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Call for Papers

„Wozu brauchen wir das?!“


Bildungsphilosophie & pädagogische Praxis

Werkstatt-Tagung
an der Hochschule RheinMain Wiesbaden Rüsselsheim
26.-28. November 2015

Die aktuelle Situation von Bildungstheorie und Bildungsphilosophie ist ambivalent: Zwar taugt der
Bildungsbegriff für politische Programme („Bildungsrepublik Deutschland“) und disziplinäre Rah-
mungen („Bildungswissenschaft“). Er bleibt dabei aber oft ein allgemeiner Containerbegriff oder ein
Synonym für Qualifikation oder Ausbildung. Auch Begriffe wie „Lernen“, „Erziehung“ und
„Kompetenz“ werden allgemein verwendet, aber bedeuten praktisch und theoretisch oft sehr ver-
schiedenes: mal Konzept, mal Rezept, oft auch als Beschreibung für die eigene Praxis und ihre
Schwierigkeiten. Zentral ist dabei häufig eine rein funktionale und/oder ökonomische Verwendung
der Begriffe.

Bildungstheorie und erst recht Bildungsphilosophie werden dagegen als eingestaubt und für die
pädagogische Praxis wenig tauglich, als zu aufwendig oder für die Prozesse störend empfunden.
Der nicht immer ganz freiwillige Alltagspragmatismus lässt wenig Zeit für Praxisreflexion, die über
die unmittelbaren Aufgaben hinausgeht.

Demgegenüber kann Bildung aber auch bedeuten, die Widersprüche der Praxis verstehen und auf
die Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten hin denken zu können, emanzipatorische Bildung zu
entwerfen, kritisch zu sein und Utopien nicht zu vergessen. Dieses Moment bleibt wichtig, wenn
sich pädagogische Praxis nicht blind den gegebenen Bedingungen verschreiben und den vorgege-
benen Zwecken unterordnen will, sondern Menschen darin unterstützen will, selbstständig und
gemeinsam mit anderen die Zwecke und Möglichkeiten ihres Handelns zu verfolgen.

Einen wichtigen Aspekt stellt dabei die theoretische Reflexion und praktische Bearbeitung der, in
der von Differenz- und Herrschaftsverhältnissen geprägten Gegenwartsgesellschaft unterschied-
lich verteilten, Zugänge zu formalen und informellen Bildungsmöglichkeiten dar. Auch kritische An-
sätze haben diese Perspektive zu oft vernachlässigt. Gemeint sind ein kritischer Umgang mit
unterschiedlich verteiltem ökonomischen, kulturellen, sozialen und symbolischen Kapital in Bil-
dungsprozessen und die Möglichkeiten, sie in diesen zu verarbeiten. Und das betrifft auch die An-
forderung, unterschiedliche Subjektpositionen und machtvolle soziale Hierarchien beispielsweise
entlang von Geschlechterverhältnissen oder sozialer Klassenzugehörigkeit in pädagogischen Ver-
hältnissen zu reflektieren und kritische, aber auch ermächtigende und aneignende Strategien zu
ermöglichen. Analyse und Normativität stehen hier in einem Spannungsverhältnis, das in einem
kritischen Bildungsbegriff mit gedacht wird, aber auch für die Praxis explizit gemacht werden muss

Um dieses Potential von Bildung zu diskutieren, erscheint uns der Austausch zwischen Bildungs-
philosophie und den pädagogischen Praxisfeldern wichtig und produktiv. Denn ein Bildungsbegriff,
der für die Herausforderungen der pädagogischen Praxis blind ist, der keine empirische Rückbin-
dung besitzt, geht nicht über eine abstrakte Programmatik oder reine Anforderungshaltung hinaus.
Im Mittelpunkt der Tagung soll daher die Frage stehen, welche Rolle Bildung als theoretischer Be-
griff und zugleich emanzipatorische Perspektive für uns als in erziehungswissenschaftlicher For-
schung und/oder pädagogischer oder sozialarbeiterischer Praxis Arbeitende hat. Dabei sollen
folgende Fragen diskutiert werden:

 Kann Bildung ein Leitbegriff sein, der Pädagogik Kraft zur Widerständigkeit gegen
neoliberale, ökonomische, politische und andere Vereinnahmungen verleiht?

 Hat Bildung eine Bedeutung für unsere pädagogische Haltung und Praxis oder ist sie doch
nur ein Allgemeinplatz?

 Welche Ausgrenzungen und Marginalisierungen werden durch Bildungsbegriff(e) und


pädagogische Praktiken verstärkt oder vielleicht auch abgebaut?

 Welche Rahmenbedingungen und Ressourcen benötigt Bildung?

Wir laden zur Einreichung von Beiträgen ein, die sich einer dieser Fragestellungen widmen:

1. aus einer bildungstheoretischen Perspektive oder


2. aus einer Praxisperspektive beispielsweise mit der Vorstellung eines konkreten
Fallbeispiels oder Projektes

Bei den einzureichenden Beiträgen kann es sich um Impulsvorträge (10-15 Minuten) oder um
Workshops (60 Minuten, mit etwa 20 Teilnehmer_innen pro Workshop) handeln.

Beitragsangebote (Exposé im Umfang von einer Seite) können von Einzelpersonen oder Gruppen
bis zum 31. Juli 2015 unter der E-Mail-Adresse praxisundphilosophie@posteo.de eingereicht
werden. Bei der Auswahl der Beiträge legen wir besonderen Wert auf die Einbeziehung des
Verhältnisses zwischen Theorie und Praxis sowie, bei den Workshops, auf die Einbeziehung der
Teilnehmer_innen.

Eine Rückmeldung zur Annahme der Exposés findet bis zum 02. Oktober 2015 statt.

Die Publikation eines Tagungsbandes ist für Frühjahr 2016 geplant.

Weiter Infomationen zum Tagungsprogramm finden sich in Kürze unter:

http://www2.uni-jena.de/ibk/kenklies_hp/tagung/bildungsphilosophieundpraxis.html

Mit Unterstützung der

und des Instituts für Bildung und Kultur


Friedrich-Schiller-Universität Jena

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