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Der Polyederzyklus

Mit der Entdeckung der armanischen Körper,


ihren Polaren und der Iso-Komplexe sind
die radialsymmetrischen Polyeder vollzählig.
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©
Fallen

Wenn etwas mir vom Fenster fällt


(und wenn es auch das Kleinste wäre)
wie stürzt sich das Gesetz der Schwere
gewaltig wie ein Wind vom Meere
auf jeden Ball und jede Beere
und trägt sie in den Kern der Welt.

Nur wir, in unserer Hoffahrt, drängen


in einer Freiheit leeren Raum,
statt, klugen Kräften hingegeben,
uns aufzuheben wie ein Baum.

Eins muß er wieder können: fallen,


geduldig in der Schwere ruhn,
der sich vermaß, den Vögeln allen
im Fliegen es zuvorzutun.

Rainer Maria Rilke


Inhalt Seite

Motto: Fallen 5

1. Information und Gestalt 7

2. Glasperlenspiel und Polyeder 13

3. Evolution und Rotation 21

4. Die armanischen Körper 27

5. Involution und Metamorphose 37

6. Geheimnis-volle Pyramidale 47

7. Die Polyederfamilien 57

8. Unscheinbare Kanten 65

9. Sternkonfigurationen 71

10. Belebende Potenzen 83

11. Das Organon des Neuen 89

12. Energie ist in Form 97

13. Die Symphonie der Polyeder 109

Anhang
Tafeln I - XVI
Verzeichnisse
1. Information und Gestalt

Beginnen wir also noch einmal ganz von vorn - und vor allem: völlig unvorein-
genommen. In dem Gedicht von Rainer Maria Rilke heißt es nämlich auch noch:

Da muß er lernen von den Dingen,


anfangen wieder wie ein Kind.

Gegenstand unserer Betrachtung sind die regel- und halbregelmäßigen Körper


oder Polyeder (= Vielflächner). Das sind diejenigen Gebilde, deren Kanten und
Scheitel eine Kugel in regelmäßige gleiche Abschnitte teilen, so wie in der
Ebene beispielsweise die Ecken eines Quadrates einen Kreis in vier gleiche
Abschnitte teilen (zur Verwendung des Begriffs "Scheitel" später mehr). Die
herausragenden Beispiele sind die berühmten platonischen Körper. In der platonische
Schule nehmen wir sie allenfalls als ästhetische Erscheinungen ohne weiteren Körper
geistigen Nährwert zur Kenntnis. Ihre Geometrie ist verhältnismäßig einfach zu
erfassen und man eilt schnell weiter zu scheinbar anspruchsvolleren, jedenfalls
komplizierteren Gegenständen der analytischen Geometrie.

Bild 1
Letztere ist ein Kind der Neuzeit und es erscheint angebracht, zunächst den
geistesgeschichtlichen Rahmen abzustecken, in dem sich diese Schrift bewegt.
Mit dem Übergang zur analytischen Betrachtungsweise, der in engem Zusam-
menhang steht mit der Einführung der Perspektive und des Dezimalpunktes,
ging eine Verschiebung der Wahrnehmung und damit auch eine Verschiebung
im Umgang mit der Welt einher, die uns das bescherte, was wir die Moderne Moderne
nennen. Mit der Einführung des Dezimalpunktes ist der Schritt von der analogen
Erfassung zur digitalen Berechnung der Welt eindeutig bezeichnet. Die anschau-
liche Geometrie geht dabei in der Algebra der Vektoranalysis auf.
Fraglos ist damit die Berechnung von allem und jedem wesentlich erleichtert -
aber nur was die tatsächlichen, die absoluten Maße angeht. Das Empfinden für
die wesentlichen Proportionen, für Proportionen überhaupt, wie sie ausgedrückt Proportionen
sind im ganzzahligen Bruch, kommt dem westlichen Menschen nach und nach
abhanden, er lebt fortan völlig in quantitativen Kategorien. Der Funktionswert,
beispielsweise einer Winkelfunktion, ist für ihn eben nur noch eine Zahl, ein
beliebig austauschbarer Dezimalbruch. Mit der Programmierung elektronischer
Rechenmaschinen erreicht diese Austauschbarkeit in den Programmvariablen
ihren klarsten Ausdruck. Es entgeht dem zivilisierten Menschen völlig, daß mit
dem Verlust des analogen Erfassens auch die energetische Verbindung zur Welt
verloren geht und er vollständig abhängig wird von Rohenergie, medizinischen
8

Apparaturen usf. Er geht jeglichen Qualitäts- und Formbewußtseins verlustigt


und versinkt in einem auf die Funktion reduzierten Materialismus. Mit dieser
Art Höherentwicklung geht tatsächlich ein Kulturverlust einher.
Kulturkritik Das Argument von Technokraten, wie z.B. Karl Steinbuch, gegen die Kulturkri-
tik, oder besser Technikkritik, greift zu kurz, wenn sie darin lediglich ein Res-
sentiment gegen die Technik oder gar Technikfeindlichkeit erblicken. Richtig
daran ist, daß viele Zivilisationskritiker tatsächlich einen romantisch-verklärten
Kulturbegriff retten und sich in einer verhimmelten Geistigkeit abschließen
wollen. Aber diejenigen haben sowenig etwas von Geistigkeit begriffen, wie der
heutige Durchschnittsingenieur vom Wesen der Technik.
Das Plädoyer einiger hochrangiger Mathematiker aus der jüngsten Vergangen-
heit, wie z.B. John von Neumann, R. Courant oder R. Thom für die Unterrich-
tung der Schulkinder in anschaulicher Geometrie ist mehr als nur eine Marotte
oder eine x-beliebige Vorliebe. Der heutige Unterricht ist ausgerichtet auf Theo-
rie und Praxis: Theorie - der dialektische Umgang mit Begriffen, also in erster
Linie im Medium der Sprache, und Praxis - der zwischenzeitlich elektronisch
unterstützte digitale Kalkül. Das Dasein ist reduziert auf Erkenntnis und / oder
Handeln. Dabei klaffen beide nicht selten weit auseinander. Man kennt die
Sprüche: Grau ist alle Theorie; nichts ist praktischer als eine gute Theorie; das
eine ist die Theorie, die Praxis sieht anders aus.

Was allenthalben fehlt ist ein Drittes - ein Vermittelndes: der gelungene
Entwurf, die Gestaltung aus einem Guß durch den aus Erkenntis Handelnden. Es
ist klar, daß es sich bei diesem um eine andere Art von Erkenntnis handeln muß,
als bei dem wissenschaftlich argumentierenden Theoretiker.
Das heute überall feststellbare mangelhafte räumliche Vorstellungsvermögen
Anschauliches hat sehr viel zu tun mit einem mangelhaft ausgebildeten Denken in Bildern und
Denken Analogien. Dieses ist es, was neben Dialektik und Algebra zuvörderst geübt
werden muß, und kaum ein Gebiet ist dafür besser geeignet als die anschauliche
Geometrie. Sie war schon bei Platon bekannt als Vorschule der Philosophie und
wurde als solche auch von Goethe bestätigt. Dieser war es auch, der in seinen
"Maximen und Reflexionen" das analogische Erfassen der induktiven
Denkweise als vorteilhafter gegenübergestellt hat.

Bilderflut Der heutige Kunstunterricht zusammen mit den Massenmedien und virtuellen
Realitäten aus den Computern befördert ja lediglich eine Phantasie der Beliebig-
keit und huldigt den "Meisterwerken", die eben daraus in den letzten paar hun-
dert Jahren entstanden sind. Auf nicht wenige unter diesen trifft zu, was
derselbe Goethe seinerzeit bemerkt hat: "Es ist nichts fürchterlicher als
Einbildungskraft ohne Geschmack." Die wirklichen Kunstwerke von Bestand
bilden die Minder-zahl und sind Früchte einer tiefen Auseinandersetzung mit
den Grundformen des Lebens. Und diese sehen wir in ihrer reinsten Form eben
in der Geometrie.

In modernen Kategorien ausgedrückt geht es dabei (und somit auch im Poly-


ederzyklus) um nicht weniger, als den nach wie vor unverstandenen Zusammen-
Information hang bzw. Übergang vom Energiemuster der Wellen in die Energiemuster der
= Bildung Materieteilchen und umgekehrt. Kurz: um Information. Informatio heißt aber
nichts anderes als Bildung! Wer ist in diesem Sinn heute noch gebildet? Wir be-
klagen einerseits einen Bildungs-notstand und befinden uns zugleich auf dem
1. Information und Gestalt 9

Weg in die Informationsgesellschaft. Was stimmt denn nun tatsächlich? Das


mangelhafte Wissen um die Bedeutung bestimmter Wörter und deren Miß-
brauch verschleiert den tatsächlichen Weg: dieser führt in die Barbarei einer
primitiven Sammlergesellschaft, die Daten anhäuft und darin ertrinkt ohne je
auch nur die geringste Information, sprich Bildung dadurch erfahren zu haben -
einfach weil Information aus Daten allein überhaupt nicht zu gewinnen ist,
allenfalls eine Ahnung davon, was tatsächliche Information sein kann.

Wir mißbrauchen die Computertechnik zur Beförderung von Stereotypen und


was uns als kreative Generierung dank künstlicher Intelligenz verkauft wird, ist
ja nichts anderes als die auf Flaschen gezogene einfältige Phantasie der Priester-
schaft der Computerprogrammierer. Die Informationsgesellschaft, wie sie heute
propagiert wird, ist ein Etikettenschwindel. Wir entfernen uns eher von der
Information weg als auf sie zu. Wir sind auf dem besten Weg in die Barbarei.
Diese aber ist der Bildung (= Information) entgegengesetzt. Barbarei ist die Barbarei
Tatsache, daß die Menschen im Zustand höchstentwickelter technischer
Zivilisation in einer merkwürdig ungeformten Weise hinter ihrer eigenen Kultur
zurückgeblieben sind, erfüllt von einem primitiven Willen zur Aggession und
Überwältigung. Der objektive Gradmesser der Barbarei ist das Scheitern der
Kultur. Sie hat die Menschen geteilt und die wichtigste Teilung ist die in
geistige und in körperliche Arbeit. Andere Formen dieser Teilung sind der
schon erwähnte Dualismus von Theorie und Praxis oder die Dualität von Natur-
und Geistes-wissenschaft bzw. Art and Science.

Der Mensch, auch homo sapiens genannt, bezeichnet eigentlich den "Schmek-
kenden" und man mag sich angesichts einer "Kultur", in der Bildungsnot
Geschmacklosigkeit selbst zum guten Geschmack gehört, fragen, ob wir noch
Menschen sind. Bildung als Formung ist tatsächlich eine Not-wendigkeit.
Bildung ist aber das, wofür es keine richtigen Bräuche gibt. Sie ergibt sich aus
der Fähigkeit, überhaupt etwas Geistiges an sich herankommen zu lassen und es
produktiv ins eigene Bewußtsein aufzunehmen, anstatt sich bloß lernend damit
auseinanderzusetzen. Die Bedeutung der Bildung im ursprünglichen Sinn war
den früheren Pädagogen wohlvertraut und ein kurzer Blick auf die Entwicklung
der Grundzüge des verbindlichen abendländischen Bildungskanons zeigt, wie
sehr wir uns heute davon entfernt haben.
Für Platon stand die Mathematik noch im Zentrum des Bildungsentwurfs. Dem-
gegenüber vertraten die Sophisten eine völlig andere Sichtweise. Platons Geor-
gias-Dialog ist denn auch eine Streitschrift gegen die Sophisten. Ein herausra-
gender Vertreter derselben war Isokrates (nicht zu verwechseln mit Sokarates), Sophisten
der die Sprache und Rhetorik ins Zentrum gerückt hat. Diese Richtung hat sich
schließlich durchgesetzt und wurde in den sieben freien Künsten, den Artes
Liberales des Mittelalters, zementiert. In diesem Kanon steht das sprachlich
orientierte Trivium mit Grammatik, Dialektik und Rhetorik obenan. Diesem
folgt an zweiter Stelle das mathematisch orientierte Qaudrivium. Diese
Bevorzugung wiederholt sich mit Humboldt: sein Gymnasium steht in der
Tradition des Isokrates und ist somit nur ein Fragment des idealistischen
Systementwurfs zur Bildung von F.W. Schelling. Die heutigen Universitäten
sind zu Bildungs-fabriken degeneriert und ihre Professoren sind nur noch
Wissensverkäufer.
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Bildverlust Die Probleme der modernen Zivilisation zeigen, wie dringend notwendig es ist,
sich zumindest wieder darauf zu besinnen. Woher kommt denn das Wort Bil-
dung: Gebildet ist, wer Bilder in sich hat. Und wohin bloße Kompetenz ohne
Bildung führt wissen wir: eben in die Barbarei, wie wir sie heute allenthalben
erleben: Den Stoff sieht jedermann vor sich, schon den Gehalt aber findet nur
der, der sich damit beschäftigt, und die Form schließlich bleibt den meisten ein
Geheimnis.
Bildung besteht in der Kunst, Wissen (Fakten, Informationstücke, bits and
pieces) durch verschiedene Koordinatensysteme oder Parameterräume hindurch
zu transformieren. Es ist die Kunst zu sehen, wie die Form als Unveränderliche
und Wesentliches/Wissentliches durch alle Veränderungen hindurch
durchgehalten wird. D.h.: das Immergleiche in seinen verschiedenen
Ausprägungen des sinnlich Gegebenen in seinen verschiedenen Kontexten zu
erkennen und zu interpretieren und so vor aller Theorie und Praxis zu einem
Entwurf gültigen Entwurf zu gelangen.
Die Informationsgesellschaft braucht Information. Und das heißt: Bildung. Den
Grundstock dazu liefert damals wie heute die anschauliche Geometrie. Sie ist
neben der Arithmetik der Grundpfeiler der Mathematik, der Wissenschaft von
den Mustern und den Formen. Bildung ist Bildung zum Entwurf. Es sind nicht
weltfremde Theoretiker oder rückwärtsgewandte Ewiggestrige, die diese Forde-
rung ebenfalls erheben, sondern beispielsweise der Kunstpädagoge Rudolf Arn-
heim in seiner Schrift "Anschauliches Denken", der ehemalige deutsche De-
signer-Papst Otl Aicher unter den Titeln "Welt als Entwurf" und "analog und
digital" oder der anerkannte IBM-Informatiker Heinz Zemanek in seinem Buch
über "Das geistige Umfeld der Informationstechnik". Die beiden letzteren plä-
dieren leidenschaftlich für ein Fach Entwerfen in der Grundbildung. Jeder tut
dies zwar vor seinem beruflichen Horizont, aber die Notwendigkeit ist in allen
Berufen gleichermaßen gegeben, wenn man sich den umfassenderen Horizont,
wie er oben skiziert wurde, einmal klar vor Augen führt.
"Der Polyederzyklus" versteht sich als ein Beitrag zu dieser notwendigen Infor-
mation. Wir wollen in dieser Schrift ein Beispiel geben, wohin eine analogisch-
anschauliche Betrachtungsweise, verstanden als qualitative Ergänzung der her-
kömmlichen Mathematik, führen kann. Dabei schenken wir unsere Aufmerk-
samkeit den elementaren Formen der Geometrie und halten es mit Novalis, der
vor rund zweihundert Jahren notierte: "Das höchte und reinste ist das Gemeinste
und Verständlichste. Daher ist die Elementargeometrie höher als die höhere
Geometrie." Erst in neuester Zeit dringt der Begriff der Selbstorganisation in ein
breiteres Bewußtsein vor. Ganz langsam erkennen wir: der Weg der Gestaltung
geht vom Primitiven über das Komplizierte zum Einfachen, Ganzheitlichen.
Auch für Goethe war der analytische Weg wenig überzeugend und er gab zu
bedenken: "Die Menschen verdrießt´s, daß das Wahre so einfach ist; sie sollten
bedenken, daß sie noch Mühe genug haben, es praktisch zu ihren Nutzen
anzuwenden."
Einer der dies erfolgreich tat, war Johannes Kepler. Seine Gesetze über die
Planetenumlaufbahnen sind kaum ohne die Beschäftigung Keplers mit den
Polyedern zu denken. In der Tradition dieses Weisen stehen wir, der als erster
1. Information und Gestalt 11

wieder ernsthaft den Blick zum Himmel richtet und zwar auf der Basis des Kepler und
seinerzeit noch verfemten kopernikanischen Weltbildes. Nach ihm konnte eine Galois
lebendige Welt nur eine harmonische Welt sein und er knüpfte damit an pytha-
goräische Traditionen an. Aber auch die heute so moderne Gruppentheorie ver-
dankt sich einem platonischen Körper: anhand der Rotationssymmetrien des
Pentagondodekaeders führte der junge Evariste Galois den Beweis, daß eine
Gleichung 5. Grades nicht durch Radikale, d.h. mit den Mitteln der klassischen
Algebra lösbar ist und begründete damit eine völlig neuartige mathematische
Betrachtungsweise.
Solange man die Entwicklung des Bewußtseins (einseitig) mit der Differenzie-
rung des Denkens verwechselt (gleichsetzt), kommt es dazu, das Schöpferische
als das Archaische mißzuverstehen, so als ob der schöpferische Mensch in
primitive symbolische Welten eintaucht. Aber chrakteristischerweise werden
die letzten symbolischen Abstraktionen, nämlich die mathematischen Formeln,
gerade von den größten Wissenschaftlern als etwas Numinoses (d.h.
Göttliches, Heiliges) erfahren und ihre Einfachheit und Schönheit sind
Maßstab für ihre Gültigeit. Der Atomphysiker Heisenberg zitiert in diesem
Zusammenhang Johannes Kepler mit dem Satz: „Die Mathematik ist das
Urbild der Schönheit der Welt.“
Die Dinge, von denen wir hier lernen wollen, sind abstrakt, mathematisch und
formal. Sie scheinen in den Bereich der Glasperlenspielerei zu gehören. Aber
wie wir sehen werden, liegen sie allen Dingen zugrunde, ist in ihnen der
Lebens-zyklus allen Seins vorgezeichnet. Nur in Form gebrachte Energie ist Energie ist
wirk-sam. Das Chaos kommt in Fluß erst in der Form. Bemühen wir uns also in Form
um die Form, um Information, um die Formen auf Reisen. Sie sind
unvergänglich und allgegenwärtig in den Urzahlen und Urbildern des Kosmos.
Im Verlauf der Erörterung wird uns einsichtig (so hoffe ich wenigstens),
warum über dem Eingang von Platons Akademie der Satz gestanden haben
soll: "Laßt keinen eintreten, der nicht der Geometrie kundig ist."
Dem äußeren Entwurf, sofern er gelingen soll, geht immer der Selbstentwurf
voraus. Das heißt, wir müssen lernen mit dem Herzen zu sehen! Und der
gelun-gene Entwurf, der mehr entwickelnder, ausgreifender Natur ist, ist
Vorausset-zung für eine gültige Gestaltung, die ihrerseits den Entwurf zur
Form versam-melt. Gestalten ist integrieren, informieren. Während die Gestalt
schließlich mehr ist, als die Summe ihrer Teile und die Seele der äußeren Form
darstellt, ist Information noch im kleinsten Teil des Ganzen als ein Ganzes
enthalten. Das technische Äquivalent ist die Holographie, die zehn Jahre nach
ihrer Erfindung 1960 mit Hilfe der Lasertechnik zur praktischen Anschauung
gelangte. Diese revolutionäre Erfindung ist ebenso wie die optischen
Speichermedien in Form der buntschillernden CDs ohne schöpferische Geister
undenkbar. In letzter Kon-sequenz bedeutet das: man kennt sich selbst nur so
weit, wie man die Gesetze des Kosmos kennt und man ist auch nur in dem Maß
in der Lage, maß-gebend, d.h. verantwortlich in den Alltag hinein zu gestalten.
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2. Glasperlenspiel und Polyeder

Der Zyklus der Polyeder spiegelt die Blaupause elementarer Lebensvorgänge


in Raum und Zeit wider. Er ist die universelle Zeichensprache, die es
ermöglicht, die geistigen Erkenntnisse sowohl festzuhalten wie auszutauschen.
Die radial-symmetrischen Polyeder bilden die Formelsprache, an der
Mathematik und Musik gleichen Anteil haben, ganz so wie es Hermann Hesse
in seinem Alters- und Meisterwerk "Das Glasperlenspiel" inmitten des zweiten
Weltkrieges (voraus)-gesehen hat.
Mit den radialsymmetrischen Polyedern oder Vielflächnern sind im Weiteren
alle die mehr oder weniger regelmäßigen vielflächigen Körper gemeint, die
ent-weder eine Umkugel haben (die von allen Scheiteln berührt wird) oder die
eine Inkugel (die ihrerseits alle Flächenmittelpunkte berührt) haben. Es geht
hier nicht darum, die spätestens seit den Griechen des 5. vorchristlichen
Jahrhun-derts bekannten Körper noch einmal im Detail zu entwickeln. Hier
setze ich eine gewisse Bekanntheit des Lesers mit diesen Polyedern voraus. Sie
sind auch allesamt auf den herausnehmbaren Tafeln VII - IX abgebildet. Noch Systematik
besser ist es, wenn der Leser das eine oder andere Polyeder-Modell zur Hand
zu hat. Man kann die daraus hervorgehenden Entwicklungen zwar beschreiben
und lesen, aber verstehen wird man sie letztlich nur durch be-greifen. Mein
Anliegen ist es, die bisherigen Darstellungen dieser Körper im folgenden

- erstens durch eine energetisch begründete Ableitung


der Körper zu relativieren (Kap.3 u. 5),
- zweitens durch die von mir entdeckten Körper und
deren Polare zu vervollständigen (Kap. 4, 6, 9 u. 10)
und
- drittens anhand des vervollständigten Bestandes
durchgängig zu systematisieren (Kap. 7 u. 11).

Die bereits bekannten Körper kommen demnach unter zwei Aspekten zur Spra-
che: einmal als Entwicklungsmuster und zum anderen als Gegenstände der
systematischen Eingliederung.

Ausgangspunkt meiner Arbeit war die latente Unzufriedenheit mit den bisheri-
gen Darstellungen der regulären und halbregulären oder auch platonischen und
archimedischen Körper. Die beste Darstellung, die ich dazu finden konnte, war
das verdienstvolle Buch von Paul Adam und Arnold Wyss mit dem Titel "Pla- Adam / Wyss
tonische und archimedische Körper, ihre Sternformen und polaren Gebilde".
Darin haben sie gezeigt, daß die platonischen Körper keine Solitäre sind und
sie haben vor allem den genealogischen Zusammenhang mit und unter den
archime-dischen Körpern eindrucksvoll aufgewiesen. In dem Buch findet man
auch den Zusammenhang der archimedischen mit deren polaren Körpern (im
folgenden "catalanische Körper" oder kurz "Catalane" genannt) gut
herausgearbeitet.
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Polyeder - Einen Fortschritt hin zur Systematisierung hat dann Igor Rezan geliefert, der im
familien Rahmen des Wettbewerbs "Schweizer Jugend forscht" 1994 eine Analogieana-
lyse mit dem Ergebnis vorgelegt hat, daß jeweils drei Körper auf analoge Weise
aus den platonischen Körpern abgeleitet werden können, und dabei war das
Tetraeder vollumfänglich eingeschlossen! Seine Darstellung ging eindeutig über
die von Adam/Wyss vorgestellte Gliederung in zwei Reihen, nämlich die irdene
und die goldene Reihe, hinaus und hat meine spätere räumliche Anordnung der
Familien, wenn auch unbewußt, beeinflußt (s.S.40). Genaugenommen ist die
Gliederung in zwei Reihen ein Rückschritt hinter Johannes Kepler, der in
seinem Werk "Harmonices mundi", auf deutsch "Weltharmonik", bereits von
drei Familien sprach, wobei er allerdings das Tetraeder noch als Einzelgänger
betrachtete.
Dennoch: auch die so fortgeschrittene Systematisierung blieb Stückwerk und
hinterließ ein Unbehagen - ein Unbefriedigtsein über die trotz allem immer noch
lückenhafte, asymmetrische Anordnung. Sie konnte aber nicht symmetrisch
sein, einfach weil noch nicht alle Körper gefunden waren. Wohl hatte Rezan
bereits das Ikosaeder als einen Körper mit zwei Qualitäten erkannt, ebenso wie
Adam/Wyss schon vom Gegen-Tetraeder sprachen, aber nichtsdestotrotz: die
Familien blieben unvollständig.
Diese Un-Ordnung widersprach all meinen Erfahrungen angesichts der Ordnung
in der Natur. Es gibt dort keine willkürlichen Lücken oder Sprünge ohne gewalt-
same Eingriffe. Und dann sollte ausgerechnet der wunderliche und bemerkens-
werte Zusammenhang der radialsymmetrischen Polyeder so dilettantisch kon-
struiert sein? Als Repräsentanten der geistigen Ordnung in dieser Welt, die diese
Körper für mich schon immer waren, war eben dies undenkbar. Immer wieder
kehrten meine Gedanken auf Umwegen zu diesem Fragenkreis zurück bis sich
mir im Herbst 1998 die Lösung zeigte.
Die Lösung erwächst aus der Wechselwirkung zwischen dem Bemühen um eine
systematische Anordnung einerseits, der auch immer eine Tendenz zur Erstar-
rung eigen ist, sowie der Vorstellung von einem Zyklus andererseits, wie er in
lebendiger allem Lebendigen zu beobachten ist und der einer Starre entgegenwirkt, so daß
Zyklus bei aller Systematisierung das Ganze doch in Bewegung bleibt und als ein
organisches Ganzes vorgestellt werden kann.
Wenn wir uns das Ineinanderübergehen und Auseinanderhervorgehen der ver-
schiedenen Körper im Sinn der goetheschen Metamorphosen betrachten (was
am Ende dieser Ausführungen möglich sein sollte), so kommen wir in letzter
Ver-dünnung zu nebenstehender Figur, die den allen drei Familien
gleichermaßen eigenen rhythmischen Zyklus beschreibt.
Natürlich unterliegt dieser Kurve eine Ordnung, und zwar in Form von dreizehn
Punkten. Jedem dieser Punkte ist zunächst eine Stufe in der Pflanzenentwick-
lung zugeordnet. Unschwer erkennen wir die spiegelsymmetrische Basis der
Figur. Entsprechend Schellings Worten "Die Natur ist der sichtbare Geist, der
Geist ist die unsichtbare Natur", repräsentiert die linke Seite die unseren Sinnen
zugänglichen, das heißt sichtbaren Pflanzenteile wie Samen, Sproß oder Blatt,
während die rechte Seite für das Wesenhafte, die zeitfreien Aspekte dieser
Manifestationen auf den einzelnen Stufen steht. Ich nenne sie die Typaspekte
oder kurz Typen dieser Pflanzenteile.
2. Glasperlenspiel und Polyeder 15
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Typus Entsprechendes finden wir natürlich auch im Tierreich. Zur Verdeutlichung des
Begriffs Typ, wie er hier gemeint ist, gebe ich Ernst Jünger das Wort. Er
schreibt unter dem Thema "Typ, Name , Gestalt": "Wir sehen die Prägung, aber
nicht den Prägestock; wir sehen die Münzen, aber wir sehen die Münze* nicht.
Ob überhaupt eine solche Münze bestehe und wo sie zu vermuten sei: das war
von jeher der schärfste Prüfstein der Urteilskraft. Das Thema stellt nicht nur
Fragen, sondern es verändert den Menschen, der sie beantwortet." (*Münze ist
ein im Schwinden begriffenes Wort für die Prägeanstalt)
Ein anderes Wort für den Prägestempel ist Matrize. Und darin steckt das Wort
Mater, Materia. Auch "Mutter" gründet in diesem Wortstamm. Nun mag man
geneigt sein, die Typaspekte dem Weiblichen und die Sinnenaspekte dem
Männlichen zuzuordnen. Aber wir kommen der Wirklichkeit näher, wenn wir
sagen: im Typaspekt verwirklicht sich weibliche Natur und männlicher Geist,
während sich in den Sinnaspekten männliche Natur und weiblicher Geist
manifestiert. Jede Seite ist auch in sich selbst ausgeglichen.
Information Die Typ-Information ist es, die in jeder Erscheinung als geistiger Anteil dafür
sorgt, daß bereits der Sproß einer Pflanze diese als Rose erkennbar macht, oder
daß wir eine Pflanze bereits am Blatt als Maispflanze erkennen können.
Gleiches gilt für die typische Birkenrinde, das chrakteristische Lindenblatt oder
die typische Form eines Birnbaumes. Die Information wahrt über Generationen
und über weite geographische Räume hinweg das Typische einer Pflanze oder
eines Tieres, wahrt die EIN-heit in all den vielfältigen AUS -prägungen.
Hüter der Zeit In der Mittelachse sind nun sämtliche Stadien angeordnet, wo sichtbare und
nichtsichtbare Elemente zusammentreffen, wo das Äußere mit dem Inneren sich
vermählt. Aber so wie wir im Gesamtbild eine senkrechte Spiegelachse haben,
stellt auch die waagerechte Mittelachse eine Spiegelachse dar. Diese
horizontale Achse markiert gewissermaßen eine zeitliche Trennung. Folgen wir
der Linie, so erkennen wir, daß die Vermählung in zwei Stufen vonstatten geht.
Sie wird zu-nächst im unsichtbaren vollzogen noch bevor der Sproß sichtbar
wird. Samen und Samentypus bewegen sich auf die Mitte zu, wo die
Geschlechtsorgane vor-bereitet werden, weiterhin werden dann Knospe und
Blüte begründet. Auch hier muß zuerst eingefaltet werden, was sich später, nach
Wachstum und Blattbil-dung, vor unseren Augen in der Knospung ankündigt,
dann in der Blüte mit ihren Staubgefäßen als äußere Vermählung entfaltet und in
der Frucht mit ihrem Samengehäuse ihre Vollendung findet. Das Geistige
(be)zeugt sich fort im Fruchtstand der Pflanze und wird in dem sich
verhärtenden Fruchtkern weiter-getragen.
So schließt sich der Kreis. Der Zyklus kann mit jedem einzelnen neuen Samen-
korn neu beginnen - und zwar unabhängig von der Zeit, die Information bleibt
im Kern gewahrt.
Dafür sorgen auf umfassende Weise die sternförmigen Komplexe und Iso-Kom-
plexe, die für jede Polyederfamilie die spezifischen Dreh- und Angelpunkte dar-
stellen, in denen die senkrechte Geist- oder Lebensachse gelagert ist. (Kap.8+9)
Daß der Zyklus in allen drei Familien gleichermaßen Geltung hat, d.h. insbeson-
dere auch in der Tetraederfamilie, bedarf einer näheren Begründung. Den Extra-
vaganzen dieser Familie begegnen wir immer wieder und wir finden schließlich
das entscheidende Moment im Spin, wie er anschaulich in den Simumkörpern
zum Ausdruck kommt. (Kap. 10)
2. Glasperlenspiel und Polyeder 17

Auf das Bild des Pflanzenzyklus werden wir im weiteren Fortgang der Untersu- Armane
chung immer wieder zurückgreifen. Doch zuvor noch ein kurzer Blick auf die
geistesgeschichtliche Einordnung der Neuentdeckungen der armanischen Körper
oder auch Armanen (analog zu den catalanischen Körpern, den Catalanen) und
der Iso-Komplexe.
Bei diesen Körpern handelt es sich nicht um etwas grundsätzlich Neues. Die
armanischen Körper waren schon immer da, nur eben unbeachtet und deshalb
auch ohne Namen. Bisher stellten sie allenfalls eine unscheinbare Phase im
Übergang von einem bekannten Körper zu einem andern dar. In dieser
untergeordneten Rolle ist einer ihrer Vertreter sogar bei Adam/Wyss abgebildet.
Ich habe sie aber jetzt als etwas Bedeutsames, und zwar energetisch
Bedeutsames entdeckt und stelle hier ihre besonderen Eigenschaften vor. Sie
rücken damit in eine Reihe mit den bisher schon berühmten platonischen und
archimedischen Körpern. Wer bereits an dieser Stelle eine kurzgefaßte
Charakteristik der armanischen Körper möchte, kann diese am Schluß des 7.
Kapitels auf Seite 61 nachlesen.
Ähnlich verhält es sich mit den Iso-Komplexen. Einer von ihnen wird sogar Isokomplexe
explizit bei Adam/Wyss vorgestellt, bezeichnenderweise an letzter Stelle: der
Oktaederfünfling. Ich gehe hier den Weg zu Ende und vervollständige die
Familien.
Alles in allem ergeben sich so schließlich 108 Polyeder. Davon sind exakt zwei
Drittel, also 72 Polyeder real darstellbar und in den Familien ausgewiesen.
Zweiundsiebzig ist nun aber eine Zahl, die in den Überlieferungen aller Kultu- Zweiundsiebzig
ren als Zahl der Fülle große Bedeutung hatte. Die jüdische Tradition beispiels-
weise kennt 72 verschiedene Namen ihrer Gottheit. In 72 Jahren verschiebt sich
der Frühlingspunkt der Sonne im Tyrkreis um ein Grad. Neben den bezeichnen-
den arithmetischen Zusammenhängen (9 x 8, 6 x 12, 3 x 24) bezeichnen 72°
auch ein Fünftel des Kreises und stellen damit ein zahlenmäßiges
Charakteristikum des Fünfecks oder Pentagons dar. In seiner Sternform als
Pentagramm war es das Geheimsiegel der pythagoräischen Schule. Von 72° ist
es nur ein kleiner Schritt zu 720, der Zahl, die durch alle Ziffern außer 7 teilbar
ist und somit eine versatile Zahl höchster Ordnung darstellt.

Vielleicht gelingt es mit dieser Arbeit auch, die erst 150 Jahre alten Catalane aus
ihrem Schattendasein zu holen und ihre Rolle im Zyklus der Polyeder ebenfalls
deutlich zu machen. Für mich ist die Neu- oder vielleicht auch Wiederentdek-
kung dieser Körper ein durchaus epochales Geschenk und ein Beitrag zur
Versöhnung der Naturwissenschaften mit den Geisteswissenschaften. Novalis
sprach in diesem Zusammenhang von der "Ehe von Natur und Geist" und nannte
diese Tätigkeit "höhere Philosophie".
Es ist wohl kein Zufall, daß diese Körper erst jetzt offenbar werden, wo diejeni-
ge Epoche zu Ende geht, die die westliche Zivilisation heraufgeführt hat. An
ihrem Beginn stand der alles überragende griechische Philosoph Platon (427 - Platon
347 v.Chr.). A.N.Whitehead bezeichnete beispielsweise die gesamte westliche
Philosophie als Fußnoten zur platonischen Philosophie und wie oben schon er-
wähnt, tragen die herausragendsten regelmäßigen Körper seinen Namen. Der
gleiche Platon aber war es auch, der mit seiner Ideenlehre die Trennung von
Natur und Geist maßgeblich vorbereitet hat und die dann von seinem Schüler
Aristoteles vollzogen wurde.
18

Da dies einen einschneidenden Vorgang am Beginn dieser Epoche darstellt,


möchte ich kurz darauf eingehen:
Die platonische Philosophie ist im wesentlichen niedergelegt in Form von Dia-
logen. Einer davon ist der Timaios-Dialog über die Entstehung der Welt, in
dem die platonischen Körper beschrieben werden. Timaios aber war ein Schüler
Pythagoras der Pythagoräer und Pythagoras selbst (580 - 500 v.Chr.) hatte noch eine
entschie-den andere Sicht der Welt als die unsrige, die im wesentlichen eben
platonisch geprägt ist. Für die Pythagoräer waren die mathematischen Studien
gleichbedeu-tend mit dem Studium des göttlichen Gesetzes und bedeuteten
immer auch direkten Kontakt mit der göttlichen Wirklichkeit, mit einer
Göttlichkeit als etwas dem Kosmos immanentes. Demgegenüber entwickelte
Platon eine in wesentlichen Punkten verschiedene Auffassung von Welt, die
auch Voraus-setzung war für die spätere christliche Vorstellung von dem
himmlischen Gott.
Platon übernahm zwar die pythagoräische Vorstellung, daß Zahlen das
Ordnungsprinzip des Kosmos und des Lebens darstellen, aber die Zahl als
solche galt ihm nicht als ´theion´, als etwas Göttliches. Das galt entsprechend
auch für die regelmäßigen Polygone, die mit den Zahlen untrennbar verbunden
waren und das eine war ohne das andere nicht zu denken. Für Platon ist die
Zahl eine rein vernunftmäßige Form (eidos) - sie ist kein immanentes
Ordnungsprinzip innerhalb der Dinge sondern eine transzendente Idee. Das ist
der grundsätzliche Unterschied zwischen der pythagoräischen Zahlvorstellung
und Platons Ideenlehre. Platons Philosophie ist eine Metaphysik der
Transzendenz; die pythagoräische Philosophie ist hingegen eine Metaphysik der
immanenten Ordnung.
Dieser spezifische Unterschied zwischen den frühen Pythagoräern und Platon
hat sich auch praktisch ausgewirkt. Für Platon war es in einem gewissen Sinn
das Beste, mathematische Betrachtungen möglichst ohne Bezug auf physische
Dinge anzustellen: Wahrheit sollte rein verstandesmäßig gefunden werden, im
platonischen Ideenhimmel war kein Platz für das Irdisch-vergängliche. Für die
Pythagoräer manifestierte sich die Wahrheit hingegen selbst durch die Welt der
physischen Erscheinungen. Beispielsweise konnten die Pythagoräer durch das
Experimentieren auf dem Monochord zweifelsfrei die Erfahrung der göttlichen
Prinzipien der Harmonie nachempfinden, die den kosmischen Strukturen
zugrundeliegen. Wo Platon lediglich über die Musik theoretisierte, wandten die
Pythagoräer die Musik zur Befriedung und Harmonisierung psychischer Zustän-
de praktisch an.

höhere Nun wären allerdings ohne die Ideeenlehre die heutigen Abstraktionsleistungen
Philosophie und die daraus resultierende technische Entwicklung nicht denkbar und der Weg
mag ein notwendiger gewesen sein. Es ist aber heute auch notwendig, sich des
Abstraktionsgrundes bewußt zu bleiben bzw. sich dessen wieder bewußt zu wer-
den, um so die Balance zu halten zwischen Qualität und Quantität, zwischen
der Aussage, die in ihrem Urteil in einer lebendigen Situation gründet, und der
blutleeren abstrakten Formel, deren Türme wurzellos und ohne Erdung im
platonischen Ideenhimmel ihren Halt suchen.
2. Glasperlenspiel und Polyeder 19

Man darf also den ersten Teil des platonischen Satzes, wonach die Bedeutung
der Geometrie nicht auf ihrem praktischen Nutzen beruht, getrost in sein
Gegen-teil verkehren. Damit sagen wir: Die Bedeutung der Geometrie beruht
sowohl auf ihrem praktischen Nutzen, als auch "darauf, daß sie ewige und
unwandel-bare Gegenstände untersucht und danach strebt, die Seele zur
Wahrheit zu er-heben."
Den Zusammenhang zwischen mikro- und makrokosmischen Strukturen mit
der Geometrie können wir auch deutlich daran erkennen, daß sich die
Gruppierun-gen der Körper sehr klar im Periodensystem der chemischen
Elemente wider-spiegeln. (Kap.12) Damit ist auch ein deutlicher Hinweis
gegeben auf die (alt-) ägyptische Epoche, die der soeben zu Ende gegangenen Chemet
vorausging. Der alte Eigenname für das heutige Ägypten war "Chemet" und
bedeutete soviel wie "schwarz" oder "schwarze Erde". "Cheo" bedeutete
gießen und das griechische Wort für Saft oder Flüssigkeit "chymos" ist davon
abgeleitet. Einen Anklang davon haben wir in der Cheops-Pyramide, aber
natürlich auch in unseren Wörtern Chemie und Al-Chemie, die sich direkt der
altägyptischen Mysterienschule verdanken. Pythagoras wurde 22 Jahre lang
in die Geheimnisse dieser Schulen eingeweiht bzw. in das was noch davon
übriggeblieben war und dazu gehörten mit Sicherheit auch die Geheimnisse
der Alchymie. Als Pythagoras nach weite-ren 12 Jahren Ausbildung in
Babylon etwa 56-jährig nach Griechenland zurück-kehrte, konnte er die
Musik der Sphären hören. Über seine Weltanhörung (in Ergänzung zu unserer
Welt-Anschauung!) wird auch hier noch zu reden sein. Pythagoras stand am
Übergang von der Epoche des Widders, dargestellt im Lamm, zum Fische-
zeitalter, das in unserer Zeit zu Ende geht. Pythagoras war es, der das tiefe
Wissen um die alles durchdringende Lebensenergie in dieses Zeitalter
hinübergerettet hat. Das schmale Rinnsal der hermetischen Tradition hat es
schließlich durch die Zeiten der abendländischen Vorherrschaft bis in unsere
Tage bewahrt und es sieht danach aus, als ob sich dieser Wissensstrom mit
dem anstehenden Zeitalter des Wassermannes wieder belebt und verbreitert.
Die durch die platonische Interpretation der Welt bewirkte Trennung von Ge-
staltung und Materie, von Natur und Geist soll in unserer Zeit überwunden
werden und die Entdeckung der armanischen Körper und der Iso-komplexe
als solche möge ihren Beitrag dazu leisten, daß der Mensch seiner immensen
Fähigkeiten wieder bewußt wird und sein wahres Maß wiederfindet.
20
3. Evolution und Rotation
Wie schon erwähnt, waren die platonischen oder regelmäßigen Körper bereits
im 5. vorchristlichen Jahrhundert bekannt und sicherlich auch schon einige
der Halbregelmäßigen. Daß letztere heute auch archimedische heißen, ist dem
grandiosen Mathematiker Archimedes von Syrakus zu verdanken, der die
nach ihm benannten Körper systematisch aus den platonischen Körpern
abgeleitet und entwickelt hat.
Und eben diesen Prozeß der Entwicklung leisten wir heute noch einmal, aber Polarität
sozusagen auf der nächsttieferen genealogischen Stufe. Diese tiefere Stufe ist
mit den sogenannten catalanischen Körpern oder kurz "Catalanen" gegeben.
Diese sind benannt nach Emile Catalan, der die systematische Ableitung
dieser Körper erstmals 1865 in einem Pariser polytechnischen Journal
veröffentlicht hat. Die Catalane werden manchmal auch archimedische
Doppel, Duale oder Polare genannt. Damit ist ein wesentliches Moment der
Begründung und Ableitung der Familien überhaupt bezeichnet.
Um die weiteren Ausführungen verfolgen zu können, empfiehlt es sich, die
a - Seiten der TafelnVII - IX aus dem Anhang zur Hand zu haben. Zusätzlich
hilft ein Blick auf die Tafel III, wo die Verteilung der verschiedenen genealo-
gischen Stufen dargestellt ist, die für alle drei Familien gleichermaßen gilt.
Darin repräsentiert jeder Punkt einen Körper. Die platonischen Körper sind
jeweils rechts und links außen, die archimedischen im unteren und die
catalani-schen im oberen Teil angeordnet.
Wo noch die platonischen Körper untereinander polar sind, gibt es innerhalb
der archimedischen Körper keine zwei, die untereinander polar sind. Polar
oder dual bedeutet in diesem Zusammenhang, daß ein Polyeder so viele
Flächen hat wie der Partner Scheitel, und daß er selbst so viele Scheitel hat
wie der andere Flächen. So hat beispielsweise der Würfel sechs Flächen und
acht Scheitel, während sein polares Gegenstück, der reguläre Achtflächner
oder Oktaeder, seinerseits acht Flächen und sechs Scheitel hat. Was
allerdings beide gemein-sam haben, ist die Anzahl der Kanten. Sie beträgt im
Fall des "Elternpaares" der Würfelfamilie zwölf.
Während die Polarität innerhalb der platonischen Körper bei Kepler einerseits
die Idee der Familie begründet und andererseits durch die Konstruktion von
Polarkörpern aus den Archimedischen die Catalane entstehen, muß noch eine
zweite Methode erörtert werden, die die Ableitung der archimedischen
Polyeder selbst aus den Platonischen bewirkt. In den meisten Darstellungen
ist an diesem Punkt davon die Rede, daß die platonischen Körper gestutzt
oder beschnitten werden. Das Ergebnis sind dementsprechend "Stümpfe". So Stümpfe
sind "Würfelstumpf", "Ikosaederstumpf" oder "Kuboktaederstumpf" gängige
Bezeichnungen für diese archimedischen Körper. In der Fortsetzung des
soge-nannten Abstumpfungsprozesses stößt man dann allerdings auf
Bezeichnun-gen, die einen wundern machen. So wird aus dem
""Kuboktaederstumpf" durch fortgesetztes "abstumpfen" das
Rhombenkuboktaeder. Obwohl am ganzen Körper weit und breit kein
Rhombus erkennbar ist (wenn man einmal vom Quadrat als einer speziellen
Form des Rhombus absieht), findet dieser Begriff doch Eingang in die
Bezeichnung dieser Körper. Wie kommt das zustande? Was mag da wohl für
ein Grund dahinter sein?
22

Drehsymmetrie Ein anderes Wort für Rhombus ist die Raute und diese leitet sich, wie Rotation
oder rotieren, aus der gleichen lateinischen Wurzel ab und bedeutet so viel wie
Kreisel oder Zauberrad. Fraglos liegt der Bezeichnung also der Gedanke an eine
Drehbewegung zugrunde. Wo sich etwas dreht, entstehen Wirbel und Spiralen,
ist Energie im Spiel. Und genau darin, in einer energetischen Betrachtung, liegt
nun auch der Schlüssel für eine angemessenere Interpretation zur Entstehung
der archimedischen Körper, aber auch der Schlüssel zur Ableitung der
armanischen Körper.
Wenn wir die Entwicklung der Familien aus diesem Blickwinkel betrachten,
bekommen die Körper selbst auf einmal Leben. Aber auch die Interpretation der
Verhältnisse der Körper untereinander als Familie, d.h. als lebendige Beziehun-
gen, bekommt einen Sinn. Eine solche Betrachtungsweise liegt im Übrigen ganz
auf der Linie der oben erwähnten Gruppentheorie: Einer der zentralen Begriffe
dieses Zugangs ist der Symmetriebegriff und wir stellen fest, daß die einzelnen
Familien jeweils durch die Dreh- oder Rotationssymmetrie einer bestimmten
Ordnung zusammengehalten werden und somit jeweils eine Gruppe bilden.
Tetra-Claque Joe Crinton, ein Schüler von Richard Buckminster Fuller ("Bucky"), hat auf der
Basis der Drehbewegung ein Modell entwickelt, das diesen Ansatz sehr gut
veranschaulicht. Es handelt sich dabei um ein zweischaliges Tetraedermodell
aus doppelten Dreiecksflächen. Diese sind drehbar gegeneinander gelagert und
jede Fläche ist für sich mit anderen Flächennachbarn an den Eckpunkten gelen-
kig verbunden. Je drei solcher Verbindungen markieren demzufolge einen
Scheitel des Tetraeders. Ich nenne das Modell "Tetra-Claque". Damit zeigen wir
die Entstehung des Oktaeders aus dem Tetraeder über die Stufe des Tetraeder-
stumpfes - und zurück! Die Anregung habe ich dem Buch "Polyeder und
Kosmos" von Koji Miyazaki entnommen.

Bild 2

Bild 3
3. Evolution und Rotation 23

Diese Metamorphose kann mit den analogen Modellen ("Hexa-Claque" und


"Penta-Claque") auch für den Würfel und den Zwölfflächner gezeigt werden.
Was nicht funktioniert, sind "Okta- " oder "Ikosa-Claque"- modelle. Diese sind
zwar herstellbar und auch so lange stabil, wie sie in geschlossenem Zustand
sind. Sobald man aber beginnt, sie zu öffnen, schwindet die Stabilität zusehends
dahin und im voll geöffneten Zustand fallen die Modelle in eine Ebene zusam-
men. Der Grund hierfür ist die Tatsache, daß n-Ecke mit n > 3 ohne starren
Flächeninhalt nicht stabil sind. Im Fall der Polyeder mit lauter Dreiecken öffnet
sich aber beim Oktaeder ein Quadrat und beim Ikosaeder ein Fünfeck. Beide
aber sind nicht stabil. Da hilft dann auch die Stabilität der zwanzig einzelnen
Dreiecke im Fall des Ikosaeders nichts.
Grundsätzlich kommt mit diesen Modellen eine neue Denkweise zur Geltung, Steter Wandel
die die bisherige Vorstellung vom "stutzen", "abschneiden" und ähnlich bra-
chialen und endgültigen Methoden als überholt brandmarkt. Das mechanistisch-
zerstörerische Denken wird abgelöst durch die Vorstellung von harmonisch-
rotativen Bewegungen, die es auch erlauben, den Ausgangszustand wieder her-
zustellen. Die Bewegungen können bei dieser Konzeption in beide Richtungen
ablaufen, ein "beschnittener" Körper kann hingegen nicht wieder ganz gemacht
werden. Wir erfahren in diesen neuen Modellen eine Vor- und
Zurückbewegung, ein Ein- und Ausatmen, Systole und Diastole.
Die einzelnen Körper erweisen sich als Stationen, als Momentaufnahmen in
einem endlosen metamorphosierenden Prozeß des ununterbrochenen Gestalt-
wandels. Dieser Wandlungsprozeß ist, wie alles lebendige, gekennzeichnet
durch den Wechsel von Evolution und Involution, von verdünnen und verdich-
ten. Energie wird versammelt und wieder zerstreut, um sich an anderer Stelle in
veränderter Form wieder zu verdichten. Das Symbol völliger Verdichtung ist
das Tetraeder. Sein Gegenstück, das Symbol völliger Verdünnung und
ungehinder-ten Fließens, ist die Kugel. Man könnte auch sagen, das Tetraeder
verkörpert das Prinzip der maximalen Ordnung, den Kosmos, und die Kugel das
Prinzip maximaler Unordnung, das Chaos. Diese Polarität erweist sich auch in
der mathematischen Analyse der beiden Körper. Während das Tetraeder bei
maximaler Oberfläche ein Minimum an Volumen einschließt (von konkaven
Körpern sehen wir im Moment ab), weist die Kugel bei einer minimalen
Oberfläche das maximal mögliche Volumen auf. Zwischen diesen beiden
Extremen also bewegen sich die radialsymmetrischen Polyeder.
Je spitzer oder stacheliger ein Körper von seinem Charakter her ist, desto mehr Ökonomie der
verkörpert er Energieansammlungen in den einzelnen Spitzen. Dieser Versamm- Großkreise
lung oder Involution folgt regelmäßig ein Aufbrechen, eine Evolution. Das an-
gestaute Energiepotential ist bestrebt, sich auszubreiten hin zu den bisher unter-
versorgten Bereichen, d.h. es strebt zur Kugelform. Dabei sind Energieströme
um den kürzesten Weg, d.h. geringstmöglichen Verlust bemüht. Auf der Kugel
(als der Form mit dem größtmöglichen Speichervolumen bei geringst-möglicher
Oberfläche zur Abstrahlung) sind die kürzesten Wege aber die sogenannten
Großkreise (z.B. auch Flugrouten um den Globus) und das Bestreben ist gleich-
zeitig darauf gerichtet, möglichst das Niveau, d.h. den Abstand zum Mittelpunkt
konstant zu halten. Es ist daher kein Zufall, daß natürliche Formen kreis- oder
kugelförmig sind, sondern eine Frage der Ökonomie. (Nur ökologische
Ökonomie ist unter dem Strich eben auch wirtschaftlich.)
24

George Adams drückt es so aus:"Die Natur selbst zeigt uns im äußeren Scheine
die Kugelform überall da, wo es wesentlich ankommt auf das Verhältnis eines
keimkräftigen, kosmisch aufnahmefähigen Mittelpunktes zur himmlischen
Weite. So zum Beispiel im menschlichen Auge, in der lebendigen Zelle, in der
Erdenform selbst." Nicht zuletzt aus diesen Gründen sind auch die radialsym-
metrischen Polyeder, die also auf eine In- oder Umkugel aufbauen, von beson-
derem Interesse für alle energetischen Vorgänge. Und diesen groben energeti-
schen Vorgängen im Sichtbaren, stehen entsprechende geistige, feinstoffliche
Vorgänge in Form von Gedanken, Ideen und Erkenntnissen als Typen
gegenüber.
Scheitel
Das im wahrsten Sinne des Wortes herausragende, damit aber auch bezeich-
nendste an spitzen Körpern ist die Prägnanz ihrer Scheitel. Ich verwende diesen
Begriff für räumliche Eckpunkte, während ich im Fall ebener Figuren das Wort
"Ecke" verwende. Warum? Aufbauend auf das bisher Gesagte werde ich diese
Begriffswahl nun deutlicher machen.
Wenn wir von einem Polyeder sprechen, greifen wir einen Moment im Wand-
lungsprozeß heraus und halten ihn fest. Die gebräuchlichste Form zur Darstel-
lung der Polyeder sind massive, zumindest flächige "Körper" aus Karton, Glas,
Holz oder Kunststoff. Bereits das Wort "Polyeder", also Viel-flächner, bringt
eine Betonung des Flächenhaften mit sich, ja, die gesamte Nomenklatur der
Polyeder baut auf der Flächenanzahl auf. Mit der energetischen Betrachtungs-
weise kommt nun aber auch eine andere Darstellungsform zum Zuge, die ich an
einem weiteren realen Modell vorstellen möchte.

Tensegrity
Ebenfalls einem Schüler von Bucky, nämlich Kenneth Snelson, haben wir das
schöne Spielzeug "Tensegritoy" zu verdanken. Es veranschaulicht perfekt
Fullers "Tensegrity"-Konzept, wonach das Universum durch Spannung zusam-
mengehalten wird und nicht durch Druck. Druckpunkte sind lokal, Zug aber
wirkt global. Was den menschlichen oder tierischen Körper beweglich macht,
sind die Muskeln und Sehnen; die Knochen nehmen nur den Druck auf.
Entsprechend diesem Muster ist "Tensegritoy" konzipiert.

Bild 4 + 5

Ein Konstruktionkasten beinhaltet nur drei verschiedene Elemente: runde Holz-


stäbe (Knochen), Gummikordeln (Sehnen), die in vorgebohrten Löchern der
Stäbe befestigt werden, und Kunststoffkappen als Abschlüsse auf die Stäbe,
3. Evolution und Rotation 25

die verhindern, daß die Gummikordeln ausrauschen. Mit diesen Teilen lassen
sich nun alle Polyeder (mit gleicher Kantenlänge) bauen und sie sind bei aller
Elastizität doch formstabil und robust. Insbesondere aber machen sie eines deut-
lich: eine "Ecke" ist kein singulärer Punkt, in dem alle Kanten zusammenkom-
men, sondern die "Ecke" ist in Wahrheit ein Wirbel. Es kennzeichnet ein Tense-
gritoy-Konstrukt, daß sich an keiner Stelle irgend zwei Druckstäbe berühren.
Das Gebilde und damit auch die Druckstäbe sind ausschließlich über die Gum-
mizüge als Energiebahnen verbunden. Der Konstrukteur muß sich beim Zusam-
menbau entscheiden, in welcher Richtung er die Stäbe "zusammenstricken" will.
Genaugenommen trifft er die Entscheidung schon beim auflegen der Gummis
auf die Holzstäbe. Die erste Richtungsentscheidung ist für alle weiteren Kon-
struktionen maßgebend.
Der genannte Wirbel ist nun der entscheidende Punkt: "Wirbel" bezeichnet einen
Prozeß, ist dynamisch. Wenn wir aber eine Momentaufnahme machen und sie
feststellen, wird der Wirbel zum Scheitel. Im englischen unterscheidet man nicht Wirbel und
zwischen den beiden Stadien, in beiden Fällen verwendet man das lateinische Strudel
Wort "Vertex". Im griechischen aber unterschied man wohl zwischen dem dyna-
mischen Prozeß und nannte ihn "strodulos" und der statischen Manifestation
eines solchen Strudels und nannte diese "Pol". In unserem Sprachgebrauch be-
zeichnet der Scheitel den höchsten Punkt des Menschen auf dem Kopf. Bezogen
auf die Erde sprechen wir vom Pol und meinen damit den Durchstoßpunkt einer
gedachten Rotationsachse. Es wäre auch in Bezug auf die Polyeder vertretbar,
anstelle von Scheiteln von Polen zu sprechen. Ich habe mich dennoch für
Scheitel entschieden, um Verwechslungen mit anderen Elementen, wie sie
beispielsweise in der analytischen Geometrie auftreten, aus dem Weg zu gehen.
Da alle radial-symmetrischen Polyeder auch in sich polar sind, ist es im übrigen
sinnvoll, den "Pol"-Begriff für bestimmte, nämlich einander gegenüberliegende
Scheitel-positionen zu reservieren. Tatsächlich sind sowohl der höchste Punkt
auf dem Kopf des Menschen wie der tiefste Punkt am Körper des Menschen,
ebenso wie die Pole der Erde, Punkte, an denen Energie eingespult oder
eingewirbelt wird.
Von diesem Sachverhalt können wir auch bei exponierten Stellen in der Land-
schaft (Bergspitzen) oder an Pflanzen ausgehen (Knospen). Dabei kann dieser
linksherum und
Wirbel entweder links- oder rechtsläufig sein. Und dies macht sehr wohl einen
rechtsherum
Unterschied in Bezug auf den Energiehaushalt. Wir kennen etwas ähnliches ja
auch von den Atomspins.
An einer abstrakten Spitze ist nun allerdings nicht erkennbar, ob sie von einem
links- oder rechtsläufigen Wirbel herrührt und so kommt es, daß wir nicht unter-
scheiden können zwischen zwei energetisch entgegengesetzten Körpern, die
äußerlich identisch sind und die wir deshalb kurzerhand als gleiche bezeichnen.
Das ist auch der Grund dafür, daß wir bisher davon ausgegangen sind, daß das
Tetraeder ein "Einzelgänger" sei. Tatsächlich aber gibt es zwei zueinander
polare Tetraeder mit unterschiedlichen Energiewirbeln. Das kann mit
"Tensegritoy" sehr schön verdeutlicht werden. Damit ist allerdings auch
sechs
ausgesprochen, daß es eben nicht nur fünf, sondern sechs platonische Körper
platonische
gibt! Wir kommen also zur Vervollständigung der Familien nur über eine
Körper
energetische Betrachtungsweise.
26
4. Die armanischen Körper

Fahren wir doch gleich mit dieser Art der Betrachtung fort, indem wir uns den Aufblühen
Scheitel eines Ikosaeders als die Knospe, sagen wir einer Hibiskusblüte,
vorstellen. Irgendwann ist der Energiestau in der Knospe so drängend, daß sie
sich zur Blüte öffnet. Joachim Ernst Berendt beschreibt diesen Moment bei einer
Rose als akkustisches Phänomen, und zwar als einem orgelartigen Dröhnen, das
an die Klänge einer Toccata von Bach erinnert, an eine aufbrechende Folge von
Akkorden.
Im Fall des Ikosaeders haben wir zwölf Scheitel. Stellen wir uns also einen
dichten kugeligen Strauß von zwölf Hibiskusknospen vor, die sich nun alle
gleichzeitig öffnen, synchron, so wie sich etwa Synchronschwimmer in einer
Kreisformation im Wasser bewegen. Als Resultat erhalten wir einen herrlichen
Hibiskusblütenstrauß. Bezogen auf das Ikosaeder ist das Ergebnis weniger
duftend aber doch auch beeindruckend: die fünfstrahligen Scheitel öffnen sich
durch Drehung zu gleichseitigen Fünfecken. Die bisherigen Dreiecke reduzieren
sich zu regelmäßigen Sechsecken und wir haben im Ergebnis den Ikosaeder-
stumpf vor uns. Jeder kennt diesen Körper: Es ist die Form, aus der alle
Fußbälle gemacht werden.

Bild 6

Von oben betrachtet öffnet sich also der Scheitelpunkt wie der Zentralverschluß
einer Kamera. Wo sich bisher die Kanten in einem Strahlenzentrum gebündelt
haben, eben im Scheitel, haben wir jetzt eine reguläre Fläche, die sich mit
zunehmender Öffnung vergrößert.

Bild 7

Gleichzeitig bewegen sich die Spitzen der Dreiecke, die als doppelschalige zu
sehen sind, in gegenläufiger Richtung voneinander fort und es entsteht eine
neue Kante.
28

Bild 8

Das einzelne Dreieck wird so zu einem zunächst unregelmäßigen, an einem be-


stimmten Öffnungspunkt aber zu einem völlig regelmäßigen Sechseck. In
diesem Moment, wo alle Kanten im neuen Zustand gleiche Länge erreicht
haben, ist die Position dieses berühmten archimedischen Körpers erreicht. Setzt
sich der Öffnungsvorgang weiter fort, und zwar so weit bis die Dreiecke, jetzt
um jeweils sechzig Grad gedreht, wieder zur Deckung kommen, erhalten wir
einen weiteren archimedischen Körper, das Ikosidodekaeder.
Ist aber nach diesem phantastischen Akt energetischer Balancierung das Wort
Blüten vom "Ikosaederstumpf" noch angemessen? Warum z.B. nicht "Ikosaeder-
Blüte"? Es sei phantasiebegabteren Naturen als ich es bin überlassen,
passendere Bezeichnungen zu finden, die dieser neuen Sicht auf ein jetzt
vollständiges Formenalphabet besser gerecht werden. Im weiteren Fortgang
werde ich den bisherigen "-stumpf" durch "-blüte" ersetzen. Im Übrigen werde
ich für die nun folgenden neuentdeckten Körper die analogen Bezeichnungen zu
den traditionel-len, an der Flächenzahl orientierten Begriffen verwenden. Das
erleichtert auch die internationale Verständigung, da sich die griechischen
Bezeichnungen allgemein eingebürgert haben. Angesichts der uns ungewohnten
griechischen Zahlworte ist das manchmal etwas zungenbrecherisch, aber die
deutschen Entsprechungen hören sich auch nicht besser an, etwa
Deltoidvierundzwanzig-flächner statt Deltoidikositetraeder. Es wäre schön, für
die verschiedenen Körper neben den formalen Bezeichnungen noch poetischere
Namen verfügbar zu haben, so wie beispielsweise das "Rhombentriakontaeder"
eben auch einfach "Keplerscher Körper" genannt wird.
Metamorphose Was sind aber nun diese neuentdeckten armanischen Körper? Zunächst ein
der Pflanze Vorgriff auf die Systematik der Familien: Wenn wir im Bild der Pflanzen-
entwicklung bleiben (S.13 bzw. Tafel IIb), dann konnte mit den radialsymmetri-
schen Polyedern bisher nur der folgende Prozeß abgebildet werden: Das Auf-
brechen des Samenkorns (Samen = platonische Körper, d.h. was soeben am
Beispiel des Ikosaeders geschildert wurde, mit dem Aufbrechen der Knospe,
findet eigentlich unter der Erde statt), Vorbereitung der Blüte und Knospe bis
hin zum Sproß (= archimedische Körper), Entwicklung der Blätter und
Involution der sichtbaren Knospe ( = Catalane). Hier bricht bisher die
Entwicklung ab und was noch aussteht, ist das Aufbrechen der Knospe zur Blüte
und die erneute Involution zur Frucht mit ihrem Samengehäuse.
Der Übergang von den platonischen zu den archimedischen Körpern entspricht
also einer Evolution von den mehr oder weniger spitzen Energiekonzentratoren
4. Die armanischen Körper 29

zu den weniger spitzen oder gar kugeligen Energietauschern. Mit der Polarisie-
rung der archimedischen Körper zu den Catalanen findet eine erneute Involu-
tion statt. Auf diesen Prozeß gehe ich im folgenden Abschnitt über Involution
noch näher ein. An dieser Stelle geht es nur um eine grobe Orientierung.
Schematisch zusammengefaßt stellt sich die bisherige Situation wie folgt dar:
Platonische Körper involutiv spitz/stachelig
|
Metamorphose durch Rotation

Archimedische Körper involutiv -> evolutiv flächig/kugelig


|
Metamorphose durch Polarisation

Catalanische Körper evolutiv -> involutiv spitz

Die armanischer Körper ergeben sich dann aus dem erneuten Prozess der
Rotation:
und zwar
- einerseits als Evolution von der Knospe zur Blüte. Dies geschieht durch Evolution
aufbre-chen der regelmäßigsten Catalane, nämlich der Rhomboeder, zu ihren
Blüten-körpern. Diese Verwandlung verläuft analog zum Aufbrechen der
platonischen Körper und beide Formen am Beginn und am Ende des Prozesses
sind deutlich voneinander unterschieden.

Bild 9

- andererseits als substantielle Neuorganisation durch Information vom Blatt zur Information
kugeligen Frucht mit ihrem Kerngehäuse. Tatsächlich handelt es sich dabei am
Beispiel der Würfel-Familie auf der einen Seite um die Öffnung der Spitzen
des Penta-ikositetraeders (Pentagon-Vierundzwanzigflächner) und auf der
anderen Seite um die Öffnung der Spitzen des Delta-ikositetraeders (Deltoid-
Vierund-zwanzigflächner). Obwohl es sich auch hier um eine Form des
Aufblühens handelt, ist der Unterschied in den Grundformen weniger deutlich,
als dies im Fall der Verwandlung von der Knospe zur Blüte der Fall ist; beide
haben hier einen eher kugeligen Charakter.
30

Bild 10

Aber auch schon die Tatsache, daß das Rhombendodekaeder weniger spitz ist
als das Oktaeder, ist Ausdruck dieser generellen Tendenz, mit fortschreitender
Vererbung undeutlicher, unregelmäßiger zu werden. Die Prägnanz der Gestalt
erleidet mit zunehmender Vererbung Einbußen.

Die Analogie der Evolutionsprozesse birgt aber eine entscheidende Frage:


Wie sind im Fall der armanischen Körper die Entwicklungsgrenzen definiert?

Wie wir oben schon gesehen haben sind im Fall der archimedischen Körper
Kantenlänge diese Grenzen bei den Blütenkörpern genau dort gegeben, wo die Kanten der
neuent-stehenden Fläche gleiche Länge haben wie die Kanten der reduzierten
Rest-flächen. Wird der Prozeß fortgesetzt, ist der Körper durch die Punkte
definiert, wo die Kanten der neuentstehenden Flächen sich begegnen. Das
maßgebende Kriterium ist also die einheitliche Kantenlänge. Damit ist
automatisch auch gegeben, daß die archimedischen Körper sämtlich eine
Umkugel aufweisen, d.h. alle Scheitel berühren von innen eine gemeinsame
Kugel.
Die Catalane, als Polare der archimedischen Körper, weisen hingegen alle eine
Inkugel auf. Diese berührt alle Flächenmittelpunkte des Körpers. Dies ist leicht
einsehbar, da alle Flächen desselben radialsymmetrischen Körpers in dieser
Klasse der Catalane die gleiche Form haben.
Umkugel
Die armanischen Körper als radialsymmetrische Polyeder sind
dadurch definiert, daß sie - entweder eine Umkugel haben,
d.h. die Endpunkte der Kanten der neuentstehenden Flächen berühren eine
Kugel, die durch die von der Verwandlung nichtbetroffenen Scheitel des
Catalans definiert ist. Das ist der Fall bei den Ableitungen aus den
Rhomboedern (= Blüte) und aus den Pentagon-Polyedern (= Kerngehäuse).

Bild 11
4. Die armanischen Körper 31

- oder eine Inkugel haben.

d.h. die Mittelpunkte der neuentstehenden Flächen berühren die Inkugel des Inkugel
Ausgangskörpers. Dies gilt für die Ableitungen aus den Deltoid-Polyedern
(Frucht). Deren Scheitel liegen bereits innerhalb einer möglichen Umkugel,
wie sie im obigem Fall definiert wurde, und können daher nicht auf eine
solche zurückgeführt werden.
Aus diesen Prämissen ergeben sich für die praktische Konstruktion zwei
Folgefragen:
1. Wie verändern sich die Rauten der Rhomboeder?
2. Wodurch bestimmt sich die Kantenlänge der neuen Blütenfläche
bei der Metamorphose der Deltoid-Polyeder?
Zur 1. Frage:
Die offensichtliche Veränderung ist eine Verwandlung vom Viereck, dessen
Seiten paarweise parallel sind, hin zu einem Sechseck, dessen Kanten ebenfalls
paarweise parallel sind (n.Seite Bild 12). Im Fall der Rhombentriakontaeder-
blüte kommen wir sogar sehr nahe an das regelmäßige Sechseck heran. Das geht
aus der Konstruktion hervor, mit der wir den Umkugelschnittpunkt der Entwick-
lung bestimmen:
Von zwei Punkten einer Raute wissen wir, daß sie auf der Umkugel liegen, ja,
sie ist durch diese definiert: es sind die von der Verwandlung nichtbetroffenen
Scheitel des Catalans. Bezogen auf eine Raute sind das die stumpfen Ecken.
Deren Verbindungsstrecke stellt im Fall des Rhombendodekaeders eine Würfel-
kante und im Fall des Rhombentriakontaeders eine Dodekaederkante dar.

Indem wir nun den Streckenhalbierungspunkt zum Mittelpunkt nehmen und


einen Kreis durch die beiden stumpfen Ecken der Raute zeichnen, erhalten wir
auf den Seiten der Rauten die Durchstoßpunkte durch die Umkugel. Der Kreis
entspricht ja der Schnittfläche einer Kugelkappe und die benannten Punkte Polarfläche
liegen alle in einer (Polar-)Ebene, und weil auf der Kreislinie zugleich auch auf
der Kugeloberfläche. Verbinden wir die gefundenen Durchstoßpunkte paarweise
parallel zur Verbindungstrecke der stumpfen Ecken, haben wir das Sechseck als
eine der beiden Flächenarten der Rhomboederblüten.

Interessanter aber ist die Frage, welche Bewegung dahinter steckt, da ja eine
Analogie zur Metamorphose von den platonischen zu den archimedischen
Körpern behauptet wurde. Dort haben wir anhand der Claque-Modelle gesehen,
wie alle beteiligten (Doppel-)Flächen um ihren eigenen Mittelpunkt rotieren. Im
Fall der Raute müßte eine vollständig analoge Bewegung (d.h. gegenläufige
Drehung zweier identischer Flächen) aber zu einem Achteck führen. Tatsächlich
reicht die Analogie nicht so weit. Vielmehr haben wir es hier mit einer Scherbe-
wegung zu tun, wobei die Scheitelpunkte mit den stumpfen Winkeln fest bleiben
und sich die Seiten der Raute von den spitzen Scheiteln her soweit verkürzen,
daß wir zwei sich überschneidende Rechtecke bekommen. Dies ist sofort ein-
sichtig, wenn wir bedenken, daß der Kreis ja auch als Thaleskreis fungiert. Das
Rechteck ist aber genau diejenige Position, wo Inhalt und Umfang in einem
optimalen Verhältnis zueinander stehen.
32

Scherung

Bild 12

Ich nenne sie eine minimax-Position: minimaler Umfang (weil kürzester


Abstand zwischen zwei Parallelen) und maximaler Inhalt. Und das ist die gene-
relle Tendenz alles Zeitlichen.
Zur Krönung des Ganzen können wir weiterhin feststellen (und der folgende
Satz gilt entsprechend für die Würfelfamilie ), daß das ursprüngliche Ikosaeder,
das ja dem Rhombenkörper einbeschrieben ist, in fünf kleinere Ikosaeder auf
Vermehrung etwas niedrigerem (Energie-)niveau zerfällt. Die neuen verkleinerten Körper
liegen zueinander verdreht. Jede Ecke der neuentstanden Fünfecke ist zugleich
Scheitel eines reduzierten Ikosaeders. Der ursprüngliche Dodekaeder, dessen
Scheitel zugleich die stumpfen Scheitel des Rhomboeders sind, bleibt unberührt.

Zur 2. Frage: Wodurch bestimmt sich die Kantenlänge der neuen Blütenfläche
bei der Metamorphose der Deltoid-Polyeder?
Zunächst können wir festhalten, daß die Deltoid- oder Drachenfläche einen
Inkreis hat, da die Summe der paarweise einander gegenüberliegenden Seiten-
längen gleich ist. Dann stellt sich die Frage nach dem Berührpunkt der Inkugel
in der Fläche. Wir haben bisher etwas salopp gesagt, der Flächenmittelpunkt sei
Inkreismittel- der Berührpunkt. Was aber ist bei einem Drachenviereck die Flächenmitte?
punkt Nun - aufgrund seiner Herleitung als Tangentenpolygon zur Polarfläche eines
= Berührpunkt archimedischen Körpers, ist der Inkreismittelpunkt zugleich Berührpunkt.
Wenn nun die neuentstehende Blütenfläche auch an der bisherigen Inkugel
anliegen soll, dann bedeutet dies, daß der Abstand der beiden Berührpunkte
benachbarter Flächen zur gemeinsamen Kante gleich groß sein muß. In einem
ersten Schritt ermitteln wir also über die Winkelhalbierenden des Deltoids
seinen Inkreismittelpunkt IM und halbieren versuchsweise die Strecke zwischen
IM und der spitzen Ecke E (die ja zum aufblühenden Scheitel gehört, unter dem
der künftige Berührpunkt in etwa liegen muß). Wir nehmen E als vorläufigen
Berührpunkt an und legen durch den Halbierungspunkt H rechtwinklig eine
Gerade, auf der wir provisorisch eine Seite der neuen Fläche festlegen. Diese
Fläche ist entweder ein Quadrat oder ein Pentagon, das wir aufgrund des
Abstands E-H konstruieren können. Daraus ergibt sich auch die definitive
Seitenlänge bzw. künftige Kantenlänge.
4. Die armanischen Körper 33

Es erweist sich aber, daß diese länger ist, als die Breite des Drachenvierecks an
dieser Stelle. Diese beiden Größen müssen aber übereinstimmen, um die
gemeinsame Kante im gesuchten Polyeder zu bilden. Wenn wir nun den
Abstand beiderseits der Kante vergrößern, vergrößert sich auch die Grundkante
der neuen Fläche und verkleinert sich die Breite des Drachenvierecks. Folglich
ist der Ab-stand zu verkleinern. Aber wie weit? Wenn wir die beiden Ecken der
vorläufigen Blütenfläche mit IM verbinden, können wir uns diese Linien als zentrische
Projektionsstrah-len denken, entlang denen sich die Figur von der Größe Null Streckung
im Punkt IM aus vergrößert. Folglich haben wir exakt im Schnittpunkt dieser
Strahlen mit den Sei-ten des Drachenvierecks die tatsächlichen Ecken der
Blütenfläche, wo Kanten-länge und Breite des Drachenvierecks übereinstimmen
und der Abstand zwischen Kante und Berührpunkt nach beiden Seiten (nach
entsprechender Konstruktion der tatsächlichen Blütenfläche) identisch ist.
Die folgende Darstellung geht zur Verdeutlichung von einem spitzeren
Drachenviereck aus, als es bei den Deltoid-polyedern tatsächlich auftritt.

Bild 13

Der anschließende Tabellenteil enthält eine Übersicht der Armanischen Körper


(Seiten 32 und 33), die für jede Familie systematisch nach den vorausgehenden
Konstruktionsprinzipien abgeleitet wurden.
Darin gilt: F = Flächen, S = Scheitel, K = Kanten, SA = Symmetrieachsen.
An diese Übersicht schließt sich dann eine tabellarische Analyse der Grenzver-
hältnisse der Flächen dieser Polyeder an (Seite 34).
34

Catalan F S K SA Armane F S K SA
(Ausgangspolyeder) (resultierender
Polyeder)

Rhomboedergruppe

Rhomben-Hexaeder (RHE) 6 8 12 13 RHE-Blüte 14 24 36 37


(= Hexaeder = Würfel)

Rhomben-Dodekaeder (RDE)12 14 24 25 RDE-Blüte 18 32 48 49

Rhomben-Triakontaeder 30 32 60 61 RTE-Blüte 42 80 120 121


(RTE) (= Keplerscher Körper)

Bild 14

Pentaedergruppe F S K SA F S K SA

Penta-Dodekaeder (PDE)* 12 20 30 31 PDE-Blüte 32 60 90 91


(= Dodekaeder)

Penta-Ikositetraeder (PIT)* 24 38 60 61 PIT-Blüte 30 56 84 85


(Penta-Vierundzwanzigflächner)

Penta-Hexakontaeder (PHK)*60 92 150 151 PHK-Blüte 72 140 210 211


(Penta-Sechzigflächner)

Bild 15
Tabelle der armanischen Körper 35

Catalan F S K SA Armane F S K SA
(Ausgangspolyeder) (resultierender
Polyeder)

Deltaedergruppe

Deltoid-Dodekaeder 12 14 24 25 DDE-Blüte 18 32 48 49
(DDE) (= Rhombendodekaeder)

Deltoid-Ikositetraeder (DIT) 24 26 48 49 DIT-Blüte 30 44 72 73


(Deltoid-Vierundzwanzigflächner)

Deltoid-Hexakontaeder 60 62 120 121 DHK-Blüte 72 110 180 181


(DHK) (Deltoid-Sechzigflächner)

Bild 16

* Die Gruppe der Penta-Polyeder entstammt der Linie der Simum-Körper und es bestehen auch hier
jeweils links- und rechtshändige Versionen.
36 Tabelle der Grenzverhältnisse

Alle Armanen sind also Blütenkörper. Diese bestehen, wie auch die Blütenkörper, die aus den
plato-nischen Körpern hervorgehen, aus zwei Flächenformen: aus den reduzierten ursprünglichen
Flächen der jeweiligen platonischen oder catalanischen Körper und aus den neu aufblühenden
Flächen, den Blüten. In welchem Verhältnis stehen diese beiden Flächenformen in den einzelnen
Körpern?

In der folgenden Betrachtung beschränken wir uns auf die Blütenkörper der ersten beiden Triaden,
also die Rhomboeder- und die Pentaedergruppe. Das sind zugleich die Gruppen, die sich durch eine
Umkugel auszeichnen. Wenn wir diese Blütenkörper darauf hin untersuchen,

a) von welchen Flächen die modifizierte Ausgangsfläche jeweils umgeben ist und

b) welchen Abstand zwei Blüten voneinander haben,

dann erkennen wir folgende Grenzverhältnisse zwischen den beiden Flächenformen


(Abstandseinheit = Kantenlänge):

Umgebung der Ausgangsfläche Grenz - Abstand


verhältnis zwischen
zwei Blüten

ein Sechseck*
grenzt an und an

Tetraederfamilie*:

TE-blüte: 3 Sechsecke 3 Dreiecke -> 3 : 3 = 1 : 1 1


RHE-blüte: Achteck 4 Achtecke 4 Dreiecke -> 4 : 4 = 1 : 1 1
PDE-blüte: Zehneck 5 Zehnecke 5 Dreiecke -> 5 : 5 = 1 : 1 1

Kubische Familie:
OE-blüte: 3 Sechsecke 3 Vierecke -> 3 : 3 = 1 : 1 1
RDE-blüte: 4 Sechsecke 2 Vierecke -> 4 : 2 = 2 : 1 2
PIT-blüte: 5 Sechsecke 1 Viereck -> 5 : 1 = 5 : 1 3

Pentagonale Familie:
IE-blüte: 3 Sechsecke 3 Fünfecke -> 3 : 3 = 1 : 1 1
RTE-blüte: 4 Sechsecke 2 Fünfecke -> 4 : 2 = 2 : 1 2
PHK-blüte: 5 Sechsecke 1 Fünfeck -> 5 : 1 = 5 : 1 3

Im Fall der letzten beiden Triaden erleben wir eine zunehmende Isolierung derjenigen Flächen, die
durch das Aufbrechen der Scheitel neu entstehen, ausgedrückt im Abstand der Blütenflächen (b).
Die erste Triade dieser Aufstellung gibt die Zahlenfolge der ersten Verhältniszahlen für die beiden
folgenden Triaden vor. Gleichzeitig behält die erste Triade aber über alle drei Stufen das Grenzver-
hältnis von 1:1 bei. Dies ist eine von mehreren Eigenarten, in der die Sonderstellung der Tetraeder-
familie zum Ausdruck kommt, wie sie ja bereits von Kepler angedeutet wurde.
*Im Fall der Kubischen durch "Achteck", im Fall der Pentagonalen durch "Zehneck" ersetzen.
5. Involution und Metamorphose
Wir haben gesehen, wie die armanischen Körper durch Evolution, also durch ein
Aufblühen neuer Flächen, aus den Scheiteln von catalanischen Körpern hervor-
gehen. Alle armanischen Körper sind Blütenkörper. Wir haben gezeigt, welche
Bewegungsvorgänge und energetischen Tendenzen diesen Entwicklungen zu-
grunde liegen. Der Drang geht hin zu einem maximalen Gehalt, der mit einem
Minimum an Energie erhalten wird, d.h. zur Kugelform. Dasselbe evolutive
Schema ist auch anwendbar zur Ableitung der archimedischen Blütenkörper aus
den platonischen Körpern.
Es ist aber ein Naturgesetz, daß ein solches Energieminimum in der Zeit auch Gegenbewegung
Zerfall bedeutet und daher jeder Bewegung eine ausgleichende Bewegung
gegenübersteht. In diesem Fall ist es ein Umstülpungs- oder Involutionsprozeß,
der die zerstreute oder dissipierte Energie wieder versammelt, um erneut höher-
organisierte Strukturen hervorzubringen. In der Natur handelt es sich dabei um
eine Parallelentwicklung im feinstofflichen, d.h. sinnlich nicht wahrnehmbaren
Bereich. Obwohl die Gegenbewegung zeitgleich, d.h. parallel zur evolutiven
Bewegung abläuft, wird deren Wirkung oftmals erst zeitversetzt sichtbar. Die
Kondensation, Verdichtung der Energie schlägt sich im Fall der radialsym-
metrischen Polyeder nieder in pyramidalen Formen.
Auf dem Weg zu den armanischen Körpern haben wir im zweiten Kapitel Rotation
bereits das Prinzip der Rotation kennengelernt, modellhaft dargestellt mit dem
Tetra-Claque. Dabei handelte es sich um Drehungen in der Ebene.

Bild 17
38

Involution Der Prozeß der Involution ist nun aber so etwas wie eine Rotation im Raum,
eine Art potenzierte Rotation. Ein einfaches Beispiel für eine Umstülpung haben
wir, wenn wir einen Gummihandschuh mit dem Abschluß am Handgelenk
voraus über unsere Hand abstreifen: der Handschuh paßt anschließend für die
andere Hand.

Bild 18

Eine gigantische Umstülpung erleben wir bei der Detonation einer Atombombe:
der Atompilz ist eine einzige Ringwolke, die sich um und umstülpt und alles
aus ihrer Mitte nach oben zieht. Wirbelstürme (Tornados) bewirken auf ähnliche
Weise eine Umstülpung der Luftschichten. Wir können diese Art Umstülpung
aber auch beobachten, wenn wir einen Tropfen gefärbte Flüssigkeit in eine
Schale Wasser gießen und eine ringförmige Walze nach oben steigt.

Bild 19

Additive
Synthese Was aber heißt nun "eine Art potenzierte Rotation"? Es ist im Rahmen der New
Age Bewegung immer wieder davon die Rede, östliche Weisheit mit westlichem
Wissen zu verbinden. Als einer der typischen Gegensätze wird der Unterschied
von geradlinigem Denken und kreisförmigem Denken aufgefaßt. Bei Frederic
Vester z.B. führt die Verbindung der beiden Denkmuster dann zur Helix als
einem Symbol für kybernetisches Denken:

Bild 20
5. Involution und Metamorphose 39

Was aber auch hier bleibt, ist die Rotation um eine gerade, als starr aufgefaßte
Achse. Um zur Umstülpung zu gelangen, bedarf es aber eines weiteren
Abduktive
kreativen Schrittes. Im Fall der Involution ist die Rotationsachse selbst zum
Synthese
Kreis ge-krümmt! Es entsteht ein Rotationskranz anstelle der Achse und damit
eine doppelt-gewendelte Bewegung, ein Raumwirbel:

Bild 21 + 22

Das Resultat der Gegenbewegung zur Evolution sind im Polyederzyklus ganz


allgemein die sogenannten polaren Körper und es stellt sich die Frage, wie diese
zu finden sind - wie kommen sie zustande? - eben durch einen Umstülpungs-,
einen Involutionprozeß. Dabei werden Scheitel in Flächen und, umgekehrt, die
Flächen in Scheitel verwandelt. Aus einem fünfstrahligen Scheitel wird dann
beispielsweise ein Fünfeck, aus einem Dreieck ein dreistrahliger Scheitel, d.h.
es treffen im Scheitel drei Kanten zusammen.
Die zugrundeliegende geometrische Operation ist die Konstruktion der Polar-
fläche zum Scheitel = Pol: Nach Ermittlung des zugehörigen Umkreises, kann
das zugehörige Tangentenpolygon gezeichnet werden, in dem der Umkreis als
Inkreis erscheint. Der letzte Schritt kann auch als Inversion der Ecken und
Seitenmitten (der Polarfläche) am Kreis aufgefaßt werden und wird hier Inversion
zunächst qualitativ an einem gleichseitigen Dreieck dargestellt : am Kreis

Bild 23
40

Wir sehen, wie die Eckpunkte des ursprünglichen Dreiecks als Berührpunkte in
den Seitenmitten des ausgestülpten Dreiecks erhalten bleiben. Sie werden durch
die Inversion in sich selbst überführt. Ein dreigeteilter Mittelpunkt wandert auf
den Mittelsenkrechten des ursprünglichen Dreiecks ins Unendliche, um sich
dort im Kugel- oder Urkreis zu vereinen. An einem bestimmten Punkt
durchwandert er dabei die Eckpunkte des neuen, inversen Dreiecks. Sowohl
diese neuen Eck-punkte, wie die ursprünglichen Eckpunkte sind echte
Inversionspunkte, die zum Tangenten-Dreieck verbunden werden.
Nach dieser Vorbereitung wird im folgenden die konkrete geometrische
Konstruktion für einen beliebigen Scheitel, hier am Beispiel der Umstülpung
vom Würfel zum Oktaeder, schematisch dargestellt.

Bild 24

(1) Um einen Scheitel S in eine Fläche zu verwandeln, (2) fassen wir zunächst
die durch Kanten verbundenen benachbarten Scheitel von S ins Auge und ver-
binden sie geradlinig. (3) Im Fall des Würfels erhalten wir daraus ein Dreieck.
Dieses stellt die Polarfläche zum Scheitel = Pol dar. (4) Mit Hilfe der Mittel-
senkrechten ermitteln wir den Umkreismittelpunkt des Dreiecks, zeichnen den
Umkreis und legen Tangenten durch die Eckpunkte des Dreiecks. Das entspricht
der Tatsache, daß die sich entsprechenden Kanten polarer Körper senkrecht auf-
einander stehen. Die Schnittpunkte der Tangenten markieren dann die Eck-
punkte des zur Polarfläche gehörenden Tangentendreiecks (5).

Das Würfelbeispiel liefert, wegen der acht Scheitel, acht gleichseitige Dreiecke
und es bleibt nur noch die Aufgabe, (6) die Dreiecke richtig zusammenzuset-
zen. Eine Hilfe ist dabei, daß die Scheitel des polaren Körpers die polaren
Elemente zu den Quadraten des Würfels darstellen und daher entsprechend
vierstrahlig sein müssen.
5. Involution und Metamorphose 41

Auf diese Weise ermitteln wir also im weiteren dann auch den Polarkörper zur Pyramidale
Oktaeder- bzw. Hexaederblüte. Das Ergbnis sind pyramidenbesetzte Körper
oder kurz: Pyramidale. Im Fall der Oktaederblüte das Pyramidenhexaeder und
im Fall der Hexaederblüte das Pyramidenoktaeder. In beiden Pyramidenfiguren
erken-nen wir sehr deutlich den komplementären Wechsel von Fläche zu
Scheitel: das Quadrat wird zur vierstrahligen Pyramidenspitze, das Sechseck
zum sechstrahli-gen Scheitel, das Dreieck zum dreiseitigen Pyramidenaufsatz
und das Achteck zur achtstrahligen Pyramidensenke.

Bild 25

Anhand der beiden Pyramidenfiguren kann man aber auch zeigen, wie der Wür- "snapping"
fel in das Oktaeder bzw. umgekehrt übergeht. Die oben gezeigte Konstruktion
ging vom Scheitel S aus, der in eine Fläche überführt wurde, und zwar mithilfe
einer geometrisch einwandfreien Konstruktion. Hier demonstrieren wir, wie sich
die Fläche F in den Scheitel S verwandelt.

Bild 26
Gehen wir in diesem Fall vom Oktaeder aus: zunächst sehen wir, wie die Okta-
ederflächen vom Zentrum her aufbrechen mit Bruchlinien hin zu den Scheiteln
und sich dreiseitige Pyramiden herausschieben. In einer bestimmten kritischen
Position fallen je zwei benachbarte Pyramidendreiecke in eine Ebene und bilden
zusammen eine Raute. Nun kippt der Prozeß um: die lange Rautendiagonale
(vorher Oktaederkante) wird durch die kurze Rautendiagonale als bestimmende
Größe abgelöst. Während man die erste Hälfte des Prozesses als eine
beginnende Evolution betrachten kann, ein sich Aufblasen / Einatmen, erleben
wir, wie in der zweiten Phase der Umwandlung ein Zusammenfallen, ein
Ausatmen statt-findet, hin zum Würfel. Wo vorher die Mittelpunkte der
Oktaederflächen waren, sind jetzt die Scheitelpunkte des Hexaeders.
42

Da jede Oktaederfläche zunächst in drei Flächen zerfällt, entstehen insgesamt


vierundzwanzig Flächen. Wenn je zwei davon in eine Ebene zusammenfallen,
halbiert sich die Anzahl der Flächen auf zwölf. D.h. wir haben in der "kritischen
Position" einen Rhombenzwölfflächner vor uns, das sogenannte Rhombendode-
kaeder. Dieser Polyeder ist ein catalanischer Körper, und zwar derjenige,der
durch die Involution des Kuboktaeders entsteht. Dieses wiederum entsteht,
wenn das Oktaeder über die Blüte hinaus gwissermaßen verblüht (siehe Bild
25). Ist diese immanente Ordnung quer durch alle Verwandlungen nicht
wunderbar?
vorläufiges
Familiensystem Aus diesem Zusammenhang ergab sich (nach Ausarbeitung der Vorgabe von
Rezan) folgende vorläufige Familiensystematik. Ich werde auch diese am
Beispiel der Würfelfamilie illustrieren, obwohl alles gleichermaßen für die
beiden anderen Familien Gültigkeit hat. Wir erkennen zunächst die beiden
Prozesse wieder: einmal im oberen Winkel die zuletzt beschriebene Wandlung
über das Rhomben-dodekaeder und im unteren Winkel den "Blüten"-prozess
(ohne die Polarkon-struktionen) bis hin zum Kuboktaeder.

Bild 27

Nachdem bekanntermaßen zur Würfelfamilie weiterhin auch die Kuboktaeder-


blüte sowie das Rhombenkuboktaeder und der Simum-Würfel gehören, lag es
nahe, diese in der gezeigten Weise in die Struktur zu integrieren. Das war auch
bis zur jetzigen Lösung der Stand der Dinge, der allerdings nie ganz befriedigen
konnte. Wohl war das Rhombenkuboktaeder aus dem Kuboktaeder nach
bekannter Methode leicht ableitbar. Auch die Ableitung desselben aus dem
Rhombendodekaeder über den Simumwürfel konnte gezeigt werden. Dennoch:
die Aufstellung ist nicht harmonisch, nicht rund.
5. Involution und Metamorphose 43

Wenn die Ableitung des Rhombenkuboktaeders sich bis dahin auch nicht
organisch eingefügt hat, so soll sie doch als Vorleistung für die Aufstellung der
tatsächlichen Familienstruktur hier besprochen werden. Dazu ist es hilfreich,
sich zunächst ein anderes dynamisches Modell vor Augen zu halten, das von
Richard Buckminster Fuller selbst entwickelt worden war: den "Jitterbug".
Der Amerikaner R.B. Fuller, meist nur mit seinem Spitznamen "Bucky" Bucky Fuller
genannt, war in unserem Jahrhundert neben den Europäern Hugo Kükelhaus,
Viktor Schauberger oder in jüngster Vergangenheit Theodor Schwenk, Max
Mengeringhausen, Paul Schatz, Hans Jenny, Wilfried Hacheney und anderen
Pionieren wohl der konsequenteste Vertreter der energetischen Betrachtungs-
weise. Man könnte sie auch goethesche Betrachtungsweise nennen. Fuller kann
durchaus in diese Tradition gestellt werden, denn er war über den Kreis um
R.W. Emerson in Concorde von Goethes Gedankengut beeinflußt. Für Bucky,
als einem Pionier der Bionik, hatte bzw. war die Natur eine einzige Fakultät und
er nannte seine Mathematik "Synergetics". Er verstand darunter Gestaltungsfor-
schung (Design Science) und die praktische Umsetzung in Patente und Produk-
te, sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Quantität, ist immens. Und das
obwohl, vielleicht aber auch gerade weil, er nie einen Universitätsabschluß
erlangte, dafür aber über siebzig Ehrendoktorhüte verliehen bekam. Nach ihm
wurden auch in jüngster Vergangenheit die in der Chemie berühmten Fußball-
kohlenstoffe, die "Bucky-Balls" benannt. Dies eben deshalb, weil die Atom-
struktur des Riesenkohlenstoffmoleküls wie eine Ikosaederblüte aufgebaut ist,
also die Form eines Fußballs hat. Aber wir wollen uns hier mit einem seiner
favorisierten Polyeder beschäftigen, dem "Jitterbug".
Der Jitterbug ist ein zwischenzeitlich weithin verbreitetes und beliebtes Modell
zur Darstellung des energetischen Ansatzes von R.B.Fuller. Rein formal ist der
Jitterbug zunächst nichts anderes als ein Kuboktaeder. Dieser zeichnet sich
dadurch aus, daß jeder Scheitel vom andern und auch zum Mittelpunkt den
gleichen Abstand hat. Bucky bevorzugte für diese Struktur deshalb auch den
Begriff des "Vektor Äquilibriums" (VE): das energetische Gleichgewicht ist in
dieser Struktur ideal verwirklicht. Sie ist das Gegenstück zum regulären Sechs-
eck in der Ebene.
Im Jitterbug-Modell (Abb. s.n.Seite) werden nun die Kanten des VE durch "jitterbugging"
Holz-stäbe dargestellt und seine Scheitel durch kurze Gummischläuche, die die
Stäbe gelenkig verbinden. Ergreift man dieses schwabbelige Kuboktaeder oder
Vektor Äquilibrium nun in der richtigen Weise und drückt es sachte zusammen,
dann werden die Quadrate zunächst so verdreht, daß ein Ikosaeder entsteht.
Dabei muß man sich allerdings die gestauchten Diagonalen der Quadrate
hinzudenken. Im weiteren Prozeß entsteht schließlich ein Oktaeder, d.h. die
ursprünglichen Quadrate, die sich zunächst in je zwei Dreiecke verwandelten,
sind jetzt völlig verschwunden. Läßt man das Gebilde wieder los, bewegt es sich
von selbst in seine ursprüngliche labile Position des Kuboktaeders zurück und
der Prozeß kann von neuem beginnen. Allerdings: wenn man der
Eigenbewegung des Ob-jekts nachgibt und im richtigen Rhythmus wieder
drückt, nämlich kurz nach dem toten Punkt, findet die Verdichtungsbewegung in
die andere Richtung statt. So kommt bei rhythmischer Wiederholung von
zusammendrücken und loslassen ein Tanz des Kuboktaeders, eben der
"Jitterbug" zustande.
44

Bild 28

simum (lat.) Aus dem Rhombendodekaeder läßt sich der Simum-Würfel analog ableiten, in-
= stupsnasig dem der ganze Körper, wie beim "Jitterbugging", so verdreht wird, daß aus den
Rauten je zwei gleichseitige Dreiecke werden und wie beim schon bekannten
Evolutionsprozess die Scheitel sich zu Quadraten und Dreiecken öffnen. Dabei
entstehen aus dem Rhombenzwölfflächner 2 x 12 Dreiecke plus 8 Dreiecke aus
den stumpfen Scheiteln plus 6 Quadrate aus den spitzen Scheiteln = die 38
Flächen des Simum-Würfels.

Bild 29

Die Systematik läßt sich, unter Einbeziehung des bisher sogenannten Gegen-
Tetraeders und des Ikosaeders als Simum-Tetraeder, ohne weiteres auf alle drei
Familien anwenden und erscheint zunächst in sich schlüssig. Ein Vergleich mit
der tatsächlichen (jetzigen) Struktur der Familien zeigt auch, daß in dieser vor-
läufigen Systematik einige wichtige Punkte bereits vorweggenommen sind. So
haben sich insbesondere die vier Eckpositionen nicht verändert und damit
blieben auch die bestimmenden Polaritätsachsen erhalten.

Die Position der Rhomboeder als einzige Catalane an der oberen Spitze der
Diagramme war durchaus gerechtfertigt. Sind diese doch die einzigen unter den
Catalanen, deren Kanten alle gleich lang sind und die somit eine herausragende
Stellung einnehmen. Die übrigen Catalane fallen in dieser Struktur allerdings
unter den Tisch und ich habe sie demzufolge lange Zeit auch nicht weiter
beachtet.
5. Involution und Metamorphose 45

Ein wesentliches Problem blieb aber immer noch ungelöst: Wenn wir in der
Familien-Struktur die jeweils zueinander polaren Körper miteinander verbinden,
bilden die Verbindungslinien ein achtstrahliges Kreuz, d.h. es ergibt sich eine
völlige Symmetrie in Bezug auf die äußeren Körper der Struktur. Was aber fehlt
sind die entsprechenden inneren Körper auf der horizontalen Achse. Und: in
welchem Verhältnis stehen Kuboktaederblüte und Simum-Würfel?
Weder sind die beiden zueinander polar (beide gehören zu den archimedischen Asymmetrien
Körpern) noch sind sie auf die gleiche Weise von ihren "Überkörpern" abgelei-
tet: die Kuboktaederblüte entsteht durch das Aufblühen der Scheitel des Kub-
oktaeders, ohne daß die bestehenden Flächen ihre Lage zueinander verändern.
Der Simum-Würfel bedarf zu seiner Entstehung aus dem Rhombendodekaeder
der zusätzlichen Verdrehung, des "jitterbugging".

Bild 30

So führt uns also die Polarkonstruktion in den bisher fortgeschrittensten Bereich


der radialsymmetrischen Polyeder, zu den Catalanischen Körpern. Aber weder
ist die Einordnung der Simum-Körper aus dem Bereich der archimedischen
Körper in die Polyederfamilien befriedigend möglich, noch lassen sich die
Polarkörper der archimedischen Körper insgesamt organisch eingliedern. Die
Hinweise von Adam/Wyss auf die Beteiligung der Rhomboeder (aus den oberen
Spitzen der Systematiken) für das Zustandekommen von Rhombenkuboktaeder
bzw. Rhombenikosidodekaeder und die Simumkörper sind zwar richtig, und
sie berufen sich dabei auch ausdrücklich auf Johannes Kepler. Dennoch kam
man bisher nicht über den etwas diffusen Begriff der dritten "formbildenden"
Poly-eder hinaus und deren essentielle Rolle wurde im Nebel der Begriffe
allenfalls als Schemen sichtbar. Wir wollen im weiteren versuchen, diesem
Schemen schärfere Konturen zu verleihen.
46
6. Geheimnis-volle Pyramidale

Zur weiteren Klärung der tatsächlichen Familienstruktur ist es erforderlich, die innere und
archimedischen Körper insgesamt noch einmal näher zu betrachten. Wohl kennt äußere
man in dieser Gruppe die Unterscheidung nach Generationen, die aus der archimedische
Reihenfolge der Ableitungen der Körper hevorgeht, aber es gab bisher keine Körper
Unterscheidung nach den Scheitelqualitäten. Wenn wir uns diesen zuwenden,
finden wir zunächst eine altbekannte Gemeinsamkeit unter diesen Körpern, daß
nämlich alle Scheitel eines Körpers durch die gleiche Anzahl Kanten gebildet
werden. Bei sieben der archimedischen Körper aber beträgt diese Zahl drei und
diese sieben Körper sind genau die Blütenkörper innerhalb der archimedischen
Körper. In einer daraus abgeleiteten Familiensystematik sind diese auf einem
inneren Ring angeordnet, genauer: auf der unteren Hälfte des inneren Ringes
und ich bezeichne sie daher als "innere archimedische Körper". Diejenigen
archimedischen Körper, deren Scheitel mehr als dreistrahlig sind, erscheinen in
der unteren Hälfte des äußeren Ringes und ich nenne sie dementsprechend
"äußere archimedische Körper". (Siehe Tafeln VIIa und VIIIa im Anhang)

Die Polarformen der äußeren archimedischen Körper sind die Catalanischen


Körper im engeren Sinn. Schon bisher waren stillschweigend meist nur diese
gemeint, wenn ich von Catalanen gesprochen habe. Hingegen sind die Polarfor-
men der inneren archimedischen Körper die von mir so genannten Pyramidalen.
Diese Unterscheidung von inneren und äußeren archimedischen Körpern wurde
bisher nicht getroffen, ebensowenig wie die von Pyramidalen und Catalanen.
Alle archimedischen Körper wurden in einen Topf geworfen und entsprechend
auch ihre dualen Formen. Zur Aufstellung einer sauberen Familienstruktur hat
es sich aber als notwendig erwiesen, diese Unterscheidung zu treffen.
Hier erinnere ich an den Widerspruch von Simum-Würfel und Kuboktaederblüte
in der vorläufigen Familiensystematik. Zu den bereits genannten beiden Unge-
reimtheiten gesellt sich nämlich noch eine dritte, die ein symmetrisches Verhält-
nis der beiden Körper untereinander ausschließt. Diese konnte in ihrer vollen
Bedeutung aber erst erkannt werden, nachdem diese Unterscheidung von
inneren und äußeren archimedischen Körpern getroffen war: der Polarkörper
zum Simum-Würfel ist ein Catalanischer Körper, wohingegen die
Kuboktaederblüte eben ein Blütenkörper ist und damit gehört ihr Polarkörper zu
den Pyramidalen.

Ich werde im folgenden auf die Charakteristik der Blütenformen allgemein


eingehen. Darin sind neben den inneren archimedischen Körpern natürlich auch
die armanischen Körper, die als Blütenkörper ebenfalls auf dem inneren Ring
angeordnet sind, eingeschlossen.
Zunächst gibt es innerhalb der Blütenkörper eine Abstufung, die ich im An-
schluß an die Übersicht der armanischen Körper bereits dargestellt habe: die
zunehmende Isolation der Blütenflächen durch Sechsecke. Der Maßstab für
diese Isolierung war das Nachbarschaftsverhältnis der umgebenden Sechsecke
und es schreitet in jeder Familie fort von:
48

Blüten - 1: 1 in den inneren archimedischen Körpern Okta- und Ikosaederblüte über


- 2 : 1 in den Rhomboederblüten hin zum größtmöglichen Wert
- 5 : 1 in den anderen Catalanblüten.
Das letzte Verhältnis kennzeichnet zugleich diejenige Form, die der Kugel am
nächsten kommt. (Ein Körper mit sechseckiger Blüte existiert nicht und damit
auch kein Verhältnis, in dem jedes Sechseck seinerseits ausschließlich von
Sechsecken umgeben wäre; d.h. 6:0 macht also keinen Sinn, wenn man von der
unendlich großen Kugel einmal absieht, die sich vollständig von regelmäßigen
Sechsecken bedecken läßt; übrigens eine Überlegung, die Johannes Kepler
schon angestellt hatte.)
Alle Blütenkörper, die inneren archimedischen und die armanischen Körper,
zeichnen sich also dadurch aus, daß alle ihre Scheitel nur durch drei Kanten
gebildet werden, dem Minimum für eine "räumliche Ecke". Im Polarisations-
prozeß entsteht aus einem solchen Scheitel immer eine dreiseitige und damit
auch dreieckige Fläche. Da wir es bei Blüten ausschließlich mit dreikantigen
Scheiteln zu tun haben, setzt sich der Polarkörper notwendig ausschließlich aus
Dreiecken zusammen. Das ist aber eines der Hauptmerkmale der Pyramiden-
form. Während die Blüten eine größtmögliche Annäherung an die Kugelform
darstellen und somit ein Energieminimum im Sinn einer weitestmöglichen
Pyramiden Streuung oder Dissipation (s.o.), verkörpern Pyramiden eine maximale Energie-
konzentration in ihren Spitzen. Ich hatte schon erwähnt, daß sich der Polyeder-
zyklus zwischen diesen beiden Extremen bewegt und somit stellen die Blüten
einerseits und ihre polaren Formen, die Pyramidalen, andererseits die letzte
Stufe im Zyklus dar.
Nehmen wir diese beiden Feststellungen zusammen: die mit den armanischen
Körpern vervollständigte Darstellung aller möglichen Blütenformen und deren
Polare, nämlich die Pyramide als Repräsentant höchster Energiekonzentration,
dann stellen wir fest: Der Polyederzyklus ist vollständig.
Geometrisch betrachtet besteht eine Pyramide aus einer polygonalen Grund-
fläche und einem Pyramidenmantel. Dieser wird gebildet aus Dreiecken, die von
den Seiten der Grundfläche ausgehen und sich in einer Spitze treffen. Die ein-
fachste Pyramide haben wir im Tetraeder vor uns. Dieses ist seit Platon (und
sicherlich auch schon vor ihm) ein Symbol für das Feuerelement. Das Feuer
verstetigt die Form und wahrt sie. Wer kennt nicht das Feuer, das einem Kristall,
erst recht dem Diamanten, zugeschrieben wird.
Zugleich verteidigt der Tetraeder das runde, bewegliche, lebendige, symbolisiert
im Wasser. Dieses wird wiederum klassisch durch das Ikosaeder repräsentiert.
Ich habe oben bereits auf den Gegensatz und die wechselseitige Bedingtheit von
rund und spitz hingewiesen, wo jede Form ihrer Aufgabe entsprechend optimal
ausgebildet ist. Diese Dualität setzt sich fort in den parallelen Prozessen von
Evolution und Involution wie oben beschrieben.
Tatsächlich ist das Tetraeder nicht die typische Pyramide. Aufgrund einer nur
dreiseitigen Grundfläche teilt es mit den Blütenkörpern die Eigenschaft der
Dreistrahligkeit des Scheitels. Das gilt auch für das Pyramiden-Oktaeder und
das Pyramiden-Ikosaeder. Typische Pyramiden haben vier- und mehrstrahlige
6. Geheimnis-volle Pyramidale 49

Scheitelpunkte und sie können flach oder steil sein. Wir erkennen solche in der
Oktaederhälfte und in der Ikosaederkappe. Dort wo mehrere Pyramiden mit
ihren Grundflächen aneinanderstoßen haben wir eine Pyramidensenke. Dieser
Punkt liegt näher zum Mittelpunkt des Körpers als die Pyramidenspitzen. Den-
noch verläuft die Verbindung zweier Pyramidenspitzen im Fall der Pyramida-
len, also den Polaren der inneren Archimedischen Körper und der Armanen,
innerhalb des Körpers. Wenn die Verbindung außerhalb des Körpers verläuft, ist
die Pyramidensenke besonders ausgeprägt und wir haben einen Sternkörper vor
uns.
Einen Sonderfall stellen Körper mit lediglich pyramidalem Charakter dar, deren
Verbindungen in der Oberfläche oder in den Kanten der Körper liegen. Auf
diese speziellen Körper werde ich im übernächsten Kapitel gesondert eingehen. Kuppeln
Eine weitere Besonderheit sind die Kuppeln von Bucky Fuller, die sogenannten
"Fuller-Domes". Sie sind zwar nicht Teil des Polyederzyklus, sollen aber hier
doch erwähnt werden, da auch sie am Energieminimum auf der Kugel orientiert
sind. "Domes" sind im Grunde Blütenkörper, deren sämtliche Fünf-und Sechs-
eckigen Flächen vollständig mit nichtregulären tetraedrischen Pyramiden
bedeckt sind, d.h. evolutive Strukturen werden mit involutiven Strukturen
kombiniert. Es bleibt zu untersuchen, inwieweit die armanischen Körper als
Grundlage für eine neue Generation von Fuller-Domes geeignet sind.

Da sich die Vervollständigung des Polyederzyklus im Wesentlichen der energe-


tischen Betrachtungsweise verdankt, möchte ich es nicht versäumen, den ener-
getischen Hintergrund der Blütenkörper und ihrer Polare noch ein bischen
weiter auszuleuchten.
Das behauptete Energieminimum der Blüten wurde weiter oben schon kurz an-
gesprochen im Zusammenhang mit der Tendenz zur Kugelform. Wir können das
Zeichen dieser Tendenz zum Energieoptimum aber auch in allen möglichen Hexagon
natürlichen Formen wiederfinden: es ist das Sechseck. Das Sechseck ist ja auch
die die Blütenflächen umgebende Form. In einer Ebene, die mit sechseckigen
Fliesen ausgelegt ist, streben die Fugen an den Schnittpunkten in einem Winkel
von 120° auseinander. Das gleiche Bild erhalten wir, wenn wir die Scheitel der
Blütenkörper in die Ebene projizieren. Wenn Erdschlamm schnell austrocknet
und eine Kruste entsteht, gabeln sich die Risse ebenfalls im Winkel von 120°.
Dieser Winkel läßt sich auch im Blasenschaum beobachten. Dem Sechseck be-
gegnen wir aber auch im Eiskristall, im Benzolring, im Honigspeicher der Bie-
nen, den Bienenwaben. Und der Honig wird bekanntlich aus Blüten, die selbst
nicht selten sechsstrahlig sind gesammelt. Wir sehen auch hier: Sechseck und
Blüte sind aufs engste aneinander gekoppelt.
Im griechischen heißt Sechseck aber Hexagon und dieses war immer das Sym-
bol für das Leben. Es schlägt sich nieder im Davidstern oder in der germani-
schen Hagal-Rune. Nicht zuletzt verdankt auch die Hexe ihren Namen diesem
Symbol, ja sie ist dieses Symbol. Die Hexe ist nicht irgend ein hinterhältiges
Weib, wie uns das Märchen von Hänsel und Gretel glauben machen möchte.
Hier diente die gezielte Sprachverwirrung den Interessen der Kirche. Die Hexen
waren im Gegenteil weise Frauen, die das Geheimnis des Lebens hüteten.
50

Hexen (von griechisch hexa = sechs) sind Kapazitäten in Sachen Sex (von latei-
nisch sex = sechs) und wissen um die Wahrung der Lebensinformation. Sie
hegen das Leben, wohnen am Hag (-> Hagal-Rune), an der Grenze von Wildnis
und Zivilisation und haben Zugang zu den feinstofflichen Energien, die letztlich
für das Wohl und Wehe eines neuen Lebewesens entscheidend sind. Hexen,
Magier und Schamanen sind die Hüter der Zeit. Sie bewahren das Leben vor
Energie- und Informationsverlust. Ihr Symbol ist die Kristallkugel. Der Kristall,
eigentlich ein spitziges und kantiges Gebilde, können wir uns in der Kugelform
als einen umgestülpten Igel mit nach innen gerichteten Spitzen vorstellen, ein
Symbol für die Erinnerung. Dabei ist die Information gespeichert als Form, die
selbst ein spezifisches Schwingungs- oder Vibrationsmuster darstellt. Energie ist
in Form und Form ist das einzige, was erinnert werden kann.
Pyramiden, nach außen gestülpte Kugeln, verteidigen und retten die Information
über die Zeit. Ein ägyptisches Sprichwort sagt: alle haben Angst vor der Zeit,
nur die Zeit hat Angst vor der Pyramide. Die pyramidalen Körper stehen nicht
nur in der Entwicklung im Polyederzyklus am Ende, sondern auch im Pflanzen-
Mineralisation zyklus. Wir können sie als Repräsentanten der Mineralisationsstufe ansehen, wo
der organische Stoff wieder in mineralische Bausteine aufgelöst wird. Im Natur-
prozeß geschieht dies durch sogenannte Destruenten. Mit die wichtigsten
Vertre-ter dieser funktionalen Gattung sind die Pilze. Sie bilden mit ihrem
Geflecht ein Kommunikationssystem ohne das z.B. ein Wald gar nicht
lebensfähig wäre. Der typische Pilzhut (vgl. auch Atom-Pilz!) ist ein treffliches
Symbol für den Involutionsprozeß.
Mineralisierung heißt auch: wieder eingehen in die Erde, kristallisieren. Geht
nicht auch das Samenkorn und der Fruchtkern wieder in die Erde ein? Kristalle
sind Informationsspeicher, die darauf warten abgerufen und erneut in den orga-
nischen Kreislauf eingebaut zu werden. Dann entstehen mit ihrer Hilfe auf der
Grundlage von Samenkernen erneut höher organisierte, lebendige Strukturen.
Auch die Samenkerne selbst sind äußerlich oft unnahbar, geschützt durch harte
Hüllen. Das drückt sich schon in Namen wie Stein- oder Kernobst aus. Diese
Kerne bewahren die ewig gleiche Information und geben sie nur in der geeigne-
ten Umgebung preis. Es ist sicherlich auch kein Zufall das "Stern" und "Kern"
den gleichen lautmalerischen Stamm haben. Beide haben sie als Speicher die
Aufgabe, zu er-innern und die Ern-te ist ja dann auch das ein-bringen der ver-
vielfältigten Information. Daß ursprüngliche Informationen oder Ur-Informatio-
nen tatsächlich lange Zeitspannen überbrücken können, hat vor 10 Jahren ein
Versuch der Forscher der Firma Ciba-Geigy (heute Teil der Novartis) ergeben:
unter dem Namen "verbessertes Zuchtverfahren" haben sie eine Methode paten-
tieren lassen, mit der man die Urformen von Lebewesen wieder hervorbringen
kann.
Elementare Kristallformen sind heute auch in großer Zahl als Nahrungsergän-
zung verfügbar, so daß sich unser Körper seiner angestammten lebenswichtigen
Funktionen, die teilweise verschüttet sind, wieder erinnern kann. Beispielsweise
gründet der Heilerfolg des Wassers von Lourdes auf einem Kristallkomplex des
chemischen Elements Germanium.
6. Geheimnis-volle Pyramidale 51

Wie sehen aber nun die geometrischen Repräsentanten der Pyramiden aus?
Für die inneren archimedischen Körper sind sie wohlbekannt und wir sind unsichtbare
zweien von ihnen auch schon begegnet, dem Pyramiden-Oktaeder und dem Dreiecke
Pyramiden-Hexaeder. In der vorläufigen Familiensystematik haben wir dann
gesehen, wie sich die Beziehungen von Blütenkörper und ihren Polaren
überkreuzen. Wenn wir uns das noch einmal vor Augen halten, erkennen wir:
Das Aufblühen eines Scheitels, sagen wir im Oktaeder, bewirkt im
gegenüberliegenden Würfel, dem Polar des Oktaeders, ein Aufbrechen der
Flächen! Lesen Sie diesen Satz ruhig noch einmal!

Bild 31

Das geschieht, indem die bisher unsichtbaren Dreiecke der Würfelfläche spitzer
werden, mit der Folge einer Auffaltung oder Aufstülpung zur Pyramide. Der
pla-tonische Körper entpuppt sich gewissermaßen als eine eingestülpte,
neutralisierte Pyramide. Die zugrundeliegende geometrische Konstruktion zur
Ermittlung der präzisen Dreiecksform ist natürlich die Polar- und
Tangentenkonstruktion zur Oktaederblüte und der resultierende Körper das
Pyramiden-Hexaeder.

Im Fall der Hexaederblüte erleben wir die spiegelbildliche Bewegung: Die


Flächen des Oktaeders brechen auf zum Pyramidenoktaeder. Wir erleben diesen
Prozess zweimal: einmal als horizontale Polarität in der Würfelfamilie und
einmal als vertikale Polarität in der Tetraederfamilie. (Siehe Tafeln VIII a/b
und IX a/b)

Bild 32

Wie sieht die vertikale Polarität in der Würfelfamilie aus? Hier haben wir an den
entsprechenden Positionen oben das Rhombendodekaeder und, als polaren Kör-
per dazu, unten das Kuboktaeder. Das Aufblühen des Rhombendodekaeders
führt dann, wie wir gesehen haben, zu einem armanischen Körper, nämlich der
Rhombendodekaederblüte. Wie sieht aber nun der dazu polare Körper aus?
52

Bild 33

Analog zum Aufbrechen der Flächen des jeweiligen Gegenkörpers (und zwar
derjenigen Flächen, die zum aufblühenden Scheitel polar sind), können wir also
erwarten, daß sich die Quadrate des Kuboktaeders zu Pyramiden auffalten.

Bild 34

Das ist dann auch tatsächlich der Fall. Allerdings bedarf die Konstruktion der
Polarfläche einer kleinen Änderung. Im Fall des Oktaeders in Bild 24 Seite 38
liegt der Konstruktion ein Polyeder zugrunde, dessen Kanten alle gleiche Länge
haben. Deshalb ergibt sich die Polarfläche automatisch, indem die dem Scheitel
benachbarten Scheitelpunkte ringsum verbunden werden. Auch die archimedi-
schen Körper zeichnen sich dadurch aus, daß alle Kanten eines Körpers gleich-
lang sind und die Konstruktion kann direkt auch auf diese angewandt werden,
um die polaren Flächen der Catalane zu ermitteln.

Asymmetrische Im Fall der Catalan-Blüten, den armanischen Körpern, ergibt sich die Situation,
Scheitel daß in einigen Scheitelpunkten ungleichlange Kanten zusammenstoßen. Das ist
in all den Scheiteln der Fall, wo die Ecken der Blütenflächen mit den Ecken der
ur-sprüngliche Catalanflächen zusammenstoßen. Um hier die tatsächliche
Polarflä-che zu ermitteln, ist es notwendig, die Kanten sozusagen zu normieren.
Das bedeutet, daß die längste der drei Kanten auf die Länge der beiden kurzen
Kan-ten (es gibt ja nur dreistrahlige Scheitel) reduziert wird. Legen wir einen
Scheitel, beispielsweise des Deltoidhexakontaeders, in der Ebene aus, erhalten
wir die Darstellung in Bild 35. Die Polarfläche ergibt sich dann zum einen aus
der Verbindung der Ecken, die durch die Blütenfläche verläuft (a) (wie bei der
frü-heren Konstruktion) und aus der Strecke, die von der Blütenecke zum
Endpunkt der reduzierten Kante verläuft (b). Die Konstruktion des
Tangentendreiecks erfolgt dann wie gehabt.
6. Geheimnis-volle Pyramidale 53

Bild 35

Es ist nicht das Merkmal der ungleichlangen Kanten eines Körpers allein, das
diese Konstruktionsänderung erforderlich macht. Ungleichlange Kanten haben
wir auch schon bei den Catalanischen Körpern. Dort kommen aber in den ver-
schiedenen Scheiteln jeweils gleiche Kantentypen, das bedeutet auch Kanten
gleicher Länge, zusammen, so daß bei den Catalanen die einfache Konstruktion
ebenfalls anwendbar ist. Damit können beispielsweise die zugrundeliegenden
archimedischen Körper rekonstruiert werden.
Der entscheidende Gesichtspunkt ist also das Zusammentreffen von ungleich-
langen Kanten in einem Scheitelpunkt, das die Änderung nötig macht, um so zu
den entsprechenden pyramidalen Polarkörpern der armanischen Körper zu
gelangen.
Diese sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt, und zwar entsprechend
der Reihenfolge in der Tabelle der armanischen Körper am Ende des vierten
Kapitels.
54

Catalan Armane Pyramidal F S K


(Grundpolyeder) (Blütenkörper) (resultierender
+ sein Polarkörper Polyeder)

Rhomboedergruppe Pyramid-

Rhomben-Hexaeder (RHE) RHE-Blüte - Oktaeder 24 14 36


(= Hexaeder) (= HE-Blüte) (Triakis-Oktaeder)
+ Oktaeder

Rhomben-Dodekaeder (RDE) RDE-Blüte - Kuboktaeder 32 18 48


+ Kuboktaeder (Tetrakis-Kuboktaeder)

Rhomben-Triakontaeder RTE-Blüte - Ikosidodekaeder 80 42 120


(RTE) (Keplerscher Körper) (Pentakis-Ikosidodekaeder)
+ Ikosidodekaeder

Bild 36 Rhomboedergruppe Pyramidale

Pentaedergruppe Pyramid- F S K

Penta-Dodekaeder (PDE) PDE-Blüte - Ikosaeder 60 32 90


(= Dodekaeder) (Triakis-Ikosaeder)
+ Ikosaeder (= Simum-Tetraedertyp)

Penta-Ikositetraeder (PIT) PIT-Blüte - Simum-Hexaeder 56 30 84


(Penta-Vierundzwanzigflächner) (Tetrakis-Simum-Hexaeder)
+ Simum-Hexaeder

Penta-Hexakontaeder (PHK) PHK-Blüte - Simum-Dodekaeder 140 72 210


(Penta-Sechzigflächner) (Pentakis-Simum-Dodekaeder)
+ Simum-Dodekaeder

Bild 37 Pentaedergruppe Pyramidale


Tabelle der armanischen Pyramidalen 55

Catalan Armane Pyramidal F S K


(Grundpolyeder) (Blütenkörper) (resultierender
+ sein Polarkörper Polyeder)

Deltaedergruppe Pyramid-

Deltoid-Dodekaeder (DDE) DDE-Blüte - Kuboktaeder 32 18 48


(= Rhombendodekaeder) (Tetrakis-Kuboktaeder)
+ Rhomben-Ditetraeder = Kuboktaeder

Deltoid-Ikositetraeder (DIT) DIT-Blüte - Rhomben-KOE 44 30 72


(Deltoid-Vierundzwanzigflächner) (Tetrakis-Rhomben-KOE)
+ Rhomben-Kuboktaeder

Deltoid-Hexakontaeder DHK-Blüte - Rhomben-IDE 122 72 192


(DHK) (Deltoid-Sechzigflächner) (Pentakis-Rhomben-IDE)
+ Rhomben-Ikosidodekaeder

Bild 38 Deltaedergruppe Pyramidale


56
7. Die Polyederfamilien

Auf dem Weg zur Findung der tatsächlichen Struktur der Polyeder und ihrer
Familien erscheint nun das Ziel am Horizont. Ich habe die Vorstellung von einer
zyklischen Entwicklung der Körperstrukturen zur bildhaften Darstellung der
radialsymmetrischen Polyeder ganz zu Beginn des Weges schon einmal als Teil
der Lösung angedeutet und darf noch einmal wiederholen:
Die Lösung erwächst aus der Wechselwirkung zwischen dem Bemühen
um eine systematische Anordnung einerseits, der auch immer eine Ten-
denz zur Erstarrung eigen ist, sowie der Vorstellung von einem Zyklus
andererseits, wie er in allem Lebendigen zu beobachten ist und der
einer Starre entgegenwirkt, so daß bei aller Systematisierung das Ganze
doch in Bewegung bleibt und als ein organisches Ganzes vorgestellt
werden kann.
Erinnern wir noch einmal die verschiedenen Schritte, deren Synthese schließlich Rückblick
die Lösung konturiert und das Beziehungsgefüge der Polyeder untereinander
durchsichtig werden läßt.

1. Da ist zunächst die Familienanordnung von Rezan als Ausgangsbasis


für die tatsächliche Gitterstruktur. Eine erweiterte Version davon haben
wir im Kapitel 5 kennengelernt. Das tatsächliche Gitter ist auf Tafel (I) Gitter (I)
dargestellt. Dieses Dreizehn-Punkte-Gitter bildet die systematische
Grundlage, das Gerüst der Polyederfamilien.
2. Aus dem Bild des Aufblühens von Scheiteln erwuchs die Vorstellung
einer Entwicklung der Körper analog zum Wachstumszyklus einer
Pflanze. Dieser Zyklus (Tafel IIa,b) orientiert sich an dem Dreizehn- Zyklus (II)
Punkte-Gitter (Tafel I). Das Bild der blütengleichen Öffnung von
Scheitelpunkten verdankt sich seinerseits dem Tetra-Claque-Modell
von Crinton, aber auch den verdrehten Scheiteln in Tensegritoy-
Modellen (s. Kapitel 3).
3. Ein Punkt, der ebenfalls von Rezan bemerkt wurde, war der Simum- Simum-
Charakter des Ikosaeders, so daß sich dieses in die (noch unzuläng- Tetraeder
liche) Familie des Tetraeders einfügen ließ. Die Herleitung lehnte sich
an diejenige der anderen Simum-Körper bei Adam/Wyss an und bleibt
damit in der sukzessiven Abfolge befangen, die in die Asymmetrie der
Familien führt (s. Ende 5.Kapitel). Wir werden im Verlauf der Körper-
entwicklung auf dieses Problem noch einmal zu sprechen kommen.
4. Die Unterscheidung von inneren und äußeren archimedischen Körpern
ergab sich sozusagen rückwärts aus der Anschauung der Catalane, den
Polaren der Archimedischen Körper: einerseits die ausgeprägt pyrami-
dalen Körper mit ihren ausschließlich dreieckigen Flächen und zum
andern die Körper mit ihren rauten-, delta- und pentagonalförmigen
Flächen. (s. Anfang 6. Kapitel)
58

5. Die Entdeckung der Armanischen Körper schließlich läßt sich auf zwei
Ursachen zurückführen. Die eine war die latente Unzufriedenheit mit
der bisherigen Familienstruktur der Polyeder, wie eingangs beschrie-
ben. Die zweite, auslösende Ursache war das 120-zell-Polytop, eine
dreidimensionale Projektion des vierdimensionalen Dodekaeders. Aus
dem Modell offenbarte sich ein aufblühender Keplerscher Körper und
der war mir samt seinen Innereien wohlvertraut aus den Bauspielen von
Kowalewski. Zwar hat das 120-zell-Modell keine Umkugel, aber es
war dann nur noch ein kleiner Schritt, das Rhombentriakontaeder so
weit aufblühen zu lassen, bis dieses Kriterium erfüllt war und dann mit
den anderen Catalanen ebenso zu verfahren (s. 4. Kapitel).
Die synthetische Klammer, die diese fünf Punkte verbindet und so zu einer
befriedigenden Lösung geführt hat, war eine natürliche, energetisch-
dynamische Betrachtungsweise; dies ganz im Sinne Goethes, der zu Eckermann
sagte: "Die Gottheit ist wirksam im Lebendigen, aber nicht im Toten; sie ist im
Werdenden und sich Verwandelnden, aber nicht im Gewordenen und
Erstarrten." Das starre System der euklidischen Geometrie, das noch Spinoza als
Vorbild für seine Ethik nahm, ist für sich alleine eben nicht geeignet, in die
Materie hinein und schon gar nicht, durch sie hindurchzuführen.
Familien- Ich werde die tatsächliche Familienstruktur zunächst systematisch und weitge-
struktur hend unabhängig von den tatsächlichen Körpern entwickeln und danach die
Familien entlang ihrer Entwicklungslinie als Ganzes vorstellen. Die Darstellung
stützt sich im Wesentlichen auf mehrere Tafeln, von denen oben bereits zwei
erwähnt sind. Die Tafeln werden schrittweise nach Bedarf eingeführt und sind
im weiteren durch römische Zahlen in Klammern angezeigt.
Das Gitter (I) ist in erster Linie bestimmt durch acht äußere Punkte und fünf
innere Punkte. Dabei ist der Zentralpunkt doppelt besetzt. Betrachten wir zu-
nächst den äußeren Ring und die Anordnung der Polyeder darauf. Dazu nehmen
Gittergeografie wir die dritte Tafel über die Verteilung der Körper innerhalb der Familien (III)
(III) zu Hilfe. Sie stellt sozusagen die statische Geografie des Gitters dar. Die beiden
"Elternteile" jeder Familie werden durch platonische Körper repräsentiert und
sind ganz links und ganz rechts als Vertreter des natürlichen und geistigen Prin-
zips angeordnet. Die untere Hälfte des äußeren Ringes wird von den "äußeren
archimedischen Körpern" eingenommen, die obere Hälfte von deren Polaren
Gegenstücken, den "Catalanen". Allen diesen Körpern des äußeren Ringes ist
gemeinsam, daß ihre polaren Körper auf irgend einer anderen Position desselben
äußeren Ringes anzutreffen sind.
Richtig interessant ist aber erst der innere genealogische Zusammenhang der
einzelnen Familienmitglieder. Dieser macht letztlich den dynamischen und
damit entscheidenden Aspekt der Lösung aus. Zu seiner Darstellung auf dem
zweidimensionalen Medium Papier habe ich deshalb zwei weitere Tafeln ent-
Genealogische wickelt: eine genealogische Tabelle (IV) und die genealogische Matrix (V).
Tabelle (IV) Zunächst aber zur genealogischen Tabelle (IV).
Die genealogische Tabelle (IV) besteht aus zwei Blättern: dem Blatt (IVa) mit
der vollständigen Darstellung der "delischen" und der "keplerschen Familie"
und dem Blatt (IVb) mit der Darstellung des Sonderfalls der "hermetischen
Familie", dem wir schon verschiedentlich begegnet sind.
7. Die Polyederfamilien 59

Die Bezeichnungen der Familien in den Kopfzeilen sind intuitiv, aber nicht
beliebig gewählt. Jeder Hauptbezeichnung habe ich noch zwei Alternativen aus
der Makro- und Mikrokosmischen Vorstellungswelt hinzugefügt. Das besagt,
daß beispielsweise die Bezeichnungen "Keplersche Familie", "Sonnenfamilie"
und "Goldfamilie" oder "goldene Familie" völlig gleichwertig gebraucht werden
können.
Es wird hier also ab sofort nicht mehr von der "Würfelfamilie" gesprochen, son- delische Familie
dern von der delischen Familie. Diese Namenswahl gründet in dem berühmten
delischen Problem der Würfelverdoppelung, das nur gelöst werden konnte,
indem man von der Oberfläche der Körper in ihre Materie, d.h. in die Materie
überhaupt eingedrungen ist.
Die Keplersche Familie verdankt ihren Namen dem Mann, dem wir keplersche
maßgebliche Impulse zur projektiven Geometrie und zur energetischen Familie
Betrachtungsweise verdanken. Kepler war nicht nur der Hausheilige, den sich
Johann Wolfgang von Goethe auserkoren hatte, er war es auch, der als einer der
ersten, wenn nicht als erster überhaupt, wieder an pythagoräische und damit
ägyptische Traditionen angeknüpft hat und in seiner "Weltharmonik" bekannte
er: "Ich habe die golde-nen Gefäße der Ägypter geraubt". Die ägyptische
Religion war eine Sonnenre-ligion und in Keplers Zeit sind "Der Sonnenstaat"
von Campanella und andere Utopien klare Hinweise auf einen neuerlichen
Wechsel von den herrschenden Mondreligionen hin zu einer Orientierung am
Licht. hermetische
Die Namensgebung der hermetischen Familie schließlich erfährt ihre Begrün- Familie
dung in der ägyptischen Urgestalt aller Eingeweihten, in Hermes Trismegistos,
dem Schriftbringer. In der griechischen Mythologie begegnet er uns wieder als
Götterbote "Hermes" und die Römer nannten ihn "Merkur". Er verkörpert die
inspirierte Schau des Menschen in die ewigen Geheimnisse der Schöpfung.
Diese ist geordnet nach Maß und Zahl und ihre Gesetze offenbaren sich uns in
der "hermetischen" oder "göttlichen Geometrie", allgemein in der Mathesis, dem
immer schon Gewußten, dessen es sich zu erinnern gilt.

Nach diesem kurzen Hinblick auf die Namens- und Sprachforschung nun zurück
zur Tafel (IVa). In der ersten Zeile sind dort zunächst die ebenen Stammpolygo- Stammpolygone
ne aufgeführt, die in den Polyedern als Flächen in Erscheinung treten. Sie sind (XI)
der Vollständigkeit halber in Tafel (XI) auch grafisch dargestellt. Auf derselben
Tafel (XI) sind auch ein Verzeichnis der hier verwendeten griechischen Zahl-
worte sowie anderer Begriffe griechischen und/oder lateinischen Ursprungs zu
finden.

In den weiteren Abschnitten von Tafel (IV) sind dann die Familiengruppen in
genealogischer Folge aufgeführt. Dabei sind alle Körper des äußeren Ringes des fortzeugende
Gitters nicht hinterlegt. Das bedeutet, sie sind fortzeugende Körper, haben noch Körper
ein Entwicklungspotential in diesem Zyklus. In der linken Spalte finden wir die
korrespondierenden Bezeichnungen zur Tafel (III). Hierbei ist auffällig, daß sich
die "Generationen" nicht mit der Unterscheidung von "inneren und äußeren
archimedischen Körpern" deckt. Diese von mir vorgenommene Unterscheidung
habe ich oben bereits dargelegt.
60

absterbende Betrachten wir uns nun den inneren Ring des Gitters mit seinem Zentrum. Aus-
Körper gehend von der Familientafel (IV) erkennen wir, daß dieser Ring aufgefüllt ist
mit Körpern, die in dieser Tafel grau hinterlegt sind. Es sind dies erstens die
Blütenkörper unter den archimedischen, d.h. die "inneren archimedischen Kör-
per", und die "armanischen Körper". Innerhalb der Tafel korrespondieren die
verschiedenen Grauwerte mit den abgesetzten Pyramidalen. Diese habe ich wei-
ter oben bereits als die abschließenden Körper im Polyederzyklus gekennzeich-
net.

Im Gegensatz zu den Körpern des äußeren Ringes, haben die Blütenkörper ihre
Polare nicht auf einer anderen Position innerhalb des Dreizehn-Punkt-Gitters.
Diese sind gewissermaßen als "Schattenkörper" in einer Tiefendimension hinter
den vordergründigen Blütenkörpern auf einer anderen Ebene vorzustellen.
Wie oben Daher rührt in der Entwicklungslinie (II) auch die Eigenart, daß alle inneren Po-
so unten sitionen zweimal berührt werden. Die Zweifachberührung von Körpern des äus-
seren Ringes rührt ihrerseits von einer Besonderheit der hermetischen Familie
her, die nicht zuletzt deswegen diesen Namen führt.

genealogische Bevor wir aber näher auf die hermetische Familie mit ihren Besonderheiten ein-
Matrix (V) gehen, möchte ich die prinzipielle Systematik weiter ausführen. Dazu steht die
genealogische Matrix (V) zur Verfügung. In dieser "Charakteristik der
genealogischen Stufen" sind den einzelnen Stufen die bestimmenden Merkmale
in einer Matrix zugeordnet, so daß sie direkt verglichen werden können. Sehr
schön können wir daran den polaren Charakter von archimedischen und cata-
lanischen Körpern ablesen, hervorgehoben durch die Zickzack-Linie. Der helle
Punkt in der Spalte der Catalane hebt die Besonderheit der Rhomboeder mit
ihrer einheitlichen Kantenlänge hervor und unterstreicht noch einmal deren
Bedeutung als energetisches und informatorisches Rückgrat der Familien.

Blüte, Frucht Die Auswertung der armanischen Körper erweist diese als Gegenstück zu den
und Kern regelmäßigen platonischen Körpern. Außer der Umkugel bzw. Inkugel scheint
hier ja überhaupt nichts regelmäßiges an diesen Körpern. Aber es ist eben das
Kugelmerkmal, daß die Armanen doch als Mitglieder der radialsymmetrischen
Polyeder ausweist. Zwei weitere Besonderheiten, die aus Tafel (II) ersichtlich
werden, sind erstens deren Anordnung ausschließlich auf der senkrechten Mit-
telachse, der "Vermählungsachse" und zweitens die Doppelbelegung des Mit-
telpunktes. Dieser Doppelbelegung entspricht im Pflanzenzyklus die Einbettung
des Kerns in die umhüllende Frucht. Das bedarf einer kurzen Erklärung.
Die Inkugel der armanischen Deltagruppe kann zugleich als Umkugel der arma-
nischen Pentagruppe gesehen werden. Erstere umhüllt letztere wie die Frucht
den Kern mit dem Kerngehäuse als Trennschicht. Diese Konstruktion repräsen-
tiert die Kooperationsstrategie der Natur, die dem Überträger der Samenkerne
die süße Frucht als Nahrung anbietet. Diese Strategie bewährt sich ja schon auf
der Stufe der Blüte: Die Bienen sorgen mit der Nutzung des Angebots von Ho-
nignektar für die Blütenbestäubung.
7. Die Polyederfamilien 61

Ein weiterer systematischer Aspekt der Familienstruktur sind die Polaritätsbe-


ziehungen, dargestellt auf Tafel (VI). Neben den Polaren auf dem äußerne Ring, Strukturachsen
sind mit den strichlierten Linien auch diejenigen Körper als Paare (nicht (VI)
Polare!) ausgewiesen, die je auf die gleiche Art als Blütenkörper abgeleitet
wurden. Die beiden großen polaren Verbindungen sind zugleich die großen
Strukturachsen. Die horizontale Achse verbindet das Natur- mit dem
Geistprinzip und an ihren Enden sind die platonischen Körper als
Ausgangspunkte der Entwicklungslinien verankert. Sie ist zugleich die
Spiegelachse, an der die äußeren archimedischen Körper in der unteren Hälfte
in die Catalane der oberen Hälfte gespiegelt wer-den. Anders als im Fall der
Blüten, wo die Entwicklung der Polaren auf einer anderen Ebene quasi
zeitgleich abläuft, können die Entwicklungen von unterer und oberer Ringhälfte
in zeitlicher Folge auf derselben Ebene verstanden werden.

Die Entwicklung der einzelnen Familie entlang der so benannten Linie (II) ist Familien-
zunächst durch einen Wechsel von äußerem zu innerem Ring und umgekehrt entwicklung
charakterisiert. Dieses Verhalten wird im weiteren am Beispiel der delischen
Familie aufgezeigt.(vgl.Tafel II und die Tafeln VIII a/b)
Im Fall der Blütenkörper, die durch Evolution entstehen, findet parallel dazu
eine Involution statt (s. Kapitel 5). Nun zeigt sich nach dem Aufblühen der
archimedischen Blüten der ersten Generation (Oktaederblüte und Hexaeder-
blüte), daß neben diesen beiden Entwicklungsschemata noch ein drittes Moment
ins Spiel kommt, nämlich dann, wenn der Prozeß des "Aufblühens" fortgesetzt
wird hin zu dem, was ich oben die Vermählung auf der Spiegelachse nannte.
Diese weitere Entwicklung ist ein Informationsprozeß und verläuft weiter zum Information
äußeren Ring. Was stattfindet ist eine Vermählung, eine Versammlung von
Energie, nachdem diese beim Aufblühen ja einer gegenteiligen Tendenz gefolgt
ist. Dieser Informationsprozeß wird im nächsten Kaptiel aus einer anderen
Perspektive noch einmal näher betrachtet. Die resultierende Struktur in der
regulären Entwicklung an der Spitze der unteren Ringhälfte ist das Kuboktaeder.
Es entsteht aus der Zusammenführung, der Konvergenz zweier Bewegungen aus
entgegengesetzten Richtungen. Der eine Ausgangspunkt ist die Oktaederblüte,
der andere die Hexaederblüte. Während also Evolution und Involution aus
einem Körper heraus zu zwei zueinander polaren Körpern führt (z.B. aus dem
Würfel entstehen Würfelblüte und Pyramiden-Oktaeder), führt der
Informationsprozeß aus zwei einander gegenüberliegenden, aber nicht polaren
Körpern (Oktaeder- und Hexaederblüte) zu einem neu organisierten Gefüge,
dem Kuboktaeder.

Verfolgen wir nun die Entwicklung weiter. In dem sich anschließenden Evolu-
tionsschub, dem ein entsprechender Involutionsprozeß parallel läuft, entsteht
der Blütenkörper zum Kuboktaeder und das sechsstrahlige Pyramiden-Kubokta-
eder. Beide sind auf der Mittelachse angesiedelt. An diesem Punkt der Entwick-
lung schließt sich dann die Gegenbewegung zum Informationsprozeß an: aus
dem (Blüten-) Körper des inneren Ringes erfolgt eine Rückmeldung, ein "Feed "feed back"
back", an den äußeren Ring. Diese Rückmeldung erfolgt aber nicht einfach,
sondern doppelt und in zwei Richtungen gleichzeitig!
62

So entsteht der Simum-Würfel auf der einen und das Rhombenkuboktaeder auf
der anderen Seite. Das durch die Information neu in-Form Gebrachte harmoni-
siert sich nach der evolutiven Zwischenstufe mit dem Typus, bringt sich ein und
Kommunikation paßt sich an. Die Rückkopplung durch Kommunikation stellt den Abgleich
sicher. In beiden Prozessen, sowohl im Fall der Information wie im Fall der
Kommunikation, sind keine zueinander polaren Körper beteiligt. Wir lassen also
den Simumkörper nicht aus dem Rhombenkörper folgen. Das suggeriert, ähn-
lich wie die Ableitung der Pyramidalen aus den Blüten, eine zeitliche Folge.
Aber das ist es eben nicht. Wir konstatieren vielmehr auch hier zwei zeitgleich
oder synchron ablaufende Prozesse, deren gemeinsamer Urheber im catalani-
schen Rhomboeder gesehen werden kann. Deswegen ist die rein mechanische
Ableitung nicht falsch und wir haben ja selbst am "Jitterbug" die Wandlung vom
Kuboktaeder zum Ikosaeder als "Simum-Tetraeder" demonstriert. Sie ist sowe-
nig falsch, wie die Ableitung der Pyramidalen aus den Blüten durch Umstül-
pung, aber sie unterschlägt den dahinterstehenden energetischen Impuls, den
"spin" auf den wir unten im Zusammenhang wiederum mit dem Sonderfall der
hermetischen Familie noch zu sprechen kommen.
Spiegelung Im weiteren Verlauf wird die vorläufige Charakteristik der Entwicklungslinie,
der Wechsel von außen nach innen und umgekehrt, unterbrochen. Der anschlies-
sende Schritt bringt nur Polare, aber keine Blüten hervor und verläuft, wie Infor-
mation und Kommunikation, an der "Oberfläche" der Struktur. Was sich bisher,
bezogen auf den Pflanzenzyklus, unterirdisch vorbereitet hat, wird nun für alle
sichtbar oberirdisch gespiegelt. Die durch Infomation und Kommunikation her-
vorgebrachten äußeren archimedischen Körper erscheinen als ihre polaren Ge-
genstücke in den Catalanen. In unserem Beispiel sind das erstens der Pentagon-
vierundzwanzigflächner (Pentagon-Ikositetraeder) als Polar zum Simum-Hexa-
eder, zweitens das Rhombendodekaeder als Polar zum Kuboktaeder und
drittens der Deltoid-Ikositetraeder als Polar zum Rhombenkuboktaeder.
Das Resultat des Aufblühens dieser drei catalanischen Körper sind dann ab-
schließend die oben beschriebenen Armanischen Körper, sowie deren involutive
Gegenstücke, die Pyramidalen. In der Pflanzenanalogie entsprechen den armani-
schen Körpern die Blüte und die Frucht mit ihrem Kern.
Wir erleben im Polyederzyklus ingesamt also vier verschiedene Prozesse, wobei
je zwei aufeinanderbezogen sind:

Prozesstypen - Evolution : öffnen, Energie verteilen, Dissipation Blütenkörper

- Involution : verschließen, Energie versammeln rhomb. Catalane


Konzentration Pyramidale

- Kreation : gestalten, Information (von zwei Seiten) äußere archime-


- Integration : eingliedern, Kommunikation (feed back) dische Körper
(nach zwei Seiten)
7. Die Polyederfamilien 63

Die Spiegelung, eine Variante der Involution an der "Oberfläche", bringt auf der
horizontalen Achse die zueinander polaren platonischen und auf den drei verti-
kalen Achsen die catalanischen Körper hervor (VI):
(1) Die platonischen Körper stehen als Vertreter der Samenkerne auf der Grenze Transformato-
zur Mineralisation. Als neutrale Pyramidale sind sie hart (Stein-Obst!), zugleich ren in der Zeit
aber die Träger der Information für einen neuen Wachstumszyklus. Auch die
eigentlichen Pyramidalen als Repräsentanten des Mineralischen sind Träger
von allgemeinen Informationen, die durch das Wasser, dem großen, weltum-
spannenden Kommunikationsnetz, transportiert werden. Die Information, selbst
eingehüllt in die Kugel zur maximalen Raumnutzung, wird gegenüber den
Zeitläuften geschützt durch die tetraedrische Form, die durch eine maximale
Angriffsfläche auch eine maximale Möglichkeit zur Verankerung und damit
auch zur Verbreitung einer Spezies bietet.
(2) Die Rhomboeder, als herausragende Vertreter der Catalane, sind Transfor- interdimensio-
matoren zu den höheren Dimensionen der feinstofflichen Welt und bewirken in nale Transfor-
dieser Eigenschaft letztlich die Information des polaren Körpers, der so Gestalt matoren
annimmt. Sie bewirken auch das "jitterbugging", das umgekehrt im Kommuni-
kationsprozess die Integration der neuen Form in den Zyklus sicherstellt. Darü-
berhinaus werden wir noch sehen, wie durch das "Verblühen" der Rhomboeder
die platonischen Körper selbst abgeleitet werden können.
Die Familien sind mit ihren einzelnen Mitgliedern auf den Tafeln (VII - IX) Familienbilder
dargestellt. Diese bestehen jeweils aus den Teilen "a" und "b", wobei der zweite
Teil die Rolle der Pyramidalen auf der tieferen Ebene zeigt. In diese Darstellun-
gen sind auch die Körper mit lediglich pyramidalem Charakter aufgenommen
und es hat durchaus seinen Grund, daß die platonischen Körper darin ihre Plätze
vertauscht haben! Auf diesen b-Tafeln und auf Tafel X sind außerdem noch die
Sternkonfigurationen jeder Familie dargestellt, die in den folgenden Kapiteln
behandelt werden. Es gibt darüberhinaus noch einige prominente Polyeder, die
aber nicht radialsymmetrisch sind und deshalb hier keinen Platz haben. Dazu
gehören die archimedischen Prismen, Antiprismen, Pseudokörper und reguläre
Deltaeder.

Zusammenfassend lassen sich diejenigen Körper, die bisher im Mittelpunkt


gestanden haben, in ihrer bedeutsamsten Eigenschaft etwa so charakterisieren:
Die Armanischen Körper sind diejenigen radialsymmetrischen konvexen maximale
Polyeder, die sich in lückenlosem Zusammenhang der Kugelfläche bestmöglich Annäherung an
anschmiegen (und damit das ökonomische Prinzip bestmöglich erfüllen). Sie die Kugel
bestehen aus bis zu 72 ebenen regulären und semiregulären Polygonen. 72 ist
damit nicht nur die Gesamtzahl der darstellbaren Polyeder im Zyklus, sondern
auch die maximale Anzahl ebener Polygone mit mehr als 3 Ecken, die auf einer
sphärischen Oberfläche regelmäßig und damit optimal verteilt werden kann.
Innerhalb des Polyederzyklus liegt die Obergrenze für eine Bedeckung mit
Dreiecken bei 140 im Pentakis-Simum-Dodekaeder. Durch eine regelmäßige
Fragmentierung des Ikosaeder-Dreiecks in selbstähnliche Dreiecke ist mit einer
entsprechenden Tiefe natürlich eine beliebige Näherung an die Kugel möglich.
64
8. Unscheinbare Kanten
So wie die platonischen Körper Ausgangspunkte sind für die Blütenbildung
erster Ordnung und deren pyramidalen Polare, sind die rhombischen Catalane
Aus-gangspunkt für die armanischen Blütenkörper und deren Polarkörper. Von
ihrer besonderen Position innerhalb der Familien war bereits die Rede und ihre
konstruktive Ableitung als Catalan ist bekannt. Als Körper, die ausschließlich
aus Rhomben aufgebaut sind, sind sie aber zugleich von besonderem Interesse
vom energetischen Standpunkt. Wir wollen diese speziellen Konfigurationen
deshalb im Folgenden unter rein qualitativen Gesichtspunkten betrachten.
Mit dem Übergang von der bisher vorherrschenden flächenorientierten Sicht Energiebahnen
auf die Polyeder, hin zu einer energetischen Sichtweise, kommen neben den
Scheiteln als Wirbelpunkte auch die Kanten als Repräsentanten von Energie-
bahnen auf den Großkreisen der Kugel ins Spiel. Einen Zugang zu diesen
Elementen in den platonischen Körpern gibt es schon lange, nur wurde er nicht
als solcher betrachtet. Ich meine die Komplexe.
Um eine Vorstellung von einem Komplex zu gewinnen, lassen wir zwei polare Komplexe
platonische Körper einander so durchdringen, daß sich ihre Kanten jeweils
berüh-ren und zugleich rechtwinklig schneiden. Das Ergebnis ist ein
sternförmiger Komplex und im Fall des Tetraeders ist der Name
"Sterntetraeder" auch durch-aus gebräuchlich. Welche Polyeder
versinnbildlichen die Pyramide aber besser als Sterngebilde? Sie sehen hier den
Sterntetraeder, den Sternkuboktaeder und den Sternikosidodekaeder.

Bild 39

Je nach dem, wie wir die Objekte betrachten, erkennen wir fünfstrahlige
Pyrami-den auf den Fünfeckflächen eines Dodekaeders oder aber dreiseitige
Pyramiden auf den Dreiecksflächen eines Ikosaeders. Entsprechendes gilt für
das Sternkub-oktaeder und das Sterntetraeder.
An den beiden letztgenannten sehen wir aber sehr leicht auch noch folgendes:
wenn wir die Pyramidenspitzen alle miteinander verbinden, entsteht eine Hülle
um den Stern. Die Flächen des Hüllkörpers sind aber keine anderen, als die
Quadrate des Würfels (Grenzfall der Raute bzw. des Rhomboeders) oder, beim
Kuboktaederstern, die Rauten des Rhombendodekaeders mit der Oktaederkante
als langer Diagonale und der Würfelkante als kurzer Diagonale. Entsprechendes
gilt für den Sternikosidodekaeder, dessen Hülle dem Keplerschen Körper ent-
spricht.
Eine zweite Beobachtung machen wir, wenn wir sämtliche Pyramidenspitzen
entfernen. Was übrig bleibt sind - das Oktaeder, das Kuboktaeder und das
Ikosi-dodekaeder! Auch hier zeigt sich die Polarität erneut. Der Kernkörper, den
sich die beiden platonischen Ausgangskörper jeweils teilen, ist der Polarkörper
zum Hüllkörper der Sternformation.
66

In den sternförmigen Komplexen der platonischen Familieneltern mit ihren


rhomboedrischen Hüllen manifestiert sich die Neuschöpfung. Hierin beginnt der
Polyederzyklus aufs neue. Er wird aktiviert sobald die Hülle den Komplex als
Einheit freigibt und dieser sich in seine beiden Pole teilt, die zueinander polaren
Körper. Hier vollzieht sich, was George Adams so ausdrückt: "Das Offenbar-
werden der Welt in der Erscheinung bedeutet immer eine Art Entzweiung."
Ich hatte oben bereits von Körpern gesprochen, die keine echten Pyramiden sind
insofern, als die Verbindungslinien zwischen ihren Spitzen entlang ihrer Kanten
verlaufen oder aber in der Oberfläche liegen und es keine Pyramidensenke gibt.
Damit sind zum einen die platonischen Körper gemeint, zum andern die Rhom-
boeder, die wir soeben als Hüllen der Sternkomplexe identifiziert haben.

pyramidale Den pyramidalen Charakter der platonischen Körper kann man an den Sternkör-
Charaktere pern sehr schön erkennen. Betrachten wir den einen Körper als Grund und
seinen Polarkörper als Figur vor diesem Grund, dann ragen die Spitzen der
Figur wie Pyramiden aus dem Grund hervor. Das entsprechende gilt umgekehrt,
wenn wir Figur und Grund vertauschen.
Ein Beispiel für einen Körper mit pyramidalem Charakter aus der Familie der
Catalane, das Rhombendodekaeder, haben wir schon kennengelernt. Dieses hat
zweierlei Scheitelarten, nämlich dreistrahlige und vierstrahlige Scheitel und
letz-tere haben eindeutig pyramidalen Charakter. Das ist auch nicht weiter
verwun-derlich, geht dieser Polyeder ja als Grenzfall aus einer
Pyramidenentwicklung hervor. (Vgl. Entwicklung vom Oktaeder zum Hexaeder
über das Rhombendo-dekaeder im fünften Kapitel.) In den Rhomboedern, die
jeweils die Spitze der Catalangruppen darstellen, verlaufen nun die
Verbindungen zwischen den pyra-midalen Spitzen in der Oberfläche des
Körpers. Diese Verbindungslinien sind die Diagonalen der Rauten und damit
aber keine anderen als die Kanten der jeweils beteiligten platonischen Körper.
Rauten- Ich hatte ganz zu Beginn schon darauf hingewiesen, daß die jeweils zueinander
diagonalen polaren platonischen Körper eines gemeinsam haben: die Anzahl der Kanten. Im
Fall der Tetraeder sind das sechs, im Fall der Würfelfamilie zwölf und im Fall
der Dodekaederfamilie dreißig. Diese Kantenanzahl gibt nun folgerichtig immer
auch die Anzahl der Rauten in dem jeweiligen Hüllen-Rhomboeder an. Die
Kante des einen Körpers wird zur langen, die Kante des polaren Körpers zur
kurzen Diagonalen einer Raute und beide berühren sich rechtwinklig im Rauten-
mittelpunkt. Die Anzahl der Kanten eines Körpers plus eins ergeben im Übrigen
auch die Anzahl der Symmetrieachsen des Körpers.

Die platonischen Körper sind mit den Rhomboedern also aufs engste verbunden
und ich behaupte, ohne diese gar nicht denkbar. Die Rhomboeder, als Hüllen der
Komplexe, sind Repräsentanten der obersten Einheit in jeder Familie. Hierin
gründet unter anderem auch ihre formgebende Kraft für das Entstehen der äuße-
ren archimedischen Körper: in ihrer Funktion als energetisches Gerüst, das in
den Kanten der platonischen Körper nur noch angedeutet ist. Nicht die Flächen
sind also das entscheidende an den Polyedern, sondern ihre Scheitel und Kanten.
Dies ergibt sich aus dem Wechsel von der flächenorientierten-statischen
Sichtweise hin zur scheitelorientierten-dynamischen Sichtweise.
8. Unscheinbare Kanten 67

Für eine solche Sichtweise spricht auch, daß die drei großen Pyramiden auf dem
Plateau von Gizeh mit den drei Rhomboedern korrespondieren, und zwar Gizeh-
folgen-dermaßen: die kleinste der drei, die Snofru- oder Mykerinos-Pyramide Pyramiden
entspricht einer Spitze des Rhombendodekaeders, die Chefrenpyramide stellt
einen halben Oktaeder dar (Polar zum Würfel) und die Mantelflächen der
großen Cheops-Pyramide entsprechen den Rautenhälften des Keplerschen
Körpers. Da nur vier davon die Pyramide bilden (anstatt fünf wie beim
Keplerschen Körper), ragt sie entsprechend steiler auf.
Der Zusammenhang zwischen platonischen Körpern und Rhomboedern ist auch
ein musikalischer: Ich habe oben die platonischen Körper als neutrale Pyrami-
neutrale
dale bezeichnet. Damit meine ich, daß den platonischen Körpern, ebenso wie
Pyramidale
der Kugel, ein informatorischer Aspekt eignet, der von uns aber bisher nicht
erkannt wurde: Es handelt sich bei ihnen um eingestülpte Pyramiden, die ihr
Potential erst mit der Ausstülpung entfalten. Wenn wir nun der Frage
nachgehen, wie weit die Spitzen dieser nach innen weisenden Pyramiden vom
Mittelpunkt des jewei-ligen Körpers entfernt sind und: in welchem Verhältnis
das jeweilige Volumen der Pyramidenspitze zum Volumen des von den
Pyramidenbasen umschlossenen Raumes steht, offenbaren sich uns interessante
musikalische Proportionen.
Dazu treffe ich zwei Annahmen: die Sternkomplexe sind Manifestationen von
Neuschöpfungen und die Hüllen der Sternkomplexe, also die Rhomboeder,
stellen das maximale Volumen dar, das durch die Ausstülpung ausgefüllt wer-
den kann. Letzteres findet eine gewisse Begründung auch in der Tatsache, daß
alle drei Rhomboeder sogenannte "Raumfüller" sind, und zwar die einzigen
unter den radialsymmetrischen Polyedern. Unter diesen Prämissen ergibt sich,
daß

- die Pyramiden des Würfels exakt in den Mittelpunkt hineinreichen.


Denn: die Ausstülpung des Würfels ergibt präzise das Rhombendodekaeder. Das
Volumenverhältnis von Rhombendodekaeder zu Würfel beträgt demnach 2:1.
Dem entspricht in der Musik eine Oktave. Dieses Verhältnis ist ein mögliches
Kriterium zur Bestimmung der Reichweite der Pyramidenspitzen: Wenn das
Volumen des Hüllkörpers geringer ist, als das verdoppelte Volumen des plato-
nischen Körpers, bedeutet dies, daß die Spitze nicht bis in den Mittelpunkt
reicht, wenn sie vollständig ausgestülpt werden soll.

Bild 40
68

- die Pyramiden des Oktaeders nicht in den Mittelpunkt reichen.

Denn: würden sie zum Mittelpunkt reichen, wäre die ausgestülpte Pyramiden-
spitze rechtwinklig. Wir wissen aber aus der Entwicklung vom Oktaeder zum
Hexaeder über das Rhombendodekaeder, daß die Ausstülpung der Pyramiden
na-turgemäß mit sehr stumpfen Winkeln beginnt und nur soweit geht, bis zwei
be-nachbarte Pyramidenflächen in eine Ebene fallen. In diesem Moment ist aber
der Pyramidenwinkel noch immer ein stumpfer. Im Übrigen gilt das beim
Würfel be-gründete Kriterium der Volumenverhältnisse: das Verhältnis der
Volumen von Rhombendodekaeder zu einbeschriebenem Oktaeder ist das
musikalische Quin-tenverhältnis und beträgt 3:2 bzw. 1,5 zu 1.

- die Pyramiden des Tetraeders wohl in den Mittelpunkt reichen, aber durch die
Ausstülpung den Würfel, das zugehörige Rhomboeder, nicht ausfüllen.
Denn: das Verhältnis von Würfelvolumen zum einbeschriebenen Tetraeder be-
trägt bekanntlich 3 : 1, d.h. es fehlt bei voll ausgestülptem Tetraeder noch ein
weiteres volles Tetraedervolumen, um den Würfel vollständig auszufüllen.
Anders sieht es aus, wenn wir das Sterntetraeder nach außen stülpen: es erfüllt
den Hüllenwürfel exakt. D.h. das Sterntetraeder bildet in der Matrize exakt sei-
nen Gegenraum oder umgekehrt: das Sterntetraeder ist eine von zwei Sternkon-
figurationen, die wir ihrem Volumen nach ohne weitere Berechnung erfassen
können. Man könnte auch sagen: die Stern- oder Pyramidenaufsätze des
Sternte-traeders, die ja selbst regelmäßige Tetraeder darstellen sind, sind
zugleich ihre eingestülpten Pyramiden - ein bemerkenswerter, vielleicht der
ursprünglichste Fall von Selbstähnlichkeit.

- die Pyramiden des Dodekaeders nicht in den Mittelpunkt reichen.


Denn: das Volumen des Keplerschen Körpers ist nur 1,384 mal größer als das
Volumen des einbeschriebenen Dodekaeders. Damit ist die Summe der
Volumen der eingstülpten Pyramiden geringer, als das übliche
Dodekaedervolumen, d.h. sie reichen nur bis zur Marke 0,384 des Inkugelradius
(von außen nach innen gemessen). Dieser Wert entspricht wiederum dem
musikalischen Intervallfaktor der Terz bzw. der Sexte, die ihrerseits die beiden
Tongeschlechter Dur und Moll voneinander trennt.
Nach dem Oktaeder enthält also auch das Dodekaeder einen echten räumlichen
Stern. Das ist bereits in der ebenen Figur des Pentagramms angedeutet, das den
ersten echten ebenen Stern darstellt, wenn man neben der Stetigkeit (das Penta-
gramm kann in einem Zug gezeichnet werden) den Spiel-raum in der Mitte als
ein Kriterium der Echtheit betrachtet.

- die Pyramiden des Ikosaeders nicht in den Mittelpunkt reichen.


Denn: das Volumen des Keplerschen Körpers ist gar nur 1,145 mal größer als
das Volumen des einbeschriebenen Ikosaeders. Damit sind wir musikalisch ganz
in der Nähe eines Ganztonintervalls.
8. Unscheinbare Kanten 69

Die platonischen Körper sind noch in einer anderen Variante mit den Rhombo-
edern verbunden. Bisher wurde vor allem der pyramidale Aspekt betont und es
ist offensichtlich, daß es vor allem die aus Dreiecken aufgebauten platonischen
Körper sind, die diesen Aspekt repräsentieren. Dagegen fällt an den andern eine
Eigenschaft auf, die wir als das typische Merkmal der Blütenkörper herausge-
stellt haben: die Dreistrahligkeit der Scheitel. Sind die platonischen Körper also
zugleich auch Blütenkörper? Wenn ja - welches sind dann die Ausgangskonfi- platonische
gurationen? Blüten
Wir haben oben den Blütenkörper des Rhombentriakontaeders als einen der
armanischen Körper kennengelernt. Dazu haben wir eine Umkugel durch die
stumpfen Scheitel als Maßgabe für die neu entstehenden Scheitelpunkte defi-
niert. Was aber hindert uns daran, das Aufblühen der neuen Fläche gewisser-
maßen bis zum Verblühen weiter zu verfolgen? Die kontinuierliche Vergrös-
serung der pentagonalen Flächen bis zu dem Punkt, wo die Kanten erneut auf
die Umkugel treffen, nämlich in den stumpfen Scheiteln selbst, führt dann
automa-tisch auf das Dodekaeder. Dies bedeutet auch, daß die Umkugel der
Rhomben´-triakontaederblüte zugleich die Umkugel des Dodekaeders ist. Das
ist ohne wei-teres einsichtig, wenn wir uns den Sternkomplex noch einmal
anschauen, wo ja die stumpfen Scheitel durch die Scheitel des Dodekaeders
bestimmt sind. Wir können es auch zeigen, indem wir den Keplerschen Körper,
mit einem spitzen Scheitel als Zentrum, in die Ebene projizieren.

Bild 41

Das Rhombentriakontaeder ist also nicht nur Hülle des Komplexes, sondern
auch der Ursprungskörper für das Dodekaeder als Blütenkörper. Können wir
aber auch das Ikosaeder als Blütenkörper herleiten? Der Vorgang ist der gleiche
wie beim Dodekaeder, nur ohne den Zwischenschritt über einen armanischen
Körper. Auch das ist klar, da ja hier die mögliche Umkugel durch die spitzen
Scheitel-punkte des Rhombentriakontaeders definiert ist, die mit den
Scheitelpunkten des Ikosaeders zusammenfallen. Halten wir nun diese
Scheitelpunkt fest und lassen die stumpfen dreistrahligen Scheitel des
Keplerschen Körpers aufblühen, dann er-reichen die Ecken der aufblühenden
Dreiecksflächen im Extremfall die fünfstrah-ligen Scheitel und wir haben das
Ikosaeder vor uns.
70

Ganz analog verläuft der Vorgang in den andern beiden Familien. Im Fall des
Würfels muß man sich allerdings angesichts der Gleichheit aller acht Scheitel
ent-scheiden, welche vier als stumpfe gelten sollen und welche als
Bezugspunkte stehen bleiben. Wir haben damit gezeigt, daß die platonischen
Körper sowohl Pyramidale als auch Blütenkörper sind. In beiden Fällen sind die
Rhomboeder als energetische Hüllen die maßgebenden Ausgangspunkte. So wie
wir bei dem pyramidalen Aspekt einen Vorrang der platonischen Körper aus
Dreiecken fest-gestellt haben, können wir beim Blütenaspekt einen Vorrang der
anderen Körper mit den dreistrahligen Scheiteln konstatieren. Dabei hat das
Tetraeder an beiden gleichermaßen Anteil und ist zugleich für beide Aspekte am
wenigsten typisch.
Die Operation des Aufblühenlassens von dreistrahligen, d.h. energiearmen
Scheiteln ist hier ein einmaliger und unter energetischen, d.h. auch natürlichen
Verhältnissen ein eher unwahrscheinlicher Vorgang. Ich habe ihn hier aus syste-
matischen Gründen angeführt, um den durchgängien Primat der Rhomboeder
aufzuzeigen.
Die Rhomboeder sind nicht einfach nur Catalane. Sie sind mit den anderen
Familienmitgliedern über mehrere Beziehungen verknüpft. Für die je eigene
Familie sind sie sowohl energetisches Rückgrat als auch musikalische Reso-
nanzstruktur. Wir werden diese besondere Rolle der Rhomboeder im 13. Kapitel
noch näher untersuchen.
Rollenspiel Auch die platonischen Körper erscheinen in unterschiedlichen Rollen. Sei es,
daß sie nur gewisse Aspekte von Pyramidalen oder Blüten erfüllen oder, wie im
Fall des Würfels, selbst als Rhomboeder erscheinen. Im zehnten Kapitel über
die hermetische Familie werden wir im einzelnen sehen, wie sowohl Ikosaeder
und Dodekaeder als auch Oktaeder und Hexaeder die Rolle von äußerem
archime-dischen Körper und polarem Catalan spielen können. Zum Ende des
nächsten Kapitels entdecken wir, daß dies im Fall von Dodekaeder und
Ikosaeder sogar in einer ganz besonderen Form noch ein zweites Mal
vorkommt.
Ein völlig neuer Raum eröffnet sich uns, wenn wir die Rhomboeder in einer
weiteren Rolle, nämlich nicht als Hüll- sondern als Kernkörper in Betracht
ziehen:
Die bisherigen Überlegungen zu den herausragenden Rhomboedern hatten ihren
Ursprung in den Sternkomplexen als Durchdringungen je zweier polarer plato-
nischer Körper. Als Kerne dieser Komplexe haben wir die ihrerseits zu den
Rhomboedern polaren Körper aufgezeigt. Es kann nun aber weiterhin gezeigt
werden, daß nicht nur die "Eckpunkte" der Familien paarweise polar sind,
sondern daß es auch zu den Sternkomplexen selbst je eine polare Konfiguration
gibt. Das bedeutet dann , daß Hüll- und Kernkörper ihre Rollen vertauschen:
die Rhomboeder werden zu Kernkörpern dieser noch unbekannten Körper und
ihre Polare zu den Hüllkörpern.
9. Sternkonfigurationen

Mit den Polaren zu den Sternkomplexen überschreiten wir die Schwelle zu den
Sternkörpern. Das bedeutet, sie haben als besonderes Charakteristikum echte
Tiefpunkte aufzuweisen. Im Gegensatz zu allen anderen bisher behandelten
Konfigurationen treten sozusagen nach innen gerichtete Wirbel oder Scheitel
auf. Sterne sind also echte konkav-konvexe Gebilde. Noch bei den Sternkom-
plexen erhielten wir lediglich negative Kanten bzw. Kehlen und die Kreuzungs-
punkte der Kanten verharrten neutral in der Ebene, die von den Kanten aufge-
spannt wurde.
Bevor wir uns jedoch mit den Isokomplexen – das sind die Polaren zu den
Sternkomplexen – befassen, wenden wir uns denjenigen Sternkonfigurationen
zu, die ich die keplerschen nennen möchte.
Im vorigen Kapitel über sternförmige Komplexe habe ich bereits auf einen
besonderen Fall hingewiesen, in dem Dodekaeder und Ikosaeder noch einmal in
einer völlig anderen Rolle als der von gewöhnlichen Familienmitgliedern in
Erscheinung treten. Sie verbergen sich dabei in einer außergewöhnlich
harmonischen Sternkonfiguration. Dieser möchte ich jedoch, gewissermaßen als
Vorbereitung, die drei charakteristischen Ikosaedersterne vorschalten. Sie haben
(bis auf eine Ausnahme) echte Tiefpunkte und ihre Pyramidenaufsätze haben
symmetrische drei- oder fünfstrahlige Scheitel.
Wir beginnen mit dem ikosaedrischen Keplerstern. Ob Kepler ihn tatsächlich als Ikosaedersterne
erster entdeckt hat, ist ungewiß – jedenfalls hat er ihn als erster dokumentiert.
Ausgangspunkt ist ein Ikosaeder. Darauf betrachten wir zunächst ein einzelnes
Ikosaeder-Dreieck, auf das eine dreiseitige Sternpyramide folgendermaßen
aufgesetzt wird: Jeder einzelne der drei Scheitel des ausgesuchten Dreiecks wird
aus zwei Dreieckskanten und einer dritten Kante gebildet, die nicht diesem
Dreieck angehört. Die Höhe und Spitze der Sternpyramide wird nun bestimmt
durch die Verlängerung dieser drei Nicht-Dreieckskanten, die sich über dem
Mittelpunkt des Dreiecks schneiden. Da wir im Ikosaeder zwanzig solcher
Dreiecke haben, entsteht auf diese Weise ein zwanzigstrahliger Stern mit lauter
dreiseitigen Pyramidenmänteln.
Ausgangspunkt für den zweiten echten Ikosaederstern ist nicht eine Dreiecks-
fläche, sondern eine ganze Ikosaederkappe, die von fünf Dreiecken um einen
Scheitel herum gebildet wird. Zur Bildung einer Sternspitze werden nun nicht
drei Kanten, sondern die fünf über die Kanten dieser Ikosaederkappe benach-
barten Flächen ausgedehnt, bis sich die entstehenden Schnittgeraden über dem
Scheitelpunkt der Ikosaederkappe in einer Spitze treffen. Da das Ikosaeder ins-
gesamt zwölf Scheitel hat, ist das Ergebnis ein zwölfstrahliger Stern aus
fünfseitigen Pyramidenmänteln, der von Adam/Wyss so genannte "Bara-
vallestern".
Abschließend betrachten wir den dritten Stern auf Basis des Ikosaeders. Er
bildet die Ausnahme insofern, als er keine Tiefpunkte hat – seine Scheitelpunkte
sind im Gegenteil ausschließlich Hochpunkte. Er nimmt damit eine Zwischen-
stellung zwischen den Sternkomplexen einerseits und den echten Sternkonfigu-
rationen andererseits ein. Als solcher spielt er im weiteren dann auch eine
spezielle Rolle im Aufbau der Isokomplexe.
72

Dieser dritte Stern auf der Basis des Ikosaeders entsteht, indem wir uns wieder
ein einzelnes Dreieck betrachten. Im Gegensatz zur Konstruktion des ikosaedri-
schen Keplersterns werden jetzt aber nicht die Kanten, sondern die drei über die
Dreieckskanten benachbarten Flächen so weit ausgedehnt, bis sich die
entstehenden Schnittgeraden ebenfalls über dem Dreiecksmittelpunkt in einer
Spitze treffen. Die Schnittgeraden markieren die Kanten einer sehr flachen
Sternpyramide. Auch dieser Ikosaederstern ist zwanzigstrahlig und heißt bei
Adam/Wyss "Bindelstern". Ich bervorzuge dafür den Namen "Dürerstern".
Der erwähnte Bezug des Dürersterns zu den Sternkomplexen ergibt sich
folgendermaßen: Wenn man in Bild 39 auf Seite 62 das Sternikosidodekaeder
betrachtet, blickt man frontal auf ein Dreieck (des Ikosaeders), aus dem eine
Pyramidenspitze aufragt. Diese Spitze wird gebildet durch einen Scheitel des
durchdringenden Dodekaeders. Nun verdrehen wir in Gedanken zunächst diese
Pyramidenspitze um 180°, so daß ihre Basiskanten parallel werden zu den
Kanten des Ikosaederdreiecks. Vergrößern wir dann die verdrehte
Pyramidenspitze so weit, bis ihre Basiskanten mit den Dreieckskanten zur
Deckung kommen, haben wir – annähernd - die Pyramidenspitze des
Dürersterns vor uns.
Da die ursprünglichen Kanten der Pyramidenspitzen zugleich die Kanten des
ein-gebetteten Dodekaeders sind, sind diese zwangsläufig auf die benachbarten
Pyramidenspitzen ausgerichtet. Der Scheitelwinkel beträgt hier 121,7°. Um nun
– nach der Transformation (Drehung + Vergrößerung) - die korrekte Neigung
der Dürersternpyramide entsprechend der o.g. Konstruktion zu bekommen, muß
die Spitze zusätzlich noch etwas angehoben werden. Der Scheitelwinkel beträgt
dann im Ergebnis nur noch 114,1°, ist also um 7,6° steiler als der Scheitel des
Dodekaeders. Damit haben wir den Dürerstern auf zwei Wegen gefunden und
wir werden im Verlauf der Vorstellung der Isokomplexe noch einmal auf die
soeben beschriebene Prozedur zurückkommen.

Nach dieser Vorbereitung kommen wir jetzt zum Spezialfall desjenigen Sterns,
der auf der Grundlage des Dodekaeders gewonnen wird. Er insbesondere trägt
den Namen seines Entdeckers Johannes Kepler und gilt als der "Keplerstern".
In diesem Gebilde fallen zwei der Möglichkeiten, die bei der Ableitung der
Ikosa-edersterne zu drei verschiedenen Ergebnissen geführt haben, in einem
Gebilde zusammen. Beginnen wir mit der letzten Variante: hier sind fünf
Flächen unmit-telbar einer einzelnen Dodekaederfläche benachbart. Nun ergibt
es sich, daß die Schnittlinien, die entstehen, wenn diese fünf benachbarten
Flächen ausgedehnt werden (so daß sie sich über dem Flächenmittelpunkt
treffen), exakt mit den Kantenverlängerungen, d.h. der ersten Möglichkeit in der
Reihe der Ikosaeder-sterne koinzidieren. Die Entsprechung zur Ikosaederkappe
im zweiten Fall sind drei Fünfecke um einen Scheitel. Hier können jedoch nur
drei benachbarte Flächen zu einer Spitze über dem Scheitel ausgedehnt werden.
Das Ergebnis ist uns allerdings schon bekannt: es entspricht dem ersten der drei
Ikosaedersterne!
Was hat es aber nun mit dem speziellen Fall von Ikosaeder und Dodekaeder auf
sich? - Nun: der Kernkörper des Keplersterns ist ein Dodekaeder, wie aus der
Ableitung schon hervorgeht. Wenn wir aber mit diesem Pyramidenkörper nun
.
9. Sternkonfigurationen 73

genauso verfahren, um den Hüllkörper zu erhalten, wie mit den Sternkomple-


xen, indem wir nämlich alle Spitzen untereinander verbinden, dann ist das Er-
gebnis das Ikosaeder. In Analogie zu den bisher bekannten Familien entspricht
also das Ikosaeder als Hüllkörper den Rhomboedern und das Dodekaeder steht
für seine polare Struktur als Kern im Stern. Damit fällt aber der Keplerstern
vollständig aus der Systematik und wenn er Bestandteil einer Familie sein sollte,
oder gar ihr Oberhaupt, dann ist diese Familie nicht von dieser Welt und nicht
mit der Geometrie der dritten Dimension zu erfassen.

Keplerstern

Bild 42

Das ist also der Keplerstern und seine bisher schönste mir bekannte Darstellung
ist Caspar Schwabe in Zürich mit dem sechzig-fach Polyeder-Kaleidoskp
"Pentakis" gelungen.
Der harmonische Dodekaederstern ist so etwas wie ein Wegweiser in die höhe- höhere
ren Dimensionen, wobei ein Stück des Weges in den fünseitigen Pyramiden- Dimensionen
mänteln, sozusagen als Schleusen, in unsere Welt hineinragt. Versuchen wir
analoge Pyramidenkonstruktionen in den anderen Familien, dann erhalten wir
im Fall des Würfels ein in die Unendlichkeit reichendes vierseitiges Prisma.
Das Oktaeder, sein Polar, ist selbst schon pyramidal und die Spitzen des
Oktaeders können in diesem Sinn als Tore oder Schwellen ohne Übergangsraum
in die höheren Dimensionen der Azeitlichkeit betrachtet werden.
Was bleibt ist noch das Tetraeder. Wir sind seiner Sonderstellung immer wieder
begegnet, zuletzt als Sterntetraeder, der in der Umstülpung seinen eigenen
Gegenraum ausbildet. So ist es auch hier: die möglichen Verlängerungen von
Seiten und Kanten führen zum Gegenraum des Tetraeders bzw. des Sterntetra-
eders. Das ist aber das Universum. Das Tetraeder bzw. das Sterntetraeder ist
selbst der Übergang. Es ist zugleich räumliche Urform, die uns in der Kristall-
bildung ebenso begegnet wie im Sternenraum. Die Energiekörper des
Menschen, der Erde und aller Wesenheiten haben seine Gestalt. Diese ist
bekannt unter dem Namen MerKaBa. Als interdimensionales Energiegefährt
ermöglicht die
74

MerKaBa die Reise durch alle Dimensionen. Auch Buckminster Fuller hat
immer wieder auf das Tetraeder als der kleinsten Energieeinheit des Universums
hingewiesen. Er ist der vorläufige Vollstrecker der neueren (projektiven)
Geometrie. Ihre Denkweise gründet auf dem Übergang von Cartesischen zu
Tetraedrischen Koordinaten und es ist faszinierend zu verfolgen, wie das
Tetraeder, z.B. angeregt durch Schwingungen, sich umstülpt und nach dem
Durchgang durch das Unendliche vom Gegenpol in sich selbst zurückkehrt.

Bild 43

Im Weiteren wollen wir uns den Isokomplexen widmen. Es handelt sich dabei
durchweg um Oktaederkomplexe und das unterstreicht die Bedeutung der oben
gemachten Aussage, wonach die Spitzen des pyramidalen Oktaeders als Tore in
die Amension betrachtet werden können.
Die Isokomplexe stehen zwischen den Sternkomplexen und den keplerschen
Sternen. Die Vorsilbe Iso bedeutet „gleich“ und weist hier darauf hin, daß diese
Komplexe als Durchdringung mehrerer formgleicher Körper verstanden werden
Isokomplexe können. Entsprechend den drei Sternkomplexen, gibt es drei Isokomplexe. Wie
eingangs schon erwähnt, können diese als Polarkörper zu den Sternkomplexen
aufgefaßt werden - wenngleich sie nicht nach den Gesetzen zur Konstruktion
der Polarkörper gewonnen werden. Polar sind sie jedoch in dem Sinne, daß in
ihnen die Rhomboeder die Rolle der Kernkörper und deren archimedischen
Polare die Hüllkonfigurationen darstellen.
Wir beginnen zunächst mit der praktischen Konstruktion, um daran dann das ge-
meinsame Bildungsgesetz und die innere Logik zu entwickeln. Aus meiner frü-
hesten Beschäftigung mit dem Thema "reguläre Polyeder" weiß ich, daß bei
dem Versuch, die platonischen Körper ineinander zu verschachteln (von außen
nach innen: DE - HE - TE - OE - IE) die Scheitel des innersten Ikosaeders auf
Der goldene den Kanten des einhüllenden Oktaeders liegen, und zwar im Teilpunkt des
Schnitt auf der goldenen Schnittes. (Die Freude über die damalige Entdeckung wurde etwas
Oktaederkante gedämpft, als ich einige Jahre später das Ergebnis bei Adam/Wyss bestätigt
fand.
9. Sternkonfigurationen 75

Daß es richtig war ergab sich ja schon gleich aus der praktischen Konstruktion -
ein großer Vorteil bei der anschaulichen Geometrie.) Was mir damals noch nicht
in seiner vollen Tragweite bewußt wurde, war die Tatsache, daß sich hier deli-
sche und keplersche Familie direkt und auf elegante Art berühren. Im Fall von
Dodekaeder und Würfel empfand ich die Verbindung weit weniger spektakulär.

Der goldene Schnitt ist nun aber auch das charakteristische Diagonalenverhält-
nis der Rauten auf dem keplerschen Körper. Davon gibt es dreißig an der Zahl,
wovon je sechs ein räumliches Achsenkreuz bilden - genau wie die Scheitelach-
sen des Oktaeders.
Besetzen wir nun alle dreißig Rauten des Rhombentriakontaeders mit einer vier-
seitigen Pyramide mit rhombischem Grundriß und einer Spitze, die entspre-
chend einem Oktaederscheitel ausgebildet ist, so sollten wir ein Gebilde von
fünf sich durchdringenden Oktaedern erhalten - den "Würfelfünfling", wie er bei
Adam/ Wyss als letzter Körper vorgestellt wird. Dabei ist der Kern - ausgehend
von dieser Konstruktion - das Rhombentriakontaeder und der Hüllkörper ist
das Ikosidodekaeder.

Oktaeder-
fünfling

Bild 44

Die praktische Durchführung zeigt allerdings, daß die resultierenden Oktaeder-


kanten windschief sind. Die nähere Untersuchung führt dann schließlich zum
Dürerstern als Kernkörper. Wenn wir uns den im vorigen Abschnitt beschrie-
benen Stern (der ja eigentlich keiner ist) noch einmal vor Augen führen, sollte
es nicht allzu schwer fallen, darin einen modifizierten Keplerschen Körper zu
erkennen. Wir erhalten diesen, wenn wir je zwei einander ggenüberliegende
Flächen (60 insgesamt), die durch eine Kehle getrennt sind, soweit absenken,
bis sie eine Ebene, eben eine Raute des keplerschen Körpers bilden. Das ist
gleichbedeutend mit dem Wiederherstellen des Dodekaederscheitels mit dem
Winkel von 121,7° (s. Transformation auf Seite 70).
Anstelle vierseitiger Pyramiden mit ebenen Grundflächen ist es mit dem Dürer-
stern als Kernkörper nun erforderlich die Grundflächen entlang der längeren
Diagonalen soweit aufzukanten und die entsprechenden Pyramidenkanten so-
weit zu reduzieren, daß sie sich einem Flächenpaar im Dürerstern anschmiegen.
Damit erhalten wir dann tatsächlich einen einwandfreien Oktaederfünfling mit
geraden Kanten.
Eine besondere Eigenschaft des Dürersterns besteht darin, daß der Sinus seines
Scheitelwinkels von 114,09° der Quadratwurzel aus 5/6 entspricht. Damit
schlägt dieser Stern eine Brücke zu denjenigen regel- und halbregelmäßigen
Konfigurationen, deren Winkelfunktionswerte sich ebenfalls als Quadratwur-
76

zeln aus harmonischen Intervallen darstellen. Es sind dies alle, einschließlich


des Dodekaeders und mit Ausnahme des Ikosaederstammes.
Mit dieser Konstruktion ist der Iso-Pentaoktaeder (IPOE) als polarer Körper
zum Stern-Ikosidodekaeder festgestellt. Wo in jenem die Kreuzungspunkte der
Kanten (= Rautendiagonalen des umhüllenden Rhombentriakontaeders) relative
Tiefpunkte darstellen, erscheinen im Iso-Pentaoktaeder über diesen Punkten die
Scheitel oder Spitzen der sich durchdringenden Oktaeder. Umgekehrt korres-
pondieren die Tiefpunkte des Fünflings Hochpunkten des Dürersterns und damit
teilweise den Spitzen des Stern-Ikosidodekaeders, nämlich denjenigen, die vom
Ikosaeder herrühren.
Bei Adam/Wyss ist dieser Körper nicht nur der letzte der vorgestellten Körper,
er fällt auch aus der Systematik des Diagonalenansatzes von Ernst Bindel he-
raus, aus dem die davor gezeigten Körper im Buch von Adam/Wyss hervorge-
hen. Für mich aber knüpfte sich an die Feststellung des Iso-Pentaoktaeders als
dem polaren Körper zum Sternkomplex der keplerschen Familie die feste Über-
zeugung, daß es entsprechende Komplexe auch für die beiden anderen Familien
geben mußte. In der Tat haben wir ja in den beiden anderen Kandidaten, die
darin Kernkörper sein sollen, jeweils eine Flächenanzahl, die durch sechs teilbar
ist: Das Rhomben-Dodekaeder hat zwölf Rauten und der Würfel sechs Quadrate,
d.h. entartete Rauten.
Bevor wir aber zu diesen fortschreiten sind noch drei Anmerkungen am Platz:
1. Bei der Ankündigung auf der vorhergehenden Seite, daß die Kernkörper die
Rautenkörper seien, habe ich offenbar etwas geschummelt. Das ist eben der
Tatsache geschuldet, daß die innere Harmonik so streng ist und die Geometrie
den klugen Weg über den Dürerstern, den modifierten Rhomben-Triakontaeder
genommen hat.
2. Der Name "Dürerstern" ist eine Referenz an Dürer, der eine geniale Kon-
struktion gefunden hat, um einem gegebenen gleichseitigen Sechseck ein eben-
solches Füneck mit gleicher Kantenlänge anzulagern. Da das 5 /6-Verhältnis im
Sinus des Scheitelwinkels erscheint, war diese Namensgebung für mich nahelie-
gend.
3. Die Angabe zum Kern des Oktaederfünflings als einem Ikosaeder bei Adam/
Wyss auf Seite 121 erweist sich als nur bedingt richtig, und zwar insofern, als
erst der Kern des Dürerstern seinerseits ein Ikosaeder ist (2.Aufl. 1994).

Für den weiteren Fortgang der Untersuchung bietet es sich nun von der kon-
struktiven Seite an, genauso wie beim Rhomben-Triakontaeder vorzugehen.
Aber schon ein paar einfache Überlegungen zeigen, daß die Analogie hier ein
Ende hat. Dennoch gibt es Lösungen.
Zunächst zum Rhomben-Dodekaeder. Ein Oktaeder aus Pyramidenaufsätzen
erfordert sechs Rauten, die paarweise im räumlichen Achsenkreuz senkrecht
aufinander stehen. Das ist aber im Rhomben-Dodekaeder nicht der Fall. Mit den
zwei Oktaedern (2 x sechs = 12 Scheitel entsprechend den zwölf Rhomboeder-
flächen) wird es also so nichts. Bei der Betrachtung des Rhombendodekaeders
sehen wir aber etwas anderes: je vier Rhomben bilden einen Gürtel, wobei die
langen Diagonalen eines solchen Gürtels exakt eine quadratische Fläche be-
9. Sternkonfigurationen 77

grenzen. Denken wir uns senkrecht durch diese (gedachte) Fläche eine Dreh-
achse, so führt sie oben und unten je durch einen vierkantigen Scheitel des
Rhomben-Dodekaeders. Es müßte also möglich sein, auf diesen drei Rautengür-
teln Pyramiden so zu konstruieren, daß sie sich je Gürtel zu einer Doppelpyra-
mide ergänzen, wovon ja das Oktaeder nur ein spezieller Fall ist.
Die Berechnung ergibt dann überraschenderweise die Form der Mykerinospyra-
mide, von der wir schon früher sagten, daß diese der Spitze des Rhomben-Dode-
kaeders entspricht. Damit haben wir einen Iso-Trioktaederkomplex (ITOE), wo
drei irreguläre Oktaeder, eben als Doppelpyramiden des Mykerinos-Typs, sich
durchdringen mit dem Rhomben-Dodekaeder als Kern und dem Kuboktaeder als
Hüllkörper.
Wie wir bei der Untersuchung der eingestülpten Pyramide im vorigen Kapitel Doppel-
bereits gesehen haben, entsprechen die vierstrahligen (Pyramiden)spitzen des pyramiden
Rhomben-Dodekaeders auch exakt den zum Mittelpunkt des Würfels reichenden
Pyramiden. Davon gibt es aber je Würfelfläche eine, also exakt sechs oder: drei
Paare. Das Zustandekommen des Iso-Trioktaeders kann man sich dann auch so
vorstellen, daß die sechs in den Würfel eingestülpten Pyramiden mit ihren
Spitzen zum je "darüber"liegenden Deckflächenmittelpunkt - oder wenn man
will: zum Basismittelpunkt der gegenüberliegenden Pyramide - wandern. Da je
zwei die gleiche Höhe haben, nämlich die halbe Kantenlänge des Würfels,
bilden sie in der Schlußposition paarweise Doppelpyramiden mit je einer
gemeinsamen Basis, deren Eckpunkte ringsum auf den Kantenmitten des
Würfels liegen. Die drei Basen bilden dabei ein orthogonales Raumkreuz
(paarweise zu Würfelflächen).
Von den Doppelpyramiden des Iso-Trioktaeders sind jeweils nur noch die Flan-
ken der Pyramiden zu sehen. Die Spitzen werden von den Flanken der jeweils
beiden anderen Doppelpyramiden vollständig verdeckt. Der von dem Japaner
Naoki Yoshimoto 1971 gefundene, nach ihm benannte Yoshimoto-Würfel ist
ein hervorragendes Anschauungsmodell des Iso-Trioktaeders. Dieser Würfel
ent-hüllt zugleich eine bemerkenswerte Eigenschaft dieser Konfiguration: Die
Um-stülpung des Sternkörpers ergänzt das Original wieder zu einem Würfel!
Wie beim Sterntetraeder bildet seine Matrize exakt den Gegenraum. In diesem
Fall ist diese aber nicht nur volumengleich, sondern darüberhinaus in allen acht
Raum-segmenten formidentisch! Der Umwürfel entspricht dem achtfachen
Volumen des Würfels, der seinerseits dem Rhombendodekaederkern
einbeschrieben ist:
VRDE = 2 x VHE; VITOE = 2 x VRDE => VITOE = 4 x VHE => 2 x VITOE = 8 x VHE
Ein weiteres verblüffendes Resultat dieses Gebildes besteht darin, daß die
spezifische Stauchung der Oktaeder zum Mykerinos-Typ dazu führt, daß sich
die projektive Abbildung des Körpers in der Ebene als völlig regelmäßiger
David-stern darstellt, einschließlich der Diagonalen des eingeschlossenen
Sechsecks.

Bild 45
78

Der Vollständigkeit halber wollen wir analog zur Dürersternkonstrukion aus


dem Ikosidodekaederstern (s. Seite 70) feststellen, ob sich bei entsprechender
Trans-formation der Würfelspitzen des Sternkuboktaeders eine Basis für den
Iso-Trioktader ergibt.
Die Erweiterung benachbarter Dreieckseiten des Oktaeders ergeben die raumfül-
lende Struktur aus Tetraedern und Oktaedern, die von Bycky so genannte iso-
tropische Vektormatrix. Das ist gleichbedeutend mit dem anheben der
verdrehten und vergrößerten Würfelspitzen auf das Niveau von Tetraedern. Wie
der Name schon sagt, bleibt bei der raumfüllenden Struktur keine Lücke, wie sie
für Stern-konfigurationen charakteristisch ist und damit geht die Analogie auch
in dieser Hinsicht ins Leere.
Allerdings können wir die Würfelspitzen auch absenken – und zwar auf das
Niveau der dreiseitigen Scheitel des Rhombendodekaeders. Das enstpricht dann
exakt der zuvor ausführlich besprochenen Lösung.
Was schließlich die Lösung für den dritten Kandidaten betrifft, ist es hilfreich,
sich kurz an die Eigenschaften der beiden anderen Isokomplexe zu erinnern, um
aus den Gemeinsamkeiten vielleicht schon das Bildungsgesetz zu erkennen.
Zunächst wurden in beiden Fällen auf die Rhombenkörper irreguläre vierseitige
Pyramiden mit rhombischer Grundfläche aufgesetzt. Darüberhinaus können wir
feststellen, daß die Spitzen der Iso-Oktaeder auf den Kantenmitten platonischer
Körper auslaufen. Und zwar im Fall des Iso-Pentaoktaeders auf den Kanten-
mitten eines umschreibenden Dodekaeders. Da der dazu polare Körper, das
Ikosaeder, gleich viele Kanten hat, sind es natürlich zugleich auch die Kanten-
mitten eines umbeschriebenen Ikosaeders. Entsprechendes gilt für den Rhombo-
eder der delischen Familie: die Spitzen des Iso-Trioktaeders liegen auf den
Kantenmitten sowohl des Würfels wie des Oktaeders.
Es deutet nun alles darauf hin, daß die Lösung des dritten Isokomplexes, näm-
lich dem der hermetischen Familie, eine Konfiguration liefert, die mit ihren
Spitzen auf die Kantenmitten eines umbeschriebenen Tetraeders zu liegen
kommt. Dieser stellt ja zusammen mit seinem polaren Gegenstück das platoni-
sche Elternpaar der hermetischen Familie dar, so wie Würfel und Oktaeder in
der delischen und Dodekaeder und Ikosaeder in der keplerschen Familie jeweils
die Eltern sind.
Die sich abzeichnende Lösung ist eine Konfiguration, die uns wohlvertraut ist:
das Oktaeder. Seine sechs Scheitel liegen in den Kantenmitten der sechs Kanten
des Tetraeders. Wie sieht aber das Gebilde aus, das wir erhalten, wenn wir die
Flächen des Rhomboeders in dieser Familie mit Pyramiden bestücken? Dieser
Rhomboeder ist bekanntlich das Hexaeder, eine Grenzform unter den Rhombo-
edern.
Wie schon des öfteren stoßen wir auch hier auf die Sonderrolle des Tetraeders
bzw. der hermetischen Familie. Zunächst erfüllt das Oktaeder das Kriterium der
Doppelpyramide - und zwar in seiner perfektesten Form. Wie ist aber darin der
Würfel als Kernkörper enthalten? - und inwieweit handelt es sich dabei um
einen echten Komplex, d.h. eine Durchdringung mehrerer Doppelpyramiden?
9. Sternkonfigurationen 79

Im Fall des Isotrioktaeders hatten wir es mit drei gestauchten Oktaedern zu tun,
deren "obere" und "untere" Spitzen jeweils soweit gestaucht wurden, daß sie die
Deckfläche eines gedachten Umwürfels berührten und die restlichen Scheitel-
punkte auf den Kantenmitten dieses Umwürfels liegen. Wenn wir die Doppelpy-
ramiden an ihren Basen trennen und die Einzelpyramiden dann jeweils auf die
"Deckflächen" dieses Umwürfels wandern lassen, erhalten wir denselben Effekt
wie beim Ausstülpen des Würfels: das Rhombendodekaeder. Das kann also
nicht die Lösung sein.
Anstatt der Pyramiden vom Mykerinos-Typ könnten wir auch sechs halbe Okta-
eder auf die "Deckflächen" setzen, würden aber auch in diesem Fall alles andere
als ein reguläres Oktaeder erhalten. Das erhalten wir, wenn wir die sechs halben
Oktaeder auf die Quadratflächen des Kuboktaeders setzen. Dieser ist aber nicht
der geforderte Kernkörper. Ausgangspunkt und späterer Kernkörper soll
vielmehr der Würfel sein. Es bleibt die Frage: Wie müssen die Pyramiden
aussehen, die wir auf die Würfelflächen aufsetzen?
Im Gegensatz zu den gestauchten Doppelpyramiden des Iso-Trioktaeder müssen
wir in der hermetischen Familie gestreckte Pyramiden aufsetzen - und zwar
gestreckt bis ins Unendliche!
Damit liegen nicht nur die Baseneckpunkte in den Kantenmitten des Würfels ,
sondern die Pyramidenkanten selbst fallen mit den Würfelkanten zusammen!
D.h.: die Baseneckpunkte sind nicht länger identifizierbare Eckpunkte: Je zwei
sich treffende Pyramidenkanten liegen vielmehr in einer einzigen Geraden und
diese liegen untereinander parallel und vereinigen sich im Unendlichen zu den
Spitzen der Doppelpyramiden.
Hier kommt nun die nicht-euklidische Geometrie ins Spiel, wonach sich eben
Parallelen im Unendlichen doch treffen. Das beinhaltet eine der größten, wenn
nicht die größte Revolution der Neuzeit überhaupt. Die zunächst einfachste und
populärste Annäherung liefert die Zentralperspektive Das Bild vom Eisenbahn-
gleis, das sich in der Ferne verliert, ist dafür ein eindrückliches Beispiel. René
Magritte hat das Thema in seinem Bild "Euklidische Spaziergänge" umgesetzt.
Die aufzusetzenden Pyramiden sind faktisch Prismen mit quadratischem Quer-
schnitt, deren parallele Kanten sich im Unendlichen treffen. Was wir im Endli-
chen als Ergebnis vor uns haben ist ein räumliches orthogonales Achsenkreuz,
dessen Balken einen quadratischen Querschnitt haben. Die Stärken der Balken
entsprechen ihrerseits der Länge der Kante des Würfels, der den geforderten
Kernkörper bildet.
Wenn wir die Prismen auf die Kantenlänge des Kernwürfels reduzieren, haben
wir eine dreidimensionale Projektion des Hyperwürfels, den auch Salvador Dali
1954 als Grundmotiv für sein Bild "Die Kreuzigung" verwendet hat.
80

Neben ihm und Magritte ist es vor allem Maurits Escher, dem wir einige der
ein-drucksvollsten Werke zu verdanken haben, die sich mit dieser neuen
Geometrie und dem damit aufkeimenden neuen Bewußtsein auseinandersetzen.
Links ein Detail aus seinem berühmten Holzschnitt "Metamorphose II" und
rechts aus der Lithographie "Reptilien".

Bild 46 + 47

Die Transformationskonstruktion (analog zum Dürerstern) ausgehend vom


Sterntetraeder eröffnet zwei Möglichkeiten. Die erste ist ein Tetraeder, der von
vier gleichgroßen Tetraedern umgeben ist. Entsprechende Füllelemente liefern
dann ein Gebilde, das ich "Polarwandler" nenne. Die Verbindungen der Spitzen
ergeben zwar auch ein reguläres Oktaeder als Hüllkonfiguration, die Elemente
selbst bilden jedoch keine irgendwie gearteten Doppelpyramiden. Einander
gegenüberliegende Spitzen sind in ihrer Orientierung um 90° verdreht. Neben-
stehende Projektion ergibt dann ein Vexierbild, in dem die Drehung um 90° und
die Spiegelung identisch sind!
Die zweite Möglichkeit besteht darin, die tetraedrischen Pyramidenspitzen auf
das Niveau echter Würfelecken abzusenken, um dann in gleicher Weise, wie
oben beschrieben, die unendlichen Prismen aufzusetzen. Dieser Iso-Oktaeder,
der nur im Uendlichen existiert, ist aber nichtsdestoweniger ein echter Komplex,
da sich ja drei entartete Doppelpyramiden durchdringen. Zur Unterscheidung
des real darstellbaren Iso-Trioktaeders nenne ich diesen transzendenten
Komplex Isooktaederkomplex (IOEK). Er ist damit der neutrale Repräsentant
aller drei Isokomplexe, die ja alle Oktaederkomplexe sind. Der transzendente
Charakter der hermetischen Familie begleitet uns auch hier und im folgenden
Kapitel über belebende Potenzen werden wir ihn ausführlicher untersuchen.
Inwieweit die Weisen früherer Zeiten diesen Zusammenhang gekannt haben ist
mir nicht bekannt. Aber sowohl das Kreuz als universelles Symbol aller Völker
und der Würfel als Symbol der Erde sprechen eine deutliche Sprache. Der Wür-
fel ist damit nicht länger nur der rechtwinklige starre Klotz und das Kreuz nicht
länger nur ein von einer machtbewußten Kirche oder der NATO mißbrauchtes
leidensträchtiges Symbol, sondern beide verweisen auf den tiefen geistigen
Zusammenhang des Menschen mit den kosmischen Gesetzen.
9. Sternkonfigurationen 81

Projektive Geometrie ist eine Geometrie der Linien, so wie im Gegensatz dazu
die euklidische Geometrie eine Geometrie des Winkels ist. Ein besonderes Cha-
rakteristikum der projektiven Geometrie ist der Durchgang der Strahlen durch
das Unendliche des unsichtbaren Kugelkreises und die Spiegelung dieses Zu-
sammentreffens im sichtbaren Nullpunkt. Wir erleben das bei jeder Involution.
Projektive Geometrie wird deshalb auch als Umstülpungsgeometrie bezeichnet
und sie hat tatsächlich das Zeug, unser Weltbild vom festgefügten Raum und
erst recht von der massiven Materie auch im übertragenen Sinne umzustülpen.
Zum Abschluß dieses Kapitels noch ein literarisches Kunstwerk von Christian
Morgenstern, der sich auf seine Weise mit der welterschütternden Tatsache der
projektiven Geometrie auseinandergesetzt hat. Unter dem Eindruck dieser
geometrischen Revolution des 19. Jahrhunderts verfaßte er das folgende
Gedicht:

Es gingen zwei Parallelen


ins Endlose hinaus,
zwei kerzengerade Seelen
und aus solidem Haus.

Sie wollten sich nicht schneiden


bis an ihr seliges Grab:
Das war nun einmal der beiden
geheimer Stolz und Stab.

Doch als sie zehn Lichtjahre


gewandert neben sich hin,
da war´s dem einsamen Paare
nicht irdisch mehr zu Sinn.

War´n sie noch Parallelen?


Sie wußtens selber nicht,
sie flossen nur wie zwei Seelen
zusammen durch ewiges Licht.

Das ewige Licht durchdrang sie,


da wurden sie eins in ihm;
die Ewigkeit verschlang sie,
als wie zwei Seraphim.
82
10. Belebende Potenzen

In dem schon mehrfach zitierten Buch von Adam/Wyss taucht neben dem Okta-
ederfünfling ein weiterer Komplex auf, der aus der Durchdringung von fünf
Tetraedern entsteht. Während der Oktaederfünfling ganz am Ende des Kapitels
über „Räumliche Gebilde aus Diagonalen der platonischen Körper“ als Außen-
seiter erscheint, ist der Tetraederfünfling aus den Scheitel-Diagonalen des Wirbelkörper
Dode-kaeders abgeleitet. Er ist neben den anderen Diagonalengebilden der für
unseren Zusammenhang einzig interessante in dieser Gruppe. Alle anderen
geben ledig-lich mehr oder weniger interessante Objekte ab.
Ich zähle den Tetraederfünfling aufgrund seines stacheligen Charakters zu den
Wirbelkörpern, ebenso wie den ebenfalls zwanzigstrahligen keplerschen Ikosa-
ederstern. Von den Isokomplexen und den Sternen unterscheidet sich der Tetra-
ederfünfling allerdings in einem zentralen Punkt und behauptet so eine Ausnah-
mestellung: Im Gegensatz zu den Sternen und Isokomplexen, die alle vollum-
fänglich punktsymmetrisch sind, ist der Wirbelkörper aus der Tetraederfamilie
ein besonders anschauliches Modell der Assymetrie, wie sie uns bereits in den
archimedischen Simumkörpern begegnet ist.

Bild 48

Wenn wir sowohl den „rechten“ wie den „linken“ Tetraederfünfling betrachten,
hergestellt aus fünf verschiedenen Farben, erkennen wir in den Wirbelmittel-
punkten alle vierundzwanzig möglichen Farbkombinationen: Jeweils zwölf
unter den Flächenmittelpunkten eines als Hüllkörper gedachten Dodekaeders.
Damit wird gleichzeitig auch der Simumcharakter des Dodekaeders offenbar,
wie er uns in der Simumposition der hermetischen Familie entgegentritt. Hier ist
der Punkt, in dem sich hermetische und keplersche Familie und damit auch die
Proportionen der Wurzel aus Drei und des goldenen Schnitts aufs innigste
berühren.
84

Gegentetraeder Es ist nun an der Zeit, daß wir uns diese hermetische Familie, die immer wieder
aus der Reihe tanzt, etwas näher anschauen. Insgesamt wird die Familie der
Tetraeder analog zu den beiden andern Familien entwickelt. Ein erstes Haupt-
hindernis scheint aber zunächst das Fehlen eines "Elternteils". Wir erinnern uns,
daß Kepler das Tetraeder als Einzelgänger betrachtete. Wo soll also das andere
Elternteil herkommen? Es ist ja mit der einfachen Postulierung eines "Gegen-
tetraeders" rein aus Zweckmäßigkeitsgründen nicht getan. Daß ein solches aber
tatsächlich existiert, habe ich im 3. Kapitel dargelegt: aus dem Zusammenhang
mit rechts- und linksläufigen Wirbeln ergab sich der Tetraeder-Typ mit einem
entgegengesetzten "spin". Damit kommt aber zu allen bisher gemachten Voraus-
setzungen noch ein entscheidendes Moment in unser Glasperlenspiel.
Das Prinzip zweier äußerlich identischer Körper mit entgegengesetztem "spin"
nenne ich "unsichtbare Händigkeit". Das Prinzip alles Lebendigen in der dritten
Chiralität Dimension ist aber die sichtbare "Händigkeit" oder "Chiralität" und kommt zum
Ausdruck in den Simum-Körpern der beiden "normalen" Familien. Es ist die
Händigkeit, die Ungleichgewicht garantiert und damit Bewegung, Fort-Bewe-
gung, Fortzeugung. In der hermetischen Familie stellen wir jedoch fest, daß es
keine "schiefen" oder "unreinen" Simum-Körper gibt. Ihre Händigkeit ist ver-
borgen. Ist die hermetische Familie deshalb unfruchtbar?
Wir haben wohl gesehen, daß sich aus dem Würfel, dem Rhomboeder in der
hermetischen Familie, das Ikosaeder als Simumkörper gewinnen läßt. Aber
perfekte sowohl das Rhomboeder ist im Gleichgewicht (ein Grenzfall unter den Rhombo-
Balance edern) als auch der Simumkörper und deshalb nicht ohne weiteres als solcher zu
erkennen. Das gleiche gilt für den Polarkörper des Simum-Tetraeders: das
Dode-kaeder. Den Beweis für seine Chiralität liefert uns aber erst der darin
eingebet-tete Tetraederfünfling. Die Rechts- bzw. Linksorientierung ist
unübersehbar, kommt aber eben auch erst zutage, wenn wir in das Dodekaeder
eindringen.
Neben der nicht erkennbaren Händigkeit der Mitglieder dieser Familie ist uns
im Verlauf der Untersuchung auch aufgefallen, daß sich die Grenzverhältnisse
Wahrung der der Blütenflächen in der hermetischen Familie anders entwickeln als in den
Einheit beiden andern Familien. Der Verhältniswert bleibt über alle drei Stufen auf 1
stehen, wohingegen sich der Wert in den beiden andern Familien mit ihren aus-
chließlich sechseckigen Blüten von 1 über 2 zu 3 entwickelt (s. Schluß
4.Kapitel).
Eine dritte Besonderheit ist die Tatsache, daß in der Familie, außer dem Tetra-
Minimal- eder selbst, der Tetraederblüte und seinem Polarkörper, dem Pyramidentetra-
Präsenz eder, kein eigenständiger Körper auftaucht. Alle anderen Positionen sind durch-
weg von Mitgliedern aus den beiden anderen Familien besetzt. Und selbst die
eigenen Mitglieder erscheinen in doppelter Besetzung.
Welche Rolle spielt also die hermetische Familie in der Sippe der Polyeder-
familien?
Wir haben das Tetraeder als Urform kennengelernt, als kleinste Energieeinheit
des Universums. Ist es der Körper, ohne den alle anderen gar nicht denkbar
sind? Ist es UR-schöpfer, ewiger Erneuerer? Ist es die Ur-einheit, Gott, die
unendlich aus sich selbst hervorbringt? Und warum sind dann die anderen, in
ihren eigenen Familien durchweg prominenten Körper, in seiner Familie vertre-
en? Sie erscheinen hier unter anderer Bezeichnung. Sind sie dort etwa nicht
10. Belebende Potenzen 85

die gleichen wie in ihren Familien? Erscheinen sie in der hermetischen Familie
gar mit der anderen Chiralität, d.h. mit einer eigenständigen Qualität? Die
Händigkeit scheint aufs neue als das bestimmende Prinzip auf, das uns bisher
am Erkennen der "hermetischen Familie" und ihrer Mitglieder gehindert hat.
Es sieht danach aus, als ob die Frage nach der Fruchtbarkeit der hermetischen Ur-Form
Familie keinen rechten Sinn macht. Diese Kategorie ist auf sie nicht anwendbar.
Einerseits fehlt ihr die Voraussetzung des Ungleichgewichts, andererseits
scheinen alle Körper der anderen Familien letztlich aus ihr hervorzugehen. Die
hermetische Familie, und darin in erster Linie ihr Prinzipal, das Tetraeder so-
wohl wie sein Polarkörper, der Tetraedertypus, sind Hüter der Urinformation,
der Ur-Form auf der Schwelle zur 4. Dimension. Die Urform wird in den beiden
anderen "ordentlichen" Familien immerfort repliziert. In der hermetischen
Familie gibt es keine unterscheidbaren "Eltern", wie in den beiden anderen
Familien. Es gibt kein Ungleichgewicht, keine offenbare Chiralität und auch
keine offenbare Polarität. Damit gibt es aber auch keine Bewegung, keine
Entwicklung hin zur isolierten Blütenfläche wie in den andern beiden Familien.
Dort haben wir durch die Scherbewegung der Rhomboeder die Vervielfältigung
von Oktaedern und Ikosaedern erlebt. Der Würfel ist eine Raute im Gleichge-
wicht und damit ein Neutrum. Seine Bewegung ist eine Drehung hin zur archi-
medischen Blüte und keine Scherung, das heißt: auch keine Vervielfältigung,
wie wir sie in den armanischen Blüten erleben. Die Sechs/Sex bleibt in der
hermetischen Familie mit der unfruchtbaren Tetraederblüte auf der Strecke.
Diese erstirbt in ihrem pyramidalen Polarkörper. Der Informationsprozeß, von
beiden Seiten die spiegelbildliche Information, bringt nichts Neues hervor und
das Resultat ist nur ein anderer platonischer, d.h. regelmäßiger Körper im
Gleichgewicht, das Oktaeder. Die hermetische Familie ist a-kategorial!
Wir hatten ja zu Beginn den Vorsatz, ganz von vorn anzufangen.
Ausgangspunkt waren dann die platonischen Körper, wie sie Platon in dem
Timaios-Dialog "Über die Entstehung der Welt" beschrieben hat. Eigentlich
ging es dann darum, diese Geschichte von Timaios ein bischen weiterzuerzählen
und über die arma-nischen Körper zu berichten. Nun sieht es aber ganz so aus,
als ob wir nicht etwa über Platon hinaus, sondern auf einmal wieder hinter
Platon bei Pythagoras und womöglich noch weiter zurück, bei den Weisheiten
der Vedanta-Philosophie der Inder angelangt wären. Haben wir uns nur im Kreis
gedreht? Betrachten wir uns die hermetische Familie noch etwas näher.
Da ist zunächst ohne weiteres zu sehen, daß die gesamte linke Hälfte des Elemente
äußeren Ringes einschließlich der Spitzen oben und unten durch eben diese
platonischen Körper gebildet wird. Nach Platon waren diese nach ihm
benannten Körper Repräsentanten der vier Elemente des Universums, wie sie
von der alchymistischen Tradition überliefert sind, nämlich Erde, Feuer, Wasser
und Luft. Der fünfte Körper, das Dodekaeder, repräsentierte danach das
allumfas-sende Weltganze. Damit ist der Ring aber nicht vollständig. Es
schließen sich rechts drei weitere Körper an: neben dem Tetraeder-Typ noch
zwei weitere Exponenten aus der delischen Familie, das Kuboktaeder und sein
Pendant, das Rhombendodekaeder. Wenn der Bauplan des Universums in der
Geometrie abgelegt ist, dann stehen diese beiden Körper aber nicht einfach so in
diesen Positionen. Hier kann uns die indische Philosophie mit ihren sieben
dravyas
86

dravyas weiterhelfen. Diese entsprechen etwa den griechischen "Elementen" und bein-
halten neben den vier Elementen noch drei weitere weltgestaltende Signaturen,
Zentralmonaden oder wie immer man diese Grundprinzipien nennen mag: 1. den
asymmetrischen Raum der Ordnung oder den Kosmos, 2. die Zeit und 3. den
symmetrischen Raum der Leere oder den Äther. Letzterer, in Sanskrit "Akaça"
genannt, wird immer wieder mit dem "Weltganzen" bei Platon gleichgesetzt.
Universalien Hier entsteht für uns heutige nun ein Problem daraus, daß spätestens seit dem
Mittelalter nicht mehr unterschieden wurde bzw. werden konnte 1. zwischen
dem Kosmos als dem asymmetrischen dreidimensionalen Raum der Ordnung
und 2. dem vierdimensionalen symmetrischen Klangraum, dem Äther. Im
Universalien-streit wurde Platons Ideenlehre auf die Spitze der Absurdität
getrieben, weil den Vertretern des Nominalismus jegliche Verbindung zu
höheren Dimensionen ab-handen gekommen war. Der Sieg der Nominalisten,
die fortan nur das sinnlich faßbare als Realität gelten lassen, führte das
Abendland auf den Gipfel des Materialismus und damit in die Talsohle
spiritueller Empfindsamkeit. Schrift und Chiffre gerannen überwiegend zu
formelhaftem, inhaltsleerem Bleisatz und heute zu Bits und Bytes. Die
Beherrschung des damit verbundenen neuen symboli-schen Vermögens steht
noch aus. Symbolisches Analphabetentum ist die vorläu-fig letzte Konsequenz
aus der mangelhaften Differenzierung Platons, oder umgekehrt: der
Simplifizierung Platons, indem er kosmischen Raum, Klangraum und Zeit als
Weltganzes dem Dodekaeder zugeschrieben hatte.
Der Rat des
Universums Mit der Aufdeckung der hermetischen Familie und ihrem völlig gleichgewich-
tigen Charakter haben wir die Möglichkeit, die notwendige Differenzierung vor-
zunehmen. Auf dem äußeren Ring sind acht Positionen verfügbar. Davon sind
die fünf linken Positionen den platonischen Körpern zugewiesen. Die
Zuweisung der Elemente bleibt dabei bestehen und dem in Frage stehenden
Dodekaeder als einem Körper in einer "weltlichen" Polarbeziehung ordnen wir
den asymmetri-schen Kosmos zu. Mit dem Äther oder Klangraum und der Zeit
werden zwei weitere Positionen besetzt. Das Rhombendodekaeder als
Resonanzkörper der delischen Familie steht hier als Vertreter des Äthers und
das Kuboktaeder als Repräsentant der Zeit.

Bild 49
10. Belebende Potenzen 87

Nach der Zuordnung der sieben dravyas bleibt immer noch eine Stelle auf dem
äußeren Ring verwaist. Von Pythagoras wird der Satz überliefert: "Zahlen be-
herrschen das Universum." Ich weise daher diese Position der "Zahl" zu, die
ihrerseits durch den Tetraedertyp repräsentiert sein soll. Dieser führt dann auch
den Vorsitz in diesem geheimen Rat des Universums. Damit ergibt sich in der
hermetischen Familie auf dem äußern Ring vorgehende Konstellation.

Immerhin stehen nun die platonischen Körper nicht mehr länger so gleichgültig
nebeneinander, sondern sind eingebunden in das System der Weltenbaumeister.
Dabei denke ich an die von Leibniz so genannten Zentral- oder Haptmonaden.
Immerhin war Goethe, der sich mit Leibniz im Hinblick auf die Monaden völlig
einig sah, in einem Gespräch mit Falk der Auffassung: "Das Werden der
Schöpfung ist ihnen anvertraut." Es ist in dem Zusammenhang vielleicht
angebracht, diesen verantwortlichen Elementen etwas mehr Substanz zu Zentral-
verleihen. Platon selbst erinnert uns ja schon daran, daß die Körper (Elemente) monaden
nicht statisch existieren, sondern unentwegt in Bewegung sind und ineinander
übergehen. Dabei wird deutlich, daß mit den "Elementen" Aggregatzustände
bzw. Zustandsformen oder Formen überhaupt gemeint sind und nicht etwa
"Stoffe" im modernen physikalischen Sinn. Dabei bedeutet:
Element Luft Wasser Erde Feuer

Aggregatzustand gasig flüssig fest plasmatisch


hermetisches Prinzip Azoth Mercur Sal Sulfur
chem. Symbol Stickstoff Quecksilber Salz Schwefel

Feuer ist aber das Licht und das Formprinzip und Feuer vertritt damit auch die
Information (Information ist, etwas aus dem Gestaltlosen in die Form heben).
Zeit steht für Energie (Energie ist, etwas aus der Ewigkeit in die Zeit heben)
und Raum für Entropie, den Grad von (Un-)Ordnung in der ausgedehnten Welt.
Was aber repräsentieren dann "Äther" und "Zahl"?
Nach einem Hinweis von W.Wiedergut bedeutet Äther den alles
durchdringenden Klangraum. Die Zahl steht in einem engen Verhältnis dazu.
Klang kommt aber in Tönen zum Ausdruck und Timaios beschreibt, wie die Klangraum
Seele der Welt sich im Klang der Töne offenbart. Kurzgefaßt beschreibt und
Timaios die Weltseele etwa fol-gendermaßen: Die Seele der Welt, in die Mitte
der (körperlichen) Welt gesetzt, durchdringt diese sowohl wie sie sie auch von Weltseele
außen vollständig umgibt. Sie bildet einen alleinigen Himmel, der aufgrund
seiner Vortrefflichkeit mit sich selbst zusammenkommen kann und alles aus
sich hervorzubringen imstande ist. Das ist eine Qualität, die ich auch den
Prinzipalen der hermetischen Familie, nämlich dem Tetraeder und seinem
Gegenüber, dem Tetraeder-Typus, zuschrei-be. Timaios´ Beschreibung der
Weltseele ist im weiteren eine differenzierte mathematische Auffaltung dessen,
was wir heute die "Tonleiter" nennen. Und in eben der Tonlei-ter gründet auch
das pythagoräische Zahlenverständnis. Diesem Aspekt werden wir uns im
letzten Kapitel noch ausführlicher widmen.
88

Gewichte Zusammen mit den inneren Körpern stellt die delische Familie insgesamt sieben
Mitglieder, d.h. die Hälfte der hermetischen Familie. Alle sind sie in der Mitte
oder auf der rechten Hälfte angeordnet. Aus der keplerschen Familie kommen
drei Mitglieder und sie nehmen interessanterweise exakt die Simum-Positionen
ein. Was hat es mit dieser Verteilung der Positionen auf sich?
Wenn wir die äußerlich gleichen Körper beiseite lassen, die in der hermetischen
Familie selbst als Duplikate erscheinen, setzt sich die Familie aus zwei originär
tetraedrischen Körpern, drei fünfstrahligen und den sieben Körpern aus der deli-
schen Familie zusammen. Das sind zwölf Körper und alle zwölf kommen in den
Familien an irgendeiner, meist exponierten Stelle, noch ein zweites mal vor. Ich
äußerte bereits die Vermutung, daß sie dort mit einem anderen "Spin" erschei-
nen. Auffällig ist auch die Dominanz der delischen Mitglieder, so daß ein Un-
sieben : fünf gleichgewicht von sieben zu fünf entsteht. Das entspricht aber beispielsweise
auch der elektromagnetischen Ausprägung der Körpermeridiane beim Men-
schen, die nicht im Verhältnis sechs zu sechs wirksam sind, sondern wo sieben
stärker magnetisch und fünf stärker elektrisch wirken. Das Universum als
Ganzes ist im Gleichgewicht, in der dritten Dimension aber bedarf der Fortgang
des Lebens des lokalen Ungleichgewichts, der Asymmetrie. Der "Rat" des
Universums, vertreten durch die Körper der hermetischen Familie, repräsentiert
die Brücke in die vierte Dimension. In ihnen haben wir Berührung mit dem
Ursprung der Schöpfung, an diesem Tor weht der Wind der Veränderung,
beginnt das wirkliche Abenteuer des Lebens.
Bis zur Aufklärung dieser Familienstruktur blieben die eigentlichen Herrscher
des Universums unsichtbar. Nur das Tetraeder und seine beiden Abkömmlinge
als Hüter des Grals gaben sich zu erkennen. Sie waren alles, was wir von dieser
Familie kannten. Die sieben "Könige" des äußeren Ringes plus fünf „Herzöge“
des inneren Ringes blieben unerkannt und führten eine ganz andere Existenz in
zweimal Zwölf ihren eigenen Familien. Immer waren diese Zwölf auch in einer unscheinbaren
Funktion tätig, womit sich ihre Zahl auf vierundzwanzig verdoppelte. In den
zwölf Jüngern Jesu, in den zwölf Rittern der Tafelrunde des König Artus und
anderen Zwölf-plus-Eins-Kreisen lebten immer Abbilder dieser heimlichen
Ordnung fort. Wer aber wußte wirklich wovon sich diese Ordnung ableitet? Im
Feld der Zahlen hat Peter Plichta in dem von ihm gefundenen Primzahlkreuz
ebenfalls die Ordnung der zweimal Zwölf entdeckt, die hier in den Polyeder-
familien abgebildet wird. Eine besonders gelungene Darstellung dieser Art der
Doppelgesichtigkeit gibt Hermann Hesse in seiner Erzählung "Die Morgenland-
fahrt", die dem bereits erwähnten "Glasperlenspiel" unmittelbar vorausging.
11. Das Organon des Neuen

Die Aufdeckung der Struktur der hermetischen Familie gründet in erster Linie
auf der Entdeckung des Prinzips der unsichtbaren Händigkeit. Dabei schließen
wir von den Simumkörpern mit ihrer offenbaren Chiralität und deren Positionen
in den nicht-hermetischen Familien auf die Händigkeit der entsprechenden
Positio-nen in der hermetischen Familie. Die plötzliche Beweglichkeit dieser
bisher gleichgewichtigen, tod-langweilig erscheinenden Konfigurationen legt
nun den Umkehrschluß nahe, daß auch alle anderen scheinbar gleichgewichtigen
Körper in allen Familien eine ebensolche Orientierung aufweisen. Dies ist auch
tatsäch-lich der Fall.
Betrachten wir zunächst die fünfzähligen Mitglieder der keplerschen Familie. durchgehende
Hier kommen alle diejenigen Konfigurationen in Frage, die weder Simumkörper Chiralität
sind, noch in der hermetischen Familie vertreten sind. Der Nachweis einer
inversen energetischen Orientierung kann in dieser Familie erbracht werden,
indem die fünfzähligen Flächen der Konfigurationen entsprechend aller
kombina-torisch möglichen Anordnungen farbig angelegt werden.* Dabei
stellen wir nämlich fest, daß die einfache Repräsentanz in den Familien eben nur
die eine Hälfte der Möglichkeiten darstellt und je eine zweite virtuelle
Konfiguration existiert und damit auch berücksichtigt werden muß. Damit gibt
es in der kepler-schen Familie weitere acht halbreguläre und vier pyramidale
formindifferente Doubletten, also insgesamt 12 weitere Konfigurationen.
[*Fünf Farben lassen sich auf 5! = 120 verschiedene Weisen anordnen (permu- Konfiguration
tieren). Das macht dann Sinn, wenn wir uns diese in einer Reihe denken und
jeder Farbe jede Position gleichermaßen zukommt. Werden die Farben
allerdings reih-um angeordnet, wie dies bei allen unseren Polyedern der Fall ist,
dann gibt es keine absolute erste Position und es gilt, sich auf eine Farbe als
Bezugsfarbe festzulegen. Damit reduzieren sich die möglichen Anordnungen
auf ein Fünftel von 120, nämlich 24.]
Im Fall der delischen Familie mit ihren vierzähligen Konfigurationen sind die in
Frage stehenden Konfigurationsduplikate von ihren Originalen weder nach der
Form zu unterscheiden, noch können sie durch farbiges Anlegen der Flächen als
voneinander verschiedene kenntlich gemacht werden. Bei diesen Konfiguratio-
nen kann der Unterschied ausschließlich durch Tensegritoy-Konstruktionen dar-
gestellt werden. Das bedeutet, daß lediglich die rechts- oder linkshändige Aus-
bildung der Scheitel den jeweiligen Spin der ansonsten gleichen Konfiguration
anzeigt. Das gleiche gilt natürlich auch für die nicht-fünfzähligen Mitglieder der
hermetischen Familie. Im zweiten Kapitel haben wir diese Möglichkeit der
Spin-Differenzierung bereits am Beispiel des Tetraeders demonstriert. Im Fall
der delischen Familie kommen so vier halbreguläre und zwei pyramidale, d.h. 6
Kon-figurationen hinzu.
Spätestens jetzt sollte klar geworden sein, daß es tatsächlich gerechtfertigt ist,
bei den Polyedern von Konfigurationen zu sprechen. Die Vorstellung von Kör-
ern, die ja (zumindest in der Schulgeometrie) immer starre Körper meint, ist
hinfällig. Wir müssen davon ausgehen, daß wir es bei den hier in Rede stehen-
en Polyedern mit orientierten Figurationen zu tun haben, deren Formen einen
permanenten inneren Enregiefluß repräsentieren und sich in einem fortlaufenden
lebendigen Entstehungsprozeß immerfort neu kon-figurieren.
90

Nachdem in den vorausgegangenen Kapiteln nunmehr alle Konfigurationen der


radialsymmetrischen Polyeder entwickelt und durch die jeweiligen Positionen in
den Familien größtenteils systematisiert worden sind, versuchen wir im Folgen-
den eine umfassende Kategorisierung dieser Konfigurationen auf der Basis der
Familienstruktur.
Kategorien Eine erste Bestandaufnahme in allen drei Familien zeigt folgende Kategorien
(vgl. a. Tafel XIV Spalten 1 und 3):
Position Kategorie Anz./Fam. Anz. alle drei Fam.
(1) platonische Körper 2 6
(2) äußere archim.Körper 3 9
(3) catalanische Körper (polar zu (2) 3 9
(4) innere archim. Körper 3 9
(5) armanische Körper 3 9
(6) pyramidale Körper (polar zu (4)) 3 9
(7) pyramidale Körper (polar zu (5)) 3 9
vorläufiges Gesamt 20 60
(8) Sternkomplexe 1 3
(9) Isokomplexe 1 3
Gesamt 22 66

Zu den 6 x 9 Konfigurationen kommen 1 x 6 = 6 platonische und 2 x 3 = 6


Komplexe. Des weiteren haben wir 3 Sternkonfigurationen (2 Ikosaedersterne
und den Keplerstern) und 2 Wirbelkörper (keplerscher Ikosaederstern und Tetra-
der dritte ederfünfling) kennengelernt. Ein dritter außergewöhnlicher Wirbelkörper muß
Wirbelkörper noch hinzugerechnet werden. Und das ist die Kugel, das Gegenstück zum Tetra-
eder, der Urform aller Polyeder mit ihrem Flächen-, Kanten- und Scheitelmini-
mum. (Oder ist etwa die Kugel selbst die Urform der radialsymmetrischen
Polyeder mit einem Maximum an unendlich kleinen Sechsecken?)
Somit haben wir 6 x 9 = 54 plus 2 x 6 = 12 plus 2 x 3 = 6, summa sumarum 72
72 Familien - Konfigurationen, die sich mittelbar oder unmittelbar aus den Familien ableiten
mitglieder lassen. Wir haben aber oben bereits festgestellt, daß sich die hermetische Fami-
lie großenteils aus formgleichen Doubletten zusammensetzt. Originale sind
lediglich das Tetraeder, dasTriakistetraeder, das Tetraederblüt und das
Sterntetraeder.

Bild 50
11. Das Organon des Neuen 91

Von den 22 Konfigurationen, aus denen sich jede Familie zusammensetzt, sind
in der hermetischen also alles in allem 18 Doubletten! Zu diesen Doubletten ge-
hört auch das transzendente Isooktaeder, das sich entsprechend seiner Ausnah-
estellung als Gegenstück zur Kugel verstehen läßt. [Diese kann ihrerseits als der
Kugelkreis in der unendlichen Ferne des Raumes verstanden werden, wie er von
der projektiven Geometrie erkannt wurde. Er ist der Urkreis aller Kreise und
Kugeln der dritten Dimension, der aus der inneren Musik des Raumes hervor-
geht.] Ziehen wir diese 18 Doubletten von den insgesamt 72 ermittelten Konfi-
gurationen ab, bleiben 54 originale, der Form nach unterscheidbare Konfigura- 54 Originale
tionen.
Dem aufmerksamen Leser ist sicherlich nicht entgangen, daß die Zahl neun im
Aufbau der Systematik eine zentrale Rolle spielt. Nicht nur, daß wir es mit neun
verschiedenen Typen zu tun haben, es sind auch über alle drei Familien gerech-
net sechs mal neun Vertreter je einer Kategorie vorhanden. Sowohl die Anzahl
der Originale (54), als auch die Zahl der vertretenen Doubletten (18) ist durch
neun teilbar und damit auch deren Summe (72).

Wenn wir jetzt auf den oben hervorgehobenen Umstand der Chiralität zurück- virtuelle
kommen, ergeben sich weitere virtuelle, d.h. der Möglichkeit nach vorhandene Doubletten
Konfigurationen. Zunächst existieren für die Simumpositionen der delischen
und der keplerschen Familie die formunterscheidbaren Gegenstücke. Bei vier
Positionen je Familie (einschl. der Pyramidalen) sind das acht Konfigurationen.
Die Ergänzung zur neun liefert hier das ebenfalls formdifferente Gegenstück des
Tetraederfünflings. Damit sind zusammen mit den 18 Doubletten aus der herme-
tischen Familie bereits 27 Doubletten identifiziert, wovon die besagten 18 der
Form nach nicht zu unterscheiden sind. Diese insgesamt 81 Konfigurationen mit
ihren kategorialen Zuordnungen können in einem Ableitungsbaum entsprechend
Tafel XII dargestellt werden.
Nach der bisherigen Zählung sind sowohl die drei Familien als auch die virtuel-
len, formunterscheidbaren Simumkörper abgedeckt. Wenn wir nun noch die ein-
gangs dieses Kapitels vorgestellten Konfigurationen hinzunehmen, nämlich alle
Gegenstücke zu den Nicht-Simumkörpern, die ja ebenfalls eine Orientierung
bzw. Händigkeit aufweisen und von denen somit auch je eine virtuelle Doublette
existiert, dann erhalten wir 27 weitere Doubletten.
Diese setzten sich folgendermaßen zusammen:
Für die keplersche Familie mit ihren fünfzähligen Konfigurationen haben wir
bereits 12 ausgemacht (20 gesamt - 4 (2 platonische + 1 archimedische + 1 pyra-
midale) - 4 Simumpositionen) = 12). Zusammen mit den 2 Komplexen (Stern-
und Isokomplex) und den 4 fünfzähligen Sternkörpern erhalten wir zusammen
18 fünfzählige Konfigurationen.
Für die delische Familie mit ihren vierzähligen Konfigurationen stellten wir be-
reits fest, daß es aufgrund der starken Vertretung von Doubletten in der hermeti-
schen Familie nur noch 6 freie Doubletten gibt. Zu diesen kommen dann noch 3
vierzählige Komplexe: der Stern- und der Isokomplex der delischen, sowie der
Sternkomplex der hermetischen Familie.
92

In der Gesamtschau haben wir damit insgesamt 108 Konfigurationen:


54 Originale
+ 18 Doubletten in der hermetischen Familie 72
+ 9 Simumdoubletten 81
+ 18 fünfzählige Doubletten (farbunterscheidbar) 99
+ 9 vierzählige Doubletten (Spin-unterscheidbar) 108

2 : 1 Verhältnis Auch hier springt die Zahl neun als bestimmender Faktor ins Auge. Daneben
erkennen wir aber auch noch ein weiteres: ein sich wiederholendes 2 : 1 -
Verhältnis. Wir haben dieses bereits früher als musikalisches Grundverhältnis
der Oktave kennengelernt. Neben der Zahl neun zieht sich diese Verhältnis
durch die gesamte Systematik. In der Darstellung auf Tafel XIII versuchen wir,
dieses durchehende Oktav-Verhältnis deutlich zu machen. Bezogen auf das erste
Auf-rechen der Grundzahl 108 ergibt sich allerdings eine Diskrepanz: Hier
haben wir zunächst ein 3 : 1 Verhältnis und erst die jeweiligen Untergruppen der
realen und virtuellen Konfigurationen spalten sich fortlaufend im 2:1-Verhältnis
auf.
In dieser Systematik sind die Simum-Doubletten den realen Körpern zugeschla-
gen, treten aber de facto in den Familien nicht in Erscheinung. Gleichzeitig ist
eine Zugehörigkeit zu den virtuellen Konfigurationen angedeutet und es ergäbe
sich tatsächlich dann auch auf der zweiten Ebene das besagte Oktavverhältnis in
Form von 72 : 36. Wo gehören diese Simum-Doubletten also tatsächlich hin?
Nun, was sie auszeichnet ist ihre Unterscheidbarkeit vom Original nach der
Form. Umgekehrt könnte man sich die Frage stellen, ob es dann gerechtfertigt
ist, diejenigen Mitglieder der hermetischen Familie zu den realen zu zählen, die
dort faktisch als form-indifferente Doubletten auftauchen. Ausschlaggebend für
Primat der die Zuordnung ist schlußendlich das tatsächliche Vorhandensein in den Familien
Form oder aber das In-Formations-Potential einer Konfiguration. Die Form bestimmt
Energie bzw. Materie - nicht umgekehrt.
Die Simum-Doubletten sind wie Chamäleons und spielen unter den Polyedern
eine Schlüsselrolle - und zwar wegen ihrer Anzahl: es sind 6 + 2 + 1 = 9! Hier
findet an zentraler Stelle Information, d.h. die Verknüpfung von geraden und
ungeraden Zahlen auf unterster Ebene statt. Auf dieser Ebene haben wir es an-
sonsten ausschließlich mit geraden Zahlen zu tun, wobei die Zahlen 6 und 12 die
Hauptrolle spielen. Auf der zweiten Ebene kommt die Zahl 9 über die Verdrei-
fachung der 6 zur 18 ins Spiel und übernimmt dann in der dritten Ebene die
Führung. In der nächsthöheren Ebene haben wir dann ausschließlich die ungera-
den Zahlen 27 und 81, bevor auf der höchsten Ebene die Zahl 108 (oder 12 x 9!)
erscheint. Diese Zahl spielt in der esoterischen Tradition seit jeher eine heraus-
108 ragende Rolle. In seinem Buch „Die kosmische Oktave“ schreibt Cousto: „Die
Zahl 108 ist ein grundlegendes Element im kosmischen Zahlenkanon. Maß und
Zahl bestimmen den Lauf der Dinge, in der Astronomie wie in der Physik oder
in der Chemie. Wer eine Mala hat und sich auf die 108 einstimmt, der ist im
Einklang mit dem Lauf der Dinge.“ [indische Mala: Gebetskette mit 108 Perlen]
11. Das Organon des Neuen 93

Wir möchten noch hinzufügen: 108 bestimmt auch die Geometrie (z.B.o. und
der Flächenwinkel im regelmäßigen Fünfeck) und die Musik (Cousto selbst
führt den Ton A [4 * 108 = 432 Hz] als Bezugsgröße der Tonleiter an).
Die neun erscheint nicht nur als Multiplikator, sondern aufgrund unseres Dezi-
malystems auch in allen ihren Vielfachen als Quersumme. Ich habe oben bereits
auf die neun verschiedenen Kategorien hingewiesen, denen die Polyeder in den
Familien zugeordnet sind und wovon zwei Drittel sechs genealogischen Stufen
entsprechen, die ihrerseits jeweils neun Konfigurationen umfassen. paut = Kreis
Neun ist aber das Symbol der Vollkommenheit und im Altägyptischen war die
Neun gleichbedeutend mit dem himmlischen Kreissymbol. Neun ist das Neue
und damit verbunden ist immer auch das Vergehen des Bestehenden. Aufs
engste verbdunden mit der Neun ist das Entstehen neuen menschlichen Lebens
in neun Monden (und im Kreis-saal das Licht derr Welt erblickt.) Neun ist auch
die Mondzahl. Einen Hinweis darauf hatten wir bereits in der Zahl 108: diese
entspricht dem Atomgewicht des Silbers, das als Edelmetall in der esoterischen
Tradition dem Mond zugerdnet ist. Das Organon
Es sollte uns nicht verwundern, daß das universelle Zahlensystem auf der Neun
aufbaut, der Zahl der Bewegung, des Rhythmus und damit auch der Zahl des Le-
bens in seiner subtilsten Form schlechthin. In diesem Zahlsystem ist das analog ordnen,
Rechnen mit der 0 ausgeschlossenen. Es handelt sich dabei um ein rein analoges gliedern und
Zahl-system, das ausschließlich der Bestimmung von Qualität und Form dient gestalten
und damit den Aufbau, die In-form-ation der Welt maß-geblich im wahrsten
Sinne des Wortes bestimmt.

Erste Stufe:
1 2 3 4 5 6 7 8 9 (dez. 9)
Zweite Stufe:
11 12 13 14 15 16 17 18 19 (dez. 9)
21 22 . . . . . . 29
31 . . . . . 37* . 39 (*dez. 25!)
. . . . . . . . .
81 . . . . . . . 89
91 92 . . . . . . 99 (dez. 81)
Dritte Stufe:
111 112 113 114 115 116 117 118 119 (dez. 9)
121 122 . . . . . . 129
. . . . . . . . .
191 . . . . . . . 199 (dez. 81)
211 . . . . . . . 219 (dez. 90
. . . . . . . . .
981 . . . . . . . 989 (dez. 720)
991 992 . . . . . . 999 (dez. 729)
94

Der Aufbau dieses Zahlsystems ist rein hierarchisch. Auf der höchsten Ebene re-
gieren neun reine Qualitäten. Die zweite Ebene umfaßt 9 x 9 Formen, die dritte
9 x 9 x 9 usf. Dabei ist jede Ebene autonom, d.h. beginnt mit der 1-Qualität zu
zählen. Die Anzahl der Stellen bestimmt die hierarchische Ebene.
Es ist demzufolge leicht einzusehen, daß sowohl der Zyklus der radialsym-
etrischen Polyeder als auch das Periodensystem der chemischen Elemente durch
die zweite Stufe der universellen Ordnung mit ihren 81 Qualitäten bestimmt
sind. Diese Stufe bestimmt die Ordnung unserer dreidimensionalen Welt. Einen
weiteren Hinweis auf diese bestimmende Stufe haben wir im Buch des chinesi-
schen Weisen Lao Tse, der sein ´Tao te king´ in einundachtzig Versen abgefaßt
hat.
Die neun als maßgebliche Größe durchzieht die Geometrie regelmäßiger Poly-
eder aber noch in einer weiteren Hinsicht: Wir finden sie durchweg als Quer-
summe der Flächenwinkel der regelmäßigen Polygone, aus denen die regulären
Winkel Polyeder aufgebaut sind (s. Tafel XI). Nun sind Winkel das bestimmende
sind Moment von Formen überhaupt. Das englische Wort für Winkel ist „angle“ und
Angel zeigt eine enge lautmalerische Verwandtschaft zu den Engeln, englisch „Angel“.
Sind mit den Engeln demnach die informierenden, die formbestimmenden We-
senheiten gemeint? „Die Welt ist aus den Angeln“ bedeutet demnach nichts
anderes als die Maßlosigkeit, den Verlust der Proportion. Als wichtigste Ver-
hältnisse galten von jeher die harmonikalen Verhältnisse, wie sie heute noch in
der Musik geläufig sind, also Oktave, Quinte, Quarte oder Terz, in Zahlwerten:
1/2, 2/3, 3/4, 4/5. Genau diese finden wir aber in den Sinusfunktionen der
Raumwinkel wieder. Wie ist das zu verstehen?
Der herausragende und maßgebende rechte Winkel der dritten Dimension be-
trägt 90° und ist in allen platonischen Körpern manifest, am offensichtlichsten
natürlich im Würfel. Der Sinuswert ist 1 und nicht besonders aufregend. In den
zwei- und dreidimensionalen Projektionen von vierdimensionalen Konfiguratio-
nen beträgt der rechte Winkel 70,5° und in der sechsten Dimension beträgt er
63,4° bzw. 116,6°. Diese Winkel erscheinen aber sowohl in den Raumwinkeln
einiger platonischer, als auch in Flächen- und Raumwinkeln von catalanischen
Körpern.
Wir unterscheiden im innern dieser Konfigurationen drei Raumwinkel: Der so-
genannte Zentriwinkel wird gebildet durch zwei Umkugelradien, deren Spitzen
durch eine Kante verbunden sind. Den Kantenwinkel bilden zwei benachbarte
Flächen miteinander, die eben durch eine Kante voneinander getrennt sind. Ein
dritter charakteristischer Winkel ist durch den Übergang von einer Fläche zu
einer angrenzenden Kante gegeben, die aber nicht zugleich die Fläche begrenzt,
der sogenannte Scheitelwinkel. Davon gibt es an jedem Scheitel natürlich un-
endlich viele. An der Flächenkante gemessen ist der Scheitelwinkel mit dem
Flächenwinkel identisch. Wir messen den Scheitelwinkel aber von der Winkel-
halbierenden, die mitten durch die Fläche verläuft. Ein Spezialfall in Sachen
Scheitelwinkel ist das Oktaeder, wo sich an jedem Scheitelpunkt nur Flächen
und Kanten paarweise gegenüber stehen. Das bedeutet, wir messen hier den
Übergang von Kante zu Kante und von Fläche zu Fläche.
Der absolute Winkel an sich ist nicht sehr aussagekräftig. Eine viel größere Be-
deutung kommt den sogenannten Winkelfunktionen zu. Auf der gegenüberlie-
genden Seite sind, neben den Flächenwinkeln, die drei Raumwinkel für die
platonischen Körper aufgeführt, und jeweils darunter der zugehörige Sinus-
funktionswert.
11. Das Organon des Neuen 95

Zentriwinkel Kantenwinkel Scheitelwinkel Flächenwinkel

Tetraeder 109,47° 70,53° 54,74° 60°


Sinuswert 0,94281 0,94281 0,81649 0,866

Oktaeder 90° 109,47° 70,53° / 90° 60°


Sinuswert 1 0,94281 0,94281 / 1 0,866

Hexaeder 70,53° 90° 90° 90°


Sinuswert 0,94281 1 1 1

Ikosaeder 63,43° 138,19 110,9° 60°


Sinuswert 0,89443 0,66666 0,93417 0,866

Dodekaeder 41,81° 116,56° 121,71° 108°


Sinuswert 0,66666 0,89443 0,85065 0,951

Im Folgenden schreiben wir den Sinuswert als allgemeinen symbolischen Ausdruck, wie er häufig
in Tabellen verwendet wird, mit Brüchen und Wurzelzeichen, wobei Brüche konsequent als ganzes
unter der Wurzel erscheinen:

Zentriwinkel Kantenwinkel Scheitelwinkel Flächenwinkel

Tetraeder 109,47° 70,53° 54,74° 60°


2 2 2 2
8 8 2 3
Sinuswert
9 9 3 4

Oktaeder 90° 109,47° 70,53° / 90° 60°


2 2 2 2
1 8 8 3
Sinuswert
1 9 9 4

Hexaeder 70,53° 90° 90° 90°


2 2 2 2
8 1 1 1
Sinuswert
9 1 1 1

Ikosaeder 63,43° 138,19 110,9° / 108° 60°


2 2 2 2
4 3 3
Sinuswert Φ .
5 3 3 4

Dodekaeder 41,81° 116,56° 121,71° 108°


2 2 1 2 2
4 Φ 1
Sinuswert 2
3 5 φ
2
1 2

* (gr. Phi [Fi] steht als Symbol für das Verhältnis des goldenen Schnitts und berechnet sich nach der Formel
2
5 1
(dezimal 1,618...); man beachte auch:
2
96

Harmonikale Auf Tafel XV sind die Wurzelausdrücke sowohl der Sinuswerte als auch der
Tangens und Kosinuswerte über der linearen Winkelskala aufgetragen.
Wurzeln
1 Wir können hier sehr schön erkennen, wie sich die krummen Dezimalwerte
0
1 eben-so kummer, aber eben spsezieller Winkel unter der Wurzel in einfache
1
1 harmonikale Verhältnisse kleiner Zahlen verwandeln. Die Tendenz zu einfachen
4
1 Mustern läßt sich weiterführen, wenn man die Werte als Kettenbrüche darstellt.
2
4 ..... Am linken Rand ist die Quadratwurzel aus 2/3 als Beispiel aufgeführt.

Im Anschluß an Pythagoras und Johannes Kepler haben wir mit diesen Sinus-
werten ein weiteres Indiz dafür, daß die Harmonik die alles bestimmende
Grundlage im Bau des Universums ist. Die platonischen Körper sind nicht
einfach nur irgendwie und gefühlsmäßig harmonisch, sondern durch und durch
streng harmonikal strukturiert.Auch wenn Musik manchmal mit Harmonik in
eins gesetzt wird, so wollen wir hier doch ausrücklich darauf verweisen, daß
Harmo-nik nicht etwa ein musikalisches Phänomen, sondern vielmehr Musik ein
harmo-nikales Phänomen ist – genauso wie die Geometrie. Deswegen haben die
Darstel-lungen vom Weltenbaumeister mit dem Zirkel durchaus ihree
Berechtigung.

Bild 51 + 52

Im Zusammenhang mit der Betrachtung vonVolumenverhältnissen haben wir


be-reits im 8. Kapitel einige harmonikale Aspekte gestreift. Hier nun kommen
weite-re Aspekte zum Vorschein und wir werden im 13. Kapitel diesen harmo-
nikalen Faden erneut aufgreifen. Alles ist ausgedrückt in einfachen Verhältnis-
sen, allem liegt ein großer Entwurf, ein geniales Muster zugrunde, das man nur
bewundern und bestaunen kann. Im Wissen um diese Zusammenhänge erscheint
Leibnizens Idee von einer prästabilierten Harmonie nicht mehr so abwegig, wie
uns das die herrschende Wissenschaft manchmal glauben machen möchte.
12. Energie ist in Form

Wenn es so etwas wie Gott gibt, dann ist es die Summe dieses Entwurfs, das Der blaue
Organon der kosmischen Gesetze, dieses einfache, großangelegte geniale Mus- Kristall
ter. Daß dieses Muster, dieser Weltenplan, angelegt als Blaupause im Zyklus der
radialsysmmetrischen Polyeder, nicht nur ein Plan geblieben ist sondern eine
handfeste Realität darstellt, wird erkennbar, wenn wir den blauen Kristall der
Erde betrachten: eine mineralische Kugelhülle, von Wasser bedeckt. Die Mine-
ralien gehören seit jeher zu den vom Menschen am meisten bewunderten Natur-
vorkommen. In Form von Edelsteinen und Goldschmuck sind sie Zeichen von
Macht, symbolisieren sie in ihrer relativen Unvergänglichkeit Herrschaft über
die Zeit und das Zeitliche schlechthin.
Das Wissen um den Stoff wurde tradiert in der Alchemie. Wir sind dieser altehr-
würdigen Wissenschaft, die aus Ägypten auf uns gekommen ist, bereits am Ende
des zweiten Kapitels begegnet. Die Alchemie wurde in der Neuzeit von der Moderne
Chemie beerbt. Diese weiß allerdings nichts mehr von den Geheimnissen der Alchemie
Alchimisten. Dafür hat sie mit ihren Methoden andere Dinge und Zusammen-
hänge entdeckt und es wird darauf ankommen, aus beiden Welten das Beste zu
übernehmen.
Ein äußerst praktisches Instrument, das die Bausteine unserer Welt, die chemi-
schen Elemente, wohl sehr gut modelliert, ist das 1869 von Mendeljew entwik-
kelte Periodensystem der Elemente (PSE). Es basiert im wesentlichen auf zwei Periodensystem
Ordnungsprinzipien: 1. die fortlaufende, lineare Anordnung der Elemente ent- der Elemente
sprechend der Anzahl ihrer Protonen im Atomkern bzw. Elektronen der Atom-
hülle. Diese Zahl wird mit der Ordnungszahl eines Elements gekennzeichnet.
2. die Gruppierung der Elemente entsprechend dem Oktavgesetz, das bereits
vier Jahre zuvor entdeckt wurde, in acht Hauptgruppen und zugehörigen
Nebengrup-pen.
Das PSE war in der Tat ein großartiger Entwurf. Denn obwohl viele der uns
heute bekannten Elemente zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt bzw. noch
nicht gefunden waren, ist es kein Problem, die Neuentdeckungen darin unterzu-
bringen. Das gilt insbesondere auch für die radioaktiven Elemente, die ja
überwiegend erst in unserem Jahrhundert entdeckt wurden. Dabei gilt Plutonium
mit der Ordnungszahl 94 als letztes natürlich vorkommendes (radioaktives)
Element. Alle folgenden konnten bisher nur künstlich erzeugt werden. Die
sogenannten Transactinide gar erst in den sechziger bis zu den beginnenden
achtziger Jahren. Hassium z.B., das Element mit der Ordnungszahl 108, wurde
im Jahr 1982 isoliert. Weitere Synthetisierungen folgten dann erst wieder ab
dem Jahr 1995 am GSI in Darmstadt.
Entsprechend den Ergebnissen des Polyederzyklus bin ich der Auffassung, daß 108 natürliche
die Elemente bis 108 tatsächlich natürlich vorkommen. Technetium bzw. früher Elemente
Masurium galt zum Beispiel lange Zeit als künstliches Element (1943 herge-
stellt) und konnte jetzt aber im Gehirn des Menschen nachgewiesen werden. Der
große Zwischenraum von 1982 bis 1995 ohne neue Erfolge bestärkt mich in
dieser Auffassung.
98

81 stabile Auf Tafel XVI finden Sie eine Darstellung des PSE bis zum Element Wismut
Elemente mit der Ordnungszahl 83. Das sind die stabilen, nichtradioaktiven Elemente,
wobei das schon erwähnte Element Technetium und das Element 61,
Prometium, ra-dioaktive Ausnahmen sind, die dafür sorgen, daß die Reihe nicht
bereits bei dem Element 81 endet! Für nähere Erklärungen zu diesem Phänomen
verweise ich auf "Das Primzahlkreuz" von Dr. Peter Plichta.
Ich konzentriere mich hier zunächst darauf, festzustellen inwiefern sich die
radial-symmetrischen Polyeder den Elementen im PSE zuordnen lassen. Dabei
gilt im folgenden grundsätzlich: Im PSE zählen die Spalten als Gruppen und die
Zeilen als Perioden. Demnach haben wir 8 Hauptgruppen (2 linksaußen und 6
Die Zahlen rechtsaußen) und 6 Perioden. Da die ersten Perioden aufgrund der Elektronen-
8 und 9 struktur nicht ganz gefüllt sind wird im PSE die 8 elegant mit der 9 verknüpft.
Gerade sie ist uns aber im letzten Kapitel immer wieder mit ihren Vielfachen
be-gegnet. Einge Kernzahlen waren:
54 Originale
72 Familienmitglieder
(einschließlich der 18 Doubletten der hermetischen Familie)
81 Familienmitglieder: 72 Mitglieder von oben plus 9 virtuelle Simum-
Doubletten (formunterscheidbare Doubletten)
27 virtuelle Doubletten, die lediglich der Farbe oder dem Spin nach zu
unterscheiden sind.
Auf die Quersumme 9 habe ich mehrfach hingewiesen und es ist doch kein
Zufall, daß genau diese auch in den Ordnungszahlen der Edelgase (8.
Hauptgruppe rechts außen) ab der dritten Periode im PSE auftaucht: Argon 18,
Krypton 36 und Xenon 54! Dazu kommt die Anzahl der 81 stabilen Elemente.
Nebengruppen Ab der vierten Periode treten dann noch die sogenannten Nebengruppen auf.
Hier erscheinen die Elemente, in denen die bislang ungefüllten inneren Elektro-
nenschalen nach und nach aufgefüllt werden.
In der Tafel ist es der etwas abgesetzte mittlere Block, beginnend links oben mit
Scandium (Sc, 21) und endend mit Quecksilber (Hg, 80) rechts unten, der die
Elemente der Nebengruppen, die übrigens sämtlich Metalle sind, beinhaltet.
Diese werden den Hauptgruppen in dieser Darstellung so zugeordnet, daß wir
mit der dritten beginnen. Also zu zählen 3., 4., 5., 6. und 7. Nebengruppe.
Daran schließt sich der Block der 8. Nebengruppe an. Er ist in der Tafel grau
unterlegt. Auch das ist eine Besonderheit des PSE: diese Nebengruppe enthält
nicht nur ein Element pro Periode, wie die andern Nebengruppen, sondern drei
Elemente. Dabei handelt es sich um die sogenannte Eisengruppe (4.Periode), die
Gruppe der leichten Platinmetalle mit dem Palladium (5.Periode) und die
Gruppe der schweren Platinmetalle (6. Periode).
Auf die 8. Nebengruppe, die der Hauptgruppe der Edelgase zugeordnet ist, folgt
dann die erste Nebengruppe mit den Edelmetallen Kupfer, Silber und Gold. Den
Schluß bilden die Elemente der zweiten Nebengruppe, zu denen auch das
besondere Element Quecksilber gehört.
12. Energie ist in Form 99

Nach mehreren Versuchen ergab sich folgende Zuordnung, die im Wesentlichen Elemente
richtig ist: Den Elementen 1 und 2 sind der Tetraedertyp und der herausragende des Lebens
Keplersche Körper zugeordnet. Diese beiden Elemente, Wasserstoff und
Helium, sowie die Elemente im Rechteck der Gruppe Kohlenstoff (6) -
Schwefel (16) sind die für das Leben bedeutendsten und deshalb durch eine
dicke Umrandung hervorgehoben. Ihnen sind dementsprechend auch die
bedeutendsten Polyeder zugewiesen, die (mit Ausnahme des keplerschen
Körpers) auf dem äußeren Ring der hermetischen Familie angeordnet sind.
Eine große Gruppierung, die direkt den Doubletten zugewiesen werden kann, Doubletten
sind die Nebengruppenelemente der Nebengruppen 2 bis 7. Ebenfalls noch den in den
Doubletten zugewiesen sind die Hauptgruppenelemente der 3. Hauptgruppe von Nebengruppen
Periode 3 - 5, Gallium (31), Indium (49) und Thallium (81). Den Pyramidaldou-
bletten sind, mit Ausnahme des Triakis-Tetraeders (Sc, 21), ausschließlich Ele-
mente der Seltenen Erden zugewiesen. Dabei handelt es sich ebenfalls um Ne-
bengruppenelemente, die zwischen den Nebengruppenelementen der 6. Periode
La (57) und Hf (72) eingeordnet sind, aus Platzgründen aber darunter dargestellt
werden. Es sind dies die Elemente mit den Ordnungszahlen 58, 59 und 68 - 71.
Sonderstellungen nehmen das Gold und das Osmium ein. Dem Gold ist die
Simum-Doublette des Kupferpolyeders, der Wirbelkörper zugeordnet. Der
Isooktaeder ist dem Osmium zugeordnet, dessen Gegenstück, als Ersatz einer
Doublette, der Kugelkreis ist. Dieser ist wiederum dem Quecksilber, d.h. einem
stabilen Element zugeordnet. Damit sind alle realen Doubletten zugewiesen.
Alle virtuellen Doubletten, die lediglich farb- oder spinunterscheidbar sind, sind virtuelle Dou-
ausschließlich den radioaktiven Elementen über 83, also 84 - 108 und den bei- bletten und
den Ausreißern 43 und 61 zuzuweisen und erscheinen daher nicht in der Tafel. Radioaktive
Ihre zugehörigen Originale werden hier als Solitaire bezeichnet.
Solitaire sind:
Solitaire
alle Edelgase (8. Hauptgruppe) : ihnen sind Polyeder der Mittelachse
zugeordnet.
alle Schwermetalle (Elemente der 8. Nebengruppe, mit Ausnahme von
Osmium, dem schwersten Element überhaupt)
das Edelmetall Silber (47) aus der 1. Nebengruppe
(Kupfer und Gold sind wechselweise Doubletten).
Sämtliche Elemente der 1. und 8. Nebengruppe werden hier zusammen als
geistliche Fürsten bezeichnet: ihnen sind sämtliche Komplex-, Stern- und
Wirbelkörper zugewiesen.
Die Elemente Arsen (33), Selen (34), Antimon (51), Tellur (52), Blei (82)
und Wismut (83).
Das Kriterium zur Auswahl dieser Elemente ist ihr Vorkommen als Mineral.
Das bedeutet, sie kommen, ebenso wie die davor genannten Schwer- und
Edelmetalle, gediegen vor. Alle anderen anorganischen Elemente treten in
der Natur nur in Verbindungen auf.
Es bleiben noch die pyramidalen Entsprechungen zu den Mittelachsen-Poly-
edern der Edelgase und der Elemente Selen und Tellur:
100

Die pyramidalen Solitaire werden den verbleibenden Seltenen Erden,


das sind Elemente der Nebengruppe der Lanthanide, zugeordnet:
Neodym (60), Samarium (62), Europium (63), Gadolinium (64),
Terbium (65), Dysprosium (66) und Holmium (68).

Hierarchische Am rechten Rand der Tafel ist eine Hierarchie der Elemente entsprechend der
Ordnung (europäischen?) Adelshierarchie verzeichnet. Darin bilden die ersten 18
Elemen-te bzw. die ersten drei Perioden den königlichen Hof. Dieser steht in
unmittel-barer Beziehung zum Rat des Universums, den ich im Zusammenhang
mit der hermetischen Familie erläutert habe. Innerhalb des Hofstaats gebühren
natürlich den schon erwähnten acht Elementen des äußeren Kreises der
hermetischen Familie die königlichen Würden.
Die Kurfüsten sind ebenfalls 18 an der Zahl und werden von den Mitgliedern
der delischen Familie gestellt. Die Herzöge rekrutieren ihre 18 Mitglieder aus
der keplerschen Familie.
Die 15 Ritter oder Freien stellen ihrerseits nicht nur die ranghöchsten geistli-
chen Fürsten und zwei weitere Solitaire, sie stellen mit fünf von sieben echten
Simumdoubletten auch ein Gegengewicht zu den Kurfürsten und Herzögen dar.
Die Grafen schließlich sind neben sieben Solitairen mit Doubletten sowohl aus
dem höfischen Umkreis, als auch aus den Kreisen der Kurfürsten und Herzöge
vertreten. Zusammen mit den Freien können sie dafür sorgen, daß die
institutionalisierte Herrschaft nicht zu selbstgerecht wird.
[Zur besseren Orientierung empfehle ich, die Solitaire und Doubletten mit zwei
unterschiedlichen Textmarkern zu unterlegen (je nur die Polyeder und im Fall
der geistlichen Fürsten nur die entsprechende Überschrift). Zusätzlich habe ich
den Rand um die acht königlichen als Blöcke farbig unterlegt.]
Soviel zu den formalen Zuordnungen. Bezogen auf Edelsteine wäre es bisher
tatsächlich gerechtfertigt, von bloßer Glasperlenspielerei zu reden. Die Über-
schrift dieses Kapitels heißt aber: Energie ist in Form. Und darum soll es im
weiteren gehen. Inwieweit eignet Kristallen als herausragenden symmetrischen
Formen ein energetisches Potential? Inwiefern sind Symbole Kraftträger?
Gestaltreinheit Was ist ein Kristall überhaupt? Laut Lexikon handelt es sich dabei um anorga-
nische, homogene, mineralische Stoffe. Gesteine sind dagegen amorphe,
minera-lische Stoffgemische. Amorph bedeutet gestaltlos, während Kristalle
sich durch hochgradig geordnete Formen auszeichnen. Mit ihren ebenen Flächen
und gera-den Kanten stellen sie im Naturreich einen ungewöhnlich gestaltreinen
Zustand der Materie dar. Diese Ordnung ist nicht nur äußerlich, sondern ihre
innere Gitterstruktur ist das Merkmal schlechthin, nach dem Kristalle
untereinander klassifiziert werden. Kristalle treten sowohl als Metalle als auch
in Form von Nichtmetallen, z.B. Salzen in Erscheinung.
Besonders regelmäßige und seltene kristallisierte Steine nennen wir Edelsteine.
Sie faszinieren uns wegen ihrer Farbigkeit, ihren lichtbrechenden Eigenschaf-
ten, teilweise auch durch ihre Härte bzw. Standhaftigkeit wie z.B. der Diamant,
der eine rhomboedrische Struktur hat.
12. Energie ist in Form 101

Das Kristallgitter von Metallen ist für das unbewaffnete Auge weniger offen- Metallgitter
sichtlich, aber dennoch vorhanden. Die Ordnung des Metallgitters spiegelt sich
wider im Glanz, der bei Edelmetallen, im Gegensatz zu den leicht oxidierenden
unedlen Metallen, über lange Zeit erhalten bleibt. Oft sehen wir metallische und
nichtmetallische Kristalle in Fassungen einträchtig beieinander: der in Silber
gefaßte Rubin oder der in Gold gefaßte Diamant.
Bezogen auf die Geometrie verwendete Kepler das folgende Bild: "Das erste,
den Satz des Pythagoras darf man einem Klumpen Goldes vergleichen, das
zweite, die stetige Teilung [den goldenen Schnitt], einen wertvollen Edelstein
nennen. ... Für sich genommen ist das zweite zwar schön, hingegen ohne das
erste gilt es nichts."
Ursprünglich waren "Chryso" und "Gold" gleichbedeutend: der Chrysolith war
der Goldstein und im altägyptischen bedeutete das Wort "Krys" soviel wie das
Überhöhte, das alle Geheimnisse kennt! Immer aber steht das Wort Kristall im
Zusammenhang mit Licht: sei es im leuchtenden Bergkristall oder im eigent-
lichen Crystallos, was auch Eis bedeutet. Licht aber ist für uns nur in seiner ge-
brochenen Form als Farbe erträglich. Und die Vielfalt der Farben ist neben der
Fülle der symmetrischen Formen das auffallendste Merkmal der Kristalle. Jeder Licht
Kristall ist ein Licht- und damit auch Energiefänger und –speicher. Die spezifi-
sche Form des Kristallgitters eines jeden Kristalls ist bestimmt durch größen- - Struktur
unabhängige Maß- und Winkelverhältnisse, die je spezifische Frequenzen und - Farbe
Resonanzmuster erlauben, die dann ihrerseits die ausgezeichneten Farbspektren
hervorbringen. Die Struktur des Kristalls macht Licht und Farben für uns
überhaupt erst erfahrbar. "Struktur ist der Spender des Lichts." (Louis Kahn)
Die Form wiederum bestimmt die Kapazität, die ein Kristall als Energiespeicher
und –transmitter hat. Der Speicherfähigkeit der Kristalle entspricht aber auch
ein Schutz vor bestimmten elektromagnetischen Strahlen. Das Verhalten von
Elek-tronen in einem idealen Kristall ist ebenso wie in einem homogenen
Magnetfeld periodisch. Wir haben das oben mit den Frequenzmustern bereits
angedeutet. Allerdings sind die möglichen Energiepotentiale sehr verschieden.
Wenn ein Elektron periodisch in einem Kristall schwingen soll, der sich Kristall-
seinerseits in einem Magnetfeld befindet, bedarf es einer sehr feinen schwingung
Abstimmung der Poten-tiale. Mathematisch läßt sich die Lösung in einem
Kettenbruch abbilden. Das ist aber auch die eleganteste Darstellung der
charakteristischen Verhältnisse des goldenen und des heiligen Schnittes, der
uns in den fünfstrahligen Symmetrie-körpern bzw. im regelmäßigen Achteck,
der 2D-Projektion des Rhombendo-dekaeders, begegnet. Hier berühren sich
modernste Fragestellungen der Fest-körperphysik und der Fraktalgeometrie mit
den ältesten Weisheiten der Menschheit.
Der Rhombendodekaeder hat als Sephirot, als Lebensbaum in der morgenlän-
dischen Logos-Lehre eine ebenso große Bedeutung, wie der Stein der Weisen
der Alchimisten oder der Diamantkörper in der hinduistischen Tradition.
Obwohl die Sternkomplexe die eigentlichen Energiekörper des Menschen
darstellen, werden häufig deren Hüllkörper, d.h. die drei rhombischen Catalane
als Repräsentanten der Energiekörper herangezogen. Der Sonderrolle dieser
Körper sind wir ja schon begegnet und wir werden diese im nächsten Kapitel
auch von der musikalischen Seite her bestätigt finden.
102

In den idealen Kristallen, deren Formen wir in den radialsymmetrischen Poly-


edern vor uns haben, ist das Stoffgesetz von Maß und Zahl niedergelegt. Das
gilt natürlich unabhängig von der absoluten Größe. Das Studium ihrer Geome-
trie ist der Weg in die Gegenwart des Einen hinter den unendlich vielen sicht-
baren Formen der organischen Natur. Ein bekanntes Kunstwerk, in dem ein
kristallines Polyeder eines der dominanten Motive ist, ist das Blatt "Melencolia
I" von Albrecht Dürer. Auch in ihm ist das Studium der Geometrie und des
Himmels als Stufe auf dem Weg zur Einheit mit Gott thematisiert. Die moderne
Mathe-matisierung der realen Welterfahrung ist in diesem Kupferstich von 1514
bereits programmatisch vorweggenommen. Allerdings hatte Dürer im Unter-
schied zu unseren heutigen Wissenschaftlern noch ein Verhältnis zum natürli-
chen Maß und er war davon überzeugt "wahrhafftig steckt die kunst inn der
natur".

Melencolia I

Bild 53

Das symbolträchtige Denkbild zeigt nicht nur die Größe, sondern auch die Gren-
zen menschlichen Wissens. Es zeigt den Menschen, wie er dabei in der ganzen
Vielfalt seiner Eigenschaften und Fähigkeiten beansprucht wird. Ausgehend von
der gegebenen Form des Polyeders richtet er dabei den Blick zum Himmel, auf
der Suche nach den formgebenden Kräften. Dem heutigen intellektuell geschul-
ten Verstand mag das einfältig erscheinen. Was sind denn schon diese einfachen
Formen und Figuren?
Symbolisches Uns heutigen fehlt, im Gegensatz zu Dürer, die ursprüngliche Kraft des Ent-
Vermögen wurfs, d.h. das Wissen um die Grundlagen elementarer Zusammenhänge, die
universalen Stoff- und Formgesetze. Es ist die Bilderflut, dieser unaufhörliche
Strom von visuellen Eindrücken, der uns das Schauen mit dem Herzen beinahe
unmöglich macht. Wirkliches Hören und Sehen sind uns nahezu vergangen.
Allerdings: Das neuerworbene analytische Vermögen, das sich ausdrückt in der
formalisierten mathematischen Schreibweise und das heutige Technik überhaupt
erst ermöglichte, ist ein rein symbolisches Vermögen!
12. Energie ist in Form 103

Diese neue Stufe symbolischen Vermögens hat eine neue Qualität geistiger Ab-
straktion eröffnet. Aber: Archetypen und Urbilder dienen der Entwicklung und
Bewahrung der schöpferischen Kräfte der Seele. Ihr Instrument ist das Symbol
und dieses steht an der Pforte, die vom Bereich des bloß äußerlichen Bewußt-
seins zum Raum der geistigen Zusammenhänge führt.
Nach der sogenannten Kristalllehre sind in den polyedrischen Kristallen aber
nicht nur charakteristische Zahlenverhältnisse im Raum wiedergegeben, denen
numerologisch rückübersetzt bestimmte Meisterworte entsprechen (die ganze
biblische Genealogie seit Adam und Eva), sie enthalten auch das Wissen um den
Geist des Menschen. Hierher gehört z.B. die Aussage von Titus Burckhardt:
"Was die Wahrheit auf der gedanklichen Ebene, ist Form auf der sinnlichen."
Weisheit und Erkenntnis beruht auf der Fähigkeit, von der Schönheit und Viel-
falt der Welt auf deren Einheit schließen zu können. Damit gelangen wir zum Logos - der
letzten Grund, zum Logos und die Kräfte des Logos sind Zentralwirbel der Na- letzte Grund
tur. So enthält der Wirbelkörper nicht nur alle Schwingungsgesetze, er korres-
pondiert auch unmittelbar mit dem "OM" oder "Amen", dem göttlichen Licht als
Quell aller körperlicher und geistiger Gesundheit. Im Großformat sind auch die
Pyramiden oder das Castel del Monte von Friedrich II., die sogenannte Krone
von Apulien, maß-gebende Kristalle erster Ordnung. Pyramide bedeutet wort-
wörtlich "Offenbarung des Urlichts". Ein ägyptisches Sprichwort drückt die
zeitübergreifende Qualität dieser Bauwerke in dem bereits erwähnten Zitat so
aus: "Alle haben Angst vor der Zeit, nur die Zeit hat Angst vor der Pyramide."
Tatsächlich ist es der nichtzeitliche, der zeitlose Aspekt, der Kristalle so bewun-
dernswert macht und ihnen die große Symbolkraft verleiht. Die geometrischen
Formen sind die Sprache der Natur und in den Kristallen als niedrigsten
Elemen-ten spiegelt sich das Höchste. Die Sprache dieser Formen machen die
Einheit des Lebens sichtbar und geben dem Leben das Maß. Das Ebenmaß der
Kristalle und damit auch der Polyeder hilft uns, hinter dem Meßbaren das Maß-
gebliche zu finden. Sie bezeugen die allem immanente Ordnung, die noch für Die Sprache
Pythagoras selbstverständliche Grundlage der Welterkenntnis war. Die der Natur
archetypischen For-men liefern uns Vorbilder und weisen uns darauf hin, daß
es, wie beim bestimm-ten Integral, obere und untere Schranken gibt. Wer sich
nicht daran hält, verliert sich im Unendlichen des Riesenhaften oder aber im
atomisierten Chaos. Die Ordnung des Universums, griechisch der „Kosmos“, ist
unteilbar und ein seit Urzeiten gutgehütetes Geheimnis. Über Konfuzius wurde
gesagt: "Des Meisters Reden über Kultur und Kunst kann man zu hören
bekommen. Aber die Worte des Meisters über Natur und Weltordnung kann
man nicht (leicht) zu hören bekommen." Gleiches gilt wohl auch für Pythagoras,
den letzten großen Einge-weihten des Abendlandes.

Wie aber kommen die Kristalle zustande? Wir können Kristalle züchten, sie
wachsen lassen. Das sind dann allerdings keine Edelkristalle und ihre Lebens-
dauer ist begrenzt. In unserer menschlichen Lebensspanne erleben wir Jahr um
Jahr das Werden und Vergehen. Neues Leben organisiert sich, absterbendes
Leben wird mineralisiert. Was aber passiert, wenn Stoff auf elementarer Ebene
kristallisiert? Geometrisch erhalten wir unsere Polyeder durch Kreis- und
Kugel-teilung. Wie aber entstehen die kristallinen Strukturen der Natur?
104

Kristallwesen Denn: die innerste Struktur alles Lebendigen ist kristallin. Ohne Kristall kein
Licht und ohne Licht keine (verwertbare) Energie. Ohne Form, ohne in-Forma-
tion gäbe es nur Wärme, Entropie. Mit der Kristallisation rühren wir an das
Geheimnis des Lebens. In den Edelsteinen und Edelmetallen sind in der Tat die
Urgeheimnisse des Physischen beschlossen. Die Kristallwesen sind die Hüter
der Wahrheit.
In den Kristallen manifestiert sich das Wirken des nicht- bzw. feinstofflichen,
rein energetischen Äthers. Novalis schrieb in seinen Fragmenten: "Diese sicht-
bare unsichtbare Materie ist die Fülle der Zukunft, die Zeitenfülle überhaupt - in
der Zeit, was der Stein der Weisen im Raume ist." Die Kristallkräfte des Men-
schen werden heute neu belebt. Wir haben im 6. Kapitel bereits davon gehört.
Das Angebot an Lebenselixieren, Lebenskristallen oder ätherischem Gold wird
sehr schnell größer. Aber das bleibt rein äußerlich, solange damit nicht einher
geht ein Bewußtsein von den ätherisch-peripher strahlenden Kräften, in denen
alle begrenzten Formen ihren Ursprung haben.
Ätherwirken im Der Kristall bezieht seine Symbolkraft aus den darin eingeschlossenen geistigen
Erdenstoff oder feinstofflichen Realitäten, seinen Energiemustern und Wirbelpunkten. Da-
bei handelt es sich keineswegs um virtuelle, d.h. der Möglichkeit nach vorhan-
dene Realitäten, sondern vielmehr um tatsächliche, aber sehr schnell vorüber-
gehende, d.h. transitorische Realitäten. Wir werden diese aber erst dann wahr-
nehmen, wenn uns Form und Flächen transparent werden und das Auge des
Herzens, die analogische Vernunft das darin waltende Gesetz, eben das Sym-
bol, die Formel erfaßt. Dann - und nur dann, werden wir den symbolischen
Analphabetismus überwinden.
Noch ist es so, daß unsere Achse des Sehens nicht mit der Achse, d.h. dem
Wesen der Dinge übereinstimmt! Das Wesen einer Sache oder eines Dinges ist
ihr bzw. sein Wunsch, zu sich selbst zu kommen bzw. zu sein was sie/es ist und
nicht, was wir darin sehen wollen. Unsere simulierten Welten und virtuellen
Realitäten haben keine Symbolkraft. Sie verwerten und mißbrauchen allenfalls
gültige Symbole. In den entgeisterten Welten, wo die realen Götter, d.h. die
feinstofflichen Realitäten abgeschafft sind, gibt es allenfalls noch Gespenster.
Auch das hat Novalis bereits scharfsichtig erkannt.
Ein neues Bewußtsein zu entwickeln von den ätherisch-peripher strahlenden
Kräften, ein Bewußtsein von den kosmischen Energiefeldern auf der Höhe der
Zeit, ausgehend von den existierenden starren Formen, ist unmittelbar verknüpft
projektive mit den Erkenntissen der synthetischen Geometrie. Diese ist zwar seit dem 18.
Geometrie Jahrhundert zu einem stabilen Gebäude geworden, aber noch sehr wenig im
Bewußtsein, selbst der Gelehrten, anzutreffen.
Diese neue Geometrie läßt die toten Formen aufgehen im Meer der metamor-
phosisch schaffenden raumbildenden Kräfte, die immerfort alles um und umge-
strahlende stalten, so daß es in der Tat gerechtfertigt ist, von einer "strahlenden Weltgestal-
Weltgestaltung tung" zu sprechen. Das Auseinanderhervorgehen und Ineinanderübergehen der
diskreten Konfigurationen im Polyederzyklus gibt uns ein anschauliches und
greifbares Bild dieses Lichtwebens im Raum. So verstanden ist die Kunde der
Geometrie ein Wissen um die tiefsten Gesetze des Lebens und damit nicht etwa
ein philosophisches Propädeutikum sondern vielmehr ihr Ziel!
12. Energie ist in Form 105

"Die Formen des Lebendigen sind nicht, sie geschehen." (Bertalanffy) Sie sind Alles eine Frage
Ausdruck eines ständigen Fließens von Materie, Energie und Information. Was der Zeit
wir als lebende Gestalt beschreiben, sind langsame und lang anhaltende, was wir
als Funktion auffassen, schnelle und nur kurz währende Prozesse. Jeder lebende
Organismus ist ein sich in geordnetem Geschehensfluß erhaltendes Glied. Das
gilt letzten Endes natürlich auch für die Kristalle, nur daß ihr Zyklus in Äonen
zu messen ist. Lebendige Gestalt ist immer auch Symbol. Die Erkenntnisse der
Biokybernetik sind natürlich Erkenntnisse zur Selbststeuerung des gesamten
Universums und es ist nicht mehr immer eindeutig wo 'Leben' beginnt und 'tote'
Materie aufhört.
Der Kernprozess des Lebens, Information, Kristallisation ist ein retroszendentes
Geschehen wo Welle und Teilchen nicht mehr unterscheidbar sind. Die erste 1
der Fibonacci-Reihe ist eine andere als die zweite 1. Hier kommt die imaginäre
Einheit der Mathematik, die "Wurzel-aus-minus-eins" ins Spiel, mit der die
Elektroingenieure seit langem so vorteilhaft rechnen, ohne zu wissen, was sie da
eigentlich handhaben.
Ungestaltete Masse wird durch ätherisch - periphere Kräfte zusammengeschlos-
sen nach den Gesetzen der kleinsten Wirkung bzw. des geringsten Aufwandes.
Dieser Prozess ist nur gegen die Gravitation möglich. Das akategoriale Moment
der Information schließt die Dinge der Raumeswelt retroszendent zu harmoni- keimkräftiger
schen, sich wandelbaren Ganzheiten zusammen, läßt sie in einem Blitz wie ein Mittelpunkt
Kristall zusammenschießen. Dabei verstehen wir mit Goethe unter Harmonie
das geordnete Aufeinanderbezogensein des Naturganzen. Für Goethes Zeitge-
nossen Schelling waren Objekte der Konstruktion auch die Objekte der Philoso-
phie und solche waren für ihn nur, "was fähig ist, als Besonderes das Unendli-
che in sich aufzunehmen." Und was kann das anderes sein, als lebendige
Gestalt? Das Leben schöpft in seiner Naturarchitektonik aus dem Quellvorrat
der Arche-typen des Polyederzyklus. Sie sind die Designpatente der Natur.
Das gilt natürlich auch und erst recht für das herausragende flüssige Element
Quecksilber (80) und das Wasser, bestehend aus Wasserstoff (1) und Sauerstoff
(8). Quecksilber ist neben Brom das einzige flüssige Element im PSE bei 20° C
und unter normalem atmosphärischem Druck. Kleine Mengen dieses flüssigen
Metalls bilden kleinste perfekte Kugeln. Die Auflösung des Kristallgitters, d.h.
der Schmelzpunkt liegt beim Quecksilber bereits bei rund –38°C und es ver-
dampft erst bei +357°C. D.h. es erhält diesen Aggregatzustand über nahezu 400
Celsiusgrade aufrecht. Die entsprechenden Werte von Wasser liegen ja bekannt-
lich bei 0°C, wo sich die sechseckigen Eiskristalle bilden, und bei 100°C, dem
Siedepunkt des Wassers.
Verdampfen aber hängt mit einer Aufwärtsbewegung zusammen, genauer mit
einer Bewegung gegen die Gravitation und bedarf der Energiezufuhr. Eine an-
dere Form der Aufwärtsbewegung haben wir in den Kapillarwirkungen und in
den osmotischen Prozessen von Pflanzen, aber auch in den Gefäßsystemen von
Menschen und Tieren. Wachstum ist immer mit Levitation verbunden, d.h. mit Levitation
einer Bewegeung gegen die Gravitation. Saug- und Zugkräfte sind es, die das
Leben hervorbringen und aufrechterhalten. In diesem Zusammenhang erinnern
wir uns auch an die Tensegritoy-Modelle: auch sie werden durch Zugkräfte zu-
sammengehalten. Basierend auf diesem Prinzip können riesige Strecken mit
106

minimalen Materialquerschnitten überspannt werden. Sein Geheimnis ist die


intel-ligente Struktur. Ihrer Erforschung hat Bucky Fuller den Namen "Design
Science" gegeben. Diesem Prinzip steht das Druckprinzip gegenüber: es ist
passiv an der Gravitation ausgerichtet und mit hohem Materialaufwand
verbunden, der im allgemeinen nur geringen Strukturanforderungen genügen
muß.
Quecksilber in seiner einmaligen natürlichen Kugelgestalt ist ein Symbol für die
Auf- und Abwärtsbewegung des Wassers, Strudel und Wirbel, aufsteigender
Nebel und fallende Regentropfen. Der lateinische Name für Quecksilber ist
argentum vivus, Lebenssilber. Das kommt wohl daher, daß es einerseits ein
schweres Metall ist (schwerer als die leichten Platinmetalle und auch Silber),
an-dererseits aber nicht zu fassen ist. Obwohl hochgiftig, verbindet sich in der
Al-chemie mit Quecksilber das Lebensprinzip schlechthin. Es steht für die
feinstoffli-chen Kräfte, die den unfaßbaren Geist und die greifbare Materie der
Sinnenwelt verbinden.
Mercury Im Englischen und Spanischen trägt es den Namen mercury bzw. mercurio.
Merkur ist aber nicht nur der sonnennächste Planet in unserem Sonnensystem,
sondern auch der römische Name für Hermes und bedeutet soviel wie Götter-
bote, zeigt also eine Vermittlerfunktion an. Sein Zeichen ist der Merkurstab mit
den beiden sich umschlingenden aufsteigenden Schlangen - heute das Symbol
der Ärzte und Apotheker.
Für Johannes Kepler erwies sich bei der Berechnung der Planetenbahnen das
Oktaeder als Merkurkristall: seine Inkugel entsprach im Verhältnis der Planeten-
sphären der Sphäre dieses Planeten, dessen Abstand von der Sonne im Mittel
etwas weniger als die Hälfte des mittleren Erde-Sonne-Abstandes beträgt.
Nun ist das Oktaeder neben seiner 'gewöhnlichen ' Form nicht nur das außerge-
wöhnliche Iso-Oktaeder der hermetischen (!) Familie, sondern hat auch noch
drei weitere bemerkenswerte Eigenschaften: 1. "fließen" Oktaeder auf einer
schiefen Ebene nach unten (entsprechend große Anzahlen anderer platonischer
Pi Körper verkanten gegenseitig und blockieren den "Fluß"); 2. beträgt das
Volumenver-hältnis von Umkugel zu Oktaeder exakt Pi ( ) und 3. verändert ein
im Raum aufgehängtes Oktaeder die Ionisation der Raumluft.

Dem Quecksilber als symbolischem Vermittler von Stoff und Kraft entspricht in
der Sinnenwelt das Wasser als Träger von Information. Nicht nur verbindet es
als blauer Kristall alle Lebewesen erdumspannend und sozusagen horizontal,
sondern auch in der Senkrechten. Der erdnahe Kreislauf von Verdunstung und
Regen wir ergänzt durch ionisierte Luft-/Dampfsäulen in der Atmosphäre, die
bis in die Ionosphäre reichen, der elektrisch leitenden Schicht der Atmosphäre
rd. 100 - 150 km über der Erdoberfläche. Hier formen sich die Nebeltröpfchen
wie die Quecksilbertröpfchen zu perfekten Kugeln, sind allerdings noch um ein
Licht vielfaches stabiler. Der flüssigen Materie (aufgrund der fehlenden Gravitation
organisiert gefrieren die Tröpfchen in dieser Schicht nicht) wird durch das ungefilterte
Materie Licht der Sonne und der elektromagnetischen Schwingungen dieser Schicht
Struktur aufgeprägt. Materie wird durch Licht in dieser Schicht neu informiert
und organisiert. Die Wassertröpfchen bringen in der Abwärtsbewegung
Information, d.h. strukturbil-dende und –verändernde Energiemuster mit.
12. Energie ist in Form 107

Die ineinanderverschlungenen wassertransportierenden Luftwirbel, wovon eine


Windung aufwärts und die andere abwärts gerichtet ist, sind nicht nur im Bild
der Schlangen des Merkurstabes festgehalten, sondern auch im Zahlensymbol
der Zahl acht. Diese Figur " 8 ", die uns in der Waagrechten als Lemniskate
begegnet, symbolisiert das Involutions- oder Umstülpungsprinzip, das dem Le-
bensprozess zugrunde liegt. Dieses Prinzip haben wir im 5. Kapitel besprochen
und es spielt, wie bereits erwähnt auch in der projektiven Geometrie eine zentra-
le Rolle.
Die Zahl 8 ist aber auch Symbol der Reinigung und der Heilung. Das Wasser
steht damit in unmittelbarem Zusammenhang. Die Heilkraft von Wasser ist nicht Das Urmineral
erst seit Kneipp bekannt. Wasser ist ein besonderer Stoff: nach den Gesetzen der
Physik dürfte es gar nicht flüssig sein, sondern müßte schon bei - 220°C ver-
dampfen. Wasser ist sowohl eine nicht-saure Säure (-> Sauerstoff [8!] ), als auch
ein nicht-metallisches Metall. W. Hacheney bezeichnet es sogar ausdrücklich als
Urmineral.
Was die Ionosphäre für die Lufthülle, ist der Ozean für die Mineralhülle der Er-
de: das Wassernetz an der Erdoberfläche bildet eine Informationsmatrix, ein
Resonanzgitter mit einem elektromagnetischen Basiscode, an dem sich alles
Leben orientiert. Dort wo die Information des Wassers an die Elemente über-
geht, im 'toten' Gestein oder bei der Nahrungsaufnahme durch Lebewesen, bil-
globale
den sich Kristalle, deren Grundmuster widerum die radialsymmetrischen Poly-
Information
eder sind. Die Modelle zur Erklärung des Phänomens Leben haben viele
Namen, kommen aber zu ähnlichen Ergebnissen. Wichtige Beiträge dazu
lieferten die schon auf Seite 42 erwähnten Autoren. Einige davon haben sich
auch explizit mit dem Wasser auseinandergesetzt, wie beispielsweise Theodor
Schwenk unter dem Titel "Das sensible Chaos". Andere sind Jean Charon, der
über den "Geist in der Materie" berichtet oder David Bohm, in dessen Konzept
von der Quanten-kommunikation Quantenpotentiale mit aktiver Information
ausgestattet sind, die in einem gegebenen Kontetxt eine
Kommunikationsstruktur aufbauen, ver-gleichbar einem Kristall. Rupert
Sheldrake verhalf dem schon 1922 formulierten Konzept vom
morphogenetischen Feld zu einer enormen Popularität.
Leben ist ein Resonanzphänomen. Über Resonanzgitter sind wir durch Raum
und Zeit mit allem verbunden. In unseren Träumen klinken wir uns in dieses
Gitte ein, nehmen wir Verbindung auf mit den Archetypen, der Sprache der
Natur. Ihre reinste Ausprägung erfährt diese Sprache in den Symbolen der geo-
metrischen Figuren und Konfigurationen. Wo aber die Resonanz mit den festen
Resonanz-
Kristallen und dem flüssigen Kristall, dem lebendigen Wasser unterbrochen
störung
oder gar gezielt gestört wird, wo die Schwingung künstlich verändert wird, z.B.
durch Kirchtürme, Antennen, Kristallbauten, wird die Resonanz nicht immer nur
ver-stärkt. Es können Krankheiten entstehen, künstliche Abhängigkeiten und
ganz generell Abweichungen vom kosmischen Rhythmus.
Die Acht als Symbol der Heilung mahnt die Funktion des Menschen als
Heil in der 8
Verbin-dung von Erde und Himmel, von Zeit und Unendlichkeit an. Jesus bzw.
Iesous, die künstliche griechische Übersetzung des aramäischen Namens Joshua,
hat in der Gematria den Zahlenwert 888. Dieser Wert steht für den solaren
Logos, das Lichtprinzip der Welt. Der Träger dieses Namens war als Gesalbter
nicht nur ein Eingeweihter sondern auch ein geistiger Heiler.
108

Das phanstastische Medium Wasser setzt sich zusammen aus Wasserstoff mit
der Ordnungszahl 1 und aus Sauerstoff mit der Ordnungszahl 8. Die Ziffern eins
und acht bilden die Periodenlängen im PSE, 18. Aus ihnen setzt sich auch die
Anzahl der 81 stabilen Elemente zusammen. Der Bruch 1/81 ergibt als Dezimal-
bruch geschrieben die Ordnung der Zahlen, deren Grundelemente die Primzah-
len sind. Diese sind ihrerseits auf den 8 Strahlen des Primzahlkreuzes angeord-
net, wie es von Dr. Plichta beschrieben wird (s.u.). Diese Ordnung stellt aber
das Bindeglied dar zwischen dem Unendlichen und der endlichen Welt der
Materie. Die 8 ist auch die Zahl, die die Fibonacci-Reihe mit der Reihe der 2er
Potenzen gemeinsam hat. 81 als 4-te Potenz zur Basis 3 ist das Gegenstück zur
noch vorherrschenden 3-ten Potenz zu 4, die ja 64 ausmacht und zugleich die 2-
te Potenz von 8 darstellt! Auf den Seiten 88 und folgende habe ich bereits auf
andere Zusammenhänge der Zahlen 8 und 1 hingewiesen.
Der Achtstern war das Zeichen der babylonischen Muttergöttin Ishtar, aber auch
das Ideogramm für "Schrift". Hermes, auch als Schriftbringer bezeichnet, war
zugleich der Herr der Acht. Auf dem 8 x 8 - Quadrat des Schachbretts ist die
berühmte Geschichte von dem indischen König aufgebaut, der bei den 2-er
Potenzen die Übersicht verlor. 8 x 8 ist die Anzahl der Hexagramme im
chinesichen I Ging, der Liebesstellungen im Kamasutra, aber auch die mögliche
Anzahl von Basenpaaren in der Erbstruktur des Menschen, der DNS usf.
Kurz: Mathematik hat wahrlich nichts mit Rechnen zu tun, sondern mit dem
wunderbaren Bauplan der Welt. Weltgestaltung ist aber nicht nur ein strahlen-
der, sondern auch ein tönender Prozess und einige Aspekte davon werden wir
im nächsten Kapitel betrachten.

Bild 54
13. Die Symphonie der Polyeder

Die Formelsprache der radialsymmetrischen Polyeder liefert nicht nur die Folie Resonanz
für den Kristall- und Lichtaspekt, wie er in den chemischen Elementen zum
Ausdruck kommt, - sie ist gleichermaßen Grundlage zur Entschlüsselung des
Harmonik- und Tonaspekts im kosmischen Geschehen. In diesem Sinn haben
Mathematik (verstanden als Geometrie) und Musik an diesem tatsächlich den
gleichen Anteil, entsprechend der Charakterisierung des Glasperlenspiels in
Hesses gleichnamigen Roman. Wir sind der harmonikalen Spur schon
verschiedentlich begegnet, etwa bei der Betrachtung der Raumwinkel und ihren
Funktionen im 11. Kapitel oder im 8. Kapitel, wo wir die Volumenverhältnisse
zwischen den Platonischen und catalanischen Rhomboedern untersucht haben.
Letztere bezeichnete ich dort als die Resonanzkörper der Familien, über die die
Familien die Verbindung untereinander herstellen. Die rhombischen Catalane
sind aber durch die Harmonik noch viel weitergehend bestimmt und wir werden
diesen Aspekt deshalb hier weiter verfolgen.
Wie oben ausführlich dargelegt, sind nicht die Flächen das maßgebliche an den
Polyedern, sondern die Kanten. Sie stellen die Energiebahnen der Struktur dar.
Denken wir uns einmal das Tensegritoy-Tetraeder ohne seine Druckstäbe und
nur die Gummikordeln, die seine Kanten darstellen. Die Scheitelpunkte seien
fest, und nun bringen wir jede dieser Kordeln in eine Schwingung, genauer in
eine Querschwingung. Wir erhalten dann idealisiert folgendes Bild:

Vibration

Bild 55

Wenn wir die Schwingungsebenen geeignet wählen, so daß jedes Band seine
maximale Auslenkung erreichen kann, begrenzen sich die Ebenen gegenseitig
so, daß der Hüllkörper des Sterntetraeders entsteht, der (Rhomben-)Würfel.
Das entsprechende Experiment mit dem Oktaeder aus der delischen Familie
führt zum analogen Ergebnis: Die zwölf Kanten des Oktaeders werden zu den
Flächen des umhüllenden Rhombendodekaeders. Im Fall des Würfels, seinem
Polar, der ja ebenfalls zwölf Kanten hat, würden die Mittellagen der Kordeln
(= Kanten des Würfels) rechtwinklig zu denen in diesem Beispiel verlaufen.
Der Hüllkörper wäre selbstverständlich der gleiche. (s. Bild 54)
110

Bild 56

Wenn wir uns die Analogie der Familien genauer betrachten, sehen wir zu-
nächst, daß der Hüllkörper des Würfels in der hermetischen Familie in der halb-
rechten oberen Position des äußeren Ringes erscheint. Das Rhombendodekaeder
Obertöne stellt sozusagen einen Oberton zum Hexaeder dar. Übertragen auf die bei-den
anderen Familien erkennen wir, daß auf den entsprechenden halbrechten
Positionen ebenfalls die "Obertonkörper" der Rhomboeder erscheinen und zwar
als Deltoid-körper. Im Fall des Rhombendodekaeders ist es das
Deltoidikositetraeder. Seine vierundzwanzig Flächen sind die
Schwingungsebenen der vierund-zwanzig Rhombendodekaederkanten. Gleiches
gilt für das Deltoidhexakontaeder. Auch hier rühren die sechzig
Schwingungsebenen von den sechzig Kanten des Rhom-bentriakontaeders her.
Was wir allerdings auch feststellen, das ist die Asymmetrie der drachenförmigen
Schwingungsebenen.
Nachdem die Natur der rechten Hälfte der Familien damit eingermaßen geklärt
ist, stellt sich die Frage, nach den Simumkörpern auf den gegenüber liegenden
Positionen der Familienstruktur. Auch hier finden wir vierundzwanzig Flächen
in der delischen und sechzig Flächen in der keplerschen Familie vor, ganz
analog zu den zwölf Flächen des Dodekaeders links unterhalb des zwölfkantigen
Würfels in der hermetischen Familie. Was aber hat es mit der pentagonalen
Form auf sich? Wie wir oben gesehen haben, geht die Simumgruppe aus der
Jitterbugging-Bewegung hervor. Dabei entstehen gleichviele Flächen wie auf
der rechten Seite, nämlich so viele, wie das catalanische Rhomboeder Kanten
hat. Aber die Flächenform ist eine andere. Anstelle des Deltoids oder der Raute
entstehen durch den zusätzlichen Jitterbug-Dreh oder -Drall Pentagone. Im
Idealfall des Dodekaeders entsteht sogar das regelmäßige Pentagon. Mit der
erhöhten Eckenzahl der einzelnen Flächen entstehen aber auch mehr Scheitel
und in der Folge ein viertel mehr Kanten gegenüber den entsprechenden
Catalanen auf der rechten Seite.
Die Pentagruppe kommt damit einerseits noch näher an das Ideal der Kugel
heran und schwingt mit ihren kürzeren Kanten zusätzlich auf einer höheren
Frequenz. Andererseits sind ihre Flächen in einem noch höheren Maße unsym-
metrisch als die Deltoid-Ebenen. Mögen sich die Effekte gegenseitig auch mehr
oder weniger ausgleichen, der entscheidende Punkt ist die Pentagonalform.
13. Die Symphonie der Polyeder 111

Im Fall des regelmäßigen Pentagons ist im gesamten Gebilde das Verhältnis des goldener Schnitt
goldenen Schnittes wirksam, d.h. dasjenige Verhältnis, das auf der Tonleiter die
Terz bzw. die Sexte, den sogenannten "Geschlechtston", hervorbringt. Ich habe
im Zusammenhang mit den eingestülpten platonischen Körpern im achten
Kapitel bereits darauf hingewiesen. Auch hingewiesen habe ich auf das Penta-
gramm als dem ersten echten Stern mit einem freien Raum im Zentrum, ebenso
wie im Fall des dreidimensionalen eingestülpten Dodekaeders.
Es ist dieser Spielraum, der die Mannigfaltigkeit des Lebens hervorbringt, der wohltemperierte
die unterschiedlichsten Färbungen erlaubt. Übertragen auf die Musik wird der Stimmung
"nor-male" Oberton der rechten Seite entsprechend der diatonischen, reinen
Tonleiter erzeugt. Der linke Oberton der Simumkörper entspricht dagegen der
chromati-schen (chroma = Farbe) Tonleiter, d.h. der temperierten Stimmung. Es
sind die winzigen Frequenzverschiebungen, die leichten Verfärbungen und
Brechungen gegenüber den rein gestimmten Tönen, die die Schwebungen der
temperierten Stimmung hervorrufen. Es sind aber auch diese Verschiebungen,
die den Wechsel der Tonarten, die freie Transponierbarkeit einer Notation durch
den gesamten Quintenzirkel ermöglichen.
Das Ergebnis solcher Übung ist z.B. "Das wohltemperierte Klavier" von Johann
Sebastian Bach. Es besteht, entsprechend der 2 x 12 Tonarten, aus 24 (!) Fugen
und Präludien. Der wohltemperierten Stimmung verdanken wir die poly-phone
Musik der Sym-phon-ieorchester. Jeder singt, pfeift, summt, spielt sein Lied und
dennoch stimmt alles harmonisch zusammen. Die Natur kennt dieses Bindeglied
des goldenen Schnittes seit ewigen Zeiten. Auch die Gitterstruktur der Familien
weist das Verhältnis des goldenen Schnittes auf: acht äußere stehen fünf inneren
Punkten gegenüber. Die chromatische Tonleiter wurde im 17. Jahrhundert nur Quintenzirkel
wiederentdeckt. Der Quintenzirkel ist selbst auch ein Beispiel für das weiter
oben schon festgestellte Sieben-zu-Fünf -Verhältnis: Das Quint-Intervall, das
Konso-nanz-Verhältnis schlechthin, bezeichnet einen Abstand von 5 Tönen und
teilt die Oktave im Verhältnis 2:3 (vgl. auch in der hermetischen Familie: 2
originäre Tetraeder-Körper + 3 Körper der keplerschen Familie : sieben Körper
der delischen Familie, 5 + 7 = 12): zwölf Quinten ergeben dann ihrerseits exakt
sieben Oktaven.
Ein anderes Beispiel für ein (allerdings dissonantes) Tonintervall bildet das Weltharmonik
Verhältnis aus der Anzahl aller Flächen und Scheitel der sechs platonischen
Körper zur Summe ihrer Kanten. Es beträgt 9:16, was einer kleinen Septime
entspricht. Oder: das Würfelvolumen steht zum Volumen des einbeschriebenen
Kuboktaeders im Verhältnis der kleinen Terz. Gerade in der delischen Familie
lassen sich noch eine Reihe einfacher ganzzahliger Verhältnisse finden. Dem
Studium der musikalischen Verhältnisse hat sich Johannes Kepler ausführlich
gewidmet. Auch diese Studien waren, im Verbund mit dem Studium der platoni-
schen Körpern, ausschlaggebend für seine Entdeckung der nach ihm benannten
Planetengesetze. Den ersten und zugleich großartigen Niederschlag fand seine
Arbeit im "Mysterium cosmographicum", das er 1596 fünfundzwanzigjährig
veröffentlichte. Die berühmtere Ausarbeitung der Weltharmonik, "Harmonices
mundi", erschien erst 1619, gut hundert Jahre vor dem "Wohltemperierten
Klavier" von Johann Sebastian Bach.
112

Im Wissen um den hohen Rang des Klanges und der Musik liegt auch die
Begründung für die Aufführung einer Reihe von grandiosen Bauwerken, wie
beispielsweise den Pyramiden in aller Welt und den gotischen Kathedralen.
Cousto verdanken wir dazu detaillierte Einblicke, die er in seinem Buch "Die
kosmische Oktave" veröffentlicht hat. Auch die Sirenen in der Odyssee sind ein
alter Hinweis auf die Bedeutung des Klanges der Welt.
Primzahl- Wir haben weiter oben bereits gesehen/gehört, wie sehr Klang auch immer zu-
quadrate gleich Zahl bedeutet. Nun ist aber Zahl nicht gleich Zahl. Wir unterscheiden die
ersten oder Primzahlen von denjenigen Zahlen, die sich aus Primzahlen zusam-
mensetzen. Unter diesen nehmen allerdings die Primzahlquadrate (z.B. 25 oder
49) nochmal eine besondere Stellung ein. Im Primzahlkreuz liegen diese
sämtlich auf dem Strahl der Zahl 1. In Bezug auf die radialsymmetrischen
Polyeder halten wir deshalb die möglicherweise bedeutsame Tatsache fest, daß
Symmetrie- die Anzahl der Symmetrieachsen in den einzelnen Polyedern, bis auf drei
achsen Ausnahmen (DEB, IEB und PITB), entweder eine Primzahl oder ein
Primzahlquadrat ist. Sind alle radialsymmetrischen Polyeder
Klangtransformatoren? Dr. Plichta hat in seinem wahrhaft revolutionären Buch
"Das Primzahlkreuz" den Äther indirekt als den vierdimensionalen Raum
identifiziert, in dem über die Geometrie der Fraktale das Klangphänomen, d.h.
die Übertragung von Klang und Musik, seine Erklärung findet. Bereits oben
habe ich die hermetische Familie als Tor zur vierten Di-mension charakterisiert.
Ein weiterer Hinweis auf die Vierdimensionalität der wirklichen Welt und die
Polyeder als Mittlerstrukturen ist darin zusehen, daß die catalanischen
Rhomboeder als Resonanzstrukturen die Verbindung der Familien untereinander
gewährleisten. Diesen kommt daher in den einzelnen Familien eine
herausragende Stellung zu, die sich auch in ihrer räumlichen Position innerhalb
der Diagramme manifestiert. Dieser Bezug zu höheren Dimensionen drückt sich
weiterhin darin aus, daß das Rhombendodekaeder eine dreidimensionale Pro-
jektion des vierdimensionalen Würfels und das Rhombentriakontaeder eine
dreidimensionale Projektion des sechsdimensionalen Würfels darstellt.
Schon im zweiten Kapitel fragten wir nach der Bedeutung des Rhombus, der
Raute, in Bezug auf einige der Polyeder. War das Wort schon immer ein Hin-
weis auf das rotieren, kreisen, einwirbeln von Information und Energie in diese
dreidimensionale Welt? Was passiert beim heraufwirbeln der Quellen aus den
Tiefen der rotierenden Erde? Wie in den herabwirbelnden ionisierten Luftsäulen
haben wir es auch hier mit fortwährenden Gestalt- und Informationsprozessen
Klangschöpfung zu tun. Die Gestaltung und Schöpfung der Welt ist seit jeher unlöslich
verbunden mit Rhythmus und Klang. In uralten Klangschöpfungsmythen ist der
Klang oder das Wort nicht nur der Anfang aller Dinge, sondern auch deren
Substanz, der in allen konkreten Erscheinungen wirkende Hintergrund. Der
Anfang des Johan-nes-Evangeliums "Im Anfang war das Wort" gehört zum
ältesten Gedankengut der Menschheit überhaupt. Wir haben bereits im Kapitel
über 'Belebende Poten-zen' von der Bedeutung des Äthers bzw. dem Klangraum
gehört und aus der Erzählung des Pythagoräers Timaios wissen wir: im Klang
offenbart sich die Seele der Welt.
13. Die Symphonie der Polyeder 113

Der Klang hat mit dem Quecksilber das Flüssige, das Wandelbare gemeinsam. Rhythmus
Das Flüssige ist Sinnbild des Unbegreiflichen, des noch nicht Materialisierten. und Chaos
In der Polyphonie begegnen, vereinen und durchdringen sich die Stimmen
leichter als Gewässer untereinander. Das Chaos entsteht erst mit der Erstarrung
der Welt und es ist das fließende Wasser und der damit verbundene rhythmische
Klang, der durch eine Art Verflüssigung Ordnung und Harmonie in die drohen-
de Versteinerung bringen kann. Dem entspricht bei den Polyedern die
Annäherung der armanischen Konfigurationen an die Kugelgestalt.
Harmonie, das ist die Einheit von Hören und Sehen. Unser Gehör macht uns Einheit von
eine Welt erfahrbar, die nach harmonischen Prinzipien geordnet ist. Diese Welt Hören und
des Hörens aber steht im Widerspruch zur Welt des Sehens, wie sie durch die Sehen
euklidische Geometrie vermittelt wird und wie wir sie aus der Schule kennen.
Pythagoras wußte wohl, daß es auch im Raum harmonische Ordnungen gibt, die
mit der (wohltemperierten) Tonleiter im Einklang stehen. Sein Hauptinteresse
galt allerdings der Musik und ihren Harmonien. Aus ihr leitete er seine Überzeu-
gung ab: "Zahlen beherrschen das Universum." Nun sind die pythagoräischen
Zahlen aber nicht die Zahlen der Kaufleute und Vermessungs-Ingenieure. (In
diese Richtung geht schon eher Platons Satz, wonach ohne Zahlen keine ver-
nünftige Aussge über Welt möglich sei.) Pythagoräische Zahlen, das sind nach
heutigem Verständnis Zahlverhältnisse, wie sie in den Tonintervallen zum
Ausdruck kommen. Wir bezeichnen diese Verhältniszahlen als Logarithmen und Logarithmen
wer musiziert betreibt nach Leibniz höhere Mathematik: "Die Musik ist eine
Übung in geheimnisvoller Mathematik, und wer sich ihr hingibt, weiß nicht, daß
er Zahlen handhabt." Der Quintenzirkel ist eigentlich eine logarithmische Spira-
le, in der die Tonhöhen bezogen auf einen Grundton als Abstände vom Pol auf-
getragen sind und mit jeder Umdrehung in gleichen Verhältnissen anwachsen.
Auch die charakteristischen Formen von Harfe und Flügel bilden logarithmische
Funktionen ab.
Die Zahl "e" als Basis des natürlichen Logarithmus ist ein Symbol für das Wer- Mit der
den des Lebens schlechthin. So wie das Integralzeichen ' ', ist 'e' ein Ausdruck Mathematik
des in der Neuzeit neu entwickelten symbolischen Vermögens der Menschen. der Neuzeit
Mit der Ablösung des dinglichen Symbols durch die zeichengebundene Logik ist der Mensch
der mathematischen Formel erlangte der Mensch die Fähigkeit zur vollständigen auf einer
Operationalisierung der Welt. Der Unendlichkeitskalkül lieferte die Grundlage
neuen Stufe
für die Bewegungsgesetze und damit für den beispiellosen Aufstieg des Maschi-
symbolischen
nenzeitalters. Diesem technischen Herstellungsvermögen steht allerdings bis
Vermögens
heute kein entsprechendes Entwurfsvermögen gegenüber. Wir sind dem symbo-
angelangt.
lischen Vermögen nicht gewachsen, d.h. es ist bisher nicht gelungen, sich die
natürliche Ordnung der Dinge, wie sie in den mathematischen Gesetzen zum
Ausdruck kommt, befriedigend zunutze zu machen. Die Probleme wachsen
schneller als die Lösungskompetenz. Die äußerliche Freiheit beschert uns frag-
würdige Sachzwänge und nur langsam wächst die Einsicht, daß der Mensch
nichts vermag gegen die Natur. Wir erkennen, daß wirkliche Freiheit langfristig
nur durch Handeln im Einklang mit den kosmischen Gesetzen zu erreichen ist.
Im Zyklus der radialsymmetrischen Polyeder kommen drei einander ergänzende
Prinzipien zur Geltung, die uns ein erweitertes Verständnis von Raum unter
Einbeziehung der Zeit ermöglichen. Dieses ist aber eine Voraussetzung für ein
114

Symmetrie Entwurfsvermögen auf der Höhe der Zeit. Das erste und bisher einzig beachtete
Prinzip ist das der Symmetrie. Ihre perfekte Verwirklichung haben wir im Kreis
bzw. in der Kugel. Diese, als Um- oder Inkugel, ist ja auch das Kriterium für die
Mitglieder im Zyklus. Dieses Prinzip ist auch unmittelbar verknüpft mit dem
Prinzip der kleinsten Wirkung, d.h. dem ökonomischsten Umgang mit Energie.
Involution Das zweite Prinzip ist das der Involution bzw. Umstülpung oder Inversion.
Schon kurz nach der theoretischen Fundierung der projektiven Geometrie durch
Jakob Steiner und Christian von Staudt hat Emile Catalan das Involutions-Prin-
zip auf die regelmäßigen Polyeder angewandt, um die nach ihm benannten Kon-
figurationen abzuleiten. Die Polarität und damit der Durchgang durch das Un-
endliche des Nullpinkts ist ein Wesenskern dieser Geometrie. Im Gegensatz
dazu sind wir bis heute in unserer Raumvorstellung im Parallelaxiom der eukli-
dischen Geometrie gefangen und erstarrt. Am deutlichsten sehen wir das am
Vorrang des rechten Winkels im Häuserbau. Erst mit dem Erfassen der
projektiven Geome-trie gelangen wir in die freie Metamorphose "strahlender
Weltgestaltung". Der Strahl des Lichts löst den Raum aus seiner Starre, Zeit und
Entwick-lung gelangen so in unseren Wahrnehmungshorizont und wir gewinnen
die Fähigkeit, schöpferisch Neues hervorzubringen. Goethe hat das weitsichtig
erkannt, als er postulierte: "Jede Pflanze verrät dir die ew´gen Gesetze."
Spirale In diesem Satz ist auch das dritte Prinzip mitgedacht. Es vereinigt gewissermas-
sen die beiden ersten Prinzipien von Kreis und Strahl zur Spirale, wie sie uns in
allem Lebendigen begegnet. Sie ist ein Symbol der Evolution, der Entwicklung
und des maßvollen Wachstums. Wir erleben sie im Aufblühen der Scheitel der
Polyeder, wie beispielsweise im Tetra-Claque.
Das Auge der (projektiven) Vernunft bricht die Vorherrschaft der ermüdeten,
abgestumpften Sinne. Die Dinge erhalten auch in unseren Augen ihre Würde
und Ausdruckskraft wieder zurück. Die radialsymmetrischen Polyeder sind die
sym-bolische Form für ein Bewußtsein, das, bei aller äußerer Wandlungsfähig-
keit der Dinge, den Sinn für deren Wesen, d.h. für deren Form, Integrität und
Qualität, zu wahren imstande ist; kurz: die Fähigkeit zum Sehen mit dem Her-
zen.
Wenn unser Licht- und Raumerleben wieder mit dem lebendigen Ton- und Mu-
sikerleben übereinstimmt, wenn Hören und Sehen wieder eine Einheit bilden,
dann werden wir fähig sein, das symbolische Vermögen des schöpferischen
Menschen in gültige Entwürfe umzusetzen und diese in angemessenen Formen
technisch und / oder organisatorisch zu gestalten. Dabei ist der Entwurf neuer
Sozialarchitekturen, d.h. von angemessenen Organisations- und Kommunika-
tionsstrukturen vordringlich. Das nebenstehende Diagramm zeigt eine interak-
tive Teamstruktur für 30 Personen.
Einige der noch seltenen beispielhaften Fälle in unserer Zeit, in denen techni-
sches Vermögen einerseits und eine lebendige und ursprüngliche Kraft zum Ent-
wurf andererseits zusammengefunden haben, sind etwa die Oper von Sydney
von Jørn Utzon, die Zelt- und Netzstrukturen von Frei Otto oder die Brücken-
konstruktionen von Santiago Calatrava. Raumgestaltung wird hier zu einem Er-
Leb-nis. Die lebendigen Silhouetten vermitteln Leben und Bewegung, und in
allen drei Fällen handelt es sich wohl nicht von ungefähr zugleich auch um
Stätten der Begegnung.
13. Die Symphonie der Polyeder 115
116
Anhang 117

Verzeichnis der Randnotizen und Tabellen


- fortlaufend sortiert
- alphabetisch sortiert

Bildverzeichnis

Tafelübersicht

Tafel Kurztitel Teile


I Gitter
II Entwicklung a,b, c
III Gittergeografie
IV genealogische Tabelle a, b
V genealogische Matrix
VI Strukturachsen
VII keplersche Familie a, b
VIII delische Familie a, b
IX hermetische Familie a, b
X Sternfamilie
XI Stammpolygone
XII Ableitung 34
XIII 2 : 1 Verhältniss
XIV genealogische Gruppierung
XV charakteristische Winkelfunktionen
XVI Konfigurationen im Periodensystem der Elemente
Inhaltsverzeichnis fortlaufend

Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 Information und Gestalt ............... 7 Kapitel 3 Evolution und Rotation ...............21

platonische Körper ............................................ 7 Polarität............................................................21

Moderne ............................................................ 7 Stümpfe............................................................21

Proportionen...................................................... 7 Drehsymmetrie.................................................22

Kulturkritik ....................................................... 8 Tetra-Claque ....................................................22

Anschauliches Denken...................................... 8 Steter Wandel...................................................23

Bilderflut ........................................................... 8 Ökonomie der Großkreise................................23

Information = Bildung ...................................... 8 Scheitel ............................................................24

Barbarei............................................................. 9 Tensegrity ........................................................24

Bildungsnot ....................................................... 9 Wirbel und Strudel...........................................25

Sophisten........................................................... 9 linksherum und rechtsherum............................25

Bildverlust....................................................... 10 sechs platonische Körper .................................25

Entwurf............................................................ 10
Kepler und Galois ........................................... 11
Energie ist in Form.......................................... 11
Kapitel 4 Die armanischen Körper .............27

Kapitel 2 Glasperlenspiel und Polyeder..... 13 Aufblühen ........................................................27

Systematik....................................................... 13 Blüten...............................................................28

Adam / Wyss................................................... 13 Metamorphose der Pflanze ..............................28

Polyeder familien ............................................ 14 Evolution..........................................................29

lebendiger Zyklus............................................ 14 Information ......................................................29

Typus............................................................... 16 Kantenlänge .....................................................30

Information...................................................... 16 Umkugel ..........................................................30

Hüter der Zeit .................................................. 16 Inkugel .............................................................31

Armane............................................................ 17 Polarfläche .......................................................31

Isokomplexe .................................................... 17 Scherung ..........................................................32

Zweiundsiebzig ............................................... 17 Vermehrung .....................................................32

Platon .............................................................. 17 Inkreismittelpunkt = Berührpunkt ...................32

Pythagoras....................................................... 18 zentrische Streckung........................................33

höhere Philosophie.......................................... 18 Tabelle der Armane .......................................34

Chemet ............................................................ 19 Tabelle Grenzverhältnisse 6 - Flächner .......36


Inhaltsverzeichnis fortlaufend

Kapitel 5 Involution und Metamorphose... 37 delische Familie ...............................................59


Gegenbewegung.............................................. 37 keplersche Familie ...........................................59
Rotation........................................................... 37 hermetische Familie.........................................59
Involution ........................................................ 38 Stammpolygone (XI) .......................................59
Additive Synthese ........................................... 38 fortzeugende Körper ........................................59
Abduktive Synthese ........................................ 39 absterbende Körper ..........................................60
Inversion am Kreis .......................................... 39 wie oben so unten ............................................60
Pyramidale ...................................................... 41 genealogische Matrix (V) ................................60
"snapping"....................................................... 41 Blüte, Frucht und Kern ....................................60
vorläufiges Familiensystem ............................ 42 Strukturachsen (VI) .........................................61
Bucky Fuller.................................................... 43 Familienentwicklung .......................................61
"jitterbugging"................................................. 43 Information ......................................................61
simum (lat.) = stupsnasig ............................... 44 "feedback"........................................................61
Asymmetrien................................................... 45 Kommunikation ...............................................62
Spiegelung .......................................................62
Kapitel 6 Geheimnisvolle Pyramidale........ 47 Prozesstypen ....................................................62
innere und äußere archimedische Körper ....... 47 Transformatoren in der Zeit.............................63
Blüten .............................................................. 48 interdimensionale Transformatoren.................63
Pyramiden ....................................................... 48 Familienbilder..................................................63
Kuppeln........................................................... 49 maximale Annäherung an die Kugel ...............63
Hexagon .......................................................... 49
Mineralisation ................................................. 50 Kapitel 8 Unscheinbare Kanten ..................65
unsichtbare Dreiecke....................................... 51 Energiebahnen .................................................65
Asymmetrische Scheitel.................................. 52 Komplexe.........................................................65
Tabelle der Pyramidale ............................... 54 pyramidale Charaktere.....................................66
Rautendiagonalen ............................................66
Kapitel 7 Die Polyederfamilien ................... 57 Gizeh-Pyramiden .............................................67
Rückblick ........................................................ 57 neutrale Pyramidale .........................................67
Gitter (I) .......................................................... 57 platonische Blüten ...........................................69
Zyklus (II) ....................................................... 57 Rollenspiel .......................................................70
Simum-Tetraeder ............................................ 57
Familienstruktur .............................................. 58
Gittergeografie (III) ........................................ 58
Genealogische Tabelle (IV) ............................ 58
Inhaltsverzeichnis fortlaufend

Kapitel 9 Sternkonfigurationen .................. 71 virtuelle Doubletten .........................................91


Ikosaedersterne ............................................... 71 2 : 1 - Verhältnis ..............................................92
Keplerstern ...................................................... 73 Primat der Form ...............................................92
höhere Dimensionen ....................................... 73 108 ...................................................................92
Isokomplexe .................................................... 74 paut = Kreis......................................................93
Der goldene Schnitt auf der Oktaederkante .... 74 Das Organon ....................................................93
Oktaederfünfling ............................................. 75 analog ordnen, gliedern und gestalten .............93
Doppelpyramiden............................................ 77 Winkel sind Angel ...........................................94
Tabelle der Raumwinkel ...............................95
Kapitel 10 Belebende Potenzen................... 83 Harmonikale Wurzeln......................................96
Wirbelkörper ................................................... 83
Gegentetraeder ................................................ 84 Kapitel 12 Energie ist in Form ....................97
Chiralität ......................................................... 84 Der blaue Kristall.............................................97
perfekte Balance.............................................. 84 Moderne Alchemie ..........................................97
Wahrung der Einheit ....................................... 84 Periodensystem der Elemente..........................97
Minimal-Präsenz ............................................. 84 108 natürliche Elemente ..................................97
Ur-Form .......................................................... 85 81 stabile Elemente..........................................98
Elemente.......................................................... 85 Die Zahlen 8 und 9 ..........................................98
dravyas ............................................................ 86 Nebengruppen..................................................98
Universalien .................................................... 86 Elemente des Lebens .......................................99
Der Rat des Universums ................................. 86 Doubletten in den Nebengruppen ....................99
Zentralmonaden .............................................. 87 virtuelle Doubletten und Radioaktive..............99
Klangraum und Weltseele............................... 87 Solitaire............................................................99
Gewichte ......................................................... 88 Hierarchische Ordnung ..................................100
sieben : fünf..................................................... 88 Gestaltreinheit................................................100
zweimalzwölf ................................................. 88 Metallgitter ....................................................101
Licht - Struktur - Farbe ..................................101
Kapitel 11 Organon des Neuen ................... 89 Kristallschwingung ........................................101
durchgehende Chiralität .................................. 89 Melencolia I ..................................................102
Konfiguration .................................................. 89 Symbolisches Vermögen ...............................102
Kategorien....................................................... 90 Logos - der letzte Grund ................................103
der dritte Wirbelkörper ................................... 90 Die Sprache der Natur ...................................103
72 Familienmitglieder ..................................... 90 Kristallwesen .................................................104
54 Originale .................................................... 91 Ätherwirken im Erdenstoff ............................104
Inhaltsverzeichnis fortlaufend

projektive Geometrie .................................... 104


strahlende Weltgestaltung............................. 104
Alles eine Frage der Zeit............................... 105
keimkräftiger Mittelpunkt............................. 105
Levitation ...................................................... 105
Mercury......................................................... 106
Pi ................................................................... 106
Licht organisiert Materie............................... 106
Das Urmineral ............................................... 107
globale Information....................................... 107
Resonanzstörung ........................................... 107
Heil in der 8 .................................................. 107

Kapitel 13 Die Symphonie der Polyeder .. 109


Resonanz ....................................................... 109
Vibration ....................................................... 109
Obertöne........................................................ 110
goldener Schnitt ............................................ 111
wohltemperierte Stimmung........................... 111
Quintenzirkel................................................. 111
Weltharmonik ............................................... 111
Primzahlquadrate .......................................... 112
Symmetrieachsen .......................................... 112
Klangschöpfung ............................................ 112
Rhythmus und Chaos .................................... 113
Einheit von Hören und Sehen ....................... 113
Logarithmen .................................................. 113
Mathematik der Neuzeit : eine neue Stufe
symbolischen Vermögens ................. 113
Symmetrie ..................................................... 114
Involution ...................................................... 114
Spirale ........................................................... 114
Inhaltsverzeichnis alphabetisch

Inhaltsverzeichnis (alphasortiert)

Kapitelübersicht Armane.......................................................... 17
Kapitel 1 Information und Gestalt ............... 7 Asymmetrien................................................. 45
Kapitel 2 Glasperlenspiel und Polyeder..... 13 Asymmetrische Scheitel ............................... 52
Kapitel 3 Evolution und Rotation .............. 21 Ätherwirken im Erdenstoff ......................... 104
Kapitel 4 Die armanischen Körper ............ 27 Aufblühen ..................................................... 27
Kapitel 5 Involution und Metamorphose .... 37 Barbarei........................................................... 9
Kapitel 6 Geheimnisvolle Pyramidale ...... 47 Bilderflut......................................................... 8
Kapitel 7 Die Polyederfamilien ................. 57 Bildungsnot..................................................... 9
Kapitel 8 Unscheinbare Kanten ................. 65 Bildverlust..................................................... 10
Kapitel 9 Sternkonfigurationen.................. 71 Blüte, Frucht und Kern ................................. 60
Kapitel 10 Belebende Potenzen ................... 83 Der blaue Kristall.......................................... 97
Kapitel 11 Organon des Neuen .................... 89 Blüten...................................................... 28, 48
Kapitel 12 Energie ist in Form..................... 97 Bucky Fuller ................................................. 43
Kapitel 13 Die Symphonie der Polyeder ... 109 Chemet (Ägypten)......................................... 19
Chiralität ................................................. 84, 89
delische Familie ............................................ 59
"feedback"..................................................... 61
Der Rat des Universums ............................... 86
"jitterbugging"............................................... 43
Doppelpyramiden.......................................... 77
"snapping"..................................................... 41
Doubletten..................................................... 99
108........................................................... 92, 97
dravyas .......................................................... 86
2 : 1 .............................................................. 92
Drehsymmetrie.............................................. 22
54................................................................... 91
Einheit von Hören und Sehen ..................... 113
72................................................................... 90
Elemente ................................................. 85, 99
81................................................................... 98
Energie ist in Form ................................. 11, 97
Abduktive Synthese ...................................... 39
Energiebahnen .............................................. 65
absterbende Körper ....................................... 60
Entwurf ......................................................... 10
Adam / Wyss................................................. 13
Evolution....................................................... 29
Additive Synthese ......................................... 38
Familienbilder............................................... 63
Alchemie ................................................. 19, 97
Familienentwicklung .................................... 61
analog ordnen, gliedern und gestalten .......... 93
Familienstruktur............................................ 58
Anschauliches Denken.................................... 8
Inhaltsverzeichnis alphabetisch

fortzeugende Körper ..................................... 59 keplersche Familie ........................................ 59


Gegenbewegung............................................ 37 Keplerstern.................................................... 73
Gegentetraeder .............................................. 84 Klangraum und Weltseele............................. 87
genealogische Matrix (V) ............................. 60 Klangschöpfung .......................................... 112
Genealogische Tabelle (IV) .......................... 58 Kommunikation ............................................ 62
Gestaltreinheit ............................................. 100 Komplexe...................................................... 65
Gewichte ....................................................... 88 Konfiguration................................................ 89
Gitter (I) ........................................................ 57 Kristall .......................................... 97, 101, 104
Gittergeografie (III) ...................................... 58 Kulturkritik ..................................................... 8
Gizeh-Pyramiden .......................................... 67 Kuppeln......................................................... 49
globale Information..................................... 107 lebendiger Zyklus ......................................... 14
goldener Schnitt .................................... 71, 111 Levitation .................................................... 105
harmonikale Wurzeln.................................... 96 Licht - Struktur - Farbe ............................... 101
Heil in der 8 ................................................ 107 Licht organisiert Materie ............................ 106
hermetische Familie ...................................... 59 linksherum und rechtsherum......................... 25
Hexagon ........................................................ 49 Logarithmen................................................ 113
Hierarchische Ordnung ............................... 100 Logos - der letzte Grund ............................. 103
höhere Dimensionen ..................................... 73 Mathematik der Neuzeit ......................... 7, 113
höhere Philosophie........................................ 18 maximale Annäherung an die Kugel ............ 63
Hüter der Zeit ................................................ 16 Melencolia I ................................................ 102
Ikosaedersterne ............................................. 71 Mercury....................................................... 106
Information............................. 8,16, 29, 61, 107 Metallgitter ................................................. 101
Inhalt ............................................................... 6 Metamorphose der Pflanze ........................... 28
Inkreismittelpunkt = Berührpunkt................. 32 Mineralisation ............................................... 50
Inkugel .......................................................... 31 Minimal-Präsenz........................................... 84
innere und äußere archimedische Körper ..... 47 Moderne .......................................................... 7
interdimensionale Transformatoren .............. 63 Nebengruppen............................................... 98
Inversion am Kreis ........................................ 39 neutrale Pyramidale ...................................... 67
Involution .............................................. 38, 114 Obertöne ..................................................... 110
Isokomplexe ............................................ 17, 71 Ökonomie der Großkreise............................. 23
Kantenlänge .................................................. 30 Oktaederfünfling........................................... 75
Kategorien..................................................... 90 Das Organon ........................................... 89, 93
keimkräftiger Mittelpunkt........................... 105 paut = Kreis................................................... 93
Kepler und Galois ......................................... 11 perfekte Balance ........................................... 84
Inhaltsverzeichnis alphabetisch

Periodensystem der Elemente ....................... 97 Spiegelung .................................................... 62


Pi ................................................................. 106 Spirale ......................................................... 114
Platon ............................................................ 17 Die Sprache der Natur ................................ 103
platonische Körper .......................................... 7 Stammpolygone (XI) .................................... 59
platonische Blüten......................................... 69 steter Wandel ................................................ 23
Polarfläche .................................................... 31 strahlende Weltgestaltung........................... 104
Polarität ......................................................... 21 Strukturachsen (VI) ...................................... 61
Polyederfamilien .......................................... 14 Stümpfe......................................................... 21
Primat der Form ............................................ 92 Symbolisches Vermögen .................... 102, 113
Primzahlquadrate ........................................ 112 Symmetrie................................................... 114
projektive Geometrie .................................. 104 Symmetrieachsen ........................................ 112
Proportionen.................................................... 7 Systematik..................................................... 13
Prozesstypen ................................................. 62 Tabelle der Armane .................................... 34
Pyramidale .................................................... 41 Tabelle der Pyramidale .............................. 54
pyramidale Charaktere .................................. 66 Tabelle Grenzverhältnisse 6 - Flächner .... 36
Pyramiden ..................................................... 48 Tabelle der Raumwinkel ............................ 95
Pythagoras..................................................... 18 Tensegrity ..................................................... 24
Quintenzirkel............................................... 111 Tetra-Claque ................................................. 22
Radioaktive ................................................... 99 Transformatoren in der Zeit.......................... 63
Rautendiagonalen.......................................... 66 Typus ............................................................ 16
Resonanz ..................................................... 109 Umkugel ....................................................... 30
Resonanzstörung ......................................... 107 Universalien .................................................. 86
Rhythmus und Chaos .................................. 113 unsichtbare Dreiecke .................................... 51
Rollenspiel .................................................... 70 Ur-Form ........................................................ 85
Rotation......................................................... 37 Das Urmineral............................................. 107
Rückblick ...................................................... 57 Vermehrung .................................................. 32
Scheitel.......................................................... 24 Vibration ..................................................... 109
Scherung ....................................................... 32 virtuelle Doubletten ................................ 91, 99
sechs platonische Körper .............................. 25 vorläufiges Familiensystem .......................... 42
sieben : fünf................................................... 88 Wahrung der Einheit..................................... 84
simum (lat.) = stupsnasig ............................. 44 Weltharmonik ............................................ 111
Simum-Tetraeder .......................................... 57 wie oben so unten ......................................... 60
Solitaire ......................................................... 99 Winkel sind Angel ........................................ 94
Sophisten......................................................... 9 Wirbel und Strudel........................................ 25
Inhaltsverzeichnis alphabetisch

Wirbelkörper ........................................... 83, 90


wohltemperierte Stimmung......................... 111
Die Zahlen 8 und 9........................................ 98
Zeit .............................................................. 105
Zentralmonaden ............................................ 87
zentrische Streckung ..................................... 33
zweimalzwölf ............................................... 88
Zweiundsiebzig ............................................. 17
Zyklus (II) ..................................................... 57
Bild - Index

Bild 1 platonische Körper ..........................7 Bild 30 Asymmetrien


Bild 2 T-C Tetra-Claque ..........................22 der "alten" Würfelfamilie ................45

Bild 3 T-C Phasen ....................................22 Bild 31 Pyramidenpolar des OE-B...............51

Bild 4 Scheitel Tensegritoy......................24 Bild 32 Pyramidenpolar des HE-B...............51

Bild 5 Tensegegritoy-TE..........................24 Bild 33 Pyramidenpolar des RDE-B ............52

Bild 6 Aufblühen IE zu IE-B ...................27 Bild 34 Pyramiden-KOE ? ...........................52

Bild 7 Zentralverschluß............................27 Bild 35 Konstruktion des Polardreiecks.......53

Bild 8 gegenläufige Rotation Bild 36 Rhomboedergruppe der


zweier Dreiecke ............................28 Pyramidalen .....................................54
Bild 9 Vom RDE zum RDE-B .................29 Bild 37 Pentaedergruppe der Pyramidalen...54
Bild 10 Vom PIT zum PIT-B Bild 38 Deltaedergruppe der Pyramidalen ....55
und vom DIT zum DIT-B .............30 Bild 39 Komplexe ........................................65
Bild 11 beschnittene Raute in Umkugel ....30
Bild 40 Pyramide im Würfel ........................67
Bild 12 Scherung zweier Rechtecke ..........32
Bild 41 Dodekaeder im Kepl. Körper ..........69
Bild 13 zentrische Streckung ......................33
Bild 42 Keplerstern ......................................73
Bild 14 Armane der Rhomboedergruppe ...34
Bild 43 sich durchdringende Tetraeder
Bild 15 Armane der Pentaedergruppe........34 im Wellenbild ...................................74
Bild 16 Armane der Deltaedergruppe ........35 Bild 44 Oktaederfünfling .............................75
Bild 17 Rotation zweier Dreieck eim T-C .37 Bild 45 Isotrioktaeder...................................77
Bild 18 linker und rechter Handschuh .......38 Bild 46 "Metamorphose II" ..........................80
Bild 19 Wasserwirbel.................................38 Bild 47 "Reptilien" .......................................80
Bild 20 Vester-Helix ..................................38 Bild 48 TE-Fünfling .....................................83
Bild 21 Vibration .......................................39 Bild 49 Dravyas............................................86
Bild 22 Schnecke .......................................39 Bild 50 Tetraedrische Originale ...................90
Bild 23 Ausstülpung am Dreieck ...............39 Bild 51 Weltenbaumeister I..........................96
Bild 24 Umstülpung des Würfels Bild 52 Weltenbaumerister II.......................96
zum Oktaeder ................................40
Bild 53 "Melencolia I" ...............................102
Bild 25 Komplementäre Scheitel und Flächen:
Blüten und Pyramiden...................41 Bild 54 Primzahlkreuz................................108
Bild 26 "snapping" OE - RDE -Würfel.....41 Bild 55 Tetra-string .....................................109
Bild 27 herkömmliche Würfelfamilie ........42 Bild 56 Okta-string.....................................110
Bild 28 Jitterbugging..................................44

Bild 29 RDE - Simum-Würfel ..................... 44


Der Polyederzyklus

Anhang: Sechzehn Tafeln


Tafelübersicht

Tafel Kurztitel Teile


I Gitter
II Entwicklung a,b, c
III Gittergeografie
IV genealogische Tabelle a, b
V genealogische Matrix
VI Strukturachsen
VII keplersche Familie a, b
VIII delische Familie a, b
IX hermetische Familie a, b
X Sternfamilie
XI Stammpolygone
XII Ableitung 34
XIII 2 : 1 Verhältniss
XIV genealogische Gruppierung
XV charakteristische Winkelfunktionen
XVI Konfigurationen im Periodensystem der Elemente

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