lernsoftware oder Bücher für Schularbeiten zu, in Bezug auf
Verfügbarkeit von Taschenrechnern sind die Unterschiede geringfügiger.

Sozioöko-
Computer für Taschen- Bücher für
nomischer Lernsoftware
Schularbeiten rechner Schularbeiten
Status
unteres
76% (58%) 33% (21%) 96% (86%) 70% (60%)
Viertel
zweites
93% (77%) 48% (37%) 99% (93%) 84% (77%)
Viertel
drittes
98% (87%) 61% (50%) 99% (95%) 92% (86%)
Viertel
oberes
99% (94%) 70% (66%) 100% (97%) 97% (95%)
Viertel

Darstellung 5.5: Häusliche Verfügbarkeit von Medien nach sozioökonomischem Statuts –


Klammerwerte = OECD-Durchschnitt (vgl. OECD 2006a, S. 93)

Nach der Analyse der häuslichen Ausstattung zeigt sich damit, dass im
Durchschnitt nur ein ganz geringer Teil der Kinder und Jugendlichen auf
Computernutzungsmöglichkeiten in der Schule außerhalb des Unterrichts

10
In den Index gehen der Bildungsabschluss der Eltern, die berufliche Position der Eltern
und die zu Hause verfügbaren materiellen Ressourcen (z.B. Bücher, Computer, eigener
Arbeitsraum, …) ein (vgl. OECD 2006a, S. 76).
Medienausstattung und -nutzung
40

angewiesen ist. Deutlich benachteiligt sind dabei jedoch die Jugendlichen


mit geringem sozioökonomischem Status.

Zufriedenheit mit der Computerausstattung


PISA Nach der Betrachtung der Ausstattungsstatistiken ist es aufschlussreich zu
fragen, inwiefern die am schulischen Bildungsprozess Beteiligten die vor-
handene Ausstattung für den Unterrichtseinsatz als ausreichend oder unzu-
länglich kennzeichnen. Im Folgenden werden sowohl Einschätzungen von
Lehrpersonen als auch von Schulleiterinnen und Schulleitern sowie IT-
Koordinatorinnen und Koordinatoren dargestellt.
Obwohl die Ausstattungssituation im internationalen Vergleich noch zu
verbessern ist, schätzten im Jahr 2003 nur wenige Schulleitungen die Situa-
tion der Computerausstattung als hinderlich für die Gestaltung von Lehr-
Lernprozessen ein. Die Schulleitungen von 34% der im Rahmen der PISA-
Studie befragten Schülerinnen und Schüler sagten aus, dass Instruktions-
maßnahmen durch einen Mangel an ICT-Ressourcen überhaupt nicht behin-
dert würden, 33% sahen eine geringfügige, immerhin 27% eine teilweise
und nur 7% eine große Beeinträchtigung (vgl. OECD 2006a, S. 29, S. 99).
Die Angaben der Schulleitungen entsprechen in etwa den Einschätzungen
der Lehrpersonen. Im Rahmen der repräsentativen Studie „Lehrer/-innen
und Medien 2003” waren 37% der Lehrpersonen sehr zufrieden mit der
technischen Ausstattung an ihrer Schule, weitere 32% waren mit Ein-
schränkung zufrieden (Kategorie = etwas zufrieden). Dagegen waren 22%
weniger zufrieden und nur 9% halten die Ausstattung für unzulänglich (vgl.
mpfs 2003b, S. 49).
IT works In eine ähnliche Richtung deuten die aktuellen – wenn auch nicht repräsen-
tativen – Ergebnisse der Evaluation der im Rahmen des Projektes „IT
works” geförderten schulischen IT-Systemlösungen (vgl. Abschnitt 4.2). Die
Daten wurden in den Jahren 2004-2005 erhoben und geben Aufschluss über
die an den Schulen vorhandene IT-Situation vor Einführung der geförderten
Systemlösungen. Die befragten Lehrpersonen (n=1106) bewerteten die IT-
Ausstattung der Schule überwiegend positiv bis sehr positiv. 12,0% verga-
ben die Note „sehr gut”, 41,9% „gut”, 21,6% „befriedigend”, 10,3% „aus-
reichend” und nur 6,3% die Note „mangelhaft” (vgl. IT works 2006, S. 24).
Auch im Rahmen der Evaluation des Projektes „EVA-LO” sagten 56,9% der
befragten Lehrpersonen (n = 974), die das Schulportal „Lehrer-Online” nut-
zen, dass es ausreichend Schulcomputer gäbe und 64,7% bewerteten die
Computer als ausreichend ausgestattet.
Vor dem Hintergrund, dass die Evaluatoren im Rahmen des IT-works-
Zwischenberichtes die IT-Ausstattung der untersuchten Schulen als „Hard-
ware-Zoo” beschreiben, „mit erheblichen technischen, häufig altersbeding-
ten Varianzen, mit teilweise äußerst unterschiedlichen Ansprüchen an die
Hardware” (IT works 2006, S. 9 f.), vermag diese vergleichsweise hohe Zu-
friedenheit zunächst verwundern. Da es aber keine einheitlichen Standards
an die Ausstattung gibt, sind die Ansprüche sowohl in technischer Hinsicht
als auch in den Szenarien der didaktischen Umsetzung vermutlich sehr un-
terschiedlich. Darüber hinaus erfordern z.B. ältere Softwareprodukte die
Anwendung bestimmter früher Versionen von Betriebssystemen. Die Bewer-
tung der Technik scheint sich bei den Beteiligten an den Schulen eher an
dem zu orientieren, was vor Ort vorhanden ist, sich beim Einsatz bewährt
hat und im Rahmen knapper finanzieller Ressourcen überhaupt möglich ist,
als an dem Einsatz von anspruchsvoller Hard- und Software oder an der
Medienausstattung und -nutzung
41

Umsetzung innovativer Lehr-Lern-Szenarien, z.B. der Arbeit mit Laptops


oder der Nutzung von Medien an freien Lernorten (vgl. ebd., S. 29). In In- e-nitia-
terviews mit Lehrkräften im Rahmen der Evaluation der e-nitiative.nrw zur tive.nrw

Zufriedenheit mit der Medienausstattung zeigte sich zudem, dass der Grad
der Zufriedenheit mit der Einschätzung vorhandener Medienkompetenz in
den Kollegien zusammenhängt. „Nach ihrer Meinung reiche die vorhandene
Ausstattung aus, da weitere Ausstattung nicht mehr genutzt werden könne.
Ursächlich für diese Einschränkung ist den durchgeführten Interviews zufol-
ge fehlende Medienkompetenz der Lehrkräfte, die einen erweiterten Einsatz
und eine komplexere Handhabung von Medien behindere. Daran gemessen
reiche die vorhandene Ausstattung nach mehrfach geäußerten Meinungen
aus” (Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 39). Verbesserungs-
wünsche beziehen sich aus der Sicht der Schulleitungen, der Lehrkräfte
sowie der Eltern weniger auf die Ausstattung mit besseren Geräten als
auf qualifizierte Fortbildungsmaßnahmen, eine professionelle Wartung und
einen zentralen Zugriff auf bewährte Software.
Diese Begründungen sind durchaus plausibel, bereits in früheren Unter-
suchungen hat sich gezeigt, dass die Mediennutzung positiv mit dem
Medienklima der Schule, mit der Sicherheit im Umgang mit Geräten und mit
der medienpädagogischen Ausbildung korreliert (vgl. Tulodziecki u.a. 2000,
S. 471 ff.).

5.2 Mediennutzung
Da der Grad der Ausstattung keine direkten Rückschlüsse über die Häufig-
keit der Nutzung der vorhandenen digitalen Medien zulässt, werden in die-
sem Abschnitt Daten zur Nutzungshäufigkeit dargestellt.

Nutzungsdaten auf der Ebene der Schule


Im Rahmen der repräsentativen Erhebung des BMBF zur IT-Ausstattung BMBF-
werden auch Daten zur Häufigkeit der schulischen Nutzung von Computern Erhebungen

und Internet sowie zur Verwendung von Softwaretypen erfasst. Dabei wer-
den in einem Fragebogen pro Schule Daten über die Nutzungshäufigkeit er-
fragt. Die Angaben erfolgen vermutlich von Schulleitungen, IT-Beauftragten
oder anderen beauftragten Lehrpersonen, wobei die Studie hierzu keine
Auskunft gibt. In Bezug auf die Nutzungshäufigkeit wird unterschieden zwi-
schen häufigem Einsatz, gelegentlichem Einsatz und keinem Einsatz (vgl.
BMBF 2005, S. 20 ff.).

Betrachtet man die Nutzung des Computers in Grundschulen, so zeigt sich Computer-
für das Jahr 2005 dass ein häufiger Einsatz in den Fächern Mathematik nutzung
(47%), Deutsch (46%), in Arbeitsgemeinschaften (37%) und im Sachunter-
richt (24%) erfolgt. Fremdsprachen (10%), Naturwissenschaften (5%), Grund-
schulen
Kunst, Musik (2%) und Religion/Ethik (2%) haben in Bezug auf die häufige
Nutzung nur eine geringe Bedeutsamkeit. Bezieht man den gelegentlichen
Einsatz in die Betrachtung mit ein, so erhöht sich der Stellenwert der letzt-
genannten Fächer und es zeigen sich deutlich erhöhte Prozentsätze über
alle Fächer hinweg, jedoch bei ähnlich bleibender Rangfolge (vgl. BMBF
2005, S. 21; Darstellung 5.6).
In den Sekundarschulen I und II spielen das Fach Informatik (73%) und
Arbeitsgemeinschaften (48%) in Bezug auf eine häufige Computernutzung
Medienausstattung und -nutzung
42

Sekundar-
eine besondere Rolle. In den weiteren Unterrichtsfächern werden Computer
schulen deutlich weniger genutzt: Arbeitslehre, Wirtschaft, Technik (36%), Mathe-
matik (30%), Naturwissenschaften (24%), Deutsch (22%), Fremdsprachen
(18%), Gesellschaftswissenschaften (16%) und Sachunterricht, Kunst,
Musik, Religion/Ethik unter 10%. Bezieht man den gelegentlichen Einsatz in
die Betrachtung mit ein, so treten die Fächer Mathematik (90%), Deutsch
(85%) und Naturwissenschaften (84) – ähnlich wie in den Grundschulen –
ebenfalls an prominente Stelle in der Rangfolge (vgl. BMBF 2005, S. 21;
Darstellung 5.6).
Berufs- Ähnlich verhält es sich an berufsbildenden Schulen, wobei in Bezug auf den
bildende häufigen Einsatz der kaufmännische Bereich (48%) und der gewerblich-
Schulen
technische Bereich (43%) neben der Informatik (82%) eine bedeutsame
Rolle spielen. Unter Hinzunahme der gelegentlichen Nutzung gewinnen in
Erweiterung zu den bereits genannten Lernbereichen die Fächer Deutsch
(80%), Gesellschaftswissenschaften (77%), Fremdsprachen (76%), Mathe-
matik (75%) und die Naturwissenschaften (71%) an Bedeutung (vgl. BMBF
2005, S. 21).

Computer Internet
Deutsch 94 Sachunterrricht 74
Grund- Mathe 93 Deutsch 59
schulen Sachunterricht 87 Arbeitsgemeinschaften 51
Arbeitsgemeinschaften 62 Mathematik 41

Mathematik 90 Naturwissenschaften 78
Sekundar- Deutsch 85 Informatik 75
schulen Naturwissenschaften 84 Arbeitsgemeinschaften 75
Arbeitsgemeinschaften 81 Gesellschafts- 74
wissenschaften

Informatik 86 Informatik 84
Deutsch 80 Deutsch 77
Berufs-
Gesellschafts- 77 Gesellschafts- 76
schulen
wissenschaften wissenschaften
Fremdsprachen 76 Fremdsprachen 73

Darstellung 5.6: Häufigkeit von Computer- und Internetnutzung in verschiedenen Fächern


im Jahr 2005 (Angaben in Prozent, Kategorien „häufig” und „gelegent-
lich”; vgl. BMBF 2005, S. 21 f., 29 f.)

Internet- In Bezug auf die Internetnutzung liegen bei den Grundschulen die Fächer
nutzung Deutsch und Mathematik sowie der Sachunterricht und Arbeitsgemeinschaf-
ten in der häufigen und gelegentlichen Nutzung vorn. Dies sind die gleichen
Grund- Fächer, in denen auch der PC am häufigsten genutzt wird (in etwas anderer
schulen
Reihenfolge, vgl. Darstellung 5.6). Ein häufiger Einsatz findet nur in den
Arbeitsgemeinschaften (24%) und im Sachunterricht (19%) statt. Insge-
samt ist der Anteil der Grundschulen, die den Computer im Unterricht nut-
zen aber noch größer als der Anteil, der auch mit dem Internet arbeitet.
Etwa drei Viertel der Sekundarschulen nutzen das Internet häufig oder ge-
Sekundar- legentlich in den Naturwissenschaften, in Informatik, in den Gesellschafts-
schulen wissenschaften und in Arbeitsgemeinschaften. Vergleicht man dies mit dem
Computereinsatz, fällt auf, dass z.B. das Fach Informatik dort nicht unter
den vier erstgenannten Fächern ist. Nimmt man jedoch nur die Kategorie
Medienausstattung und -nutzung
43

„häufig” beim Computereinsatz, so führt das Fach Informatik die Rangliste


dort mit 73% an. Computereinsatz im Fach Mathematik findet hingegen nur
in 30% der Sekundarschulen häufig statt. Die Zahlen zeigen, dass insbe-
sondere die Kategorie „gelegentlich” relativ weit gefasst ist, so dass sich in
vielen Fächern die Anzahl der Schulen, die den Computer oder das Internet
gelegentlich oder häufig nutzen, schnell erhöht. Insgesamt ist in den Se-
kundarschulen der Anteil der Schulen, die gelegentlich oder häufig Compu-
ter einsetzen, noch größer als der Anteil derer, die gelegentlich oder häufig
mit dem Internet arbeiten.
In den berufsbildenden Schulen ist die Rangfolge der Fächer, in denen häu-
Berufs-
fig oder gelegentlich Computer oder Internet eingesetzt werden, jeweils schulen
gleich. Relativ ähnlich hohe Anteile von Schulen geben an, in den Fächern
Informatik und Deutsch sowie in den Gesellschaftswissenschaften und in
den Fremdsprachen Computer bzw. Internet einzusetzen (vgl. Darstellung
5.6). Nimmt man nur die Kategorie „häufige Nutzung”, sind sowohl in der
Computernutzung als auch beim Interneteinsatz die Informatik (82% bzw.
71%), der kaufmännische Bereich (48% bzw. 38%), der gewerblich-techni-
sche Bereich (43% bzw. 38%) und die Arbeitsgemeinschaften (jeweils 27%)
führend (vgl. BMBF 2005, S. 21 f.; 29 f.).
Im Zeitraum von 2003 bis 2005 ist die Computernutzung in den Schulen
insgesamt in allen Fächern gestiegen, in den Naturwissenschaften und in
den Fremdsprachen konstant geblieben. Die Internetnutzung ist – über alle
Schulen gesehen – in allen Fächern gestiegen (vgl. ebd., S. 57, 62).

Im Rahmen der Erhebung der IT-Ausstattung wurde ebenfalls der Bestand


an unterschiedlichen Softwaretypen bzw. deren Nutzung im Unterricht oder Nutzung
in Arbeitsgemeinschaften erhoben. Dabei unterscheidet man zwischen Lern- von
Software
software (z.B. Lernspiele, Trainingsprogramme, multimediale Unterrichts-
einheiten), multimedialen Nachschlagewerken (z.B. Lexika), Software mit
Werkzeugcharakter (z.B. Simulation, Computer-Algebra-System), Program-
miersprachen (z.B. Delphi, Pascal, Java), Programmen zum Erstellen multi-
medialer Anwendungen (z.B. Präsentationsprogramme, Autorensysteme,
HTML-Editoren) und Branchensoftware für die berufliche Bildung (z.B. Fi-
nanzbuchhaltung, CAD, CNC, SPS; vgl. auch Abschnitt 3.1). Die Datenlage
zeigt, dass in Grundschulen die Nutzung von Lernsoftware (96%) und mul-
timedialer Nachschlagewerke (51%) weit verbreitet ist. Auch Software mit
Werkzeugcharakter (15%) und Programme zum Erstellen multimedialer
Anwendungen (20%) kommen zum Einsatz. Die beiden letztgenannten
Softwaretypen gewinnen im Sekundarbereich neben der Verwendung von
Programmiersprachen (37%) stärker an Bedeutung (Werkzeuge: 70% Pro-
gramme zum Erstellen multimedialer Anwendungen: 49%). Im berufsbil-
denden Bereich ist darüber hinaus die Branchensoftware weit verbreitet
(88%), alle anderen Softwaretypen sind ebenfalls zu einem größeren Pro-
zentsatz als an den allgemeinbildenden Schulen vorhanden (vgl. BMBF
2005, S. 12 f.). Betrachtet man die Entwicklung des Softwarebestandes im
Verlauf der letzten fünf Jahre, so zeigt sich, dass der Prozentsatz der Schu-
len, die im Besitz von Lernsoftware sind, stark gestiegen ist (von 62% im
Jahr 2001 auf 92% im Jahr 2005). Bis auf die Programmiersprachen fanden
auch die weiteren Softwaretypen stärkere Verbreitung (Zuwächse zwischen
10% bei Werkzeugen, 17% bei Nachschlagewerken und 19% bei Program-
men zur Erstellung multimedialer Angebote; vgl. BMBF 2005, S. 29 f.). Be-
fragt man Schulleiterinnen und Schulleiter, inwiefern der Ausstattungsgrad
Medienausstattung und -nutzung
44

an Software schulische Instruktionsprozesse beeinträchtigt, so sahen über


die Hälfte (57%) keine oder geringfügige Beeinträchtigungen, 34% sahen
Lehr-Lernprozesse teilweise und 9% stark beeinträchtigt (vgl. OECD 2006a,
S. 99).

Bei der Betrachtung der bisher beschriebenen Datenlage ist insgesamt zu


beachten, dass man durch die Erhebung der Nutzungsdaten auf der Ebene
der Schule keinen genauen Aufschluss darüber erhält, inwieweit die Compu-
ter- und Internetnutzung in den Kollegien der Schulen verbreitet ist. Die
Nutzungshäufigkeit lässt sich nur tendenziell abschätzen, da lediglich drei
Kategorien erhoben wurden und die Kategorien „häufig” und „gelegentlich”
große Spielräume in der Interpretation zulassen.

Schulische Nutzungshäufigkeit aus der Sicht der Lehrpersonen:


Medienpä-
Nach einer repräsentativen Befragung des Medienpädagogischen For-
dagogischer schungsverbundes Südwest setzten im Jahr 2003 27% der befragten Lehr-
Forschungs- personen (n=2002) den Computer (ohne Internet) häufig und 22% gele-
verbund
Südwest
gentlich im Unterricht ein. Das Internet nutzten 11% häufig und 21% gele-
gentlich (vgl. mpfs 2003b, S. 40). Da nicht näher angegeben ist, was unter
einer häufigen und einer gelegentlichen Nutzung verstanden wird, bleibt
auch hier ein Spielraum für die Interpretation der Angaben.
Allerdings geben für die Zukunft alle befragten Lehrpersonen an, Medien
verstärkt im Unterricht einsetzen zu wollen. 72% der Lehrkräfte wollen
häufiger mit dem Internet arbeiten, 68% häufiger mit dem PC und 54%
bzw. 69% wollen CD-ROMs und DVDs häufiger in den Unterricht einbringen
(vgl. S. 41).
Dass die Situation von Bundesland zu Bundesland etwas unterschiedlich
e-nitia-
tive.nrw sein kann, zeigen zwei Beispiele aus NRW und aus Bayern: Im Rahmen der
IFS-Evalution e-nitiative für das Land Nordrhein-Westfalen wird die Nut-
zungshäufigkeit differenzierter erfasst. Hier gaben im Jahr 2002 22% der
befragten Lehrpersonen (n=1235) an, den Computer gar nicht zu benutzen,
24% nutzen ihn seltener als einmal im Monat, 20% mindestens einmal im
Monat, 16% mindestens einmal pro Woche und 18% mehrmals pro Woche.
Eine häufige Verwendung des Internets fand bei 11% der Lehrpersonen
statt, eine gelegentliche Nutzung bei 21% der Befragten. Dabei wird in Be-
Nutzung zug auf mögliche Anwendungen der Computer über alle Schulformen hin-
im Fach- weg am häufigsten für die Textarbeit und zur Informationssuche im Internet
unterricht
verwendet (vgl. Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 46, S. 54). Die
Ergebnisse einer für Bayern repräsentativen Studie von Bofinger (2004)
über den Einsatz Neuer Medien im Fachunterricht an verschiedenen Schul-
arten sind vergleichbar. Zum Erhebungszeitpunkt 2002 nutzten 17% der
Lehrkräfte Neue Medien häufiger und regelmäßig und 34% selten oder ge-
legentlich im Fachunterricht, jedoch hat mit 49% fast die Hälfte der Lehr-
kräfte Neue Medien im Fachunterricht überhaupt (noch) nicht eingesetzt.
Der Autor verweist in Bezug auf diese Ergebnisse darauf, dass ein Zusam-
menhang zwischen der Rücklaufquote aus den Schulen (61%) und der Nut-
zung digitaler Medien durch die Lehrkräfte besteht und die Daten damit ein
eher optimistisches Bild vermitteln (Bofinger 2004, S. 11 ff.).
Nutzungs- Betrachtet man die Nutzungshäufigkeit differenziert nach Lehrpersonen an
daten nach den verschiedenen Schulformen, so zeigt sich im Rahmen der Befragung
Schulformen
des mpfs (2003), dass die angegebene häufige Computernutzung bei den
Medienausstattung und -nutzung
45

Lehrpersonen an Grundschulen mit 36% und Lehrpersonen an Hauptschulen


mit 31% über dem Durchschnitt liegt. Dagegen liegt der Prozentsatz der
Lehrpersonen an Realschulen bei 19% und an Gymnasien bei 17%. 68%
der befragten Lehrpersonen gaben an, den Computer (ohne Internet) zu-
künftig häufiger im Unterricht nutzen zu wollen und 72% planen eine häufi-
gere Internetnutzung, so dass der Anteil der Lehrpersonen, die Computer
und Internet im Unterricht nutzen, weiter gestiegen sein wird (vgl. mpfs
2003b, S. 40). Die durchschnittlichen bundesweiten Nutzungsdaten dürfen
allerdings nicht als repräsentative Verteilung für alle Bundesländer gesehen
werden. So zeigen die Befragungsergebnisse von Bofinger für bayerische
Schulen beispielsweise, dass nur 16% der Gymnasiallehrkräfte, 18% der
Realschullehrkräfte, 16% der Hauptschullehrkräfte und 12% der Grund-
schullehrkräfte digitale Medien häufiger oder regelmäßig im Unterricht nut-
zen. Damit ist die Nutzungshäufigkeit an bayerischen Grundschulen am ge-
ringsten ausgeprägt, 64% der Grundschullehrkräfte hatten zum Erhebungs-
zeitpunkt noch keine Neuen Medien im Fachunterricht eingesetzt (vgl. Bo-
finger 2004, S. 15).
Ergebnisse aktueller Untersuchungen zeigen, dass die Zahlen jährlich lang-
Schulen
sam zunehmen und zumindest für Teile der Lehrkräfte an Schulen die Ver- ans Netz
wendung von Computern im Unterricht eine Regelmäßigkeit erlangt hat.
Eine Befragung von Lehrpersonen, die das Schulportal „Lehrer-Online” nut-
zen, zeigt für diese spezifische Gruppe – die jedoch aller Wahrscheinlichkeit
nach im Vergleich zur Gesamtgruppe der Lehrpersonen überdurchschnittlich
häufig einen Computer benutzt – eine deutlich ausgeprägtere Nutzungshäu-
figkeit des Computers sowohl für die Unterrichtsvor- und -nachbereitung als
auch im Unterricht. Über 90% der befragten Lehrpersonen nutzen den
Computer täglich oder mehrmals pro Woche für die Unterrichtsvor- und
-nachbereitung und über die Hälfte setzt den Computer – über alle Fächer
und Klassen hinweg – täglich oder mehrmals pro Woche im Unterricht ein
(vgl. Creß/Hron/Neudert 2006; Darstellung 5.7).

Computernutzung für die Vor-


Computereinsatz im
Häufigkeit und Nachbereitung von
Unterricht
Unterricht
täglich 78,5 16,6
mehrmals
13,8 37,4
pro Woche
mehrmals
4 24,7
pro Monat
seltener 2,2 17,1
nie 1,5 4,3

Darstellung 5.7: Häufigkeit der Computernutzung zur Unterrichtsvor- und -nachbereitung


und im Unterricht (Angaben in Prozent, n=1040; vgl. Creß/Hron/Neudert
2006)

Die hohe Nutzungshäufigkeit – insbesondere im Rahmen der Vor- und


Nachbereitung von Unterricht – lässt sich durch die Vorteile erklären, die die
Lehrpersonen bei der Arbeit mit dem Computer empfinden. 65% bezeichnen
es als voll zutreffend (Skala von „trifft gar nicht zu” = 1 bis „trifft voll zu” =
5), dass der Computer ihnen die Organisation erleichtert (MW= 4,22, SD =
1,32), 49% äußern sich entsprechend in Bezug auf eine Erhöhung der Pro-
Medienausstattung und -nutzung
46

duktivität (MW= 3,99, SD = 1,28)11, 33% in Bezug auf eine Zeitersparnis


(MW= 3,57, SD = 1,3) und 58% empfinden den Computer als Hilfe, um auf
dem Laufenden zu bleiben (MW= 4,17, SD = 1,27; vgl. Creß/Hron/Neudert
2006).
e-nitia- Vergleicht man die Nutzungshäufigkeit des Einsatzes digitaler Medien in den
tive.nrw
jeweiligen Unterrichtfächern, so ergibt sich im Rahmen der Lehrerbefragung
der IFS-Evalution e-nitiative.nrw eine ähnliche Rangfolge der Unterrichtsfä-
cher, wie sie auch nach Einschätzungen auf Schulebene erfolgt ist. Mit Mit-
telwerten (von 1 = „gar nicht” bis 6 = „sehr häufig”) findet in den Fächern
Informatik (4,1), in berufsspezifischen Fächern (3,7), Sachkunde (3,1),
Deutsch (2,9) sowie Mathematik, Erdkunde, Geschichte/Politik (jeweils 2,6)
und Fremsprachen (2,5) eine vergleichweise häufigere Nutzung des Compu-
ters statt als in den Fächern Sport (1,4), Hauswirtschaft (1,5), Philosophie
(1,6), Musik (1,7), Kunst (1,8), Chemie (1,9), Religion (2,1), Physik (2,1)
(vgl. Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 53). Bei der Betrachtung
Nutzungs-
daten nach der Mittelwerte gilt es jedoch zu beachten, dass Mittelwerte von 3 eine sel-
Schul- tene und Mittelwerte von 2 eine sehr seltene Nutzungshäufigkeit bedeuten.
fächern
Damit ist die Nutzungshäufigkeit mit Ausnahme des Faches Informatik und
der berufsspezifischen Fächer in allen Unterrichtsfächern noch sehr gering,
wenngleich jährlich Zuwächse zu verzeichnen sind. Die Studie von Bofinger
kommt in Bezug auf die Rangfolge der Unterrichtfächer zu ähnlichen Ergeb-
nissen (vgl. Bofinger 2004, S. 16).

KIM-Studien Schulische Nutzungshäufigkeit aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler
Im Rahmen der KIM-Studie 2005 gaben 38% der Kinder zwischen 6 und 13
Jahren an, den Computer regelmäßig – d.h. mindestens einmal pro Woche –
in der Schule zu nutzen (vgl. mpfs 2005, S. 28). Dabei nimmt die Nut-
zungshäufigkeit mit dem Alter kontinuierlich zu, signifikante geschlechts-
spezifische Effekte bestehen nicht. In ebenso häufigem Umfang findet die
Computernutzung dieser Altersgruppe bei Freunden statt. Den wichtigsten
Ort der regelmäßigen Computernutzung stellt aber das Zuhause dar. 86%
der Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren nutzen den Computer regelmäßig zu
Hause. Dabei geben 49% der Kinder an, den Rechner auch regelmäßig für
schulische Zwecke zu nutzen, 44% nutzen regelmäßig Lernprogramme und
ein etwas geringerer Prozentsatz (40%) surft regelmäßig im Internet (vgl.
ebd., S. 29).
JIM-Studien In der Altersgruppe der Jugendlichen (12 bis 19 Jahre) geben in der eben-
falls vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest herausgege-
benen JIM-Studie (2005) 17% der Befragten an, digitale Medien im Unter-
richt mehrmals pro Woche oder täglich zu nutzen, 23% nutzen diese mehr-
mals pro Woche (vgl. mpfs 2006, S. 30). Schulformspezifisch ist die Nut-
zung in der Hauptschule am höchsten, gefolgt von Realschule und Gymna-
sium. Wie bei den Kindern spielt auch bei den Jugendlichen die tägliche oder
wöchentlich mehrmalige Computernutzung zu Hause die größte Rolle. Für
die Jungen beträgt der entsprechende Prozentsatz 82%, bei den Mädchen
liegt er bei 69%. Die starke häusliche Nutzung wird durch eine entspre-
chende eigene Ausstattung mit Geräten untermauert. Durchschnittlich be-
sitzen 57% der Jugendlichen einen eigenen Computer oder Laptop, wobei
die Jungen (65%) besser ausgestattet sind als die Mädchen (48%) (vgl.
ebd., S. 32). 37% der Jugendlichen arbeiten täglich oder mehrmals pro

11
MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung
Medienausstattung und -nutzung
47

Woche für die Schule am heimischen Computer, 12% nutzen zudem in


gleicher Häufigkeit Lernprogramme. Im Internet bewegen sich 70% der
Jugendlichen täglich oder mehrmals pro Woche, wobei 29% der Befragten
das Netz dabei auch für die tägliche oder wöchentlich mehrmalige Suche
nach Informationen für die Schule nutzen (vgl. mpfs 2006, S. 31; 39).
Um die Nutzungshäufigkeit in den internationalen Kontext einordnen zu
können, muss auf die Daten der PISA-Studie aus dem Jahr 2003 zurückge-
griffen werden. Hier gaben 23% der 15-jährigen Jugendlichen eine regel-
mäßige schulische Nutzung (meist jeden Tag, einige Male pro Woche), 28%
eine moderate Nutzung (zwischen einmal pro Woche und einmal pro Monat)
und 48% eine seltene oder keine Nutzung (weniger als einmal pro Monat
oder nie) an. Damit liegt die Bundesrepublik in Bezug auf die häufige Nut-
zung im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern auf den hintersten Rängen
(OECD-Durchschnitt: 44%). Da die regelmäßige häusliche Nutzung bei
83% vergleichsweise hoch und über dem OECD-Durchschnitt von 74% liegt,
ergibt sich für die Bundesrepublik auch die OECD-weit größte Differenz
zwischen häuslicher und schulischer Nutzung (vgl. OECD 2006a, S. 37,
102).
e-nitiati-
Entsprechend dem Ergebnis der PISA-Studie 2003, dass 48% der Jugendli- ve.nrw
chen den Computer selten oder nie im Unterricht nutzen, gaben gut ein
Drittel aller befragten Schülerinnen und Schüler im Rahmen der IFS-
Evaluation e-nitiative.nrw an, zum Befragungszeitpunkt in der zweiten
Schuljahreshälfte im Unterricht noch gar nicht mit einem Computer gearbei-
tet zu haben, wobei mit aufsteigenden Jahrgangsstufen ein häufigerer Ein-
satz des Computers im Unterricht zu verzeichnen ist. In Bezug auf die An-
wendungen mit dem Computer gaben entsprechend den Lehrerbefragungen
40% an, häufig oder sehr häufig den Computer für die Informationssuche
im Internet zu nutzen und 29% häufig oder sehr häufig Texte mit dem
Computer zu schreiben. Jedoch liegt der Anteil der Schülerinnen und Schü-
ler, die angeben, dies nie zu tun, mit 24% für die Textproduktion und 19%
für die Internetrecherche auch vergleichsweise hoch. Eine Mehrheit der
Schülerinnen und Schüler gab an, noch nie den Computer zum Üben (55%),
zur Bildbearbeitung (65%), zur Informationsgewinnung durch Software
(65%) oder zur Tabellenkalkulation (52%) verwendet zu haben. In Bezug
auf die Nutzung digitaler Medien in den Unterrichtsfächern gaben mit Aus-
nahme des Faches Infomatik („sehr häufig”: 54%) zwei Drittel der Befrag-
ten an, in den Fächern Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Geschichte/
Politik, Erdkunde, Wirtschaft und Technik noch nie mit digitalen Medien ge-
arbeitet zu haben (vgl. Rösner/Bräuer/Riegas-Stackmann 2004, S. 67, S.
71 ff.). Da schon zwischen den Befragungsergebnissen in den Jahren 2002
und 2003 Zuwächse zu verzeichnen waren, dürfte die Nutzungshäufigkeit
bis zum aktuellen Zeitpunkt weiter gestiegen sein.
Medienausstattung und -nutzung
48

5.3 Zusammenfassung
Die Frage, inwieweit die mit der Integration digitaler Medien in den Unter-
richt verbundenen Erwartungen sich auch erfüllen und welche Lernszenarien
realisiert werden können bzw. wie eine solche Integration noch weiter ange-
regt und unterstützt werden kann, ist nicht zuletzt auch damit verbunden,
welche Infrastruktur an Schulen vorzufinden ist und wie diese genutzt wird.
Rein quantitativ gesehen ist die Ausstattung der Schulen in Deutschland in
den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Das Verhältnis Schüler zu Com-
puter hat sich von 17:1 im Jahr 2002 inzwischen auf 11:1 im Jahr 2005
verbessert. Dies gilt für stationäre Rechner, mobile Technologien spielen
derzeit rein zahlenmäßig noch eine untergeordnete Rolle, die Zuwachsraten
sind jedoch beträchtlich. Differenziert man nach Schularten, so ist die Aus-
stattung der Grundschulen etwas ungünstiger als die der Sekundarschulen,
am besten schneiden die Berufsschulen ab. Wenn auch inzwischen 99% der
deutschen Schulen mit Computern ausgestattet sind, so sind die Vernetzung
und Anbindung aller an den Schulen vorhandenen Rechner an das Internet
noch keine Selbstverständlichkeit. Der Anteil von Schulen mit einem server-
basierten Netzwerk liegt zwischen 83% bei den Berufsschulen, 86% bei den
Sekundarschulen und 54% bei den Grundschulen. Die Prozentsätze der mit
einem solchen Netzwerk verbundenen Rechner liegen bei 84%, 75% und
48%.
Die Anbindung der Schulen wurde bisher in der Regel über ISDN-Anschlüsse
realisiert. Hier setzen sich in den letzten vier bis fünf Jahren kontinuierlich
verstärkt Breitband-Anschlüsse durch (xDSL), so dass im Jahr 2005 nahezu
ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen beiden Anbindungsarten bestand.
Die Ausstattung an deutschen Schulen mit digitalen Medien konnte in den
letzten Jahren kontinuierlich verbessert werden, so dass inzwischen auch
gewisse Mindeststandards der EU von allen Schulformen erreicht sind. Den-
noch liegt Deutschland im internationalen Vergleich noch weit zurück, O-
ECD-Studien zufolge im Jahr 2003 auf den hintersten Rängen.
Deutlich über dem OECD-Durchschnitt liegt die häusliche Verfügbarkeit von
Computern. 83% der Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren hatten im Jahr
2005 Zugriff auf einen Computer zu Hause, für Jugendliche liegt der Pro-
zentsatz bei 98% (im Jahr 2003 hatten 96% der Jugendlichen im Alter von
15 Jahren Zugriff auf einen häuslichen Computer, der OECD-Durchschnitt
lag bei 85%). Während durchschnittlich 12% der Kinder im Jahr 2005 be-
reits einen eigenen Computer besaßen, trifft dies für 57% aller Jugendliche
zu, wobei die Chance auf ein eigenes Gerät vom sozioökonomischen Hinter-
grund beeinflusst wird.
Gemessen am Stand der Technik und an der für eine unterrichtliche Integ-
ration wünschenswerten Infrastruktur, stellt sich die Situation an deutschen
Schulen nicht überzeugend dar. Dennoch besteht eine vergleichsweise hohe
Zufriedenheit der Lehrpersonen mit der Ausstattung. Qualitative Ergebnisse
deuten darauf hin, dass diese Einschätzungen vermutlich darauf zurückzu-
führen sind, dass viele Lehrpersonen sich die Nutzung einer umfangreiche-
ren Ausstattung aufgrund ihrer mediendidaktischen und medienpädagogi-
schen Kompetenzen (noch) nicht zutrauen. Entsprechend gehen Wünsche
weniger in Richtung Ausstattung als in Richtung Fortbildung.
In Bezug auf die Nutzung von Computer und Internet im Unterricht kann
insgesamt auch noch von keiner selbstverständlichen Integration digitaler
Medien in den Unterricht gesprochen werden, wenngleich auch hier die Nut-
zungsdaten in den letzten Jahren zunehmen. In den Grundschulen erfolgt
Medienausstattung und -nutzung
49

ein häufiger Computereinsatz vor allem in den Fächern Deutsch und Mathe-
matik sowie in Arbeitsgemeinschaften, wobei vorrangig Lernsoftware und
multimediale Nachschlagewerke zum Einsatz kommen. In den Sekundarstu-
fen I und II ist ein häufiger Einsatz digitaler Medien vor allem im Fach In-
formatik und in Arbeitsgemeinschaften zu finden, gefolgt von technischen,
naturwissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fächern. An Software werden
vor allem Werkzeuge, Präsentationsprogramme und Programmiersprachen
verwendet. In den Berufsschulen spielen bei der häufigen Nutzung der kauf-
männische Bereich, der gewerblich-technische Bereich und die Informatik
eine besondere Rolle. Entsprechend kommt auch branchenspezifische Soft-
ware zum Einsatz; insgesamt ist die Nutzung verschiedener Softwareange-
bote im Vergleich zu den anderen Schultypen höher. Berücksichtigt man
auch die gelegentliche Nutzung, werden die Nutzungsdaten insgesamt hö-
her und weitere Fächer treten hinzu.
Die Internetnutzung ist im Vergleich zum Computer in der Grundschule
noch geringer. Häufiger Einsatz erfolgt im Sachunterricht und in Arbeitsge-
meinschaften, gefolgt von den Fächern Deutsch und Mathematik. In etwa
drei Viertel der Sekundarschulen nutzen das Internet häufig oder gelegent-
lich in den Naturwissenschaften, in Informatik, in den Gesellschaftswissen-
schaften und in Arbeitsgemeinschaften. Auch hier überwiegt die Nutzung
des Computers gegenüber der Internetnutzung. In den berufsbildenden
Schulen ist die Rangfolge der Fächer, in denen häufig oder gelegentlich
Computer oder Internet eingesetzt werden, jeweils gleich. Relativ ähnlich
hohe Anteile von Schulen geben an, in den Fächern Informatik und Deutsch
sowie in den Gesellschaftswissenschaften und in den Fremdsprachen Com-
puter bzw. Internet einzusetzen. Im Zeitraum von 2003 bis 2005 ist die
Computernutzung in den Schulen insgesamt in allen Fächern gestiegen, in
den Naturwissenschaften und in den Fremdsprachen konstant geblieben.
Die Internetnutzung hat – über alle Schulen gesehen – in allen Fächern zu-
genommen.
Mit Blick auf die Lehrpersonen stellt sich die Verwendung digitaler Medien
im Unterricht so dar, dass im Jahr 2003 insgesamt knapp die Hälfte der
Lehrpersonen Computer häufig oder gelegentlich im Unterricht einsetzen,
das Internet verwendet ein Drittel der Lehrerschaft an allgemeinbildenden
Schulen häufig oder gelegentlich. Allerdings geben die Lehrpersonen an, in
Zukunft Medien verstärkt einsetzen zu wollen. 72% wollen häufiger mit dem
Internet arbeiten, 68% mit dem PC. Dennoch beläuft sich der Anteil der
Lehrerinnen und Lehrer, die z.B. digitale Medien im Fachunterricht noch gar
nicht eingesetzt haben, auf bis zu 50%. Neben schul- und bundeslandspezi-
fischen Unterschieden muss allerdings bei solchen Daten beachtet werden,
dass es in vielen Fällen keine genauen Festlegungen für eine häufige oder
seltene Nutzung gibt. In der Tendenz zeigen die empirischen Daten, dass je
nach Schulart eine Kerngruppe im Umfang von 10% bis 30% der Lehr-
personen zu den regelmäßigen Anwendern digitaler Medien im Unterricht
gehört. Solche Gruppen stellen auch die hauptsächlichen Nutzer von Online-
Angeboten für Lehrer dar. Über 90% von ihnen nutzen den Computer auf-
grund der damit verbundenen Vorteile täglich oder mehrmals pro Woche für
die Vor- und Nachbereitung des Unterrichtes und über die Hälfte setzt den
Computer auch täglich oder mehrmals pro Woche im Unterricht ein.
Einer in der Breite insgesamt noch geringen Nutzung digitaler Medien im
Unterricht steht eine bei Kindern und Jugendlichen häufige Computernut-
zung zu Hause gegenüber. In der Altersgruppe zwischen 6 und 13 Jahren
Medienausstattung und -nutzung
50

nutzten im Jahr 2005 38% den Computer regelmäßig (mindestens einmal


pro Woche) in der Schule, 86% arbeiteten mit dem Computer regelmäßig zu
Hause. Bei den Jugendlichen nutzen 17% den Computer täglich oder mehr-
mals pro Woche in der Schule, 76% tun dies mit der gleichen Häufigkeit zu
Hause. Allerdings ist die häusliche Nutzung nicht auf außerschulische Belan-
ge beschränkt, sondern schließt Lernaktivitäten für den Unterricht mit ein.
Die Befunde aus nationalen Studien werden durch internationale Untersu-
chungen mit deutscher Beteiligung gestützt. Nimmt man die regelmäßige
schulische Nutzung (d.h. meist jeden Tag oder einige Male pro Woche) als
Kriterium, dann liegt Deutschland bei der Gruppe der 15-Jährigen im OECD-
Vergleich auf dem letzten Rang. Mit einer im Vergleich zu den übrigen O-
ECD-Staaten überdurchschnittlich häufigen häuslichen Nutzung weist die
Bundesrepublik zudem die OECD-weit größte Differenz zwischen schulischer
und häuslicher Nutzung auf.
51

6 Wirkungen digitaler Medien


Es ist nahe liegend, dass die Bedeutung digitaler Medien in der Schule auch
daran festgemacht wird, inwieweit bestimmte Wirkungen mit ihrer Nutzung
verbunden sind oder anders ausgedrückt, ob sich die Erwartungen auch
empirisch belegen lassen. Daher werden im folgenden Kapitel verschiedene
Wirkungsbereiche – Fachleistungen, Schlüsselqualifikationen, Unterrichts-
kultur und Schulentwicklung – in den Blick genommen.
Da es sich bei den zugrunde liegenden Studien forschungsmethodisch um
sehr unterschiedliche Zugänge handelt, werden an verschiedenen Stellen
entsprechende methodische Hinweise eingebracht. Eine zusammenfassende
Reflexion forschungsmethodischer Probleme findet sich am Schluss des
Kapitels.

6.1 Digitale Medien und Fachleistungen

Die OECD-Studie „Are students ready for a technology-rich world?”


In der bereits erwähnten OECD-Studie „Are students ready for a technolo- OECD
gy-rich world” wurden Ergebnisse der PISA-Studie 2003 unter der Frage
eines Zusammenhangs zwischen ICT-Erfahrung, ICT-Zugängen, schulischer
sowie häuslicher ICT-Ausstattung und den Leistungsständen der Befragten
ausgewertet. Die Datenbasis umfasst neben den Aussagen der Schüler auch
Angaben der Schulleitungen (vgl. OECD 2006a, S. 11).
Für Deutschland ergab die Analyse der repräsentativen Daten folgende Zu-
sammenhänge in Bezug auf Fachleistungen und digitale Medien (vgl. OECD
2006b):
- Die Verfügbarkeit von Computern zu Hause korreliert signifikant mit den Zentrale
PISA-Testwerten in Mathematik. Dies gilt auch dann, wenn der sozioöko- Korrela-
nomische Status berücksichtigt wird12. tionen

12
Zum ESCS vgl. Fußnote 10 in Abschnitt 5.1
Wirkungen digitaler Medien
52

Mathematische Kompetenz
Computer zuhause
verfügbar 519 (514) Unterschied 79 Pkte., nach ESCS-
Computer zuhause nicht 440(453) Bereinigung 32 Pkte. (signifikant)
verfügbar
Computer in der Schule
verfügbar 520 (506) Unterschied 8 Pkte., nach ESCS-
Computer in der Schule 512 (480) Bereinigung -4 Pkte. (nicht signif.)
nicht verfügbar

Darstellung 6.1: Zusammenhang zwischen Verfügbarkeit von Computern und PISA-


Testwerten in Mathematik (Klammerwerte = OECD-Durchschnitt, vgl.
OECD 2006a, S. 117)

- Schüler, die über eine längere Erfahrung im Umgang mit Computern ver-
fügen, erreichen bessere Testwerte in Mathematik als diejenigen, die nur
über geringe oder keine Erfahrung verfügen.

Computererfahrung
1-3 Jahre 3-5 Jahre > 5 Jahre
Differenz in PISA-Testwerten Mathematik
(nach ESCS-Bereinigung)
weniger als 1 Jahr
Computererfahrung -56 (-34) -92 (-57) - 97 (-55)

Darstellung 6.2: Zusammenhang zwischen Computererfahrung und PISA-Testwerten in


Mathematik (vgl. OECD 2006a, S. 117; alle Unterschiede signifikant)

- Die Schüler, die den Computer in der Schule in mäßigem Umfang und zu-
hause häufig nutzen, erreichen auch die höchsten Testwerte in Mathe-
matik. Dieser Zusammenhang ist nicht signifikant (vgl. auch Schleicher
2006, S. 61).
- Zwischen der Häufigkeit der Computernutzung zu Hause und den PISA-
Testwerten in Mathematik besteht ebenfalls ein positiver, nichtlinearer
Zusammenhang, der signifikant ist.

Computernutzung in der Schule Computernutzung zuhause


selten gemäßigt häufig selten gemäßigt häufig
mathemat. 508 528 515 472 506 522
Kompetenz

Darstellung 6.3: Zusammenhang zwischen Häufigkeit der Computernutzung und PISA-


Testwerten in Mathematik (vgl. OECD 2006a, S. 120)

- Die Schüler, die das Internet und Computerspiele bzw. Lernsoftware und
Standardprogramme in mittlerem Umfang nutzen, erreichen die ver-
gleichsweise höchsten Testwerte in Mathematik und beim Lesen.
Wirkungen digitaler Medien
53

PISA-Testwerte Mathematik
530

520

510

500

490

480

470
unteres Viertel zweites Viertel drittes Viertel oberes Viertel

Nutzergruppen nach Häufigkeit

Internetnutzung und Computerspiele


Standardprogramme und Lernsoftware

530
PISA-Testwerte Lesen

520
510
500
490
480
470
460
450
unteres zweites drittes Viertel oberes Viertel
Viertel Viertel
Nutzergruppen nach Häufigkeit

Internetnutzung und Computerspiele


Standardprogramme und Lernsoftware

Darstellung 6.4: Zusammenhang zwischen Arten der Computernutzung und PISA-


Testwerten in Mathematik und Lesen (vgl. OECD 2006a, S. 65)

- Hohe Selbsteinschätzungen im Hinblick auf die Bewältigung von computer-


bezogenen Aufgaben korrelieren stark mit hohen PISA-Testwerten in
Mathematik.

Auf den ersten Blick legen die Ergebnisse dieser Studie den Eindruck posi-
Auswertungs-
tiver Auswirkungen der Nutzung digitaler Medien auf die Schulleistungen problematik
nahe, die Daten sind in mehrfacher Hinsicht jedoch vorsichtig zu inter-
pretieren.
a) Zum einen handelt es sich bei den berechneten Daten um Korrelationen
zwischen einzelnen Items, die keinerlei Aussagen über mögliche ursäch-
liche Zusammenhänge zulassen. Dementsprechend ist es zulässig zu
sagen, dass eine gemäßigt häufige Nutzung von Lernsoftware mit hohen
Schulleistungswerten einhergeht, unzulässig ist jedoch beispielsweise die
Aussage, dass eine häufige Nutzung von Lernsoftware sich ungünstig auf
die Schulleistung auswirke. Die Ergebnisse sind in erster Linie geeignet,
Wirkungen digitaler Medien
54

nach möglichen Erklärungen zu fragen und entsprechende Hypothesen zu


bilden (s.u.).
Interpreta-
Welchen Interpretationsspielraum die Daten lassen, zeigt auch das fol-
tionsvarian- gende Beispiel (vgl. Darstellung 6.5). Betrachtet man den Anteil der
ten Schüler, die angeben, häufig mathematische Lernsoftware zu verwenden,
zeigt sich, dass der entsprechende Anteil in den Ländern am höchsten ist,
die die schlechtesten PISA-Ergebnisse erzielt haben. Versucht man dies
zu interpretieren, wären verschiedene Erklärungen denkbar – z.B.:
- die leistungsschwachen Länder versuchen, das Defizit über den ver-
stärkten Einsatz von Lernsoftware zu kompensieren, haben aber bisher
keinen sichtbaren Erfolg erzielt,
- Lernsoftware kann die Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler
nicht deutlich steigern,
- der häufige Einsatz von Lernsoftware führt zu Demotivierung und Leis-
tungsabfall,
- die Nutzung der Software geschieht nicht in geeigneten didaktischen
Settings, so dass sie eher kontraproduktiv wirkt usw.

Anteil von Schülern, die PISA-Rang


häufig Lernsoftware
nutzen
Polen 26% 21
Türkei 25% 26
Griechenl. 22% 27
Italien 20% 25
OECD Ø 13%
Deutschland 11% 16

Darstellung 6.5: Häufige Nutzung von Lernsoftware und PISA-Rang (vgl. OECD 2006a,
S. 106)

Mit Bezug auf die generelle Nutzung von Computern kann auch vermutet
werden, dass die vor dem Computer verbrachte Zeit zu Lasten effektiver
Lernzeit geht und daher eine nur moderate Nutzung zwischen einmal
wöchentlich oder nur einmal im Monat mit den höchsten PISA-Testwerten
einhergeht.
In der Interpretation der Ergebnisse weist auch die OECD darauf hin, eine
stärker prozessbezogene Sichtweise zur Aufklärung der Zusammenhänge
einzunehmen: „If high amounts of computer usage at school are not as-
sociated with the better performing students, teachers may need to look
more closely at the manner of this usage. Stronger supervision and struc-
tured lessons, involving the setting of concrete tasks to be achieved using
computers, may improve their impact on performance” (OECD 2006a,
S. 64).
Das Beispiel macht deutlich, dass es wenig gewinnbringend ist, über
Ursachen zu spekulieren, sondern wesentlich sinnvoller, theoriegeleitet
nach möglichen Ursachen bzw. Zusammenhängen zu suchen und diese
dann einer empirischen Überprüfung zu unterziehen (vgl. Abschnitt 6.5).
Mit Bezug auf den möglicherweise kontraproduktiven Einsatz von digita-
len Medien im Unterricht gibt es beispielsweise Hinweise darauf, dass die
Handlungsmuster von Lehrpersonen einen deutlichen Einfluss auf die
Lernwirksamkeit von Software haben und eine Übertragung tradierter
Wirkungen digitaler Medien
55

Muster – z.B. aus dem fragend-entwickelnden Unterricht – auf die unter-


richtliche Arbeit mit bestimmten Softwaretypen – z.B. Simulationen oder
Experimentierumgebungen – eher lernhinderlich wirken könnte.

b) Auf eine weitere Problematik der Auswertung von PISA-Ergebnissen im


Hinblick auf ICT und Fachleistungen weisen Fuchs/Wößmann (2004,
2005) am Beispiel der Daten von 2000 hin. Die Autoren reanalysieren ein
Sample von Mikrodaten aus der internationalen Stichprobe (nMathematik= Forschungs-
methodische
96855, nLesen = 174227; vgl. 2004, S. 6) und problematisieren, dass bei
Probleme
der offiziellen Veröffentlichung der PISA-Ergebnisse häufig lediglich biva-
riate Korrelationen betrachtet werden. Bei der Analyse von Schülerleis-
tungen vor dem Hintergrund der Verfügbarkeit von Computern würden
auf diese Weise Faktoren ausgeblendet, die die Schülerleistungen beein-
flussen können (vgl. 2005, S. 5). Wenn beispielsweise der berufliche Sta-
tus der Eltern sowohl positiv mit den Schülerleistungen als auch mit der
Anzahl der Computer im Haushalt korreliere, dann könne eine bivariate
Korrelation zwischen der Anzahl der Computer und der Schülerleistung
einen Zusammenhang suggerieren, den es faktisch möglicherweise gar
nicht gibt. Eine Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen, bestehe in der
Durchführung multivariater Analysen. Vor diesem Hintergrund berechnen
Fuchs/Wößmann den Zusammenhang zwischen den PISA-Testwerten in
Mathematik und der Verfügbarkeit bzw. der Nutzung von Computern zu
Hause und in der Schule unter Einbeziehung verschiedener Kontroll-
variablen13.
Für den Zusammenhang zwischen der schulischen Ausstattung und den
PISA-Testwerten in Mathematik ergibt sich das in Darstellung 6.6 gezeig-
te Bild.
Die Daten zeigen, dass bei einer bivariaten Korrelation ein statistisch sig-
nifikanter Effekt von mehr als -40 Punkten auf die Testleistungen sugge-
riert wird, der allerdings bei der Kontrolle weiterer Variablen zunehmend
geringer wird und schließlich sogar insignifikant wird: „Der Einfluss der
Computerausstattung einer Schule auf die PISA-Leistungen der Schüler
lässt sich nicht signifikant von null unterscheiden, obwohl die Schätzun-
gen statistisch sehr präzise sind. Das gleiche Ergebnis … ergibt sich auch,
wenn man … die Anzahl der in der Schule verfügbaren Personalcomputer
betrachtet” (2005, S. 8). Die von Fuchs/Wößmann auf Basis der interna-
tionalen Stichprobe errechneten Effekte bleiben auch bestehen, wenn nur
die deutschen PISA-Daten betrachtet werden.

13
Eine solche Kontrollvariable in Form des sozioökonomischen Status ESCS ist auch in die
Auswertung der PISA-Daten von 2003 einbezogen worden (vgl. OECD 2006a). Dort hat
sich gezeigt, dass die Korrelationen deutlich sinken bzw. sogar negativ werden (vgl. OECD
2006a, S. 117).
Wirkungen digitaler Medien
56

Ressourcenausstattung
keine Kontrollvariablen
Multivariate

familiären Hintergrund
Schülereigenschaften
Korrelatio-

Zus. Kontrolle für


Zus. Kontrolle für

Länderunterschiede
Schuleigenschaften

Zus. Kontrolle für


Zus. Kontrolle für
nen

Kontrolle für

schulische

weitere
5
Effekte auf die PISA-Leistung (Math.)

0 -0,3 1,4 1,7 -0,5


-2,7 -2,3 -1,3
-1,6
-5 -4,4
-15,6
-10

-15 -31,8
-20 -40,7
-25

-30

-35

-40

-45

kein Computermangel starker Computermangel

Darstellung 6.6: Computerausstattung in der Schule und PISA-Leistungen [internatio-


nal] in Mathematik (vgl. Fuchs/Wößmann 2004, S. 14; 2005, S. 8)

In der Tendenz ähnlich bleibt bei Einbezug der o.g. Kontrollvariablen der
Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Computer- bzw. Internetnut-
zung und den Schulleistungen in Form eines umgekehrten „U” (vgl. Darstel-
lung 6.7). Eine mögliche Erklärung dieses signifikanten Zusammenhangs
sehen die Autoren in einem moderaten optimalen Nutzungsniveau, das bei
Überschreitung möglicherweise wirkungsvollere klassische Formen der Un-
terrichtsgestaltung verdrängt. Eine andere Erklärung basiert auf der mög-
lichen selektiven Verwendung von Computer und Internet in der Schule in
Abhängigkeit von den Lernvoraussetzungen. Wenn Lehrpersonen nur dann
IKT im Unterricht einsetzen, wenn sie meinen, dass die Klasse damit auch
umgehen kann, können systematische Verzerrungen entstehen, indem z.B.
Leistungen der schwachen Schüler auf fehlende Computernutzung zurück-
geführt werden anstatt andersherum (vgl. Fuchs/Wößmann 2005, S. 9).
Wirkungen digitaler Medien
57

1
Effekte auf die PISA- 0
-1
-2 -1,9
Leistungen

-3
-4 -3,7

-5
-6 -6,3
-7 -6,7

-8
niemals o der sehr selten bis zu mehrmals pro M o nat mehrmals pro Wo che

C omputernutzung Internetnutzung

Darstellung 6.7: Computer-/Internetnutzung in der Schule und PISA-Leistungen [interna-


tional] in Mathematik (vgl. Fuchs/Wößmann 2004, S. 15; 2005, S. 9)

Die Studie von Fuchs/Wößmann macht deutlich, dass eine vorschnelle In-
terpretation bivariater Zusammenhänge zu irrtümlichen Aussagen führen Multivariate
kann. Korrelatio-
nen
Allerdings ist auch die Anwendung multivariater Verfahren nicht in jedem
Fall unumstritten. So weist die OECD die Kritik am „methodischen Analpha-
betismus” zurück und weist darauf hin, dass das in den Analysen von Fuchs/
Wößmann verwendete Regressionsmodell nicht angemessen sei und wichti-
ge Variablen, z.B. die Dauer der Erfahrung mit Computern, nicht einbezogen
worden seien (vgl. Schleicher 2006; Wagner 2006, S. 59).
Allerdings sind die Befunde von Fuchs/Wößmann auch nicht so auszulegen,
dass der Einsatz von Computern in der Schule nun insgesamt nicht sinnvoll
sei. Dies sehen auch die Autoren so: „Sie [die Ergebnisse] verdeutlichen Diskussion
allerdings, dass ein solches positives Potenzial beim bisherigen Einsatz in
der Schule nicht ausgeschöpft wurde und die Computernutzung zu Lehrzwe-
cken vermutlich andere effektive Unterrichtsformen verdrängt hat. In dieser
Hinsicht scheint es geboten, vor einem großflächigen Einsatz von Compu-
tern in Schulen eine effektive Einsatzmöglichkeit von Computern im Unter-
richt zu finden und deren Wirksamkeit in Feldstudien zu verifizieren” (2005,
S. 9).
Die Diskussion um mögliche Schieflagen in der Auslegung der Datenanalyse
ist noch nicht abgeschlossen. Zu berücksichtigen ist dabei auch eine grund-
sätzlich unterschiedliche Grundeinstellung gegenüber digitalen Medien.
Während die OECD davon ausgeht, dass digitale Medien einen kulturellen
Wandel bedeuten und ihnen dementsprechend – unabhängig von ihrem Ein-
fluss auf Schulleistungen – einen hohen Stellenwert als Kulturtechnik mit
entsprechenden Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zuschreiben, geht das
ifo-Institut davon aus, dass die Fähigkeit der Computernutzung ursächlich
keine Erträge auf dem Arbeitsmarkt erbringe (vgl. Fuchs/Wößmann 2005,
S. 3). Vor dem Hintergrund solcher Grundannahmen wird deutlich, dass
Argumentationslinien zur Relevanz digitaler Medien in der Schule deutlich
unterschiedlich verlaufen und zum Teil eng geführt werden (vgl. auch Wöß-
mann 2006; Schleicher 2006).
Wirkungen digitaler Medien
58

Evaluationsstudien zum Lernen mit Laptops


Mit der Auswertung des Projekts „Laptop-Klassen – Lernen für die Zukunft”,
Laptop-
Klassen das in Kooperation zwischen der Bertelsmann-Stiftung und dem Evange-
lisch-Stiftischen Gymnasium in Gütersloh durchgeführt wurde, liegen erste
empirische Daten über die Wirkungen Notebook-gestützten Unterrichts vor.
Die Evaluationsstudie von Schaumburg/Issing (2002) ist eine Einzelfall-
studie, in der neben unterrichtspraktischen Veränderungen, Veränderungen
der Lernkultur und dem Erwerb von Schlüsselqualifikationen auch die Er-
reichung curricularer Ziele untersucht wurde. Die Ergebnisse werden im Fol-
genden auch in einigen Details dargestellt, da es sich um eine eher seltene,
aber für die Unterrichtforschung sehr bedeutsame Form von Evaluations-
studie handelt (vgl. dazu auch Abschnitt 6.5).
Die Stichprobe für die Analyse der fachlichen Leistungen in den Fächern
Mathematik und Deutsch bildeten eine Evaluationsgruppe (n = 44), die seit
Mathematik ca. drei Jahren mit dem Laptop arbeitete, und eine Kontrollgruppe (Nicht-
Laptop-Schüler, n = 46, vgl. S. 148). Die beiden Gruppen wurden nach kog-
nitiver Fähigkeit und Geschlecht parallelisiert und zeitversetzt einem mathe-
matischen Leistungstest unterworfen, den sie ohne Computer bearbeiteten.
In der Gesamtwertung des Tests zeigen die beiden Gruppen nur einen ten-
denziell signifikanten Unterschied auf multivariatem Niveau, auf der Ebene
der Einzelskalen ist das Ergebnis der Laptop-Gruppe im Teilbereich Sach-
rechnen jedoch signifikant höher (vgl. S. 149).
Die Ergebnisse werden von den Autoren insgesamt als positiv interpretiert,
da berücksichtigt werden müsse, dass in der Evaluationsgruppe neben die
Vermittlung der Rechenwege per Hand und mit dem Computer noch die
Vermittlung der computerbezogenen Fähigkeiten trat und entsprechend
weniger Zeit für die fachlichen Inhalte zur Verfügung stand (vgl. S. 150).
Deutsch
Dieselben Klassen wurden im Fach Deutsch auf eine Veränderung in der
Fähigkeit zur Textproduktion getestet. Die Evaluationsgruppe wurde in eine
Hälfte geteilt, die die Aufgabe am Computer bearbeitete, die andere schrieb
den Aufsatz mit der Hand. Beurteilt wurden die Aufsätze nach den Kriterien
Inhalt, Aufbau, Ausdruck und sprachliche Richtigkeit. Die drei Gruppen wur-
den wieder nach Geschlecht und kognitiver Fähigkeit parallelisiert.

Evaluationsgruppe Evaluationsgruppe
Kontrollgruppe, n = 28 (Computer), n= 28 (Papier), n = 28
Inhalt (Note 1-6) MW= 3.3 (SD = .95) MW = 2.64 (SD = .90) MW = 3.18 (SD = .84)
Aufbau (Note 1-6) MW = 3.49 (SD = .77) MW = 3.03 (SD = .87) MW = 3.42 (SD = .94)
Ausdruck (Note 1-6) MW = 3.20 (SD = .87) MW = 2.68 (SD = .90) MW = 3.17 (SD = .81)
Sprachliche Richtigkeit MW = 4.27 (SD = 2.03) MW = 3.11 (SD = 2.11) MW = 2.96 (SD = 1.76)
(Fehler x 100/Wortzahl)
Wortzahl MW = 323 (SD = 103.48) MW = 420 (SD = 108.93) MW = 323 (SD = 100.27)

Darstellung 6.8: Ergebnisse des Leistungstests im Fach Deutsch (Mittelwerte, Schaum-


burg/Issing 2002, S. 154; vgl. auch Schaumburg 2006, S. 34)

Die in Darstellung 6.8 angegebenen Mittelwerte der Ergebnisse des Leis-


tungstests unterscheiden sich zwischen den Gruppen zum Teil in signifikan-
ter Weise. Insbesondere zwischen der Evaluationsgruppe, die den Test mit
dem Computer bearbeitete, und den beiden anderen Gruppen zeigen sich
signifikante Unterschiede (vgl. Darstellung 6.9). Sie deuten darauf hin, dass
eine Leistungssteigerung eng an die Arbeit mit dem Laptop geknüpft ist und
sich nicht in jedem Falle auf das handschriftliche Schreiben überträgt. Als
Wirkungen digitaler Medien
59

weitere Kernergebnisse können festgehalten werden (vgl. Schaumburg/


Issing 2002, S. 156):
- Produktion längerer Texte mit ausführlicheren und mit mehr Beispielen
illustrierten Argumenten durch eine höhere Motivation,
- gestiegene Ausdrucksfähigkeit durch die Möglichkeit, mit Formulierungen
zu experimentieren oder Alternativen im Thesaurus zu suchen,
- Verbesserung der Rechtschreibleistung – auch bei der Arbeit ohne Com-
puter.
Die quantitativen Befunde konnten in ergänzenden Interviews untermauert
werden: „In den Interviews äußerten Lehrer und Schüler mehrheitlich die
Auffassung, die fachlichen Leistungen hätten sich durch die Arbeit mit Lap-
tops nicht verändert. … Insgesamt deuten die Ergebnisse damit darauf hin,
dass sich die Leistungen der Schüler im Laptop-Projekt im Vergleich zu
einer traditionell unterrichteten Kontrollgruppe in den ersten drei Projekt-
jahren trotz der Einarbeitung in die Bedienung der Laptops nicht verschlech-
tert und in Teilbereichen verbessert haben” (S. 168).

Evaluationsgruppe Kontrollgruppe, n = 28
(Papier), n = 28
Evaluationsgruppe Inhalt Ausdruck Inhalt Ausdruck
(Computer), n= 28 Wortzahl Aufbau sprachl. Richtigkeit
Wortzahl

Darstellung 6.9: Testbereiche mit signifikanten Unterschieden in den Aufsatzleistungen


zugunsten der Evaluationsgruppe mit Laptops (vgl. Schaumburg/Issing
2002, S. 155)

Vergleicht man die Ergebnisse der Laptop-Studie mit Studien aus den
1980er- und 1990er-Jahren, so sind die nachgewiesenen Effekte wesent- Rahmenbe-
licher deutlicher. Dies lässt sich vermutlich auf die günstigeren Rahmen- dingungen
bedingungen zurückführen (vgl. Schaumburg 2006, S. 42 f.). Die Schüler
hatten eigene Geräte zur Verfügung, die sie langfristig und kontinuierlich
nutzen konnten und die Textverarbeitungsprogramme sind weit anwender-
freundlicher geworden und verursachen kaum Probleme im Umgang. Inso-
fern ist bei der Frage nach lernförderlichen und leistungssteigernden Effek-
ten immer auch zu berücksichtigen, inwiefern sich neue Technologien und
entsprechende Softwareprodukte als routinisierte Praxis etabliert haben und
nicht durch softwareergonomische Probleme oder sporadische Nutzung zu
Artefakten oder irreführenden Ergebnissen führen.
Interessant ist darüber hinaus die beabsichtigte Weiterführung der Studie
(vgl. ebd.), in der die Ergebnisse zum Anlass genommen werden, stärker
den Schreibprozess selbst in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken und
darüber die Ursachen für das bessere Abschneiden der Laptop-Klassen noch
eindeutiger zu identifizieren (vgl. dazu auch Abschn. 6.5).

In der bereits angesprochenen Einzelfallstudie zum Laptop-Lernen von Laptop-


Studie
Reinmann/Häuptle (2006) wurden ebenfalls u.a. die fachlichen Schülerleis-
tungen in den Blick genommen, wenngleich sie nicht im Mittelpunkt stan-
den. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass
- sich die Leistungen im Fach Deutsch in den Notebook-Klassen nicht ver-
schlechtert, sondern leicht verbessert haben (allerdings etwas geringer als
Wirkungen digitaler Medien
60

in den Nicht-Laptop-Klassen; getestet wurden Textverständnis, Ausdrucks-


fähigkeit und Rechtschreibung),
- sich die Leistungen in den Fächern Geschichte, Sozialkunde, Erdkunde
nicht verschlechtert, aber auch nicht verbessert haben (kontrolliert wurden
die Schulnoten, vgl. S. 35 f.).

Weitere Studien
Im Modellversuch „Selbstlernen in der gymnasialen Oberstufe – Mathe-
Modellver- matik” (SelMa) in den Jahren 1999-2003 in NRW stand die Frage im Vor-
such SelMa
dergrund, wie Mathematikunterricht zu gestalten ist, um Eigentätigkeit und
selbstreguliertes Lernen mit digitalen Medien zu fördern (vgl. Schulz-
Zander/Preussler 2005, S. 214). Im Rahmen des Modellversuchs wurden
didaktische Szenarien und Materialien für Selbstlernphasen im Mathematik-
unterricht entwickelt und in zehn Schulen erprobt. Für die Bearbeitung von
Aufgaben wurden insbesondere Computer-Algebra-Systeme bzw. grafikfähi-
ge Taschenrechner verwendet. Die der Untersuchung zugrunde liegende
Stichprobe ist nicht repräsentativ und umfasst 712 Schüler (quantitative
Befragung) sowie verschiedene Stichproben für die Aufnahme qualitativer
Daten (vgl. im Detail Büchter/Preussler/Schickhaus/Schulz-Zander 2002,
S. 16 ff.).
Die Ergebnisse weisen für den empfundenen Lernerfolg nur vergleichsweise
geringe Skalenwerte auf (vgl. Darstellung 6.10). Am förderlichsten werden
die Eigenschaften der Veranschaulichung und die Möglichkeiten der Aneig-
nung neuer Themen eingeschätzt. Ein höherer Lernerfolg aufgrund der
Medien wird eher skeptisch gesehen. Eine gegenpolige Aussage „Mit den
Neuen Medien dauert alles viel länger, so dass ich letztlich viel weniger in
Mathe gelernt habe” findet durchschnittlich teilweise Zustimmung (Mittel-
wert 3,1 auf einer 5-stufigen Skala von 1=„trifft gar nicht zu” bis 5=„trifft
voll und ganz zu” (vgl. S. LV).
Wenn diese Ergebnisse auch zunächst eine insgesamt sehr geringe Wirkung
Leistungs- des Medieneinsatzes auf den Lernerfolg ausweisen, so klärt sich das Bild,
differenzen
wenn einzelne Variablen kontrollierend hinzugezogen werden. So korrelieren
die Skalen „Förderung Verständnis und Motivation durch Medien” und
„Selbstständigkeit” mit einem Koeffizienten von U=0.573 (vgl. S. LXXXII).
Dies ist ein Hinweis darauf, dass insbesondere die Schülerinnen und Schü-
ler, die über ausgeprägtere Fähigkeiten zur Selbstregulation verfügen, auch
am stärksten vom Medieneinsatz profitieren. Eine negative Korrelation zwi-
schen dem empfundenen Lernerfolg und dem Wunsch, mehr Hilfe durch die
Lehrperson zu erhalten, bestärkt dies. Darüber hinaus zeigen leistungsstar-
ke Schüler auch höhere Werte in der Einschätzung ihrer medienbezogenen
Fähigkeiten (vgl. S. LXXXIX).
Leistungsschwächere Schüler fühlen sich signifikant häufiger im Unterricht
überfordert und führen dies auf kumulative Effekte zurück, die durch über-
wiegend neue Inhalte, neue Methoden des Selbstlernens und die – häufig
erstmals erfahrene – Arbeit mit digitalen Medien entstehen (vgl. Schulz-
Zander/Preussler 2005, S. 224 f.).
Wirkungen digitaler Medien
61

Skala Lernerfolgssteigerung Skala Förderung Motivation und


MW Verständnis durch Medien MW
2,25 (n=682) Neue Medien eignen sich am besten, um zu 2,89 (n=687)
Ich habe das Gefühl, dass ich in Mathematik
üben
mit den Medien mehr gelernt habe

Ich habe das Gefühl, dass ich die 2,29 (n=701) Neuen Stoff eigne ich mir am liebsten selbst 3,29 (n=685)
mathematischen Probleme besser verstanden mit neuen Medien an
habe
Ich kann meinen Lernfortschritt jetzt besser 2,41 (n=699) 2,96 (n=676)
Neue Medien machen den Stoff interessanter
kontrollieren
Das Arbeiten mit den Neuen Medien hat 1,96 (n=603)
meine Klausurnote verbessert Mit neuen Medien konnten mathemat. 3,18 (n=682)
2,66 (n=703) Modelle besser veranschaulicht werden
Ich kann meinen Leistungsstand bei dieser
Art zu lernen sehr gut selbst einschätzen

Skala: 1= trifft nicht zu, 2= trifft eher nicht, zu 3 =trifft teilweise zu, 4= trifft weitgehend zu, 5= trifft voll und ganz zu

Darstellung 6.10: Skalenwerte zum Lernerfolg und Verständnis (vgl. Büch-


ter/Preussler/Schickhaus/Schulz-Zander 2002, S. LXXIII, LXXV)

Im Rahmen des BLK-Modellversuchs „Systemische Einbeziehung von SEMIK


Medien, Informations- und Kommunikationstechnologien in Lehr- und Lern-
prozesse” (SEMIK) von 1998-2003 wurden 25 Einzelvorhaben in den Berei-
chen Unterrichtskonzepte, Schulentwicklung, Curriculumentwicklung, Lehre-
raus- und -fortbildung sowie technische Tools durchgeführt und wissen-
schaftlich begleitet (vgl. Gräsel et al. 2004, S. 7 ff.).
Mit Hilfe einer – die Einzelprojekte übergreifenden – Befragung wurden die
Zieldimensionen des Gesamtprojekts summativ erfasst, nicht zuletzt auch,
um Entscheidungshilfen für zukünftige Maßnahmen zu gewinnen. In Bezug
auf den mit dem Computereinsatz verbundenen Lernerfolg (vgl.
Mandl/Hense/Kruppa 2003, S. 26 f.) schätzen die Schüler ihren Lernerfolg
vergleichsweise zurückhaltend ein, die Lehrpersonen nehmen vor allem in
der zunehmenden Konzentration, der allgemeinen Lernleistung, im Ver-
ständnis und im Transfer Lerngewinne im Vergleich zum herkömmlichen
Unterricht wahr (vgl. S. 250).

Lernerfolg Schüler Lernerfolg Lehrer


Durch den Computer kann 2,93 Konzentration und 3,91
ich besser lernen (1,19) Aufmerksamkeit (0,80)
Durch die Arbeit am 3,05 3,43
Lernleistung allgemein
Computer verbessere ich (1,14) (0,75)
meine Leistungen Verständnis des 3,41
Unterrichtsstoffes (0,76)
3,35
Transferleistung
(0,74)
(1= trifft nicht zu, …, 5= trifft voll und ganz (1= niedriger, 2= etwas niedriger, 3= gleich
zu) hoch, 4= etwas höher, 5= viel höher)
n=4160 n=298

Darstellung 6.11: Subjektive Einschätzung des Lernerfolgs (Schüler) und Auswirkungen


des Einsatzes Neuer Medien im Vergleich zum herkömmlichen Unterricht
(Lehrer) (vgl. Mandl/Hense/Kruppa 2003, S. 250).

Bei den SEMIK-Daten ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich nicht


um Testergebnisse oder Ergebnisse von Lernerfolgskontrollen handelt, son-
dern um eigene Einschätzungen der Lehrpersonen und der Schüler.
Wirkungen digitaler Medien
62

IPSO Unter dem Titel „Innovative Praktiken mit Neuen Medien in Schulunterricht
und -organisation (IPSO)” nahmen das Institut für Schulentwicklungsfor-
schung (IFS), Dortmund, und das Institut für Film und Bild in Wissenschaft
und Unterricht (FWU), Grünwald, an jeweils einer internationalen Studie
teil, die im einen Fall die Rolle der Neuen Medien in der innovativen Schul-
organisation (OECD/CERI-Programm „ICT and the Quality of Learning”), im
anderen Fall den innovativen Einsatz der Neuen Medien im Unterricht unter-
suchte („Second Information Technology in Education Study – Modul 2”
(SITES-M2). In der vom FWU verantworteten Teilstudie „Case Studies of
ICT and School Improvement” wurden fünf Fallschulen untersucht. Als In-
strumente fanden Interviews mit verschiedenen Beteiligten, Fragebögen
und Unterrichtsbeobachtungen Anwendung.
Die Ergebnisse der Studie können insgesamt als mit den bisher berichteten
Daten vergleichbar angesehen werden. Im Hinblick auf die Veränderungen
von Fachleistungen kommen die Autoren zu der Einschätzung, dass leis-
tungssteigernde Wirkungen des Medieneinsatzes nur teilweise bei den un-
tersuchten Schulen erreicht werden konnten. Diese seien am ehesten auf
das selbstgesteuerte und individualisierte Arbeiten mit Lernprogrammen
und auf die erhöhte Motivation zurückzuführen (vgl. Haass/Seeber/
Weininger o.J., S. 4 f.). Allerdings werden auch Effekte berichtet, dass die
intensivere Beschäftigung mit Neuen Medien grundsätzlich in der Gefahr
stehe, die Standards zu senken, weil reguläre Unterrichtsinhalte nicht in
zeitlich ausreichendem Maße bearbeitet würden. Darüber hinaus seien qua-
litative Einbußen der Lernergebnisse beobachtet worden, weil Schüler Lern-
inhalte z.B. aus dem Netz unkritisch übernehmen (vgl. ebd.). Die letztge-
nannten Effekte werden allerdings weniger als grundsätzliche Einwände ge-
gen den Einsatz Neuer Medien verstanden: „Man könnte vermuten, dass mit
einer kontinuierlichen Fortführung der Implementierung Neuer Medien eine
Leistungssteigerung von Schülerniveaus möglicherweise realisiert werden
könnte” (S. 5).

e-nitia- In einer Repräsentativbefragung von nordrhein-westfälischen Schulen aller


tive.nrw
Schultypen in den Jahren 2002 und 2003 wurden die Lehrpersonen um eine
Einschätzung der Leistungssteigerung infolge des Medieneinsatzes gebeten.
Die Ergebnisse lassen keinen eindeutigen Trend erkennen, im Durchschnitt
stimmen die Befragten 2003 der Aussage zu, dass es teils/teils zutreffe,
dass Leitungssteigerungen durch Neue Medien bewirkt werden (vgl. Rös-
ner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 57)14. Nach Schulformen differen-
ziert, geben die Lehrpersonen der Grundschulen die positivsten Einschät-
zungen, unter den übrigen Schulformen finden sich keine gravierenden
Unterschiede, ebenso im Vergleich zum Jahr 2002.
Aus der Sicht der Schüler ist die Einschätzung der eigenen Leistungs-
veränderung im Kontext Neuer Medien etwas positiver, schulformspezifisch
insbesondere bei den Berufsschulen (die Grundschüler wurden dabei nicht
befragt).15

14
Auf einer fünfstufigen Skala (1 = trifft gar nicht zu … 5 = trifft völlig zu) wurden die Mit-
telwerte MW2002=2,9 (n=1300) und MW2003=3,0 (n=1048) ermittelt (vgl. ebd., S. 57).
15
Mittelwerte MW2002=3,2 (n=1040) und MW2003=3,3 (n=953) (vgl. ebd., S. 79).
Wirkungen digitaler Medien
63

In der von Bofinger durchgeführten Studie zur Situation der Integration


Neuer Medien im Fachunterricht in Bayern (vgl. Abschn. 5.2) wurden die ISB-Studie

Lehrpersonen gebeten, den Lernerfolg auf der Basis selbst durchgeführter


Studien einzuschätzen. Dabei gaben 73% der Lehrpersonen (n=3057) einen
besonderen Gewinn in der fachlichen Kompetenz der Schüler an (vgl. 2004,
S. 63). Bofinger kommentiert dieses Ergebnis: „Allein dies ist Grund genug,
den Einsatz Neuer Medien im Fachunterricht weiter zu betreiben und zu
fördern” (S. 65).

Vor dem Hintergrund ökonomischer Bemühungen, das Lernen von benach- Studie
teiligten Schülern mit Hilfe von Computern zu unterstützen, berichten Leu- von Leuven
et al.
ven et al. (2004) über eine niederländische Initiative, in der Schulen mit
Sondermitteln zur Unterstützung im IKT-Bereich ausgestattet wurden. In
einer quasi-experimentellen Studie wurden zwei Gruppen von Schulen ge-
bildet, die sich durch die Anzahl von benachteiligten Schülern unterschieden
Investitionen
und von denen eine Schule die genannten finanziellen Mittel bekam. und
Als abhängige Variable wurden die Schulleistungen in den Bereichen Spra- Schulleistung
che (Schreiben, Lesen, Wortkunde, …), Arithmetik (Zahlenverständnis,
Kopfrechnen, Prozentrechnung, Umgang mit Einheiten, …) und Informati-
onsverarbeitung (Umgang mit Texten und anderen Informationsquellen,
Verständnis nicht linearer Texte, …) gemessen. Die Ergebnisse der Tests
weisen negative Zusammenhänge zwischen Investitionen und Lernleistun-
gen aus, die teilweise signifikant sind und zu mehreren Messzeitpunkten
bestehen blieben, so dass Kurzzeiteffekte ausgeschlossen werden konnten
(vgl. S. 23). Aus einer zusätzlichen Befragung der Schulen konnte geschlos-
sen werden, dass die zur Verfügung gestellten Mittel in Software und für
Internetverbindungen investiert wurden, nicht in Hardware – so dass sich
die beiden Gruppen diesbezüglich nicht unterschieden. Allerdings konnte in
Selbststeue-
der Versuchsgruppe ein signifikanter Anstieg der Zeit, die die Schüler am rung, Indi-
Computer verbringen, um durchschnittlich 50 Minuten pro Woche nachge- vidualisierung,
wiesen werden. Leuven et al. resümieren die Ergebnisse: „Our findings for Motivation
the effects of the computer subsidy indicate that extra funds for computers
and software do not have positive impact on pupils’ achievement and seem
to have negative effect on language and arithmetic scores” (S. 24).
Ähnliche (negative) Effekte finden sich auch in einer Studie von Angrist und
Lavy (2002), in der ebenfalls der Zusammenhang zwischen der Einführung
von Computern und Schulleistungen in Mathematik untersucht wurden. Als
mögliche Erklärung wird in beiden Studien darauf verwiesen, dass die
Unterrichtsmethoden im Zusammenhang mit der Verwendung von Compu-
ter und Internet weniger effektiv seien als die anderen (ohne Medien-
verwendung).
Die zitierten Studien verweisen auf ein weiteres Problem bei der Analyse
von Wirkungen Neuer Medien im Unterricht. Während beispielsweise bei der Diskussion

OECD-Studie „Are students ready for a technology-rich world?” sich die feh-
lende Berücksichtigung wirksamer Variablen als Problemlage erwies, sind
Studien der zuletzt zitierten Couleur unsensibel gegenüber den eigentlich
entscheidenden Lernaktivitäten und didaktischen Umgebungen. So mutet es
zum Teil sogar banal an, dass eine getätigte Investition nicht unmittelbar
Effekte in Form von Leistungsveränderungen zeitigt. Selbst im Falle eines
positiven Zusammenhangs zwischen Investitionen im IT-Bereich und Schul-
bzw. Fachleistungen wäre die Frage nach den ursächlichen Faktoren nicht
automatisch geklärt.
Wirkungen digitaler Medien
64

Neben den genannten Studien gibt es eine Vielzahl weiterer Arbeiten zur
Frage der Lernwirksamkeit von Neuen Medien. Übersicht bieten hier vor
allem Metastudien, die durchschnittliche Effektstärken (vgl. Abschnitt 2.2)
angeben. Allerdings sind auch solche Metaanalysen (vgl. z.B. Kulik/Kulik
1991; Fletcher-Flinn/Gravatt 1995; Christmann/Badgett/Lucking 1997;
Christmann/Badget 2000) nicht unproblematisch, wenngleich sie in der
Regel leichte Vorteile der computerbasierten Instruktion gegenüber der tra-
ditionellen Instruktion ausweisen. Häufig ist nicht erkennbar, um welche Art
von Treatment es sich gehandelt hat oder welche Art von Software Verwen-
dung fand. So ist beispielsweise in älteren Studien davon auszugehen, dass
gerade Übungs- und Lehrprogramme zum Einsatz kommen. Zudem ist den
Studien nicht konsistent zu entnehmen, welche Art des Lernfortschritts
gemessen wurde.

6.2 Digitale Medien und Schlüsselqualifikationen

Evaluationsstudien zum Lernen mit Laptops


In der bereits unter 6.1 zitierten Evaluationsstudie zum Lernen mit Laptops
wurden in einer Teilstudie lernstrategisches Wissen, Präferenzen für koope-
ratives Lernen und Computerkompetenzen als Schlüsselqualifikationen
untersucht (vgl. Schaumburg/Issing 2002). Im Einzelnen wurden dabei
folgende Ergebnisse gefunden:
- Lernstrategisches Wissen: Im Vergleich zwischen einer Versuchsgruppe
Lernstra-
tegien
mit 49 Schülern aus einer Klasse 9 mit zweieinhalb Jahren Projekterfah-
rung und einer Kontrollgruppe von 130 Schülern ohne Laptop-Erfahrung
zeigte sich eine Überlegenheit der Laptop-Klasse im Bereich der kognitiven
Strategien Elaboration und Transformation, im Bereich der metakognitiven
Strategien Planung, Überwachung und Regulation sowie im Bereich des
Zeitmanagements. Allerdings sind die Unterschiede statistisch nicht signifi-
kant, so dass sie allenfalls als Hinweis auf die erwartete Verbesserung ge-
deutet werden können (vgl. S. 132 f.).
Kooperation - Kooperatives und kompetitives Arbeitsverhalten: Für die gleiche Stich-
und Wett- probe konnte ein signifikanter Unterschied in der Skala „Kooperatives Ler-
bewerb nen” und ein geringerer, aber nicht signifikanter Unterschied auf der Skala
„Kompetitives Lernen” (d.h. Lernen im Wettstreit mit anderen) festgestellt
werden. Das Arbeitsverhalten wurde über die Lernpräferenzen erhoben
(vgl. S. 135 f.). Da in der Versuchsgruppe während des Laptop-Projekts
häufiger kooperative Arbeitsformen eingesetzt wurden als im traditionellen
Unterricht, kann davon ausgegangen werden, dass der Effekt u.a. auf eine
häufigere Konfrontation mit kooperativen Arbeitsformen zurückzuführen
ist.16
Computer-
- Computerkompetenz: Das Konstrukt Computerkompetenz wurde über die
kompetenz Subskalen Bedienkompetenz (Wissen über und Umgang mit Hardware)
und kritische und verantwortungsbewusste Nutzung von Computern (Be-
wusstsein für Computersicherheit und verantwortlicher Umgang mit Pass-

16
Einschränkend weisen die Autoren aber darauf hin, dass das Ausgangsniveau nicht erho-
ben werden konnte. Ergänzende Interviews lassen aber darauf schließen, dass Versuchs-
und Kontrollgruppe zu Beginn der Untersuchung über vergleichbare Voraussetzungen ver-
fügten (vgl. S. 135).
Wirkungen digitaler Medien
65

wörtern, Virenschutz etc.), computerbezogene Selbstwirksamkeit, inter-


netbezogene Selbstwirksamkeit und Einstellungen zu Computern erfasst.
Die getestete Stichprobe umfasste 45 Laptop-Schüler und 68 Nicht-
Laptop-Schüler. Die Ergebnisse weisen signifikante Unterschiede zwischen
den beiden Gruppen in den Bereichen Bedienkompetenz (Wissen über
Hardware, Betriebssystem, Standard-Bürosoftware) und Internetkompe-
tenz (Wissen über Informationssuche und E-Mail) aus (vgl. S. 142). In
Hinblick auf das Wissen über Hardware, Betriebssystem und Standard-
Software konnte zudem eine signifikante Annäherung der Mädchen an die
Testwerte der Jungen nachgewiesen werden. In den anderen Items zeigten
sich keine bedeutsamen Unterschiede.
Zieht man die Daten der Kontrollgruppe z.B. zur Verfügbarkeit von Com-
putern zu Hause hinzu, so zeigt sich, dass man nicht davon ausgehen
kann, „dass Jugendliche angesichts der weiten Verbreitung von Computer
und Internet in privaten Haushalten ,automatisch’ die Kompetenz erwer-
ben, versiert mit Computer und Internet umzugehen. Noch weniger kann
man schließen, dass die Kluft zwischen den technikbegeisterten und
den eher zurückhaltenden Schülern sich ohne äußeres Zutun schließt”
(S. 143).

Im Vergleich der Hauptschul-Laptop-Klassen mit den Parallelgruppen in der


Studie von Reinmann/Häuptle (2006) zeigen sich im Bereich der überfachli-
chen Wirkungen Veränderungen in verschiedenen Bereichen. Die Schüler
der Notebook-Klassen (7, 9, 10) nehmen positive Veränderungen in der Fä-
higkeit zum selbstständigen Arbeiten und zur Eigeninitiative wahr. Darüber Selbst-
ständigkeit
hinaus geben 81% der Notebook-Klasse 7 an, Verbesserungen ihrer Prob-
lemlösefähigkeit zu empfinden, für 67% der neunten und 53% der 10. Klas-
se trifft dies ebenfalls zu (vgl. S. 37 f.). Allerdings muss einschränkend ge- Problem-
lösefähig-
sagt werden, dass das Anforderungsniveau im Unterricht in seinem Einfluss keit
auf das Problemlösen nicht systematisch kontrolliert wurde. Als unstrittig
wird, durch Beobachtungen und Befragungen gestützt, die Entwicklung von Medien-
Medienkompetenz hervorgehoben: „Der Notebook-Unterricht führt dazu, kompetenz
dass sich die Schüler mit Notebook und Internet zielgerichtet auseinander-
setzen, dass sie zunehmend mehr Bedienfertigkeiten ausbilden und ver- Soziale
schiedene Strategien anwenden; zudem zeigen die Schüler die Bereitschaft Kompetenz
dazuzulernen” (S. 39). Deutliche Effekte berichten Reinmann/Häuptle auch
im Bereich der sozialen Kompetenzen. Gruppenarbeit mit Notebook wird in
allen Notebook-Klassen von über 50% der Schüler als effizienter angesehen
als ohne, die sozialen Kontakte innerhalb der Klasse werden zahlreicher und
in zwei Notebook-Klassen sind die Schüler der Gruppenarbeit positiver ge-
genüber eingestellt als in der Kontrollgruppe (vgl. S. 39 f.).

Im Rahmen des Aktionsprogramms „n-21: Schulen in Niedersachsen online”


wurde in Niedersachsen ein Projekt „1000mal1000 – Notebooks im Schul- Aktionspro-
gramm n-21
ranzen” ins Leben gerufen, in dem in verschiedenen Schulregionen Schulen
bzw. Klassen mit Notebooks ausgerüstet wurden. Dem Projekt liegt die An-
nahme zugrunde, dass „allein die persönliche Verfügbarkeit eines Compu-
ters bzw. Notebooks [es] erlaubt …, die pädagogischen Potenziale der Neu-
en Medien für eine verbesserte Lernkultur und die Erhöhung der Kompetenz
zum lebensbegleitenden Lernen und die Berufsfähigkeit der Jugendlichen zu
nutzen” (n-21 2002, S. 1). In ökonomischer Hinsicht sollen mit der Einfüh-
Wirkungen digitaler Medien
66

rung von Notebooks auch die Gesamtkosten der Schulträger gesenkt wer-
den.
Für das Projekt liegen derzeit erst Zwischenergebnisse zu einzelnen Aspek-
ten vor. In einer ersten Zwischenevaluation auf der Basis von qualitativen
Interesse Interviews mit 24 Lehrpersonen aus 13 beteiligten Schulen deutet sich an,
und dass die Veränderungen im Kontext des Einsatzes von Notebooks auf der
Motivation
Seite der Schüler deutlicher sind als auf der Ebene des Unterrichts (vgl.
Schaumburg/Tschackert/Prasse 2006, S. 4). Lehrerinnen und Lehrer neh-
men die Schüler als interessierter, motivierter, selbstständiger und konzent-
rierter arbeitend wahr. Darüber hinaus äußern sie den Eindruck, dass sich
der Einsatz von Notebooks förderlich auf die Aneignung von Bedienungs-
kompetenzen und auf die sozialen Kompetenzen auswirke (vgl. ebd.).
Differenzierter stellen sich die Beobachtungen im Hinblick auf Methoden-
Informa- kompetenz und Informationskompetenz dar. Veränderungen in diesen Kom-
tions- und petenzen beobachten vor allem die Lehrpersonen, die z.B. die Informations-
Methoden-
kompetenz
suche auch zum expliziten Unterrichtsgegenstand machen. Ähnliches gilt für
die Methodenkompetenz (d.h. Arbeits-, Lern- und Präsentationstechniken),
die ebenfalls vorrangig bei den Schülern als verbessert wahrgenommen
wird, die im Unterricht in Teams gearbeitet und Ergebnisse in der Klasse
präsentiert haben (vgl. ebd.). Wird das Notebook eher als „Heftersatz” ver-
wendet, vermuten die Lehrpersonen Verbesserungen in der Methoden-
kompetenz eher in der Persönlichkeit der Schüler als in der Unter-
richtsgestaltung.
Die Ergebnisse dieser Evaluation sind als vorläufig zu bezeichnen und noch
nicht hinreichend belastbar. Dennoch geben sie Hinweise auf mögliche posi-
tive Effekte, wie sie auch in anderen Studien berichtet werden, und lassen
erkennen, dass die Form der didaktischen Gestaltung von Unterricht und die
spezifischen Lernaktivitäten der Schülerinnen und Schüler für einen weite-
ren Aufschluss über Wirkungen im überfachlichen Bereich bedeutsam sind.

Evaluation des Modellversuchs „Selbstlernen in der gymnasialen Oberstufe –


Mathematik (SelMa)”
In dem bereits zitierten Modellversuch SelMa (vgl. Abschn. 6.1) wurden u.a.
Laptop-
Einsatz und Daten zur Selbstständigkeit und zur Kooperation erhoben. Mit verschiede-
Schlüssel- nen Items zur Selbstständigkeit wurde eine Skala gebildet, deren Mittelwert
kompeten-
zen
zeigt, dass die befragten Schülerinnen und Schüler in mittlerem Umfang
größere Selbstständigkeit erfahren haben, am stärksten im Bereich der frei-
eren Einteilung des Lernens (vgl. Darstellung 6.12). Die Skala weist einen
signifikanten Unterschied zwischen Jungen und Mädchen auf. Im Hinblick
auf die Möglichkeiten und Fähigkeiten zur Kooperation zeigt sich, dass zum
einen mehr Spaß am Fach entsteht und mehr Unterstützung innerhalb der
Lerngruppen stattfindet, wenn kooperativ gearbeitet wird, zum anderen die
stärkeren Kooperationen mindestens teilweise auf die Arbeit mit digitalen
Medien zurückgeführt werden (vgl. ebd.). Geschlechtsspezifisch zeigt sich
bei der Skala Kooperation, dass Mädchen sich dann eher überfordert füh-
len, wenn nicht kooperiert wird (vgl. auch Preussler/Schulz-Zander 2004,
S. 134).
Wirkungen digitaler Medien
67

Skala Selbstständigkeit MW Skala Kooperation MW


Ich konnte mir das Lernen flexibler einteilen 3,26 (n=710) 3,60 (n=707)
Mathematik macht mehr Spaß, wenn ich mit
als sonst
anderen zusammen arbeiten kann
2,49 (n=709)
Ich konnte mich aktiver einbringen als sonst
Die Arbeit mit den neuen Medien führt zu 3,09 (n=688)
Ich konnte mir neue Methoden zur 2,43 (n=707) einer engeren Zusammenarbeit mit den
Problemlösung aneignen Mitschülern
Ich hatte mehr Freiheit als sonst, eigene 2,86 (n=706) Wir Schüler/innen haben uns bei der Arbeit 3,22 (n=701)
Problemlösungen zu entwickeln mit der Lerneinheit gegenseitig intensiv
Dadurch, dass ich mehr selber tun kann, hat 2,17 (n=706) unterstützt
sich mein Verhältnis zur Mathematik
verbessert
Skala: 1= trifft nicht zu, 2= trifft eher nicht, zu 3= trifft teilweise zu, 4= trifft weitgehend zu, 5= trifft voll und ganz zu

Darstellung 6.12: Skalenwerte zur Selbstständigkeit und Kooperation (vgl. Büchter/


Preussler/Schickhaus/Schulz-Zander 2002, S. LXXIII f.)

Ergebnisse der Studie „Second Information Technology in Education Study”


SITES-M2
Die internationale Vergleichsstudie SITES mit drei Modulen (vgl. Abschnitt
4.2) wurde im zweiten Modul als qualitative Studie durchgeführt, in der ver-
schiedene Fallstudien als Best-practice-Beispiele im Hinblick auf die Ver-
änderungen des Schüler- und Lehrerhandelns beim Einsatz von digitalen
Medien im Unterricht, im Hinblick auf curriculare Entwicklungen, die Rolle
der Neuen Medien und die Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit in die päda-
gogische Praxis analysiert wurden. Die Studie ist explorativer Natur und soll
Kooperation
u.a. dazu dienen, Informationen über Implementationsprozesse zu sammeln Selbststeue-
und empirisch begründete Hypothesen (z.B. für SITES-M3) zu generieren rung,
(vgl. Büchter/Dalmer/Schulz-Zander 2002, S. 166). Die deutsche Stichpro- Selbstlern-
kompetenz
be, die nach bestimmten Kriterien sehr selektiv ausgewählt wurde, bestand
aus jeweils vier Schulen der Primarstufe sowie der Sekundarstufen. Die in
Deutschland erhobenen Daten basieren auf Leitfadeninterviews, Fragebögen
und Unterrichtsbeobachtungen, die zum Teil videographiert wurden.
In den Ergebnissen wird durchweg von einer verstärkten klasseninternen
Zusammenarbeit berichtet. Mit Blick auf fachübergreifende Kompetenzen
bedeutet dies Zuwächse in der Fähigkeit, kooperativ zu arbeiten. Hinzu
kommen Entwicklungsfortschritte im Bereich der Selbststeuerung: „In zwei
Drittel der Fälle wurde explizit geäußert, dass durch die Innovationen die
Entwicklung der metakognitiven Fähigkeiten bzw. Selbstlernkompetenzen
der Schülerinnen und Schüler begünstigt wurden” (ebd., S. 187; vgl. auch
Schulz-Zander 2005, S. 268 f.). Zudem werden Verbesserungen im Bereich
der Präsentation von Ergebnissen berichtet (vgl. S. 218).
Die Ergebnisse der qualitativen Studie sind weder repräsentativ noch basie-
ren sie auf der expliziten Messung von Kompetenzen. Die Auswahl der be-
teiligten Schulen stand unter der Annahme, dass „in den meisten Ländern
eine relativ kleine Gruppe von Lehrpersonen innovative, computergestützte
Unterrichtsformen entwickelt hat und eine Vorreiterrolle einnimmt” (Schulz-
Zander/Preussler 2005, S. 212). Damit ist eine Stichprobe mit besonders
günstigen Voraussetzungen stark selektiv ausgewählt worden. Die Ergebnis-
se sind also sicher nicht zu verallgemeinern, aber dennoch bedeutsam. Ihr
Wert liegt darin, an einzelnen Beispielen zu zeigen, dass innovative Poten-
ziale digitaler Medien mit Effekten verbunden sind, die sich zunächst einmal
in subjektiven Wahrnehmungen und Beobachtungen identifizieren lassen
Wirkungen digitaler Medien
68

und in weiteren Schritten (wie in SITES-M3 bzw. SITES 2006 beabsichtigt)


einer präziseren Kontrolle unterworfen werden müssen.

Weitere Ergebnisse
In der Evaluation der ersten Phase des Projektes „Schulen ans Netz” wurden
Schulen ans die Veränderungen durch den Einsatz von IKT im Unterricht bei Lehrperso-
Netz
nen und bei Schülern erhoben. Die Daten beruhen nicht auf Tests, sondern
auf den individuell wahrgenommenen bzw. empfundenen Veränderungen.
Allerdings wurden Schlüsselqualifikationen nicht explizit erhoben, so dass
nur indirekt aus Daten geschlossen werden kann, dass die eigene Anstren-
gungsbereitschaft, das selbstständige Arbeiten und die allgemeine unter-
richtliche Disziplin sich – in der Wahrnehmung der Schüler – verbessert
haben (vgl. Schulz-Zander et al. 2000, S. 36).

e-nitia- Ebenfalls auf der Basis subjektiver Einschätzungen beruhen die Ergebnisse
tive.nrw einer Befragung im Rahmen der Evaluation der nordrhein-westfälischen Ini-
tiative „e-nitiative.nrw”. In Bezug auf Schlüsselqualifikationen geben die
befragten Lehrpersonen im Jahr 2003 an, dass es teils/teils bis eher zutref-
fe, dass selbstständiges Lernen gefördert werde (MW=3,5)17 und dass es
teils/teils bis eher nicht zutreffe, dass Kooperation und Teamfähigkeit sich
verbessern (MW=2,8, jew. n=1049). Zum Jahr 2002 ergeben sich keine
nennenswerten Differenzen (vgl. Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004,
S. 57).

Ergänzend sei hinzugefügt, dass in der Erhebung der bayerischen Situation


39% der befragten Lehrpersonen angaben, dass die Neuen Medien im Un-
terricht zu einem besonderen Gewinn im Erwerb sozialer Kompetenzen bei
vielen oder gar allen darstellen, 35% konnten dies bei nur wenigen oder
keinem Schüler feststellen (vgl. Bofinger 2004, S. 63).

6.3 Digitale Medien und Unterrichtskultur


In diesem Abschnitt werden Ergebnisse aus Studien resümiert, denen Hin-
weise zur Veränderung der Unterrichtskultur im Kontext des Einsatzes digi-
taler Medien entnommen werden können.

Ergebnisse der Studie „Second Information Technology in Education Study”


SITES-M2
Die bereits zitierte Studie SITES sollte u.a. Aussagen über Ablauf und
Gestaltung des Unterrichts mit digitalen Medien, zur Rolle der Lehrperson
und der Schüler sowie über die Implementation Neuer Medien in den Unter-
richt erlauben. Da die beteiligten Schulen nach bestimmten Kriterien aus-
gewählt wurden, sind die Ergebnisse der Studie entsprechend einer Positiv-
Stichprobe zu deuten. Sie sagen insbesondere etwas über die Möglichkeiten
Unterrichts- der Veränderung von Unterricht aus.
gestaltung Im Hinblick auf die Gestaltung des Unterrichts zeigen die nationalen Befun-
de aus den Fallstudien, dass in den meisten Fällen eine projektorientierte
Konzeption vorliegt, die einen Wechsel von Phasen eigenständigen Arbei-

17
Werte auf einer fünfstufigen Skala (1 = trifft gar nicht zu, … , 5 = trifft völlig zu).
Wirkungen digitaler Medien
69

tens mit Phasen lehrergesteuerten Unterrichts verbindet: „Der beobachtete


Unterricht ist ein Wechselspiel zwischen instruktiven und konstruktiven An-
teilen. Eine Verschiebung des Aufgabenbereichs der Lehrperson im Unter-
richt ist erkennbar. Die Lehrperson vermittelt nicht mehr Wissen, sondern
Methoden, wie die Schülerinnen und Schüler sich Wissen aneignen können”
(Büchter/Dalmer/Schulz-Zander 2002, S. 194). Für die Lehrpersonen be-
deutet dies neben dem Erwerb von Fertigkeiten im Umgang mit digitalen
Medien auch den Erwerb neuer pädagogischer Fähigkeiten und positiver
Einstellungen zum Lehrberuf (vgl. ebd, S. 179 ff.)18. Als negativ wurden der
gestiegene Zeitaufwand für die Einarbeitung in den Umgang mit Neuen Me-
dien sowie die Vorbereitung und Durchführung offener Unterrichtsformen
gesehen. Innerhalb des Unterrichts bieten die digitalen Medien zudem ver-
schiedene Kooperationsanlässe, sowohl zwischen den Schülern als auch un-
ter den Lehrpersonen bis hin zu Kooperationen über den Unterricht hinaus
(vgl. S. 192 f.). Die Schüleraktivitäten umfassen beim Einsatz Neuer Medien
insbesondere das Recherchieren von Informationen, das Veröffentlichen und
Präsentieren von Ergebnissen, das Entwerfen und Gestalten von Produkten,
das Wählen der eigenen Aufgaben und die Zusammenarbeit mit Mitschülern.
Entsprechend unterschiedlich sind auch die Funktionen von IKT im Unter-
richt. Auch diese Ergebnisse deuten in Richtung einer stärkeren Eigenaktivi-
tät von Schülern und zunehmender Kooperation (vgl. S. 185).
Die Ergebnisse der nationalen Studie stimmen mit denen der internationalen
Stichprobe im Hinblick auf die Unterrichtsentwicklung gut überein (vgl.
Schulz-Zander 2005, S. 271). In einer Cluster-Analyse aller 174 ausgewer- Nutzungs-
teten Fälle wurden sieben Muster innovativer pädagogischer Praxis identifi- muster
ziert, die durch eine Inhaltsanalyse deskriptiv beschrieben werden konnten von IKT

(vgl. S. 271 ff.):


- „Tool Use” (Werkzeuggebrauch): Diese Form zeichnet sich durch die
Nutzung von IKT in inhaltlich nicht festgelegten Bereichen zur Produktion
von Texten, zur Erstellung von Präsentationen oder zur Kommunikation
(E-Mail) aus. Anwendungsfelder sind insbesondere die Gestaltung von Pro-
dukten, die Zusammenarbeit und die Informationssuche.
- „Student Collaborative Research” (Forschende Schüler-Lerngemein-
schaften): Diese Art der innovativen pädagogischen Praxis bezieht sich auf
forschende Partner- und Gruppenarbeiten, die aber durch die Lehrperson
strukturiert werden, indem sie Inhalte präsentieren, die Lernenden beglei-
ten, Lernfortschritte überwachen und beratend zur Verfügung stehen. Ge-
genstand der Forschung sind z.B. reale naturwissenschaftliche Probleme,
zu denen Daten erhoben und analysiert oder Problemlösungen erarbeitet
werden.
- „Information Management” (Informationsmanagement): Unter diesem
Label verbirgt sich eine Form des Unterrichts, in dem die Suche, das Er-
zeugen, das Verwalten, das Organisieren und das Nutzen von Informatio-
nen im Vordergrund stehen. Auch in diesem Unterricht werden die eigen-
verantwortlichen Aktivitäten der Schüler durch die Lehrperson strukturiert
und begleitet. Diesem Cluster zugerechnete Lehrpersonen nutzen IKT auch
ausgiebig zur Vorbereitung und Planung des Unterrichts.

18
Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass die Datenlage nicht ersehen lässt,
welcher kausalen Art die Zusammenhänge sind – ob es sich um Voraussetzungen, Aus-
wirkungen oder um Wechselwirkungen handelt.
Wirkungen digitaler Medien
70

- „Teacher Collaborative Cluster” (Lehrerzusammenarbeit): Nutzungsmuster


dieser Art sind durch eine besondere Zusammenarbeit der Lehrpersonen
untereinander und mit den Schülern gekennzeichnet. Die Gestaltung von
Unterrichtsmaterialien und die flexible Nutzung unterschiedlicher Arbeits-
plätze durch Schüler sind ebenfalls mit diesem pädagogischen Handlungs-
muster verbunden.
- „Outside Communication Cluster” (Kommunikation mit Externen): E-Mail,
Videokonferenzen und Internet werden von Lehrpersonen dieses Clusters
eingesetzt, um Zusammenarbeit mit Partnern außerhalb des Klassenraums
anzuregen. Entsprechende unterrichtliche Aktivitäten sind häufig in inter-
nationale Projekte eingebunden.
- „Product Creation Cluster” (Produktgestaltung): In diesem Muster steht die
Nutzung von IKT zur Gestaltung und Präsentation von Produkten, z.B.
Websites, Texten usw., im Vordergrund. Den Lehrpersonen kommt hier
insbesondere eine mentorielle Rolle zu.
- „Tutorial Cluster” (Lernsoftware): Die von Lehrpersonen dieses Clusters
verwendete Lernsoftware hat tutoriellen oder Übungs-Charakter und zielt
vor allem auf Möglichkeiten der Überprüfung der eigenen Leistung. Die in
SITES eruierten Beispiele beziehen sich auf den mathematischen und
sprachlichen Bereich in der Grundschule.
Diskussion Die Problematik einer solchen Clusterung ist u.a. die fehlende Trennschärfe
zwischen den einzelnen Bereichen. Im Hinblick auf bestimmte Schüler- oder
Lehreraktivitäten, die sich in einzelnen Modellen überschneiden, haben
Kozma/McGhee (2003) die Modelle noch einmal verdichtet und gehen davon
aus, dass durch Kollaboration, forschungs- und produktionsorientiertes Vor-
gehen, durch Öffnung nach außen (außerschulische Kooperationen) Kompe-
tenzen gefördert werden können, die in der Wissensgesellschaft benötigt
werden (vgl. Schulz-Zander 2005, S. 275).
Zusammenfassend hält Schulz-Zander fest, dass erstaunlicherweise welt-
weit eher „normale” Informationstechnologien eingesetzt werden, obwohl
best practice untersucht wurde (2005, S. 276). Die Ergebnisse der Studie
können nicht verallgemeinert werden und stellen noch keinen schulischen
Alltag dar; es bedarf Folgeuntersuchungen, um zu sehen, inwieweit die
Ergebnisse einer quantitativen Überprüfung standhalten.

Evaluationsstudien zum Lernen mit Laptops


Für das niedersächsische Laptop-Projekt „1000 mal 1000 – Notebooks im
Schulranzen” (vgl. Kapitel 6.2) liegen derzeit erst Zwischenergebnisse zu
Explorative
Ergebnisse
einzelnen Aspekten vor. Im Hinblick auf Veränderungen des Unterrichts
halten Schaumburg/Tschackert/Prasse (2006) fest, dass
- für die Mehrheit der Schüler der Computer zu einem mehr oder weniger
alltäglichen Werkzeug im Unterricht wird,
- die Lehrpersonen uneinheitlich urteilen: Ein Teil berichtet über Verände-
rungen im Bereich der Aufgabenstellungen, Sozialformen, inneren Diffe-
renzierung und der Mitgestaltungsmöglichkeiten, ein ebenso großer Teil
konnte aber keine Veränderungen des Unterrichts feststellen,
- über eine Veränderung der Unterrichtskultur hin zu stärker problem-
orientiertem, selbstgesteuertem und kooperativem Lernen nur von einem
Teil der Lehrpersonen berichtet wird. Die Einschätzung, wie tiefgreifend die
Änderungen sind, scheinen auch davon abhängig zu sein, „welchen Unter-
Wirkungen digitaler Medien
71

richtsstil die Lehrer auch ohne Notebook praktizieren” (S. 3) und nicht nur
von den durch die Notebooks induzierten Änderungen.

In der Evaluation des Projektes „Notebook-Klassen – Lernen für die Zu-


kunft” wurde in den beteiligten Kohorten die Veränderung des Unterrichts
infolge des Einsatzes von Notebooks unter verschiedenen Aspekten analy-
siert. Über einen Zeitraum von vier Schuljahren wurden vier Kohorten von
Schülern der siebten bis zur zehnten Klasse begleitet und Daten in Er-
hebungen und qualitativen Interviews gesammelt (vgl. Schaumburg 2002,
S. 102).
Hinsichtlich der genutzten Software und der damit verbundenen Lernaktivi-
täten lässt sich festhalten, dass hauptsächlich Anwendungssoftware (Text-
verarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationssoftware, Internetbrowser) Verwendete
für das Schreiben, das Recherchieren auf CD-ROM und die Internetnutzung Software

zum Einsatz kamen (vgl. S. 125, S. 133). Insgesamt herrscht eine eher
werkzeugartige Nutzung vor, spezielle Lernsoftware wird vorrangig im Fach
Mathematik verwendet, allerdings weniger als tutorielle Systeme oder
Übungsprogramme, sondern als offene Lehrsysteme oder Werkzeuge.
Gründe für den geringen Einsatz von Lernsoftware liegen vor allem im
Fehlen thematisch bzw. curricular passender Software.
Veränderungen des Unterrichts werden von der ersten Kohorte über die
Projektlaufzeit relativ konsistent beurteilt (vgl. Darstellung 6.13). Die deut-
Unterrichts-
lichste Veränderung wird im Bereich der Gruppenarbeit wahrgenommen, veränderun-
allerdings sinkt der Effekt mit laufender Projektdauer. Ebenfalls durchgängig gen
wird die Zusammenarbeit als einfacher beurteilt, zudem weisen die Ergeb-
nisse aus, dass der Unterricht mit Laptops als anschaulicher und einfacher
empfunden wird. Als nicht wesentlich stellen sich Veränderungen im Bereich
der stärkeren Selbstbestimmung bei der Auswahl von Inhalten und der
Möglichkeit, Arbeitsweisen und Arbeitstempo stärker selbst zu bestimmen,
heraus.

3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
-0,5
-1
anschaulicher

Unterricht
Gruppenarbeit

Zusammenarbeit

selbst bestimmen
Selbstbestimmung
einfacher
Unterricht

Arbeitstempo
einfacher
Mehr

Mehr

Klasse 7 Klasse 8 Klasse 9

Darstellung 6.13: Mittelwerte der wahrgenommenen Unterrichtsveränderungen beim No-


tebook-Einsatz, Schülerbefragung19 (0=keine Veränderung,
3=Zustimmung, -3=Ablehnung; vgl. Schaumburg 2002, S. 130, 258)

19
Die Stichprobengröße beträgt für Klasse 7 n=51, für Klasse 8 n=54 und für Klasse 9 n=41
(einzelne Fallzahlen bei missing values geringer).
Wirkungen digitaler Medien
72

Betrachtet man nicht eine einzelne Kohorte über die Zeit, sondern eine
Jahrgangsstufe in verschiedenen Kohorten, zeigen sich ebenfalls ver-
gleichsweise konsistente Effekte (vgl. Darstellung 6.14). Durchgängig wird
der Unterricht von allen Kohorten im Vergleich zum Unterricht ohne Laptops
als anschaulicher und einfacher sowie die Zusammenarbeit fördernd beur-
teilt20. Bei der Beurteilung der Gruppenarbeit zeigt sich ein deutlicher
Kohorteneffekt, der vermutlich auf eine Entscheidung einer Lehrperson in-
folge schlechter Erfahrungen mit der Gruppenarbeit zurückzuführen ist. Dies
deutet darauf hin, dass die Daten vorsichtig interpretiert werden müssen,
insbesondere wenn man bedenkt, dass zu Beginn der Einführung bestimmte
Erfahrungen gesammelt werden, die Auswirkungen auf spätere Zeitpunkte
haben und damit nicht als grundsätzliche Wirkungen des Laptop-Einsatzes
gedeutet werden können, sondern eher auf Rahmenbedingungen oder auf
die Person der Lehrenden zurückzuführen sind. Auch curriculare Entschei-
dungen können Einfluss auf Einschätzungen nehmen, die den empirischen
Daten so nicht zu entnehmen sind. In qualitativen Interviews mit Lehrern
und Schülern wurde deutlich, dass z.B. auch bei der Wahl von Sozialformen
in den Laptop-Klassen fach- und lehrerspezifische Besonderheiten den
Effekt der Laptop-Nutzung überlagern (vgl. S. 144). Im Hinblick auf die
Lernaktivitäten wurde zudem mehrheitlich von Schülern und von Lehrperso-
nen berichtet, dass sich die Gruppenarbeit durch die Einführung von Lap-
tops qualitativ verbessert habe.

2,5
2
1,5
1
0,5
0
-0,5
-1
anschaulicher
Zusammenarbeit

Unterricht
Gruppenarbeit

selbst bestimmen
Selbstbestimmung
einfacher
Unterricht

Arbeitstempo
einfacher
Mehr

Mehr

Kohorte 1 Kohorte 2 Kohorte 3

Darstellung 6.14: Mittelwerte der wahrgenommenen Unterrichtsveränderungen einer Jahr-


gangsstufe über drei Kohorten, Schülerbefragung21 (0=keine Verände-
rung, 3=Zustimmung, -3= Ablehnung; vgl. Schaumburg 2002, S. 131,
260 f.)

20
Wie in vielen anderen Untersuchungen zeigt sich auch hier, dass die Schüler mit guten
Computerkenntnissen zu Beginn des Projekts den Unterricht als einfacher beschreiben
(vgl. Schaumburg 2006, S. 132).
21
Die Stichprobengröße beträgt für Kohorte 1 n=50 bzw. 51, für Kohorte 2 n=82 und für
Kohorte 3 n=83 (einzelne Fallzahlen bei missing values geringer).
Wirkungen digitaler Medien
73

Die im Unterricht verwendeten Handlungsmuster22 bzw. ihre Veränderung


waren Gegenstand von qualitativen Interviews mit Schülern und Lehrperso-
nen. Offenere und komplexere Aufgabenstellungen werden darin ebenso
berichtet wie (damit verbunden) eine stärkere Aktivierung der Schüler. Eine
eher neutrale Einstellung in Bezug auf die erlebte Selbstbestimmung des
Arbeitstempos kann als Effekt der zu Beginn des Projektes häufiger vor-
kommenden Phasen der starken Vorstrukturierung der Lehrperson erklärt
werden (s.o.).
Die Daten der Laptop-Studie sind Ergebnisse einer Einzelfallstudie, die zum
Diskussion
einen nicht generalisierbar sind, zum anderen aber auch nicht unmittelbar
Aufschluss über ursächliche Wirkungszusammenhänge erlauben. Die ange-
sprochenen Veränderungen sind in einem Wirkungsgefüge zu sehen, das
Wechselwirkungen zwischen technischen Möglichkeiten, unterrichtlichen
Rahmenbedingungen, individuellen Lernvoraussetzungen und Eigenschaften
der Lehrpersonen aufweist. Entsprechend kommt Schaumburg zu der Ein-
schätzung: „Die beobachtete Veränderung nur auf die Laptops zurückzufüh-
ren, würde … sicher zu kurz greifen. Eine ursächliche Funktion kommt den
Laptops dennoch insofern zu, als dass … die Integration der Laptops die
Anwendung bestimmter Handlungsmuster vereinfacht” (S. 152).
Die angesprochenen Wechselwirkungen werden auch deutlich, wenn das
Rollenverständnis der Lehrpersonen reflektiert wird. So setzte im Projekt-
verlauf erst im zweiten Jahr eine Abwendung von der traditionellen Rolle
des Wissensvermittlers hin zu einer Rolle des Mitlernenden ein. Allerdings
beziehen sich diese Veränderungen nahezu ausschließlich auf die Com-
puterkompetenz, nicht auf die fachliche Ebene und werden auch nur von
einem Teil der beteiligten Lehrpersonen berichtet (vgl. S. 156). Dies ist in-
sofern bedeutsam, als damit zunächst Veränderungen in einem Bereich an-
gesprochen sind, der nicht die originär professionellen Kernkompetenzen
betrifft, sondern für viele Lehrpersonen Neuland darstellt. Eine entscheiden-
de, hier aber noch unbeantwortete Frage ist die nach der Veränderung
didaktischer Handlungsmuster, von denen anzunehmen ist, dass sie weitaus
stabiler und damit wesentlich schwieriger zu ändern sind.
Die eher neutrale Bewertung der Möglichkeiten zur Mitbestimmung bei der
Auswahl von Lerninhalten spiegelt sich auch in den Interview-Daten wider.
Bindungen an den Lehrplan und Konkurrenzsituation zu den Nicht-
Laptopklassen stellen sich hier als hinderliche Faktoren zu höherer Mitbe-
stimmung heraus. Allerdings werden innerhalb der curricularen Inhalte
deutliche neue Schwerpunktsetzungen vorgenommen (vgl. S. 162).
Der Einsatz digitaler Medien im Unterricht – dies zeigen die skizzierten Er-
Typen der
gebnisse – ist in seiner Wirkung u.a. von der didaktischen Fähigkeit der Integration
Lehrpersonen abhängig, die spezifischen Potenziale digitaler Medien so im von Laptops
Unterricht einzusetzen, dass Lernaktivitäten bei Schülerinnen und Schülern in den
Unterricht
angeregt und unterstützt werden, die eine vertiefende Auseinandersetzung
mit bestimmten Inhalten und Aufgabenstellungen fördern. Dies bedeutet
u.a., tradierte Muster der Unterrichtsführung zu überdenken und zu verän-
dern. Unter der Frage, in welchem Verhältnis Lerninhalt, Unterrichtsmetho-
de und Medieneinsatz stehen, hat Schaumburg in der Evaluation des Lap-
top-Projektes modellhafte Typen der Integration von Laptops in den Unter-
22
Die Handlungsmuster wurden in Anlehnung an Meyer (1987) über die Kategorien „offene
Aufgaben“, „Projektarbeit“, „Differenzierung“ sowie „Schwierigkeit“, „Interessantheit“,
„Anschaulichkeit“ und „Selbstständigkeit“ operationalisiert (vgl. auch die Items der Unter-
richtsveränderungen; Schaumburg 2002, S. 145).
Wirkungen digitaler Medien
74

richt gebildet (vgl. Darstellung 6.15). Dabei wird – erwartungsgemäß –


deutlich, dass die Lehrpersonen, die einen eher lehrerzentrierten Unter-
richtsstil (ohne Laptops) pflegen, beim Laptopeinsatz Veränderungen wahr-
nehmen und diejenigen, die ohnehin einen stärker schülerzentrierten Unter-
richt durchführen, weniger Veränderungen beim Einsatz von Laptops berich-
ten. Im Einzelnen identifiziert Schaumburg fünf Integrationstypen (vgl.
S. 169 ff.):
- Typ 1: Subsumption unter lehrerzentrierten Unterricht. Lehrpersonen
dieses Typs sehen sich in der Rolle der Wissensvermittler und struk-
turieren bzw. kontrollieren den Unterrichtsverlauf stark. Laptops haben
eher die Funktion des Arbeitsheftes und werden nur phasenweise ähnlich
wie klassische Medien – im Sinne einer Subsumption unter lehrerzentrier-
ten Unterricht – eingesetzt.
- Typ 2: Fokus auf Medienkompetenz und Technik. Lehrpersonen des Typs
2 schreiben dem Erwerb von Medienkompetenz eine hohe Bedeutsamkeit
zu und erleben in der Bearbeitung technischer Fragen eine Veränderung
des Unterrichts. Als problematisch empfinden sie die sinnvolle Nutzung
des Laptops zur Vermittlung fachlicher Inhalte, sind aber zu Veränderun-
gen des Unterrichts bereit und grundsätzlich aufgeschlossen. Der Laptop
stellt den Auslöser zu Veränderungen im Unterricht dar, die sich jedoch
zunächst vorrangig auf Fragen der Medienkompetenz – und hier wieder-
um häufig auf den konkreten Umgang mit Computern – konzentrieren.
- Typ 3: Curricular-inhaltlicher Fokus. Ausgehend von curricularen Inhalten
versuchen Lehrpersonen des dritten Integrationstyps Potenziale des
Computers zur Erarbeitung bestimmter Inhalte im Unterricht zu nutzen.
Nur wenn eine sinnvolle Einbindung möglich ist, kommt der Laptop zum
Einsatz. Innerhalb einzelner Themenbereiche werden neue Schwerpunkte
gesetzt, in denen besondere Eigenschaften des Computers lernförderlich
genutzt werden können. Insofern wirkt das Medium auch auf die Inhalte
zurück.

Unterrichtsveränderung
durch Laptopeinsatz

keine Veränderung Veränderung

Typ1: Typ 2:
Subsumption Fokus auf Technik und
unter Medienkompetenz
lehrerzentrierten
eher
Unterricht Typ 3:
lehrerzentriert
Curricular-inhalt-
Unterrichtsstil licher Fokus
im
laptopfreien
Unterricht Typ 4:
Didaktisch-metho-
discher Fokus

eher Typ 5:
schülerzentriert Konstruktivistische Integration

Darstellung 6.15: Typen der Integration von mobilen Computern in den Unterricht (vgl.
Schaumburg 2002, S. 169)

- Typ 4: Didaktisch-methodischer Fokus. Für Lehrpersonen dieses Typs ist


die Verbindung von Medium, Methode und Inhalt im Unterricht kenn-
Wirkungen digitaler Medien
75

zeichnend. Sie reflektieren darüber, wie sich mit der Einführung von Lap-
tops die Inhalte und die Methoden ändern (müssen), um eine qualitative
Verbesserung von Lernprozessen bzw. Unterricht zu erreichen. Neben ei-
nem insgesamt umfangreicheren Einsatz des Laptops sind diese Lehrer
auch bereit, von curricularen Inhalten abzuweichen.23
- Typ 5: Konstruktivistische Integration. Ähnlich wie beim Typ 4 sehen
Lehrerinnen und Lehrer dieses Typs Inhalts-, Methoden- und Medienent-
scheidungen als ein ganzheitliches Wirkungsgefüge und sind insbesonde-
re an der qualitativen Verbesserung von Unterricht interessiert. Durch
den Einsatz von Medien verändert sich ihr Unterrichtsstil allerdings nicht
wesentlich, weil sie bereits zuvor schülerzentrierte und stärker konstruk-
tivistische Unterrichtsmethoden einsetzen, die durch Laptops zusätzlich
vereinfacht werden und qualitative Vorteile bringen. Bei der Erprobung
neuer Lernformen zeigen sich Lehrer des Typs 5 sehr innovativ und
haben hohe Selbstwirksamkeitserwartungen an den erfolgreichen Einsatz
von Computern im Unterricht24.

Die Frage nach charakteristischen Handlungsmustern von Lehrpersonen


beim Einsatz von IKT im Unterricht stand auch im Mittelpunkt eines Projek-
tes von Blömeke/Müller/Eichler. Identifiziert werden konnten drei Unter-
richtsskripts (vgl. 2005, S. 16 f.)25:
- Traditionelles IKT-Skript: Dieses Unterrichtsmuster zeichnet sich dadurch Ergänzung:
aus, dass die Lehrperson den Unterricht stark lenkt und digitale Medien im Typen von
Wesentlichen die Funktion der Präsentation einnehmen. Entsprechend ist Unter-
richtsskripts
das Klassengespräch die dominierende Sozialform.
- Innovatives IKT-Skript: Eine starke Aktivierung von Schülern, komplexe
Aufgaben und eine häufige Verwendung von Computern als Werkzeug zur
Problemlösung sind Kennzeichen des innovativen Skripts.
- Modern-traditionelles IKT-Skript: Diese Art der Unterrichtsführung stellt
eine Mischform zwischen der traditionellen und der innovativen Verwen-
dung Neuer Medien dar.
Betrachtet man die Ergebnisse der Studien, so kann nur für den Typ mit der
didaktisch-methodischen Fokussierung bzw. dem innovativen IKT-Skript
eine konsequente Änderung von Handlungsmustern konstatiert werden.
Vergleicht man die Erhebungen und Interviewdaten mit Beobachtungen aus
den Videostudien, wird darüber hinaus deutlich, dass noch einmal zu unter-
scheiden ist zwischen Veränderungen in der subjektiven Wahrnehmung und
solchen Veränderungen, die auch durch Externe mit niedrig-inferenten Beo-
bachtungen wahrnehmbar sind. Darüber hinaus sind die bisher diskutierten

23
Interessant ist hierbei, dass Lehrpersonen dieses Integrationstyps vornehmlich im zweiten
und dritten Jahr der Projektlaufzeit gefunden werden konnten. Dies spricht dafür, dass
Lehrer, die zu Beginn insbesondere stark an technischen Fragen und an der Medienkom-
petenz der Schüler gearbeitet haben, sich zunehmend damit beschäftigen, wie ein qualita-
tiv gewinnbringender und lernförderlicher Einsatz aussehen kann (vgl. Schaumburg 2002,
S. 176).
24
Lehrpersonen des fünften Integrationstyps sehen allerdings ihre technischen Kompeten-
zen als eher mittelmäßig an.
25
Datenbasis für die Typisierung ist eine Stichprobe von 20 Lehrpersonen, von denen je-
weils eine Unterrichtsstunde mit Einsatz digitaler Medien videographiert wurde (12 mal
Mathematik, fünfmal Informatik, dreimal Deutsch, vgl. Blömeke/ Müller/ Eichler, S. 6 f.).
Eine Auswertung erfolgte inhaltsanalytisch durch Kodierung der Unterrichtsstunden und
anschließende Clusterzentrenanalyse.
Wirkungen digitaler Medien
76

Muster erste Annäherungen an Formen der Unterrichtsführung und -gestal-


tung, die in Wechselwirkung zu weiteren – insbesondere medienspezifischen
– Aspekten untersucht werden müssen. Deutlich wird allerdings, dass der
Einsatz digitaler Medien im Unterricht – wenn er gewinnbringend erfolgen
soll – deutliche Auswirkungen auf nahezu alle unterrichtskonstitutiven
Faktoren (Lernaktivitäten, Lehrhandlungen, Lernvoraussetzungen, Inhalte,
Sozialformen, Ziele – vgl. Tulodziecki/Herzig/Blömeke 2004, S. 130 f.) hat.

In der von Häuptle/Reinmann durchgeführten Laptop-Fallstudie konnten


keine einheitlichen Unterrichtsstile bzw. für den Notebook-Unterricht typi-
sche Handlungsmuster gefunden werden: „Vielmehr hat jeder Lehrende sei-
nen eigenen Lehrstil und setzt diesen auch im Notebook-Unterricht fort.
Deshalb ist bei der Beschreibung von Notebook-Unterricht auch stärker der
jeweilige Unterrichtsstil für die methodische Gestaltung, für die Nutzung des
Notebooks als Werkzeug und für den Einsatz etwa einer Lernplattform oder
weiterer Medien verantwortlich als der Notebook-Einsatz an sich” (2006,
Nutzungs-
varianten
S. 27). In Bezug auf die Veränderung von Unterrichtskultur konnten ten-
denziell mehr und intensivere offene Unterrichtsformen beobachtet werden,
in denen Schüler kooperativ und selbstständig arbeiten. Dabei lassen sich –
aus der Perspektive der Lehrpersonen – verschiedene Nutzungsvarianten
der Notebooks ausmachen:
- anschauliche Darstellung von Inhalten,
- selbst organisierte Arbeitsphasen in Einzel- und Gruppenunterricht,
- Informationsrecherche und Exploration im Internet (zur Förderung der Fä-
higkeit zur Erfassung, Verarbeitung und Bewertung von Informationen),
- Bereitstellung zusätzlicher Materialien (vgl. S. 28).
Auch diese Ergebnisse weisen darauf hin, den tradierten Unterrichtsmustern
und ihrer Weiterverwendung im mediengestützten Unterricht verstärkt Auf-
merksamkeit zu schenken.

Evaluationsstudien zur „Systemische[n] Einbeziehung von Medien, Informa-


tions- und Kommunikationstechnologien in Lehr- und Lernprozesse”
Bei der Evaluation des BLK-Modellversuchs „Systemische Einbeziehung von
Medien, Informations- und Kommunikationstechnologien in Lehr- und Lern-
prozesse” (SEMIK) (vgl. Abschnitt 6.1) wurde im Rahmen der die Einzel-
vorhaben übergreifenden Untersuchung unter anderem der Bereich der In-
novation auf der Unterrichtsebene – d.h. Art, Umfang und Konsequenz des
Einsatzes von digitalen Medien – in den Mittelpunkt gestellt (vgl. Mandl/
Hense/Kruppa 2003, S. 26 f.).
In Bezug auf die Sozialformen gaben die befragten Lehrpersonen an, vor
Sozial- und
Unterrichts- allem Gruppenarbeit und selbstgesteuertes Arbeiten durchgeführt zu haben.
formen Mit diesen Unterrichtsformen verbanden die Lehrkräfte bestimmte Einsatz-
formen Neuer Medien, insbesondere deren Verwendung als Werkzeug, die
Informationsrecherche und – eher selten – die Kommunikation (vgl. Dar-
stellung 6.16). Im Vergleich zur Einschätzung der Lehrpersonen geben die
Schüler an, gelegentlich bis oft in Gruppen bzw. über einen längeren Zeit-
raum selbstständig im Unterricht zu arbeiten. Fast nie fand nach Angaben
der Schüler eine Kooperation mit anderen Klassen oder schulexternen Per-
sonen statt (vgl. ebd., S. 242).
Wirkungen digitaler Medien
77

Sozial- /
Unterrichtsformen MW Medienfunktion MW
Gruppenarbeit 3,49 Informationssuche 3,74
Selbstgesteuertes Lernen 3,16
Projektarbeit 2,97 Werkzeug für die 3,41
(Binnen-)Differenzierung 3,03 Schüler/innen
Teamteaching 1,87 Kommunikation 2,71
3,57
Problemorientierter Unterricht

Fächerübergreifender 2,98
Unterricht
(1= nie, 2= selten, 3= gelegentlich, 4= oft, 5= sehr oft) n=298

Darstellung 6.16: Häufigkeit eingesetzter Sozial- und Unterrichtsformen sowie genutzter


Medienfunktionen aus Lehrersicht (vgl. Mandl/Hense/Kruppa 2003,
S. 242).

Hinsichtlich der Auswirkungen auf die Veränderung der Lernkultur äußern


die befragten Schüler, dass es in mittlerer Weise zutreffe, dass sie den Un- Lernkultur

terricht mitgestalten können, eigene Arbeiten in der Klasse präsentieren


und bei technischen Problemen gemeinsam nach Lösungen suchen würden.
Dass die Lehrpersonen bei technischen Problemen und individuell Unterstüt-
zung leisten, finden die Schüler teilweise bis weitgehend zutreffend. Die
Lehrer-Schüler-Beziehung hat sich nach Angaben der Schüler aber nicht
deutlich geändert (vgl. ebd., S. 246).
Die Einschätzungen der Lehrpersonen sind tendenziell ähnlich, auch sie ge-
ben an, die Schüler bei technischen Problemen zu unterstützen, allerdings
liegen die Zustimmungswerte für die Skala der Schülerzentrierung insge-
samt eher im mittleren Zustimmungsbereich (vgl. S. 247).
Zustimmung finden durchgehend Aussagen zur motivierenden Wirkung des
Computereinsatzes im Unterricht. Von den Lehrpersonen wird dies aller-
dings in der Regel noch etwas positiver eingeschätzt, ebenso wie das Inte-
resse der Schüler am Unterrichtsthema (vgl. S. 249). In didaktischer Hin-
sicht äußern die Lehrpersonen fast einhellig, dass sich bestimmte Inhalte
mit Hilfe Neuer Medien besser bearbeiten lassen.
Im Hinblick auf die didaktischen Funktionen des Computereinsatzes zeigen
Befragungsergebnisse aus dem Teilprojekt „Entwicklung von Methodenkom-
petenz zum Wissenserwerb in den Neuen Medien”, dass zu Beginn des
Modellversuchs (1999) bei den beteiligen Lehrpersonen vor allem die Übung
erworbenen Wissens, die Festigung erarbeiteten Wissens und die selbst-
ständige Lösung von Lernaufgaben weit im Vordergrund standen. Eine Be-
fragung drei Jahre später zeigt deutliche Zuwächse bei Recherchefunk-
tionen, der Veranschaulichung von Unterrichtsstoff und individueller Lern-
arbeit. Insgesamt sind die Nutzungsformen vielfältiger geworden und glei-
chen sich in der Häufigkeit immer mehr an (vgl. Jonas 2004, S. 23 f.).

Insgesamt sind die übergreifenden Ergebnisse aus dem SEMIK-Projekt in


der Einschätzung eher positiv. Auch die Akzeptanz-Werte auf Seiten der Diskussion

Lehrer und der Schüler sind vergleichsweise hoch. Allerdings erlauben die
Daten nur eine tendenzielle Einschätzung auf der Basis individueller Äuße-
rungen, die aber – und insofern ist der Befund durchaus wichtig – mit vielen
Detailergebnissen anderer Studie gut verträglich sind. Die Evaluatoren
kommen zu der abschließenden Beurteilung: „Die Ergebnisse der Frage-
Wirkungen digitaler Medien
78

bogenstudie stützen die Einschätzung, dass es in SEMIK gelungen ist, so-


wohl das Ziel des systematischen Medieneinsatzes als auch das Ziel der
Förderung einer neuen Lernkultur zu erreichen. Gleichzeitig konnten keine
Hinweise für negative Folgen des verstärkten Medieneinsatzes gefunden
werden. Vielmehr wurden verschiedene positive Wirkungen auf den Ebenen
des Unterrichts, der Schülermotivation und des allgemeinen Lernerfolgs be-
richtet” (Mandl/Hense/Kruppa, S. 252). Etwas ambivalenter stellt sich aller-
dings die Ergebnislage dar, wenn man die einzelnen Projekte mit einbezieht.
Dort fanden sich zum Teil auch Verschiebungen des Ziels „Etablieren einer
neuen Lernkultur” zugunsten des Ziels „Einbeziehung von Medien” (vgl.
S. 291).

Evaluation von „Schulen ans Netz”


Aus der Evaluation des Projekts „Schulen ans Netz” lassen sich ebenfalls
Hinweise auf die Wirkungen des Computereinsatzes auf verschiedene Fakto-
ren von Unterricht gewinnen. Im Hinblick auf die Veränderungen im Unter-
richtsgeschehen gaben die beteiligten Lehrpersonen an, dass der Unterricht
zu mehr Freude führe, stärker schülerzentriert verlaufe und die Aufmerk-
samkeit der Schüler steige (vgl. Schulz-Zander et al. 2000, S. 34; vgl. Dar-
stellung 6.17).
Die Veränderung der Lehrerrolle wird insbesondere in Richtung zunehmen-
der Bedeutung von Moderationsfunktion sowie Management von Projekten
gesehen. Die stärkste Abnahme gibt ein Drittel der Befragten in der Bedeu-
tung der Funktion der Wissensvermittlung an (vgl. S. 35). Vergleicht man
die Einschätzungen der Lehrpersonen mit denen der Schüler, so zeigen sich
tendenziell ähnliche Wahrnehmungen, wenngleich die Absolutwerte deutlich
differieren und die Lehrpersonen zu optimistischeren Einschätzungen ihrer
Unterrichtserfahrungen kommen. Die Schülerinnen und Schüler haben dar-
über hinaus angegeben, dass sie wesentlich häufiger als bisher eigenständig
Aufgaben mit Hilfe des Internet bearbeiten möchten, ebenso wie die Arbeit
im Team (vgl. ebd., S. 37).

Lehrer Schüler
trifft voll zu/ trifft voll zu/
eher zu eher zu
Der Unterricht ist stärker
Wir Schüler/innen bearbeiten Aufgaben
schülerzentriert (als ohne Comp./ 78% 54,60%
selbstständiger als ohne das Internet
Internet)

Wir haben mehr Einfluss auf den


Die Rolle der Lehrperson verändert sich 83,20% 47%
Unterricht

Das Verhältnis zwischen den


Schüler/innen und mir hat sich 39,10%
verbessert
Schüler/innen sind aufmerksamer, wenn Bei der Arbeit mit dem Internet passt
Computer/ Internet im Unterricht 64,20% die Klasse besser auf als im normalen 59,10%
eingesetzt werden Unterricht
Die Klasse arbeitet im Unterricht besser
Die Kooperation zwischen den
58,80% zusammen, wenn das Internet genutzt 47,30%
Schüler/innen hat sich verbessert
wird
Der Unterricht macht Schüler/innen In den Fächer, in denen wir das Internet
mehr Spaß 93,80% einsetzen, macht der Unterricht mehr 84,70%
Spaß
n = 248 n= 943

Darstellung 6.17: Unterrichtserfahrungen mit IKT aus Schüler- und Lehrersicht (vgl.
Schulz-Zander et al. 2000, S. 34, 36)
Wirkungen digitaler Medien
79

Interessant ist zudem der Wunsch der Schüler, die Arbeit mit dem Internet
selbst zum Gegenstand des Unterrichts zu machen. Dies geschah im Befra- Mediener-
ziehung
gungszeitraum in nahezu zwei Drittel der Fälle niemals oder ganz selten,
wird aber von ca. 90% der Schüler manchmal bzw. sehr oft gewünscht (vgl.
S. 37).
Im Rahmen der Evaluation „Schulen ans Netz” wurden zwölf Schulen als
Fallstudien untersucht. Hier ergaben sich tendenziell am häufigsten Ver-
änderungen in der Medienkompetenz der Schüler, ihrer Motivation und in
einem stärker projektorientierten Unterricht (vgl. Hunneshagen 2005,
S. 156; Darstellung 6.18).

Veränderte Lehrer-Schüler-Rolle
Unterricht schülerzentrierter

Stärkerer Projektcharakter
Hohe Motivation der Schüler

Medienkompetenz der Schüler


Fächerübergreifender Unterricht

Weniger Frontalunterricht
Mehr Teamarbeit

0 2 4 6 8 10 12
Anzahl Schulen

Darstellung 6.18: Einschätzungen der Veränderungen durch den IKT-Einsatz; Ergebnisse


der Fallstudien (vgl. Hunneshagen 2005, S. 156)

Weitere Ergebnisse
Auswirkungen des Einsatzes Neuer Medien auf den Unterricht sind auch Ge-
e-nitia-
genstand der bereits mehrfach zitierten Evaluation der „e-nitiative.nrw”. tive.nr
Neben Steigerungen in der Motivation nennen Lehrpersonen insbesondere
einen spannenderen Unterricht als Ergebnis. Interessant ist, dass die Be-
rücksichtigung individueller Lernwege deutlich skeptischer gesehen wird,
ebenso die Förderung schwächerer Schüler (vgl. Darstellung 6.19). Deutli-
che Veränderungen nehmen die befragten Lehrpersonen hingegen in ihrer
eigenen Rolle und der stärkeren Aktivierung der Schüler wahr (vgl. Rösner/
Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 57 ff.). Vergleicht man diese Angaben
mit den Urteilen der Schüler, so spiegeln sich insbesondere der hohe
Motivationsfaktor, mehr Spaß und ein spannenderer Unterricht wider (vgl.
S. 79).
Wirkungen digitaler Medien
80

2002 2003
(Mittelwerte) (Mittelwerte)
Motivation steigt 3,7 (n=1314) 3,6 (n=1054)
Unterricht wird spannender 3,7 (n=1301) 3,7 (n=1049)
Individ. Lernwege werden besser 3,2 (n=1267) 2,8 (n=1034)
berücksichtigt
Unterschiedl. Leistungslevels werden 3,1 (n=1264) 3,2 (n=1034)
besser berücksichtigt
Schwächere können besser gefördert 2,9 (n=1265) 3 (n=1035)
werden
3,8 (n=1261) 3,8 (n=1034)
Lehrkraft mehr beratend, moderierend

Unterricht ist stärker schülerzentriert 3,5 (n=1264) 3,6 (n=1033)


1= trifft gar nicht zu, 2= trifft eher nicht zu, 3= teis/teils, 4= trifft eher zu, 5= trifft völlig zu

Darstellung 6.19: Einschätzungen der Veränderungen durch den IKT-Einsatz; Ergebnisse


der e-nitiative.nrw (vgl. Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 57)

In der FWU-Studie „Case Studies of ICT and School Improvement” (2000-


FWU – Case- 2002) (vgl. Abschnitt 6.1) wurden – ähnlich den oben genannten Ergebnis-
Studies sen – im Zusammenhang der Einführung von Neuen Medien Unterrichtsver-
änderungen in Richtung stärker projektorientierter und fächerübergreifender
Gestaltung beobachtet. Selbstgesteuertes Lernen und die Übernahme von
Verantwortung für den eigenen Lernprozess gingen einher mit einer Verän-
derung der Lehrerrolle von der frontalen Führungsrolle zu moderierenden
und beratenden Funktionen (vgl. Haass/Seeber/Weininger o.J., S. 10).
Allerdings wird auch problematisiert, dass manche Lehrer dazu neigen,
Neue Medien ineffektiv einzusetzen und die Potenziale didaktisch nicht aus-
zuschöpfen. In jedem Fall, so die Schlussfolgerungen der Studie, hänge der
pädagogische Nutzen der Neuen Medien stark von den Kompetenzen der
Lehrperson und deren Unterrichtsmethodik ab (vgl. S. 15, 18). Entschei-
dend für guten Unterricht mit Neuen Medien sei die „richtige Balance von
Instruktion und Konstruktion in problemorientierten und offenen Lernumge-
bungen” (Haass/Schulz-Zander 2003, S. 2).

6.4 Digitale Medien und Schulentwicklung


Unter dem Aspekt der Schulentwicklung werden im Folgenden Ergebnisse
diskutiert, die sich auf organisationsbezogene, technisch-infrastrukturelle
und personelle Veränderungen von Schule im Zusammenhang der Arbeit
mit digitalen Medien beziehen. Der Bereich der Unterrichtsentwicklung, der
ebenfalls ein Element von Schulentwicklung darstellt, wurde bereits in Ab-
schnitt 6.3 bearbeitet.

Ergebnisse der Studie „Second Information Technology in Education Study”


SITES-M2
In der qualitativen Studie SITES-M2 wurden auf der Mesoebene Daten er-
hoben, die Aufschluss darüber geben sollen, welche Aktivitäten auf der
Schulebene eine effektive Unterstützung ermöglichen. Dabei zeigt sich, dass
Wirkungen digitaler Medien
81

die am Innovationsprozess beteiligten Lehrpersonen Problemlagen vor allem


in folgenden Bereichen sehen:
- Schwierigkeiten in der technischen Infrastruktur,
- Probleme bei der Finanzierung notwendiger Hardware, Hinderliche
- mangelnde Unterstützung durch die Schulbehörde, Faktoren

- fehlende Unterstützung bei kontinuierlicher Technikbetreuung,


- zu enge zeitliche Rahmenbedingungen durch Stundenpläne,
- fehlender Konsens über die pädagogische und ökonomische Bedeutung
von Neuen Medien im Kollegium und
- fehlende Verankerung Neuer Medien im Schulprogramm (vgl. Büchter/
Dalmer/Schulz-Zander 2002, S. 189 ff.).
Wenn diese Problemlagen zunächst auch „nur” Ergebnisse einzelner Fall-
studien sind, so zeigt sich bereits die Spannbreite von Aspekten, die in un-
mittelbarem Zusammenhang mit der Institution Schule als einer Organisa-
tionseinheit stehen. Veränderungen, wie sie unter Abschnitt 6.3 für den
Unterricht – auf der Mikroebene – beschrieben wurden, hängen in starkem
Maße mit personalen, technischen und organisationalen Veränderungen zu-
sammen.

Evaluation von „Schulen ans Netz”


Im Rahmen der Evaluation von „Schulen an Netz” in den Jahren 1998-2000
wurden u.a. Daten erhoben, die zur Identifikation von implementationsför-
dernden und -hemmenden Bedingungen der Arbeit mit Neuen Medien sowie
zu entsprechenden Empfehlungen führen sollten (vgl. Hunneshagen 2005).
Die empirische Studie umfasst eine Befragung von Medienkoordinatoren,
Lehrern, Schülern und Schulleitungen (in einer für die von „Schulen ans
Netz” unterstützten Schulen repräsentativen Stichprobe) sowie eine Analyse
von Fallstudien an zwölf Schulen mit Hilfe von Interviews und Unterrichts-
beobachtungen (vgl. S. 62). Die schulentwicklungsbezogenen schulüber-
greifenden Befunde lassen sich nach verschiedenen Aspekten von Schul-
entwicklung gliedern: Implemen-
tations-
- Mit Bezug auf die Unterrichtsentwicklung beklagen Lehrpersonen insbe- hemmende
sondere den fehlenden pädagogischen Dialog, der durch vorrangige tech- Bedingungen
nische Probleme verdrängt wird (vgl. S. 157 f.).
- Im Hinblick auf die Organisationsentwicklung wird in den Ergebnissen
deutlich, dass die Implementation Neuer Medien in vielen Fällen von der
Einrichtung eines Projektteams begleitet und die Arbeit mit Medien im
Schulprogramm verankert wurde. Trotzdem kommt Einzelpersonen als
Promotoren eine besondere Bedeutung zu.
Als problematisch bzw. hinderlich werden Spannungen zwischen der Schul-
leitung und den Koordinatoren genannt, die u.a. durch mangelnde Aner-
kennung bedingt sind. Zudem klagen die engagierten Lehrpersonen über
zu wenig Unterstützung im Kollegium, aus dem allerdings auch Klagen
über mangelnde Transparenz der Aktivitäten kommen (vgl. S. 169 f.).
- Ein engagierter und sinnvoller Einsatz Neuer Medien setzt nicht nur eine
entsprechende Medienkompetenz der Lehrpersonen voraus, sondern auch
das Erkennen des persönlichen Nutzens. Unterstützt werden können diese
Ziele in vielen Fällen durch entsprechende Fortbildung und durch persön-
liche Beratungen sowie durch Gewinnung neuer, insbesondere jüngerer
Kolleginnen und Kollegen. Allerdings – so die Ergebnisse der Erhebungen –
haben sich im Untersuchungszeitraum insgesamt nur wenige Veränderun-
gen im Bereich der Personalentwicklung ergeben (vgl. S. 180 f.).
Wirkungen digitaler Medien
82

- Neue Medien bieten Anlässe und Möglichkeiten, Schule unter Gestaltung


neuer Kooperationen zu öffnen und weiterzuentwickeln. In den befragten
Schulen wurden Kooperationen insbesondere mit Eltern, Kollegen, in-
und ausländischen Schulen, Organisationen, Wirtschaftsunternehmen und
Sponsoren eingegangen. Insgesamt erscheint der Kooperationsaspekt bei
den beteiligten Schulen jedoch nicht vorrangig wichtig, weil Probleme im
Zusammenhang der didaktischen, technischen und organisatorischen
Medieneinbindung viele Kapazitäten binden (vgl. S. 190 f.).
- In Bezug auf die Technologieentwicklung spiegeln die Daten die insgesamt
als unzureichend empfundene Ausstattung zu Beginn der Initiative und die
damit verbundenen Belastungen der Koordinatoren wider. Hinzu kommen
räumliche Probleme und Zugangsschwierigkeiten zu den Computern (vgl.
S. 202 f.). Dies führt auch dazu, dass didaktische Fragen zugunsten der
Technik in den Hintergrund treten (vgl. Schulz-Zander et al. 2000, S. 53).
Insgesamt ist auffällig, dass in nahezu allen Bereichen eine deutliche Diffe-
renz zwischen der Beteilung männlicher und weiblicher Lehrkräfte besteht.
Sowohl beim Besuch von Fortbildungen, bei der Wahrnehmung organisato-
rischer und administrativer Aufgaben als auch in der Durchführung von
Kooperationen sind Lehrerinnen deutlich unterrepräsentiert.

In einer Teilevaluation des Projekts wurde auf der Basis von Fallstudien die
Internetnutzung an Schulen unter organisationsbezogenen Aspekten evalu-
iert (vgl. Scholl/Prasse 2000). Hauptfragen dieser Untersuchung beziehen
sich auf den Stand der Netzarbeit (Nutzung, Nutzungsvoraussetzungen,
Arbeitsorganisation) und auf die Bedeutung von Promotoren und deren
Zusammenarbeit für den Innovationsprozess (vgl. S. 23 f.). Als Promotoren
werden hier Personen bezeichnet, die mit ihrem Engagement Innovations-
prozesse fördern und unterstützen oder als Opponenten solche Prozesse
aktiv behindern können. Scholl/Prasse beziehen sich in theoretischer Hin-
sicht auf ein Promotorenmodell, in dem solche Promotoren unterschieden
werden, die
- über ein spezifisches Fachwissen in technischer oder pädagogischer Hin-
Promotoren sicht verfügen (Fachpromotoren),
- eine bestimmte hierarchische Position innehaben (Machtpromotoren) oder
- eine bestimmte Organisationskenntnis besitzen und über besonderes
kommunikatives Potenzial verfügen (Prozesspromotoren) (vgl. S. 18 f.;
S. 73).
Insgesamt wurden im Zeitraum von 1998 bis 2000 an 14 Gymnasien in Ber-
lin und in fünf neuen Bundesländern mit Interviews, Fragenbögen und
Checklisten Daten aufgenommen.
Im Hinblick auf die Internetnutzung zeigen die Ergebnisse, dass der Verlauf
der Nutzung kein linear steigender oder gar exponentiell verlaufender Pro-
zess zu sein scheint, sondern nach einer Anlaufzeit auf einem bestimmten
Niveau stagniert (vgl. S. 45). Der aktive Einsatz des Internets im Unterricht
Pionier- bzw. in der Projektarbeit ist in kleinen Pioniergruppen von ca. 5 bis 6
gruppen Lehrern pro Schule zu beobachten. Entsprechend werden von den Lehr-
personen auch nur in fünf Schulen Veränderungen genannt, die die Gesamt-
organisation Schule betreffen (vgl. S. 96, 48). Solche Veränderungen bezie-
hen sich auf stärkere Kooperationen mit anderen Schulen oder Institutio-
nen, auf generelle Veränderungen der Unterrichtsgestaltung, auf innerschu-
lische Kooperationen, auf die Öffnung der Schule nach außen und auf die
stärkere Bedeutung von Technik und Medien in der Schule.
Wirkungen digitaler Medien
83

Für nahezu alle evaluierten Schulen stellen technische und organisatorische


Probleme ein großes Hindernis bei der Nutzung des Internets im Unterricht
dar. Zu geringe Raumkapazitäten, ihre logistische Verwaltung, die Bedie-
nung der Technik und Kompetenzmängel bei den Lehrpersonen sind die
wesentlichen Punkte, die von den Beteiligten hervorgehoben werden. Insge-
samt kommen Scholl/Prasse zu der Einschätzung, dass „die technisch-
organisatorischen Nutzungsvoraussetzungen eine erste Annäherung von
Lehrern erleichtern, nicht jedoch – als alleiniger Faktor – für Umfang und
Qualität der Internetarbeit einer Schule verantwortlich zu machen sind”
(S. 60).
Im Sinne der Personalentwicklung sehen in den untersuchten Schulen von
158 befragten Lehrpersonen 61% einen dringenden Fortbildungsbedarf im
technischen, 62% im methodisch-didaktischen und 57% im inhaltlich-
pädagogischen Bereich (vgl. S. 62). Dass die zur Qualifizierung angebote-
nen Maßnahmen auch Wirkung zeigen, lässt sich daran ablesen, dass ein
umfangreicheres Angebot auch mit einer stärkeren Internetnutzung an der
Schule einhergeht (vgl. S. 65).
Die Einführung des Internets an den Schulen sowie der Arbeit damit ist in
vielen Fällen mit einem hohen Belastungsaufwand für einzelne Akteure und
der Wahrnehmung unterschiedlicher notwendiger Aufgaben verbunden. Da-
zu zählen die technische Realisierung und Betreuung, die Entwicklung päda-
gogischer Konzepte und Materialien, die Qualifizierung der Lehrpersonen,
die Finanzierung und das Sponsoring sowie die Entwicklung von Schulprofi-
len und Schulkonzepten (vgl. S. 72). Die maßgeblichen und treibenden
Akteure lassen sich als Promotoren (s.o.) und Aktivlehrer beschreiben. Ein
Aktivlehrer
pädagogischer Aktivlehrer ist an der Internetnutzung sehr interessiert, ent-
wickelt didaktische Konzepte und wirkt auf andere durch sein gutes Beispiel.
Technische Aktivlehrer sind solche, die sich weniger bzw. gar nicht für die
didaktische Nutzung des Internets interessieren, sondern vorrangig für die
Technik und darin auch andere tatkräftig unterstützen, wenngleich sie sich
nicht als Motivatoren des Kollegiums fühlen. An den Fallschulen sind die An-
zahlen der Promotoren von null bis drei sowie der Aktivlehrer von null bis
drei sehr unterschiedlich. Explizite Opponenten konnten nicht ausgemacht
werden. Festgehalten werden kann aber, dass je mehr Promotoren und Ak-
tivlehrer die Entwicklung der Internetnutzung unterstützen und je mehr
Prozesspromotion von diesen geleistet wird, desto mehr Lehrpersonen an
der jeweiligen Schule das Internet für schulische Zwecke innerhalb oder
außerhalb des Unterrichts nutzen (vgl. S. 86). Zudem ist in den Schulen, in
denen die Internetnutzung im Laufe der Zeit ansteigt, auch der höchste
Umfang an Promotion zu verzeichnen (vgl. S. 87).
Der Prozess der Interneteinführung hängt nicht nur von der Anzahl der
Aktiven ab, sondern auch von der Art des Umgangs mit Informationen, des
gegenseitigen Austausches und der Bildung von Netzwerken. Scholl/Prasse
unterscheiden dabei drei mögliche Tendenzen (vgl. S. 89 ff.):
- Tendenz zur Isolierung des Promotors oder Aktivlehrers: In diesem Fall
gibt es keinen Promotor oder der vorhandene betreibt eine unzureichende
Informationspolitik, so dass nur wenig Wissen über die Internetnutzung
und deren Organisation in der Schule im Kollegium besteht (in 3 von 14
Schulen).
- Tendenz zur Nadelöhrbildung, d.h. Informationszentralisierung und -kon-
trolle beim Promotor: Im Fall der Nadelöhrbildung werden Funktionen,
Verantwortlichkeiten und Engagement in einer Person gebündelt. Die
Wirkungen digitaler Medien
84

Schulleitungen sind nicht eingebunden, sondern haben die Verantwortung


delegiert, das Kollegium wird aber relativ gut über den Promotor informiert
(in 5 von 14 Schulen).
- Tendenzen zur Netzwerkbildung: In Schulen mit entsprechenden Tenden-
zen werden Informationen nicht über eine zentrale Stelle verteilt, sondern
zwischen mehreren Beteiligten (EDV-Koordinator, Promotor, Aktivlehrer),
die ihrerseits auch über entsprechende Kontakte, z.B. nach außen, ver-
fügen (in Ansätzen in 5 von 14 Schulen).
Insgesamt resümieren Scholl/Prasse: „Ein größerer Umfang an Promotoren
und Aktivlehrern und von diesen geleisteter Prozesspromotion geht in den
von uns untersuchten Schulen auch mit einer besseren Zusammenarbeit
unter diesen einher und schlägt sich in einer umfangreicheren Internetarbeit
in der Schule nieder” (S. 95).

Hemmende und fördernde Faktoren bei der Internetnutzung zu identifizie-


ren war auch Ziel der vom IFS durchgeführten Teilstudie der SaN-Evaluation
(vgl. Hunneshagen/Schulz-Zander/Weinreich 2000). Eine Befragung der
Koordinatoren – d.h. der an den Schulen für die Internetarbeit verantwort-
lichen Lehrpersonen – ergab, dass insbesondere technische, finanzielle und
organisatorische Schwierigkeiten als hemmend empfunden werden (vgl.
Darstellung 6.19). Im Vergleich dazu äußern die Lehrpersonen stärker
pädagogische Probleme (vgl. S. 172).

0 10 20 30 40 50 60 70

Zeitaufwand 62

unzureichende Ausstattung 53

Kostenfragen 49

technische Probleme 26

pädagogische Fragen 21

sonstige Probleme 10

Darstellung 6.19: Hauptprobleme der Internetnutzung aus Sicht der Koordinatoren und
der Lehrpersonen – Angaben in Prozent (vgl. Hunneshagen/Schulz-
Zander/Weinreich 2000, S. 172; Schulz-Zander et al. 2000, S. 25)

Die bisher dargestellten Ergebnisse zur Evaluation von „Schulen ans Netz”
sind aus der Anfangsphase des Projekts und es ist anzunehmen, dass sich
bis heute eine Reihe von Veränderungen ergeben hat. Eine vergleichbare
Auswertung zum heutigen Stand liegt derzeit nicht vor. Einige Angaben
können aber der 2006 durchgeführten Evaluation des Schulportals „Lehrer-
Online” (Creß/Hron/Neudert 2006) entnommen werden. Die Daten beruhen
auf einer Online-Befragung, an der insgesamt 1040 Lehrpersonen teilge-
nommen haben. Von unterschiedlichen Nutzungsgruppen wurden jeweils
spezifische Fragen beantwortet. In Bezug auf die organisationsbezogenen
Rahmenbedingungen zeigt sich, dass eine hohe Unterstützung durch Schul-
Wirkungen digitaler Medien
85

leitungen erfolgt und in technischer Hinsicht zwischen der Hälfte und zwei
Dritteln der Befragten von einer hinreichenden Ausstattung sprechen. In
personeller Hinsicht wird allerdings nur knapp die Hälfte der Befragten bei
der didaktischen Integration Neuer Medien in den Unterricht von Kollegen
unterstützt (vgl. Darstellung 6.20).

Organisation n %
Die Schulleitung unterstützt den Einsatz 898 92,2
neuer Medien
532 54,6
Schule hat Mediennutzungskonzept

Technik
554 56,9
Es gibt ausreichend Schulcomputer

Computer sind ausreichend 630 64,7


ausgestattet
Internetanbindungen sind ausreichend 697 71,6
schnell
Internetanbindung ist ausreichend 692 71
zuverlässig
Es gibt ein Schulintranet 618 63,4
Peronal
KollegInnen helfen bei technischen 759 77,9
Problemen
KollegInnen helfen bei der päd./ didakt. 486 49,9
Integration neuer Medien

Darstellung 6.20: Rahmenbedingungen des schulischen Medieneinsatzes (vgl.


Creß/Hron/Neudert 2006, S. 4)

Ergebnisse aus Laptop-Studien


Im Rahmen der Laptop-Fallstudie von Häuptle/Reinmann (2006) konnten
die Wirkungen des Laptop-Einsatzes auf die Schulentwicklung nicht direkt
untersucht werden. Dennoch lassen sich Aussagen in dieser Hinsicht formu-
lieren, wenn man die Profilierung der Schule im Untersuchungszeitraum,
das Schulklima oder die Rolle der Beteiligten in den Blick nimmt. In der un-
tersuchten Hauptschule weist das Notebook-Projekt keine Verbindung zur
Entwicklung der gesamten Schule auf, sondern genießt den Status eines
exklusiven Einzelangebotes (vgl. S. 51 f.). Dies hängt damit zusammen,
dass die Aktivitäten im Notebook-Bereich nicht zu Lasten anderer, ebenfalls
als wichtig angesehener Projekte gehen. Dies deutet schon darauf hin, dass
Aktivitäten im Bereich digitaler Medien immer auch in Konkurrenz zum
Engagement in anderen Bereichen gesehen werden müssen und schon von
daher Auswirkungen auf die Schule als Ganzes haben (selbst wenn gerade
dies verhindert werden sollte).
Trotz des Charakters eines Einzelprojektes konnten Häuptle/Reinmann wei-
tere Aktivitäten nach innen und außen beobachten. Neben der Verwendung
von Notebooks für schulinterne Projekte sind verstärkte Kommunikation und
Kooperation zwischen den Notebook-Lehrpersonen untereinander und mit
weiteren Fachlehrern sowie die Vorstellung des Notebook-Projektes in der
Öffentlichkeit und der Kontakt zu möglichen Sponsoren zu nennen. Aus der
Sicht der Schulleitung haben sich – im Hinblick auf eine Ausweitung des
Projekts – neben zeitlichen Belastungen die noch unzureichende Über-
Wirkungen digitaler Medien
86

zeugungsarbeit bei den Lehrern, Eltern und Schülern als Problem erwiesen.
Diese mangelnde Überzeugung drückt sich auch in sehr unterschiedlichen
Akzeptanzwerten bei den Beteiligten aus. So wird von einem Teil der Schü-
ler anderen Schülern eine Teilnahme am Notebook-Projekt nicht empfohlen.
Dies spricht aber weniger gegen das Notebook an sich, sondern gegen ver-
schiedene Rahmenbedingungen: „Unserer Beobachtung zufolge ist die
Akzeptanz des Notebooks bei den Schülern keineswegs nur von dessen
Potenzialen für das Lernen bestimmt. Vielmehr spielen … technische Prob-
leme sowie Unterrichtsverzögerungen bzw. -ausfälle eine zentrale Rolle, die
wiederum nur teilweise auf den Notebook-Einsatz an sich zurückzuführen
sind, sondern weiter reichende Ursachen organisatorischer und personeller
Art haben” (S. 46 f.). Im Kollegium ist der Einsatz von Notebook-Klassen
ebenfalls mit unterschiedlichen Einstellungen verbunden, die zu Gruppen
engagierter und aufgeschlossener Lehrpersonen sowie zu Kritikern und
(passiven) Duldern führen – vergleichbar mit den bereits beschriebenen
Promotoren, Aktivlehren und Opponenten. Wenn auch die engagierten Kol-
legen von verschiedener Seite Zustimmung und Anerkennung erfahren, so
ist doch einem Großteil der befragten Lehrpersonen „nicht [verständlich],
warum Notebooks gefördert werden (da damit die Probleme einer Haupt-
schule nicht gelöst werden)” (S. 48).

Der kollegiale Austausch bei der Entwicklung von didaktischen Möglichkeiten


der Integration von Laptops in den Unterricht und die damit verbundene
modellhafte Motivation für interessierte Kolleginnen und Kollegen, selbst
schülerzentrierte und konstruktivistische Unterrichtsformen im Unterricht zu
erproben, werden auch in der Fallstudie von Schaumburg als positive Aus-
wirkungen des Laptop-Einsatzes hervorgehoben (vgl. S. 204 f.). Als eben-
falls sehr förderlich hat sich die Einrichtung einer Laptop-AG erwiesen, die
zu Ende des Projekts bereits von über einem Drittel der Lehrpersonen be-
sucht wurde. Allerdings sind die Rahmenbedingungen in dieser Fallstudie
wesentlich verschieden von der o.g. Hauptschule. Das Gymnasium in
Gütersloh hat die Medienarbeit bereits seit langer Zeit als Schwerpunkt aus-
gewiesen und auch das Laptop-Projekt im Schulprogramm zu verankern
beschlossen. Diese Einbindung in die Schulorganisation als Ganzes und die
aktive Unterstützung der Schulleitung sind – auch in Übereinstimmung mit
anderen Studien – wichtige Bedingungen für eine Verbreitung digitaler
Medien in der Schule.
Als hinderlich stellte sich die Bindung an den Lehrplan heraus, verstärkt
durch eine gewisse Konkurrenzsituation, in der sich Laptop- und Nicht-
Laptop-Klassen befinden. Ähnliches gilt für die Beibehaltung der Fächer-
grenzen und der Stundeneinheiten. Dadurch wird insbesondere fächer-
übergreifendes Arbeiten unterbunden und einer stärker lehrergeleiteten
„gymnasialen” Unterrichtsform Vorschub geleistet (vgl. S. 206).

6.5 Forschungsmethodische Konsequenzen


Die bisher dargestellten Ergebnisse zu Wirkungen digitaler Medien beziehen
sich auf den schulischen Bereich und wurden nach einzelnen Wirkungs-
feldern strukturiert. Im Folgenden wird der Blick stärker auf verschiedene
Untersuchungsverfahren gelenkt. Dadurch wird zum einen eine Einordnung
der Ergebnisse in die allgemeine mediendidaktische Forschung möglich,
Wirkungen digitaler Medien
87

zum anderen werden die an verschiedenen Stellen angesprochenen for-


schungsmethodischen Probleme noch einmal systematisch reflektiert.

Grundsätzlich lassen sich folgende Arten von Untersuchungen unter- Unter-


scheiden: suchungs-
arten
- Untersuchungen zu allgemeinen Medieneffekten, die häufig als experimen-
telle oder quasi-experimentelle Vergleichsstudien zwischen mediengestütz-
tem und herkömmlichem Unterricht durchgeführt werden,
- Untersuchungen zu den Effekten spezieller Medienmerkmale – z.B. Codie-
rungsarten und Sinnesmodalitäten – für das Lernen, die in der Regel als
experimentelle oder quasi-experimentelle Studien realisiert werden und
- Evaluationsstudien, bei denen nach dem Erfolg von medienbezogenen
Maßnahmen gefragt wird, z.B. Einführung des Schulfernsehens oder von
Computern in den schulischen Alltag.

Untersuchungen zu allgemeinen Medieneffekten


Die frühe mediendidaktische Forschung ist durch den Versuch gekennzeich-
net, Medienunterricht mit konventionellem Lehrerunterricht zu vergleichen.
So haben verschiedene Studien zum Vergleich von herkömmlichem und Vergleichs-
fernsehgestütztem Unterricht keine einheitlichen Effekte gezeigt (vgl. z.B. studien
Chu/Schramm 1968; Jamison/Suppes/Wells 1974; Cohen/Ebeling/Kulik
1981). Für den Bereich des computerunterstützten Unterrichts haben Kulik/
Kulik (1991) insgesamt 248 Studien ausgewertet. Von diesen zeigten 94
(= 38%) einen statistisch signifikant höheren Lernerfolg für das computer-
gestützte Lernen und 6 (= 2%) ein signifikant höheres Lernergebnis für den
konventionellen Unterricht. In 60% der Fälle gab es keine statistisch signifi-
kanten Unterschiede. Allerdings ergab sich bei insgesamt 202 der Studien
(= 81%) eine positive Differenz der Lernergebnisse zugunsten des com-
putergestützten Lernens (einschließlich der 94 Studien mit signifikanten
Unterschieden). Die durchschnittliche Effektstärke betrug 0.30 bei einer
Spannbreite von -1.20 bis 2.17.
Insgesamt zeigen die vielen Studien zu generellen Medieneffekten (als Ver-
gleich zwischen medienunterstützten und herkömmlichen – personal vermit-
telten – Lehr- und Lernprozessen), dass nicht von einer grundsätzlichen
Überlegenheit des Lernens mit Medien gesprochen werden kann – allerdings
auch nicht von einer grundsätzlichen Unterlegenheit medienunterstützten
Lehrens und Lernens. Mit Blick auf die Uneinheitlichkeit der Ergebnisse „Land der
spricht Schulmeister (2002) vom „Land der Nullhypothesen” (S. 387). Die Null-
Studien zu generellen Medieneffekten machen deutlich, dass die For- hypothesen“

schungsfrage nach einem globalen Vergleich zwischen einzelnen Medienar-


ten und dem personal geführten Unterricht letztlich nicht sinnvoll ist, weil
eine Vielzahl von Variablen die Effizienz von Lernprozessen mit Medien
beeinflusst. Im Hinblick auf die „entweder/oder”-Mentalität der Medien-
vergleichsuntersuchungen konstatiert Negroponte (1995): „The ‚either/or’
mentality was driven by the false belief that there was a universal ‚best’ so-
lution for any given situation; it is false because people are different, situa-
tions change and the circumstances of a particular interaction may be
driven by the channel you have available” (S. 97). In ähnlicher Weise hat
Clark (1994) darauf verwiesen, dass bereits Ende der 70er-Jahre erkannt
wurde, dass „learning is influenced more by the content and instructional
strategy in a medium than by the type of medium” (S. 21).
Wirkungen digitaler Medien
88

Die insgesamt nur geringe Aussagekraft der vergleichenden Studien hängt


auch mit forschungsmethodischen Problemen zusammen, auf die schon
an verschiedenen Stellen verwiesen wurde (vgl. auch Clark 1994;
Phipps/Merisotis 1999; Strittmatter/Niegemann 2000, S. 150 f.; Schulmeis-
ter 2002, S. 409 ff.):
Methodische - In der Regel sind die durchgeführten Treatments nur unzureichend be-
Probleme schrieben, so dass ex post nicht mehr nachvollziehbar ist, welche einzel-
nen Instruktionen oder Interaktionen stattfanden. Die fehlende Kontrolle
entsprechender Variablen erschwert die Interpretation der Ergebnisse in
Bezug auf eine Differenzierung von Ursache und Wirkung.
- Eine grundsätzliche Kritik verbindet sich mit der experimentellen Situation,
in der zum Teil künstliche Umgebungen geschaffen wurden, die eine Über-
tragung der Ergebnisse auf „reale” Lernsituationen in der Regel nicht zu-
lassen (dies gilt allerdings nicht nur für Medienvergleichsuntersuchungen,
sondern auch für andere Bereiche der Lehr-Lernf-Forschung).
- Komparative Studien abstrahieren insbesondere von Interaktionsbedingun-
gen während des Treatments. Unterstellt man, dass interaktionelle Kon-
texte aber für die experimentelle Situation grundsätzlich bedeutsam sind,
dann „sind die Versuchsbedingungen eben nicht vergleichbar, obwohl sie
gerade verglichen werden sollen” (Schulmeister 2002, S. 409).
- Viele Untersuchungen sind nicht theoriegeleitet angelegt. Damit leisten sie
zum einen nur begrenzt Beiträge zur Theoriebildung zum Lernen mit Me-
dien, zum anderen gehen sie häufig von theoretisch nicht begründeten
Hypothesen aus.
- Studien zu generellen Medieneffekten zielen in der Regel auf Effizienz-
aspekte des Lernens im Hinblick auf Wissenserwerb, Behaltensleistung
oder Lernzeit ab. Eine differenzierte Sicht auf Lernwege und andere Pro-
zessvariablen unterbleibt häufig.

Untersuchungen zu Effekten spezieller Medienmerkmale


Vergleichsuntersuchungen zu allgemeinen Medieneffekten gestatten – wenn
Experimen- überhaupt – nur in sehr begrenzter Weise Aussagen über Effekte einzelner
telle Studien Medienmerkmale. Deshalb wird in verschiedenen experimentellen oder qua-
si-experimentellen Studien eine Differenzierung von Aussagen zum Lehren
und Lernen mit Medien dadurch angestrebt, dass einzelne Medienmerkmale
genauer untersucht werden. In diesen Untersuchungen wird danach gefragt,
wie sich bestimmte Medieneigenschaften auf den Lernerfolg – z.B. den Wis-
senserwerb – auswirken. Die – als unabhängige Variablen – untersuchten
Medienmerkmale umfassen dabei Darstellungsformen mit einer Akzentuie-
rung bei Codierungsarten oder Sinnesmodalitäten sowie Ablaufstrukturen,
Gestaltungstechniken und Gestaltungsformen.

a) Studien mit Bezug zu den Codierungsarten


Bild-Text-
Relativ viele Studien gehen der Frage nach, ob eine Kombination aus
Kombina- verbalem Text und Bild zu besseren Lernerfolgen führt als die bloße Prä-
tionen sentation von verbalen Texten. Wertet man die Ergebnisse verschiedener
Untersuchungen aus (vgl. z.B. Levin/Anglin/Carney 1987; Mayer 1997),
so lässt sich festhalten, dass ein höherer Lernerfolg – in Bezug auf
Wissenserwerb, Transferfähigkeit bzw. Problemlösefähigkeiten – dann zu
erwarten ist, wenn
- Informationen als Text und Bild präsentiert werden, als wenn sie nur als
Text dargeboten werden,
Wirkungen digitaler Medien
89

- Illustrationen zu einem Text als kommentierte Illustrationen dargeboten


werden, als wenn die Illustrationen unkommentiert sind,
- Informationen in Text und Bild integriert (in räumlicher Nähe zueinan-
der) präsentiert werden, als wenn zunächst der Text und anschließend
die Illustrationen dargeboten werden.
Dabei ist grundsätzlich unterstellt, dass es sich um potentiell lernfördern-
de Bilder bzw. Illustrationen handelt.
Allerdings ist zu beachten, dass sich der Lernerfolg letztlich immer nur als
Wechselwirkung zwischen den im Medienangebot gewählten Codierungs-
arten und den Voraussetzungen der jeweiligen Lernenden verstehen
lässt.

b) Studien mit Bezug zu den Sinnesmodalitäten


Untersuchungen mit Bezug zu den Sinnesmodalitäten gehen der Frage
nach, welche Präsentationsmodi sich als besonders wirkungsvoll im Hin-
blick auf den Lernerfolg erweisen. Dabei wird der Lernerfolg – wie in vie-
len Studien – häufig zunächst im Bereich des Wissenszuwachses erfasst,
teilweise auch im Bereich des Problemlösens und des Wissenstransfers
(vgl. Mousavi/Low/Sweller 1995; Mayer 1997; Mayer/Anderson 1991,
1992; Moreno/Mayer 1999; Brünken/Leutner 2001). Ergebnisse entspre-
chender Untersuchungen lassen sich so zusammenfassen, dass der Lern- Integration
von Text,
erfolg dann größer ist, wenn Bild und Ton
- Informationen auditiv (als gesprochener Text) und visuell (als Bild oder
als Animation) präsentiert werden, als wenn sie nur visuell (als ge-
schriebener Text und als Bild bzw. als Animation) dargeboten werden,
- Informationen auditiv (als gesprochener Text) und visuell (als Animati-
on) präsentiert werden, als wenn sie nur auditiv (als gesprochener Text)
dargeboten werden,
- Informationen auditiv (als gesprochener Text) und visuell (als Animati-
on) simultan präsentiert werden, als wenn die Informationen auditiv (als
gesprochener Text) und visuell (als Animation) nacheinander dargebo-
ten werden,
- Informationen visuell (als geschriebener Text und als Animation) in
räumlicher Nähe zueinander (integriert) präsentiert werden, als wenn
sie räumlich getrennt dargeboten werden.
Ergänzen lässt sich, dass die audiovisuelle Präsentation von symbolisch-
verbal codierten und abbildhaft codierten Informationen (d.h. gesproche-
ner Text in Verbindung mit einer Animation) den Wissenserwerb mehr
unterstützt, als wenn die gleiche symbolisch-verbal codierte Information
zusätzlich (redundant) visuell (d.h. als schriftlicher Text) dargestellt wird
(vgl. Mayer 2001). Diese Ergebnisse sind insbesondere auch für die
Gestaltung von Lernsoftware von Bedeutung. Zudem sind die Ergebnisse
auf der Basis entsprechender theoretischer Ansätze und daraus abge-
leiteter Hypothesen entstanden und damit auch in dieser Hinsicht gut
abgesichert.

c) Studien mit Bezügen zu weiteren Medienmerkmalen


Neben den Codierungsarten und den Sinnesmodalitäten ist eine Vielzahl
weiterer Studien durchgeführt worden, die sich z.B. mit Ablaufstrukturen,
Gestaltungsformen und -techniken oder Wechselwirkungen zwischen sol-
chen Merkmalen und Lernvoraussetzungen beschäftigen. Insbesondere
mit der kognitionstheoretischen Wende ist den Lernenden und ihren Vor-
Wirkungen digitaler Medien
90

aussetzungen verstärkt Bedeutung zugemessen worden. So beschreibt


Weidenmann unter Rückgriff auf Untersuchungen verschiedener Autoren
vier allgemeine Variablen, die für die Mediennutzung und den Lernerfolg
bedeutsam sind (vgl. 1993, S. 29 ff.). Als Erstes nennt er die medienspe-
Medien-
spezifische
zifische Einstellung und die mentale Anstrengung. Beispielsweise wird bei
Einstellung einem Medium, das vom Lernenden als schwierig eingeschätzt wird, z.B.
einem schriftlichen Text, in der Regel von vornherein eine größere men-
tale Anstrengung investiert und damit die Grundlage für einen größeren
Motivation Lernerfolg gelegt als bei einem Medium, das als „leichtes Medium” gilt,
z.B. das Fernsehen. Eine zweite wichtige Variable stellen die intrinsische
Motivation und das Interesse dar: Je stärker diese ausgeprägt sind, umso
Umgang mit wahrscheinlicher sind gute Lernerfolge. Als dritte Variable wird die Fähig-
Überlastung
keit zum Umgang mit Überlastung beschrieben: Je besser es dem Indivi-
duum bei der Mediennutzung gelingt, Belastungen durch wechselnde Co-
dierungsarten, Sinnesmodalitäten, Gestaltungstechniken und inhaltliche
Media-
Literacy Unklarheiten zu bewältigen, umso größer sind die Chancen auf gute
Lernergebnisse. Schließlich wird als viertes die Variable „Media-Literacy”
aufgeführt: Je kompetenter ein Individuum die Gestaltungsmöglichkeiten
und Ausdrucksformen der Medien bzw. die „Mediensprache” interpretie-
ren und einordnen kann, umso eher ist ein angemessenes Verstehen und
Verarbeiten der medialen Präsentationen zu erwarten.

Die dargestellten Untersuchungsergebnisse zum Einfluss spezieller Medien-


merkmale legen generell die Annahme nahe, dass für das Erreichen be-
stimmter Lehrziele die Wahl der Erfahrungsformen bzw. Codierungsarten,
Bedeutung z.B. die reale oder abbildhafte Form, und die Wahl bestimmter Gestaltungs-
der didak- formen, z.B. Aktivierung durch Aufgaben, wichtiger sind als die Medienart,
tischen
Konzepte
durch die sie präsentiert und realisiert werden. Darüber hinaus machen die
Untersuchungsergebnisse darauf aufmerksam, dass neben bestimmten
Medienmerkmalen die Wahl des Lehrkonzepts besonders wichtig ist. So
wurden beispielsweise die medialen Effekte – bezogen auf Codierungs- und
Gestaltungsformen – in den verschiedenen Untersuchungen durch die
zugrundeliegenden Lehrkonzepte (z.B. problemorientiertes Vorgehen und
programmierte Unterweisung) überlagert. Aber auch für das jeweilige Lehr-
konzept gilt, dass es in seiner Wirkung – wie die Medienmerkmale und in-
haltliche Aspekte des Medienangebots – in Wechselbeziehung zu den Merk-
malen des Lernenden, insbesondere seinen Lernvoraussetzungen zu sehen
ist.

Bei aller Bedeutung, die z.B. den Ergebnissen experimenteller Studien zu


Evalua- Sinnesmodalitäten, Codierungsarten und Lernerfolg – die zudem hin-
tionen
reichend theoretisch fundiert sind – zukommt, wird doch deutlich, dass für
die Frage des Lernerfolgs im Kontext des Einsatzes digitaler Medien in der
Schule eine ergänzende Form der Forschung notwendig ist. Ein solches
Verfahren stellt die Evaluation dar.
Während das Experiment ein vorrangig erkenntnisorientiertes Verfahren
darstellt, ist die Evaluation ein stärker entscheidungsorientierter Ansatz, der
Aussagen darüber ermöglichen soll, ob z.B. ein bestimmtes unterrichtliches
Verfahren sich zur Erreichung bestimmter Ziele eignet bzw. bewährt hat,
welche Nebenwirkungen auftreten können, und ob es für die eigene Situati-
on einer Lehrperson (mit jeweils spezifischen schulischen Voraussetzungen)
adaptierbar ist. Damit liegen die Untersuchungssituationen in einer Evalua-
Wirkungen digitaler Medien
91

tion im Vergleich zur experimentellen Forschung üblicherweise näher an All-


tagssituationen und sind dadurch im Hinblick auf die speziellen Rahmenbe-
dingungen und Voraussetzungen – wie die Lernvoraussetzungen, die durch-
geführten Lehr- und Lernhandlungen sowie besondere Unterrichtsbedingun-
gen – im Vergleich zur eigenen Situation leichter einzuschätzen. Dadurch
dürfte auch die Übertragbarkeit von Evaluationsergebnissen insgesamt er-
leichtert werden (vgl. Tulodziecki 1982, S. 373). Dies bedeutet aber, die
ergebnisrelevanten Gesichtspunkte der Durchführung klassenbezogen so zu
beschreiben, dass eine Lehrperson in der Lage ist zu entscheiden, ob in
ihrer Lerngruppe vergleichbare Bedingungen gegeben sind und sich das
Konzept in vergleichbarer Weise realisieren ließe. Auf der Basis einer sol-
chen Einschätzung könnte dann – unter Hinzuziehung der Evaluations-
ergebnisse – eine Vorhersage über den vermutlichen Lernerfolg gemacht
werden.
Alltagssituationen sind Einzelfallsituationen, d.h. Evaluationen sind i.d.R.
Studien, die mit Gelegenheitsstichproben arbeiten und daher nicht verall-
gemeinerungsfähige Ergebnisse liefen. Allerdings sei im Hinblick auf die aus
der Evaluation zu gewinnenden handlungsrelevanten Aussagen angemerkt,
dass verallgemeinerungsfähige, an repräsentativen Stichproben gewonnene
Aussagen für die Unterrichtspraxis auch nicht unbedingt einen Vorteil dar-
stellen müssen. Für die Umsetzung eines – allgemeingültigen – Unterrichts-
konzeptes zum Erreichen eines bestimmten Zieles wäre von der Lehrperson
auch dann noch eine Adaption konkreter zielgruppenspezifischer bzw. situa-
tiver Bedingungen an die repräsentativen Evaluationsbedingungen erforder-
lich. Es dürfte zumindest zweifelhaft sein, ob dies immer sinnvoll oder mög-
lich ist und ob die Handlungsrelevanz repräsentativer Aussagen per se grö-
ßer ist. Damit verbunden ist auch die Problemlage einer Standardisierung
von Unterrichtssituationen. Nicht zuletzt würde eine solche Strategie auch
die Verbindung von Theorie und Praxis sowie die Theorienetwicklung deut-
lich fördern.

6.6 Zusammenfassung
Hohe Erwartungen an die lernförderlichen Potenziale digitaler Medien, ver-
bunden mit intensiven Bemühungen um ihre Integration in den Unterricht
legen es nahe, auch nach den Wirkungen zu fragen. Dabei können ver-
schiedene Wirkungsebenen in den Blick genommen werden: Fachliche Leis-
tungen, überfachliche Kompetenzen, Veränderungen der Unterrichtskultur
und Aspekte der Schulentwicklung.
In der jüngeren Vergangenheit wurden fachliche Kompetenzen im Zusam-
menhang mit dem Einsatz von digitalen Medien vor allem im Kontext inter-
nationaler Schulleistungsstudien diskutiert. Dabei fanden sich positive signi-
fikante Zusammenhänge zwischen Testleitungen in Mathematik und der
Verfügbarkeit von Computern zu Hause, zwischen Testleistungen und der
Dauer der Computererfahrung, zwischen Testleitungen und mäßiger schuli-
scher sowie häufiger häuslicher Computernutzung und zwischen Test-
leistungen in Mathematik und im Lesen und einer insgesamt moderaten
Verwendung von Internet und Computerspielen bzw. Standardanwendungen
und Lernsoftware. Diese Daten erfordern einen sensiblen Umgang in zweier-
lei Hinsicht: Zum einen sagen Korrelationen noch nichts über kausale
Zusammenhänge und zum anderen wird forschungsmethodisch problemati-
Wirkungen digitaler Medien
92

siert, dass häufig nur bivariate Zusammenhänge betrachtet werden, die sich
deutlich anders darstellen können, wenn weitere Einflussfaktoren als Kon-
trollvariablen berücksichtigt werden. Die Frage, welche Auswertungsmodelle
letztlich angemessen sind, wird forschungsmethodisch zu klären sein. Der-
zeit jedenfalls lassen sich auf der Basis der genannten Zusammenhänge
allenfalls weitere erkenntnisleitende Hypothesen für weitere Untersuchun-
gen formulieren.
Einen wesentlich detaillierteren Einblick in Lehr- und Lernprozesse mit digi-
talen Medien erlauben Fallstudien, in denen nicht nur der outcome, sondern
auch die Lernprozesse selbst Gegenstand der Untersuchung sind. Allerdings
wird dieser Informationsgewinn zulasten der Repräsentativität erkauft. Sol-
che Einzelfallstudien zeigen, dass digitale Medien die fachlichen Leistungen
von Schülern nicht verschlechtern, sondern in Teilbereichen verbessern
können. Dies gilt zum Beispiel für mathematische Teilkompetenzen oder für
verschiedene Aspekte von Aufsatzleitungen. Insbesondere qualitative Stu-
dien machen darauf aufmerksam, dass die Frage des Lernerfolgs nicht zu-
letzt davon abhängt, inwieweit bestimmte Passungen zwischen den Eigen-
schaften der eingesetzten Medien, den Lernvoraussetzungen der Schüler
und der didaktischen Gestaltung der Lernsituationen bestehen. Dies wird
durch die im Fachunterricht wahrgenommenen Lernerfolge durchaus unter-
stützt. Gerade Ergebnisse solcher Studien, in denen auch tendenziell nega-
tive Auswirkungen auf den Lernerfolg berichtet werden, zeigen bei der Ana-
lyse der zugrunde liegenden Lernaktivitäten, dass teilweise Artefakte, z.B.
durch die Verkürzung der Auseinandersetzung mit fachlichen Inhalten zu-
gunsten einer Beschäftigung mit medienspezifischen Belangen, entstehen
können und zu verzerrenden Eindrücken führen.
Im Hinblick auf die Verbesserung von überfachlichen Kompetenzen im Zu-
sammenhang der Nutzung digitaler Medien liegen keine repräsentativen
Daten auf der Basis entsprechender Kompetenzmessungen vor, aber viele
qualitative Studien berichten von Ergebnissen, die tendenziell in dieselbe
Richtung weisen. Die häufigsten positiven Veränderungen liegen im Bereich
des selbstständigen und selbst gesteuerten Arbeitens, der Kooperation und
der Medienkompetenz, allerdings in der Regel eingeschränkt auf den kom-
petenten Umgang mit dem Computer und die Fähigkeit, z.B. mit dem Inter-
net zu arbeiten. Die fächerübergreifenden Kompetenzen in den jeweiligen
Bereichen sind z.T. geschlechtsspezifisch zugunsten der Jungen ausgeprägt.
Allerdings weisen erste Befunde auch in die Richtung einer Angleichung der
Fähigkeiten beider Geschlechter durch den kontinuierlichen Einsatz von digi-
talen Medien im Unterricht.
Neue Medien fordern und fördern die Veränderung von Unterricht. Insbe-
sondere in Bezug auf die Lehrerrolle zeigen viele Studien eine Verschiebung
des Verständnisses als Wissensvermittler stärker zu einer beratenden und
moderierenden Funktion. Damit verbunden werden vielfach Veränderungen
in den Handlungsmustern der Lehrpersonen beschrieben. Im engeren Sinne
beziehen sich solche Muster zunächst auf typische Lehraktivitäten mit digi-
talen Medien, z.B. den Einsatz von Lernsoftware zur Übung und Kontrolle,
die Nutzung des Internets zur Recherche oder Kooperation usw. In einem
weiter gefassten Sinne betreffen die Handlungsmuster aber die grundsätzli-
che Auffassung der Lehrenden von der Unterrichtsgestaltung und -durchfüh-
rung. So zeigen Einzelfallstudien – etwa im Zusammenhang des Lernens mit
Laptops –, dass die Veränderungen der Unterrichtskultur in engem Zusam-
menhang mit den routinisierten und praktizierten Handlungsmustern der
Wirkungen digitaler Medien
93

Lehrpersonen stehen. Diejenigen Lehrpersonen, die ohnehin einen stärker


schülerzentrierten Unterricht durchführen, nehmen durch den Einsatz von –
in diesem Falle – Laptops weniger Änderungen wahr als diejenigen, die
einem stärker lehrerzentrierten Vorgehen verhaftet sind. Eine gewinnbrin-
gende Integration Neuer Medien gelingt am ehesten den Lehrpersonen, die
mit ihrem Unterrichtsstil der Wechselwirkung von Inhalt, Medium, Lernvor-
aussetzungen und Sozialformen Rechnung tragen. Dies ist allerdings ein
längerfristiger Prozess, der in vielen Fällen zunächst einmal an stärker me-
dienbezogenen Aspekten ansetzt und erst später auf die inhaltliche Unter-
richtsarbeit mit digitalen Medien ausgeweitet wird. Die „Trägheit” solcher
Veränderungsprozesse ist nicht auf den Medienbereich beschränkt, Ergeb-
nisse der Professions- und Expertiseforschung zeigen, dass die Veränderung
von Handlungsstrukturen im Unterricht und der damit verbundenen subjek-
tiven Theorien von Unterricht ein schwieriger und langwieriger Prozess sind.
An konkreten Veränderungen werden von Lehrpersonen und Schülern den
vorliegenden Studien zufolge am häufigsten mehr – und teilweise qualitativ
verbesserte – Gruppenarbeit, eine höhere Anschaulichkeit des Unterrichts,
ein höherer Grad an Schülerzentrierung, z.B. durch eigenständige Bearbei-
tung von Aufgaben, eine verbesserte Aufmerksamkeit und deutlich mehr
Motivation und Freude am Unterricht wahrgenommen.
Insgesamt wird erkennbar, dass im Hinblick auf die Unterrichts- und Lern-
kultur Veränderungen mit dem Einsatz digitaler Medien einhergehen; ob
dies allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits als eine neue Lernkultur be-
zeichnet werden kann, ist fraglich. Vielfach sind Veränderungen auf den
Einbezug der Medien fokussiert, legen allerdings auch dort bereits ein modi-
fiziertes Rollenverständnis nahe. Eine Änderung der grundlegenden didakti-
schen Muster zur Integration digitaler Medien in den Unterricht, die auch in
neuen Formen der fachlichen Auseinandersetzung mit Inhalten die Poten-
ziale digitaler Medien zur Entfaltung bringt, erfordert jedoch noch deutlich
weitergehende Anstrengungen.
Die Integration digitaler Medien ist aus einer systemischen Perspektive
neben dem Unterricht mit Auswirkungen auf verschiedene weitere Bereiche
des Systems Schule verbunden, etwa die Technik, die Infrastruktur und das
Personal. Dies bedeutet, dass digitale Medien auch unter dem Blickwinkel
ihrer Bedeutung für Prozesse der Schulentwicklung gesehen werden müs-
sen. Wertet man hierzu entsprechende Studien – in der Regel handelt es
sich wieder um Fallstudien – aus, so zeigt sich, dass an vielen Schulen Ver-
änderungen durch eine Kerngruppe von Lehrpersonen angestoßen werden.
Sie übernehmen Promotoren-Funktionen in technischer und pädagogischer
Hinsicht. Dazu zählen Aufgaben wie Motivation und Unterstützung von Kol-
leginnen und Kollegen, Herstellung von Arbeitsstrukturen und Sicherung der
Finanzierung, Sicherstellung des Informationsflusses in der Schule und nach
außen sowie die Entwicklung von Medienkonzepten. Als wichtige Rahmen-
bedingung hat sich in vielen Fällen eine starke Unterstützung durch die
Schulleitung erwiesen. Ebenso wichtig erscheint der Austausch über Ziele
und Inhalte der Arbeit mit digitalen Medien und die Herstellung eines
Grundkonsenses. Auch wenn – wie berichtet – eine insgesamt sehr positive
Grundstimmung unter den Lehrkräften vorherrscht, kann nicht verschwie-
gen werden, dass Kollegien neben aktiven auch duldende und – allerdings in
sehr geringer Zahl – opponierende Mitglieder haben. Implementationspro-
zesse sind mit Rückschlägen verbunden, die nicht immer auf die Sache an
sich, sondern häufig auf ungünstige Rahmenbedingungen zurückzuführen
Wirkungen digitaler Medien
94

sind. Auch hier – so zeigen die Ergebnisse – ist die Kommunikation entspre-
chender Probleme wichtig, um Akzeptanzschwierigkeiten vorzubeugen. Eine
aktive Beteiligung von Lehrpersonen an der Integration Neuer Medien in
den Unterricht stellt sich als nicht zuletzt abhängig von den jeweiligen Kom-
petenzen der Lehrkräfte dar. In diesem Kontext äußern die Betroffenen er-
höhten Fortbildungsbedarf in pädagogisch-inhaltlichen, didaktischen und
technischen Fragen.
Studien zur Frage der Wirkungen digitaler Medien in den Bereichen der
Fachleistungen, der Schlüsselqualifikationen, der Unterrichts- und der
Schulentwicklung sind forschungsmethodisch sehr unterschiedlich angelegt.
Grundsätzlich lassen sich
- Untersuchungen zu allgemeinen Medieneffekten, z.B. als Vergleichsunter-
suchung zwischen medienunterstütztem und herkömmlichem Unterricht,
- Untersuchungen zu Effekten spezieller Medienmerkmale, etwa Codierungs-
arten oder Sinnesmodalitäten, und
- Evaluationsstudien, z.B. zur Zielerreichung von medienbezogenen Maß-
nahmen
unterscheiden. Dabei hat sich die Frage nach einer generellen Überlegenheit
des Lernens mit Medien gegenüber dem Lernen ohne Medien als nicht sinn-
voll herausgestellt; zu vielfältig sind die unkontrollierbaren Einflüsse. Expe-
rimentelle und quasi-experimentelle Studien haben wertvolle Erkenntnisse
geliefert, wie computerbasierte Medienangebote – z.B. hinsichtlich des Ver-
hältnisses von Text, Bild und Ton – gestaltet werden sollten, um möglichst
hohe Lernerfolge im Wissensbereich oder im Bereich des Problemlösens zu
erzielen. Problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang, dass expe-
rimentelle Situationen relativ weit entfernt von schulischen Unterrichtssitua-
tionen sind. Daher sind Evaluationsstudien, die eher entscheidungsorientiert
ausgerichtet sind, für die Unterrichtsforschung gewinnbringender, weil sie
Antwort auf die Frage geben, ob eine bestimmte Maßnahme unter bestimm-
ten Bedingungen zielführend ist und welche Nebenwirkungen ggf. auftreten.
Diese Art von Forschung ist zwar in der Regel nicht repräsentativ, kann aber
dennoch aufgrund der kontextbezogenen Anlage wertvolle Hinweise auf
Erfolge schulischer Maßnahmen geben.
95

7 Digitale Medien in der Lehreraus-


bildung und Lehrerfortbildung

Die Integration digitaler Medien in den schulischen Alltag ist nicht zuletzt
abhängig von den Fähigkeiten der Lehrpersonen, die eine solche Integration
leisten wollen und leisten sollen. Dies bedeutet, dass der Ausbildung von
Lehrerinnen und Lehrern im Bereich der Medienpädagogik eine grundlegen-
de Aufgabe und Rolle zukommt. Darüber hinaus ist – auch angesichts der
raschen Entwicklungen im Medienbereich – die Lehrerfortbildung von be-
sonderer Wichtigkeit (vgl. z.B. KMK 1995, S. 3).
Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend die Situation der Lehrerausbil-
dung und -fortbildung im Hinblick auf den Erwerb medienpädagogischer
Kompetenz dargestellt. Damit sind neben der Erziehungswissenschaft und
den Fachdidaktiken in der universitären Erstausbildung auch die Studien-
seminare und die Weiterbildungseinrichtungen angesprochen.

7.1 Lehrerausbildung
In Bezug auf die Wirksamkeit der medienpädagogischen Ausbildung im
Rahmen der Lehrerbildung auf den Einsatz von digitalen Medien an Schulen Wirkungs-
studien
liegen nach unserer Kenntnis keine Studien vor. Dies liegt vermutlich u.a.
daran, dass für die Messung solcher Wirkungen Longitudinalstudien erfor-
derlich sind und die Wirksamkeit über den vergleichsweise langen Zeitraum
vom Studienabschluss bis zum Berufseinstieg durch verschiedene andere
Faktoren beeinflusst wird, wie unterschiedliche Ausbildungssituationen in
der ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung, Kompetenzerwerb
durch andere Quellen usw. Dennoch lässt sich aus Studien, die die Ausbil-
dung von Lehrpersonen zur Medienpraxis in Beziehung setzen, vorsichtig
schlussfolgern, „dass die Ausbildung sehr wichtig für die Frage ist, ob in der
späteren Praxis die Medien sinnvoll verwendet und medienerzieherische
Ziele verfolgt werden” (Tulodziecki 2005, S. 27; vgl. auch Tulodziecki u.a.
2000, S. 247 ff.).
Neben einem kompetenten Umgang mit Medien werden folgende weitere
medienpädagogische Kompetenzbereiche für die Ausbildung von Lehrperso-
Medienpäda-
nen als wichtig erachtet:
gogische
- Sensibilität für die Bedeutung von Medien für Kinder und Jugendliche, Kompetenz
- Medienverwendung für Lehr- und Lernprozesse,
- Wahrnehmung von Erziehungs- und Bildungsaufgaben und
- medienpädagogische Konzeptentwicklung in der Schule (vgl. Blömeke 2000;
Spanhel und Tulodziecki 2001).
Man kann davon ausgehen, dass ein Angebot an Veranstaltungen zum
Erwerb solcher Kompetenzen an allen lehrerausbildenden Universitäten
Lehrerausbildung und -fortbildung
96

besteht, da z.B. schon eine Ende der 1990er-Jahre durchgeführte Analyse


von Vorlesungsverzeichnissen zeigte, dass 5% der Veranstaltungen für das
Studium des Lehramtes der Primarstufe in Nordrhein-Westfalen Medienbe-
züge aufweisen (vgl. Gallasch u.a. 2000, S. 389 ff.). Allerdings ist auch da-
von auszugehen, dass viele Angebote eher im Wahl- und Wahlpflichtbereich
angeboten werden, da medienpädagogische Veranstaltungen in Rahmen
von Studienordnungen im Regelfall mit höchstens zwei Semesterwochen-
stunden im Pflichtbereich verankert sind. An einzelnen Universitäten finden
jedoch auch intensive Bemühungen um eine umfassende medienpädagogi-
sche Ausbildung von Lehramtsstudierenden statt. Exemplarisch lassen sich
hier Entwicklungen im Rahmen der BIG-Initiative (Bildungswege in der In-
formationsgesellschaft) – unterstützt von der Bertelsmann Stiftung und der
Heinz Nixdorf Stiftung – nennen, z.B. das Projekt „Neue Medien im Lehr-
amtsstudium” an der Universität Paderborn (vgl. Moll/Tulodziecki 2001)
oder das Hochschulnetzwerk „Lehrerausbildung und Neue Medien” unter
Beteiligung der Humboldt-Universität Berlin, der Universitäten Bielefeld,
Dortmund, Hamburg, Nürnberg-Erlangen und Paderborn sowie der Pädago-
gischen Hochschule Weingarten (vgl. Bentlage/Hamm 2001). Einzelne
Hochschulen bzw. Universitäten bieten darüber hinaus auch die Möglichkeit
der Profilbildung im Lehramtsstudium (vgl. z.B. Buddensiek u.a. 2006) oder
den Erwerb einer Zusatzqualifikation im Bereich „Medien und Informations-
technologien in Erziehung und Bildung” (vgl. Spanhel/Tulodziecki 2005;
Herzig 2006). In Hessen und Nordrhein-Westfalen besteht außerdem die
Möglichkeit, Portfolios zur Dokumentation und Reflexion von Medienveran-
staltungen in der Lehrerausbildung zu erstellen (vgl. Learn-line.nrw 2006).
Dabei stellt das Portfolio nicht nur ein Instrument für die Lehrerausbildung
dar, sondern kann auch im Rahmen der Lehrerfortbildung genutzt werden.
Im Rahmen der aktuellen Umstrukturierungen bzw. Umorientierung auf
Bachelor- und Masterstudiengänge muss sich die Medienpädagogik neu
positionieren. Man kann allerdings davon ausgehen, dass sie weiterhin im
Rahmen von Pflicht- oder Wahlpflichtveranstaltungen im erziehungswissen-
schaftlichem Studium und dem Studium der Unterrichtsfächer verankert
sein wird. Die Kerncurricula der Universitäten, die bereits auf den Bachelor-
bzw. Masterabschluss im Lehramtsstudium umgestellt haben, geben dieser
Annahme recht (vgl. z.B. Kunze/Reintjes 2006, S. 148).

Auch wenn keine Untersuchungen zur Wirksamkeit der medienpädagogi-


schen Ausbildung auf den Einsatz digitaler Medien in der späteren schuli-
schen Praxis vorhanden sind, kann man zumindest auf Erhebungen zur
medienpädagogischen Ausbildungssituation in der ersten und zweiten Phase
der Lehrerausbildung und zur vorhandenen Medienkompetenz zurückgrei-
fen, um feststellen zu können, mit welchen Voraussetzungen Studierende
des Lehramtes in die zweite Phase der Lehrerausbildung eintreten.

Die Ergebnisse einer repräsentativen Erhebung des Studentenwerks aus


dem Jahr 2002 zeigen in Bezug auf die Medienkompetenz, dass 46% der
Studierenden über „Spezialkompetenz” verfügen, d.h. sie beherrschen
neben neben E-Mail- und Textverarbeitungsprogrammen auch Tabellen-
kalkulationen, Multimedia- und Grafikanwendungen. 31% der Studierenden
beherrschen lediglich die erstgenannten Basisanwendungen, während 20%
„Universalkompetenzen” besitzen, d.h. sie sind darüber hinaus mit Software
für Statistik, Website-Gestaltung bzw. Programmiersprachen vertraut. In
Lehrerausbildung und -fortbildung
97

Bezug auf die Anwendungskompetenz bestehen deutliche geschlechtsspezi- Kompetenzen


fische Unterschiede, die mit einer noch immer geschlechtsspezifischen von
Fächerwahl und der damit verbundenen unterschiedlichen Bedeutung der Studierenden

jeweiligen Computeranwendungen zusammenhängen. Im Vergleich zu


männlichen Studierenden besitzen weibliche Studierende doppelt so häufig
lediglich Basiskompetenzen, während der Anteil männlicher Studierender
mit Universalkompetenzen dreimal so hoch ist (vgl. BMBF 2002, S. 31 ff.).
Die genannten Anwendungskompetenzen gehen einher mit positiven Ein-
stellungen zu computergestützten Lernprogrammen, jedoch relativ neutra-
len Einschätzungen zu spezifischen Wirkungen (vgl. Abschnitt 4.5). Die zu-
rückhaltenden Äußerungen hängen vermutlich damit zusammen, dass im
Studium noch zu selten Erfahrungen mit computergestützten Seminaren,
virtuellen oder Blended-Learning-Veranstaltungen gemacht wurden, in
denen der Computer z.B. als eine Möglichkeit zur Motivierung und zur För-
derung des selbstgesteuerten Lernens erlebt wurde. Der Anteil an Studie-
renden, die Online-Kurse oder Computer-based-Trainings bzw. virtuelle
Seminare wahrnehmen, lag im Sommersemester 2000 bei nur 4% bzw. 3%
(BMBF 2002, S. 56 ff.). Die Studie stellt zusammenfassend für die Studie-
Lehramts-
renden der Pädagogik fest: „In der Rangfolge der Fächergruppen nehmen studierende
Studierende der Pädagogik (Erziehungswissenschaften/Lehramt) bei mehre-
ren der untersuchten Merkmale (PC-Kompetenz, Einsicht in die Nützlichkeit
von Computeranwendungen für das Studium, Einstellung zu computerge-
stützten Lernprogrammen) hintere Positionen ein. Insbesondere für die Stu-
dierenden unter ihnen, die später ein Lehramt ausüben werden, stehen die-
se Befunde im Widerspruch zu ihrer künftigen Rolle als Vermittler/-innen
moderner Kulturtechniken bzw. als Moderator/-innen zwischen den Genera-
tionen” (BMBF 2002, S. 67).
Dass Studierende die zu Beginn ihres Studiums vorhandenen Defizite (im Lehramts-
Umgang mit digitalen Medien) nicht in jedem Fall während der Studienzeit anwärter
ausgleichen können, darauf weisen entsprechende Kenntnisse von Lehr-
amtsanwärtern hin, die häufig mit mangelnden Kenntnissen von Program-
men zur Tabellenkalkulation, Multimedia- und Grafikanwendung sowie zur
Homepageerstellung in Bezug auf Medienkompetenz in die zweite Ausbil-
dungsphase eintreten. Darüber hinaus sind mediendidaktische und erziehe-
rische Kenntnisse auf Grund des geringen Studienvolumens vermutlich eher
gering ausgeprägt.
Jedoch scheint auch die zweite Phase der Lehrerausbildung die genannten
Defizite nicht ausgleichen zu können, worauf Ergebnisse im Rahmen der
IFS-Evaluation e-nitiative.nrw hindeuten. Lehramtswärterinnen und Lehr-
amtswärter an Schulen wurden befragt, inwiefern sie an den Studiensemi-
naren Kenntnisse im Bereich digitaler Medien erworben haben. Die Ergeb-
nisse zeigen, dass die Bewertungen (Skala: 1 = sehr schlecht bis 5 = sehr
gut) eher schlecht ausfallen. Dies betrifft sowohl den Umgang mit Anwen-
dungsprogrammen (Präsentationsprogramme: MW = 2,1; Grafikprogram-
me: MW = 1,5; Internet/E-Mail: MW = 2,1; Homepageerstellung: MW =
1,7), mediendidaktische Kenntnisse (z.B. die Einbeziehung digitaler Medien
bei der Unterrichtsplanung: MW = 2,4), die Unterrichtsorganisation bei der
Nutzung digitaler Medien (MW = 2,4), die Entwicklung mediendidaktischer
Konzepte (MW = 2,2), die Auswahl von Lernprogrammen für den Unterricht
als auch medienerzieherische Kenntnisse, z.B. die Entwicklung von Konzep-
ten zur Förderung zum kritischen Umgang mit digitalen Medien (MW = 2,2)
(vgl. Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 152 ff.).
Lehrerausbildung und -fortbildung
98

Unterstellt man, dass vielen Studierenden und Lehramtsanwärtern eine


Auseinandersetzung mit medienpädagogischen Fragen schwer fällt, bevor
sie Grundlagen im Sinne der eigenen Medienkompetenz – insbesondere im
Diskussion Bereich des Umgangs mit digitalen Technologien – gelegt haben, wird ver-
ständlich, dass bei einem insgesamt sehr geringen Stundenvolumen in der
Ausbildung zunächst eine Aufarbeitung diesbezüglicher Defizite notwendig
ist und zulasten der mediendidaktischen und medienerzieherischen Anteile
geht. So haben Studierende vielfach die Erwartung, Medienkompetenz im
Sinne der technischen Handhabung im Rahmen ihres Studiums zu erwerben
oder weiterentwickeln zu können (vgl. Blömeke 2000, S. 335). Ein gewisses
Dilemma ergibt sich in diesem Fall dadurch, dass die Inhalte einer universi-
tären Ausbildung – mindestens solange sie anrechenbare Studienleistungen
darstellen – nicht auf der Ebene von Programmschulungen o.Ä. angesiedelt
sein können, zum anderen aber dafür Sorge getragen werden muss, dass
Studierende in ergänzenden Angeboten fehlende Kompetenzen im Laufe
ihres Studiums erwerben können.

7.2 Lehrerfortbildung
Da man davon ausgehen kann, dass die Förderung medienpädagogischer
Kompetenz im Rahmen der Lehrerbildung zwar in Ansätzen vorhanden ist,
jedoch eine intensive Beschäftigung mit medienpädagogischen Inhalten bei
Lehramtsstudierenden eher noch die Ausnahme ist, gewinnt die Durchfüh-
rung von Lehrerfortbildungen eine besondere Bedeutung für die Entwicklung
medienpädagogischer Kompetenz bei Lehrpersonen.

Schulen ans Im Rahmen einer Schulkulturerhebung, die für die an „Schulen ans Netz”
Netz (SaN) teilnehmenden Schulen repräsentativ ist, sehen im Jahr 1999 rund
die Hälfte der Lehrpersonen für sich einen dringenden Fortbildungsbedarf.
Die Lehrpersonen, die regelmäßig digitale Medien im Unterricht nutzen,
äußern einen Fortbildungsbedarf im methodisch-didaktischen Bereich, wäh-
rend die Lehrpersonen mit einer unregelmäßigen Nutzung eher Defizite im
Bereich technischer Fragen angeben. Entsprechend ergab eine Befragung
Fortbildungs- (n=248) nach Gefühlen der Sicherheit bzw. Unsicherheit beim Einsatz digi-
bedarf taler Medien signifikante Unterschiede dieser beiden Gruppen. Die unregel-
mäßigen Nutzer besitzen (noch) eine vergleichsweise große Unsicherheit
beim Umgang mit digitalen Medien (vgl. Schulz-Zander u.a. 2000, S. 29).

Im Rahmen der (nicht repräsentativen) Fallstudien der organisationsbezo-


genen Evaluation von SaN war der Fortbildungsbedarf noch größer: ca. 60%
der befragten Lehrpersonen (n=158) gaben einen Fortbildungsbedarf im
technischen Bereich an, 61% im methodisch-didaktischen Bereich und 62%
im inhaltlich-pädagogischen Bereich (vgl. Scholl/Prasse 2000, S. 62).

ISB-Studie Etwas anders gelagert sind die Ergebnisse einer Studie zur Verbreitung und
Anwendung digitaler Medien im Fachunterricht an bayerischen Schulen (vgl.
Bofinger 2004). Die teilnehmenden Lehrpersonen (n=5600) wurden gebe-
ten, aus einem vorgegebenen Katalog bis zu drei Maßnahmen auszuwählen,
die aus ihrer Sicht für eine weitere Verbreitung digitaler Medien im Fachun-
terricht am geeignetsten seien. Die medien- und fachdidaktische Aus- und
Fortbildung lag dabei auf Platz 3 (33%) und die medienerzieherische Aus-
Lehrerausbildung und -fortbildung
99

und Fortbildung lediglich auf dem letzten Platz (20%). Den größten Stellen- Fortbildungs-
wert hatten aus Sicht der Lehrkräfte die Erarbeitung und Bereitstellung von prioritäten
Unterrichtshilfen mit Medien (50%) sowie eine bessere Schulausstattung und
-wünsche
(44%). Weiterhin wurden Kurse über die Anwendung von Software (33%)
und über den Umgang mit Technik und Grundlagen (27%) sowie Informati-
onen über geeignete pädagogische Software als wichtig erachtet. Ange-
sichts der vielfältigen Aufgaben von Lehrpersonen spielt auch die Entlastung
von anderen Aufgaben eine nennenswerte Rolle (25%). Auch wenn die Be-
reiche nicht ganz trennscharf sind, zeigen diese Daten dennoch, dass der
methodisch-didaktische Bereich in Form von Unterrichtsbeispielen – mög-
lich durch informellen Austausch von Beispielen oder durch Erarbeitung
und Bereitstellung im Rahmen von Lehrerfortbildungen – eine wichtigere
Bedeutung für Lehrpersonen hat als der technische Bereich und damit ein
wichtiger Ansatzpunkt für die Fortbildung sein kann. Weiterhin spielen an-
gemessene technische Rahmenbedingungen eine bedeutsame Rolle.
Auf der Basis der Analysen der weiteren erhobenen Daten kommt Bofinger
zu folgenden inhaltlichen Aspekten, die im Rahmen von Lehrerfortbildungen
erarbeitet werden sollten (vgl. S. 75 f.): Umgang mit Medientechnik sowie
Standardsoftware und fächerspezifischer Software, Demonstrationen und
Diskussion des Einsatzes digitaler Medien im „traditionellen” Fachunterricht,
um den „Mehrwert” des Einsatzes erkennbar zu machen, sowie Veranschau-
lichung „neuer” Lern- und Unterrichtsformen anhand von übertragbaren
„easy practices”.

In einer repräsentativen Umfrage des Medienpädagogischen Forschungsver- mpfs


bunds Südwest mpfs gaben Lehrpersonen, die mindestens eine Fortbildung
besucht hatten, an, dass es sich dabei in der Hauptsache um einführende
Veranstaltungen gehandelt habe, nur in geringem Umfang wurde die PC-
Nutzung in Schulen oder Lernsoftware behandelt (vgl. mpfs 2003, S. 44).
Im Hinblick auf die Wünsche der Lehrpersonen nach speziellen Fortbildungs-
inhalten zeigt sich aber ein den o.g. Ergebnissen vergleichbares Bild. Insbe-
sondere konkrete Hilfen für den Einsatz von PC und Internet im Unterricht
sind gefragt, erst in zweiter Linie spezifische Programmkategorien oder
generelle Schulungen (vgl. S. 45; Darstellung 7.1).

Der insgesamt geringe Bedarf an medienerzieherischer Fortbildung über-


rascht nicht, da es vielen Lehrpersonen zunächst einmal um die Frage geht,
wie sie mit Hilfe von digitalen Medien ihren Unterricht verbessern können
und erst in zweiter Linie darum, Medien selbst zum Gegenstand von Unter-
richt zu machen. Insofern zeigen die Ergebnisse, dass Fortbildungswünsche
von den jeweiligen (Lern-)Voraussetzungen der Lehrkräfte und spezifischen
schulischen Rahmenbedingungen abhängen. Auf der anderen Seite aber
bedeutet dies auch, dass die Bedürfnisse der Lehrpersonen vorrangig im
mediendidaktischen, weniger im medienerzieherischen Bereich liegen.
Lehrerausbildung und -fortbildung
100

0 20 40 60 80 100

spezielle Unterrichtsprogramme 64 21

Einsatz des PCs im Unterricht 54 23

Einsatz des Internets im Unterricht 44 21

Grafik-Programme 28 26

Internet 29 24

Programme für Noten/ Zeugnisse 27 16

Textverarbeitung 27 13

Tabellenkalkulation 19 20

sehr interessiert etwas interessiert

Darstellung 7.1: Interesse an möglichen Inhalten für Schulungen (Lehrerbefragung,


n=1717; mpfs 2003, S. 45)

Netzwerk
Lehrerfortbildungen können in unterschiedlichen Organisationsformen
Medien- durchgeführt werden. Grundsätzlich lassen sich folgende Typen differenzie-
schulen ren (vgl. Bienengräber/Vorndran 2003, S. 303):
- Tutoring auf Anfrage: In der Schule steht ein Experte zur Problemlösung
zur Verfügung,
Fortbil- - Co-Teaching: Kollegen werden durch erfahrene Lehrpersonen im Unterricht
dungs- begleitet,
formen
- 20-Minuten-Fortbildungen: kurze Einheiten, die in Freistunden oder nach
Unterrichtsende zu spezifischen Problemen durchgeführt werden,
- schulinterne Arbeitsgruppen: regelmäßige Arbeitsgruppentreffen über eine
längere Zeit zur systematischen Erschließung eines Gebietes,
- schulinterne Fortbildungen: Vorträge, pädagogische Tage usw.,
- Eigenstudium,
- externe Seminare und
- Fernstudium.
In einer Befragung von 461 Lehrkräften aus den Schulen des Projektes
„Netzwerk Medienschulen” der Bertelsmann Stiftung wurden die individuali-
sierten Formen der Fortbildung deutlich positiver beurteilt als z.B. schul-
interne Fortbildung oder interne Arbeitsgruppen (vgl. Darstellung 7.2).

Fortbildungsart Bewertung
Tutoring auf Anfrage 2,17
Co-Teaching 2,4
20-Minuten-Fortbildungen 2,55
Schulinterne Fortbildungen 2,6
Schulinterne Fortbildungen 2,63
Eigenstudium 2,81
Externe Seminare 3
Fernstudium 3,3

Darstellung 7.2: Beurteilung verschiedener Formen von Lehrerfortbildung26 (n = 461; vgl.


Bienengräber/Vorndran 2003, S. 306)

26
Die Rangliste beruht auf Mittelwertbildungen über die Einschätzung der Kriterien Effekti-
vität, Praxisnähe, Förderung der Kooperation im Kollegium, Intensität der Fortbildung,
Gefahr der Bildung geschlossener Expertenzirkel, konkrete und spezifische Gestaltung,
Lehrerausbildung und -fortbildung
101

Vergleicht man diese Ergebnisse mit den Daten von Bofinger (2004), so
wird dort den schulinternen Fortbildungen aufgrund ihrer praxisnahen Dis-
kussion und der Möglichkeit der direkten Umsetzung von Inhalten der Vor-
zug gegeben. Dies entspricht in der Tendenz den o.g. Daten, weil in der
bayerischen Studie keine solch differenzierte Unterscheidung zugrunde lag,
sondern nur nach schulinterner und schulexterner Fortbildung unterschieden
wurde.
Nach Auskunft der Lehrkräfte im Rahmen der IFS-Evaluation e-nitiative.nrw e-nitia-
gaben annähernd ein Drittel aller Befragten an, im Schuljahr 2002/2003 an tive.nrw
Fortbildungsmaßnahmen im Bereich digitale Medien teilgenommen zu haben
(vgl. Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004). Am häufigsten haben Lehr-
kräfte aus Grundschulen und Realschulen Fortbildungsangebote in Anspruch
genommen, in deutlich geringerem Umfang Lehrpersonen aus Haupt- und
Gesamtschulen sowie Berufskollegs. Die Differenzen lassen sich jedoch nicht
einfach als mangelndes Interesse deuten, sondern es kommen verschiedene Wahrneh-
Gründe zum Tragen. Zum einen schätzen Lehrpersonen an Grundschulen mung von
Fortbildungs-
ihre Kenntnisse in Bezug auf verschiedene Anwendungen als vergleichswei- typen
se gering ein. Zum anderen ist der Stand der Ausstattung und Implementie-
rung der Nutzung digitaler Medien im Unterricht in den Schulformen unter-
schiedlich weit fortgeschritten. Betrachtet man die inhaltliche Ausrichtung
der Fortbildung, so steht nach Angaben der Schulleitungen der Umgang mit
Anwendungsprogrammen, gefolgt von didaktischen Überlegungen der
Integration in den Fachunterricht im Vordergrund. Formen der kollegiums-
internen Fortbildung (35,6%) und schulinterne Fortbildungen (SchiLf)
(29,6%) wurden dabei am häufigsten wahrgenommen. Die kollegiumsinter-
ne Fortbildung führt bei den Lehrkräften auch mit einem Mittelwert von 4
zur höchsten Zufriedenheit (1 = gar nicht zufrieden bis 5 = sehr zufrieden).
Es folgen schulinterne Fortbildungen (MW = 3,8), externe Anbieter (MW =
3,7), Angebote der Medienzentren, Stadt- und Landesbildstellen (MW = 3,2)
sowie die e-card.nrw-Kurse (MW = 3,1). Ergebnisse der ebenfalls durchge-
führten Fallstudien zeigen, dass es aus Sicht der Lehrkräfte nicht von Be-
deutung ist, ob ein externer Referent oder ein Kollege die Fortbildung
durchführt. Es wird als wesentlich wichtiger erachtet, dass die Fortbildung
auf die schulischen Rahmenbedingungen abgestimmt ist und diese bei Be-
darf einbezogen werden können. In Bezug auf die Frage, ob sich nach Ab-
solvierung der Fortbildungen die Häufigkeit des Medieneinsatzes verändert
hat, gaben ca. ein Viertel der Befragten an, Medien häufiger einzusetzen,
ein Viertel plant einen häufigeren Medieneinsatz und die Hälfte der Befrag-
ten gaben an, dass die Fortbildung keine Veränderung zur Folge habe (vgl.
Rösner/Bräuer/Riegas-Staackmann 2004, S. 115, S. 146 f.). Allerdings ge-
ben die Daten keinen Aufschluss darüber, wie häufig Medien zuvor von den
jeweiligen Lehrpersonen bereits eingesetzt wurden. Darüber hinaus sagt die
Häufigkeit der Nutzung ebenfalls nichts über potenzielle qualitative Verbes-
serungen des Medieneinsatzes aus.

Förderung des beruflichen Fortkommens, Förderung neuer Ideen und pädagogischer Dis-
kussionen, zeitlicher Aufwand, Häufigkeit des Angebots und Wahrnehmbarkeit in Hinsicht
auf dienstliche Belange auf einer mehrstufigen Skala von „1 = stimme voll und ganz zu”
bis „5 = stimme überhaupt nicht zu” (vgl. Bienengräber/ Vorndran 2003, S. 306).
Lehrerausbildung und -fortbildung
102

Schulen ans Im Rahmen der organisationsbezogenen Evaluation der Initiative „Schulen


Netz ans Netz” ergab die Überprüfung von Zusammenhängen zwischen der Fort-
bildungsdauer und der Zufriedenheit der teilnehmenden Lehrer an den Fall-
schulen einen hochsignifikanten Zusammenhang. Weiterhin ergab sich für
die 14 Fallschulen ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Umfang
der Qualifizierung und dem Ausmaß der Internetnutzung für die Unter-
richtsvorbereitung und dem Einsatz des Internets im Unterricht. Darüber
hinaus wurde ein positiver, allerdings nur tendenzieller Zusammenhang
zwischen der subjektiven Zufriedenheit mit der Fortbildung und dem Um-
fang der schulischen Internetnutzung festgestellt (vgl. Scholl/Prasse 2000,
S. 61 ff.)

Lehmpfuhl und Petzel (2000) untersuchten die Wirksamkeit von Lehrerfort-


Erfahrungen
aus der bildungen im Rahmen des Teilprojektes „Qualifizierung und Beratung von
Anfangszeit Lehrerinnen und Lehrern” von „NRW-Schulen @ns Netz”. Die Ergebnisse aus
dem Jahr 1999 basieren auf der Befragung von Projektleitern (n=624), von
denen jeweils zwei pro Schule im Rahmen des Projektes benannt wurden,
von Moderatoren (n=87, Rücklauf ca. 50%) sowie Lehrpersonen, die an
schulinternen Fortbildungen teilgenommen haben (n=250, Rücklauf o.A.).
Alle drei Befragungsgruppen schätzen die Bedeutsamkeit von Lehrerfortbil-
dungen im Rahmen des Teilprojektes als hoch ein, wobei der Fortbildungs-
bedarf durch die heterogenen Vorkenntnisse interindividuell als sehr unter-
schiedlich angegeben wird. Er ist nach Angaben der Moderatoren sowie der
Teilnehmer der schulinternen Fortbildung an Hauptschulen besonders stark
ausgeprägt. Insgesamt war zum Erhebungszeitpunkt der Bedarf an Unter-
stützung in Bezug auf technische Fragen besonders groß. Entsprechend
der Nachfrage unterstützten Moderatoren in dieser frühen Projektphase
die Schulen vornehmlich in diesen Bereichen, wenngleich ihre Aufgaben
ursprünglich eher im Bereich der Projektunterstützung, Mediendidaktik und
Förderung schulübergreifender Kooperationen geplant war. Zum Erhebungs-
zeitraum berichteten demnach nur zwei Drittel der Moderatorinnen und
Moderatoren, bisher in den letztgenannten Bereichen tätig gewesen zu sein.
Auch im Rahmen der schulinternen Fortbildungen durch die Projektleiterin-
nen und Projektleiter standen dem Bedarf entsprechend technische Frage-
stellungen im Vordergrund. Demnach waren auch zwei Drittel der an den
schulinternen Fortbildungen teilnehmenden Lehrpersonen zufrieden mit die-
ser Veranstaltung. Mit zunehmender technischer Kompetenz äußerten so-
wohl die Projektleiter als auch die Lehrpersonen den Wunsch der zukünfti-
gen Verlagerung der Inhalte der Fortbildungen auf konkrete Einsatzmöglich-
keiten im Unterricht. Eine gewisse Sicherheit im technischen Umgang
scheint demnach wichtige Grundvoraussetzung für ein Fortbildungsinteresse
im Hinblick auf mediendidaktische Inhalte zu sein. Ergänzend lässt sich
noch hinzufügen, dass autodidaktische Studien und der Austausch mit Kol-
leginnen und Kollegen eine wichtige Rolle für die Klärung technischer Fragen
besitzen. Die Befragten ordneten diesen Bereichen einen höheren Stellen-
wert zu als den bisher angebotenen schulinternen Fortbildungen. Auch die
Fortbildung durch den Bildungsserver „learn.line” spielte in der frühen Pro-
jektphase schon eine Rolle. 15-30 % der Beteiligten der drei Befragungs-
gruppen nutzten den Bildungsserver zur eigenen technischen oder didakti-
schen Weiterbildung. Da die Einschätzung umso positiver ausgefallen ist, je
später die Nutzung der Befragten begann und der Ausbau des Bildungsser-
ver in den vergangenen Jahren erheblich fortgeschritten ist, dürfte der Pro-
Lehrerausbildung und -fortbildung
103

zentsatz aktuell deutlich höher liegen. In Bezug auf die Beziehung zwischen
der Anzahl durchgeführter SchiLf-Veranstaltungen und den Prozentsätzen
der Lehrpersonen mit grundlegenden Anwendungskompetenzen besteht ein
korrelativer Zusammenhang. Die Korrelationen lassen jedoch keine Aussage
über die Wirksamkeit der Fortbildung im Hinblick auf Anwendungskompe-
tenzen und Einsatzhäufigkeit im Sinne von Kausalitäten zu. Das Ergebnis,
dass über die Hälfte der an SchiLf beteiligten Lehrpersonen bereits über
Vorerfahrungen im Einsatz neuer Technologien im Unterricht verfügte, zeigt,
dass sich die Korrelationen auch auf Grund dieser Vorerfahrungen ergeben
und nicht unbedingt ausschließlich auf die Wirksamkeit der Fortbildung zu-
rückzuführen sind (vgl. Lehmpfuhl/Petzel 2000, S. 181 ff.). Insofern zeigen
auch diese Daten noch einmal, dass die Effekte der Fortbildungen bisher
unzureichend untersucht sind.

In Bezug auf weitere spezifische Fortbildungsmaßnahmen besitzt das Fort- Intel – Leh-
bildungsprogramm „Intel – Lehren für die Zukunft” (2000-2004) einen be- ren für die
sonderen Stellenwert, da es bundesweit realisiert wurde und somit eine Zukunft

besonders große Teilnehmerzahl erreicht werden konnte. Im Rahmen der


Evaluation des Grundkurses durch das Institut für Bildung in der Informa-
tionsgesellschaft e.V. (IBI) wurden Daten von 60946 Lehrpersonen erhoben
(vgl. Bökenkamp/Hendriks/Schnetter 2005). Dabei ist nicht auszuschließen,
dass die Ergebnisse positiv verzerrt sind, da das Ausfüllen des Online-
Fragebogens freiwillig war und das Ausfüllen hinter einen weiteren obligato-
rischen Fragebogen geschaltet war, dessen Ausfüllen die Beendigung des
Abschlussprojektes voraussetzte. Die Hälfte der Teilnehmer, die den obliga-
torischen Bogen bearbeiteten (124.389 von ca. 200.000 Teilnehmern der
Fortbildung), füllten darüber hinaus auch den IBI-Online-Fragebogen aus
(vgl. S. 10). Da die Fortbildung in den verschiedenen Bundesländern in Be-
zug auf zeitliche und organisatorische Aspekte sehr unterschiedlich durch-
geführt wurde, lassen sich keine Aussagen über förderliche Rahmenbedin-
gungen von Fortbildungen treffen, zumal die Fortbildungsunterlagen durch
die Leiter der Fortbildungen, die sogenannten Master Teacher, erweitert
wurden. Zudem wurden in den verschiedenen Bundesländern sehr unter-
schiedliche Prozentsätze der Lehrerschaft mit der Fortbildung erreicht. Die
Zusammensetzung entspricht im Hinblick auf Geschlecht und Schulart der
Verteilung der Lehrerschaft in der Bundesrepublik insgesamt. Entsprechend
dem hohen Durchschnittsalter von Lehrpersonen in der Bundesrepublik lag
Motivation
der Anteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit mehr als 20 Dienstjah-
ren bei knapp 50% (vgl. S. 33 ff.). Die Motivation für die Teilnahme lag
größtenteils in dem Wunsch begründet, die eigenen Computerkenntnisse
verbessern zu wollen (83,2%), während Aussagen, die sich auf den Unter-
richt und seine Vorbereitung beziehen, erst an zweiter und dritter Stelle
lagen.
Lehrerausbildung und -fortbildung
104

0 20 40 60 80 100

Ich möchte meine Computerkenntnisse


83,2
verbessern

Ich brauche neue Ideen für den Einsatz des


61,7
Computers im Unterricht

Ich glaube, dass ich mit Computerkenntnissen


52,1
meinen Unterricht besser vorbereiten kann

Ich bin von Kollegen überzeugt worden 29,8

Der Wunsch, durch die Teilnahme günstig


9,5
Microsoft Software beziehen zu können

Ich bin dazu verpflichtet worden 7,2

Darstellung 7.3: Teilnahmemotivation (Angaben in Prozent, n = 60548; vgl. Bökenkamp/


Hendrik/Schnetter 2005, S. 37)

Weitere qualitative Auswertungen von Interviewaussagen der Master Tea-


Vorkennt-
nisse
cher zeigen in Ergänzung, dass auch die Veränderungen des schulischen
Umfeldes, wie die Ausstattungsmaßnahmen in den Schulen, die neuen
Anforderungen durch curriculare Verankerungen sowie höhere Qualitäts-
standards für Arbeitsblätter oder die Vorgabe, Zeugnisse mit dem Computer
zu erstellen, weitere Gründe darstellen, ebenso wie der Wunsch von Lehr-
personen mit wenig PC-Kenntnissen, Sicherheit im Umgang mit PC-
versierten Schülerinnen und Schülern zu gewinnen (ebd., S. 36 ff.).
Entsprechend den angegebenen Motivationen haben 34,6% der teilnehmen-
den Lehrpersonen nur wenige Vorkenntnisse, 41,5% verfügen nach eigenen
Angaben über gewisse Grundlagen und 17,1% über fortgeschrittene Kennt-
nisse. Entsprechend den oben aufgeführten Einschätzungen zum Erwerb
von medienpädagogischer Kompetenz, schätzten 34% der Lehrpersonen
ihre Vorkenntnisse über mediendidaktische Konzepte als schlecht ein,
53,9% als mittelmäßig und nur 12,1% als gut. Nur 70,3% der Lehrpersonen
hatten den Computer bisher schon im Unterricht eingesetzt (vgl. S. 36 ff.,
S. 64).
In Bezug auf die Wirkung der Lehrerfortbildung wurden die Lehrpersonen
Lernerfolg
nach Selbsteinschätzungen zu Kompetenzzuwächsen befragt. Da der Um-
gang mit digitalen Medien im Rahmen der Fortbildung im Vordergrund
stand, besitzen die Teilnehmer nach eigenen Angaben deutlich verbesserte
Kenntnisse über Textverarbeitung, Präsentationssoftware, Internetrecher-
che und Webseitengestaltung (vgl. Darstellung 7.4).
Lehrerausbildung und -fortbildung
105

Kenntnisse über ...

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

Textverarbeitung
schlecht
mittel
gut
Präsentationssoftware
schlecht
mittel
gut
Internetrecherche
schlecht
mittel
gut
Webseitengestaltung
schlecht
mittel
gut

vorher nachher

Darstellung 7.4: Erwerb von Kenntnissen über Softwareanwendungen (Angaben in Pro-


zent, n = 60285; vgl. Bökenkamp/Hendrik/Schnetter 2005, S. 37)

Darüber hinaus fühlen sich mehr als zwei Drittel der Befragten motiviert, ihr
didaktisches Konzept beim Einsatz digitaler Medien zu verändern. Die Ände-
rungsbereitschaft steigt dabei mit dem subjektiv wahrgenommenen Lern-
erfolg (r=0.238, p<0,000) (vgl. S. 36 ff., S. 64). Die Evaluation liefert
jedoch keine Erkenntnisse darüber, inwieweit diese Pläne in die Praxis um-
gesetzt wurden und ggf. damit verbundene qualitative Veränderungen er-
reicht wurden.
Insgesamt äußerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine hohe Zufrie-
denheit sowohl über die Master Teacher als auch über das Schulungsmate-
rial, so dass sich 90% wieder zu solch einer Fortbildung anmelden würden
(ebd., S. 74), wobei zu beachten ist, dass diese Werte positiv verzerrt sein
können (s.o.).

Eine ebenfalls bundesweit tätige Fortbildungsinitiative stellen die WebLOT- Schulen ans
SEN von „Schulen ans Netz” dar. Das mobile Fortbildungsteam entwickelt Netz
und realisiert Multiplikatorenfortbildungen zum Einsatz digitaler Medien im
Unterricht. Die Umsetzung der Angebote geschieht in Kooperation mit Fort-
bildungseinrichtungen und Medienzentren der Länder, Kreise und Kommu-
nen. In der Auswertung der im Jahr 2005 durchgeführten Workshops zeigt
sich, dass die Fortbildungen am stärksten von Lehrkräften aus der Grund-
und Hauptschule (26% bzw. 25%) nachgefragt wurden, gefolgt von Real-
schulen und Gymnasien (13% bzw. 15%, n = 314)27. Die teilnehmenden
Lehrpersonen nutzen das Internet regelmäßig vor allem zur Recherche und
Zusammenstellung von Unterrichtsmaterial. Etwa zwei Drittel der Befragten
gaben an, auch mit Schülern online im Unterricht zu arbeiten. Die Fortbil-
dungen werden von den Lehrpersonen insgesamt als mit deutlich oder sehr

27
Berücksichtigt werden muss hier allerdings, dass die Stichprobe zu 44% aus Lehrkräften
besteht, die bereits in der Lehrerausbildung oder -fortbildung tätig sind.
Lehrerausbildung und -fortbildung
106

deutlich erkennbarem Praxisbezug (99%, n=316) und als für den Unter-
richtsalltag verwendbar (95%, n = 314) angesehen (vgl. SaN 2006).

Intel – Leh- Angesichts der Tatsache, dass 55,7% der in der Intel-Initiative befragten
ren für die Lehrpersonen das insgesamt zur Verfügung stehende Fortbildungsangebot
Zukunft
im Bereich digitaler Medien als nicht oder eher nicht ausreichend bezeichnen
und ein großer Anteil die Möglichkeiten der Nutzung des Internets für die
Lehrerfortbildung positiv einschätzen – sei es zur Kooperation (44,1%) oder
als Element einer Blended-Learning-Konzeption (44,9%) (vgl. Böken-
kamp/Hendrik/Schnetter 2005, S. 79) –, wurde im Anschluss an das Grund-
Webbasierte
lagenprogramm ein Aufbaukurs „Intel – Lehren für die Zukunft – online
Fortbildung trainieren und gemeinsam lernen” entwickelt, in dem es eher um die me-
thodisch-didaktische Verortung digitaler Medien im Unterricht und damit die
Unterrichtsentwicklung geht (vgl. Intel 2006). Im Rahmen dieser Fort-
bildung wird neben Präsenzphasen auch eine Internetplattform genutzt, um
kooperative Lernprozesse zwischen Teilnehmenden anzuregen und zu un-
terstützen. Die Zwischenergebnisse der Evaluation für das Jahr 2005 brin-
gen erste – wenn auch nicht eindeutige – Hinweise auf Erfolge der bundes-
weiten Maßnahme (vgl. Reinmann/Ganz 2006). So gaben die Teilnehmen-
den an, sowohl im Umgang mit Software als auch im Hinblick auf didakti-
sche Kompetenzen hinzugewonnen zu haben. Mit Blick auf die Wirkungen
der Fortbildung auf den Unterricht sehen die Lehrpersonen eine höhere
Motivation und ein gestiegenes Interesse der Schüler an digitalen Medien.
Als wichtige Determinanten einer Verbesserung der Unterrichtsqualität ha-
ben sich zudem die Selbstevaluation und die gegenseitigen Bewertungen im
Team erwiesen (vgl. Darstellung 7.5). Wichtig ist der Hinweis, dass die
Fortbildung neben ihrer Anlage als Blended-Learning-Veranstaltung auf
konkrete Unterrichtsvorhaben mit digitalen Medien bezogen war, die die
Lehrpersonen kooperativ entwickelt, erprobt und reflektiert haben.

M eine Bereit schaft zum kooperativen Arbeit en/ Lernen ist


gestiegen

Die gegenseitigen Bewert ungen im Team waren f ür meinen


Unterricht hilfreich

Die Selbst evaluation hat mir geholfen, meinen Unt erricht zu


verbessern

M eine Schüler/innen zeigen mehr Int eresse an digit alen M edien

M eine Schüler/ innen arbeiten motivierter mit

Ich f ühle mich sicherer im Einsat z digitaler M edien im Unt erricht

Ich habe bessere Ideen, zu welchen Unterricht swecken ich digitale


M edien nutzen kann

Ich beherrsche mehr Sof tware-Programme oder Funktionen einer


Sof tware

40 45 50 55 60 65 70 75 80 85

Darstellung 7.5: Einschätzungen zur internetunterstützten Fortbildung „Intel® Lehren für


die Zukunft – online trainieren und gemeinsam lernen” (Angaben in Pro-
zent, n=3002; vgl. Reinmann/Ganz 2006)
Lehrerausbildung und -fortbildung
107

Eine frühere Studie „Analyse und Konzeption webbasierter Lehrerfort-


Schulen ans
bildung” im Rahmen der Evaluation von „Schulen ans Netz” beschäftigt sich Netz
auf der Basis theoretischer Analysen und einer – nicht repräsentativen –
Lehrerbefragung ebenfalls mit netzgestützten Angeboten zur Fortbildung
(vgl. Issing 2000).
Eine Recherche im Jahr 1998 zeigt, dass folgende Online-Angebote für Webbasierte
Lehrpersonen existierten: Allgemeine Bildungsserver, mit z.B. wissenschaft- Fortbildung
lichen Datenbanken oder Mailinglisten, themenbezogene Bildungsserver mit
z.B. projektorientierten Wettbewerben oder Servern für E-Mail-Adressen
von anderen Schulen, TelE-Learning-Angebote für Lehrpersonen, Webrings
und kommerzielle Anbieter für den Markt Schule (vgl. S. 12).
Dabei identifiziert Issing drei Grundtypen in der Nutzung des Internets zum
Lernen (vgl. S. 33 ff.):
- Typ 1: Selbstlernen durch systembasierte Informationsübermittlung. Die-
ser Grundtyp ist dadurch gekennzeichnet, dass man häufig geschlossene Nutzungs-
Lernumgebungen mit nicht veränderbarem Lernmaterial findet. Der typen
Dozent dient als Bindeglied zwischen Lernumgebung und Lernendem, der
selbstständig und individuell Informationspakete erarbeitet. Die Auf-
gabenbearbeitung findet dabei häufig in standardisierter Form statt.
- Typ 2: Lernen durch lernerbezogene Informationsvermittlung. Bei diesem
Grundtyp sind sowohl der Lehrende als auch der Lernende aktiver Teil
des Lernsystems. Der Lehrende stellt Inhalte unter vermehrter Nutzung
multimedialer und technischer Möglichkeiten zur Exploration bereit, be-
gleitet den Lernprozess und gibt dem Lernenden Feedback im Hinblick auf
Arbeitsergebnisse. Der Lernende bearbeitet Inhalte und partizipiert an
der Erweiterung der Inhalte durch eigene Beiträge.
- Typ 3: Lernen in Netzwerkumgebungen. Im Rahmen von Netzwerkumge-
bungen werden vielfältige Informations-, Kommunikations- und Koopera-
tionsmöglichkeiten verwendet. Dies erfolgt unter Nutzung von Lernumge-
bungen, die entsprechende lern- und kommunikationsunterstützende
Dienste bereitstellen, z. B. Shared Workspaces, Foren, Chats, usw. Lern-
prozesse sind gekennzeichnet durch Problemorientierung und Koopera-
tion sowie durch den konstruktiven Umgang mit Lernzielen und Lernme-
thoden. Diese Form des Lernens in Netzwerkumgebungen setzt viel
Engagement und Reflexionsvermögen bei allen Beteiligten voraus.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass von Typ 1 bis zu Typ 3 ein wach-
sender Grad der Interaktion stattfindet, der von der Interaktion mit dem
System beim Typ 1 bis zur Interaktion mit der Lerngemeinschaft beim Typ 3
ansteigt. Die drei Typen lassen sich auch mit lerntheoretischen Annahmen
in Verbindung bringen, indem sich der Typ 1 eher an behavioristischen Mo-
dellen, der Typ 2 an kognitionstheoretischen und der Typ 3 an (gemäßigt)
konstruktivistischen Modellen orientiert (vgl. S. 51). Betrachtet man bei-
spielsweise die o.g. Blended-Learning-Variante von Fortbildung, könnte sie
am ehesten dem konstruktivistisch orientierten Typus zugeordnet werden.
Eine Analyse der Arbeitszeiten der Lehrpersonen anhand von drei Fallbei-
spielen ergibt, dass Unterrichtsvorbereitung hauptsächlich nicht in den
Nachmittagsstunden, sondern erst in den frühen Abendstunden zu Hause
stattfindet, so dass die potenzielle Nutzung von E-Learning-Angeboten in
diesem Zeitraum stattfinden könnte bzw. vermutlich stattfinden würde (vgl.
S. 90).
Lehrerausbildung und -fortbildung
108

Eine Befragung von 21 Lehrpersonen durch leitfadengestützte Interviews in


Bezug auf eine potenzielle Nutzung von Onlinediensten zeigt, dass Lehrper-
sonen bei diesen Diensten insbesondere Wert auf hochwertige und gut
strukturierte Informationen, z.B. in Form von Datenbanken oder Informati-
onsdiensten, legen. Darüber hinaus würden sie Möglichkeiten der Bestellung
von Materialien wahrnehmen sowie Fortbildungsangebote, Online-Hilfen und
Kommunikationsräume. Weniger wichtig wurden Möglichkeiten zur Publika-
tion und zur Teamarbeit sowie zum Herunterladen fertiger Stundenentwürfe
erachtet (ebd., S. 99 f.). In Bezug auf die Ergebnisse muss hinzugefügt
werden, dass es sich bei der Nutzergruppe um Lehrpersonen handelt, die
Motivation
bereits eher fortgeschrittene Computerkenntnisse besitzen. So sind unter
den Befragten z.B. sieben Informatik- oder ITG-Lehrer. Von den 21 befrag-
ten Lehrpersonen befürworten 18 (bei einer Enthaltung und zwei Gegen-
stimmen) die Nutzung von E-Learning-Angeboten und Online-Diensten.
Gründe der Befürwortung sind die freie Zeiteinteilung (18), die Wahrneh-
mung der Angebote von zu Hause (16) und die Hoffnung auf qualifizierte
Fortbildung (8). Nur wenige Lehrpersonen äußern die Möglichkeit der Kom-
munikation mit anderen Lehrpersonen (6) sowie die Möglichkeit zur Team-
arbeit (4). Jedoch sind alle Lehrpersonen, die eine Nutzung befürworten,
Hinderliche nicht gewillt, Kosten für diese Angebote auf sich zu nehmen. Darüber hinaus
Faktoren wird die Face-to-Face-Kommunikation als effektiver bezeichnet (11). Als
weitere Gründe zur Ablehnung werden hohe technische Anforderungen (11),
mögliche technische Probleme (11), mögliche Langeweile (10) und die
Skepsis in Bezug auf den Ertrag (3) angeführt. In Bezug auf diese Ergeb-
nisse ist jedoch zu beachten, dass die Mehrzahl der Lehrpersonen zum
Befragungszeitpunkt noch nicht an E-Learning-Angeboten teilgenommen
haben. Die Frage, ob sich die Lehrpersonen einen Online-Fortbildungskurs
mit großen Videokonferenzanteilen vorstellen können, wurde von der Mehr-
heit verneint. Als Gründe wurden technische Probleme und ein zu hoher
Aufwand genannt (ebd., S. 99 ff.).
Fast alle befragten Lehrpersonen äußern, dass sie nur ungern ihre individu-
ellen Unterrichtsmaterialien anderen Lehrpersonen auf Bildungsservern zur
Verfügung stellen würden. Als Begründung wird z.B. angegeben, dass man
nur auf Nachfrage Material an bekannte Kolleginnen und Kollegen weiter-
geben würde. Zudem besteht die Sorge vor Missbrauch der Materialien z.B.
durch Schüler sowie die Angst vor Kritik durch Kollegen. Dagegen erfahren
Newsletter, bei denen die Lehrpersonen passiv bleiben und Informationen
sammeln können, großen Zuspruch (ebd., S. 104, S. 109 ff.). Demnach be-
steht bei den befragten Personen zwar ein Interesse das Informationsange-
bot von Online-Angeboten zu rezipieren und im Unterricht zu verwenden,
jedoch nicht selbst zu publizieren oder sich auszutauschen.
Auf der Basis der Analysen der theoretischen Grundlagen und der empiri-
schen Daten empfiehlt Issing einen Online-Dienstleistungsservice in Portal-
form als eine Form der webbasierten Lehrerfortbildung, die aus Gründen der
Machbarkeit und Akzeptanz auf kurze Sicht erfolgreich sein kann, insbeson-
dere bei Lehrpersonen mit (noch) geringen Computerkompetenzen. Aus
theoretischer Sicht ist jedoch die Konzeption von kooperativen Lern-
Netzwerken und von Strukturen von Wissensmanagement zu empfehlen,
die aus empirischer Sicht jedoch zum Untersuchungszeitraum Probleme bei
der Umsetzung bereiten können (vgl. S. 122 ff.). Wiederum mit Blick auf
das o.g. Beispiel der netzgestützten Intel-Fortbildung ist eine solche Ent-
wicklung derzeit beobachtbar.
Lehrerausbildung und -fortbildung
109

Inwieweit verschiedene Bereiche eines Onlineportals aktuell genutzt wer-


den, soll an dieser Stelle exemplarisch die Evaluierung des Schulportals
„Lehrer-Online” zeigen (vgl. Creß/Neudert/Hron 2006). Die Unterportale
Grundschule, Sekundarstufen, Geisteswissenschaften, Fremdsprachen und
Berufsbildung enthalten jeweils drei Rubriken. Die Rubrik Unterricht stellt
Unterrichtseinheiten, Projekte, Ideen und Hilfen bereit. Die Rubrik Didaktik
enthält Beiträge zu Unterrichtsmethoden und Sozialformen, die sich beim
Unterricht mit Neuen Medien bewährt haben. Die Ergebnisse einer Online-
Befragung Anfang 2006 zeigen, dass die Rubrik Unterricht in allen Unterpor- Nutzung
talen am häufigsten genutzt wird. Dabei wird auf das Unterportal Grund- von Online-
Fortbildungs-
schule am häufigsten zugegriffen und die Materialien aus der Rubrik werden angeboten
ebenfalls am häufigsten im Unterricht eingesetzt. Insgesamt zeigt sich
auch, dass die Häufigkeit des Besuchs der jeweiligen Rubriken größer ist als
die Verwendung der Materialien für den Unterricht. Dies kann darauf hin-
deuten, dass Materialien zunächst gesammelt werden und nicht unbedingt
sofort im Unterricht eingesetzt werden (vgl. Darstellung 7.6).

Rubrik Unterricht Didaktik Fachmedien


Unterportal besucht benutzt besucht besucht genutzt
Grundschule (n=174) 3,63 (0.84) 3,08 (0,98) 2,79 (0,99) 2,88 (1,11) 2,57 (1,03)
Naturwissenschaften (n=264) 3,01 (1,07) 2,61 (1,02) 2,4 (1,02) 2,54 (1,03) 2,36 (1,03)
Geisteswissenschaften (n=238) 3,19 (1,12) 2,68 (1,1) 2,46 (1,13) 2,54 (1,13) 2,24 (1,05)
Fremdsprachen (n=139) 2,99 (1,19) 2,65 (1,2) 2,38 (1,14) 2,16 (1,02) 1,96 (0,98)
Berufsbildung (n=184) 3,05 (1,14) 2,34 (1,09) 2,44 (1,2) 2,28 (1,05) 1,79 (1,01)

Darstellung 7.6: Nutzungshäufigkeit der Unterportale des Schulportals „Lehrer-Online”


(Angaben: Mittelwert der Häufigkeit (nie = 1 bis 5 = sehr oft), Standard-
abweichung in Klammern; vgl. Creß/Hron/Neudert 2006)

Eine spezifische Zielgruppe im Hinblick auf Lehrerfortbildungen stellen die


IT-Verantwortlichen an Schulen dar, da sie im Hinblick auf technische
Handhabung und mediendidaktische und -erzieherische Kompetenzen schon
Fortbildung
ein hohes Ausgangsniveau besitzen. Von den im Rahmen der aktuellen – von IT-
wenn auch nicht repräsentativen – Evaluation der im Rahmen des Projekts Verantwort-
„IT works” geförderten schulischen Systemlösungen (vgl. Abschnitt 4.2.) lichen
befragten IT-Verantwortlichen (n=93) verorteten 45,0% den Schwerpunkt
ihrer Tätigkeit im technischen Bereich, 25,3% im pädagogisch-didaktischen
Bereich und 25,2% im koordinierenden Bereich (vgl. IT works 2006, S. 11).
Demnach ist die IT-Technik ein oft nachgefragter Kompetenzbereich der IT-
Verantwortlichen, in dem folglich ein besonderer Bedarf an Fortbildungen
besteht. Dieser Bedarf entsteht u.a. angesichts der schnellen technischen
Weiterentwicklungen und dadurch, dass sich die IT-Verantwortlichen durch
die notwendigen, teilweise berufsfremden, Kompetenzen nach Einschätzung
der Evaluatoren z.T. unsicher fühlen. Dies belegen die Ergebnisse in Bezug
auf die Selbsteinschätzungen der IT-Verantwortlichen. Von ihnen stufen
62,5% die eigene IT-Kompetenz in Bezug auf pädagogisch-didaktischen
Aspekte als gut oder sehr gut. Hingegen halten sich nur 40,9% in techni-
schen Fragestellungen für überdurchschnittlich kompetent. Etwa ein Sechs-
tel der befragten IT-Verantwortlichen konstatierten einen allgemeinen Man-
gel an Weiterbildung. Von den 67,4% der IT-Verantwortlichen, die bereits
an Fortbildungen teilgenommen haben, bewerteten 33,8% die Qualität als
gut oder sehr gut, 30,6% schätzten sie als befriedigend, 16,1% als aus-
reichend ein und 11,3% bezeichneten die Qualität als schlecht (vgl. S. 30).
Lehrerausbildung und -fortbildung
110

7.3 Zusammenfassung
Es ist nahe liegend, dass schulische Innovationen im Bereich der digitalen
Medien neben einer entsprechenden Ausstattung insbesondere von den
Fähigkeiten der Lehrpersonen abhängen, Lehr- und Lernprozesse mit und
über digitale Medien in lernförderlicher Weise anzuregen und zu unterstüt-
zen. Die Grundlagen für entsprechende Kompetenzen müssen zum einen in
der Ausbildung – in diesem Falle der universitären Erstausbildung und der
Ausbildung in den Studienseminaren –, zum anderen in der Fort- und Wei-
terbildung geschaffen und weiterentwickelt werden.
In den Hochschulen ist das Angebot von medienerzieherischen und medien-
didaktischen Veranstaltungen im Bereich der Erziehungswissenschaft und
der Fachdidaktiken in den Lehramtsstudiengängen allerdings relativ gering.
Nur in wenigen Fällen bestehen zudem verpflichtende Angebote, über die
Mindeststandards gesichert werden könnten. So kann insgesamt keine Rede
von einer hinreichenden Berücksichtigung medienpädagogischer Inhalte in
der Ausbildung angehender Lehrerinnen und Lehrer sein. Einzelne Hoch-
schulstandorte haben – entgegen diesem Trend – aber spezifische Profile im
Medienbereich entwickelt, so dass Studierende nicht nur ein breites ein-
schlägiges Angebot vorfinden, sondern darüber hinaus auch verschiedene
Formen der Qualifizierung – von Zertifikaten bis hin zu Zusatzqualifikationen
im Rahmen von Staatsprüfungen – damit verbinden können.
Die medienbezogenen Kompetenzen, über die Studierende zu Beginn des
Studiums verfügen, sind insgesamt eher gering und beziehen sich vor allem
auf den Umgang mit Standardprogrammen, also auf Bedienungsfertigkei-
ten, bei denen Studentinnen in der Regel über weniger Erfahrungen ver-
fügen als ihre männlichen Kommilitonen. In Bezug auf Kompetenzen und im
Hinblick auf Einstellungen gegenüber digitalen Medien schneiden Lehr-
amtsstudierende bezeichnenderweise gegenüber Studierenden anderer
Fächer besonders schlecht ab. Da gerade diese Studierenden zukünftig die
Auseinandersetzung von Kindern und Jugendlichen mit digitalen Medien in
didaktischer und erzieherischer Hinsicht anregen und unterstützen sollen,
ist es besonders wichtig, diese Gruppe mit entsprechenden Angeboten im
Studium zu erreichen.
Wenn auch noch keine umfassenden empirischen Befunde zur Wirksamkeit
der Lehrerausbildung im Hinblick auf die Entwicklung von medienpädagogi-
scher Kompetenz vorliegen, so deuten doch erste Ergebnisse darauf hin,
dass die zu Beginn der Ausbildung vorhandenen Defizite und die für eine
professionelle Lehrtätigkeit erforderlichen Kompetenzen in der ersten und
zweiten Phase der Ausbildung nicht vollständig kompensiert bzw. neu ent-
wickelt werden können. Viele Bemühungen scheinen sich zunächst noch auf
die Entwicklung von Basiskompetenzen zu beziehen, so dass mediendidak-
tische und medienerzieherische Fragen nur vereinzelt in den Blick geraten.
Entsprechend besteht bei Lehrerinnen und Lehrern ein hoher Fortbildungs-
bedarf – je nach Voraussetzung häufig zunächst im technischen Bereich,
dann im methodisch-didaktischen Bereich. Sowohl für unerfahrene als auch
für Lehrpersonen mit Erfahrung in der Arbeit mit digitalen Medien ist die
Unterstützung in Form methodisch-didaktischer Anregungen und Hilfen
wichtig. Mit zunehmendem Medieneinsatz steigt zudem der Bedarf an weite-
rer technischer und softwarebezogener Unterstützung, was erkennen lässt,
dass mit der Dauer der Medienarbeit weitere Potenziale von digitalen
Lehrerausbildung und -fortbildung
111

Medien erschlossen und komplexere Szenarien umgesetzt werden, für die


zusätzliche Hilfe in Anspruch genommen wird.
Die Arbeit mit digitalen Medien ist für viele Lehrpersonen vorerst auf techni-
sche oder softwarespezifische Fragen ausgerichtet, dann zunehmend auch
auf didaktisch-methodische Aspekte, wie Unterricht mit digitalen Medien
bereichert werden kann bzw. wie bestimmte fachliche Inhalte im Unterricht
besser vermittelt werden können. Die Ausgangsfrage scheint häufig vom
Medium auszugehen, nicht vom Unterricht bzw. von den Lernaktivitäten der
Schülerinnen und Schüler. Dies entspricht einer – auch in der Didaktik im-
mer noch häufig verbreiteten – Annahme, dass zunächst bestimmte Grund-
lagen gelegt werden müssen, bevor dann eine bestimmte Problemlösung
angegangen werden kann.
Die Frage, wie ein verantwortungsbewusster und kritischer Umgang mit
Medien angeregt und entwickelt werden kann, spielt nur eine geringe Rolle.
Entsprechend ist der Bedarf an medienerzieherischer Fortbildung ver-
gleichsweise gering.
Im Hinblick auf die Art der Fortbildung bevorzugen Lehrpersonen solche An-
gebote, die schulintern durchgeführt werden, die praxisnah und bedarfs-
orientiert sind und deren Inhalte in direkte unterrichtliche Umsetzungen ein-
fließen können.
Ähnlich wie im Bereich der Lehrerausbildung ist auch im Bereich der Lehrer-
fortbildung bisher keine systematische Wirkungsforschung durchgeführt
worden. Allerdings lassen Evaluationen von einzelnen Maßnahmen erste
Einblicke zu. Demnach haben die genannten schulinternen Fortbildungen
hohe Akzeptanzwerte, darüber hinaus wird bei Fortbildungsprogrammen,
die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, von Kompetenzgewinnen
bei den beteiligten Lehrpersonen berichtet und über eine zunehmende Be-
reitschaft, auf der Basis der gewonnenen Kompetenzen auch die eigenen
didaktischen Konzepte zu ändern.
Ergebnisse jüngerer Fortbildungsmaßnahmen, die auch das Internet einbe-
ziehen, dokumentieren auch Auswirkungen auf den Unterricht, z.B. in Form
höherer Motivation oder eines gestiegenen Interesses der Schüler an digita-
len Medien. Zudem sind sie Ausdruck eines gewissen Wandels in der Fort-
bildungskultur. Während lange Zeit der eigene Unterricht als geschlossenes
System galt, sind Lehrerinnen und Lehrer zunehmend bereit, ihren eigenen
Unterricht zur Diskussion zu stellen, sich selbst zu evaluieren und ihr Han-
deln im Unterricht zu reflektieren. Solche Fortbildungen setzen auf Kommu-
nikation und Kooperation und werden von den beteiligten Lehrpersonen als
gewinnbringend empfunden. Didaktisch setzen solche Maßnahmen an kon-
kreten unterrichtsspezifischen Fragen an und zielen auf eine Verbesserung
der Unterrichtsqualität. Damit tragen sie auch einem insgesamt stärker
handlungsorientierten didaktischen Verständnis Rechnung.
Große Bedeutung für die Fortbildung von Lehrpersonen haben auch zen-
trale, überregionale Portale gewonnen, die insbesondere zur Recherche
nach Unterrichtsmaterialien genutzt werden. Ein enorm hoher Anteil der
Lehrpersonen, die an Fortbildungen teilnehmen, ist zudem der Ansicht, dass
das Internet in Zukunft zur Kooperation mit Kollegen oder in Blended-
Learning-Konzepten im Rahmen von Fortbildungen eingesetzt werden sollte.
Lehrerausbildung und -fortbildung
112

Insgesamt muss in Bezug auf die Lehrerfortbildung allerdings festgehalten


werden, dass noch immer zu wenige Lehrkräfte erfasst werden und die
Angebote zahlenmäßig noch zu gering sind.
113

8 Digitale Medien in der Schule im


internationalen Vergleich

Die vorliegende Standortbestimmung zur Situation digitaler Medien an


Schulen der Bundesrepublik Deutschland ist auch im Kontext von Bestre-
bungen auf internationaler Ebene zu sehen. Im Folgenden sind exempla-
risch einzelne Studien und Programme skizziert, die – ohne Anspruch auf
Vollständigkeit – eine erste Einschätzung erlauben sollen, wie sich die deut-
sche Situation im Kontext der internationalen Bildungslandschaft darstellt.
Den Bezugspunkt bilden dabei die OECD-Länder, die Partner-Staaten blei-
ben unberücksichtigt. Darüber hinaus werden einzelne Metastudien auf der
Basis von Veröffentlichungen sowie Empfehlungen, z.B. im Rahmen von
Delphi-Studien, herangezogen.
Die Darstellung der Ergebnisse orientiert sich an der zuvor für die einzelnen
Kapitel gewählten Systematik. In Bezug auf die Aspekte, die in den Kapiteln
zuvor bereits ansatzweise in den internationalen Kontext gerückt worden
sind, erfolgt eine vertiefende und erweiternde Darstellung.
Bei der Analyse der Situation der Länder, in denen die Integration der Me-
dien vergleichsweise weit vorangeschritten ist, und den daraus abgeleiteten
Empfehlungen sollte beachtet werden, dass die kulturellen Rahmenbedin-
gungen, Zuständigkeiten für bildungspolitische Entscheidungen und weitere
Rahmenbedingungen in den jeweiligen Ländern sehr unterschiedlich sind.
Dennoch ist eine Analyse der Situation in den Ländern, die schon ver-
gleichsweise früh die Integration digitaler Medien in Schulen auf verschie-
denen Ebenen initiiert haben und in Bezug auf die vorhandene Medien-
kompetenz der Beteiligten und den Grad der flächendeckenden Integration
als vorbildlich gelten können, aufschlussreich.

8.1 Einstellungen gegenüber digitalen Medien


Deutsche Schülerinnen und Schüler haben im internationalen Vergleich eine
positive Einstellung gegenüber digitalen Medien (vgl. Näheres zur Messung OECD
der Einstellungen in Abschnitt 4.1). Im Vergleich zum OECD-Durchschnitt
(Index = 0) beträgt der Wert in der Bundesrepublik 0,25 und wird nur noch
von Polen (0,26) und Portugal (0,27) übertroffen. Eine vergleichsweise
negative Einstellung findet sich bei den Jugendlichen in Japan (-0,41), Finn-
land (-0,38) und Irland (-0,32) wieder (vgl. OECD 2006a, S. 107).
Bezieht man Geschlechterdifferenzen in die Betrachtung mit ein, so zeigen
sich sowohl in Deutschland als auch im internationalen Durchschnitt deut-
liche Unterschiede. Die BRD liegt bei der Differenz der Index-Werte (Jun-
gen – Mädchen) mit 0,57 über dem OECD-Durchschnittswert von 0,38. Die
größte Differenz findet man in Dänemark (0,86) und auch in allen weiteren
Internationale Situation
114

Ländern ist die Differenz signifikant. Die einzige Ausnahme bildet Japan
(-0,02) (vgl. OECD 2006a, S. 107).
Die computerbezogenen Einstellungen werden neben dem Geschlecht noch
Einstellungen von weiteren Faktoren beeinflusst wie der Häufigkeit der Computernutzung,
gegenüber der Verfügbarkeit über einen Computer zu Hause und davon, ob die Schüler
digitalen
Medien sich den Umgang mit dem Computer selbst angeeignet haben. In Deutsch-
land beträgt die Varianzaufklärung durch die genannten Faktoren (ein-
schließlich der Wechselwirkungen zwischen den Faktoren) insgesamt 13,4%
und ist damit wie in der Tschechischen Republik (17,1%), Dänemark
(21,8%), Finnland (13,9%), Ungarn (15,4%), Island (13,2%), Portugal
(13,6%), der Slowakischen Republik (14,7%) und Schweden (13,1%) ver-
gleichsweise hoch. Varianzaufklärungen unter 6% findet man in Irland,
Korea und den Vereinigten Staaten. Die Varianzaufklärung durch den Faktor
Geschlecht beträgt in Deutschland 7,2%. Dieser Wert wird nur durch Däne-
mark mit 12,4% übertroffen. Die Varianzaufklärung der anderen Faktoren
im Hinblick auf computerbezogene Einstellungen ist in Deutschland dagegen
mit Werten von unter 2% deutlich geringer. Die Varianzaufklärung des
Faktors Verfügbarkeit über einen Computer ist in Portugal mit 4,6% ver-
gleichsweise hoch, der Faktor Nutzungshäufigkeit in Neuseeland (3,8%) und
der autodidaktische Erwerb der technischen Kompetenzen in Japan (4,7%)
(OECD 2006a, S. 43, 108).

Einen Vergleich der Einschätzungen von Lehrpersonen, Schülern und Eltern


E-learning
Nordic 2006
in Dänemark ermöglichen die aktuellen Ergebnisse der repräsentativen Stu-
die „E-learning Nordic 2006: Impact of ICT on education” – initiiert durch
eine Kooperation des finnischen Board of Education, der schwedischen
National Agency for School Improvement und dem norwegischen sowie dem
dänischen Bildungsministerium.28 Im Mittel über alle vier Länder schätzen
58% der befragten Lehrpersonen, dass der Einsatz digitaler Medien im
eigenen Unterricht Schülerleistungen verbessert hat. 33% sehen keinen
Einfluss und nur knapp 2% sehen eine Verschlechterung der Schülerleistun-
gen, 8% haben angegeben, sie wüssten es nicht. Im Vergleich dazu antwor-
teten mit 43% vergleichsweise weniger Schüler, dass sie durch den Einsatz
digitaler Medien mehr gelernt haben, während 24% keinen Einfluss sahen,
jedoch auch nur gut 1,25% angaben, weniger gelernt zu haben. Die Eltern
vermuten im Vergleich der drei Gruppen mit 68,5%, dass ihre Kinder durch
den Einsatz digitaler Medien mehr lernen, 24% gehen von keiner Verände-
rung des Lernens aus, während 1,25% eine negative Wirkung vermuteten
(vgl. Gertsen u.a. 2006, S. 28 f.). Die Einschätzung der Eltern, die von der
Systematik eher dem Bereich Einstellungen zuzuordnen ist, da sie selbst
nicht am Lehr-/Lernprozess beteiligt sind, resultieren vermutlich daraus,
dass Medien als bedeutsam für den Alltag und den Beruf gesehen werden
(vgl. Abschnitt 4.4.). Differenziert man die Betrachtung im Hinblick auf die
verschiedenen Länder, so zeigt sich, dass sich tendenziell die Einschätzun-
gen von Lehrpersonen und Schülern entsprechen. In Norwegen sehen 71%

28
Diese Studie evaluiert die Auswirkungen digitaler Medien auf der Basis der Einschätzung
von Schulleitungen (n= 183, Rücklauf: 82%, Lehrpersonen (n = 1312, Rücklauf: 28%),
Schülern (n= 5023, Rücklauf: 50%) sowie Eltern (n= 1876, Rücklauf: 18%). Auf Grund
der Auswahl der Schulen (20% der angeschriebenen Schulen nahmen teil) und dem ver-
gleichsweise geringen Rücklauf bei Lehrpersonen und Eltern ist allerdings nicht auszu-
schließen, dass die Ergebnisse positiv verzerrt sind.
Internationale Situation
115

der Lehrpersonen und 56% der Schüler selbst eine Verbesserung der Schü-
lerleistungen. In Finnland meinen dagegen nur 39% der befragten Lehrper-
sonen und auch nur 37% der Schüler eine Verbesserung der Leistungen
wahrzunehmen (vgl. ebd., S. 28 f.). (Vgl. auch Abschnitt 8.4.)

8.2 Computerausstattung
Die Computerausstattung an Schulen ist in den letzten Jahren sowohl in
OECD
Deutschland als auch international deutlich gestiegen. Im Jahr 1998 betrug
das Verhältnis von Schülern und Computern in Deutschland noch 36:1 (vgl.
Schulz-Zander et. al. 2000, S. 15). Bis zum Jahr 2000 konnte das Verhältnis
mehr als halbiert (16,7:1) und bis zum Jahr 2003 (12,5:1) weiter signifikant
Schüler-
verbessert werden (vgl. OECD 2006a, S. 98). Die Computer-Schüler- Computer-
Relation beträgt in Deutschland im Jahr 2005 11:1 (vgl. BMBF 2005, S. 9). Relation
Dennoch belegt Deutschland im Vergleich zu den anderen OECD-Staaten
lediglich Rang 24 von 28 29. OECD-Länder mit dem günstigsten Schüler-
Computer-Verhältnis im Jahr 2003 waren die USA (3,3:1), Australien
(3,6:1) und Korea (3,7:1), während in Portugal, der Slowakei, Polen (je-
weils 14,3:1), und der Türkei (25:1) im Durchschnitt vergleichsweise viele
Schülerinnen und Schüler auf einen Rechner kommen (vgl. OECD 2006a,
Internet-
S. 98). Dabei waren im Jahr 2003 in allen OECD-Ländern bereits mehr als anschluss
die Hälfte der Computer mit dem Internet verbunden. Die Ausnahmen bilde-
ten noch Mexiko (44%) und die Türkei (28%). Deutschland lag im Jahr
2003 mit 71% noch leicht unter dem OECD-Durchschnitt von 78% (vgl.
OECD 2006a, S. 98).

Die internationale Benchmarking-Studie der Bertelsmann Stiftung und der „Kritische


Heinz Nixdorf Stiftung identifiziert Erfolgsfaktoren für die erfolgreiche und Relation“
flächendeckende Implementation digitaler Medien in die Schule und best
practice Beispiele weltweit (vgl. Wiggenhorn/Vorndran 2003).30 Dort identi-
fizierte erfolgreiche Regionen in Australien, Finnland, Großbritannien und
den USA zeichnen sich durch sehr gute schulische Zugangsmöglichkeiten zu
Computern aus, wobei ein Verhältnis von 6:1 als Grenze ermittelt wurde,
bei der ein Qualitätssprung in der Nutzung verzeichnet werden konnte (vgl.
ebd., S. 39).

Trotz eines international gesehen noch ungünstigen Schüler-Computer-


Verhältnisses bewegt sich die Verfügbarkeit bzw. Zugänglichkeit von Com-
putern – insbesondere zu Hause, aber auch in der Schule – in Deutschland

29
Diese und die folgenden Vergleiche beziehen sich, falls nicht anders ausgewiesen, auf die
30 OECD-Länder. Die Partnerländern werden nur in Ausnahmefällen in die Betrachtung
mit einbezogen. In Bezug auf die Schüler-Computer-Relation lagen keine Daten für Groß-
britannien und Frankreich vor.
30
Anhand der Existenz, des Umfangs und der Qualität vorhandener nationaler Programme
für die Integration digitaler Medien, dem Umfang der bestehenden IT-Ausstattung und der
Nutzungsdaten an Schulen, der Existenz von Vorreiterregionen sowie dem Anteil der
Haushalte mit Zugang zum Internet und dem Anteil der IT-Branche am Bruttosozialpro-
dukt wurden Australien, Finnland, Großbritannien und die USA als erfolgreiche Länder
ausgewählt und jeweils zwei Regionen für den Vergleich herangezogen. Als Vergleichs-
regionen in der Bundesrepublik dienten Leverkusen (NRW) und München (Bayern). Neben
Experten wurden 3266 Schüler, 587 Lehrpersonen und 64 Medienkoordinatoren befragt
(Rücklauf 85%) (vgl. Wiggenhorn/Vorndran 2003).
Internationale Situation
116

im Vergleich zur internationalen Situation jedoch auf vergleichsweise hohem


Niveau.
Im Vergleich der Jahre 2000 und 2003 verzeichnen sowohl die häusliche als
auch die schulische Verfügbarkeit signifikante Zuwächse und liegen über
dem OECD-Durchschnitt (vgl. Darstellung 8.1). Die OECD-Durchschnitts-
werte für die Zugänglichkeit von Computern zu Hause und in der Schule
zeigen, dass Verfügbarkeit in der Schule vergleichsweise üblicher ist als
Verfügbarkeit zu Hause. In 18 Ländern der OECD liegt der Prozentsatz an
OECD Schülerinnen und Schülern, die Computer in der Schule zur Verfügung ha-
ben, mindestens 5% über dem Anteil derer, die einen Computer zu Hause
zur Verfügung haben (vgl. OECD 2006a, S. 21). Insbesondere in diesen
Ländern bietet ein Zugang zu Computern in der Schule die Möglichkeit,
Verfügbar-
keit von mangelnde Ausstattung zu Hause zu kompensieren, wobei die Daten keine
Computern Auskunft darüber geben, ob dies auch der Fall ist. In Deutschland hat um-
gekehrt ein höherer Prozentsatz an Schülerinnen und Schülern Zugang zu
einem Rechner zu Hause, jedoch liegen beide Werte recht eng beieinander
und insgesamt auf vergleichsweise hohem Niveau: 96% der Jugendlichen
verfügen im Jahr 2003 zu Hause über einen Computer und 93% in der
Schule (vgl. OECD 2006a, S. 21).

zuhause, aber in der Schule, weder in der


Verfügbarkeit zuhause und
zuhause in der Schule anderswo nicht in der aber nicht Schule noch
von Computern in der Schule
Schule zuhause zuhause
2000 87% 69% 73% - - - -
2003 96% 93% 72% 7% 4% 89% 1%
OECD-Durch-
85% 92% 83% 5% 12% 79% 4%
schnitt 2003

Darstellung 8.1: Verfügbarkeit/Zugänglichkeit von Computern in Deutschland (OECD


2006a, S. 22, 92)

Betrachtet man die Zugänglichkeit zu Computern unter geschlechtsspezi-


Geschlech-
terdiffe-
fischen Aspekten, so zeigt sich, dass bei der häuslichen Verfügbarkeit in 6
renzen von 30 OECD-Ländern die Geschlechterdifferenz größer als 5% ist, der O-
ECD-Mittelwert liegt bei 3%. Die größten Differenzen (Jungen – Mädchen)
gibt es in Polen mit 12% und Griechenland mit 11%. In Deutschland ist das
Verhältnis mit 1% nahezu ausgeglichen. Betrachtet man die schulische Ver-
fügbarkeit, so entspricht das Verhältnis (Jungen – Mädchen) in der Bundes-
republik mit -1% dem OECD-Durchschnitt. Nur in einigen Ländern ergeben
sich Vorteile für Mädchen (Jungen – Mädchen: Korea: -8%; Irland und Bel-
gien: -5%). In Bezug auf die Verfügbarkeit an anderen Orten als der Schule
und zu Hause zeigen sich in der Bundesrepublik Nachteile für die Mädchen.
Die Differenz (Jungen – Mädchen) liegt hier bei 6%. Diese Tendenz zeigt
sich auch im internationalen Vergleich, wo in einem Drittel der OECD-Länder
die Differenz größer oder gleich 5% ist. Besonders große Differenzen finden
sich in der Türkei (20%) und in Italien (10%), nur in den Vereinigten Staa-
ten (-4%) und Irland (-7%) gibt ein größerer Prozentsatz an Mädchen an,
einen Computer an anderen Orten zur Verfügung zu haben (vgl. OECD
2006a, S. 23, 93).

Betrachtet man die Zugänglichkeit von Computern nach sozioökonomischem


Status, so zeigt sich, dass in Bezug auf die Computerausstattung sowohl
international als auch in der Bundesrepublik insbesondere die Schüler be-
Internationale Situation
117

nachteiligt sind, deren Familien aus dem unteren Viertel der „national quar-
ters of the index of economic, social and cultural status (ESCS)” stammen31.
Die Unterschiede zeigen sich am deutlichsten in der häuslichen Verfügbar-
keit, wo in allen Ländern die Unterschiede statistisch signifikant sind. Dieser
Sozioöko-
sozio-ökonomische digital divide ist am stärksten in den Ländern, in denen nomische
die Verfügbarkeit von Computern insgesamt recht gering ist. In Mexiko Differenzen
haben nur 11% der Schülerinnen und Schüler aus dem unteren Viertel des
ESCS einen Computer zu Hause zur Verfügung im Vergleich zu 91% aus
dem oberen Viertel, in der Türkei nur 9% im Vergleich zu 77%. Aber auch
in einigen Ländern, in denen Verfügbarkeiten insgesamt recht gut sind, zei-
gen sich deutliche Unterschiede, so z.B. in Irland (67% unteres Viertel ESCS
bzw. 99% oberes Viertel ESCS), Italien (67% bzw. 98%) oder Portugal
(60% bzw. 99%). Deutschland gehört ebenfalls in diese Gruppe, wenngleich
die Unterschiede mit 89% bzw. 100% nicht ganz so groß sind. In Öster-
reich, Dänemark, Island, Korea, Schweden und der Schweiz betragen die
Unterschiede dagegen unter 10% (vgl. 2006a, S. 23, 94).
In Bezug auf die schulische Verfügbarkeit sind die Unterschiede bezüglich
des sozio-ökonomischen Hintergrundes weniger ausgeprägt. Die deutlichs-
ten Unterschiede zwischen dem unteren und dem oberen Viertel des ESCS
zeigen sich in Mexiko (76% bzw. 88%) und in der Slowakischen Republik
(71% bzw. 90%). Aber auch in Deutschland sind die Unterschiede mit 90%
zu 94% signifikant. Australien, Kanada, Dänemark, Finnland, Ungarn,
Island, Neuseeland, Portugal und Schweden gehören zu den Ländern, in
denen höchstens 3% der Schüler keinen schulischen Zugang zu einem
Computer haben und die Unterschiede zwischen dem oberen und dem unte-
ren ESCS-Viertel maximal 2% betragen. Man kann hier nahezu von einer
vollständigen Verfügbarkeit sprechen, bei der dann sozio-ökonomische Un-
terschiede nicht mehr zum Tragen kommen (vgl. OECD 2006a, S. 23, 94).
Die sozio-ökonomischen Unterschiede sind in Bezug auf die Verfügbarkeit
von Rechnern an anderen Orten als der Schule und zu Hause zwischen dem
oberen und dem unteren ESCS-Viertel wiederum größer, so z.B. in Mexiko
(70% bzw. 93%), in Polen (63% bzw. 90%) oder in der Türkei (59% bzw.
85%). In Deutschland sind die Unterschiede dagegen mit 73% bzw. 72%
nicht signifikant.

Steht ein Computer zu Hause zur Verfügung, kann er in den OECD-Ländern


auch in der Regel für schulisches Arbeiten genutzt werden. Zwischen 2% Häusliche
Zugäng-
und 18% der Schülerinnen und Schüler, die zuhause einen Computer zur lichkeit von
Verfügung haben, geben im Jahr 2003 an, diesen nicht für schulisches Ar- Medien
beiten nutzen zu können. Die Ausnahme bildet Japan, wo 77% der Schüle- für die schu-
lische Nut-
rinnen und Schüler ein Computer zur Verfügung steht, ihn jedoch nur 46% zung
für schulisches Arbeiten nutzen können. In Deutschland geben 97% der
Schülerinnen und Schüler die häusliche Verfügbarkeit eines Rechners an,
während 91% ihn für schulisches Arbeiten verwenden können. Auch hier
zeigen sich deutliche sozio-ökonomische Differenzen. Im OECD-Durchschnitt
haben 94% der Schülerinnen und Schüler aus dem oberen ESCS-Viertel ei-
nen Computer für die schulische Nutzung zur Verfügung, jedoch nur 58%
aus dem unteren Viertel. Auch in Deutschland ist der Unterschied mit 99%

31
In den Index gehen der Bildungsabschluss der Eltern, die berufliche Position der Eltern
und die zu Hause verfügbaren materiellen Resssourcen (z.B. Bücher, Computer, eigener
Arbeitsraum, …) ein (vgl. OECD 2006a, S. 76).
Internationale Situation
118

zu 76% sehr ausgeprägt. In Mexiko (79% bzw. 3%), Polen (94% bzw.
18%) und der Türkei (60% bzw. 3%) sind die Unterschiede am stärksten, in
Island (100% bzw. 91%) und Korea (99% bzw. 89%) am geringsten aus-
geprägt. Auch in Bezug auf weitere Medien wie Taschenrechner, Lernsoft-
ware und Bücher sind deutliche Unterschiede in Bezug auf den sozioökono-
mischen Hintergrund festzustellen, wenngleich die Unterschiede in Bezug
auf die Verfügbarkeit von Taschenrechnern geringer ausfallen (vgl. OECD
2006a, S. 96 f.).

Im Rahmen der internationalen Benchmarking-Studie „IT in Schulregionen”


Benchmar-
king Studie
wird betont, dass erfolgreiche Regionen gezielt Ausstattungsinitiativen, z. B.
Laptop-Programme, durch Public Private Partnerships initiierten (vgl. Wig-
genhorn/Vorndran 2003, S. 30 f.).
Ein Beispiel für ein Schüler-Laptop-Programm ist das bereits seit 1996 lau-
fende „Anytime, Anywhere, Anyone Learning Program” in Clovis, einer als
erfolgreich identifizierten Region in den USA. Dieses Programm beteiligt die
Eltern an der IT-Integration.
Public- Andere Initiativen nutzen ausschließlich die Industrie als Sponsor (vgl. als
Private- ein Beispiel für zahlreiche Einzelinitiativen die aktuelle „Pennsylvania Virtual
Partnership
Charter Launches Laptop Initiative” (2006) in den USA).
Abgesehen von solchen auf regionaler oder schulischer Ebene initiierten
Programmen wird Public Private Partnership in einigen Ländern auch auf
Ebene des Bundes bzw. auf staatlicher Ebene unterstützt. Beispielsweise
koordiniert das Norwegische „Utdanningsdirektoratet”, eine Abteilung des
Bildungsministeriums, die Übergabe von Second-Hand-Computern aus der
Industrie an die Schulen (vgl. Helland 2005, S. 3).
Ein weiteres Beispiel ist das Public Private Partnership Programm „Building
schools for the Future” (BSF) in England. 180 Schulgebäude sollen ab
2005/2006 durch eine Investition von 2 Billionen Pfund profitieren, wobei
eine der besonderen Leitlinien die Berücksichtigung der Schaffung von Lern-
räumen ist, in denen digitale Medien für neue Wege des Lernens genutzt
werden können (vgl. Building schools for the future 2006). England geht bei
diesen Planungen weg von der Ausstattung von Computerräumen hin zur
Integration digitaler Medien in die Klassenräume (vgl. James 2005, S. 7)
Auch die Empfehlungen der internationalen Studie „IT in Schulregionen”
betont die Bedeutung von Nutzungsmöglichkeiten für Lehrpersonen und
Schüler zu jeder Zeit und an jedem Ort. Erfolgreiche Regionen initiierten
Laptopprogramme oder eine weitgehende Integration von Computern in die
Klassenräume in Form von Medienecken. Damit einher geht ein bereitge-
stellter professioneller technischer Support sowie eine Institutionalisierung
einer regelmäßigen Aktualisierung und Erneuerung der Ausstattung. Insge-
samt wird in der Studie jedoch auch betont, dass sich Strategien zur Inte-
gration von IT auf eine gleichmäßige Beachtung von Ausstattung, Lehrer-
fortbildung und digitalen Unterrichtsinhalten konzentrieren müssen und Mit-
tel entsprechend verteilt werden sollten (Wiggenhorn/Vorndran 2003, S. 38
f.). Diese drei Bereiche werden beispielsweise im Rahmen von Public Private
Partnerships in der Schweiz verfolgt (vgl. Mc Cluskey 2005, S. 2). Eine Eva-
luation dieser Programme ergibt, dass der Bund deutlichere Signale zur Un-
terstützung der Programme setzen muss, um die Nachhaltigkeit der erreich-
ten Arbeit zu garantieren. Weiterhin müssen strategische und operationale
Rollen besser geklärt und die Industriepartner stärker eingebunden werden,
insbesondere in den Bereichen der Lehrerfortbildung und der Unterrichts-
Internationale Situation
119

inhalte. Schließlich wird empfohlen, innovative Pilotprojekte in den Berei-


chen Kommunikation, Koordination und Netzwerkbildung zu den drei bisher
verfolgten Bereichen hinzuzufügen (vgl. ebd., S. 3).
Insgesamt wird jedoch im Hinblick auf Ausstattungsinitiativen im Rahmen
nationaler, staatlicher, regionaler oder schulischer Strategien zur Integrati-
on digitaler Medien in Schulen immer wieder betont, dass nicht den techni-
schen Zielen, sondern der Verbesserung der Lehr-/Lernprozesse und damit
den pädagogischen Zielen höchste Priorität beigemessen werden sollte (vgl.
Wiggenhorn/Vorndran 2003, S. 22 f.).

Auf die Bedeutsamkeit der Nachhaltigkeit von Strategien und Fördermaß- „ICT in
nahmen verweist wir die internationale Vergleichsstudie „ICT in the School” schools“
von Hylén (2003). Dort wird festgestellt, dass Schweden Gefahr läuft, den
Anschluss an die internationale IT-Entwicklung im Schulbereich zu verlieren.
Schweden hat relativ früh begonnen, in den Schulen die infrastrukturellen
Bedingungen für den Computereinsatz herzustellen und darüber hinaus Nachhaltig-
keit
umfangreiche Fortbildungsprogramme für Lehrpersonen zu initiieren. Nach
Abschluss dieser Programme im Jahr 2002 fehlen jedoch weiterführende
Perspektiven. Dadurch entsteht die Befürchtung, „that the Swedish school
now runs the risk of lagging behind other countries” (S. 4).

8.3 Computernutzung
Da der Grad der Ausstattung noch keine Aussage über die Nutzungshäufig- OECD
keit zulässt, wird dieser Aspekt in diesem Abschnitt in den Blick genommen.
In Bezug auf eine regelmäßige schulische Nutzung (meist jeden Tag, einige
Male pro Woche) liegt Deutschland im Jahr 2003 nach Angaben der 15-
jährigen Schülerinnen und Schüler mit 23% deutlich unter dem OECD- Schulische
Durchschnitt von 44% und im Vergleich mit den anderen OECD-Ländern auf Computer-
dem letzten Rang hinter Irland (24%), Japan (26%), Belgien (27%) und nutzung

Korea (28%). In Ungarn (80%) und Dänemark (68%) gab ein vergleichs-
weise hoher Prozentsatz an Schülerinnen und Schülern an, den Computer
regelmäßig in der Schule zu nutzen (vgl. OECD 2006a S. 37, 102).
Einen genaueren Blick auf die Dauer der Nutzung von digitalen Medien im E-learning
Unterricht ermöglichen für Dänemark – eines der führenden Länder nach Nordic 2006
der OECD-Studie – die Ergebnisse der aktuellen Studie „E-learning Nordic
2006”. Von den befragten dänischen Lehrpersonen gaben 42% an, dass ihre
Schüler in der vergangenen Woche 1-2 Stunden mit digitalen Medien gear-
beitet hätten. 21% nannten eine Nutzungsdauer von 3 bis 5 Stunden und
7% eine Nutzungsdauer von 6 und mehr Stunden. 29% der Lehrpersonen
hatten in keiner ihrer Klassen in der Woche zuvor ICT eingesetzt (vgl. Gert-
Computer-
sen u.a. 2006, S. 42). Allerdings sind diese Ergebnisse nur auf eine Woche
nutzung im
bezogen und stellen damit einen Ausschnitt dar, der nicht unbedingt kenn- Unterricht
zeichnend für die Nutzungshäufigkeit über das ganze Schuljahr ist. Eine
Clusteranalyse im Rahmen der Studie ergibt, dass innerhalb des Clusters
der Lehrpersonen, die die größte Wirksamkeit durch die Nutzung von digita-
len Medien im Hinblick auf Lernprozesse empfinden, auch der größte Teil
digitale Medien in der Woche vor der Befragung verwendet hat und darüber
hinaus die Nutzung eine große Variation in der Verwendung von Hard- und
Software aufweist. Innerhalb der Gruppe, die der Nutzung digitaler Medien
im Unterricht keine große Wirksamkeit zusprach, hatte der größte Teil in der
Internationale Situation
120

Woche vor der Befragung keine digitalen Medien genutzt, dies nach eigenen
Angaben jedoch im letzten Schuljahr ebenfalls unter Verwendung einer
Bandbreite an Hard- und Software getan. Die Mehrheit dieser Gruppe gab
jedoch auch an, dass durch die Nutzung von ICT mehr Unterrichtszeit in
Anspruch genommen worden sei, so dass sich den Ergebnissen nach vermu-
ten lässt, dass die empfundene mangelnde Effizienz mit der Einschätzung
der mangelnden Wirksamkeit zusammenhängt und deshalb digitale Medien
noch nicht zu einem regelmäßigen Bestandteil des Unterrichts geworden
sind (vgl. ebd., S. 55 ff.).
In Bezug auf die Verwendung verschiedener Medienarten bzw. Softwarean-
wendungen lässt sich feststellen, dass Computer und Internet in Norwegen,
Finnland, Schweden und Dänemark nicht nur weit verbreitet sind, sondern
neue Technologien auch Eingang in die Schule finden. Im Mittel über alle
vier untersuchten Länder geben ca. 93% der befragten Lehrpersonen an,
dass ihre Schüler im letzten Schuljahr den Computer im Unterricht verwen-
det haben, 92% gaben dies für das das Internet an, 82% für Standard-
Office-Programme und 56% für das Schreiben von E-Mails. Immerhin 37%
ließen ihre Schüler Laptops verwenden, 48% Digitalkameras, 21% Mobil-
telefone, 14% ließen sie chatten (vgl. ebd., S. 43).

Häusliche Auch wenn sich Deutschland in Bezug auf die häufige schulische Nutzung
Computer- deutlich unter dem OECD-Durchschnitt befindet, liegt im Gegensatz dazu
nutzung
die regelmäßige häusliche Nutzung mit 82% über dem OECD-Durchschnitt
von 74%. Eine vergleichsweise häufige regelmäßige Nutzung findet in
Kanada (90%), Island (89%) und Schweden (89%) statt, eine eher seltene
regelmäßige Nutzung in Mexiko (48%) und Japan (37%), wobei in Japan ein
recht hoher Prozentsatz (79%) angab, zu Hause Zugang zu einem Compu-
ter zu haben (OECD 2006a, S. 37, 102).

Computer-
nutzung häufig moderat selten/ nie
in der Schule 23% (44%) 28% (28%) 48% (28%)
zuhause 82% (74%) 10% (9%) 7% (18%)
anderswo 16% (21%) 19% (24%) 65% (55%)

Darstellung 8.2: Häufigkeit der Computernutzung in Deutschland (OECD 2006a, S. 37,


102)
[Skala: häufig (meist jeden Tag/einige Male pro Woche), moderat (zwi-
schen einmal pro Woche und einmal pro Monat), selten/nie (weniger als
einmal pro Woche oder nie); in Klammern jeweils der OECD-
Durchschnitt]

Vergleicht man häufige schulische und häusliche Computernutzung, so weist


Deutschland international die größte Differenz zwischen beiden Angaben
auf.
Art der An- Um die Art der Anwendung mit dem Computer in die Betrachtung mit ein-
wendung
zubeziehen, wurden im Rahmen der OECD-Studie („Are students ready for a
technology-rich world?”) Fragen zu verschiedenen Anwendungsbereichen in
zwei Häufigkeits-Indizes zusammengefasst. Der eine beschreibt Anwendun-
gen im Bereich Internet und Entertainment, der andere die Anwendung von
Programmen und Software (d.h. Standardanwendungen und Lernsoftware).
Beide Bereiche sind allerdings nicht klar voneinander trennen, da Internet-
Internationale Situation
121

anwendungen ja durchaus nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch zu In-


formationszwecken genutzt werden können. Der Häufigkeitsindex ist nach
Normalverteilung normiert, d.h. der Index sagt etwas über die Nutzungs-
häufigkeit im internationalen Vergleich aus (0 = OECD-Durchschnitt).32 In
Bezug auf den Bereich Internet und Entertainment liegt der Index für die
Bundesrepublik bei -0,6 im Vergleich zu Japan mit dem niedrigsten Wert
von -0,91 und Kanada mit dem höchsten Wert von 0,63. Der Index für die
Nutzung von Programmen und Software liegt in Deutschland bei -0,03, der
niedrigste Index findet sich in Japan mit -1,03, der höchste Wert in den
Vereinigten Staaten mit 0,33 (vgl. OECD 2006a, S. 103, 105). Mit anderen
Worten: Deutsche Schüler nutzen Internet und Entertainment im Schnitt
häufiger als 27% der übrigen OECD-Länder, Standardanwendungen und
Lernsoftware werden durchschnittlich häufiger bei 49% der Länder genutzt.
Bezieht man die geschlechtsspezifische Nutzung in die Betrachtung mit ein,
so zeigt sich in allen OECD-Ländern, dass Jungen Anwendungen häufiger
Art der An-
nutzen als Mädchen. Im OECD-Durchschnitt beträgt die Differenz der Indi- wendung
zes (Jungen – Mädchen) für Internet und Entertainment 0,47, in Deutsch- geschlechts-
land liegt der Wert bei 0,7, also deutlich höher. Nur in Schweden (0,75) und spezifisch

in Dänemark (0,80) finden sich noch höhere Werte. Nicht ganz so ausge-
prägt sind die Differenzen in Bezug auf die Nutzung von Programmen und
Software. Die OECD-Durchschnittsdifferenz (Jungen – Mädchen) beträgt
hier 0,20. In Deutschland liegt der Wert bei 0,31, in Dänemark ist die Diffe-
renz mit 0,48 am größten. In Irland (-0,17), Japan (-0,13) und Korea
(-0,06) nutzen die Mädchen vergleichsweise häufiger Programme und Soft-
ware (OECD 2006a S. 103, 105).

8.4 Wirkungen auf Fachleistungen und Schlüsselqualifikationen


In Bezug auf die Wirkungen digitaler Medien auf Fachleistungen und Schlüs-
selqualifikationen liegen zurzeit noch wenig repräsentative und gleichzeitig
international vergleichbare Daten vor. Erste Ansätze dazu finden sich z.B. in
der explorativen Studie „Second Information Technology in Education Stu-
dy” SITES-M2 oder den Auswertungen der Daten der PISA-Studie 2003 in
Bezug auf die Wirkungen der Nutzung digitaler Medien auf Schulleistungen
im Rahmen der OECD-Studie „Are students ready for a technology-rich
world” (vgl. Abschnitt 6). Die Ergebnisse dieser Studien sind in mehrfacher
Hinsicht vorsichtig zu interpretieren (vgl. Abschnitt 6.5).

Da die Messung der Wirksamkeit der Nutzung digitaler Medien mit verschie-
E-learning
denen Problemen verbunden ist, gehen einige Staaten aktuell den Weg, die Nordic 2006
Wirksamkeit über die Selbsteinschätzung der am Lernprozess Beteiligten zu
erfassen. Damit ist zwar nicht festzustellen, ob die Selbsteinschätzung den
Selbstein-
erfolgten Wirkungen entspricht, dennoch können Aussagen in Bezug auf schätzungen
qualitative Veränderungen des Lernprozesses gemacht werden33. Mehr als

32
Ein Index von -1 zeigt an, dass ein Schüler in einem Land Computer häufiger nutzt als ein
Sechstel der Schüler international. Ein Index von +1 zeigt an, dass er Computer häufiger
nutzt als fünf Sechstel der Schüler international (vgl. auch Abschnitt 4.1).
33
„With this methodology we do not claim to prove a direct link between the use of ICT and
learning impact. However, by asking those who experience the impact of ICT, we show
how they assess it. This is the perceived impact of the headmasters, teachers, pupils, and
the pupil’s parents. It may not be the actual impact, but it is the view they themselves
Internationale Situation
122

die Hälfte der im Rahmen der Studie „E-Learning Nordic 2006” befragten
Lehrpersonen aus Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen sowie zwei
Drittel der befragten Schüler und Eltern gaben einen Einfluss von digitalen
Medien auf die folgenden Bereiche an (vgl. Gertsen u.a. 2006, S. 51 f.):
- Engagement: Nach Aussagen der Lehrpersonen arbeiten Schüler aktiver
Wirkungs- im Unterricht mit. Die Schüler selbst sagen dazu, dass sie dem Unterricht
bereiche aufmerksamer folgen. Dies trifft insbesondere auf Schüler der 5. Klasse zu.
- Individualität: Schüler sagen aus, dass sie Arbeitsaufträge individueller
ausführen, wenn sie einen Computer benutzen, was von den Eltern bestä-
tigt wird. Den Aussagen der Lehrpersonen nach arbeiten Schüler eher ent-
sprechend ihren individuellen Lernstilen. Die Lehrpersonen betrachten dar-
über hinaus die digitalen Medien als ein hilfreiches Werkzeug zur Binnen-
differenzierung.
- Kreativität: Sowohl Lehrer als auch Eltern bestätigen, dass Schüler bei der
Bearbeitung von Aufgaben unter Verwendung digitaler Medien kreativer
sind.
- Effektivität der Lernzeit: Die Schüler sagen aus, dass sie bei Verwendung
von digitalen Medien im Unterricht weniger Zeit auf Dinge verwenden, die
nichts mit dem aktuellen Unterricht zu tun haben. Sowohl Lehrer als auch
Schüler der Primarstufe bestätigen, dass während des Unterrichts mit digi-
talen Medien der nicht unterrichtsbezogene Lärmpegel abnimmt. Nur 10%
der Lehrpersonen geben an, dass Unterrichtszeit durch den Einbezug von
digitalen Medien ineffektiver genutzt wird.
Da in diesen Ländern die Nutzung digitaler Medien vergleichsweise früh be-
gonnen hat und die Integration schon vergleichsweise weit fortgeschritten
ist, ist es unwahrscheinlich, dass es sich lediglich um Novitätseffekte han-
delt, sondern um kontinuierlich empfundene qualitative Verbesserungen von
Unterricht.

8.5 Wirkungen auf die Unterrichtskultur


OECD Mit der Frage, wie die Qualität der Unterrichtskultur durch die Anwendung
von digitalen Medien verbessert werden kann, beschäftigt sich die im Jahr
2001 veröffentlichte OECD-Studie „Learning to change: ICT in schools”, an
der 25 Mitgliedsländer beteiligt waren (vgl. OECD 2001).
Digitale Medien – so die Studie – können und sollen Unterricht in positiver
Weise durch die Anregung und Unterstützung von individuellen Lernprozes-
sen mit dem Ziel der Förderung komplexen Denkens, von Analyse- und
Synthesefähigkeit sowie von Problemlösefähigkeit und Kreativität beeinflus-
sen. Mit digitalen Medien lassen sich für Schülerinnen und Schüler neue
Lernräume und Erfahrungsmöglichkeiten eröffnen, die auch dem Bedürfnis
nach eigenem Erforschen von Sachverhalten – im Gegensatz zum rein
rezeptiven Lernen – Rechnung tragen.
Die Ergebnisse der Studie „E-learning Nordic 2006” (vgl. Abschnitt 8.4)
E-learning zeigen, dass Wirkungen auf die Kreativität und die Entwicklung individueller
Nordic 2006
Problemlösungen von den am Lernprozess Beteiligten auch dement-
sprechend empfunden werden. Darüber hinaus antworteten 31% der im
Rahmen der Studie befragten Lehrpersonen, dass digitale Medien ihre

hold and express about the consequences of using ICT in schools” (Gertsen et al. 2006,
S. 7)
Internationale Situation
123

pädagogischen und didaktischen Lehrmethoden in einem großen oder sehr Methodik


Vermittlung
großen Maße unterstützen, und immerhin 44% empfanden eine moderate von Fach-
Unterstützung, nur 24% empfinden eine geringe oder keine unterstützende inhalten
Binnendiffe-
Wirkung. Noch größer ist jedoch die Zustimmung, dass digitale Medien die renzierung
Vermittlung von Fachinhalten unterstützen. 45% empfanden dies in großem
oder sehr großem Ausmaß, 44% in moderatem Ausmaß und nur 11% emp-
fanden keine oder nur eine geringe unterstützende Wirkung (vgl. Gertsen
u.a. 2006, S. 49). Weiterhin stimmen in der Untersuchung 48% der befrag-
ten Lehrpersonen der Aussage zu, dass es unter Verwendung von digitalen
Medien einfacher ist, binnendifferenziert zu unterrichten, wobei nur 11%
der Aussage widersprachen. 59% der Lehrpersonen sind der Meinung, dass
ICT ihnen nützliche Werkzeuge für die Binnendifferenzierung bereitstellt und
nur 6% empfinden dies nicht so (vgl. Gertsen u.a. 2006, S. 32). Den Er-
gebnissen dieser Studie folgend, scheinen die Potenziale, die im Rahmen
der OECD-Studie festgestellt wurden, sich auch in Ländern, deren Medienin-
tegration vergleichsweise weit fortgeschritten ist, nach Aussage der am Bil-
dungsprozess Beteiligten zu entfalten, wenngleich eine „Revolution” der
Lernmethoden damit derzeit noch nicht verbunden ist (vgl. S. 9).
Betrachtet man die Gruppen von Lehrpersonen, die unterschiedlich starke
Wirkungen der Arbeit mit IKT empfinden, so zeichnet sich die Gruppe der
Lehrpersonen, die die stärksten Wirkungen wahrnehmen, dadurch aus,
- dass sie sich in breitem Maße kompetent fühlen, digitale Medien in den
Unterricht zu integrieren,
- dass sie verstärkt Fortbildungsmaßnahmen besuchen, die nicht auf Grund-
fertigkeiten, sondern auf methodisch-didaktische Fragen ausgerichtet sind,
- dass sie digitale Medien in einer großen Spannbreite in unterschiedlichen
Formen im Unterricht einsetzen,
- dass sie Unterricht stärker projektorientiert unter Einbezug digitaler Medi-
en gestalten, Schüler kollaborativ Aufgaben lösen lassen, häufiger mit digi-
talen Portfolios arbeiten und Schüler anregen, auch explorativ und innova-
tiv mit digitalen Medien zu arbeiten,
- dass sie an Schulen unterrichten, in denen die Schulleitung die Arbeit mit
digitalen Medien stark unterstützt und in denen Medien einen entsprechen-
den Stellenwert im Schulprogramm haben (vgl. S. 62 f.).

In Bezug auf die Umsetzung innovativer Verwendungen digitaler Medien im


Unterricht kommen Sillanpää, H./Ilomäki, L. (2004) in der Metastudie „How
“How does
does the teacher´s work change (because of ICT)?” auf der Basis von Veröf- teacher’s
fentlichungen zur Rolle von Lehrpersonen beim Einsatz von ICT im Unter- work
change?“
richt und der dabei verwendeten Unterrichtsszenarien zu dem Ergebnis,
dass insgesamt nur in wenigen Fällen ein innovativer Einsatz von digitalen
Medien im Unterricht zu finden ist. Dennoch sind die bereits in den anderen
Studien beschriebenen Potenziale auch dort identifiziert. Besonders hervor-
gehoben wird allerdings noch einmal die Notwendigkeit und Bereitschaft, bei
der Unterrichtsgestaltung mit digitalen Medien die individuellen Unter- Unterrichts-
muster
richtsmuster zu überdenken und ggf. auch verändern zu wollen:
“However, computers can help teachers to change their practices, and with
computers teachers were more often acting as coaches rather than just lec-
turers or information givers. Correlations between the use of constructivist
teaching practices and the use of ICT have been found, although it is diffi-
cult to say what underlies the correlations. It is difficult to say if the causal
impacts are limited to teachers who were already inclined to teach in a con-
Internationale Situation
124

structivist way and have just needed appropriate resources to do so, or if


the experiences of computer usage leads teachers to rethink their peda-
gogical conceptions and practices. It obviously seems that computers can
lead to change in a teachers’ work if a teacher is interested in developing
pedagogical practices. Long experience of using ICT seems also to help in
changing the ways of using computers with students. The supporting struc-
tures in the school are also meaningful for teachers” (ebd., S. 5).

8.6 Wirkungen auf die Schulentwicklung


Im Rahmen der OECD-Studie „Learning to change: ICT in schools” wird
OECD
gefordert, dass mit der Veränderung der Unterrichtsformen hin zu einer
stärkeren Berücksichtigung und Förderung individueller Lernprozesse auch
eine Schulentwicklung einhergehen müsse, die auch durch digitale Medien
befördert werden könne (digitale Medien als „Trojanisches Pferd”). Im Hin-
blick auf umfassende „Digital Literacy” als eine Grundvoraussetzung zur
Bewältigung zukünftiger Berufs- und Lebensanforderungen müssen sich
Curricula verändern und die Ziele von Schule sich mehr an Kompetenzen
Unterrichts- denn an Sachverhalten orientieren. Entsprechend wird in der Studie die
entwicklung
Hoffnung geäußert, dass über digitale Medien mehr kompetenzbasierte Cur-
ricula geschrieben werden. Kanada sieht für einen entsprechenden Unter-
richt beispielsweise vor (vgl. OECD 2001):
- neue Zugänge zu Information
- Management von Information
- Weiterbearbeitung von Information
- Kompetenz zu gemeinsamer Arbeit
- Problemlösefähigkeit
- Lernen lernen.
Erfolgreiche Schulentwicklung, so die OECD-Studie, ist immer mit einer ent-
Personal-
sprechenden Personalentwicklung gekoppelt. Im Hinblick auf die konzeptio-
entwicklung nelle Implementation digitaler Medien in den Unterricht wird die Schlüssel-
stellung der Schulleitungen hervorgehoben, die Anwendung im Unterricht
müsse aber auf Lehrerseite forciert werden. Für einen breiten Einsatz von
digitalen Medien und deren Akzeptanz habe sich die Einbindung der Lehr-
personen bereits in den Entwicklungsprozess als hilfreich erwiesen. Eine
englische Studie habe zudem gezeigt, dass die Verbreitung von digitalen
Medien vorrangig von Empfehlungen durch Kolleginnen und Kollegen ab-
hängt. Ein entsprechender Austausch zwischen Lehrpersonen sollte folglich
sowohl übers Netz als auch – und vor allem – „face to face” eingeplant
werden.

Auch im Rahmen der Studie „IT in Schulregionen” wird die Schlüsselstellung


„IT in Schul-
regionen“ der Schulleitungen für die erfolgreiche Umsetzung regionaler Strategien
hervorgehoben. Erfolgreiche Regionen besitzen ein effizientes und effektives
Management, das sich an den Bedürfnissen der Schulen orientiert und
alle am Prozess Beteiligten – Schulleitung, Lehrpersonen, Schüler, Eltern,
Stakeholder, die Kommune sowie Unternehmen und andere Organisationen
– mit einbezieht. Korrelationen zeigen, dass Schulen, die IT-Integration
planen und evaluieren, sehr kompetente Lehrpersonen haben und einen
vergleichsweise umfangreichen IT-Einsatz seitens der Lehrer und Schüler
aufweisen. Damit kommt den Schulleitungen eine besondere Aufgabe zu,
Internationale Situation
125

indem sie die Entwicklung klar strukturierter IT-Pläne als Teil von Schulpro-
grammen initiieren und die Fortbildung der Kollegien in den Blick zu neh-
men (vgl. Wiggenhorn/Vorndran 2003, S. 30 ff.).
Darüber hinaus wurde in dieser Studie festgestellt, dass in den Regionen, in
denen die Integration digitaler Medien in die Schulen vergleichsweise erfolg-
reich war, eine starke Korrelation zwischen dem Grad an schulischer Auto-
nomie und dem Erfolg bei der IT-Integration besteht. Deshalb wird empfoh-
len, dass Schulen mehr Entscheidungskompetenz – verbunden mit einer
Rechenschaftslegung – zukommen sollte (vgl. ebd., S. 28f.).

8.7 Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung


Im Rahmen eines aktuellen Reviews analysiert Kay (2006) 68 begutachtete
Review
Artikel in Fachzeitschriften, die die Integration digitaler Medien in die Leh-
rerausbildung fokussieren. Dabei identifiziert er zehn Schlüsselstrategien,
die zur Integration verfolgt werden (vgl. ebd., S. 387 ff.):
- Durchführung einzelner Kurse zur Vermittlung technischer Kompetenz: Im
Rahmen dieser Strategie soll ein einzelner Kurs helfen, eine Bandbreite an
Medienkompetenz zu vermitteln. Solche Kurse können eine gute Übersicht Schlüssel-
über die Verwendung digitaler Medien in Lehr-/Lernprozessen vermitteln strategien

und damit eine gute Grundlage für die Entwicklung von Medienkompetenz
legen sowie Selbstwirksamkeit fördern. Als nachteilig wurde identifiziert,
dass Medienkompetenz vergleichsweise isoliert erlernt wird und eine Aus-
weitung auf notwendige Kompetenzen in der praktischen Umsetzung im
Rahmen von Lehr-/Lernprozessen begrenzt bleibt.
- Durchführung von (Mini-)Workshops: Manche Fakultäten bieten Workshops
als Einzelangebote oder als begleitendes Angebot im Rahmen von Pro-
grammen an. Im Rahmen dieser Workshops wird beispielsweise exem-
plarisch die Integration von Medien in Lehr-/Lernprozesse erarbeitet oder
es werden Produkte für digitale Portfolios erarbeitet. Vorteile ergeben sich
im Vergleich zur Durchführung kompletter Seminare in der Zeitersparnis,
wobei dadurch der Erwerb der Kompetenzen weniger umfassend bleibt.
Langzeiteffekte solcher Workshops auf eine veränderte Nutzung oder Ein-
stellung sind bisher noch nicht gemessen worden.
- Integration: Manche Universitäten bemühen sich im Rahmen einer integ-
rierten Strategie, die Verwendung digitaler Medien in möglichst allen Se-
minaren und Vorlesungen umzusetzen. Der Hauptvorteil dieser Strategie
liegt darin, dass Lehramtsstudierende anhand authentischer Probleme mit
dem Rechner lernen, nicht nur über ihn. Weiterhin fördert diese Strategie
den Erwerb von Medienkompetenz und die damit verbundene Zuversicht
im Umgang mit digitalen Medien. Problematisch im Rahmen dieser Strate-
gie ist ein häufig vorhandener Mangel an Hardware, die z.T. noch begrenz-
te Expertise von Hochschullehrenden sowie die begrenzte Zeit für die Um-
setzung. Weiterhin bereitet der Transfer in die Unterrichtspraxis häufig
Probleme.
- Multimedia: Im Rahmen dieser Strategie werden unterschiedliche Verwen-
dungsarten von Multimedia umgesetzt, z.B. Online-Kurse, videobasierte
Fallstudien oder digitale Portfolios. Da dieser Ansatz relativ neu ist, wurden
klare Vor- und Nachteile im Rahmen der untersuchten Studien bisher noch
nicht dokumentiert.
Internationale Situation
126

- Kollaboration: Im Rahmen dieser Strategie werden Partnerschaften zwi-


schen Universitäten und Schulen initiiert, um Erfahrungen im Umgang mit
digitalen Medien in Lehr-/Lernprozessen zu ermöglichen. Dieser Ansatz be-
inhaltet beispielsweise die Entwicklung von communities of practice, For-
men des Wissensmanagements, Unterstützung durch Experten und Mento-
ren und das Kennenlernen oder Entwickeln von Best-practice-Beispielen.
Durch Zusammenarbeit von Studierenden und Referendaren bzw. Lehrern
in Teams können so verschiedene Wege der Integration digitaler Medien in
Lehr-/Lernprozesse erarbeitet und damit auch die Kooperation zwischen
Schulen und Universitäten gefördert werden. Zentrale Herausforderungen
dieses Ansatzes sind der vergleichsweise große organisatorische und zeit-
liche Aufwand, der benötigt wird, um effektive Lerngemeinschaften zu
entwickeln, sowie die notwendige Motivation aller Beteiligten.
- Praxisorientierung: Die Verwendung von digitalen Medien im Rahmen von
Praktika in der Schule ist zwar eine von den ISTE/NACTE standards34 sehr
empfohlene, jedoch selten umgesetzte Strategie. Der Vorteil dieser Metho-
de ist, dass Studierende Unterrichtsstunden unter Verwendung digitaler
Medien planen, ihre Planungen in die Praxis umsetzen und dort direkt er-
fahren können, wie die Verwendung digitaler Medien den Lernprozess be-
einflussen kann.
- Modelling: Im Rahmen dieser Strategie wird anhand von Beispielen ver-
anschaulicht, wie digitale Medien in schulischen Lehr-Lernprozessen ver-
wendet werden können. Diese Strategie ist häufig mit einer integrierten
Strategie verbunden. Der Vorteil dieser Methode ist, dass der Transfer auf
die schulische Situation nicht mehr geleistet werden muss. Häufig sind
jedoch Lehrende aufgrund mangelnder technischer und medienpäda-
gogischer Kompetenzen (noch) nicht in der Lage, entsprechende an-
spruchvolle Beispiele zu entwickeln. Weiterhin wird Studierenden zu selten
die Gelegenheit gegeben, eigene Beispiele zu entwickeln.
- Hochschuldidaktische Fortbildung: Eine weitere Strategie ist die hoch-
schuldidaktische Fortbildung des Lehrpersonals an Universitäten. Mit der
Förderung von Medienkompetenz sowie medienpädagogischer Kompetenz
der Lehrenden wird die Hoffnung verbunden, dass Medieneinsatz verstärkt
Eingang in die Hochschullehre findet und sich positive Transfereffekte auf
die Studierenden einstellen. Dieser Effekt ist bisher jedoch noch nicht
empirisch belegt. Darüber hinaus müssen vermutlich auf die Fortbildung
weitere Strategien der Implementation digitaler Medien folgen.
- Mentoren: Im Rahmen der zweiten Phase der Lehrerausbildung bietet es
sich ebenfalls an Teams aus Referendaren und Mentorlehrern, die die Re-
ferendare ohnehin in der Ausbildung begleiten, zu bilden. Studierende, die
vielleicht einen Vorsprung in Bezug auf technische Kompetenzen haben,
können so von den Mentoren profitieren, die einen Vorsprung in Bezug auf
didaktische Kompetenzen besitzen, und umgekehrt. Empirische Ergebnisse
in Bezug auf die Wirksamkeit dieser Strategie liegen bisher noch nicht vor.
- Zugriff auf Hardware, Software und Support: Die vorher aufgeführten
Strategien können nicht umgesetzt werden ohne eine entsprechenden
Infrastruktur sowohl auf universitärer als auch auf schulischer Ebene. Es
existieren beispielsweise auch Laptopprogramme, die Studierende mit
Laptops und Software ausstatten.

34
ISTE = International Society for Technology in Education; NACTE = National Council for
Accreditation of Teacher Education, Washington, D.C.
Internationale Situation
127

Kay stellt im Rahmen seiner Analyse fest, dass in den meisten Beispielen
ein bis drei Strategien umgesetzt werden. Falls vier oder mehr Strategien
angewendet werden, scheinen die Effekte stärker zu sein. Allerdings werden
im Rahmen der Evaluationen der Strategien in der Regel nur einer von drei
Faktoren – Einstellungen oder Fähigkeiten oder Nutzungshäufigkeiten – un-
tersucht. Weiterhin weisen die Studien oft erhebliche Mängel in Bezug auf
Gütekriterien auf, weshalb ein enormer Forschungsbedarf konstatiert wird
(vgl. ebd., S. 391 ff.)

Die Studie „IT in Schulregionen” empfiehlt in Bezug auf die Lehrer-


„IT in Schul-
fortbildung, dass diese in vielfältigen Formen angeboten werden sollte. Dar- regionen“
über hinaus sollte eine Abstimmung auf die individuellen Bedürfnisse der
Lehrpersonen, z.B. durch individuelle Beratungen, erfolgen. Die Bereitstel-
lung von Materialien zur Selbsteinschätzung und Reflexion, die Entwicklung
von Fortbildungsplänen und die Aufstellung von Richtlinien und Zielen für
die Lehrerfortbildung werden hierbei als erfolgreiche Maßnahmen in den
Regionen identifiziert, deren Integration digitaler Medien vergleichsweise
weit fortgeschritten ist (Wiggenhorn/Vorndran 2003, S. 44 ff.).
Da im Rahmen der Studie „E-Learning Nordic 2006” die Wirksamkeit der E-learning
Lehrerfortbildung eher zufallsbedingt erschien, wird empfohlen, diese stra- Nordic 2006
tegischer und systematischer auf verschiedenen Ebenen zu verbessern, z.B.
durch verpflichtenden Einbezug digitaler Medien in die Curricula aller Unter-
richtsfächer, durch die daraus resultierende Nutzung auf Schulebene und
durch eine verstärkte Berücksichtigung der Medienpädagogik in der Lehrer-
bildung (vgl. Gertsen 2006, S. 13 f.).

8.8 Forschungsperspektiven
Obwohl die Ergebnisse verschiedener repräsentativer Untersuchungen und
Fallstudien sowie Metastudien auf verschiedene positive Effekte verweisen, Delphi-
ist – angesichts kostenintensiver Förderprogramme und zahlreicher Bemü- Studie
hungen auf verschiedenen Ebenen – der Ruf nach maßgeblichen Effekten
des Einsatzes digitaler Medien zu hören. Eine Analyse von 28 bildungspoliti-
schen Berichten zum Thema digitale Medien in Schulen – initiiert durch das
U.S. Department of Education – zeigt, dass die Forderung nach dem Beweis
von deutlichen Effekten kontinuierlich während der vergangenen 20 Jahre
geäußert wurde (Culp u.a. 2003, S. 15). Da die bisher festgestellten Wir-
kungen jedoch eher moderat sind und zahlreiche Studien forschungsmetho-
dische Mängel aufweisen, die Konsequenzen erforderlich machen (vgl. Ab-
schnitt 6.5.), stellt sich die Frage, in welche Richtung sich zukünftige For-
schung im Bereich digitaler Medien entwickeln sollte.
Im Rahmen einer Delphi-Studie unter Beteiligung von 30 Experten im Be-
reich digitaler Medien in den USA werden verschiedene zentrale Bereiche
identifiziert, denen nach Meinung der Experten im Rahmen zukünftiger For-
schungen Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte (vgl. Pollard/Pollard
2004-2005, S. 148 ff.):
- Lernen: Erforschung des Verhältnisses von digitalen Medien und Lernenden
mit besonderem Fokus auf den Lernprozess, das Engagement des Lerners
und kontextuelles Lernen. In Bezug auf diesen Bereich sollte nach Meinung
der Experten der Fokus auf dem Prozess und nicht auf dem Ergebnis
liegen.
Internationale Situation
128

- Lehrpersonen: Entwicklung von Modellen, um Lehrer im Rahmen der Aus-


und -fortbildung zu effektiveren Nutzern digitaler Medien zu machen
- Modelle/Strategien: Entwicklung von Instruktionsmodellen unter Verwen-
dung digitaler Medien, um Lernprozesse in der Schule und in Online-
Umgebungen zu fördern
- Diagnose: Entwicklung angemessener Methoden und Kriterien für die Eva-
luation der Effektivität mediengestützter Instruktion, insbesondere für
komplexe Aufgaben
- Schulen: Erforschung von Änderungen der Unterrichtskultur, der Rollen
von Lehrpersonen und der Schulentwicklung durch digitale Medien
- Soziale Fragen: Erforschung von Faktoren, die den digital divide beeinflus-
sen, sowie der Effekte von sozialer Interaktion und Kollaboration.
Insgesamt heben die Experten die Bedeutsamkeit komplexer Forschungs-
vorhaben hervor, die durch Kombination verschiedener Forschungsansätze
eine große Bandbreite an Einflussfaktoren erfassen können. Darüber hinaus
wird empfohlen, Langzeitstudien im Bereich der Unterrichtsforschung zu
etablieren. Dabei sollten verschiedene Forschungsmethoden verwendet und
Ergebnisse trianguliert werden (vgl. ebd., S. 159).

8.9 Zusammenfassung
Eine Bestandsaufnahme zur Situation digitaler Medien an Schulen in
Deutschland muss auch in den Kontext internationaler Entwicklungen ein-
geordnet werden. Zwar müssen bei einem Vergleich die jeweiligen, z.T. sehr
unterschiedlichen, Rahmenbedingungen der einzelnen Länder berücksichtigt
werden, dennoch können aus einer Analyse internationaler Studien, Meta-
analysen, Empfehlungen und Delphi-Studien hilfreiche Erkenntnisse zur
Weiterentwicklung der Situation in der Bundesrepublik Deutschland abgelei-
tet werden.
Deutsche Schülerinnen und Schüler haben im internationalen Vergleich eine
insgesamt sehr positive Grundeinstellung gegenüber digitalen Medien.
Jedoch treten international Unterschiede in den Einstellungen zwischen Jun-
gen und Mädchen auf, die in Deutschland besonders stark ausgeprägt sind.
Die Unterschiede in den Einstellungen werden in Deutschland in einem in-
ternational vergleichsweise sehr hohen Prozentsatz durch den Faktor Ge-
schlecht aufgeklärt. Die insgesamt sehr positiven Einstellungen von Eltern
und Lehrpersonen ebenso wie die von Schülern sind vergleichbar mit aktuell
erhobenen Einstellungen in skandinavischen Ländern, in denen die Integra-
tion digitaler Medien vergleichsweise weiter vorangeschritten ist. Eltern in
Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen haben eine sehr positive
Einstellung gegenüber Medien. Der Anteil an Lehrpersonen, die eine positive
Wirkung auf die Lernleistung der Schüler empfindet, ist deutlich größer als
der Anteil der Schüler. Es zeigt sich jedoch auch, dass Lehrpersonen und
Schüler in den jeweiligen Ländern von der Tendenz her eine ähnliche Ein-
schätzung der Wirkungen aufweisen. Damit erscheinen durch Selbst-
einschätzungen gemessene Wirkungen zumindest in Ansätzen belastbare
Ergebnisse zu liefern, die Vergleiche zwischen verschiedenen Ländern
zulassen.
Trotz beträchtlicher Zuwachsraten liegt Deutschland in Bezug auf die Aus-
stattung mit Computern mit einem Verhältnis von Schülern zu Computern
von 11:1 im internationalen Vergleich auf den hinteren Rängen. Ein
Internationale Situation
129

Verhältnis von 6:1 wird als Grenze identifiziert, bei der in internationalen
Regionen mit weit fortgeschrittener IT-Integration ein Qualitätssprung er-
reicht wurde. Darüber hinaus sind Zugänglichkeiten an jedem Ort und zu
jeder Zeit, die Integration der Rechner in die Klassenräume sowie Support
und regelmäßige Aktualisierungen bzw. Erneuerungen bedeutsame Fakto-
ren.
In Bezug auf die häusliche Ausstattung liegt Deutschland deutlich über dem
OECD-Durchschnitt, wobei Jugendliche aus Haushalten mit einem geringe-
ren sozioökonomischen Status wesentlich seltener zu Hause Zugriff auf
einen Computer haben.
In Bezug auf eine regelmäßige schulische Nutzung digitaler Medien liegt
Deutschland bei der Gruppe der 15-Jährigen im OECD-Vergleich auf dem
letzten Rang. Jedoch liegt die häusliche Nutzung deutlich über dem OECD-
Durchschnitt, was dazu führt, dass Deutschland international die größte
Differenz zwischen schulischer und häuslicher Nutzung aufweist.
International gesehen, scheinen Public-Private-Partnership-Programme auf
schulischer, regionaler oder überregionaler bzw. Bundesebene eine gute
Möglichkeit darzustellen, Infrastruktur in Schulen zu verbessern, wie Bei-
spiele in den USA, England und der Schweiz zeigen. Dabei wird in aktuel-
len Evaluationen die Bedeutsamkeit der Koordinierung und Unterstützung
solcher Maßnahmen auf Bundesebene hervorgehoben. Auch Nachhaltig-
keit spielt eine bedeutsame Rolle ebenso wie die gleichmäßige Berücksichti-
gung von Content-Entwicklung und Lehrerfortbildung im Rahmen solcher
Programme.
Neben dem Versuch, Wirkungen über Verbesserungen des Outcome zu
messen, gehen aktuell einige Länder den Weg, qualitative Veränderungen
des Lernprozesses durch Selbsteinschätzungen zu erheben. Auch in Län-
dern, deren Integration seit längerer Zeit weit fortgeschritten ist, zeigen
sich sowohl aus Schüler- als auch aus Lehrersicht nachhaltig empfundene
Wirkungen in Bezug auf Engagement, Individualität, Kreativität und Effekti-
vität der Lernzeit. Weiterhin werden nicht nur von den Lehrpersonen emp-
fundene Wirkungen in Bezug auf die Vermittlung von Fachinhalten festge-
stellt, sondern auch empfundene Veränderungen der Unterrichtskultur, z.B.
in Form von verstärkter Berücksichtigung heterogener Voraussetzungen
durch Binnendifferenzierung, wenngleich diese Veränderungen noch um-
fassende Verbreitung finden müssen.
Im Hinblick auf die Wirkung auf Schulentwicklung lassen sich international
ein an Bedürfnissen aller Beteiligten orientiertes effizientes und effektives
Management von Schulleitungen sowie eine damit verbundene Personalent-
wicklung und ein hoher Grad an schulischer Autonomie als Erfolgsfaktoren
identifizieren.
Im Rahmen der Lehrerbildung stellen die Durchführung einzelner Kurse und
Workshops, die Verwendung multimedialer Elemente, die Einrichtung von
Partnerschaften mit Schulen unter Einbezug von Mentoren, die Bearbeitung
von Beispielen und deren Umsetzung in der Praxis, hochschuldidaktische
Fortbildungen und Verbesserungen der Infrastruktur sowie Versuche der
flächendeckenden Integration in Seminare Schlüsselstrategien dar, wobei
sich eine Kombination möglichst vieler Strategien als Erfolg versprechend
darstellt. Auch für die Lehrerfortbildung wird eine systematische und auf
verschiedenen Ebenen ansetzende Vorgehensweise empfohlen, wobei schul-
interne Fortbildungen, die sich an den Bedürfnissen der Beteiligten und den
Rahmenbedingungen vor Ort orientieren, und individuelle Beratungen oder
Internationale Situation
130

Co-Teachings sowie spezifische Reflexionsinstrumente, wie z.B. digitale


Portfolios, zunehmende Bedeutung gewinnen.
Es wird international konstatiert, dass weiterer Forschungsbedarf in allen
bisher genannten Bereichen besteht, wobei der Erforschung von Lernpro-
zessen – weniger des Outputs –, der Entwicklung wirksamer Möglichkeiten
der Lehreraus- und -fortbildung sowie instruktionaler Maßnahmen beson-
dere Bedeutung zugeordnet wird. Auch Diagnoseverfahren, Schul- und
Unterrichtskultur sowie soziale Fragen werden als wichtige Bereiche identifi-
ziert, wobei insgesamt neben quantitativen Messungen die Bedeutung quali-
tativer Vorgehensweisen sowie eine Kombination beider Verfahren betont
wird.
Methodisch wird die Notwendigkeit betont, Longitudinalstudien im Rahmen
der Unterrichtsforschung durchzuführen und verschiedene Disziplinen zu-
sammenzuführen, um die komplexen Einflussfaktoren möglichst umfassend
identifizieren zu können.
131

9 Digitale Medien im Spiegel von


Expertenmeinungen

9.1 Workshop 1
Um nicht nur Daten aus empirischen Studien, Dokumentationen von Projek-
ten und Modellversuchen usw. in die Standortbestimmung mit einfließen zu
lassen, sondern auch die Einschätzungen ausgewiesener Expertinnen und
Experten, fand am 30.01.2006 ein Workshop unter dem Thema „Digitale
Medien in der Schule” in Bonn statt (zu den Teilnehmenden vgl. Anhang I).
Im Verlauf des Workshops wurden zunächst Aspekte gesammelt, die im
Rahmen der derzeitigen Situation im Bereich der Nutzung digitaler Medien
in der Schule zentral sind, aktuelle Problemlagen herausgearbeitet und dis-
kutiert. In einem zweiten Schritt wurden für die identifizierten Problemlagen
erste Ansätze und Perspektiven zur Lösung entwickelt sowie potenzielle
Ansprechpartner benannt, an die die formulierten Empfehlungen gerich-
tet werden und die den Verantwortlichen als Entscheidungshilfen dienen
können.

Folgende Aspekte wurden im Rahmen des Workshops in Bezug auf die


Arbeit mit digitalen Medien an Schulen als zentral benannt:
a) Lehreraus- und Lehrerfortbildung
b) SchulleiterInnenausbildung
c) Infrastruktur
d) Forschung
e) Didaktische Einbettung Neuer Medien in den Unterricht
f) Schulentwicklung
g) Geschlechtsspezifische Förderungsmaßnahmen und Migration
h) Szenarien mobilen Lernens/Lernorte

Nachfolgend werden die zentralen Aspekte der Diskussion strukturiert nach


diesen Kriterien dargestellt.

a) Lehreraus- und -fortbildung


In Bezug auf die Lehrerausbildung wird als eines der zentralen Probleme,
aus dem weitere Problemlagen resultieren, die geringe Anzahl an Lehrstüh- Curriculare
len für Medienpädagogik an bundesdeutschen Hochschulen genannt. Bei und
Neubesetzung der Lehrstühle ist der Trend zu beobachten, dass statt personale
Verankerung
Medienpädagogen zunehmend Vertreter der pädagogischen Psychologie der Medien-
oder der Informatik berufen werden. Ein angemessenes Lehrangebot im pädagogik
Bereich Medienpädagogik ist dadurch bei zurzeit steigenden Zahlen an Lehr-
amtsstudierenden nur schwer bis gar nicht zu gewährleisten. Darüber hin-
aus müssen Ausstattung und Infrastruktur als unzureichend gekennzeichnet
werden.
Internationale Situation
132

Die curriculare Verankerung der Medienpädagogik ist an den Hochschulen


ebenfalls in der Regel nur in geringem Maße, z.B. in Form von 2 Semester-
wochenstunden, oder gar nicht vorhanden. Auch wenn an einzelnen Hoch-
schulen gute Ansätze vorhanden sind, wird die medienpädagogische Ausbil-
dung der Lehramtsstudierenden als unzureichend charakterisiert.
Weiterhin wird auf einer allgemeineren Ebene bemängelt, dass sowohl die
Disziplinen Erziehungswissenschaft und Fachdidaktik als auch Theorie und
Praxis in der Lehramtsausbildung stärker miteinander verzahnt sein müs-
sen. Für die Mediennutzung an Schulen bedeutet dies, dass die Modelle der
Mediennutzung an der Hochschule zu wenig Eingang in Schulen finden und
dass umgekehrt bei der Entwicklung von Konzepten an der Hochschule die
aktuelle Situation der Mediennutzung, Rahmenbedingungen und damit ver-
bundene Probleme nicht genügend berücksichtigt werden.
Um diese Problemlagen zu beheben, muss zunächst bei einer Ausweitung
der medienpädagogischen Lehrstühle begonnen werden. Da sich die Stär-
kung der Medienpädagogik nicht aus der Disziplin heraus vollzieht, muss
diese Situation durch bildungspolitische Maßnahmen verändert werden, so
dass genügend medienpädagogische Lehrstühle vorhanden sind, um eine
angemessene medienpädagogische Bildung der Lehramtsstudierenden zu
ermöglichen.
Standards
für die
Die Umstellung der Lehramtsstudiengänge auf die Bachelor- und Master-
Medien- Struktur bietet die Möglichkeit, die Medienpädagogik stärker curricular zu
pädagogik verankern. Durch die Formulierung von Standards für die Medienpädagogik
könnten zentrale Anforderungen beschrieben werden. Wünschenswert ist
ebenfalls die stärkere Verzahnung der Medienpädagogik mit den Fachdidak-
tiken und auch den Fachwissenschaften. Die Zentren für Lehrerbildung
könnten diesen Prozess der Vernetzung unterstützen.
Die Einrichtung und Erhaltung lernförderlicher Infrastrukturen ist ebenfalls
ein zentraler Punkt und die Voraussetzung für eine erfolgreiche Mediennut-
zung an Hochschulen (für weitere Ausführungen vgl. Punkt 2.3.). Die Be-
reitstellung von Vorlesungen in digitaler Form oder die Nutzung digitaler
Lernumgebungen in Seminaren finden zunehmend Verbreitung (vgl. z.B.
Hochschulnetzwerk Lehrerbildung – Medien; Materialien zur Zusatzqualifika-
tion zu Medien und Informationstechnologien in Erziehung und Bildung an
Lernförder- der Universität Paderborn). Die Zugänglichkeit von Materialien im Internet
liche Infra-
struktur ist für Kooperationen innerhalb der Hochschule und zwischen den Institu-
tionen hilfreich. Förderprogramme, wie die Förderinitiative „Notebook-
University” oder die Förderlinie „E-Learning-Integration” des BMBF unter-
stützen förderliche Rahmenbedingungen zur Verbreitung solcher Ansätze.
Darüber hinaus sind auf der Ebene der Hochschulstruktur hochschuldidakti-
sche Zentren oder Stabsstellen für E-Learning (vgl. z.B. Ruhr-Universität
Bochum) notwendig. Eine weitere Möglichkeit bieten Portale (vgl. z.B.
e-teaching.org), die hochschulübergreifend genutzt werden können. Auch
Fachgesellschaften für Fragen des Medieneinsatzes unterstützen die Erfor-
schung und sinnvolle Nutzung der Nutzung von Medien in Forschung und
Lehre im Allgemeinen und damit auch in der Lehrerausbildung (vgl. z.B.
Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft e.V.).
Eine stärkere Verzahnung zwischen Theorie und Praxis könnte durch Pro-
jektpartnerschaften zwischen Universitäten und Schulen, auch unter Einbin-
dung der Studienseminare, initiiert werden. Nach einer Analyse der Szena-
rien unterschiedlicher Mediennutzung an der Hochschule könnten z.B. Mög-
lichkeiten des Transfers in die Schulen diskutiert werden. Die Anbahnung
Expertenmeinungen
133

solcher Kooperationen könnte durch Schulen ans Netz gefördert werden. In Koopera-
Koopera-
tionen
diesem Zusammenhang sollte auch die zweite Phase der Lehrerausbildung tionen
verstärkt in Kooperationen eingebunden werden.
Neben der Lehrerausbildung spielt die Lehrerfortbildung eine zentrale Rolle
bei der Einführung digitaler Medien in Schulen. Beispielsweise leistet die
Initiative von Intel und ihren Partnern von Bund und Ländern einen wichti-
gen Beitrag dazu. Es wird aber angemerkt, dass die Initiative noch mehr in
die Breite getragen werden muss, wie dies beispielsweise zurzeit in Bayern
geschieht. Darüber hinaus wird die Bedeutsamkeit schulinterner Lehrerfort-
bildungen betont und damit die Möglichkeit, vorhandene Kompetenzen im
Bereich digitaler Medien in Schulen stärker zu nutzen, um einen Beitrag zur Nachfrage-
Schulentwicklung zu leisten. Auch das Vorhandensein eines Medienexperten orientierte
Fortbildung
bzw. Medienbeauftragten an einer Schule spielt hier eine bedeutsame Rolle.
Lehrerfortbildung sollte sich insgesamt von einer Angebots- zu einer Nach-
frageorientierung entwickeln. Die Bildungsstandards der KMK und die in den
Kernlehrplänen formulierten Kompetenzen werden den Prozess der Imple-
mentation digitaler Medien in Schulen weiter forcieren, da sich die Anforde-
rungen explizit auf den Umgang mit Medien beziehen (vgl. z.B. Kernlehrplan
Mathematik: „Medien und Werkzeugeverwenden”).
BLK-Programme wie „SINUS-Transfer” oder die UN-Dekade „Bildung für
nachhaltige Entwicklung” weisen ebenfalls Bezüge zur Medienpädagogik auf
und führen damit zur Implementation und Dissemination der Arbeit mit digi-
talen Medien in Schulen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Lösungsmöglichkeiten in
Bezug auf den Aspekt Lehreraus- und -fortbildung eng an die jeweiligen
Institutionen gebunden sind.

b) SchulleiterInnenausbildung
Schulleitungen haben einen entscheidenden Einfluss auf die Integration
Neuer Medien in die Schule. Auch wenn an einzelnen Schulen die Schulleite-
rinnen und Schulleiter Aktivitäten im Bereich digitaler Medien unterstützen
und fördern, geschieht dies noch nicht flächendeckend. Diese Problemlage
hängt u.a. damit zusammen, dass Schulleiterfortbildungen in der Regel eher
auf Bereiche wie Management, Organisationsentwicklung, Recht etc. fokus- Medienkom-
sieren und selten im Bereich digitaler Medien stattfinden. Neben einem petenz in
Leitungs-
mangelnden Angebot herrscht auch eine geringe Nachfrage, die für einen aufgaben
weiteren Ausbau des Angebotes hinderlich ist, und die u.a. damit erklärt
werden kann, dass Medienkompetenz, wie z.B. die Erstellung von IT-Plänen,
bisher noch keine Einstellungsvoraussetzung für die Besetzung einer Schul-
leiterposition ist.
Demnach müssen neue Modelle für Schulleiterfortbildungen entwickelt wer-
den und vorhandene Angebote (vgl. z.B. das Studienangebot VORLAUF der
Fernuniversität Hagen) weiter ausgebaut werden. Schulen ans Netz und das
BMBF könnten hierzu einen Beitrag leisten.

c) Infrastruktur
Eine IT-Infrastruktur mit entsprechender Hard- und Softwareausstattung
sowie der Wartung der Struktur ist eine zentrale Voraussetzung für die Ar-
beit mit digitalen Medien in Schulen. Schulen ans Netz hat insbesondere in
der ersten Phase – neben weiteren Programmen und Initiativen – für eine
Wartung/
erste Basisinfrastruktur an Schulen gesorgt. Notwendig ist im Anschluss an Pflege
diese Anschubfinanzierungen nun eine kontinuierliche Finanzierung, damit
Internationale Situation
134

diese Basisinfrastruktur weiter ausgebaut werden sowie vorhandene Struk-


turen gewartet bzw. erneuert werden können. Für die Behebung dieser
Problemlage müssen sowohl bildungspolitisch als auch durch Stiftungen und
die Wirtschaft neue und weitere Förderstrukturen geschaffen werden. Diese
Förderungen müssen sowohl die Hardware als auch die Software betreffen.
Die Kosten für Softwarelizenzen werden in Diskussionen oft nicht berück-
Open- sichtigt und die Finanzierung ist weitestgehend ungeklärt, da z.B. bei Schul-
Source- trägern kein Budget für diesen Bereich vorhanden ist. Zum einen könnten
Angebote
Kosten gesenkt werden durch zentrale Verträge mit Softwareanbietern. Die
verstärkte Nutzung von Open-Source-Software (vgl. z.B. Verwaltungsum-
stellung der Stadt München) kann eine weitere Alternative sein, wobei be-
rücksichtigt werden muss, dass an einigen Schulformen, wie beispielsweise
Berufsschulen, die Nutzung von Standardsoftware im Rahmen der Ausbil-
dung (noch) unerlässlich ist. Darüber hinaus stimmen oft die vorhandenen
Softwareangebote nicht mit den Bedürfnissen an den Schulen vor Ort über-
ein, so dass auch in diesem Bereich Kommunikation wünschenswert ist. Der
Transfer von Learning-Management-Systemen, die zur Zeit verstärkt an
Hochschulen zum Einsatz kommen, in schulische Kontexte könnte einen
weiteren Ansatzpunkt darstellen, wobei in Bezug auf Fragen der Übertrag-
barkeit noch ein Forschungsdesiderat besteht.
In Bezug auf die Entwicklung und Wartung sollte technischer Support stär-
ker einhergehen mit pädagogischem Knowhow, um lernförderliche Infra-
strukturen zu schaffen. Dies könnte beispielsweise auch durch Teambildun-
gen von Pädagogen mit Informatikern bzw. Technikern erfolgen.

d) Forschung
Eine grundlegende Problematik im Bereich der empirischen Forschung zum
Einsatz Neuer Medien liegt darin, dass die Ergebnisse von durchgeführten
Studien häufig bei Veröffentlichung schon nicht mehr aktuell sind, da die
Kurzzeit- vs.
Langzeit- technischen Weiterentwicklungen in kurzen Zyklen verlaufen. Dadurch wird
studien auch der Transfer in die Schule erschwert. Dennoch sind auch Studien er-
forderlich, die Entwicklungen über einen längeren Zeitraum in den Blick
nehmen, um z.B. Maßnahmen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit einschätzen
zu können – nicht zuletzt auch deshalb, weil sich bestimmte Wirkungen z.T.
erst längerfristig einstellen. Hier bietet es sich beispielsweise an, formative
und summative Formen von Evaluationen stärker miteinander zu verbinden.
Dies sollte letztlich auch einer Verringerung der immer noch bestehenden
Diskrepanz in Bezug auf die Wechselwirkung von Forschung und Praxis die-
nen.
Grundsätzlich wird auf die Bedeutsamkeit theoriegeleiteter Forschung im
Bereich der Nutzung Neuer Medien hingewiesen. Als Ziele von Evaluationen
Theorie-
geleitete
zum Einsatz digitaler Medien sind neben der Medienkompetenz auch weitere
Forschung Ziele, wie Problemlösefähigkeit, die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Ler-
nen, kognitive Komplexität etc. wichtig. Auch der Zusammenhang zwischen
formellem und informellem Lernen muss verstärkt in der Forschung Berück-
sichtigung finden. Zurzeit dominiert im Rahmen großer Schulleistungsstu-
dien die quantitative Forschung. Hier ergäbe sich eine Möglichkeit, For-
schung im Bereich digitaler Medien verstärkt anzukoppeln. Darüber hinaus
sollten qualitative Studien verstärkt Aufmerksamkeit erfahren, da es neben
der Messung von Leistungssteigerung oder anderen Effekten auch darum
gehen muss, damit einhergehende Veränderungen qualitativ zu beschrei-
ben. Insgesamt wird zum einen die Bedeutsamkeit von Längsschnittstudien
Expertenmeinungen
135

betont, durch die Aussagen über die Veränderung der Wirksamkeit Neuer
Medien über die gesamte Schullaufbahn bis hinein ins Berufsleben (vlg. z.B.
Follow-Up-Längsschnitt im Rahmen der SITES-Studie) möglich werden. Zum
anderen wird die formative Selbstevaluation durch die Schulen selbst als
eine weitere Möglichkeit betont, den Medieneinsatz an Schulen weiter zu
entwickeln. Online-Fragebögen oder Portfolios könnten in diesem Rahmen
eine Hilfe sein. Insgesamt muss der Transfer von Ergebnissen empirischer
Forschung in die Praxis durch Kooperationen zwischen Schulen und Hoch-
schulen gefördert werden, indem beispielsweise die Ergebnisse von Studien
in die Schulen rückgemeldet und damit dort wieder neue Entwicklungen an-
gestoßen werden.
In Bezug auf den Umgang mit den Ergebnissen wird betont, dass verstärkt „Image-
Öffentlichkeitsarbeit notwendig ist, da sowohl die Mediennutzung von Kin- probleme“
dern und Jugendlichen als auch E-Learning oft mit einem negativen Image
verbunden ist. Insofern müssen mögliche Qualitätsverbesserungen durch
die Nutzung Neuer Medien in Lehr- und Lernprozessen verstärkt in den
Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden.
Neben dem Beitrag, den die Institutionen zu den genannten Problemlagen
im Bereich empirischer Forschung leisten müssen, und Förderstrukturen auf
Länderebene stellt das Vorhaben der Gründung eines Bildungspanels durch
das BMBF in Abstimmung mit den Ländern, der Wissenschaft und der DFG
eine Möglichkeit dar, regelmäßige Kompetenzmessungen auf der Basis von
Kohorten-Sequenz-Studien auf nationaler Ebene durchzuführen.

e) Didaktische Einbettung Neuer Medien in den Unterricht


Beim Einsatz digitaler Medien im Unterricht lässt sich feststellen, dass sich
Handlungsmuster von Lehrern bzw. ihre didaktischen Alltagspraxen häufig
nicht verändern, sondern dass die Medien gewissermaßen als „add on” im
Unterricht eingesetzt werden. In Bezug auf die Lernvoraussetzungen bei
den Schülerinnen und Schüler kommt erschwerend hinzu, dass sie digitale Formelles
Medien weniger mit formellem Lernen als mit Entspannung und Ablenkung und infor-
melles
verbinden. Daraus entsteht die Notwendigkeit, im Unterricht formelles und Lernen
informelles Lernen stärker miteinander zu verbinden.
Die Förderung von problemorientiertem, kooperativem und selbst gesteuer-
tem Lernen wird als wichtiges Ziel beim Lernen mit digitalen Medien ge-
nannt. Das Projekt „SELGO – Selbstgesteuertes Lernen in der Gymnasialen
Oberstufe” ist ein Beispiel, wie letztgenanntes Ziel im Rahmen von
E-Learning in der Schule umgesetzt werden kann. In Bezug auf die zu för-
dernde Medienkompetenz wird betont, dass durch die rasante technische
Entwicklung die Förderung von Konzeptwissen (statt Programmwissen) not-
wendig ist. Beim Lernen sollte die Reflexion von Erfahrungen – auch expe-
rimenteller Art – im Vordergrund stehen. Die Förderung der genannten Ziele
durch den Einsatz Neuer Medien sollte kontinuierlich und altersangemessen „Lebens-
langes
vom Kindergarten über die Grundschule bis hin zu den weiterführenden Lernen
Schulen erfolgen. Die Weiterentwicklung didaktischer Modelle muss unab-
hängig von konkreten jeweils aktuellen technischen Entwicklungen (vgl.
zurzeit z.B. Podcast) erfolgen. Zentraler ist die Frage, welche Funktionen die
Medien im jeweiligen Unterrichtsprozess einnehmen können (z.B. Lernwerk-
zeuge, Denkwerkzeuge, etc.).
Insgesamt ist für alle am Bildungsprozess Beteiligten ein Prozess des
lebenslangen Lernens erforderlich.
Internationale Situation
136

f) Schulentwicklung
Im Rahmen der Schulentwicklung wird ein Widerspruch zwischen geforder-
ter Innovation einerseits und immer engeren Rahmenbedingungen anderer-
seits (vgl. z.B. zentrale Tests, Schulzeitverkürzung, etc.) festgestellt. Damit
stellt sich die Frage, wie Schule als Arbeitsplatz gestaltet sein muss, um die
Implementation digitaler Medien zu ermöglichen.
Transfer Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Ganztagsschulen stellen eine Mög-
Informati- lichkeit dar, auch im Bereich der weiterführenden Schulen flexiblere zeitliche
onsmana- Strukturen zu schaffen, die projektorientiertes Lernen mit Neuen Medien
gement
Standards ermöglichen. Lernförderliche technische Infrastrukturen (vgl. c) und effi-
zienteres Informationsmanagement (vlg. z.B. „ubiquitäres computing” oder
„www2” als Netzraum für Experten) werden als weitere Punkte benannt. Um
Schulentwicklung zu fördern, sind die Dissemination und der Transfer aus
Förderprogrammen (vgl. SEMIK, SINUS, usw.) notwendig. Programme wie
z.B. „SINUS-Transfer”, „Chemie im Kontext”, „Physik im Kontext” oder „Na-
turwissenschaften entdecken” tragen hierzu bei. Auch die formulierten Bil-
dungsstandards, die z.T. in Bezug auf digitale Medien formuliert sind, und
die Formulierung von Standards im ICT-Bereich tragen zur Weiterentwick-
lung der Unterrichtskultur bei. Tests zur Selbstevaluation im Bereich IT (vgl.
z.B. Pädagogische Hochschule Zürich) können den Schulen helfen, die
Schulentwicklung zu evaluieren.

g) Geschlechtsspezifische Förderungsmaßnahmen und Migration


Der Zusammenhang von sozio-ökonomischem Hintergrund und erworbenen
Kompetenzen in Lehr-Lernprozessen stellt eine zentrale Problemlage im
deutschen Bildungssystem dar. In Bezug auf die geschlechtsspezifische Nut-
zung Neuer Medien lassen sich nach wie vor Unterschiede in Bezug auf Inte-
ressen (Nutzungsfunktionen versus technische Ausstattung) und Nutzungs-
häufigkeit feststellen.
In Bezug auf die genannten Bereiche gilt es zum einen soziale Herkunft vom
Erwerb von Kompetenzen zu entkoppeln. Den Entwicklungen im Bereich der
Interkultu-
relles Ganztagsschulen wird in diesem Kontext eine bedeutsame Rolle zugespro-
Lernen chen. Nachteile in sozio-ökonomischer Hinsicht sollen kompensiert werden.
Auch die Neuen Medien können hierzu ihren Beitrag leisten. Die Nutzung
internationaler Websites kann interkulturelles Lernen fördern. Übersetzun-
Informelles gen von Softwareangeboten in Migrantensprachen werden gefordert. Stif-
Lernen tungen können sich in diesem Bereich noch verstärkt engagieren. Auch dem
institutionenübergreifenden und dem informellen Lernen wird eine wichtige
Bedeutung zugesprochen. Durch Kooperationen mit Jugendinstitutionen,
deren Mitarbeiter vielfältige Erfahrungen im Bereich der Arbeit mit Migran-
ten besitzen, könnten Synergieeffekte – auch im Bereich des Umgangs mit
Fördermaß- Neuen Medien und dem informellen Lernen mit diesen – geschaffen werden.
nahmen In Bezug auf die geschlechtsspezifische Mediennutzung muss zum einen auf
eine frühe Förderung der Mädchen geachtet werden, wobei auch festzuhal-
ten ist, dass die Jungen perspektivisch voraussichtlich die größeren Proble-
me haben werden und damit ebenso nicht aus dem Blick geraten dürfen.
Da digitale Medien wichtig für gesellschaftliche Teilhabe sind, ist somit ins-
gesamt einem digital divide entgegenzuwirken, was insbesondere durch
bundespolitische Bemühungen geschehen kann.
Expertenmeinungen
137

h) Szenarien mobilen Lernens/Lernorte


Wenn man die Frage nach mobilem Lernen (mobile learning) innerhalb des
Unterrichts mit digitalen Medien klären will, muss man sich mit dem Prob-
lem der Lernorte auseinandersetzen. An Hochschulen sind derzeit Entwick-
lungen zu beobachten, dass räumliche Strukturen, z.B. Computerräume,
abgeschafft werden, da sie für mobiles Lernen nicht mehr als notwendig
erachtet werden. Die Bereitstellung lernförderlicher Räume ist dennoch auch
für mobiles Lernen unerlässlich. Da mobiles Lernen lediglich eine Variante
des Lernens mit Medien darstellt, sind Klassen- bzw. Seminarräume sowie
Computerräume – wenngleich mit anderer Ausstattung, wie z.B. Access-
Points, variablem Mobiliar usw. – immer noch unerlässlich. Der Frage, wie
solche Räume für projektorientiertes Lernen und offene Unterrichtsformen
mit Neuen Medien gestaltet sein müssen, sollte verstärkt Aufmerksamkeit
gewidmet werden. In diesem Zusammenhang wird auch noch einmal be-
tont, dass neue Formen der Nutzung digitaler Medien – wie eben die Arbeit
mit mobilen Endgeräten – und insbesondere eine noch breitere und inten-
sivere Nutzung die Installation breitbandiger Netzverbindungen dringend
erfordern.

9.2 Workshop 2

Die vorliegende Studie setzt sich insbesondere mit schulischen Aspekten


des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien auseinander. Diese Fokussie-
rung ist zunächst durch den Auftrag der Studie bedingt, wird aber der um-
fassenden Bedeutung digitaler Medien in weiteren Lebensbereichen letztlich
nicht gerecht. Daher wurde zur Ergänzung der Bereiche, die in der vor-
liegenden Studie nicht durch eine Analyse empirischer Daten und entspre-
chender Forschungsprojekte bearbeitet werden konnten, ein weiterer Exper-
tenworkshop durchgeführt. Die ausgewählten Bereiche sind nicht mit dem
Anspruch auf Vollständigkeit verbunden, sondern versuchen, Entwicklungs-
phasen über die Lebensspanne sowie einzelne ergänzende Schwerpunkte
abzubilden. Die Expertinnen und Experten wurden gebeten, ihre Einschät-
zungen, Bewertungen und Empfehlungen in kurzen Positionspapieren zu
formulieren, die nachfolgend mit der Nennung der jeweiligen Autoren aufge-
führt sind (vgl. auch Abschnitt 3.3).

9.2.1 Frühkindliche Medienaneignung

(Interaktive) Medien im Leben Null- bis Sechsjähriger – Realitäten


und Handlungsnotwendigkeiten

Helga Theunert/Kathrin Demmler

Medien und kleine Kinder – immer noch ein pädagogisches Reizthema, denn
die medienfreie Kindheit wird nach wie vor als Ideal beschworen. Die
Lebensrealität jedoch konterkariert das Ideal. Kinder sind vom ersten
Lebenstag an von Medien umgeben. Sie kommen mit ihnen durch das fami-
liäre Umfeld in Berührung und sie werden zunehmend früher mit speziell für
Internationale Situation
138

sie geschaffenen Medienangeboten bedacht. Bis zum Schuleintritt hat die


Mehrheit bereits Kontakt mit dem größten Teil des verfügbaren Medienen-
sembles gehabt und eigene Vorlieben sind in beträchtlichem Maße ausge-
prägt. Es ist also angebracht und notwendig, sich mit dem Medienumgang
in erzieherischen Kontexten zu befassen, im familiären Umfeld ebenso wie
im institutionellen Rahmen von Kindertagesstätte35 und später von Schule.
Nun markiert insbesondere das Altersstadium vor dem Schuleintritt eine
ausgesprochen entwicklungsintensive und entsprechend ereignisreiche Le-
bensphase. Das gilt auch für den sukzessiven Prozess der Medienaneignung.
Er beginnt mit dem fremdbestimmten Kontakt zu Medien, die Bezugsperso-
nen in Gebrauch haben, führt über die ersten eigenen Wünsche, die an be-
stimmte Medien, z.B. das Fernsehen, gerichtet werden, bis hin zur eigenen
Ingebrauchnahme einzelner Medien, z.B. elektronischer Spielgeräte. Der
Verlauf dieses Prozesses wird einerseits von den Medien selbst beeinflusst,
etwa wenn – was im heutigen konvergenten Medienmarkt Usus ist – in der
Kindersendung auf eine zugehörige Edutainment-CD-ROM verwiesen wird.
Er wird andererseits und besonders nachhaltig vom familiären Umfeld be-
einflusst, in dem sich entscheidet, wie sich die Medienkontakte in der Kind-
heit gestalten. Angesichts der Breite der Medienausstattung, die heute in
Familien zu finden ist, ist es wenig sinnvoll, nur eine bestimmte Sorte von
Medien in den Blick zu nehmen. Relevant ist das verfügbare Medienen-
semble mitsamt seinen Verzahnungen, mit dem Kinder im familiären und
sozialen Umfeld potenziell in Kontakt kommen können. Vor diesem Hinter-
grund ist dann der Stellenwert bestimmter Medien einzuschätzen. Hier inte-
ressieren vor allem die Medien, die – von der Medienseite aus gesehen –
multifunktional anwendbar sind und – vom Nutzenden aus gesehen – neben
rezeptionsorientierten auch interaktive Möglichkeiten eröffnen, derzeit
Computer, Internet und Handy36. Diese Medien sind für Kinder vor dem
Erreichen des Grundschulalters im Sinne eigenständigen Gebrauchs nur be-
grenzt zugänglich, ein begleiteter Umgang ist jedoch in beachtlichem Aus-
maß gegeben. Angesichts der Anstrengungen, die der Medienmarkt in
Bezug auf seine jüngsten Zielgruppen macht, ist für die Zukunft davon aus-
zugehen, dass die im Trend bereits heute deutlich werdende „Verfrühung”
fortschreiten wird. Vor diesem Hintergrund sind die nachstehend erläuterten
Prämissen und Eckpunkte für die erzieherische Befassung mit dem Medien-
umgang im ersten Lebensjahrzehnt zu sehen. Der Schwerpunkt liegt auf der
Altersgruppe der Null- bis Sechsjährigen, die Integration der Schulanfänger
unterstreicht die fließenden Übergänge im Prozess der Medienaneignung,
denen auch in der erzieherischen Begleitung Rechnung zu tragen ist.

Prämissen für die Medienerziehung Null- bis Sechsjähriger


Der Antwort auf die Frage, welchen Stellenwert Medien für junge Kinder
haben bzw. welchen sie haben sollten, liegen drei Prämissen zugrunde. Sie
setzen an der Tatsache an, dass Kinder vom ersten Lebenstag in der sie
umgebenden Welt zwangsläufig auch auf Medien stoßen.

35
Wir verwenden im Folgenden den Begriff Kindertagesstätte, der die Kinderbetreuung in
Krippe, Kindergarten und Kinderhort zusammenfasst.
36
Wir verwenden im Folgenden den Begriff interaktive Medien und unterstreichen so, dass
es uns im Besonderen um die Perspektive der Nutzenden geht.
Expertenmeinungen
139

1. Prämisse: Das Kind entdeckt die Welt und mit ihr die Medien
Ebenso wie das Kind die Chance haben sollte, sukzessive so viel und so
Vielfältiges wie möglich von der Welt zu entdecken, sollte es auch die
Chance haben, die Medien in ihrer Vielfalt zu entdecken. Die Betonung liegt
auf „entdecken”, das Trainieren instrumenteller Fertigkeiten etwa in Form
von Computerhandhabungskursen ist unangebracht und unnötig. Es geht
vielmehr darum, Gelegenheiten zu schaffen, Medien mit ihren verschieden-
artigen Angeboten und Anwendungsmöglichkeiten zu erkunden, eingebun-
den in alltägliche Tätigkeiten und alltagsrelevante Zielsetzungen.
Unter der Voraussetzung, dass der Kontakt mit Medien nach Maßgabe des
Entdeckenlassens erfolgt, können Medien generell – das ist sozusagen die
zweite Seite – als wichtige Unterstützer fungieren, um die Welt zu erkunden
und zu verstehen. Die Spezifika interaktiver Medien können dabei die faszi-
nierenden Möglichkeiten auch für junge Kinder noch optimieren. Beispiele
bieten etwa Interaktionsmöglichkeiten auf Kinderwebsites, die – wenn sie
altersgemäß und das heißt primär auf symbolischer Ebene gestaltet sind –
Kontaktaufnahme und Austausch ermöglichen. Auch die Chance, mit kleinen
Kindern bereits aktiv Medienprodukte zu gestalten, wird durch interaktive
Medien befördert, etwa wenn sie – basierend auf einer einfach zu handha-
benden Software und mit pädagogischer Unterstützung – am Computer
multimediale Collagen aus Bildern, Tönen und Texten arrangieren können37.

2. Prämisse: Die Familie schafft die Medienkontakte


Der erste Kontakt mit Medien erfolgt in der Familie, durch die Eltern und
andere familiäre Bezugspersonen. Hier entscheidet sich,
- mit welchen Medien das Kind in Kontakt kommt,
- in welchem Ausmaß diese Medien im Familienalltag präsent sind,
- wie nah diese Medien an das Kind herankommen bzw.
- wie nah das Kind in welchem Alter diesen Medien kommen darf.
Die Medienkontakte insbesondere von Säuglingen und Kleinkindern sind den
Familienmitgliedern häufig nicht bewusst: Die Mutter stillt beim Fernsehen,
der Vater wiegt das Baby in den Schlaf, während er im Internet recher-
chiert, der große Bruder passt auf die kleine Schwester auf, während er ein
Computerspiel macht usw. – derartige Situationen sind Familienalltag. Die
Bedeutung dieser Medienkontakte, ist – abgesehen davon, dass die Kinder
auf die medialen Reizquellen reagieren – weitgehend ungeklärt.
Relevant sind in diesem Kontext auch die Mehrfachvermarktung von
Medienangeboten und deren Verlängerung in den Konsummarkt. Schon
Säuglinge und Kleinkinder werden hierdurch mit Medienfiguren in Form von
Spielzeug und Gebrauchsgegenständen umgeben, die sie wenig später in
medialen Präsentationen, z.B. im Bilderbuch, im Fernsehen oder im Compu-
terspiel, wiederentdecken. Die konvergente Medienwelt spinnt heute bereits
die Allerjüngsten in ihr Netz ein, und zwar mit System. Eltern jedoch ist dies
meist nicht bewusst.
Die im familiären Umfeld vermittelten Medienkontakte unterliegen der
systematischen sozialen Diskriminierung. Medienumgang in unserer
Gesellschaft weist eine deutlich konturierte Trennlinie auf zwischen den

37
Ein Beispiel, das im thematischen Kontext Spracherwerb steht, ist das Projekt „Parole
Deutsch” (Lutz in Anfang u.a. 2005)
Internationale Situation
140

Bevölkerungsgruppen, die eine bessere Bildung genossen haben, und jenen,


die die Chance dazu nicht erhalten haben.
- In geringer gebildeten Sozialmilieus stellen wir einen an Rezeption und
Konsum orientierten Medienumgang fest, und zwar bezogen auf alte und
Neue Medien. Darüber hinaus bündeln sich hier problematische Medien-
gewohnheiten (z.B. Dauerfernsehen) und ebenso risikoreiche Medien-
vorlieben (z.B. Actionorientierung). Das gilt für Kinder, Jugendliche und
Erwachsene.
- In besser gebildeten Sozialmilieus finden wir einen vielfältigen Medien-
gebrauch, in dem – neben Unterhaltung – auch die informativen Potenziale
der Medien einen Stellenwert haben. Interaktive Medien sind hier nicht nur
stärker präsent, auch das Spektrum der mit ihnen ausgeübten Tätigkeiten
ist breiter sowie deutlicher aktiv und kreativ akzentuiert. Problematische
Mediengewohnheiten und -vorlieben finden wir auch hier, z.B. die Faszina-
tion für actionreiche Computer-Strategiespiele bei Heranwachsenden.
Durch die Einbettung des Medienumgangs in vielfältige Alltagsaktivitäten
sind die Risiken jedoch leichter zu begrenzen.

3. Prämisse: Die Kindertagesstätte bietet die erste Chance


zu systematischer Medienerziehung
Vor allem die Tatsache der sozialen Diskriminierung begründet die Verant-
wortung der ersten professionellen pädagogischen Einrichtung, mit der Kin-
der vor der Schule in Kontakt kommen, der Kindertagesstätte. Hier ergibt
sich erstmals die Chance für Korrektur und Ausgleich zwischen den Sozial-
milieus. Doch eklatante Ausbildungsdefizite der Erziehungsfachkräfte in Be-
zug auf Medienpädagogik und teilweise auch tradierte Vorstellungen von der
Funktion der Kindertagestätte führen häufig dazu, dass diese Chance unge-
nutzt bleibt bzw. die soziale Diskriminierung sogar verschärft wird. So ist
z.B. das Beharren auf eine medienfreie Kindertagesstätte gerade für Kinder
aus bildungsbenachteiligten Milieus ein doppeltes Problem: Sie erfahren
einerseits eine Diskrepanz zu ihrem mit Medienkonsum verwobenen
Familienalltag, ohne angeregt zu werden, diese aufzuarbeiten. Sie erhalten
andererseits nicht die Gelegenheit, ihre medialen Erfahrungen und Tätig-
keiten zu erweitern, z.B. durch den aktiven Gebrauch von interaktiven
Medien, der in ihrem häuslichen Umfeld nicht so präsent ist.

Eckpunkte für die Medienerziehung im ersten Lebensjahrzehnt


Hinsichtlich einer kompetenten Begleitung des Medienumgangs von Kindern
in der Familie und in der Kindertagesstätte existiert ein erheblicher Hand-
lungsbedarf. Er erstreckt sich generell auf alle Medien und existiert ab dem
ersten Lebensjahr. Die primären Adressaten sind zunächst die Eltern. Die
direkte Auseinandersetzung mit den Kindern muss beginnen, sobald sie
selbst Erwartungen an die Medien richten. Ab diesem Zeitpunkt sind die
Medien mehr als eine bloße Reizquellen, sie werden als Vermittler von Bot-
schaften und als Aktionsfelder realisiert. Das ist die Voraussetzung für die
gezielte Förderung von Medienkompetenz, die nun einsetzen und kontinu-
ierlich komplexer werden kann. Darstellung 9.1 systematisiert die Perspek-
tiven, die Kinder im ersten Lebensjahrzehnt auf die Medien richten und
Expertenmeinungen
141

verweist damit auf Möglichkeiten, die sich für die Auseinandersetzung mit
Medien ergeben38.

Darstellung 9.1: Möglichkeiten kindlicher Auseinandersetzung mit Medien

Für die erzieherische Begleitung des Medienumgangs sind folgende Punkte


von Bedeutung:
1. Im Säuglings- und Kleinkindalter finden die Medien als Reizquellen Auf-
merksamkeit. Auch wenn die Bedeutung dieses Umstandes für die Ent-
wicklung weitgehend ungeklärt ist, ist bereits bei der frühkindlichen
Erziehung medienpädagogische Unterstützung der Eltern dringend ange-
raten, denn dem Gros sind die Medienkontakte ihrer Kinder gar nicht
bewusst.
2. Im Kindergartenalter werden Wünsche und Vorlieben in Bezug auf ein-
zelne Medien ausgeprägt. Sehr früh ist das z.B. für audiovisuelle Medien
der Fall, aber auch für elektronische Spielgeräte. Jeweils kommen so-
zusagen huckepack die damit verzahnten Angebote der konvergenten
Medienwelt hinzu. Auch das übrige Medienensemble wird noch im Vor-
schulalter mit Begehrlichkeiten verknüpft. Die pädagogische Befassung
mit dem Medienumgang muss sich nun einerseits auf die Medien

38
Das Schema wurde im Kontext der JFF-Expertisen für den bayerischen und hessischen
Bildungs- und Erziehungsplan entwickelt. Es ergänzt entwicklungspsychologische Er-
kenntnisse um Befunde aus medienpädagogischen Forschungen und Erfahrungen aus
praktisch-pädagogischen Projekten mit Kindern im ersten Lebensjahrzehnt.
Internationale Situation
142

beziehen, die für die Kinder im Alltag im Vordergrund stehen, und es


kann andererseits auch damit begonnen werden, den Horizont der Kin-
der zu weiten, indem ihnen andere Medien und Angebote zur Erkundung
angeboten werden.
3. Einen nächsten, sehr wichtigen Einschnitt markiert der eigenständige
Medienumgang. Kinder können und wollen sich nun für bestimmte me-
diale Inhalte oder Tätigkeiten selbst entscheiden, also z.B. selbst aus
dem Fernsehprogramm auswählen, und sie können die notwendigen
Medien selbsttätig, ohne fremde Hilfe handhaben, z.B. ein Computer-
spiel selbst laden. Die Vorstufe, der eingeschränkte eigenständige Um-
gang, bedeutet, dass mit entsprechender Unterstützung auch komplexe-
re Medien wie Internet und PC genutzt werden können. Wenn z.B. die
Eltern eine Internetseite öffnen, kann auch eine 5-Jährige sich dort ver-
gnügen, beim Alleingang wäre sie hingegen mit schwer zu überwinden-
den Hürden konfrontiert. Bis zum Schuleintritt ist das Medienensemble
größtenteils eigenständig in Gebrauch und wird als Orientierungs-, Wis-
sens- und Kompetenzquelle sowie als Kommunikations- und Interakti-
onsfeld in den Alltag integriert, inklusive der Risikopotenziale und der
positiven Ressourcen. Die erzieherische Befassung kann sich nun auf die
kontinuierliche und zunehmend komplexer gestaltbare Förderung von
Medienkompetenz konzentrieren.
4. Ein medienpädagogisch bedeutsamer Einschnitt ist auch der Zeitpunkt,
zu dem aktives Arbeiten mit Medien möglich wird, verstanden im Sinne
von eigenständiger und produktiver Nutzung von Medien als Ausdrucks-
mittel. Sehr früh ist das bei einfach zu durchschauenden und handzu-
habenden Medien wie Foto oder Audio der Fall. Komplexere Medien wie
Video und Computer kommen am Ende des Vorschulalters ins Spiel und
Internet und Handy sind unter dem Vorzeichen des produktiven
Gebrauchs etwa ab der Mitte des Grundschulalters relevant.

Sobald ein eigenständiger Medienumgang gegeben und ein aktives Arbeiten


mit Medien möglich sind, kann das Leitziel medienbezogener Bildungspro-
zesse, der Erwerb von Medienkompetenz, in zielgruppenspezifischen, alters-
adäquat gestalteten Lernprozessen systematisch und umfassend angegan-
gen werden. Sukzessive, auf der Basis des entdeckenden Lernens und ein-
gebunden in alltagsrelevante Kontexte, sollen Kinder im ersten Lebensjahr-
zehnt angeregt werden, die Medien und Techniken gesellschaftlicher Kom-
munikation zu begreifen und zu handhaben, sie selbstbestimmt und kreativ
zu gestalten, sie als Mittel kommunikativen Handelns zu nutzen und sie in
sozialer und ethischer Verantwortung kritisch zu reflektieren. Dies geschieht
im Wechselspiel von gezielter Förderung und selbsttätiger Kompetenzerwei-
terung in Bildungsprozessen durch, mit und über Medien. Innerhalb dieser
drei Bereiche lassen sich Zielvorgaben systematisieren, die bereits in den
ersten Lebensjahren vor allem im familiären Kontext anzugehen sind. Im
weiteren Prozess des Heranwachsens können sie mit zunehmender Komple-
xität und auf höherem Abstraktionsniveau weiterverfolgt werden, nunmehr
auch in den Institutionen Kindertagesstätte und Schule.
1. Bildung durch Medien hebt Medien als Orte informellen Lernens in den
Blick, die als Orientierungs- und Wissensquellen fungieren und deren
tägliche Nutzung auch die Ausformung medienbezogener Fähigkeiten
unterstützen kann. Für Kinder zwischen null und sechs Jahren haben
folgende Ziele Priorität:
Expertenmeinungen
143

- Kontrollierter Medienumgang (z.B. Einbettung in vielfältige Freizeit-


aktivitäten)
- Emotionale Verarbeitung von Medienerlebnissen (z.B. Relativierung und
Distanzierung)
- Kognitives Verständnis von Medienbotschaften und -tätigkeiten (z.B.
Trennung von Realität, Fiktion und Virtualität, Erkennen der Absichten
von Werbung)
- Funktionswissen zur selbständigen Mediennutzung (z.B. Senderaus-
wahl, Start von Software)
- Erweiterung des Medienverständnisses (z.B. Format- und Genrewissen)
2. Bildung mit Medien hebt Medien als Mittel der Weltaneignung und Parti-
zipation in den Blick, deren aktiver und selbstbestimmter Gebrauch
medienspezifische Gestaltungs-, Kommunikations- und Interaktions-
fähigkeiten erfordert. Priorität haben folgende Ziele:
- Medienbasierte Wissenserweiterung (z.B. Lernen mit Computersoft-
ware, Kindersuchmaschinen als Recherche-Instrument)
- Erwerb medienbezogener Fertigkeiten und Fähigkeiten (z.B. Computer-
funktionen anwenden)
- Medien als Gestaltungs- und Ausdrucksmittel nutzen (z.B. Arbeiten mit
Kreativ- und Textprogrammen)
- Mediale Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten kennen lernen
(z.B. Audioumfragen durchführen, Feedbackmöglichkeiten im Internet
nutzen)
- Aktive Medienproduktion (z.B. Foto- und Bildergeschichten, Hörspiele,
einfache Videofilme).
3. Bildung über Medien hebt Medien als Gegenstände in den Blick, deren
ethisch-kritische Bewertung Funktions-, Struktur- und Orientierungswis-
sen in Bezug auf Einzelmedien und deren Verzahnung in der konvergen-
ten Medienwelt erfordert. Priorität haben folgende Ziele:
- Medientechnik verstehen (z.B. Wissen, wie Informationen im Internet
verbreitet werden)
- Medienverbünde durchschauen (z.B. Vermarktung von Fernsehserien in
Computerspielen nachvollziehen)
- Verzahnung von Medien und Merchandising durchschauen (z.B. Ver-
marktung von Medienmarken erkennen).

Strukturen für eine erfolgreiche Medienerziehung im ersten Lebens-


jahrzehnt
Vor dem skizzierten Hintergrund heißt die generelle Anforderung: Eltern und
professionell Erziehende sind zu befähigen, Kinder von Anbeginn ihres Le-
bens in jeweils altersangemessenen Formen darin zu unterstützen, ein sou-
veränes Leben mit Medien zu führen, die Vielfalt der Medien zu entdecken
und die Bandbreite der Möglichkeiten selbstbestimmt und zu partizipativen
Zwecken in Gebrauch zu nehmen. Das erfordert Maßnahmen der Elternbil-
dung und der Aus- und Weiterbildung in den relevanten pädagogischen Ein-
richtungen, vor allem in der Kindertagesstätte und in der Grundschule, die
einerseits an den realen Bedingungen von Familien und Kindern ausgerich-
tet sind und andererseits die Dynamik des Medienmarktes aufzunehmen
vermögen.
Eine zentrale Voraussetzung für die Nachhaltigkeit solcher Maßnahmen ist
die Vernetzung familiärer Medienerziehung mit der professionellen Medien-
kompetenzförderung in pädagogischen Einrichtungen (vgl. Darstellung 9.2).
Internationale Situation
144

Darstellung 9.2: Vernetze Orte familiärer und professioneller Medienerziehung

Die Familie bleibt während des gesamten ersten Lebensjahrzehnts der Ort,
der den zentralen Einfluss auf den Medienumgang der Kinder hat. Kinder-
tagesstätte und Schule sind die Orte, an denen Kinder mit systematischen
Maßnahmen der Medienkompetenzförderung in Berührung kommen. Dabei
gilt es Diskrepanzen, Friktionen und Konkurrenzen zwischen den verschie-
denen Erlebensräumen zu vermeiden oder möglichst gering zu halten. Ge-
rade Kinder und auch Eltern, deren Alltag einen problematischen Medien-
umgang integriert, brauchen die Chance, sich damit in pädagogischen Räu-
men auseinanderzusetzen, die frei von Diskriminierung sind. Diese Räume
zu gestalten ist die zentrale Aufgabe der pädagogischen Institutionen. Dass
dies keine illusionäre Vorstellung ist, zeigt das folgende Beispiel, das aus
Erfahrungen der praktischen medienpädagogischen Arbeit resultiert. Es ver-
netzt Eltern und professionelle Pädagogik unter dem Motto „Kinder und
Eltern als Edutainment-Kritiker”: Die Kinder bringen von zu Hause ihre Lieb-
lingscomputer- bzw. -konsolenspiele mit. Kinder, die keine eigenen Spiele
zu Hause haben, dürfen in dem Bestand der Kindertagesstätte bzw. der
Stadtbibliothek recherchieren. Die Kinder stellen die ausgesuchten Spiele
vor und überlegen gemeinsam, was ihnen daran besonders gut gefällt. Die
von den Kindern erarbeiteten Qualitätskriterien werden mit den Eltern bei
einem Elternabend diskutiert. Die aus der Diskussion gewonnenen – päda-
gogischen – Kriterien werden ergänzt. In einer darauf folgenden Einheit
entwickeln die Kinder gemeinsam eine eigene Spielidee und setzen diese –
unter Beachtung des erarbeiteten Kriterienkatalogs – mittels einfacher
Autorensoftware um. Bei der Erstellung des eigenen Spiels werden die
Eltern nach Möglichkeit einbezogen und unterstützen die Erziehungsfach-
kräfte bei der inhaltlichen, aber auch bei der technischen Umsetzung. Auf-
bauend auf das realisierte Spiel können in der Kindertagesstätte kleine
Sprachlernspiele entwickelt werden, die im vorschulischen Bereich ansetzen
und in der Schule wieder aufgegriffen und ausgebaut werden können.

Literatur
Anfang, G./Demmler, K./Lutz, K. (Hrsg.) (2005): Mit Kamera, Maus und
Mikro. Medienarbeit mit Kindern. München
Expertenmeinungen
145

Feierabend, S./Mohr, I. (2004): Mediennutzung von Klein- und Vorschul-


kindern. Ergebnisse aus der ARD/ZDF-Online-Studie „Kinder und Medien
2003”. In: Media Perspektiven 9/2004, S. 453-461
Gerlach, F. (2001): Bildung und Lernen in der Wissensgesellschaft. Qualität
der Neuen Medien in Tageseinrichtungen für Kinder. In: Aufenanger,
S./Six, U. (Hrsg.): Handbuch Medien: Medienerziehung früh beginnen.
Bonn, S. 123-132
JFF [Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis]/Medienzentrum
Parabol Nürnberg (2005): Sprachliche Potenziale der Medienarbeit in Kin-
dertagesstätten. Herausgegeben von der DJI-Projektgruppe Sprachliche
Förderung in der Kita, München
<http://www.dji.de/bibs/384_Expertise_Medien_JFF_Parabol.pdf,
09/2006>
Paus-Hasebrink, I./Neumann-Braun, K./Hasebrink, U./Aufenanger, S.
(Hrsg.) (2004): Medienkindheit – Markenkindheit. Untersuchung zur mul-
timedialen Verwertung von Markenzeichen für Kinder. München
Theunert, H. (2005): Medien als Orte informellen Lernens im Prozess des
Heranwachsens. In: Sachverständigenkommission Zwölfter Kinder- und
Jugendbericht (Hrsg.): Kompetenzerwerb von Kindern und Jugendlichen
im Schulalter. München, S. 175-300
Wagner, U./Theunert, H. (Hrsg.) (2006): Neue Wege durch die konvergente
Medienwelt. Schriftenreihe der Bayerischen Landeszentrale für Neue
Medien. München

9.2.2 Digitale Medien in der Jugendarbeit

Interaktive Medien in Jugendkultur und Jugendarbeit

Fred Schell

Der Medienmarkt hält für Jugendliche vielfältige Angebote bereit. Compu-


terspiele können alleine oder mit anderen am PC offline, in lokalen Netzwer-
ken z.B. auf LAN-Partys oder im Internet gespielt werden. Chatrooms, In-
stant Messenger, Foren und Weblogs bieten im Internet die Möglichkeit, sich
selbst zu interessanten Themen zu äußern und mit anderen orts- und zeit-
unabhängig oder auch in Realzeit zu kommunizieren. Die Gestaltung einer
eigenen Homepage, das Erstellen und Verbreiten von Textdateien über
Wikis oder von Audio- und Videodateien über Podcasts im Netz ermöglichen
eine vielseitige Selbstdarstellung, einen kreativen Umgang mit Themen der
Lebenswelt, die Erprobung von Identitäten und gesellschaftliche Partizipati-
on. Multimediale Repräsentationen unterschiedlicher Musikszenen oder
Starkulte, der Welt des Kinos oder politischer, sozialer und ökologischer
Themen ermöglichen anschauliche Informationsbeschaffung und eröffnen
interaktive Zugänge, um sich die Lebenswelt anzueignen. Das Handy, das
sich zunehmend zum multifunktionalen mobilen Endgerät entwickelt, bietet
jederzeitige Kommunikation über SMS, MMS oder Telefon, aber auch Zu-
gang zu allen Internetdiensten sowie zu Fernsehen und Hörfunk und die
Möglichkeit, selbst zu fotografieren und zu videografieren. Demjenigen, der
zu speziellen Themen wie Computerspiele, Film, Sport o.Ä. umfassende
Internationale Situation
146

Informationen und Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch sucht, eröffnet


der Medienmarkt über viele Medien hinweg entsprechende Angebote.

Wer die beschriebenen und viele weitere Angebote des Medienmarktes nut-
zen will, muss Zugang zu multifunktionalen Medien haben und mit ihnen
umgehen können. Multifunktionale Medien erlauben verschiedenartige
Medientätigkeiten und sie eröffnen den Nutzenden neben rezeptiven auch
interaktive Tätigkeiten. Aktuell haben für Jugendliche Computer, Internet
und Handy zentrale Bedeutung. Darüber hinaus offeriert der Medienmarkt
mit vielfältigen Verzahnungen zwischen den Einzelmedien eine konvergente
Medienwelt, die im Medienalltag von Jugendlichen einen hohen Stellenwert
hat. Wenn wir hier den Begriff „interaktive Medien” verwenden, unterstrei-
chen wir damit, dass es uns besonders um die Perspektive der Jugendlichen
auf die Medienwelt geht.

Wie sieht es nun in der Jugendgeneration mit der Nutzung multifunktionaler


Medien aus? Welche Gruppen wenden sich diesen Medien intensiv zu, wel-
che zeigen sich eher zurückhaltend? Ein kurzer Blick in aktuelle Nutzungs-
daten (alle Daten nach JIM 2005) gibt schnell Aufschluss über den zentralen
Diskriminierungsfaktor, den Bildungshintergrund:
So nutzen 80% der Gymnasiasten den Computer intensiv, während es bei
den Hauptschülern mit 68% deutlich weniger sind. Einen eigenen Computer
besitzen 62% der Gymnasiasten, aber nur 43% der Hauptschüler. Die In-
ternetnutzung von Gymnasiasten ist 2005 weiter gestiegen, und zwar auf
94%, während sie bei Hauptschülern um 4 %-Punkte gegenüber dem Vor-
jahr auf 71% gefallen ist. Bei den insgesamt häufigsten kommunikativ ori-
entierten Nutzungen des Internet, E-Mail und Instant-Messenging, liegen
Gymnasiasten in der Nutzungsintensität mit 63% bzw. 47% weit vor den
Hauptschülern mit 34% bzw. 31%. Bei der Informationssuche (nicht Schu-
le) und bei der Nutzung von Nachrichten/Aktuelles im Internet liegen die
Gymnasiasten mit 42% bzw. 41% ebenfalls weit vor den Hauptschülern mit
28% bzw. 23%.

Der Bildungshintergrund konturiert eine Trennlinie, die die Jugendgenera-


tion – im Grunde die Bevölkerung insgesamt – in Bezug auf ihr gesamtes
Medienverhalten in zwei Lager teilt. Das schlägt durch auf die Nutzungs-
strukturen, Vorlieben und Tätigkeitsschwerpunkte sowie auf die Integration
medialer Angebote und Tätigkeiten in die Lebenswelt und die Bedeutung,
die sie für die individuelle Lebensführung erlangen. Bevor pädagogische
Handlungsmöglichkeiten reflektiert werden, wird im Folgenden skizziert, wie
sich diese Trennlinie in unterschiedlichen medienbezogenen Kontexten be-
merkbar macht. Der Schwerpunkt liegt auf den interaktiven Medien, andere
für Jugendliche bedeutsame Medien, wie z.B. das Fernsehen, werden jedoch
teilweise ebenfalls berücksichtigt.

1. Medien verschärfen die Situation der Bildungsverlierer


Die Medienaneignung, d.h. Nutzung der Medien sowie die Wahrnehmung,
Bewertung und Verarbeitung ihrer Botschaften und Handlungsoptionen, war
schon immer in hohem Maße von sozialer Herkunft und Bildungshintergrund
abhängig. Die interaktiven Medien sowie die konvergente Medienwelt ver-
schärfen die Unterschiede zwischen den Bildungsmilieus noch erheblich. Zu
konstatieren ist eine systematische Ungleichverteilung der Chancen, aus
Expertenmeinungen
147

den Medien Nutzen für eine souveräne Lebensführung zu ziehen, und der
Gefahren, den Risiken, die Medien vorhalten, zu erliegen. Jeweils kumulie-
ren dabei im Umgang mit Medien vorhandene Vorteile bzw. Benachteiligun-
gen, die über die Bildungsvoraussetzungen im sozialen Herkunftsmilieu und
über die von den Jugendlichen selbst eingeschlagenen Bildungswege bereits
wirksam sind. An zwei Beispielen, dem informellen Lernen und der medien-
bezogenen Jugendkultur, soll dies verdeutlicht werden:

Medien sind Orte informellen Lernens


Der weitaus größte Teil menschlichen Lernens erfolgt außerhalb von Bil-
dungsinstitutionen, eingebunden in die alltäglichen Lebensvollzüge, als in-
formelles Lernen bezeichnet. Es erfolgt entweder nebenher als Mitnahme-
effekt bei anderen Alltagsaktivitäten oder absichtsvoll in autonomer Gestal-
tung und aufgrund eigener Planung. Medien generell sind für Jugendliche in
den Alltag integrierte Erlebnis-, Erfahrungs- und Handlungsräume. Entspre-
chend hoch ist ihr Stellenwert im Prozess des informellen Lernens. In die-
sem Prozess haben Medien im Wesentlichen drei Funktionen, wobei der Bil-
dungshintergrund im Herkunftsmilieu und der eigene Bildungsweg bei allen
Funktionen entscheidend dafür sind, auf welche medialen Angebote und
Handlungsoptionen in den genannten Bereichen zugegriffen wird, d.h. wer
aus den Medien Gewinn zieht und wer sich irreleiten lässt (vgl. Theunert
2005).

a) Jugendliche nutzen Medien zur Orientierung für eigene Persönlichkeits-


und Lebenskonzepte: Bei ihrer Suche nach Hilfreichem für die Alltagsbewäl-
tigung, z.B. für die Gestaltung sozialer Beziehungen und für Strategien des
Konfliktlösungsverhaltens nehmen Jugendliche v.a. Unterhaltungsangebote
in Anspruch, wobei Fernsehen und Computerspiele hier eine dominante Rol-
le spielen, aber auch der Hörfunk und das Internet herangezogen werden.
Bildungsbenachteiligte Jugendliche greifen dabei vorwiegend auf Real-Life-
Formate des Fernsehens (Talkshows, „Big Brother” u.Ä.) zurück und weisen
ihnen Ratgeberfunktion zu. Sie laufen damit Gefahr, die dort präsentierten
Muster sozialer Verhaltensweisen für die Gestaltung der eigenen Realität in
Erwägung zu ziehen. Auch die in gewalthaltigen Computerspielen präsen-
tierten Konfliktlösungsstrategien (z.B. „Im Dienste des Guten ist jedes Mittel
recht” oder „Gewalt führt zu Erfolg”) können langfristig eigene Einstellungen
und Verhaltensweisen beeinflussen.
Auch bildungsbevorzugte Jugendliche kommen mit zweifelhaften Vorstellun-
gen vom Zusammenleben in Talk-Shows und Daily Soaps und mit gewalt-
haltigen Konfliktlösungsmustern in Computerspielen (sog. Ego-Shooter, in
denen Waffengewalt und militaristische Szenarien die Regel sind, erfahren
wegen ihrer hohen strategischen Anforderungen große Beliebtheit bei Gym-
nasiasten und Studenten) in Berührung. Sie gehen jedoch aufgrund ihres
Bildungshintergrundes mit Distanz an die Angebote heran. Dadurch, dass
sie die gesamte Bandbreite medialer Angebote zur Orientierung nutzen, bie-
ten sich mehr Chancen zur Relativierung, so dass sie wesentlich weniger
Gefahr laufen, sich von zweifelhaften medialen Inhalten irreleiten zu lassen.

b) Jugendliche nutzen Medien als Wissens- und Informationsquellen: Aus-


schlaggebend hierfür sind ihre Interessen. Bildungsbenachteiligte Jugend-
liche haben weniger Interesse an politisch und gesellschaftlich relevanten
Informationen. Sie bevorzugen Informationen aus ihrem Nahraum bzw. sol-
Internationale Situation
148

che, die mit ihrer Lebenswelt (scheinbar) verbunden sind, z.B. zu Themen
wie Mode, Musikstars, Filmstars oder Computerspiele. Deshalb greifen sie
eher auf Infotainment und Boulevard-Magazine zurück und weisen zum Teil
selbst Talkshows Informationswert zu. Fernsehen hat für sie die größte Be-
deutung und die höchste Glaubwürdigkeit bei der Informationsbeschaffung,
gefolgt von der Boulevardpresse. Aber auch das Internet wird zunehmend
für die Aneignung von Information und Wissen über die genannten Interes-
sengebiete genutzt und genießt hohe Glaubwürdigkeit. Insgesamt lässt sich
konstatieren, dass bildungsbenachteiligte Jugendliche weniger in der Lage
sind, einen reflexiven Umgang mit medialen Informationswelten zu entwi-
ckeln, d.h. mediale Information auf ihre Glaubwürdigkeit und auf ihre Rele-
vanz für die eigenen Lebensvollzüge hin einzuordnen.
Bildungsbevorzugte Jugendliche haben wesentlich mehr Interesse am politi-
schen und gesellschaftlichen Geschehen über den Nahraum hinaus und
wenden sich anspruchsvollen Wissensgebieten wie z.B. Natur, Kunst oder
Musik zu. Sie nutzen dafür entsprechend eher die klassischen Informations-
angebote wie Nachrichten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, Wissens-
magazine, seriöse Tageszeitungen und zunehmend das Internet. Nach den
Daten der JIM-Studie 2005 vertrauen Gymnasiasten der Berichterstattung
der Tageszeitung fast doppelt so stark wie Hauptschüler, der des Fern-
sehens wesentlich weniger und der des Internets nur halb so viel.
Die Informations- und Wissensangebote der interaktiven Medien und der
konvergenten Medienwelt und die diskrepanten Fähigkeiten, sich diese zu
erschließen, führen dazu, dass die Informations- und Wissenskluft zwischen
Bildungsbenachteiligten und Bildungsbevorzugten immer größer wird.

c) Jugendliche nutzen Medien zur Ausformung von (Medien-)Kompetenz: Im


Umgang mit medialen Angeboten und Medientechniken entfalten Jugendli-
che zunehmend Komponenten von Medienkompetenz. Bildungsbenachteilig-
te Jugendliche, die sich weitgehend den konsum- und rezeptionsorientierten
Angeboten der Medien zuwenden, z.B. dem Herunterladen von Handy-
Klingeltönen aus dem Internet, können nur wenige Kompetenzen entfalten.
Bildungsbevorzugte Jugendliche dagegen erweitern durch ihren vielfältigen
und interaktiven Umgang mit Medien ihr Medienwissen (z.B. Erfassen der
Strukturen der Internetnavigation etc.) ebenso wie medienspezifische tech-
nische Kenntnisse (z.B. Handhabungs- und Gestaltungsfähigkeiten für inter-
aktive Medien). Über diese Komponenten von Medienkompetenz hinaus er-
werben sie durch die intensivere kommunikative Nutzung von Medien und
durch den gemeinsamen kreativen jugendkulturellen Mediengebrauch auch
medientranszendierende soziale und kommunikative Fähigkeiten. Dies be-
deutet, dass die durch den Bildungshintergrund diskriminierte Medien-
nutzung insbesondere der interaktiven Medien auch die Kluft bei der Ent-
faltung von Medienkompetenz vergrößert.

Medien schaffen Jugendkulturen


Medien wie das Kino waren jugendkulturell schon immer von großem Inter-
esse. Heute sind insbesondere multifunktionale Medien für die Ausformung
von und Zuordnung zu Jugendkulturen von Bedeutung. Auch hier entschei-
den der Bildungshintergrund des sozialen Milieus, insbesondere der Familie
und der Peergroup, und der eigene Bildungsweg darüber, wer sich welchen
Jugendkulturen anschließt und wie er/sie dort agiert.
Expertenmeinungen
149

Bildungsbenachteiligte Jugendliche schließen sich eher konsumorientierten


Fankulturen an und nutzen hierfür die in den Medien vorgegebenen Mög-
lichkeiten. Fußballfans bewegen sich, soweit sie interaktive Medien nutzen,
weitgehend auf den vorgegebenen Fanseiten ihrer Vereine und diskutieren
in den dort vorfindbaren Foren und Chats. Fans von Actionhelden oder
-filmen, z.B. die Star-Wars-Fans, durchforsten alle Medien nach Repräsenta-
tionen ihrer Action-Kultur und nach Zusatzinformationen und Kaufangebo-
ten rund um diese. Sie klinken sich ein in die Foren und Chats der Fange-
meinde und nutzen die angebotenen Accessoires, um ihre Zugehörigkeit zur
Fankultur zu demonstrieren.
Bildungsbevorzugte Jugendliche sind wesentlich stärker in der Lage, aus der
Zuordnung zu Fankulturen gemeinsam mit Gleichgesinnten Neues zu entwi-
ckeln und eigene Netzwelten zu schaffen. So entwickeln Netzwerkspieler
neue Gesellschaftsformen wie LAN-Parties, die sie zu einem wesentlichen
Teil selbst organisieren, deren Ablauf sie durch ein eigenes Regelwerk selbst
bestimmen; darüber hinaus schaffen sie für den Erfahrungsaustausch eige-
ne Kommunikationsstrukturen im Internet. Jugendliche mit Interesse an
politischen und gesellschaftlichen Themen schaffen sich eigene virtuelle und
reale Netzwerke, über die sie kommunizieren und gemeinsame Aktivitäten
planen und organisieren. Computerfreaks tauschen im Netz Erfahrungen
aus oder arbeiten gemeinsam an kreativen Lösungen für selbst gesetzte
Ziele.

2. Jugendarbeit als Erfahrungs- und Handlungsraum


Informelles Lernen und jugendkulturelle Praktiken entziehen sich dem in-
tentionalen pädagogischen Handeln. Gleichzeitig steht die (Medien-)Päda-
gogik in der Pflicht, problematische Mediennutzungen zu thematisieren und
der Reflexion zugänglich zu machen und die Entwicklung von Kompetenzen,
insbesondere von Medienkompetenz, zu unterstützen, da diese Voraus-
setzung für eine souveräne, das Leben bereichernde und gesellschaftliche
Partizipation ermöglichende Medienaneignung ist.
Die Jugendarbeit, deren Angebote freiwillig genutzt werden, kann nur auto-
nome Erfahrungsräume bereitstellen, in denen Jugendliche medienbezogene
Erfahrungen machen und mediale Handlungsoptionen erproben können.
Ausgangspunkt ist immer das konkrete mediale Handeln der jeweiligen
Jugendlichen. Medienpädagogik muss dieses Handeln analysieren und An-
satzpunkte für eine Unterstützung eruieren. Eine moralische Bewertung
oder gar Verurteilung jugendlichen Medienhandelns oder gut gemeinte
pädagogische Ratschläge verbieten sich und werden ohnehin von den
Jugendlichen nicht akzeptiert.

Alle bisherigen Erfahrungen offener, medienpädagogisch ambitionierter


Handlungsräume in der Jugendarbeit zeigen, dass der einzige Weg, über
den bildungsbevorzugte und bildungsbenachteiligte Jugendliche gleicherma-
ßen erreicht werden können, die aktive Medienarbeit ist, also die Möglich-
keit, mit Medien Themen zu bearbeiten, Medien selbst kreativ zu gestalten,
sich bzw. seine Anliegen und Interessen mit Hilfe von Medien öffentlich zu
präsentieren, sich mit Medien in die gesellschaftliche Diskussion einzu-
mischen. Drei Beispiele sollen dies veranschaulichen:

Eine Counter-Strike-Spielerin, die, um in der Männerwelt der Ego-Shooter


Anerkennung zu finden, sich mit viel Ehrgeiz auf ein hohes Level vorge-
Internationale Situation
150

arbeitet hat, ist nicht über die Problematisierung der gewalthaltigen Spiel-
inhalte zu erreichen, auch wenn sie dabei ist, sich gerade darin zu ver-
stricken. Sie hat durch ihren Erfolg in dieser jugendkulturellen Szene
Selbstbewusstsein und Komponenten von Medienkompetenz erworben, also
auch Nutzen aus dem problematischen Medienhandeln gezogen. Medien-
pädagogik kann an diesen Aspekten ansetzen und Handlungsräume eröff-
nen, in denen die erworbenen Kompetenzen für eine gewinnbringende
Mediennutzung erprobt werden können.
Für Jugendliche, die sich für viel Geld ständig neue Klingeltöne aus dem In-
ternet auf ihr Handy herunterladen, ist dies Bestandteil ihrer Identitätsbil-
dung. Die persönliche Note ihres Klingeltons verschafft ihnen Individuali-
tät und demonstriert Zugehörigkeit zur Peergroup oder Jugendszene. Dies
kann Medienpädagogik aufgreifen und Möglichkeiten bieten, selbst kreativ
zu werden und mit Hilfe einfacher Programme Klingeltöne zu produzie-
ren oder andere produktive Formen der Handynutzung zu erproben (z.B.
www.ohrenblick.de).

Jugendliche, die sich politisch oder gesellschaftlich bereits engagieren oder


dies tun wollen, kann Medienpädagogik thematische oder zielgruppenspezi-
fische Internetplattformen bereitstellen. So bietet beispielsweise die Platt-
form www.d-a-s-h.org jungen Menschen, die gegen Fremdenfeindlichkeit,
Rassismus und Antisemitismus aktiv sein wollen, vielfältige Möglichkeiten
der Information, des Erfahrungsaustausches, der Präsentation eigener Akti-
vitäten und der Planung gemeinsamer Aktivitäten. Die Plattform
www.lizzynet.de hält für Mädchen vielfältige Informationen sowie offene und
geschützte Räume für kommunikative Zwecke bereit. Auf der Plattform
www.netzcheckers.de finden Jugendliche neben vielen Informationen und
Kommunikationsmöglichkeiten auch einfache Programme (Wikis, Weblogs,
Podcasts etc.), um selbst Texte, Bilder, Audio- und Videodateien zu gestal-
ten und ins Netz zu stellen.

Allerdings ist nicht zu bestreiten, dass ein Teil der Jugendlichen auch dar-
über nur schwer zu erreichen ist. So bewegen sich jugendliche Computer-
spiel-Fans in ihrer eigenen Jugendkultur und interessieren sich kaum für
seitens der Medienpädagogik zur Verfügung gestellte autonome Räume.
Hier müssen neue Formen pädagogischer Unterstützung überlegt und er-
probt werden.

3. Handlungsbedarf
Für die Realisierung flächendeckender Angebote handlungsorientierter Me-
dienpädagogik in der Jugendarbeit gibt es noch einen erheblichen Hand-
lungsbedarf:
x Die strukturellen Rahmenbedingungen, insbesondere Räume und Medien-
technik (Medienzentren o.Ä.) sind, v.a. in ländlichen Gebieten, noch un-
zureichend bzw. fehlen ganz. Sie müssen erheblich verbessert werden.
x Qualifiziertes Personal ist zu wenig vorhanden, weil die Studienmöglich-
keiten für Medienpädagogik zu wenig ausgebaut sind. Medienpädagogik
muss fester Bestandteil der Ausbildung aller Pädagoginnen und Päda-
gogen werden, egal für welches Feld von Bildung und Erziehung sie qua-
lifiziert werden. Darüber hinaus müssen mehr Lehrstühle für Medien-
pädagogik an Universitäten und Fachhochschulen eingerichtet werden.
Expertenmeinungen
151

x Die finanziellen Ressourcen der Medienpädagogik entsprechen bei wei-


tem nicht der Bedeutung, die ihr in der politischen und gesellschaftlichen
Diskussion zugemessen wird. Medienpädagogik ist gesellschaftliche
Pflichtaufgabe und entsprechend mit öffentlichen Mitteln auszustatten.

Literatur
Anfang, G:/Demmler, K./Lutz, K. (Hrsg.) (2001): Erlebniswelt Multimedia.
Computerprojekte mit Kindern und Jugendlichen. München
Anfang, G. (Hrsg.) (2003): Mit Medien gegen Gewalt. Beispiele, Anregungen
und Ideen aus der Praxis. München
Barsch, A./Zinnecker, J. (2004): Jugend, Jugendszenen und Medien. Merk-
male heutiger Jugendkulturen. In: Hans-Dieter Kübler/Ellmar Elling
(Hrsg.): Wissensgesellschaft. Neue Medien und ihre Konsequenzen,
S. 553-576
mpfs [Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest] (2005): JIM
2005. Jugend, Information (Multi-)Media. Basisuntersuchung zum
Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart
Theunert, H. (2005): Medien als Orte informellen Lernens im Prozess des
Heranwachsens. In: Sachverständigenkommission Zwölfter Kinder- und
Jugendbericht (Hrsg.): Kompetenzerwerb von Kindern und Jugendlichen
im Schulalter. München, S. 175-300
Wagner, U./Theunert, H. (Hrsg.) (2006): Neue Wege durch die konvergente
Medienwelt. Schriftenreihe der BLM. München

9.2.3 Digitale Medien in der beruflichen Bildung

Digitale Medien als arbeitsbezogene Lernkonzepte


in der Berufsbildung
„Digitale Kultur” als Herausforderung für die berufliche Bildung

Georg Spöttl/Matthias Becker

Schon im Alltag tauchen durch den Einzug von Informations- und Kommu-
nikationstechnologien (IKT) in nahezu allen Lebensbereichen neue und ver-
änderte Abläufe und Denkweisen auf. Textverarbeitung mit dem Computer,
Kommunikation via Mail und Chat, Informationsbeschaffung bis hin zum
Kauf von Produkten oder dem Buchen von Flugtickets über das Internet
haben alte Lebensgewohnheiten teils grundlegend verändert. Es entsteht
eine „digitalisierte Kultur”, die zunehmend die berufliche Arbeitswelt durch-
setzt. Vormals sehr konventionell gestaltete Arbeitsabläufe werden inzwi-
schen unterstützt von digitalisierten Werkzeugen mit der Folge, dass in der
Erstausbildung und Weiterbildung der Einsatz digitaler Medien selbstver-
ständlich geworden ist. Digitale Medien sind zentrale „Innovationsträger” für
die Bewältigung und Realisierung der Globalisierung und der Wissensgesell-
schaft, in der die Face-to-face-Beziehungen nicht mehr alleine stehen. Es
reicht nicht mehr, die heutigen Medien mit einer instrumentalistischen Per-
spektive zu verbinden wie in traditionellen erziehungswissenschaftlichen
Internationale Situation
152

Konzepten üblich und dafür Medienkompetenz zu entwickeln. Digitalisierte


Medien wie Internet oder die IK-Technologien in der Arbeitswelt erfordern
gründliche Reflexionen über die Zusammenhänge und exzellentes Orientie-
rungswissen, das die Herausbildung von implizitem und explizitem Wissen
neben prozeduralem Wissen und Know-how erfordert, um kreatives Handeln
in den und mit den Medien zu garantieren (vgl. Marotzki 2003, S. 3). Den
digitalisierten Medien wird heute in Gesellschaft und Arbeitswelt eine zent-
rale Rolle zugesprochen. Die Menschen sind aufgefordert eine „digitale Kul-
tur” zu entwickeln, die es ihnen erlaubt, Zugänge zu notwendigen Informa-
tionen und zu Wissen zu erarbeiten und zu nutzen. Die europäische Kom-
mission hat dazu unter anderem die Initiative E-Learning ins Leben gerufen,
um Defizite in vier Bereichen auszuräumen, die auch in Deutschland und vor
allem im Bereich der beruflichen Bildung relevant sind (vgl. EC 2000, 2001).
Diese hat zu Arbeitsprogrammen zur Integration von IKT in die Bildungs-
systeme auf nationaler und internationaler Ebene geführt. Ausgehend vom
Kommissionspapier aus dem Jahre 2000 und den Ergebnissen aus den
Arbeitsprogrammen können für die berufliche Bildung die folgenden vier
übergeordneten Bereiche identifiziert werden, mit denen zentrale Heraus-
forderungen verbunden sind:
1. Zukunftsfähige Ausstattung mit geeigneter Software, Hardware und
insbesondere Netzinfrastruktur (Internet, Intranet);
2. Bildungsbemühungen durch arbeitsprozessbezogene (Lern)Aufgaben,
mit denen Auszubildende Kompetenzen für den handwerklichen,
industriellen und Dienstleistungsbereich entwickeln;
3. Dienstleistungen und multimediale Lerninhalte, die sich auf die vom
Arbeitsmarkt verlangten Qualifikationen und Kompetenzen beziehen;
4. Ausbau von beruflichen Bildungsstätten zu vernetzten Zentren des
Kenntniserwerbs in virtuellen und gemischten Lehr- und Lern-
umgebungen.
Für alle Bereiche kommt der Ausbildung von Lehrkräften und Ausbildern
eine hervorgehobene Bedeutung zu (vgl. EC 2001, S. 13).
Die berufliche Bildung ist gefordert, Auszubildende und Facharbeiter für die
Informatisierung der Arbeit zu qualifizieren und deren Mitgestaltungsfähig-
keit zu entwickeln und zu nutzen; dies macht eine „digitale Kultur” im
Bereich der beruflichen Bildung aus. Facharbeiter sollen in der Lage sein,
die in ihren Arbeitswelten und Arbeitsprozessen systemisch verankerten
informationstechnischen Systeme zu beherrschen und für ihre Aufgaben und
Problemstellungen angemessen zu nutzen und mitzugestalten. Eine Digitali-
sierung der Lernwelten kann diesen Prozess befördern.

Lernen und Arbeiten mit informatisierten Arbeitssystemen


Die berufliche Facharbeit in Handwerk und Industrie ist durch einen expo-
nentiellen Anstieg an IKT/digitaler Technik gekennzeichnet. Digitale Technik
wirkt dabei nicht additiv, sondern integrativ. Das heißt, dass die Arbeitssys-
teme (die Werkzeuge, die Mensch-Maschine-Systeme) zunehmend mit IKT
durchsetzt sind und sich dadurch die originären Aufgaben der Facharbeit
verändern. Es ist deshalb nicht möglich und auch nicht sinnvoll, allein für
die digitale Technik zu qualifizieren, also die Mensch-Maschine-Interaktion
und damit die Benutzerschnittstellen und deren Benutzungsfreundlichkeit in
den Mittelpunkt zu stellen. Vielmehr kommt es darauf an, eine Ausweitung
auf die „Mensch-Problemgebiet-Interaktion” (vgl. Fischer 1999, S. 119) un-
ter Beachtung der veränderten Aufgaben ins Visier zu nehmen.
Expertenmeinungen
153

Was im Zusammenhang mit digitalen Medien in allen Bildungsbereichen


unter dem Aspekt der Kontext-Orientierung diskutiert wird, hat für die be-
rufliche Bildung eine ganz eigene und hohe Qualität. Es ist nicht allein die
Interaktivität, Vernetzung oder die multimediale Gestaltung eines Lernme-
diums, die zu wirksamen Lernprozessen führt. Selbst die Bezugnahme auf
einen Anwendungskontext sichert dies nicht ab. Vielmehr ist die eingangs
erwähnte Durchdringung der Arbeitssysteme und der sich daraus ergebende
Wandel der Aufgaben, manifestiert in Arbeitsprozessen, der Ansatzpunkt,
um die in mehreren Studien ermittelte mangelnde Nutzung und Selbstzent-
rierung (Produkt- und Themenfokussierung) der digitalen Medien zu über-
winden (vgl. Zimmer 2002, S. 5 ff.; BMBF 2005, S. 13). Die Diffusion von
IKT in moderne Arbeitssysteme hat zur Folge, dass die Grenzen zwischen
Arbeiten und Lernen verschwimmen. Die in der Arbeitswelt eingesetzte
Software und die rechnergestützten Werkzeuge (Mess- und Diagnosesyste-
me, CNC-Werkzeugmaschinen, internetgestützte Kooperations- und Infor-
mationssysteme) sind gleichzeitig Arbeits- und Lerngegenstände. Das Ler-
nen findet immer weniger statt, um das Arbeitssystem zu beherrschen (Er-
gonomieperspektive), sondern vielmehr, um mit Hilfe und Unterstützung
der IKT-angereicherten Arbeitssysteme Probleme zu lösen, Aufgabenstel-
lungen zu bearbeiten und die Technik bzw. Arbeitsgegenstände zu erschlie-
ßen (lernförderliche Arbeitssysteme) (vgl. Becker 2005, S. 316 ff.). Ein Bei-
spiel: Das Erlernen der Bedienung und Nutzung eines Interface für eine
rechnergestützte Werkzeugmaschine steht nicht mehr im Vordergrund, son-
dern das Erlernen der Aufgaben im Zusammenhang mit dem Zerspa-
nungsprozess mit Hilfe der integrierten Software. Es ist also eine auf die
Arbeits- und Geschäftsprozesse bezogene Integration digitaler Medien in die
Arbeitssysteme notwendig.
Wenn IKT die Arbeitssysteme durchdringt, wächst die Komplexität der
Arbeit und es verändert sich der Umgang mit den vernetzten Informationen.
Dies bringt einerseits vielfältige Informations- und Lernmöglichkeiten mit
sich, andererseits werden bestimmte Informationen weniger durchschaubar
und unzugänglicher, weil sie miteinander kombiniert, durch Programme
verarbeitet und automatisiert werden (Positivbeispiele sind Programme zur
weltweiten Kooperation, Telediagnose und Realisierung von Supply-Chain-
Management; Negativbeispiele sind Expertensysteme und Automatisie-
rungsalgorithmen, die etwa in embedded systems Verwendung finden). Für
den Einsatz digitaler Medien in der beruflichen Bildung bedeutet das die
Notwendigkeit einer reflektierten Nutzung und Bewertung digitalisierter Ob-
jekte, die Schaffung multipler Zugänge zur informatisierten Arbeitswelt und
den damit im Zusammenhang stehenden Informationen und den Mechanis-
men der inhaltlichen Aufbereitung.
Zimmer hat fünf Arbeitsfelder definiert, die notwendig sind, um eine päda-
gogische Infrastruktur zu schaffen, mit der die Nutzbarkeit von Lerninhalten
gewährleistet werden kann (vgl. Zimmer 2002, S. 8 f.):
1. Lerninhalte und Informationen bereitstellen und verwalten (Doku-
mentenmanagement);
2. Instrumente für die Kommunikation und Kooperation bereitstellen
(Kommunikations- und Interaktionsmanagement);
3. Erweiterungs- und Ergänzungsmöglichkeiten sowie Möglichkeiten für
die Dokumentation eigener Erfahrungen und Arbeitsergebnisse schaf-
fen (Management erfahrungsbasierten Wissens, vgl. Fischer/Römmer-
mann 1998; Pangalos u.a. 2005);
Internationale Situation
154

4. Arbeitsraum und Software zur Bearbeitung der Inhalte und Dar-


stellung der Ergebnisse (Management der (softwaregestützten)
Werkzeuge zur Integration von Arbeiten und Lernen);
5. Instrumente für die Verwaltung der Lehrenden und Lernenden (Orga-
nisationsmanagement).
Diese Arbeitsfelder einer pädagogischen Infrastruktur bilden die notwendi-
gen Voraussetzungen für eine „Knowledge Community”39, die allerdings
noch nichts über die Art des Lernens aussagen und damit noch nicht hin-
reichende Bedingungen für eine Unterstützung des Lernens besonders in
der Berufsbildung kennzeichnen. In der Berufsbildung kommt es auf eine
arbeitsprozessorientierte Lernkultur an, mit der pädagogische Absichten
unter Beachtung der Aufgaben- und Problemorientierung mit hohem Kon-
textbezug verfolgt werden können.

Digitale Medien und arbeitsprozessorientierte Lernkultur


Eine zentrale didaktische Aufgabe in der beruflichen Bildung besteht darin,
arbeitsbezogenes Lernen mit Hilfe digitaler Medien zu unterstützen. So ein-
fach dies klingt, so kompliziert ist die Einlösung dieses Anspruches. Zu viel-
fältig sind die Implikationen und Wechselbeziehungen der Determinanten.
Es ist daher vor der Erwartung zu warnen, dass eine Weiterentwicklung di-
gitaler Medien allein zu verbesserten Lernprozessen führt. Das wäre nicht
viel mehr als eine instrumentalistische Perspektive des Medieneinsatzes, wie
dieses durch einige neuere Konzeptionen verfolgt wird, wie z.B. „Netzbasier-
tes Lernen”, „Blended Learning”, „Telelernen”, „virtuelle Akademien”, letzt-
lich auch virtuelle „Knowledge Communities” usw. Hier steht die Vermittlung
von Wissen und nicht das Erschließen von Know-how, prozeduralem Wissen
oder von Orientierungswissen im Mittelpunkt.
Medienkompetenz und Medienbildung sollten nach den hier diskutierten Zu-
sammenhängen nie losgelöst von den spezifischen Lebens- und Arbeitswel-
ten behandelt und entwickelt werden. Nur dann können sie ihre Rolle für ein
das ganze Leben begleitendes Lernen einnehmen, welches einen beständi-
gen und nachhaltigen Beitrag zu einer auf berufliche Handlungskompetenz
ausgerichteten Bildung leistet. Zielsetzungen wie die Beschäftigungsfähig-
keit, die ständige Anpassungsfähigkeit oder die Weiterbildungsbereitschaft
werden durch den Einsatz digitaler Medien nur erreicht, wenn diese in ein
Setting zur Verwirklichung einer neuen Lernkultur eingebettet werden. Für
die berufliche Bildung ist diese Lernkultur durch die Ausrichtung auf eine
ganzheitliche, arbeits(prozess)bezogene Berufsbildung gekennzeichnet, in
der tradierte Formen des Lernens aufgelöst werden. Die betrieblichen
Arbeitsprozesse bilden daher eine für die Weiterentwicklung digitaler Medien
in der beruflichen Bildung geeignete Basis.

39
Diese technischen Voraussetzungen für eine „Knowledge Community“ werden inzwischen
von den meisten Lernplattformen und letztlich durch das Internet selbst bereits mit hoher
Qualität bereitgestellt.
Expertenmeinungen
155

Traditionelle Lernkultur Arbeitsprozessorientierte Lernkultur


Wissen als statisches Element mit Im Kontext der Arbeit erworbenes Wissen
Fixierung auf beständige Werte, zur Lösung von im Arbeitsprozess auftau-
systematische Ordnung (deklarati- chenden Aufgaben und Problemstellungen
ves Wissen) und von Kontexten und unter Einbeziehung der Anwendung von
Domänen befreite Anwendbarkeit Wissen, der im Arbeitskontext gemachten
(prozedurales Wissen) Erfahrungen, der beständig sinkenden
Halbwertzeit und der subjektiven Bedeut-
samkeit von Wissen (Zusammenhang im-
pliziten und expliziten Wissens)
Lehren und Lernen als getrennte Lehren und Lernen als Unterstützung der
und von den Arbeitsprozessen los- Kompetenzentwicklung für die Arbeitswelt
gelöste Vermittlungsprozesse mit mit hoher Selbststeuerung und Eigenver-
hohem Organisationsgrad (Lernen antwortung des Lerners mit Fokus auf die
als Ergebnis von Lehren in struktu- (Mit)Gestaltungsfähigkeit als Vorausset-
rierten und intentional angelegten zung für das „lebenslange Lernen” (Lernen
Lernumgebungen /Lernen für die in authentischen Lernumgebungen /Ler-
Arbeitsprozesse) nen in und anhand der Arbeitsprozesse)
Berufliche Handlungskompetenz als Berufliche Handlungskompetenz als
Zusammensetzung voneinander ganzheitliche Kompetenz, die zur Könner-
weitestgehend unverschränkter schaft und reflektierter Handlungsfähig-
Kompetenzdimensionen (Fach-, So- keit in einer Domäne bzw. in einem
zial-, Personalkompetenz sowie Me- Anwendungskontext führt
thoden- und Lernkompetenz)

Darstellung 9.3: Traditionelle und arbeitsprozessorientierte Lernkultur

Eine arbeitsprozessorientierte Lernkultur ist auch für die Berufsorientierung


und die im Berufsbildungssystem immer schwerer zu integrierenden „Bil-
dungsschwachen” anzustreben. Die Ausbildungsfähigkeit von Jugendlichen
wird kaum gesteigert, wenn sie allein Kompetenzen im Umgang mit den
Neuen Medien vorweisen und erwerben. Oftmals sind diese im Umgang mit
dem Internet, mit dem PC und mit Alltagsgegenständen aus dem IKT-
Bereich (Handy) sehr gewandt, können diese Kompetenzen aber kaum auf
berufliche Arbeitskontexte beziehen und anwenden.
Eine arbeitsprozessorientierte Lernkultur führt zu einem neuen Rollenver-
ständnis für Lehrer und Ausbilder. Oftmals resultiert daraus die Vorstellung,
dass diese zu „Mediatoren” werden und sie deswegen eine Ausbildung als
„Online-Moderatoren” sowie zum Teil als „Mediengestalter” benötigen. Die
zentrale Herausforderung liegt aber nicht in der Entwicklung einer zusätz-
lichen medienpädagogischen Kompetenz von Lehrkräften, sondern darin,
digitale Medien in aufgabenbezogene Lehr-/Lernarrangements zu integrie-
ren und arbeitsorientierte Lernkonzepte zu entwerfen, mit denen die didak-
tischen Ansprüche aus dem Lernfeldkonzept und die curricularen Grund-
lagen der Rahmenlehrpläne und Ausbildungsordnungen eingelöst werden
können.

Handlungsfelder für die berufliche Bildung


Zusammenfassend lassen sich nachstehende Handlungsfelder für die Wei-
terentwicklung digitaler Medien in der Berufsbildung identifizieren. Digitale
Medien
Internationale Situation
156

1. ... sollten berücksichtigen, dass Arbeitssysteme zunehmend von IKT


durchsetzt sind und sich dadurch die beruflichen Aufgaben und die
Arbeitsprozesse systemisch verändern.
2. ... für die berufliche Bildung sollten die Integration von Arbeiten und
Lernen unterstützen.
3. ... sollten die Ergonomieperspektive überwinden und die „Mensch-
Problemgebiet-Interaktion” in den Mittelpunkt stellen.
4. ... sollten den Domänenbezug aufrecht erhalten und sich nicht auf
kontextfreie Aspekte (Inhalte) konzentrieren (dieses Handlungsfeld
steht in einem gewissen Widerspruch zur zweiten Empfehlung in
BMBF 2005, S. 13).
5. ... sollten die Etablierung einer arbeitsprozessorientierten Lernkultur
unterstützen.
6. ... sollten in ganzheitliche Lehr-Lernarrangements integriert werden.
Dies sollte Bestandteil einer medienpädagogisch geprägten Berufs-
und Lehrerbildung sein.

Literatur
Becker, M. (2005): Lernen mit tutoriellen Arbeitssystemen. In: Rauner,
Felix (Hrsg.): Handbuch Berufsbildungsforschung. Bielefeld: W. Bertels-
mann, S. 315-320.
BMBF [Bundesministerium für Bildung und Forschung] (Hrsg.): Förder-
programm Neue Medien in der Bildung. Auditempfehlungen zum Förder-
bereich „Neue Medien in der Bildung”. Bonn: BMBF 2005.
EC (2000): E-Learning – Gedanken zur Bildung von morgen. Mitteilung der
Kommission, KOM(2000) 318 endgültig. Brüssel, den 24.5.2000.
<http://ec.europa.eu/education/programmes/E-Learning/index_de.html,
09/2006>
EC (2001): Aktionsplan E-Learning. Gedanken zur Bildung von morgen.
KOM(2001) 172 endgültig. Brüssel, den 28.3.2001
Fischer, G. (1999): Möglichkeiten und Grenzen moderner Technologien
zur Unterstützung des selbstgesteuerten und lebenslangen Lernens. In:
Dohmen, G. (Hrsg.): Weiterbildungsinstitutionen, Medien, Lernumwelten.
Bonn: BMBF, S. 95-146
Fischer, M./Römmermann, E. (1998): „TUBI” – Partizipative Systementwick-
lung eines Informations- und Dokumentationssystems für die Unter-
stützung der Fehlersuche in der betrieblichen Instandhaltung. Bremen
Marotzki, W. (2003): Medienbildung und Digitale Kultur. Magdeburger Wis-
senschaftsjournal. Magdeburg, Heft 1-2, 2003, S. 3-8
Pangalos, J./Spöttl, G./Knutzen, S./Howe, F. (Hrsg.): Informatisierung von
Arbeit, Technik und Bildung. Eine berufswissenschaftliche Bestands-
aufnahme. Münster: LiT
Zimmer, G. (2002): E-Learning führt zu einer anderen Kultur des Lehrens
und Lernens. Folgen für die didaktische Gestaltung. In: Zimmer, Gerhard
(Hrsg.): E-Learning: High-Tech or High-Teach? Bielefeld: W. Bertels-
mann, S. 5-17.
Expertenmeinungen
157

9.2.4 Digitale Medien in der Weiterbildung

Digitale Medien in der Weiterbildung –


ein Positionspapier

Rolf Arnold

Die Weiterbildung ist der Bereich unseres Bildungswesens, welcher schon


stets dem Gedanken des Lebenslangen Lernens verpflichtet gewesen ist.
Zudem ist es der Bereich, in dem bereits seit vielen Jahrzehnten ein erfah-
rungsorientiertes Lernen realisiert wird, wie es die konstruktivistische Lern-
forschung, aber auch die neuere Hirnforschung „empfiehlt”: Menschen ler-
nen vor dem Hintergrund ihrer biographisch erworbenen Erfahrungen, sie
konstruieren ihre Lernprozesse sowie Lernergebnisse aus den Deutungs-
und Emotionsmustern, über die sie bereits verfügen. Erwachsenenlernen ist
deshalb stets ein Anschlusslernen. Hinzu kommt aber noch ein Weiteres:
Die Erwachsenenbildung kennt das entgrenzte Lernen, d.h. das Lernen
außerhalb von Institutionen sowie ohne die gleichzeitige räumliche Präsenz
von Lehrenden und Lernenden, und sie verfügt seit vielen Jahrzehnten über
didaktisch-methodische Ansätze eines selbstgesteuerten und selbstorga-
nisierten Lernens.

Gleichwohl sind die Möglichkeiten des E-Learning in der allgemeinen Er-


wachsenenbildung (von Volkshochschulen, Kirchlichen Bildungswerken u.a.)
selbst noch nicht ausreichend aufgegriffen worden. Es herrscht – anders als
in der beruflichen Weiterbildung – eine deutliche Distanz gegenüber compu-
terbasierten Lernprozessen vor, man hält an der didaktischen Überschät-
zung der persönlichen Präsenz eines Lehrenden fest, und der Gedanke, dass
man die jeweilige Didaktik gründlich im Hinblick auf ihre genuine Leistungs-
fähigkeit analysiert, ist noch nicht wirklich verbreitet. Es herrscht viel un-
nötiges und überflüssiges Lehren vor, während E-Learning – ebenso, wie
das Fernstudium – grundlegende Möglichkeiten eröffnet, dass Lernende sich
Inhalte „anytime and anywhere” (z.B. am Arbeitsplatz, in der Freizeit)
selbst erschließen. Demgegenüber lässt die Zusammenkunft in sozialen
Räumen ganz genuine Bewegungen der Kompetenzentwicklung zu, welche
sich wiederum kaum durch E-Learning inszenieren lassen.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich grundlegende Anforderungen im Zu-


sammenhang mit Bemühungen, die Nutzung von E-Learning in Maßnahmen
der allgemeinen Weiterbildung zu fördern. Diese Anforderungen beziehen
sich auf Forschung und Entwicklung sowie Infrastruktur und Qualifizierung.

Forschung
Notwendig ist eine Intensivierung der Forschung zur Entwicklung bzw. Stär-
kung einer eigenen E-Learning-Didaktik. Insbesondere gilt es dabei, die
didaktische Valenz der unterschiedlichen Inszenierungsformen von Lehren
und Lernen (Präsenzlehre, Distance-Learning, E-Learning) genauer auszu-
loten. Als Referenzpunkt sollte dabei die Frage nach der tatsächlichen,
nachhaltigen Kompetenzentwicklung in den unterschiedlichen Learning-
modes dienen (vgl. Arnold 2004).
Internationale Situation
158

Nur auf der Basis einer entsprechenden Analyse der unterschiedlichen In-
szenierungsformen von netzbasiertem Lehren und Lernen ist es auch mög-
lich, die Bedeutung von E-Learning im Zusammenhang mit einem generel-
len Lernkulturwandel sowie im Kontext der beobachtbaren Entgrenzungen
des Lernens in der Erwachsenenbildung genauer zu bestimmen. Von beson-
derer Bedeutung dürften dabei die Möglichkeiten einer komplementären
Nutzung von E-Learning sein, wie sie von zahlreichen Institutionen angebo-
ten wird: Wenn der Teilnehmende sich in den Kurs einschreibt, bekommt er
einen Zugang zu einer Lernplattform, auf welcher Vorbereitungsmaterialien
sowie Aufgaben, welche er vor Kursbeginn zu bearbeiten hat, gespeichert
sind. Diese Vorabinformationen wiederum ermöglichen es dem Verantwort-
lichen, das Angebot situiert sowie an den Lernfragestellungen der Lernen-
den orientiert zu planen und zu gestalten und damit wichtige Voraussetzun-
gen für ein nachhaltiges Lernen der Teilnehmenden zu schaffen.

Insbesondere sollten folgende fünf Themen gezielt in den Blick gerückt


werden:
(1) Welche Erfahrungen wurden mit der Nutzung von Blended-Learning-
Ansätzen in der Weiterbildung gesammelt?
(2) Welche Bedeutung kommt dem E-Learning im Kontext der Entgren-
zung des Erwachsenenlernens (z.B. Lernen am Arbeitsplatz) sowie im
Kontext eines grundlegenden Lernkulturwandels zu?
(3) Was lässt sich zur didaktischen Valenz der unterschiedlichen Distribuie-
rungs-Modes von Lehre (Präsenzmode, Distance-Learning-Mode sowie
E-Learning-Mode) sagen?
(4) Wie wandeln sich die Professionsstrukturen in der Erwachsenenbildung
durch die verstärkte Nutzung von E-Learning-Möglichkeiten?
(5) Wie kommen unterschiedliche Lernmilieus sowie Lernstile mit den
unterschiedlichen virtuellen Inszenierungsformen zurecht?

Entwicklung
Die Erwachsenenbildung benötigt nach wie vor eine Unterstützung bei der
virtuellen Aufbereitung inhaltlicher Angebote. Nur durch entsprechende
„Leuchttürme” ist es möglich, Standards sichtbar werden zu lassen und
Entwicklungsimpulse zu setzen. „Aus eigener Kraft” gelingt der Aufbau von
E-Learning-Komponenten nur sehr selten. Es ist m.E. auch ein Fehler gewe-
sen, in der ministeriellen Förderung die Contententwicklung grundsätzlich
eher nicht mehr zu unterstützen, sondern lediglich den Aufbau bzw. die
Ausweitung von Infrastrukturen und Vernetzung.

Für zahlreiche Weiterbildungsinstitutionen bietet die Nutzung von E-Learn-


ing zudem die Möglichkeit zur internationalen Zusammenarbeit bzw. zum
Auftritt auf fremden Weiterbildungsmärkten. Entsprechende Initiativen (z.B.
auch im Kontext der universitären Weiterbildung) sollten unterstützt und
gefördert werden. Nach allen Erfahrungen geht die Nutzung von E-Learning
in internationalen Kooperationsvorhaben auch mit einer Stärkung von Mo-
dularisierungsansätzen einher – E-Learning erweist sich so als trojanisches
Pferd für eine didaktisch-curriculare Innovation.

Insbesondere sollten folgende fünf Themen gezielt in den Blick gerückt


werden:
Expertenmeinungen
159

(6) Wie lassen sich Standardthemen der Erwachsenenbildung in E-Learn-


ing-Arrangements inszenieren?
(7) Welche Zugänge ermöglicht E-Learning zu neuen Weiterbildungsmärk-
ten und Zielgruppen?
(8) Welche interinstitutionelle Kooperation ist durch die Nutzung von
E-Learning möglich?
(9) Wie eignet sich E-Learning für die Erschließung weiterbildungsferner
Zielgruppen?
(10) Wie lassen sich typische erwachsenendidaktische Anliegen auch und
gerade durch die Entwicklung entsprechender E-Learning-Angebote
realisieren?

Infrastruktur
Weiterbildungsorganisationen müssen eine eigene Infrastruktur aufbauen,
um die Nutzung von E-Learning tatsächlich erfolgreich in ihre täglichen Rou-
tinen einzuwurzeln. Dies gelingt ihnen oft nicht aus eigener Kraft. Eine sol-
che Infrastruktur sollte insbesondere eine Unterstützungsstruktur für die
Dozentinnen und Dozenten darstellen, welche sich auf den Weg machen
möchten, ihre Angebote um E-Learning-Komponenten anzureichern oder
generell virtuelle Angebote zu entwickeln (vgl. Lermen/Goméz Tutor/
Kammerer 2004). Durch die Entwicklung solcher Angebote können sich Wei-
terbildungsinstitutionen neue Zielgruppen erschließen, darunter auch und
gerade solche, denen eine Teilnahme an regulären Präsenzveranstaltungen
nicht möglich ist.

Insbesondere sollten folgende fünf Themen gezielt in den Blick gerückt


werden:
(11) Welche internationalen Erfahrungen bezüglich der Einrichtung und
Nutzung von Unterstützungseinheiten bzw. Netzwerkstrukturen liegen
vor?
(12) Welche Rolle kann E-Learning im Kontext einer Organisationsentwick-
lung spielen, welche sich auch im Hinblick auf die Nutzung pluraler
Lehr-Lernformen sowie die Stärkung eines didaktischen Profils neu
aufzustellen sucht?
(13) Welche neuen Rollenprofile entstehen in solchen Unterstützungs-
einheiten?
(14) Wie lassen sich E-Learning-Konzepte mit den anderen Software-
Entwicklungen in Erwachsenenbildungsinstitutionen verbinden?
(15) Welche Vermarktungs- bzw. Geschäftsmodelle entstehen im E-Learn-
ing-Segment von Erwachsenenbildungsinstitutionen?

Qualifizierung
Dozentinnen und Dozenten müssen Gelegenheit haben, den Umgang mit
der jeweiligen Lernplattform selbst zu lernen. Aus diesem Grunde kommt
der Ausbildung von Webdesignern sowie der Begleitung und Unterweisung
von Lehrenden in Sachen „eTeaching” eine grundlegende Bedeutung zu, wie
eigene Erfahrungen des VCRP (Virtueller Campus Rheinland-Pfalz) sowie in
der Zusammenarbeit mit Institutionen aus dem Bereich der allgemeinen
Weiterbildung zeigen. Es wird empfohlen, diesem Aspekt der Qualifizierung
insgesamt mehr Aufmerksamkeit zu widmen und die Entwicklung ent-
sprechender Angebote verstärkt zu fördern.
Internationale Situation
160

Insbesondere sollten folgende fünf Themen gezielt in den Blick gerückt


werden:
(16) Welche Weiterbildungsangebote für E-Learning-Spezialisten wurden
bislang mit welchem Erfolg entwickelt?
(17) Wie zieht das E-Learning-Moment in das Rollenprofil der Erwachsenen-
bilderinnen und Erwachsenenbildner (z.B. auch in den Diplomstudien-
gängen) ein?
(18) Wer nutzt entsprechende Angebote (nur Dozenten oder auch der Per-
sonalentwicklungsbereich)?
(19) Universalisiert sich durch E-Learning das Erwachsenenlernen (also
auch in anderen als erwachsenenbildnerischen Kontexten)?
(20) Was weiß man über die Berufsverläufe von E-Teachern?

Literatur
Arnold, R. (2000): Will distance disappear in distance studies? Preliminary
Considerations on the Didactic Relevance of Proximity an Distance. In:
Journal of Distance Education, 14 (2000), 2, S.1-9
Arnold, R. (2004): Blended Learning in International Human Ressource
Development. On the features and the comparative didactic advantages
of face-to-face learning, distance learning and E-Learning. Nr. 22 der Pä-
dagogischen Materialien der Technischen Universität Kaiserslautern. Kai-
serslautern
Arnold, R./Lermen,M. (Hrsg): E-Learning-Didaktik. Baltmannsweiler
Lermen, M./Goméz Tutor, C./Kammerer, J. u.a. (2004):Voraussetzungen
und Grundlagen der Online-Moderation. Pädagogische Materialien der
Technischen Universität Kaiserslautern. Bd. 24. Kaiserslautern

9.2.5 Digitale Medien und Allgemeinbildung

Digitale Kultur und Lernen


Bildung durch das Medium

Heidi Schelhowe

Nachdem sich der Hype über den Computereinsatz in den Schulen gelegt
hat, ist es an der Zeit, über grundlegendere Fragen nachzudenken und sich
die tiefgreifenderen Veränderungen, die sich mit den Informations- und
Kommunikationstechnologien nicht nur in unserer Arbeitswelt, sondern auch
in der Lebenswelt und im Lernen vollziehen, zu vergegenwärtigen und Kon-
sequenzen für die Bestimmung heutiger Bildungsaufgaben zu ziehen. Digi-
tale Kultur prägt die Welt der Ökonomie und der Finanzen. Sie infiltriert die
Arbeitswelt, wo Erwerbsarbeit in den ehemaligen Industrienationen durch
den Einsatz von Computern überflüssig geworden ist bzw. sich zu Tätigkei-
ten des Neu-Erfindens, der Innovation, der Kommunikation und der Dienst-
leistung wandelt. Digitale Kultur wird in der Freizeit gelebt, sie erfasst Spiel,
Unterhaltung und Kunst. Sie prägt das Lebensgefühl vieler junger Men-
schen. Für Bildungsprozesse kann es heute nicht nur darum gehen, den
Expertenmeinungen
161

Computer als multimedial-didaktisches Mittel oder als Werkzeug zu sehen,


das man beherrschen lernen muss. Es geht darum, die Veränderungen, wie
sie sich im Begriff der „Digitalen Kultur” ausdrücken, in ihrer Gesamtheit zu
betrachten und grundlegende Folgerungen für Bildungsprozesse daraus zu
ziehen. Ich möchte mich mit vier Thesen dieser Frage nähern und möchte
damit jeweils Aufforderungen zum Handeln in Bildungspolitik und Bildungs-
forschung verbinden.

1. Die digitale Kultur schafft neue Bedingungen in den Lebensent


würfen, im Selbst- und Weltverständnis von Jugendlichen und in
ihren Lernstrategien
Digitale Medien bieten Jugendlichen Möglichkeiten eines aktiv-involvierten,
handlungsorientiert-entwerfenden Umgangs. Mit den digitalen Medien wer-
den Kindern und Jugendlichen nicht nur Identifikationsmuster geboten, son-
dern sie probieren Handlungsstrategien und neue Identitäten in der virtu-
ellen Welt auch direkt aus. Wahrnehmungs- und Handlungsstrukturen der
„Zap”-Generation verändern sich. Konzentration und Verarbeiten/Aneignen
von Informationen meinen etwas anderes als zur Zeit der analogen Medien.
Dem Leben, das die jungen Menschen in den virtuellen Welten führen, feh-
len in einer zunehmend von Zeichen geprägten Welt häufig die Herausforde-
rungen und die Konfrontationen, die die Einbildungskraft braucht, damit
man in der physikalischen und sozialen Umgebung handlungsfähig werden
kann.
- Es braucht die Kooperation insbesondere von Pädagogik, Psychologie, Neu-
rophysiologie und Informatik, um die Veränderungen, die die Digitale Kul-
tur in den Wahrnehmungs- und Handlungsstrukturen junger Menschen
bewirkt, zu verstehen und daraus die neuen psycho-sozialen Vorausset-
zungen und Bedingungen für Lernen zu bestimmen.
- Spezifische Möglichkeiten der Konfrontation virtueller mit „realen” Welten
müssen gesucht werden, sowie Möglichkeiten, die Verbindung zwischen
beiden durch gezielte Bildungsinterventionen herzustellen und sichtbar zu
machen.

2. Grundlagen und Bedingungen für schulisches Lernen ändern sich


mit digitalen Medien
Die Erfahrung informellen und selbstständigen Lernens, die Jugendliche mit
digitalen Medien machen, stärken sie, können sie gleichzeitig auch wider-
ständig machen gegenüber Instruktionen und Anforderungen in der Schule.
Computerwissen verschafft Anerkennung und verspricht Karrieren jenseits
guter Schulabschlüsse. Gleichzeitig scheint sich dieses Wissen selbst nur
schwer in systematischen Lernprozessen, also kaum in der Schule, vermit-
teln zu lassen. Computerkenntnisse sind oft unsicheres und schwer über-
prüfbares Wissen, und es ist exemplarisch für viele Bereiche von Wissen,
das junge Menschen über die Medien oft leicht, in der Schule nur schwer
erwerben. Insbesondere das Internet bietet Informationen jeglicher Art, in
großer Fülle, in reicher Vielfältigkeit und mit exotischem Gehalt, die Kindern
und Jugendlichen ohne Auswahl und Vorstrukturierung durch Erwachsene
zugänglich sind. Kinder kommen weniger denn je als „unbeschriebenes
Blatt” zur Schule. Sie bringen vielfältiges, zunehmend von Medien-
erfahrungen geprägtes Wissen und diversifizierte Vorstellungen mit.
Internationale Situation
162

- Es müssen genauere Kenntnisse darüber erlangt werden, wie informelles


Lernen unter Jugendlichen funktioniert, was daraus für institutionelles
Lernen zu lernen ist, wo die Defizite liegen.
- Wie erwerben junge Menschen in informellen Kontexten Computer-Know-
how und was genau lernen sie dabei (nicht)? Was ist daraus für das Arran-
gement von Lernumgebungen in schulischen Kontexten – auch für andere
Wissensbereiche – zu lernen?
- Noch gibt es zu wenig Wissen, wie lebensweltliche Erfahrungen, Freizeit-
angebote und Schule, insbesondere im Bereich Digitaler Medien, zu ver-
binden sind, wie das lebensweltliche Wissen von SchülerInnen in schuli-
schen Lernprozessen genutzt werden kann und umgekehrt, auf welche
Weise und in welchen Formen Schulwissen in den Alltag einfließt. Es fehlen
bewusst arrangierte Angebote, die den Übergang zwischen beiden Berei-
chen organisieren.

3. Die von Digitalen Technologien geprägte Gesellschaft stellt neue


Anforderungen an Allgemeinbildung
Im Zusammenhang mit dem Computer ist bisher eher über den Erwerb von
Computerfertigkeiten einerseits oder über die Veränderungen von Lernkul-
turen, über Veränderungen in der Art und Weise des Lernens, gesprochen
worden. Es gilt aber im Zusammenhang mit den Veränderungen unserer
Arbeits- und Lebenswelt und unserer Kommunikationsstrukturen durch die
Digitalisierung auch über veränderte Inhalte von Allgemeinbildung zu spre-
chen. Der zunehmende Umgang mit virtuellen und „intelligenten” Gegen-
ständen und die Verwendung automatisierter Funktionen in den Informati-
ons- und Kommunikationsprozessen bedeutet, dass ein Basisverständnis
über die Entstehungsprozesse maschineller Intelligenz zur Allgemeinbildung
gehören muss. Informationstechnische Bildung und Medienbildung, Technik
und Kultur, wachsen heute zusammen.
- Grundlagen und Umsetzungsformen für eine neue Bildungskultur, die – wie
es mit der Digitalen Kultur schon längst der Fall ist – technologische Bil-
dung mit Medienbildung, naturwissenschaftlich-mathematisch-technisches
mit sozial-geisteswissenschaftlich-ästhetischem Wissen verbindet, müssen
erforscht werden.
- Spezifische Bildungsstandards sind zu entwickeln, die die Veränderungen
der Gesellschaft in ihrer zunehmenden Orientierung auf Wissen und Kom-
munikation mittels der Unterstützung von Digitalen Technologien erfassen
und auf dieser Basis die neuen Kompetenzen formulieren, die von jungen
Menschen in ihrer Rolle als Arbeitende und als Mitglieder eines Gemein-
wesens erwartet werden müssen.
- Wir brauchen spezifische (Software)Materialien, die in solchen Bildungs-
prozessen geeignet sind, wesentliche Grundlagen und Prinzipien der Digi-
talen Kultur be-greifbar zu machen. Bildungssoftware muss in der Art von
Montessori-Materialien gestaltet werden.

4. Die Begegnung junger Menschen mit Zukunftstechnologien


sicherzustellen, gehört zu den Aufgaben einer Allgemein-
bildung in der Wissensgesellschaft
Bis moderne Technologien in schulischen Bildungskontexten aufgegriffen
werden, dauert es bislang geraume Zeit. Die Kinder und Jugendlichen, die
in einer technologisch bestimmten Zukunft leben und arbeiten werden und
die in ihrer Freizeit neue Technologien oft rasch adaptieren, erleben in der
Expertenmeinungen
163

Schule häufig die Technik von gestern. Dies trägt weder zu ihrer Motivation
noch zu ihrer Neugierde auf technische Prozesse noch zu ihrem Interesse,
an Innovationen mitzuwirken, bei. LehrerInnen können jedoch einen Trans-
fer von Zukunftstechnologien in den schulischen Unterricht in der Regel
nicht (alleine) leisten.
- Die Kooperation von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Technolo-
gieunternehmen mit Schulen müssen besonders gefördert werden.
- Es sollte darüber nachgedacht werden, wie es gelingen und auch attraktiv
gemacht werden kann, Kinder und Jugendliche sehr frühzeitig in Innovati-
onsprozesse, die als Verbindung von sozialer und technischer Imagination
zu sehen sind, einzubeziehen. In der Art von „LivingLabs” können diese
nicht nur Bildungsanliegen dienen, sondern auch dem frühzeitigen Kennen-
lernen der Bedürfnisse von Nutzerinnen und Nutzern und ihrer kreativen
Ideen in der Technologieentwicklung.
- Forschungsprojekte wären besonders zu unterstützen, die Bildungsmaß-
nahmen/Innovations-Workshops für Schülerinnen und Schüler in ihr For-
schungsprogramm einbeziehen.

9.2.6 Digitale Medien und Urteilsfähigkeit

Offen zugängliche Informationen im Netz und die geschlossene


Unterrichtssituation

Wolfgang Coy

Die didaktische Aufbereitung eines Themas hat entlang gewachsener Tradi-


tionen die Vorstellung gepflegt, ein in den Lehrplänen verankertes Unter-
richtsthema sei so ausgereift, dass es auf eine der jeweiligen Schulstufe
entsprechende Aufbereitung didaktisch reduzierbar sei. Die inhaltlichen
Grundzüge sollen für die Lernenden verständlich, in den Grundzügen um-
fassend und widerspruchsfrei dargestellt werden, so dass sie zu wiederhol-
barem Wissen werden. Als Hilfsmittel dienen die mit den Lehrplänen abge-
stimmten Lehrbücher, die den Lehrenden eine klare und eindeutige Vorgabe
für die Vermittlung des kodierten Wissens an die Hand geben sollen.
Multimediales Lernen reichert die Lehrbücher auf lernförderliche Art mit un-
terschiedlichen medialen Zugängen an. Audiovisuelle Medien, die bislang im
Unterricht eine eher randständige Rolle spielten, sollen die textlastige Lehr-
buchdarstellung ergänzen oder in geeigneten Fällen auch ablösen. Multi-
medialehre fügt dem Lernen mit Büchern oder dem audiovisuellen Abspiel-
material als wesentliche neue Komponente die programmierte Interaktion
hinzu. Dabei werden dem Lernenden Aktionen an der Tastatur erlaubt, auf
die in vorhersehbarer Weise Programme reagieren. Das bietet Möglichkeiten
der interaktiven, programmgesteuerten Selbstbeschäftigung beim Lernen.
Klassische Fixbilder sind Vokabellernen oder die Kontrolle von Rechnungen,
aber inzwischen ist eine Fülle anderer hilfreicher Techniken eingeführt wor-
den. Diese Vorstellungen gehen freilich überwiegend von einer Ergänzungs-
und Substitutionsfunktion multimedialer Lehr- und Lernmittel aus, die im
Unterricht wie zum Selbstlernen eingesetzt werden können.
Auch das Internet erlaubt die orts- und zeitversetzte Darstellung der multi-
medialen Lernbausteine. In diesem Sinne wird es als Transportmedium
Internationale Situation
164

interpretiert. Es fügt jedoch zwei wesentliche Komponenten hinzu, die mit


Lehrbüchern und digitalen Speichern und Multimediaprogrammen nicht er-
zielt werden konnten, nämlich eine Fülle von Kommunikationsmöglichkeiten
und einen prinzipiell unbegrenzten Zugriff auf die Informationsangebote des
Internets. Damit wird die klassische geschlossene Lernsituation gedruckter
oder audiovisueller Lehrmittel durchbrochen. Kommunikativ können mit
technischen Mittel geschlossene Nutzergruppen gebildet werden, die den
Klassenverbänden entsprechen und so das Netz in die herkömmliche ge-
schlossene Unterrichtssituation zurückführen.
Was die mit dem Internet entstandene Informationsoffenheit angeht, ent-
steht jedoch eine veränderte, neue Lehr- und Lernsituation, die die Prozesse
des selbstständigen Arbeitens (z.B. in der Bibliothek) in die Lehrsituation
des geschlossenen Unterrichts trägt.
Wird die freie Information aus dem Netz in der Unterrichtssituation unmit-
telbar vom Lernenden nutzbar, stehen die Lehrenden vor neuen Herausfor-
derungen. Ihren Behauptungen kann nicht nur aus dem Gedächtnis nach
dem eher zufälligen Kenntnisstand der Lernenden widersprochen werden,
sie müssen sich unter Umständen mit qualifizierten, aber auch unpräzisen
oder fehlerhaften Aussagen der enormen Faktenbestände des Internets
auseinandersetzen und mehr noch, den sicher größeren Unsinnsbeständen
qualifiziert widersprechen. Es ist sehr einfach, sich Lehrsituationen vorzu-
stellen, wo der gelehrten Lehrbuchmeinung unmittelbar im Unterricht zu-
greifbare Enzyklopädien wie Meyer Online oder Wikipedia entgegengestellt
werden – und sei es nur, weil das Internet aktueller sein kann als unsere
Lehrbücher(und es oft ist). Aus der Tradition der Schule mag dies für viele
Lehrende eine gewisse Herausforderung bedeuten.
Nun ist Lernen letztlich immer ein widersprüchlicher Prozess gewesen und
es scheint nicht abwegig, erfolgreiches Lernen auf aufgelöste Widersprüche
im Kopf der Lernenden zurückzuführen. Auch die Fiktion, zu erlernende Wis-
sensgebiete seien allein durch eindeutige, allgemein akzeptierte Lehrinhalte
gekennzeichnet, ist, aus der Nähe betrachtet nicht haltbar. Es gibt in allen
lebendigen Wissensgebieten kontroverse Lehrinhalte, die bei der gängigen
didaktischen Reduktion an den Rand gestellt werden konnten, nun aber
nicht mehr so leicht übergangen werden können. Und es gibt ständig neue
Entwicklungen, die ihren Weg in die Lernmaterialien noch nicht gefunden
haben (aber vielleicht auch nie finden werden).
Damit wird ein altes Lernziel wieder aktuell, nämlich die Welt, oder zumin-
dest den Lernstoff in ihrer Widersprüchlichkeit zu verstehen. Dazu genügt
es freilich nicht, das Problem (also den Widerspruch) zu memorieren, er
muss ebenso wie die nicht kontroversen Inhalte von den Lernern verstan-
den werden. Letztlich stellt sich erneut die Frage nach Möglichkeit und Sinn
eines fachlich definierten „Kanons”. Lernziel muss unter den Bedingungen
eines offenen (hier konkret: dem Internet gegenüber geöffneten) Unter-
richts über den „Kanon” hinaus der Erwerb von hinreichender „Urteilskraft”
sein, damit die Lernenden unter Hilfestellung der Lehrenden sich ein The-
mengebiet aktuell und angemessen erschließen können. Die Tendenz, Lehr-
pläne immer stärker stofflich anzureichern, wirkt sich unter solchen Bedin-
gungen eher kontraproduktiv aus. Gefordert werden müssen die Fähigkeiten
zu beurteilen und zu bewerten.
Zwingende Voraussetzung für einen solchen geöffneten vernetzten Unter-
richt ist freilich, dass die Lehrenden sich selber mit sicherem Urteil und das
heißt; selber stets lernwillig und revisionsbereit – den Themen des Unter-
Expertenmeinungen
165

richts nähern. Der Vorsprung des Lehrers in der Unterrichtssituation muss


also stets neu erarbeitet werden, er ist nicht durch die Autorität oder Erfah-
rung gegeben, wenngleich Letztere sicher hilfreich ist. Die Entfaltung von
Urteilskraft dauert, aber bildet die wesentliche Basis für selbständiges
Denken.

Literatur
Coy, W. (2001): Weder vollständig noch widerspruchsfrei. FifF-Kommunition
2(2001)4, S. 45-48.

9.2.7 Visuelle Kompetenz als Basisqualifikation

Die alte – neue Macht der Bilder


Visuelle Kompetenz als kulturelle Basiskompetenz

Josef Walch

Der Zeitpunkt, zu dem Medien zu Inhalten des Fächerkanons der allgemein-


bildenden Schulen in Deutschland und mit Blick auf diesen Beitrag insbe-
sondere im Fach Kunst als visueller Erziehung im ästhetischen Bereich wur-
den, lässt sich genau bestimmen. Ende der 1960er-Jahre publizierte der
Bildungsforscher Saul B. Robinsohn erstmals seine Thesen zur Auswahl von
Bildungsinhalten, die eine Revision des Gesamtcurriculums schulischer Bil-
dung zum Ziel hatten. Er forderte dabei u.a. die Bedeutung von Bildungs-
inhalten für das Weltverstehen, d.h. für die Orientierung innerhalb einer
Kultur und für die Interpretation ihrer Phänomene. „Bildung als Vorgang
(...) ist die Ausstattung zum Verhalten in der Welt” lautete die Kernthese
Robinsohns. Dabei war er sich bewusst, dass zunehmend die Medien das
„Verhalten zur Welt” mitbestimmen. Robinsohns Blick auf das Fernsehen als
neuem Element der Massenkultur und dessen rapide Ausbreitung, vor allem
in Amerika, führte vor dem Hintergrund eines zunehmend unkontrollierten
und unreflektierten Fernsehkonsums von Kindern und Jugendlichen zum
Begriff eines „Visuellen Analphabetismus”, der sich zwangsläufig daraus er-
gibt und der sprachliche und kommunikative Behinderungen schafft. Robin-
sohn war sich wohl der „Macht der Bilder” in einem zunehmend medienge-
prägten Alltag, in der Auseinandersetzung mit der Alltagswirklichkeit und
der Formung des eigenen Bildes der Welt bewusst. In die damaligen, auf
der Ebene der Bundesländer sehr unterschiedlich vorangetriebenen Revisi-
onsprozesse der schulischen Curricula zu Beginn der 1970er-Jahre wurde
erstmals der Bereich Medien in Lehrpläne und Rahmenrichtlinien aufge-
nommen. In damals bildungspolitisch fortschrittlichen Bundesländern wie
Hessen wurde die Forderung laut, das Schulfach Kunst in „Visuelle Kommu-
nikation/Bildende Kunst” umzubenennen, was zu heftigen fach- und bil-
dungspolitischen Kontroversen führte; einer Forderung, die aus heutiger
medienpädagogischer Sicht aber immer noch mehr als aktuell ist.

Im Rahmen der Entwicklung neuer didaktischer Konzepte war es die soge-


nannte „Berliner Schule” (Heimann/Otto/Schulz) mit einer lerntheoretisch
Internationale Situation
166

begründeten Didaktik, die den Begriff der Medien in die Planung des Unter-
richts einführte. Paul Heimann war sich bereits 1962 in einem ersten Ent-
wurf dieses didaktischen Konzepts der wachsenden Bedeutung der Medien –
und das betraf wie bei Robinsohn vor allem das Fernsehen – bewusst, er
sprach angesichts dieser Entwicklung vom „Ende der alten Didaktik” und
äußerte die Befürchtung, dass der Fernsehapparat die „lebendige Lehrerge-
stalt” ablösen könnte. Heimann, Schulz und Otto führten dann Mitte der
1960er-Jahre den Begriff der Medien neben Zielen, Inhalten und Methoden
in ihr didaktisches Konzept ein. Der Kunstpädagoge Gunter Otto unterschied
in der Folge und in Hinblick auf die schulische Praxis des Kunstunterrichts
zwischen Präsentations- und Realisationsmedien, denen er sehr viel später
den Begriff der Artikulationsmedien hinzufügte, ohne diesen Begriff aller-
dings weiter auszuarbeiten.

Das Schulfach Kunst öffnete sich in diesen Jahren erstmals auf breiter Ebe-
ne einem neuen Bildverständnis, indem es vor allem auch seine fachwissen-
schaftliche Basis durch eine Auseinandersetzung mit neuen Bezugswissen-
schaften wie der Semiotik, der Medientheorie oder einer kritischen Kunst-
wissenschaft erweiterte. Die Kunstgeschichte beschränkte sich nicht mehr
allein auf den Bereich der „Hochkunst”. Die Neurezeption historischer, iko-
nologischer und ikonografischer Forschungsansätze, wie sie von den Kunst-
historikern Aby Warburg oder Ernst Panofsky in den frühen Jahren des 20.
Jahrhunderts formuliert wurden und grundlegend für die aktuellen Diskussi-
onen um „Bildwissenschaft” sind, hatten nachhaltigen Einfluss auf den tra-
dierten Bereich der Bildbeschreibung und Bildanalyse, auch in Hinblick auf
Medienbilder, im Kunstunterricht. So lassen sich in Fachzeitschriften jener
Jahre, u.a. in „Kunst & Unterricht”, zahlreiche Beispiele eines innovativen
und kreativen Kunstunterrichts finden, denen auf der Grundlage dieser Ent-
wicklungen ein neues Bildverständnis zugrunde liegt. Dabei finden sich be-
reits viele Hinweise auf ein Missverhältnis zwischen Bilderflut und einer
kompetenten und kritischen Bildrezeption von Kindern und Jugendlichen.
Bezogen waren diese Beispiele, die von der Analyse historischer Flugblätter,
über Plakate, Comics bis zur Werbung und zum Film reichten, vor allem auf
den Kunstunterricht der Gymnasien und kaum auf Hauptschule oder Grund-
schule. Thematisiert wurde, was auch in der aktuellen Diskussion über Bild-
kompetenz zur Diskussion steht, die notwendige Fähigkeit, zwischen Abbild
und Wirklichkeit unterscheiden zu können, ebenso das Erkennen der kom-
munikativen Absichten der Bilder. Dies bezog sich auch auf Bilder aus der
Geschichte der Kunst, die bis zu diesem Zeitpunkt fast ausschließlich bild-
immanenten Analysen unterzogen wurden. Dabei spielte nicht nur die Re-
zeption, sondern auch die Produktion eine Rolle. Die Medien, die zur Ver-
mittlung einer – aus heutiger Sicht – Medienkompetenz im Kontext einer
visuellen Kompetenz genutzt wurden, reichten von der Herstellung von Pla-
katen und Flugblättern, Comics, Fotos und ersten Filmen auf der Basis von
S-8-Kameras bis zu ersten „schwergewichtigen” Videokameras. In der
Rückschau auf diese Entwicklung kann man feststellen, dass die Einstellung
eines Großteils der Kunstpädagoginnen und Kunstpädagogen gegenüber
dem Umgang mit Medien eher zurückhaltend und konservativ war und wohl
immer noch ist. Was Horst Dichanz in einer entsprechenden Analyse auf die
Gesamtheit der Lehrerinnen und Lehrer an Schulen bezog, lässt sich wohl
auch auf die Berufsgruppe von Lehrern, in deren Unterricht das Bild im
Mittelpunkt steht, beziehen: „Sie stehen zwar der Nutzung von Medien für
Expertenmeinungen
167

unterrichtliche und erzieherische Zwecke nicht generell ablehnend gegen-


über, sie nutzen Medien aber in ihren konventionellen methodisch-
didaktischen Unterrichtsmustern” (Dichanz 2002).

Wesentlichen Einfluss auf den Diskussionsverlauf über Medien in schulischen


und außerschulischen Bildungsprozessen ging in der Folge seit den 1970er-
Jahren von Dieter Baacke aus, der den Begriff der Medienkompetenzen zu
einem zentralen Begriff der Medienpädagogik machte. Die Kritik der Medien,
die Kenntnis ihrer Strukturen, ihre Nutzung und die kreative Gestaltung mit
Medien sollten die Grundlage dafür bilden, die Bedeutung der Systeme für
das individuelle und gesellschaftliche Leben zu verstehen, Medien und durch
Medien vermittelte Inhalte entsprechend den eigenen Bedürfnissen und Zie-
len kompetent und effektiv zu nutzen. Die Ausbildung einer kritischen Rati-
onalität war zentrales Ziel, eine dezidierte Diskussion über Bildwahr-
nehmung und visuelle Kompetenzen als Grundlage einer kreativen und
innovativen Mediengestaltung wurde dem untergeordnet.

Was Prozess und Versuch einer Etablierung der Medien in Bildungsprozesse


in diesen Jahren kennzeichnete und wohl heute noch kennzeichnet, ist, dass
durch den stetig zunehmenden Druck der Medien auf die Bildungspolitik
zahlreichen Gutachten und Modellversuche zur Mediennutzung in der Schule
und im Unterricht in den unterschiedlichen Fächern mit teilweise hohem
finanziellen Aufwand initiiert wurden. Dabei muss man Horst Dichanz zu-
stimmen, wenn er feststellt, dass Modellziele unter den Bedingungen von
Modellversuchen zu erreichen sind: „Die Übertragbarkeit solcher Modell-
lösungen wird selten überprüft und noch seltener nachgewiesen. Zu einem
Multiplikationseffekt haben diese Beispiele kaum geführt. Kenner der Szene
des Schulalltages weisen darauf hin, dass die alltägliche Unterrichts- und
Erziehungsarbeit im Hinblick auf die Medien nach wie vor nicht zufrieden-
stellend sei, es mit der Medienerziehung nicht recht voran gehe” (Dichanz
2002, S. 2). Zu den Bedingungen von Modellversuchen gehörte u.a., dass
die Modellschulen adäquat mit Medien ausgestattet waren, in der Regel aber
bis heute Schulen aller Schularten überwiegend enorme Defizite in der Aus-
stattung mit Medien aufweisen, womit die Umsetzung von Modellen, die
auch die Vermittlung einer allgemeinen Bildkompetenz oder visuellen Kom-
petenz im Kontext der Mediennutzung zum Ziel hatten, schon im Vorfeld
scheitern musste.

Neu entfacht wurde ein umfassendes und breites Interesse an Fragen der
Bedeutung des Bildes in gesellschaftlichen und kulturellen Kommunikations-
prozessen auf dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung der Neuen
Medien als bildbasierte Medien durch den 1992 von W.J.T. Mitchell gepräg-
ten Begriff des „Pictorial turn”. Der Kunsthistoriker Gottfried Böhm sprach
dann 1994 vom „Iconic turn”. Die im Kontext dieser Diskussion auf dem
über eine zunehmende Verlagerung der sprachlichen auf die visuelle Infor-
mation und Kommunikation formulierten Vorstellungen und Ziele liefen dar-
auf hinaus, eine der allgemeinen Sprachwissenschaft vergleichbare „Wis-
senschaft vom Bild” zu entwickeln. Basis sollte eine interdisziplinäre Aus-
einandersetzung mit der Welt der Bilder sein, Erkenntnisse und Methoden
der Kunstgeschichte, Semiotik, Medienwissenschaft, Kognitionswissen-
schaft, Psychologie, Neurologie, Naturwissenschaften u.a. sollten und sollen
Grundlagen für ein Konzept einer interdisziplinären Bildforschung liefern.
Internationale Situation
168

Zusammenhänge zwischen Bild und Begriff, Anschauung und Denken, Bild


und Sprache wurden auf breiter Ebene diskutiert. Die Bedeutung der Bilder
gegenüber der Sprache wurde in diesen Diskussionsprozessen nachhaltig
aufgewertet. Dabei wurde in vielen Forschungsbeiträgen deutlich, welche
Bedeutung Bilder neben der Kunst und den Medien in den Naturwissen-
schaften und Geisteswissenschaften (Geschichte, Politik u.a.) haben. In
einem Interview mit der Wochenzeitung „DIE ZEIT” äußerte sich Horst Bre-
dekamp 2005 zu dieser Entwicklung, dass der „Iconic turn” ein ungeheures
Interesse für alle Fragen des Bildes ausgelöst habe, aber kaum dazu beige-
tragen habe, die Erforschung der formalen Bedingungen des Gegenstandes
„Bild” voranzubringen: „Es ist eine Illusion, zu glauben, dass man Bild-
wissenschaft betreiben könne ohne Bildforschung. Dieses Unterfangen ist
für meinen Begriff grandios gescheitert. Bildwissenschaft ohne Bildforschung
bleibt am Ende entweder rein begriffliche Rhetorik oder begriffslose Anwen-
dung” (Bredekamp 2005). Wie andere Wissenschaftler verweist Bredekamp
dabei auf Folgendes: „Wer das Phänomen unterschätzt, dass Bilder emotio-
nale, körperliche Reaktionen hervorrufen können, wird sich der Problemtie-
fe, die vom visuellen Phänomen ausgeht, überhaupt nicht nähern können”
(ebd.). Steffen-Peter Ballstaedt hat dies 2006 in einem aktuellen Beitrag
über „Die Macht der Bilder” so formuliert: „Die Wirkung von Bildern beruht
auf der prärationalen Natur der visuellen Wahrnehmung, die neuropsycho-
logisch eng mit Emotionen verbunden sind” (Ballstaedt 2006, S. 5). Bilder
haben, wie Lothar Mikos in dieser Diskussion anmerkt, ikonische und sym-
bolische Qualitäten: „Zwischen diesen beiden Qualitäten unterscheiden zu
können, ist wesentliches Merkmal einer Fähigkeit, die man als visuelle Kom-
petenz bezeichnen könnte, und die einer Medienkompetenz vorgelagert ist,
weil sie auch bei nicht medialen visuellen Erfahrungen eine Rolle spielt” (Mi-
kos 2000, S. 9).
Diese hier zwangsläufig nur verkürzt und stichwortartig wiedergegebene,
inzwischen aber durch zahlreiche Forschungsergebnisse fundierte Diskussi-
on macht deutlich, dass der Stellenwert visueller Kommunikation in Bil-
dungsprozessen deutlich aufgewertet werden muss, wenn man Kultur (darin
eingeschlossen die Medien) nicht nur sprachbasiert, sondern als komplexes
und vernetztes Geflecht von Bildern, zunehmend digitalisierten Bildern, ver-
standen wissen will. Logisch wäre, und dies wird vor allem aus der Sicht der
ästhetischen Erziehung seit einiger Zeit gefordert, „Visuelle Kompetenz” in
den Kanon der Basisqualifikationen, wie sie in der PISA-Studie beschrieben
und analysiert werden, aufzunehmen. In den angloamerikanischen Ländern
und Skandinavien hat diese Diskussion um eine „Visual Literacy” inzwischen
eine längere Tradition mit positiven Auswirkungen auf das Bildungswesen.
Eine Studie zur visuellen Kompetenz im Kontext einer Medienkompetenz
von Schülerinnen und Schülern in Deutschland – vergleichbar der PISA-
Studie – würde dabei wohl sehr aufschlussreiche und folgenreiche Ergebnis-
se bringen. Sie wäre auch im Sinne von Bredekamp „Bildforschung”, die
wichtige Grundlagen für die weiterführende Konzepte einer visuellen und
kulturellen Bildung liefert. Visuelle Kompetenz als kulturelle Basiskompetenz
beinhaltet zwei wichtige Schlüsselqualifikationen. Sie ist Grundlage einer
aktiven, kritischen und bewussten Wahrnehmung und Handlungsorientie-
rung und bildet vor dem Hintergrund der Flut zunehmend digitaler Bilder
Selektionsstrategien aus, die „vor dem Vertrauen in die Unmittelbarkeit der
Bilder schützt und für die Macht, die mit Bildern ausgeübt wird, sensibilisiert
(Ballstaedt 2006, S. 7).” Das Konzept der Medienkompetenz müsste, wie
Expertenmeinungen
169

dies Lothar Mikos fordert, um die „nicht diskursiven Praxen der ästhetischen
Erfahrung erweitert werden” (Mikos 2000, S. 10), um so bei Kindern und
Jugendlichen grundlegende Kompetenzen auszubilden, „die Konstruktionen
der Welt in dieser Kultur diskursiv und präsentativ zu erfassen, um sich so
mit ihren Erfahrungen und Erlebnissen in eben dieser Kultur positionieren zu
können” (ebd.). Viele innovative Synergieeffekte in unserem Bildungssys-
tem könnten von einer engen Vernetzung zwischen visueller und sprach-
licher Erziehung, visueller und sprachlicher Kompetenz ausgehen. Würde
das realisiert, so wäre das vielleicht das „Ende der (immer noch herrschen-
den; J.W.) alten Didaktik”, wie dies von Paul Heimann vor nun mehr als 40
Jahren prognostiziert wurde.

Literatur
Ballstaedt, S.-P. (2006): Die Macht der Bilder. In: Zhwinfo. Zürcher Hoch-
schule Winterthur, 29/2006, S. 4-7
Bredekamp, H. (2005): „Im Königsbett der Kunstgeschichte”, Interview mit
Horst Bredekamp, geführt von Peter Jessen und Petra Kipphoff. DIE ZEIT,
15/2005
Dichanz, H. (2002): Wo steht die Medienpädagogik in der Schule heute?
<http://www.mediaculture-online.de/fileadmin/bibliothek/dichanz_berka/
dichanz_berka.pdf, 09/2006>
Mikos, L. (2000): Ästhetische Erfahrung und visuelle Kompetenz: Zur Er-
weiterung der diskursiven Medienkompetenz um präsentative Elemente.
Onlinezeitschrift Medienpädagogik 2000-1
http://medienpaed.com/00-1/mikos1.pdf, 09/2006

9.2.8 Digitale Medien und Knowledge Communities

Knowledge Communities als Zentralisationspunkte


von Wissen – eine bildungspolitische Herausforderung

Ulrike Cress/Friedrich Wilhelm Hesse

Knowledge Communities im Alltag


Eva Müller arbeitet als Referendarin an einer Hauptschule und bereitet sich
erstmals auf die Unterrichtseinheit „Vulkane” vor. Sie hat mehrere Lehrer-
handbücher zur Vorbereitung herangezogen und will sich zusätzlich auch im
Internet zu diesem Thema informieren. Sie findet unter http://www.4tea-
chers.de tatsächlich einen entsprechenden Unterrichtsentwurf. Wie der Be-
schreibung zu entnehmen ist, stammt dieser Entwurf von einem älteren Kol-
legen, der über viel Unterrichtserfahrung verfügt. Unter den Kommentaren
zum Material findet sie Anmerkungen von zwei weiteren Kollegen, die be-
richten, den Entwurf umgesetzt zu haben. Beide weisen darauf hin, dass er
interessante Unterrichtsideen und -methoden aufweist, aber insgesamt zu
umfassend und in dem für das Thema veranschlagten Zeitraum kaum
durchzuführen sei. Eva Müller fragt daraufhin bei den beiden Kollegen nach,
ob sie andere Entwürfe empfehlen könnten. Da dies nicht der Fall ist, nimmt
Internationale Situation
170

Eva Müller die Mühe auf sich, den Entwurf selbst zu überarbeiten. Nachdem
sich das modifizierte Konzept ihrer Meinung nach in der Umsetzung im Un-
terricht bewährt hat, beschließt sie, den Unterrichtsentwurf wieder ins In-
ternet zu stellen und anderen Kollegen zugänglich zu machen. Zwei Wochen
später erhält sie die erste Anfrage einer Kollegin, die wissen möchte, ob sie
glaube, der Unterrichtsentwurf sei auch für Realschüler geeignet. Ein weite-
rer Kollege hat diese Rückfrage gelesen und empfiehlt dafür ein anderes
Konzept, auf das er bei seiner Recherche im Netz gestoßen ist.

Das Prinzip der Selbstorganisation


Netzbasierte Interaktionen, wie sie im Beispiel beschrieben wurden, haben
in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen und werden zu-
künftig durch die aktuellen Entwicklungen von Social Software Technologien
noch wichtiger werden. Sie zeigen, dass ein Potenzial digitaler Medien darin
liegt, verschiedene Personen zusammenzuführen. Vor allem im Freizeitbe-
reich machen Internetnutzer von diesen Möglichkeiten extensiv Gebrauch:
Millionen von Internetnutzern verbringen ihre Zeit in Chatrooms, recher-
chieren in Tauschbörsen, beteiligen sich mit Begeisterung an Newsgruppen
oder nehmen an Multi-Player-Spielen teil.
Im Kontext von Bildung und Wissen haben sich selbst organisierte Gemein-
schaften gebildet. Sie werden von Personen getragen, die ein gemeinsames
Interesse an einem Thema verbindet, die im Internet ihre Kommunikations-
plattform finden, sich dort über ihr Interessensgebiet austauschen, sich
über neue Entwicklungen informieren oder sich gegenseitig Fragen beant-
worten. Doch häufig bleibt es nicht allein beim Austausch von Informatio-
nen. Kennzeichnend für solche Gemeinschaften ist die Entwicklung einer
eigenen Dynamik: Ähnlich wie in Online-Spielen werden die Mitglieder einer
Knowledge Community häufig stark von der gemeinschaftlichen Aktivität
angezogen, sie identifizieren sich so sehr mit den Inhalten und dem Aus-
tausch in der Gruppe, dass die Zugehörigkeit zur Community als identitäts-
stiftend erlebt wird. Die Gruppenmitglieder beginnen, sich zunehmend über
ihre inhaltliche Expertise und ihre Zugehörigkeit zur Gruppe zu definieren
(Wenger 1999). Die Knowledge Community entwickelt sich dadurch
weiter, und kann zum Zentralisationspunkt für die Entwicklung von neuem
Wissen werden.

Die Entwicklung neuen Wissens


Wie im einführenden Beispiel von Eva Müller tragen Knowledge Commu-
nities nicht nur Informationen zusammen und machen sie verfügbar, son-
dern sie entwickeln auch Inhalte weiter und erstellen kreativ gemeinsame
Produkte, wie etwa Unterrichtsentwürfe, Lexikon-Artikel oder frei verfüg-
bare Software (vgl. Stewart 2005).
Ein herausragendes Beispiel für ein kollaborativ erstelltes Produkt ist die
Online-Enzyklopädie Wikipedia (www.wikipedia.org). Die Wiki-Technologie
verleiht jedem Internetnutzer Schreib- und Löschrechte, wodurch jeder
selbstständig neue Inhalte beisteuern bzw. bestehende Inhalte verändern
kann. Im Prinzip ist damit jede Person frei, sich ihren individuellen Interes-
sen gemäß zu verhalten und die Inhalte nach den eigenen Vorstellungen zu
verändern. Dennoch hat sich gezeigt, dass sich im Lauf der Zeit Vollständig-
keit, Objektivität und Richtigkeit als wichtige Ziele der Community durchge-
setzt haben. Deshalb werden Inhalte, die diesen Ansprüchen nicht gerecht
werden, von Community-Mitgliedern zumeist schnell korrigiert oder ge-
Expertenmeinungen
171

löscht. Innerhalb weniger Jahre entstand so eine umfassende und qualitativ


hochwertige Enzyklopädie, die konkurrenzfähig zu klassischen Lexika ist.
Dabei bildet die Technologie einerseits die Plattform, auf der das gemein-
same Produkt entsteht und die für alle Nutzer zugänglich ist. Andererseits
stellt sie das Forum dar, auf dem die Knowledge Community kommuniziert
und öffentlich diskutiert. Auf den zu den Inhaltsseiten gehörenden Diskussi-
onsseiten von Wikipedia wird z.B. diskutiert, ob zu einem Thema bestimmte
Aspekte richtig dargestellt werden, ob zusätzlich Aspekte aufgenommen
werden müssen, ob es notwendig ist, das Thema noch deutlicher von ande-
ren Wikipedia-Einträgen abzugrenzen oder Einträge zusammenzufassen.
Das Internet spielt bei der Entstehung von Knowledge Communities eine
große Rolle, weil es die Vernetzung von räumlich verteilten Personen erst
ermöglicht und weil die Communities hier eine Plattform finden, in der die
Kommunikation öffentlich und damit für alle zugänglich ist. So hatte es bis-
her keine andere Technologie ermöglicht, dass Personen in Gruppen von
unbeschränkter Größe selbstgesteuert und ohne jede zentrale Koordination
gemeinsam an einem Produkt arbeiten.
Erfolgreiche Beispiele von Knowledge Communities zeigen einen wichtigen
Bedeutungswandel von Wissen und Bildung. Wissen wird in Communities
nicht von Experten erzeugt und an entsprechende Nutzergruppen übermit-
telt. Stattdessen sind es die Beteiligten selbst, die ihre Erfahrungen austau-
schen, aus ihnen Konsequenzen ziehen und neue Lösungsansätze diskutie-
ren. Dabei bleibt die Community nicht auf einem einmal erreichten Wissens-
stand; vielmehr ist eine lebendige Knowledge Community von sich aus be-
strebt, neue Erkenntnisse als Wissensressourcen aufzunehmen und in ihren
Wissensbestand zu integrieren. Knowledge Communities besitzen deshalb
einen autopoietischen Charakter, d.h. sie entwickeln sich aus sich selbst
heraus weiter. Wie im einführenden Beispiel dargestellt, wird Wissen nicht
„angehäuft”, sondern sozial konstruiert. Jeder Beteiligte kann eigene Ge-
sichtspunkte einbringen, wodurch auch jeder Teilnehmer auf den Erfahrun-
gen der anderen aufbauen kann. Dadurch haben Knowledge Communities
auch das Potenzial, Erfahrungswissen oder so genanntes stilles Wissen (tacit
knowledge) zu transferieren. Unternehmen haben deshalb inzwischen die
Effizienz solcher Communities erkannt und sie in ihre Wissensmanagement-
Konzepte eingebunden. In Communities of Practice (vgl. Coakes/Clarke
2005) sollen quer zur Firmenhierarchie aktuelle Probleme aus der Praxis
diskutiert werden, und die Mitglieder sollen bei der Bearbeitung konkreter
Probleme voneinander lernen (Cress 2006).

Lernen in Knowledge Communities


Neben dem Bestreben von Unternehmen, Knowledge Communities als Trä-
ger von Weiterbildung und Wissensmanagement zu etablieren, gibt es aber
auch Anstrengungen, sie für schulisches Lernen fruchtbar zu machen. Schu-
le und Unterricht wollen nicht träges Wissen erzeugen, sondern Schüler in
die Lage versetzen, Gelerntes auf konkrete Fragestellungen anzuwenden,
die individuelle Sichtweise der Welt mit anderen zu diskutieren und das
eigene Verständnis von Sachverhalten im Dialog mit anderen zu überprüfen.
Genau dazu können Wissensgemeinschaften dienen, hier können Schüler
entsprechende Kompetenzen aufbauen, kollaborativ neues Wissen generie-
ren und eine Identität als Wissende, d.h. als Experten eines Fachgebiets,
ausbilden (Cress/Hesse 2006).
Internationale Situation
172

Ein Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung stellt das Knowledge Forum
von Scardamalia und Bereiter dar (Bereiter 2002; Scardamalia 2004). Dabei
handelt es sich um eine in Nordamerika vielfach verwendete und gut evalu-
ierte Lernumgebung. Bei dieser Lernumgebung entwickeln Schüler gemein-
sam Ideen, diskutieren miteinander ihre Vorstellungen und praktizieren kol-
laboratives „Knowledge Building”. Kinder lernen dabei z.B. im Naturkunde-
unterricht, ihr Wissen auf beobachtete Phänomene anzuwenden und ausge-
hend von ihrem Wissen Hypothesen über die Ursachen dieser Phänomene
zu bilden. Sie erkennen im gemeinschaftlichen Diskurs die Grenzen dieser
Erklärungen, suchen nach Informationen, die weitere Hypothesen erlauben
und prüfen gemeinsam neue Erklärungen. Dieser Prozess ist so angelegt,
dass der Wissensaustausch nicht nur innerhalb von Klassen geschehen
kann, sondern auch klassen-, schul- und altersübergreifend. Eine Vielzahl
kontrollierter Untersuchungen zu dieser Umgebung zeigt dabei, dass dieses
Lernumfeld Schüler hoch motiviert und zu einem großen Wissenszuwachs
führt.
Für Schulen ergeben sich durch diese neue Form des Lernens zahlreiche
Chancen: Schüler erfahren ganz direkt, dass Wissen im Diskurs mit anderen
erworben und generiert wird, sie erleben sich selbst nicht nur als Lernende,
sondern auch als Experten, die mit anderen Experten diskutieren. Der Lern-
raum ist kein nach außen hin abgeschlossener Klassenraum, sondern wird
als virtueller Lernraum öffentlich. Schüler generieren kollaborativ Produkte,
die im Internet verfügbar sind. Sie produzieren damit etwas, was über den
eigenen Klassenraum hinaus Bestand hat.

Knowledge Communities als bildungspolitische Herausforderung


Die Entwicklung selbst organisierter Knowledge Communities im Internet
zeigt, welches Potenzial digitale Medien für den Wissensaustausch und die
Wissenskonstruktion besitzen. Während früher einer Person nur eine relativ
begrenzte Anzahl von direkten Ansprechpersonen zur Verfügung stand,
kann sie sich heute relativ einfach mit anderen Personen vernetzen, die
über ein für sie relevantes Wissen verfügen. Aus dem Bedarf nach Kommu-
nikation und Wissensaustausch haben sich selbstgesteuert zum Teil sehr
aktive Gemeinschaften entwickelt, in denen Wissen erzeugt wird, das als
öffentliches Gut im Internet allen Interessierten zur Verfügung steht. Diese
Communities sind häufig mehr oder weniger spontan entstanden und funk-
tionieren vor allem im Bereich des selbst organisierten, informellen Lernens
ausgezeichnet. Besonderes Kennzeichen ist ihr hohes Potenzial, Menschen
zum Austausch von Informationen und zur Zusammenarbeit untereinander
zu motivieren. Die Entwicklung zeigt, dass viele Jugendliche und Erwachse-
ne in solchen Communities involviert sind und sich dort mit großem Enga-
gement beteiligen. Mit seinen genannten Besonderheiten sind die Know-
ledge Communities deshalb schon jetzt zu wichtigen Vehikeln für lebens-
langes Lernen geworden.
Es wird eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre sein, dieses Potenzial der
digitalen Medien auch gezielt für Bildungszwecke zu nutzen und nicht allein
der Selbstorganisation zu überlassen. Eine zentrale Schwierigkeit ergibt sich
dabei aus dem Sachverhalt, dass es dem Prinzip der unabhängigen, auf
Freiwilligkeit basierenden selbstorganisierten Gemeinschaften widerspricht,
sie als Medium der Lehre und Wissensvermittlung unmittelbar in formale
Strukturen wie Schule oder Weiterbildung zu übertragen, weil dies ihre
Lebendigkeit und Kreativität zerstören könnte. Vielmehr müssen dazu neue
Expertenmeinungen
173

Konzepte entwickelt werden, um solche Communities im Unterricht oder in


der Weiterbildung in einer Weise zu etablieren, die ihre grundlegenden Prin-
zipien des Wissensaustauschs und der gemeinschaftlichen Konstruktion von
neuem Wissen erhält. Menschen wie Eva Müller aus dem einführenden Bei-
spiel sollen schließlich dabei unterstützt werden, wenn sie sich gemeinsam
mit anderen an der Entwicklung neuer Konzepte beteiligen, von denen letzt-
lich viele profitieren können. Auch Aus- und Fortbildungszentren, Informati-
onsbörsen oder Bildungsportale, auf die bestimmte Zielgruppen schwer-
punktmäßig zugreifen, werden sich zukünftig zu fragen haben, in welcher
Weise sie Communitites unterstützen oder aufbauen können, die ihrerseits
Inhalte entwickeln oder pflegen und Wissen weitertragen. Neue Medien
werden dabei eine zentrale Rolle spielen, weil sie die Communities zeit- und
ortsunabhängig unterstützen können und entsprechende Plattform der Ko-
operation sein können. Und schließlich werden sich Schulen die Frage zu
stellen haben, inwieweit sie ihre Schüler zu einem motivierten, aktiven Ler-
nen und zum kritischen Diskurs mit anderen führen können, indem sie
ihnen die Erfahrung vermitteln, Teilnehmer einer aktiven, sich selbst ständig
weiterentwickelnden Knowledge Community zu sein.
Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, bedarf es einer multidis-
ziplinären Zusammenarbeit. Dabei müssen neben pädagogischen Erfahrun-
gen auch Erkenntnisse aus der psychologischen Forschung zu Lernen, Moti-
vation und Kognition einfließen. Ergänzt werden muss diese Perspektive
durch das technische Know-how von Informatikern und der Entwicklung von
lernförderlichen Tools aus dem Bereich des Computer-Supported Collabora-
tive Learning (Haake/Schwabe/Wessner 2004; Koschmann 1996). Neue
zeitgemäße pädagogische Konzepte müssen entwickelt werden, die an die
Altersstufen und Curricula angepasst sind, sie müssen implementiert und
evaluiert werden. Hier besteht vor allem ein Bedarf an einer anwendungs-
orientierten Grundlagenforschung (Hesse/Zahn 2006). Diese sollte weit
mehr als Evaluationsforschung sein, deren Ziel es ist, konkrete Anwendun-
gen im Einzelfall zu bewerten. Vielmehr sollte sie in der Lage sein, Lernset-
tings so zu entwickeln, zu implementieren und zu erforschen, dass generali-
sierbare Befunde abgeleitet werden können, die auf andere Anwendungs-
kontexte übertragbar sind.

Literatur
Bereiter, C. (2002): Education and mind in a knowledge society. Mahwah,
NJ: Erlbaum
Brown, J. S. /Duguid, P. (1991): Organizational learning and communities-
of-practice: Towards a unified theory of working, learning and innovation:
In Organization Science, 2/1, S. 40-57
Coakes, E./Clarke, S. (2005): Encyclopedia of Communities of Practice in
Information and Knowledge Management, Hershey: Idea Group Refer-
ence, 2006
Cress, U. (2006): Effektiver Einsatz von Datenbanken im betrieblichen
Wissensmanagement. Bern: Verlag Hans Huber
Cress, U./Hesse, F. W. (2006): The social complexity in establishing and
sharing information resources. In: Elen, J./Clark, R.E. (Eds.): Handling
Internationale Situation
174

Complexity in Learning Environments: Research and Theory. Amsterdam:


Elsevier, S. 67-87
Haake, J./Schwabe, G./Wessner, M. (2004): CSCL-Kompendium. München:
Oldenbourg Wissenschaftsverlag
Hesse, F.W./Zahn, C. (2006): Verbindung von Erkenntnis- und Nutzerinte-
resse am Beispiel eines Forschungsprojektes aus der angewandten Kogni-
tionspsychologie. In: Deutsche Forschungsgemeinschaft (Hrsg.): Entwick-
lung und Bewertung von anwendungsorientierter Grundlagenforschung in
der Psychologie. Berlin: Akademie Verlag, S. 55-60
Koschmann, T (1996): CSCL. Theory and practice of an emerging paradigm.
Mahawah, NJ: Erlbaum
Scardamalia, M. (2004): CSILE/Knowledge Forum. In: Education and tech-
nology: An Encyclopedia. Santa Barbara: ABC-CLIO, S. 183-192
Stewart, D. (2005): Social status in an open-source community. American
Sociological Review, 70, S. 823-842
Wenger, E. (1999): Communities of Practice: Learning, Meaning and Iden-
tity. Cambridge University Press.
175

10 Empfehlungen
Rahmenbedingungen

Digitale Medien haben in allen Lebensbereichen inzwischen eine enorm hohe


Bedeutung gewonnen und führen fortwährend zu Weiterentwicklungen und
Veränderungen in unterschiedlichen Kontexten. Dazu zählen beispielsweise
die Herausbildung neuer kultureller Praxen, etwa in der Kommunikation, die Bedeutung
digitaler
Veränderung von Lehr- und Lernprozessen, neue Möglichkeiten der Er- Medien
kenntnisgewinnung, der Wandel von Arbeits- und Produktionsprozessen
oder die Entstehung neuer Märkte und Berufsbilder. Dabei handelt es sich
nicht um einen kurzfristigen Hype, sondern um eine grundlegende, tiefgrei-
fende und nachhaltige Veränderung, die letztlich auch Einfluss nimmt auf
das Verhältnis des Menschen zu seiner dinglichen und sozialen Umwelt so-
wie zu sich selbst.

Einer solchen grundlegenden Bedeutung ist in Bildungsprozessen entspre-


chend Rechnung zu tragen. Nicht nur im schulischen, sondern auch im vor-
schulischen Bereich, in der beruflichen Ausbildung sowie in der Fort- und
Weiterbildung sind digitale Medien als Mittel und Instrumente des Lehrens
und Lernens oder als Gegenstand der Analyse und Reflexion im didaktischen
und im erzieherischen Sinne nicht mehr wegzudenken. Hinzu kommt, dass
digitale Medien außerhalb institutionalisierter Kontexte auf breiter Ebene
Bestandteil informeller Lernprozesse und damit ein selbstverständlicher Teil
der Erfahrungswelt geworden sind.

Im Rahmen schulischer und außerschulischer Bildungsbemühungen gilt es,


Kinder und Jugendliche zu einem sachgerechten, selbstbestimmten, kreati- Bildungs-
und
ven und sozial verantwortlichen Handeln zu befähigen. Dies bedeutet, dass Erziehungs-
sie in der Lage sind, sich die Welt durch und mit Medien zu erschließen und ziele
anzueignen und dabei gleichzeitig Einblick in die durch digitale Medien bzw.
durch die zugrunde liegenden technologischen Entwicklungen bedingten
Veränderungen zu gewinnen. Diese Aufgabe stellt sich nicht nur für einzelne
Bildungsbereiche, sondern sowohl bildungsgangübergreifend als auch
fächerübergreifend.

Die IT-Branche ist eine vergleichsweise junge Disziplin, die allerdings durch
besonders kurze Innovationszyklen geprägt ist. Entsprechend kann in die- Technolo-
sem Bereich nicht von „abgeschlossenen Entwicklungsständen” gesprochen gischer
werden, die dann Eingang in die schulische Arbeit mit Medien finden. Viel- Wandel
mehr handelt es sich um einen permanenten Prozess der Innovation, der
auch in kontinuierlicher Weise mit Bildungsprozessen rückgekoppelt werden
muss. Ein Land mit hohem technologischem Know-how kann es sich nicht
leisten, Bildungsprozesse von diesen Entwicklungen zu entkoppeln. In nicht-
Empfehlungen
176

schulischen Bereichen findet eine solche enge Kopplung bereits statt. So


sind beispielsweise im Bereich der Kommunikation Mobiltelefone in kurzer
Zeit Bestandteil veränderter kultureller Praxen geworden und werden
genutzt, um Bedürfnisse im Kontext von Kommunikation und informellem
Lernen zu befriedigen.

Diese Entwicklungen deuten darauf hin, dass bestimmte Institutionen – ins-


besondere die Schule – kein Monopol mehr im Hinblick auf Lernprozesse
besitzen, sondern dass Lernen an verschiedenen Orten und in individueller,
bedarfs- und bedürfnisentsprechender Weise stattfindet. Zudem ist Lernen
Lebenslan- nicht mehr allein auf einen bestimmten Qualifikationszustand ausgerichtet,
ges Lernen
sondern ein lebenslanger Prozess. Dieser Auffassung liegt ein Bild vom
Menschen als eigenaktivem Wesen zugrunde, das stetig bemüht ist, seine
Umwelt in Wahrnehmungs-, Konstruktions- und Kommunikationsprozessen
zu erschließen und an deren Gestaltung mitzuwirken. Dieser Prozess des
lebenslangen Lernens wird zum einen durch digitale Medien heraus-
gefordert, zum anderen kann er durch sie in geeigneter Weise unterstützt
und begleitet werden.

Gerade weil Lernen immer stärker auch im so genannten informellen oder


non-formalen Bereich stattfindet, ist es wichtig, Angebote für diejenigen zur
Verfügung zu stellen, die nicht in institutionalisierten Kontexten verankert
sind oder aufgrund anderer Einschränkungen solche nicht wahrnehmen
können. Eine entsprechende Breitenwirkung kann über netzbasierte Ange-
bote erreicht werden. Gleichzeitig stellt das Internet einen „sichtbaren” Ort
dar, an dem die Auseinandersetzung mit digitalen Medien im Bildungsbe-
reich geführt wird. Dies bedeutet zum einen, fachliche Angebote für Lehren-
de und Lernende zur Verfügung zu stellen, zum anderen aber auch, das
Netz selbst zur Vermittlung von Innovation zu nutzen.

Digitale Medien sind kein Selbstzweck und würden im Bildungskontext auch


keine solche Aufmerksamkeit erfahren, wären sie nicht in so grundlegender
Weise an privaten und beruflichen Prozessen der Lebensführung und -ge-
staltung beteiligt. Es ist nahe liegend und plausibel, dass Implementations-
prozesse zunächst den Fokus auf die Ausstattung und die Auseinander-
Schulen ans setzung mit technischen Aspekten digitaler Medien richteten. Dies wird –
Netz –
Bildung im
mit Bezug auf die technologischen Weiterentwicklungen – auch weiterhin
Netz erforderlich bleiben, wenngleich zunehmende Anwenderfreundlichkeit und
Interoperabilität sowie sinkende Preise von Endgeräten hier deutliche Ent-
lastung erwarten lassen. Vor dem Hintergrund der oben genannten Entwick-
lungen ist es aber notwendig, einen Blickwechsel vorzunehmen und wesent-
lich stärker die mit den Medien verbundenen Bildungsprozesse in den Vor-
dergrund zu rücken. Es muss vorrangig darum gehen, Bildungsprozesse im
Netz und mit digitalen Medien zu initiieren und zu unterstützen – und zwar
für und mit unterschiedliche(n) Zielgruppen. Dazu gilt es auch, in breiter
Fläche Infrastruktur – insbesondere in Form leistungsfähiger breitbandiger
Netze – weiterzuentwickeln bzw. sicherzustellen.

Nicht nur von staatlicher Seite muss ein großes Interesse daran bestehen,
Menschen zu einem kompetenten Umgang mit neuen Technologien zu befä-
higen, sowohl im Hinblick auf eine sachgerechte und zielführende Nutzung
als auch in Bezug auf eine kritische Betrachtung und Mitgestaltung von
Empfehlungen
177

Technik. Ebenso sind Industrie und Wirtschaft gefordert, sich in Bildungs- Public
prozessen zu engagieren und die heranwachsende Generation in ihrer Ent- Private
wicklung zu unterstützen. Dies ist nicht nur eine Frage von wirtschaftlichen Partnership
Erwägungen im Hinblick auf spätere Konsumgruppen, sondern auch eine
Frage der gesellschaftlichen Verantwortung. Darüber hinaus kann die Ent-
wicklung von Medien von der Einbindung auch der Lernenden letztlich profi-
tieren. In dieser Kooperation von privater und staatlicher Hand sind auch
die Stiftungen wichtige Partner.

Die derzeitige Situation im Bereich digitaler Medien in der Schule ist aller-
dings nicht zufriedenstellend. Von einer Integration digitaler Medien in schu-
lische Lehr- und Lernprozesse kann noch nicht durchgängig die Rede sein,
die Potenziale digitaler Medien werden noch nicht ausgeschöpft. Zwar sind
in den letzten Jahren kontinuierlich Verbesserungen erreicht worden, aber
der derzeitige Zustand ist weder im Hinblick auf die Ausstattung noch im
Hinblick auf die Verwendung in Bildungsprozessen ausreichend. Digitale Me-
dien werden in Deutschland derzeitig im Wesentlichen im häuslichen Umfeld
genutzt, die Schule stellt einen nachrangigen Lernort dar. Zu Hause hat ein
großer Teil der Kinder und Jugendlichen Zugang zu einem Computer, wenn
dies auch immer noch deutlich vom sozioökonomischen Status abhängig ist.
Die in Deutschland im internationalen Vergleich größte Differenz zwischen
der Häufigkeit der schulischen und der häuslichen Nutzung deutet darauf
hin, wie notwendig es ist, institutionalisierte und informelle Prozesse der
Nutzung von Medien und des Lernens mit Medien zusammenzuführen.

Deutlich positiver ist das allgemeine Klima in Bezug auf digitale Medien. Alle Medienklima
an Schule beteiligten Akteure – Schüler, Lehrer und Eltern – weisen digita-
len Medien einen hohen Stellenwert zu und stehen ihnen aufgeschlossen
gegenüber. Diese Grundstimmung und die im Kontext der Arbeit mit digita-
len Medien zu verzeichnenden Erfolge gilt es aufzunehmen und in konstruk-
tiver Weise konsequent weiterzuführen.
Erschwert wird die Integration digitaler Medien in Bildungsprozesse durch
die Diskrepanz zwischen der Trägheit von Innovationsprozessen in Bildungs-
institutionen und der Geschwindigkeit technologischer Innovationsprozesse.
Diese Diskrepanz hat z.B. für die Schule weit reichende Folgen, da sich die
Medienwelten, in denen sich Schülerinnen und Schüler bewegen, von den
schulischen Medien- und Erfahrungswelten zunehmend zu entfernen
drohen.

In internationaler Hinsicht ist Deutschland insgesamt noch nicht auf ver-


gleichbarem Niveau. In verschiedenen Bereichen, z.B. in der Entwicklung Konkurrenz-
fähigkeit
von Lernsoftware oder in der beruflichen Bildung, sind zwar – auch mit För-
derung des Bundes – gute Erfolge erzielt worden. Es fehlt aber nach wie vor
an einer breiten und nachhaltigen Verankerung. Die in Deutschland in vielen
Fallstudien dokumentierten positiven Effekte im Rahmen der Nutzung von
digitalen Medien in Lehr- und Lernprozessen entsprechen tendenziell den
internationalen Befunden. Will die Bundesrepublik ihr Bildungssystem kon-
kurrenz- und anschlussfähig halten, ist ein verstärktes Engagement weiter-
hin erforderlich.
Empfehlungen
178

Handlungsbereiche und Handlungsbedarfe

Digitale Medien sind integraler Bestandteil unserer Lebenswelt und spielen


in verschiedenen Entwicklungs- und Bildungsphasen eine jeweils spezifische
Rolle. Entlang dieser Entwicklung über die Lebensspanne lassen sich – mit
Bezug auf die Ergebnisse der vorliegenden Studie und auf die Einschätzun-
gen der hinzugezogenen Expertinnen und Experten – verschiedene Bereiche
ausmachen, in denen Forschungs- und Handlungsbedarf besteht. Im Fol-
genden werden solche Bereiche skizziert. Dabei geht es nicht um die Dar-
stellung von konkreten Lösungsstrategien oder Handlungsprogrammen,
sondern um das Aufweisen von Fragestellungen und Handlungsnotwendig-
keiten, die sich an verschiedene Akteure – Bund, Länder, Kommunen, Wirt-
schaft und Stiftungen – richten. In einem zweiten Schritt müssen auf der
Basis von Zuständigkeiten Maßnahmen entwickelt werden, die zur Bewälti-
gung der beschriebenen Anforderungen und Herausforderungen zielführend
sein können.
Schulische Die folgenden Empfehlungen orientieren sich an einzelnen Bildungsphasen
und außer- sowie an übergreifenden Aufgaben, konzentrieren sich schwerpunktmäßig
schulische
Bereiche
aber auf den Bereich der Schule, der im Fokus der vorliegenden Studie
steht. Die außerschulischen Bereiche sind allerdings in ebenso dringlicher
Weise auf eine Verstärkung der Aktivitäten im Bereich digitaler Medien an-
gewiesen, auch wenn dies im Folgenden nicht so ausführlich dargestellt
werden kann. Vor dem Hintergrund lebenslangen Lernens sind letztlich alle
Bildungsbereiche integriert zu sehen.

Frühkindliche Erziehung
- In der frühkindlichen Phase der Entwicklung spielen mediale Erfahrungen
Interdiszi- eine besondere Rolle. Die Form der Medienaneignung und der Medienwir-
plinäre For-
schung kungen in dieser Phase bedarf weiterer Forschungen, die insbesondere
auch als disziplinübergreifende Forschung z.B. zwischen der Erziehungs-
wissenschaft, der Psychologie und der Neurowissenschaft ausgelegt ist.
Eine solche interdisziplinäre Forschung würde auch dazu beitragen, den
Dialog zwischen den verschiedenen Fächern und ihren zum Teil – auch in
die öffentliche Diskussion getragenen – differenten Auffassungen und den
daraus abgeleiteten Erziehungsempfehlungen anzuregen.
- Handlungsbedarf besteht in der breiten Verortung der Medienerziehung in
Mediener- der Familie und in Einrichtungen der frühkindlichen Erziehung und Bildung
ziehung in sowie den ersten Schuljahren. Hier gilt es, bereits in diesem Stadium Be-
Familie und
nachteiligungen durch die sozioökonomische Situation der Familie aufzu-
Einrichtun-
gen früh- fangen und gleiche Erfahrungs- und Entwicklungschancen zu ermöglichen.
kindlicher Gleichzeitig ist die Ausbildung z.B. von Erzieherinnen und Erziehern auf
Erziehung
diese Erfordernisse hin abzustimmen. Eine fundierte medienpädagogische
Ausbildung ist die notwendige Voraussetzung für die Wahrnehmung ent-
sprechender Aufgaben in Bildungsinstitutionen.
Empfehlungen
179

Schule
Im Bereich der allgemeinbildenden Schule lassen sich die anstehenden Her-
ausforderungen auf die Bereiche Lehr- und Lernprozesse, Schulentwicklung
und Ausstattung fokussieren.
- Über das Lehren und Lernen mit digitalen Medien ist inzwischen eine Viel-
zahl von Erkenntnissen zusammengetragen worden. Dennoch besteht er- Fokus: Lern-
prozesse
heblicher weiterer grundlegender Forschungsbedarf. Dabei sollte For-
schung zum Lernen mit Medien nicht nur auf den outcome von Lernpro-
zessen fokussiert sein, sondern stärker die Lernprozesse selbst berück-
sichtigen. Ausgangspunkt von Forschung sollte die Frage sein, inwieweit
digitale Medien angemessene Mittel darstellen, pädagogisch gerechtfer-
tigte Ziele zu erreichen und welche Nebenwirkungen zu beobachten sind.
Fachlicher
Im Kontext derzeitiger Forschungsschwerpunkte empfiehlt es sich, Ler- und über-
nen mit digitalen Medien vor dem Hintergrund des fachlichen und über- fachlicher
fachlichen Kompetenzerwerbs zu verstehen und mit Bezug auf entspre- Kompetenz-
erwerb
chende Kompetenzmodelle zu erforschen. Im Sinne eines Monitoring sind
darüber hinaus auch Längsschnittstudien wichtig, um medienbezogene
Bildungsverläufe beobachten und die Wirkung von Bildungsmaßnahmen
über längere Entwicklungszeiträume einschätzen und beurteilen zu kön-
nen.
Eine Schere klafft derzeit zwischen der häuslichen und der schulischen
Nutzung von digitalen Medien. Die häusliche Nutzung ist nicht auf unter-
Verbindung
haltende Funktionen begrenzt, sondern umfasst auch Lernprozesse mit von schuli-
direktem oder indirektem Bezug zur Schule. Hier besteht Erkenntnisbe- schem und
darf im Hinblick auf Möglichkeiten der Verbindung von informellem und häuslichem
Lernen
institutionalisiertem Lernen. Schülerinnen und Schüler nutzen in ihrer
Freizeit netzbasierte Angebote zur Kommunikation und zum Austausch.
Die Routinen und die Praxen, die sie z.B. in der onlinebasierten Ausei-
nandersetzung mit Gleichgesinnten entwickeln und pflegen, sind ebenfalls
noch unzureichend untersucht im Hinblick auf die Möglichkeiten, diese
Fähigkeiten für schulische Lernprozesse zu nutzen. Dies betrifft auch die
Nutzung von social software zur Initiierung und Gestaltung von Lernge-
meinschaften oder zur Reflexion und Dokumentation von Lernprozessen
in Netz. Diese Form des Lernens weist Potenziale auf, die für schulische Internet
Prozesse bisher weitgehend ungenutzt bleiben. Eine wichtige Brücke zwi- als Brücke
zwischen
schen schulischen und häuslichen Lernprozessen stellt das Internet dar. Lernorten
Hier gilt es auszuloten und Modelle zu entwickeln, wie diese Bereiche in
gewinnbringender Weise zu integrierten Erfahrungs-, Lern- und Arbeits-
welten zusammenwachsen können. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist
eine leistungsfähige Netzinfrastruktur mit breitbandigen Anschlüssen
bzw. Zugängen.
Lernen an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten wird zunehmend
ergänzt durch freie Lernorte. In diesem Kontext kommt mobilen Techno- „Mobiles
Lernen“
logien eine besondere Bedeutung zu. Die ersten Erkenntnisse zum Lernen
mit Laptops zeigen viele positive Effekte, erfordern aber weitergehende
Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Beispielsweise stellen der Einsatz im
Fachunterricht oder die Nutzung als think-tool und für das persönliche
Wissensmanagement noch offene Fragen dar.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass mit geringeren Preisen mobile
Endgeräte in ihrer Verbreitung zunehmen werden. Dies ist auch wün-
schenswert, da letztlich die eigene Verfügung über einen Computer das
individuelle Arbeiten unabhängig von sozialen oder organisatorischen
Empfehlungen
180

Randbedingungen erst durchgängig ermöglicht. Damit Schüler mit ihren


Geräten auf schulische Lernumgebungen zugreifen können, ist aber in
Lernförder- der Schule eine entsprechende Server- und Netzinfrastruktur notwendig.
liche Infra- Gerade die mobilen Technologien bieten große Potenziale, schulische und
strukturen
häusliche Lern- und Arbeitswelten zusammenzuführen (s.o.). Die Heraus-
forderung in technischer Hinsicht besteht darin, eine Infrastruktur so
lernförderlich zu gestalten, dass sie keine Brüche beinhaltet, die den Zu-
gang oder die Arbeit erschweren oder behindern. Die pädagogische Her-
ausforderung besteht in der Entwicklung didaktischer Szenarien, die das
Lernen mit mobilen Technologien, die ziel- und fachbezogene Auseinan-
dersetzung mit bestimmten Inhalten und die individuellen Voraussetzun-
gen der Lernenden in Einklang zu bringen.
- Im Bereich der Schulentwicklung besteht Handlungsbedarf in der Etablie-
Schul- rung von Organisationsmodellen. Dies bedeutet in erster Linie die Entlas-
entwicklung tung von Lehrpersonen von technischen Aufgaben und die breitere Ver-
ankerung der Medienarbeit im Fachunterricht. Eine erfolgreiche Medienin-
tegration ist letztlich nur zu erwarten, wenn Schulen entsprechende infra-
strukturelle und didaktische sowie personalentwicklungsbezogene Überle-
gungen und Aktivitäten zusammenführen. Eine besondere Aufgabe
kommt dabei den Schulleitungen zu, deren Kompetenzen in diesem Be-
reich es kontinuierlich zu stärken gilt.
- In Bezug auf die Ausstattung ist ein kontinuierliches Engagement drin-
Rechner-
ausstattung
gend weiterhin erforderlich. Die Ausstattungsrelation (Schüler zu Compu-
ter) ist noch deutlich zu hoch, noch immer sind nicht alle Rechner in
Schulen auch vernetzt oder besitzen einen Internetzugang. Eine Verbes-
Flexible
Nutzungs- serung der Situation im Bereich mobiler Geräte zur flexiblen Nutzung und
konzepte eine veränderte Ausstattungs„philosophie” von Rechnerkabinetten hin zu
einer Integration in die Klassenräume, die Sicherung einer Aktualisierung
Breitbandige von Beständen und die Entwicklung alltagstauglicher Systemlösungen
Netzstrukturen stellen wesentliche Handlungsbedarfe dar. Mit Bezug auf die o.g. Entwick-
lungen darf insbesondere der Ausbau der Netze bzw. der Zugänge zum
Internet als Aufgabe gesehen werden, um die zukünftigen Herausforde-
rungen zu bewältigen.
Da die Ausstattungsfragen und die Entwicklung von Infrastruktur eng mit
Industrie und Wirtschaft verbunden sind, empfiehlt sich in diesem Bereich
die Stärkung von Public-Private-Partnership-Ansätzen.

Die Forschung und Entwicklung im Bereich der schulbezogenen Nutzung


von digitalen Medien sollte grundsätzlich von der Frage ausgehen, wie
Lehr- und Lernprozesse in geeigneter Weise mit und durch Medien ange-
regt, unterstützt, reflektiert und bewertet werden können. Im Mittelpunkt
der Überlegungen steht ein Subjekt, das die Herausforderungen und An-
forderungen einer mediengeprägten Welt in kompetenter Weise handelnd
bewältigen können soll. Dies gilt für den allgemeinbildenden Bereich eben-
so wie für den berufsbildenden Sektor.
Empfehlungen
181

Hochschulen
- Die Hochschulen stehen vor der Aufgabe, medienpädagogische Ausbil-
dungsinhalte in die erziehungswissenschaftliche und die fachdidaktische
Ausbildung durchgängig zu integrieren. Auf Dauer kann nicht erwartet
werden, dass diejenigen, die später Lehr- und Lernprozesse mit digitalen Verstärkung
Medien in der Schule anregen und unterstützen sollen, dies auch erfolg- medien-
reich und kompetent tun, wenn sie in ihrer eigenen Ausbildung nicht eine pädago-
gischer
entsprechende Sozialisation und Lernkultur erfahren haben und wenn Ausbildung
mediendidaktischer und medienerzieherischer Kompetenzerwerb nicht oder
nur in geringem Umfang ermöglicht wird. Hier empfiehlt sich die Initiierung
eines Dialogs über die Vorstellung von Mindeststandards einer medien-
pädagogischen Kompetenz. Diese umfasst sowohl didaktische als auch
erzieherische und schulentwicklungsbezogene Kompetenzaspekte.
Neben der universitären ersten Ausbildungsphase ist der Einbezug der
zweiten Phase in den Studienseminaren nicht nur wichtig, sondern bietet
auch zusätzliche Möglichkeiten des Kompetenzerwerbs.
- Die Hochschulen müssen – unabhängig von den o.g. Aspekten im Rahmen
Digitale
der Lehrerausbildung – generell in ihren Bemühungen, IT- und E-Learning- Medien in
Strukturen zu integrieren, nachhaltig unterstützt werden. Hinzu kommt die der Hoch-
Entwicklung von Kompetenzen bei Hochschullehrenden, die ebenfalls noch schullehre
nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden können, aber zum Auf-
bau von neuen Lernkulturen an Universitäten oder Fachhochschulen drin-
gend erforderlich sind.

Lehrerfortbildung und Lehrerweiterbildung


- Da die erste Phase der Ausbildung inhaltlich nicht als zu einem bestimmten
Zeitpunkt abgeschlossen gelten kann, ist eine permanente Fort- und Wei-
terbildung notwendig. Handlungsbedarf besteht hier vor allem in der Neue Formen
flächendeckenden Reichweite von Fortbildung. Da ein gewisses Dilemma netzbasierter
zwischen hoher Reichweite einerseits und bedarfs- und lokalspezifischer Kooperation

Orientierung andererseits besteht, existiert auch hier grundlegender For-


schungsbedarf. Dieser sollte sich z.B. auf die Nutzung des Internets zur
Bildung von Lerngemeinschaften und deren kooperative Entwicklung, Er-
probung und Reflexion von didaktischen Szenarien und den darin verwen-
deten Materialien beziehen. Die in der kollegialen Beratung und Reflexion
sowie der gemeinsamen Entwicklung von Unterrichtsbeispielen liegenden
Potenziale werden erst ansatzweise genutzt. Die sich ebenfalls erst lang-
Vom Einzel-
sam anbahnende „mentale” Umorientierung der Einzelkämpfer zu kämpfer
Teamplayern sollte nachhaltig gefördert und gestärkt werden. Auch hier zum
bietet das Netz die Möglichkeit des Brückenschlags. Eine solche Form Teamplayer

netzbasierter Fortbildung – sei es als Element von Blended-Learning-


Konzepten oder zur unmittelbaren Kooperation – wird auch von der Mehr-
heit der Lehrpersonen positiv eingeschätzt. Zudem ist es wichtig, noch
eine größere Zahl von Lehrpersonen mit Fortbildung zu erreichen und
damit auch den Einsatz digitaler Medien im Unterricht auszuweiten. Lehre-
rinnen und Lehrer, die digitale Medien mit längerer Erfahrung im Unterricht
einsetzen, entwickeln auch positivere Einstellungen und sind vom Lern-
erfolg überzeugter.
- Ins Hintertreffen ist in den letzten Jahren insbesondere die medienerziehe- Medien-
rische Fortbildung geraten. Hier gilt es, die Erziehung zu einem reflektier- erzieherische
Fortbildung
ten und sozial verantwortlichen Umgang mit Medien als Erziehungsaufgabe
deutlich zu stärken.
Empfehlungen
182

Erwachsenenbildung und Weiterbildung


- Die Erwachsenenbildung und die Weiterbildung sind ebenfalls in genuiner
E-Learning-
Didaktik Weise vom technologischen Wandel und der Mediatisierung der Lebenswelt
betroffen. So besteht beispielsweise in der Entwicklung didaktischer Kon-
Einbezug
zeptionen deutlicher Handlungsbedarf, ebenso wie im Hinblick auf die
weiterbil- Frage, wie ein zunehmender Anteil von älteren und weiterbildungsfernen
dungsferner Erwachsenen in ihren Bildungsbedürfnissen und -ansprüchen und in ihrer
Zielgruppen
Medienkompetenz – als Voraussetzung zur weiterhin erfolgreichen Lebens-
bewältigung – unterstützt werden kann.

Chancengerechtigkeit
Eine zu den verschiedenen Entwicklungsphasen über die Lebensspanne quer
liegende zentrale Aufgabe besteht in der Sicherung von medienbezogener
Chancengleichheit. Die Verfügung über und die Nutzung von Medien sind
von Faktoren abhängig, die z.B. Schülerinnen und Schüler aus bildungs-
fernen Schichten oder mit Migrationshintergrund benachteiligen. Zudem
sind die Formen der Aneignung von Kompetenzen im Umgang mit digitalen
Medien bei Jungen und Mädchen verschieden. Für die Mädchen ist diesbe-
züglich die Schule als Lernort wichtiger als für die Jungen. Hier ist es not-
wendig, die Bemühungen um eine Förderung entsprechender Gruppen zu
verstärken, Benachteiligungen abzubauen und gleiche Chancen zu ermögli-
chen. Allerdings trifft dies auch für spezifische Maßnahmen im Bereich der
Begabtenförderung zu. Möglichkeiten bieten hier z.B. auch Institutionen der
außerschulischen Jugendarbeit.

Innovationsforschung
Eine ebenfalls außerhalb einzelner Bildungsinstitutionen liegende Aufgabe
besteht in der Erforschung der Begegnung insbesondere junger Menschen
mit Zukunftstechnologien. Diese Art der Forschung ist Grundlagenforschung
und kann wichtige Impulse für die Auseinandersetzung mit digitalen Medien
in der Schule und in der Freizeit sowie für die Entwicklung von digitalen
Medien selbst liefern. Wenn Kinder und Jugendliche in die Entwicklung von
innovativen Medien einbezogen werden, können diese Ergebnisse unmittel-
bar in den Entwicklungsprozess rückgekoppelt werden. Eine solche Verbin-
dung von technischer Entwicklung und pädagogischer Grundlagenforschung
empfiehlt sich in der Verbindung von Industrie, Hochschule und Schule.

Die Auseinandersetzung mit digitalen Medien sowie mit medienunterstütz-


ten Bildungs- und Erziehungsprozessen benötigt einen zentralen Ort der
Beratung und Vermittlung, der Anregung und Unterstützung, der Bewusst-
seinsbildung und des Austausches. Dieser Ort muss als Entwicklungsagentur
„sichtbar” sein und eine bundesweit orientierende Funktion in zentralen,
grundlegenden Fragen des Lehrens und Lernens – unabhängig von landes-
spezifischen Umsetzungen – wahrnehmen, so wie es derzeit im Verein
„Schulen ans Netz” geschieht. Nicht zuletzt wird dadurch auch dokumen-
tiert, dass die technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen in
ihren Auswirkungen auf Bildungsprozesse über die Lebensspanne als priori-
täre Herausforderung ernst genommen und angenommen werden.
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191

Anhang

I. Workshop 1

Teilnehmende des ersten Workshops am 30.01.2006


(53111 Bonn, Thomas-Mann-Str. 4, Loggia am Stadthaus)

a) Expertinnen und Experten


Prof. Dr. Stefan Aufenanger (Universität Mainz)
Prof. Dr. Andreas Breiter (Universität Bremen)
Dr. Felix Friedrich (Institut für Wissensmedien Tübingen)
Silke Grafe (Universität Paderborn)
Prof. Dr. Bardo Herzig (Ruhr-Universität Bochum)
Prof. Dr. Heinz Moser (Pädagogische Hochschule Zürich)
Dr. Heike Schaumburg (Humboldt Universität Berlin)
Prof. Dr. Werner Sesink (Universität Darmstadt)

b) BMBF
Maria Brosch, Referat Neue Medien in der Bildung
MinDirig Hans Konrad Koch
RD Dr. Andreas Vogel

c) Deutsche Telekom AG
Anna Klages, DTAG
Dr. Christina Sobek

d) Schulen ans Netz e.V.


Ralf Münchow (Schulen ans Netz, Bonn)
Heidrun Schmale (Schulen ans Netz, Bonn)
Arno Scholten (Schulen ans Netz, Bonn)

e) Studentische Hilfskräfte
Kerstin Sauselin (Ruhr-Universität Bochum)
Carolin Wilms (Ruhr-Universität Bochum)
Anhang
192

II. Workshop 2

Teilnehmende des zweiten Workshops am 07.08.2006


(53111 Bonn, Thomas-Mann-Str. 4, Loggia am Stadthaus)

a) Expertinnen und Experten


Prof. Dr. Stefan Aufenanger (Universität Mainz)
Prof. Dr. Matthias Becker (Universität Flensburg)
Prof. Dr. Wolfgang Coy (Humboldt Universität zu Berlin)
PD Dr. Ulrike Creß (Institut für Wissensmedien Tübingen)
Dr. Konrad Faber (pro campus, Kaiserslautern)
Silke Grafe (Universität Paderborn)
Prof. Dr. Bardo Herzig (Universität Paderborn [vormals Ruhr-
Universität Bochum])
Dr. Burkhard Lehmann (Universität Kaiserslautern)
Prof. Dr. Heidi Schelhowe (Universität Bremen)
Dr. Fred Schell (Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis
JFF, München)
Prof. Dr. J. Walch (Hochschule für Kunst und Design Halle)

b) BMBF
Maria Brosch, Referat Neue Medien in der Bildung
RD Dr. Andreas Vogel

c) Deutsche Telekom AG
Anna Klages, DTAG

d) Schulen ans Netz e.V.


Ralf Münchow (Schulen ans Netz, Bonn)
Heidrun Schmale (Schulen ans Netz, Bonn)

Entschuldigt:
Prof. Dr. Rolf Arnold (Universität Kaiserslautern)
Prof. Dr. Friedrich Hesse (Institut für Wissensmedien Tübingen)
Prof. Dr. Georg Spöttl (Universität Bremen)
Prof. Dr. Richard Stang (Hochschule der Medien Stuttgart)
Prof. Dr. Helga Theunert (Institut für Medienpädagogik in Forschung und
Praxis JFF, München)
IMPRESSUM

HERAUSGEBER
Deutsche Telekom AG
Zentralbereich
Unternehmenskommunikation
Friedrich-Ebert-Allee 140
53113 Bonn

AUTOR
Prof. Dr. Bardo Herzig
Silke Grafe
Universität Paderborn
Unterstützt durch

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