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18 15:40 Seite 1

Soeben
erschienen
ISSN 0721-0752

Henry George
Fortschritt und Armut
Eine Untersuchung über die
Ursache der industriellen Krisen
und der Zunahme der Armut bei ZEITSCHRIFT FÜR
ZfSÖ SOZIALÖKONOMIE
zunehmendem Reichtum
Herausgegeben und eingeleitet von Dirk Löhr
514 Seiten Hardcover · 22,80 EUR
ISBN 978-3-7316-1249-0

Deutsch von C.D.F. Gütschow 1880.


Überarbeitung der deutschen Übersetzung
von Florenz Plassmann (Robert Schalkenbach
Foundation, New York, 1998) und
Dirk Löhr (2017)

Henry George, der bedeutende Bodenreform-Theoretiker, wurde verschiedent-


lich als der letzte große klassische Ökonom bezeichnet. Das Hauptwerk von Helmut Woll 3 Homo oeconomicus technicus
Henry George war über Dekaden hinweg eines der am meisten gelesenen
Bücher. Die auf den Arbeiten von Henry George beruhende Denkschule wird Bernadette-Julia Felsch 11 Von den Physiokraten bis zur
auch "Geoklassik" genannt. Neoklassik – Henry George und der
Ausgangspunkt seiner Untersuchungen war die Fragestellung, warum gerade vergessene Faktor Land
in den sich entwickelnden Industriegesellschaften trotz eines enormen An-
stiegs der Produktivität die Armut überhandnahm. Henry George nahm dabei Hans-Jochen Vogel 19 Bedarf es wirklich keiner
in vielerlei Hinsicht die Ideen der französischen Physiokraten wieder auf, Bodenrechtsreform? –
ging allerdings gedanklich weit über diese hinaus. Er betrachtete – ähnlich Eine verdrängte Herausforderung
wie die Physiokraten – Boden (incl. Natur) und Arbeit als die originären, und
Kapital lediglich als einen abgeleiteten Produktionsfaktor. Damit steht das Fabian Thiel 25 Eigentum – auch Bodeneigentum –
Werk von Henry George der neoklassischen Lehre diametral entgegen, welche verpflichtet! – Zur Entstehungsge-
die bis heute weitgehend "bodenlose" Wirtschaftswissenschaft prägt. Ob- schichte, Auslegung und Bedeutung
wohl Henry George zwar das Privateigentum an Grund und Boden grundsätz-
von Artikel 14 Abs. 2 Grundgesetz
lich ablehnte, wollte er es aus politisch-pragmatischen Gründen nicht ab-
schaffen. Stattdessen sollte es über die Wegsteuerung der Bodenerträge "ent- Dirk Löhr 31 Wege und Irrwege der aktuellen
kernt" werden. Bodenreformdiskussion
Zwar ist in Deutschland das Werk von Henry George weitgehend in Verges-
senheit geraten, doch hat es v.a. in den angelsächsischen Ländern einen Ulrich Kriese & Henry Wilke 46 Grundsteuerreform – Schlägt jetzt die
bleibenden Eindruck hinterlassen. Darüber hinaus beinhaltet insbesondere die Stunde der einfachen Lösungen?
ökonomische Verfassung der asiatischen "Tigerstaaten" geoklassische Elemen-
te. Allen voran zu nennen sind Hong Kong und Singapur, die ihre Staats- Elisabeth Meyer-Renschhausen & 51 Allmenden, Commons und Gemein-
finanzen zu einem großen Teil aus der Abschöpfung der Erträge und Werte Klaus Prätor heit – Vom Verschwinden und
des vornehmlich in staatlichem Eigentum liegenden Bodens bestreiten und Wiederauftauchen der Allmenden
im Gegenzug die konventionellen Steuern minimiert haben. So konnten sich
diese Standorte innerhalb weniger Jahrzehnte von unbedeutenden Ansied- 61 Bericht – Bücher – Personalie
lungen zu Weltzentren von Handel und Finanzen entwickeln.
Diese Ausgabe von "Fortschritt und Armut" macht das Hauptwerk von Henry
George nach vielen Jahrzehnten erneut in deutscher Sprache zugänglich.

 

  

ZfSÖ 196/197.
55. Jahrgang Folge Mai 2018
3

Der Homo oeconomicus technicus


Helmut Woll

Der Homo oeconomicus, das rational handeln- Atombombe in den 1950er Jahren oder die Frage
de, egoistische Wirtschaftssubjekt ist in der nach Technik und Herrschaft in den 1970er Jah-
weltweiten Finanzkrise 2008 gescheitert. Der ren. Autoren wie Karl Jaspers mit seinem Buch
Markt als Steuerungsinstrument versagte. Naive zur Atombombe, Günther Anders über die „Anti-
Finanztransaktionen und offensichtliche Betrü- quiertheit des Menschen“, Robert Jungk mit sei-
gereien führten zu einer nicht vorhergesagten nem „Atomstaat“, Martin Heidegger mit seiner
Weltwirtschaftskrise. Zum ersten Mal wirkte sich „Technik und die Kehre“, Otto Ullrichs „Technik
auch das Internet wirtschaftlich verheerend aus. und Herrschaft“, die „Megamaschine“ von Lewis
Durch die weltweite Vernetzung breitete sich die Mumford, Ivan Illichs „Selbstbegrenzung“, Peter
Krise blitzschnell über die Kontinente aus und Bulthaups Kritik an den Naturwissenschaften,
vertiefte sich in rasender Geschwindigkeit. Raum Joseph Weizenbaums „Macht der Computer und
und Zeit wurden neu vermessen. Der Homo oeco- die Ohnmacht der Vernunft“ und die Brüder
nomicus mutierte zu einem Homo oeconomicus Dreyfus mit ihrer Frage, was Computer nicht kön-
technicus. Ein unheilvolles Zusammenspiel von nen, haben diese technik-kritische Diskussion
Finanzkonstrukten und algorithmischer Techno- maßgeblich mitgeprägt.
logie entwerte Millionen von Arbeitsplätzen und Dabei versteht sich Jünger nicht als ein Feind
Billiarden von Finanzmitteln. der Technik. Aber er analysiert schonungslos ihre
Perfektionierung. Darunter versteht er nicht so
1 Die Qualität der Technik sehr die technische Apparatur, sondern vielmehr
das technische, bürokratische Denken. Der Unter-
Das westliche Fortschrittsmodell basiert auf gang der Titanic ist für ihn ein Schlüsselerlebnis.
Wachstum, Wohlstand und Demokratie. Durch Hier zeigen sich für ihn die Folgen einer über-
Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse, triebenen Technisierung, hier räche sich der Glau-
durch Technikeinsatz soll das Leben angenehmer be an einen immerwährenden technischen Fort-
und leichter werden. Die ökonomische Diskussion schritt, hier offenbare sich die Illusion, dass
behandelt dabei die Technik nur als eine Rest- technische Entwicklung immer auch mit einer so-
größe. Die hohe, technologische Arbeitslosigkeit zialen oder menschlichen Entwicklung einherge-
und die damit verbundenen Wirtschaftskrisen hen würde. Auch nimmt nach Jünger die Technik
weisen aber immer wieder auch auf den techno- dem Menschen keine Arbeit ab, sondern schaffe
logischen Wandel hin. Außerdem ist durch die neue Arbeit und beseitige dabei Muße und die
Diskussion um die Kernenergie die Frage nach Fähigkeit zur freien Betätigung. „Muße ist nicht
der Qualität der Technik nicht mehr wegzuschie- ein bloßes Nichtstun, ein Zustand der negativ
ben. Dichter und Philosophen haben sich aller- bestimmt werden kann; sie setzt ein müßiges,
dings schon früh dieser Frage angenommen. So musisches, geistiges Leben voraus, durch das sie
hat Friedrich Georg Jünger schon in den 1940 fruchtbar wird und Sinn und Würde erhält.“
Jahren ein Grundübel der modernen Zeit in „Die (Jünger 1993, S. 14)
Perfektion der Technik“ beschrieben. Gemessen am impliziten Maßstab eines empha-
Ohne Übertreibung hat Jünger die Diskus- tischen, musischen und künstlerischen Daseins,
sion um die Technik in der bundesdeutschen an einem kreativen, handwerklichen Leben schaffe
Nachkriegsentwicklung wesentlich mitgeprägt. die moderne technische Welt keinen echten Fort-
Man denke nur an die Diskussion über die schritt. Das Gegenteil ist nach Jünger der Fall:

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4 Helmut Woll: Der Homo oeconomicus technicus

die Ressourcen werden verschleudert, die Natur Am stärksten ist nach diesem Verständnis der
ausgebeutet, die Menschen hektisiert und das Raubbau in der Landwirtschaft zu beobachten.
Handwerk seiner Ehre beraubt. Es entstehe kein Nicht mehr die Pflege der Tiere, das Anbauen
wirklicher Reichtum, sondern eher eine wirt- und Züchten der Pflanzen stehe im Vordergrund,
schaftliche und kulturelle Armut. „Der Zweck der sondern die technische Bearbeitung der Natur
Organisation ist leicht einzusehen. Ihr hervor- mit Maschinen und chemischen Mitteln. Es wür-
stechendes Merkmal aber ist nicht die Mehrung de alles getan werden, um von der Natur unab-
des Reichtums, sondern die Verteilung der Ar- hängig zu werden. Nicht mehr die Einfühlung in
mut. Indem die Armut verteilt wird, geschieht die Natur sei die Zielsetzung, sondern industriel-
etwas, das sich nicht verhindern lässt, sie brei- le Verhältnisse in der Landwirtschaft zu schaf-
tet sich aus. Sie muss deshalb immer von neu- fen.
em, sie muss kontinuierlich verteilt werden, und Die technische Apparatur sei nicht mehr nur
so wird sie auch immer von neuem und kontinu- menschlichen Ursprungs, hier herrschen nach
ierlich ausgebreitet.“ (Jünger 1993, S. 24) Es ent- Jünger andere Kräfte. In Anlehnung an die grie-
stehe ein Teufelskreis: Der technische Fortschritt chischen Mythen spricht er von der Herrschaft
baue die Natur ab und mit technischen Mitteln der Titanen. „Es ist offenbar, dass die Götter den
will man wiederum den Mangel beheben. Homo faber nicht lieben, dass sie ihn bald ge-
Mit der Perfektion der Technik wachse die waltsam bekämpfen, bald nur, wie den Hephais-
Notwendigkeit der Bürokratie. Organisatoren, tos, als eine halb burleske Figur neben sich dul-
Bürokraten und Kontrolleure werden gebraucht, den. Der Trotz und die Anmaßung des Titanen
die den Prozess in Schwung halten. Es entstehe werden von ihm bekämpft. Alle Technik aber ist
ein toter Apparat, ohne Keimen, Sprießen, Knos- titanischen Ursprungs, der Homo faber gehört
pen, Blühen und Reifen, aber trotzdem für viele immer zu den Titaniden. Daher sind es die vulka-
Menschen faszinierend. Jünger wundert sich dar- nischen Landschaften, in denen wir ihm zuerst
über. Der technische Apparat verwüste die Land- begegnen. Und daher stammt seine Vorliebe für
schaft durch Dreck, Staub, Lärm, Radioaktivität. das Ungeheure, Riesenhafte, Kolossale, seine Lust
Auch die Landwirtschaft werde von diesem Pro- an Werken, die durch ihre quantitative Masse,
zess ergriffen. Die künstliche Düngung verseuche durch das Wuchern der Materie hervorstechen.“
die Natur, produziere Missernten und Unfrucht- (Jünger 1993, S. 176f) In der Prometheus-Mythe
barkeit. Der technische Apparat basiere zwar auf sieht Jünger die Überlieferung, die uns das Ver-
rationalen Erwägungen, diese deckten sich aber ständnis für diese Entwicklung liefert. Somit zei-
nicht mit wirtschaftlicher Vernünftigkeit. Das ge der homo faber kaum Verständnis für die
technische Denken sei imperial und dränge auf Maßordnung des Schönen und für die künstle-
Vollständigkeit, auf rasche Umsetzung, und be- rische Gestaltung. Statt Bescheidenheit setze
schleunige die Prozesse. Dies führe nicht zu sta- sich Macht durch, statt Muße erleben die Men-
bilen wirtschaftlichen Verhältnissen, sondern zum schen eine hektische Betriebsamkeit. „Der Tech-
genauen Gegenteil. Das technisch Machbare sei niker ist auch in seinem geistigen Wissen ein
wirtschaftlich nicht zu finanzieren. Hinkender. Er ist einäugig wie alle Kyklopen.
Soziale, religiöse, politische und ästhetische Sein Empirismus schon deutet darauf hin. Ihm
Gesichtspunkte würden hinfällig werden. „Nicht bereitet die Frage, wohin seine Bemühungen
Wirtschaftsgesetze sind es, denen die Technik führen, kein Kopfzerbrechen. Seine Sachlichkeit
dient; es ist ein wachsender Grad von Techni- besteht eben darin, dass er dieser Frage aus-
zität, dem die Wirtschaft unterworfen wird. Wir weicht, denn sie liegt außerhalb der Grenzen,
steuern auf einen Zustand zu, wo die Technizität die seiner Arbeit gezogen sind.“ (Jünger 1993,
des Arbeitsvorgangs wichtiger ist als jeder Ge- S. 177)
winn, den er abwirft. Das heißt, er muss auch Die „Perfektion der Technik“ wurde von Jün-
dann durchgeführt werden, wenn er mit Verlus- ger bereits 1939 verfasst und liest sich wie ein
ten betrieben wird.“ (Jünger 1993, S. 35) großer Aufschrei gegen die planetarische Büro-

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Helmut Woll: Der Homo oeconomicus technicus 5

ist Sinnbild des Titanischen.


Sysiphusarbeit ist jede Arbeit,
die der Anstrengung bedarf, bei
der aber nichts herauskommt.
Wo kein Maß ist, kann nichts
Großartiges geleistet werden.
Im Unmaß, das den Göttern
verhasst ist, steckt etwas Prah-
lerisches und Friedloses. „Der
Mensch, der kein Maß hat, be-
hält etwas Unfertiges. Es haftet
ihm nichts an, weil das Wollen
den ihm zugeordneten Bereich
des Erreichbaren überschreitet.
Solche Menschen scheinen, wenn
sie ihren Anlauf nehmen, am
Abb. 1: „Illusion der Technik“ stärksten und ganz unüberwind-
lich zu sein. Dann aber verfeh-
kratisierung der Welt. Der Leser findet eine Un- len sie das Ziel und stürzen ins Leere; sie fallen
zahl von Argumenten, die – meist ohne explizi- in die unterirdischen Räume hinab.“ (Jünger 1994,
ten Hinweis – in den 1970er Jahren von der Um- S.116)
weltbewegung und Technikkritik in Zusammen- Wo die Götter sich von den Menschen zurück-
hang mit Argumenten von anderen Autoren vor- ziehen, macht sich der Herrschaftsanspruch der
getragen wurden. Die Argumentationslinien sind Titanen geltend. Sie sind unsterblich und wollen
allerdings nicht immer identisch. Während die ihre alte Macht immer wieder herstellen. Tita-
Umweltbewegung auch stark antikapitalistisch nisch ist nach Jünger der Mensch, der sich ganz
argumentierte, überwiegt bei Jünger die Kritik auf sich selbst verlässt. „Das Streben des Men-
am technischen Denken. Er nimmt sogar die Öko- schen nach schrankenloser Freiheit und Unab-
nomen vor den Technikern in Schutz. hängigkeit ist titanisch, und wo es durchdringt,
dort erscheint auch sein Regulativ, die mecha-
2 Der titanische Mensch nisch arbeitende Notwendigkeit, die als Korrek-
tiv eines solchen Strebens hervortreten muss.
Auf die Titanen verweist Jünger in seinem Das ist das Ende des Prometheischen, welches
Buch „Die Perfektion der Technik“ allerdings nur dem Zeus wohl bewusst ist.“ (Jünger 1994, S.
am Rande und in Andeutungen. Erst im Buch 117)
„Griechische Mythen“ hat er das Wesen der Wille, Verstand und Empfindung verbinden
Götter und der Titanen ausführlich dargestellt, den Menschen mit dem Titanischen. In der
so dass ein Verständnis der „Perfektion der Überschätzung des eigenen Willens neige er
Technik“ ohne dieses Buch unzulänglich bleiben dazu, das göttliche Maß zu vergessen. Ohne Maß
muss. Der titanische Mensch wird dort als ein gäbe es keine Größe. „Im Begriff des Maßes
Willensmensch geschildert, der durch Nachah- steckt das Verhältnis von Urbild und Ebenbild,
mung titanischer Kräfte seinen Willen auszubil- und daraus ergibt sich Gültigkeit. Herakles ist
den sucht. Dabei will er etwas Unerreichbares ein Ebenbild des Zeus und hat Maß und Größe.“
verwirklichen und unterliegt der Anstrengung. (Jünger 1994, S. 118) Die göttlichen Weisheiten
Die Götter strafen ihn, so dass er immer in die- „Nichts zu sehr“ und „Erkenne dich selbst“ sind
sen Prozess eingebunden bleibt. nach Vorstellungen des Autors notwendige Rie-
Sysiphus, der unermüdlich den Felsblock den gel, die den Menschen vor dem Titanischen
Berg hinaufrollt, der ihm aber immer entgleitet, schützen.

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6 Helmut Woll: Der Homo oeconomicus technicus

3 Technisierung und Eigentum Raum und Zeit werden als Mechanismus konstru-
iert. Messbarkeit, Teilbarkeit und Wiederholbar-
In diesem großen Teilbereich wendet Jünger keit werden neue Kriterien für die Beurteilung
in bekannter, nüchterner Weise seine Thesen auf von Prozessen. Die Maschine bringe die sozialen
ökonomische Fragestellungen an. Es geht hier Theorien des 19. Jahrhunderts zum Vorschein:
um die Veränderung der Arbeitsorganisation, des „Der Sozialismus des neunzehnten Jahrhunderts,
Geldwesens und des Eigentums, ja es geht ei- soweit er Einfluss gewinnt, ist ein Maschinen-
gentlich auch um die Veränderung der Ökonomie sozialismus. Oder um es genauer zu sagen, er ist
insgesamt. Die Technik sei dabei nicht der Ur- ein Sozialismus, hinter dem die Maschine steht,
sprung der geschichtlichen Bewegung, wir neh- der von der Maschinerie her seine Impulse, seine
men nur die Veränderung an ihr wahr. Willensimpulse erhält. Die Veränderungen, wel-
Die Arbeitsorganisation müsse sich dem tech- che die Maschinen im Leben des Menschen her-
nischen Mechanismus anpassen. Es setzten sich vorbringen, die Folgen einer maschinell fort-
damit automatische Strukturen in den Fabriken schreitenden Arbeitsteilung sind der Ausgangs-
durch. „Die neue Apparatur ruft eine neue Orga- punkt der sozialen Theorie. Wir können das an
nisation der Arbeit hervor. Die Organisation der jeder Stufe nachprüfen, welche die Durchbildung
Arbeit wiederum ruft Apparaturen hervor. Eine der Theorie erreicht.“ (Jünger 1993, S. 207)
Fabrik, welche Kraftwagen herstellt, kann diese Der Maschinenkapitalismus und der Finanz-
Apparaturen aus sich heraus nur entlassen, weil kapitalismus würden zusammen arbeiten, das
eine Organisation der Arbeit schon vorhanden Bankwesen entfaltet dabei eine nie gekannte
ist, denn für diese allein sind die zum Gebrauch Energie. Das Geld gehe quasi von einem festen
fertigen Kraftwagen bestimmt. Wiederum ist die Aggregatzustand in einen flüssigen über. Während
Organisation der Arbeit auf die Kraftwagen das Geld in seiner ursprünglichen Funktion nach
angewiesen, die ihr von der Fabrik geliefert wer- Jünger aus dem Verkehr des Menschen mit den
den.“ (Jünger 1993, S. 204) Göttern entstand, schwindet dieser Zusammen-
Die folgende Abbildung verdeutlicht die Jün- hang vollends aus dem Bewusstsein und aus der
gersche Argumentation: Praxis. Der Autor begründet das Geld also nicht
aus dem Austausch – wie dies üb-
licherweise geschieht – , sondern
als Sakralgeld. „Schon in frühen
Zeiten finden wir das Geld an die
Tempelbezirke geknüpft, finden
wir die Priester als Verwahrer von
Geld und Depositen. Der Tempel
ist zugleich die erste Bank, von
der wir Kenntnis haben, die Pries-
ter sind die ersten Bankiers. Er-
innert sei hier an die Fülle kost-
barer Weihgeschenke, die in den
Tempeln zusammenströmten, und
unter ihnen an die griechischen
Dreifüße, die nicht nur Hausge-
räte waren, sondern auch Kampf-
Abb. 2: „Maschine und Eigentum“ preise, Ehrengeschenke und Kult-
gegenstände.“ (Jünger 1993, S.
Die Technica intentionalis löse sich von der 217) Hier lässt sich also – wie schon an anderer
Technica naturalis mit weitreichenden Folgen. Stelle beschrieben – die mythische Rückbindung
Die mechanische Bewegung verselbständige sich, seiner Argumente wiederfinden.

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Helmut Woll: Der Homo oeconomicus technicus 7

Die Perfektion der Technik verändere die Rolle als eine Einheit an, wobei der Aufsatz zu den
des Sakralgeldes, es werde in der Neuzeit zum Weltkriegen eher als Anhang gedacht war.
anonymen säkularen Tauschmittel. Das profane Jüngers Thesen arbeiten sehr gut markante
Geld fördere die Zirkulationsgeschwindigkeit, die Entwicklungspunkte heraus, wobei der Hinweis
Sachlichkeit und werde zu einer brutalen Peit- auf das Sakralgeld und die These von der Zer-
sche im ökonomischen Prozess. Der Handwerker störung des Eigentums durch den technischen
werde dabei zum ruhelosen Arbeiter degradiert. Fortschritt durch Börsenspekulationen und tech-
Auch das Eigentum verändere dabei seinen ur- nologisch bedingte Arbeitslosigkeit unmittel-
sprünglichen Charakter. Der technische Automa- bar – für die heutige Zeit – diskussionswürdig
tismus wende sich gegen die ökonomische Grund- sind.
kategorie der Gesellschaft. „Der Maschinenkapi-
talismus höhlt die Ordnung des Eigentums mehr 4 Vom Mythos von der Neutralität
und mehr aus, indem er seinen dynamischen der Technik zum Zusammenhang
Kraftbegriff gegen das ruhende, in sich geschlos- von Technik und Herrschaft
sene Eigentum wendet. Das Eigentum wird zu-
nächst Scheineigentum und verfällt dann der Joseph Weizenbaum hat schon sehr früh auf
Kollektivierung.“ (Jünger 1993, S. 240) die Gefahren des Computerzeitalters und auf die
Mit der Auflösung des Eigentums löst sich nach Urteilsfähigkeit des Individuums hingewiesen. Er
Jünger auch die Ökonomie auf. Der technische hat den populären Mythos von der Neutralität der
Automatismus verschlingt immer mehr Kapital- Technik widerlegt. Er plädiert für die Wiederher-
massen, da unendlich viele technische Lösungen stellung subjektiver Urteilsfähigkeit und verant-
möglich werden und schon bei der Einführung wortlichen Nachdenkens über die gesellschaft-
veraltet sind. Damit wird aber diese technische lichen Folgen der ‚instrumentellen Vernunft‘, die
Entwicklung nicht mehr bezahlbar. Die Ausdeh- durch den Computer evoziert wurde. „Die Kontra-
nungswucht übersteigt jegliche ökonomische henten auf der einen Seite glauben, kurz gesagt,
Machbarkeit und soziale Notwendigkeit. Die Ei- dass man mit Computern alles machen könne
gentumsordnung verwandelt sich notgedrungen und solle und dass man auch dazu in der Lage
durch die technische Apparatur in den Kollek- sein werde, während die Gegenseite, zu der auch
tivismus und in eine Form von Totalitarismus. ich mich rechne, der Ansicht ist, dass das Auf-
„Der mit Maschinen arbeitende Kapitalismus, der gabengebiet begrenzt ist, auf dem man Compu-
sich auf das Eigentum stützt, kann nur ein Pro- ter einsetzten sollte.“ (Weizenbaum 1977, S. 26)
visorium sein; er steuert auf das technische Kol- Es entsteht eine reduzierte demokratische Wil-
lektiv zu und wird von ihm aufgenommen, wenn lensbildung. „Der neue Konformismus, der uns
die Mechanisierung einen zulänglichen Grad er- erlaubt, alles zur Sprache zu bringen, nur nicht
reicht hat. Wie die Erfahrung lehrt, wird dieser die wenigen einfachen Wahrheiten, die in unsere
Grad bei den mechanischen Verkehrs- und Trans- Herzen und in die Heiligen Bücher einer jeden
portmitteln zuerst erreicht. Der private Maschi- der vielen Religionen der Menschheit geschrieben
nenkapitalismus ist die Ausgangsstellung für das sind, gibt unglücklicherweise alle Argumente,
technische Kollektiv. Das technische Kollektiv die sich auf diese Wahrheiten gründen – gleich-
macht sich selbst zum Kapitalisten.“ (Jünger gültig, wie durchdacht oder eloquent sie vorge-
1993, S. 253) bracht werden – in den Augen der Naturwissen-
Diese Thesen zur Ökonomie stellen für Jünger schaftler und Techniker der Lächerlichkeit preis,
eine Ergänzung zu seinen Ausführungen zur denen gegenüber sie ausgesprochen werden.“
Entwicklung der Technik dar und sie sind metho- (Weizenbaum 1977/ S. 346)
disch auf dem gleichen Niveau geschrieben. In- Großtechnologien in riesigen Unternehmen
sofern sieht er zu Recht sein Buch mit den ge- werden nicht mehr hinterfragt. Man ist schon
nannten drei Teilen: „Die Perfektion der Technik“, froh, wenn sie Steuern zahlen. Ein Zusammen-
„Die Weltkriege“ und „Maschine und Eigentum“ hang zwischen Technik und Herrschaft ist nicht

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8 Helmut Woll: Der Homo oeconomicus technicus

mehr Thema. Dabei hat Otto Ullrich schon in den müssen bestimmen, was ‚technischer Fortschritt‘
1970er Jahren Jüngers philosophische Technik- ist. Eine solche Neuinterpretation des techni-
kritik auf einen politisch-ökonomischen Punkt schen Fortschritts und des ‚Fortschritts‘ über-
gebracht. Er postulierte als Erster eine struktu- haupt ist auch unerlässlich für eine Partei- und
relle Affinität zwischen der ‚Logik des Kapitals‘ Gewerkschaftspolitik, die nicht nur hinter den
und der kapitalistischen Technologie in den In- Rationalisierungsschüben des Industriesystems
dustriestaaten. Die Logik des Kapitals heißt im- hinterherlaufen will, die sich nicht damit begnü-
mer schneller, immer mehr, immer geräuschloser, gen will, bestenfalls das Schlimmste zu verhü-
immer müheloser. Die Technologie strebt auch ten. Das wird aber solange der Fall sein, solange
nach Expansion, Sachlogik und Abschaffung von sie sich an den abstrakten, quantitativen Größen
Arbeit und Schweiß. „Die kapitalistische Indus- der alten Ökonomie orientiert, wie am Bruttoso-
trie bietet diesem Eros, bietet jedem einfalls- zialprodukt, das bekanntlich bei uns auch steigt,
reichen und strebsamen Ingenieur fast beliebige wenn die Zahl der Verkehrsunfälle steigt.“ (Ull-
Möglichkeiten, kostspielige Apparaturen zu ent- rich 1979/ S. 155)
wickeln. Der technische Fortschritt kann sich Diese anspruchsvolle Technikkritik hat sich
durch dieses Zusammenspiel ‚hemmungslos‘ wie nicht durchgesetzt. Die aufkommende Informa-
das Kapital entfalten, und die Ingenieure sehen tionstheorie und das Internet haben aber einige
mit Recht in der kapitalistischen Industrie kei- Aspekte der Technikkritik neu formuliert. Man
nen Gegenspieler, sondern das ureigene Entwick- versprach sich durch die Informationstechniken
lungsfeld für ‚ihre‘ Technik.“ (Ullrich 1977/ S. 137) die Möglichkeit, individuell zu produzieren. Man
Und an anderer Stelle heißt es: „Aber Wissen- erwartete eine Demokratisierung der Arbeits-
schaft und Technik müssen auf Grund ihrer struk- und Entscheidungsprozesse. Entgegen dieser Eu-
turellen Affinität zur Logik des Kapitals nicht phorie trat bald eine Ernüchterung ein. Mega-
‚gezwungen‘ und ‚gepresst‘ werden, sondern sie konzerne beherrschten schnell den Markt. Es rea-
finden in der kapitalistischen Produktion ihren lisierten sich Milliardengewinne. Die Konsumen-
idealen Nährboden. Die kapitalistische Logik fin- ten merkten schnell, dass ihre Daten missbraucht
det ihre Erfüllung erst in der Maschinerie der wurden und die politische Meinung durch Netz-
wissenschaftlichen Technik, und die wissenschaft- propaganda leicht zu beeinflussen war. Politik
liche Technik kann sich erst auf dem Boden der und Kapital arbeiten an einer neuen „Megama-
kapitalistischen Produktionsweise ungehemmt schine“ (Mumford) die – wie es Yvonne Hofstet-
entfalten.“ (Ullrich 1977/ S.140) Der Homo oeco- ter ausdrückte – „alles weiß“. (Hofstetter 2014)
nomicus funktioniert am besten bei homogenen Alle sollen einbezogen werden, niemand abge-
Gütern, beim Geld also. Er basiert auf unendli- hängt.
cher Information und unendlicher Anpassungsge- Heute geht es um Machbarkeit und Nützlich-
schwindigkeit. Die unendliche Information liefert keit sowie um Überwachung und Kontrolle, nicht
der Computer, die schnelle Reaktion ebenso. mehr um die Kritik am Homo oeconomicus tech-
Demokratische Strukturen werden nach Otto nicus, um die Strukturidentität von Kapital und
Ullrich unterwandert. „Durch die hochspeziali- Arbeit oder um den titanischen Charakter der
sierte Technik und das hochgradig arbeitsteilige Technik (Jünger).
System der Großforschung und Großtechnologie
wird eine soziale Struktur erzeugt, die aus viel- 5 Finanzkapitalismus und Industrie 4.0
fältigen Gründen Herrschaft begünstigt, stabili-
siert, legitimiert und erforderlich macht, also ei- Frank Schirrmacher hat in seinem Buch „Ego“
ne Bestimmung erschwert oder behindert.“ (Ull- (2013) die kulturkritische Analyse von Jünger
rich 1977/ S. 447) aktualisiert. Seinen Schwerpunkt legt er aller-
Als Ausweg wird eine dezentrale, alternative dings auf den Homo oeconomicus. Während bis-
Technik gefordert, die sich von der Megama- her der Homo oeconomicus als theoretisches
schine abgrenzt. „Qualitative soziale Kriterien Konstrukt gesehen wurde, geht Schirrmacher von

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Helmut Woll: Der Homo oeconomicus technicus 9

der These aus, dass er sich zu einem realen wurde durch die Lehman-Krise und die darauf
Monster entwickelt hat. folgenden Erschütterungen der Finanzwirtschaft
Schirrmacher sieht nicht nur die rasanten Ver- auf dramatische Weise medienwirksam ad absur-
änderungen auf den Finanzmärkten und das Real- dum geführt. „Die Schocks, die die Flash-Crashs
werden des Homo oeconomicus, der den Men- von Mai 2010 und August 2012 durch die sozia-
schen ihr Verhalten vorschreibt, sondern die Ver- len Netzwerke der Finanzmärkte jagten, waren
änderungen im Denken der Menschen selber. Die ein Zeichen für das Maß an Instabilität, das die
These vom egoistischen Gen wurde von der Spiel- Systeme mittlerweile aufwiesen.“ (Schirrmacher
theorie übernommen. Biologistische, vor allem 2012 / S. 153)
darwinistische Hypothesen eroberten die ökono- Schirrmacher analysiert das Wechselspiel von
mische Theorie. „Man sieht an dieser Stelle in ökonomischer Nutzenmaximierung und Compu-
Echtzeit und mit unbewaffnetem Auge, wie neo- terlogik. Er beschreibt damit auch den Homo
klassische Ökonomie, Darwinismus und Compu- oeconomicus technicus. Der Homo technicus wird
tertechnologie zu einer neuen Supertheorie ver- aktuell diskutiert unter der Chiffre künstlicher
schmelzen. Wenn Marx irgendwo im 19. Jahrhun- Intelligenz und Industrie 4.0. Die industrielle
dert stecken blieb, wie viele glauben, so ist es Produktion soll mit moderner Informations- und
Darwins gefährlichen Schülern gelungen, den Kommunikationstechnik verzahnt werden. Tech-
Briten fit für das Spiel des Lebens im 21. Jahr- nische Grundlage hierfür sind intelligente und
hundert zu machen.“ (Schirrmacher 2013/ S. 142) digital vernetzte Systeme. Mit ihrer Hilfe soll
Den Homo oeconomicus betrachtet Schirr- eine weitestgehend selbstorganisierte Produk-
macher als imperiales Monster, das alle Bereiche tion möglich werden: Menschen, Maschinen, An-
durchdringt. Die wirtschaftlichen Aktivitäten lagen, Logistik und Produkte kommunizieren und
werden nur noch monetär gesehen, das soziale kooperieren in der Industrie 4.0 direkt mitein-
und kulturelle Leben wird vom ökonomischen ander. Durch die Vernetzung soll es möglich wer-
Optimierungsdenken erfasst. Der Staat soll sich den, nicht mehr nur einen Produktionsschritt,
wie ein Marktsystem verhalten, mit Kunden und sondern eine ganze Wertschöpfungskette zu op-
Verkäufern und Optimierern von individuellen, timieren. Das Netz soll zudem alle Phasen des
egoistischen Nutzenkalkülen. Diese Maschinerie Lebenszyklus des Produktes einschließen – von
braucht in allen Bereichen Daten: Käuferwün- der Idee eines Produkts über die Entwicklung,
sche, Preisentwicklung, soziales Verhalten und Fertigung, Nutzung und Wartung bis hin zum
auch Informationen über politische Einstellun- Recycling.
gen. Die Daten können offiziell über Statistiken Die technikkritische Diskussion der letzten
oder Meinungsumfragen erfasst werden, aber Jahrzehnte wird hier vollkommen ausgeblendet.
auch von den Geheimdiensten. Namhafte Autoren wie Jaspers, Weizenbaum,
Schirrmacher beschreibt die ökonomische Ma- Dreyfus oder Mumford werden ignoriert. Man
schine als einen alchemistischen Prozess. Man fragt heute nicht mehr, was Computer nicht kön-
will aus Nichts Profit machen. Dabei kann jeder nen (Dreyfus). Es geht nicht mehr um Macht
erfolgreich sein, er muss es nur wollen. Die Mög- oder Ohnmacht der Vernunft.
lichkeiten sind grenzenlos. Es liegt daran, neue
Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Die physi- 6 Der Sprung vom Rücken des Tigers
kalischen Grenzen werden überwunden durch die
Unendlichkeit des menschlichen Geistes. „Mit Ein chinesisches Sprichwort erklärt es für un-
Kopf, Hand und Information als den wichtigsten möglich, während eines Tigerrittes das Tier zu
Zivilisationswerkzeugen, so lautet die Behaup- verlassen. Wenn man einmal auf ihm sitzt, sei
tung, siegt jeder im kapitalistischen Dschungel.“ das Schicksal für den Reiter unausweichlich.
(Schirrmacher 2013 / S. 271) Dieses Gleichnis kann ein Anhaltspunkt sein, um
Die mathematische Genauigkeit und exakte die Entwicklung der technischen Zivilisation zu
Prognosefähigkeit des Informationskapitalismus beschreiben. Ist diese erst einmal in Gang

Zeitschrift für Sozialökonomie 196-197/2018


10 Helmut Woll: Der Homo oeconomicus technicus

gekommen, ist die Bewohnbarkeit der Erde offen- - Jünger, Friedrich Georg: Die vollkommene Schöpfung – Natur oder
Naturwissenschaft? Frankfurt/M. 1969.
sichtlich in Frage gestellt. Die technische Zivi- - Jünger, Friedrich Georg: Die Perfektion der Technik (1939), 7. Aufl.,
lisation zerstört sowohl den physischen Wohn- Frankfurt/M. 1993.
raum als auch die Kultur und verhindert die - Jünger, Friedrich Georg: Griechische Mythen (1947), 4. Aufl., Frank-
furt/M. 1994.
Wiederkehr der Götter. (Gerhard Nebel 1970) Die - Mumford, Lewis: Mythos der Maschine – Kultur, Technik und Macht,
globale Umweltzerstörung ist jedoch seit langem Frankfurt/M.1977.
bekannt, doch die Auswirkungen von technischer - Nebel, Gerhard: Sprung von des Tigers Rücken, Stuttgart 1970.
- Schirrmacher, Frank: Ego - Das Spiel des Lebens, München 2013.
Zivilisation und Arbeitslosigkeit dürfen dabei - Ullrich, Otto: Technik und Herrschaft - Vom Handwerk zur ver-
nicht übersehen werden. Die Anwendung von dinglichten Blockstruktur industrieller Produktion, Frankfurt/M.
marktwirtschaftlich-kapitalistischer Technik 4.0 1977.
- Ullrich, Otto: Weltniveau - In der Sackgasse des Industriesystems,
verspricht eine Erleichterung bei der körperlichen Berlin 1979.
Arbeit, mehr Freizeit, Wohlstand und Bequem- - Weizenbaum, Joseph: Die Macht der Computer und die Ohnmacht
lichkeit für alle. Die Erfolge sind überall sichtbar der Vernunft, Frankfurt/M. 1977.
- Woll Helmut: Kontroversen der Ordnungspolitik, München 1999.
und uns in Fleisch und Blut übergegangen. Die
Nachteile sind aber mittlerweile auch nicht mehr
zu übersehen: statt Individualität wird eine ge-
fährliche Vermassung erzeugt, statt Arbeitsplatz-
sicherheit sehen wir eine Bedrohung der Arbeits- Schlussansprache in
plätze, statt eines schonenden Umgangs mit der Charles Chaplins Film
Natur erleben wir eine ungeheure Vernutzung „Der große Diktator“ (1940)
von unwiederbringlicher Energie, statt eines Ab-
sprunges vom Rücken des Tigers, steigen immer „Wir alle haben den Wunsch, einander zu
mehr auf ihn auf und er agiert immer globaler. helfen. Das liegt in der Natur des Menschen.
Doch wie schaffen wir den Sprung vom Rücken Wir wollen vom Glück des Nächsten leben –
des Tigers? Ohne eine Bewusstseinsrevolution, nicht von seinem Elend. Wir wollen nicht
eine kollektive Daseinserschütterung ist dies hassen und uns nicht gegenseitig verachten.
wohl nicht möglich! In dieser Welt gibt es Raum für alle, und die
gute Erde ist reich und vermag einem jeden
von uns das Notwendige zu geben.
Literatur Wir können frei und anmutig durchs Leben
- Anders, Günther: Die Antiquiertheit des Menschen, 2 Bände, 7. gehen, doch wir haben den Weg verloren. Die
bzw. 4. Aufl., München 1992.
- Böhme, Gernot: Alternativen der Wissenschaft, Frankfurt/M. 1980. Gier hat die Seelen der Menschen vergiftet,
- Bulthaup, Peter: Zur gesellschaftlichen Funktion der Naturwissen- sie hat die Menschen mit einer Mauer aus
schaften, Frankfurt/M.1973.
- Dreyfus, Hubert I.: Was Computer nicht können – Die Grenzen Hass umgeben, hat uns im Stechschritt in
künstlicher Intelligenz, Königstein 1985. Elend und Blutvergießen marschieren lassen.
- Hädecke, Wolfgang: Die Welt als Maschine – Über Friedrich Georg
...
Jüngers Buch ‘Die Perfektion der Technik’, in: Scheidewege, Vier-
teljahresschrift für skeptisches Denken, Jg. 10, 1980, S.284-317. Dringender als der Technik bedürfen wir
- Heidegger, Martin: Die Technik und die Kehre, Tübingen 1962. der Menschlichkeit. ... Das Flugzeug und das
- Hemleben, Johannes: Das haben wir nicht gewollt – Sinn und
Tragik der Naturwissenschaften, Frankfurt/M. 1981. Radio haben uns einander näher gebracht.
- Hofstetter, Yvonne: Sie wissen alles – Wie intelligente Maschinen Das innerste Wesen dieser Dinge ruft nach
in unser Leben eindringen und warum wir für unsere Freiheit
kämpfen müssen. München 2014.
den guten Eigenschaften im Menschen – ruft
- Illich, Ivan: Selbstbegrenzung – Eine politische Kritik der Tech- nach weltweiter Brüderlichkeit – fordert uns
nik, Reinbek 1975. auf, uns zu vereinigen.“
- Jaspers, Karl: Die Atombombe und die Zukunft des Menschen,
München 1956. aus: Charles Chaplin, Die Geschichte meines Lebens,
- Jungk, Robert: Der Atomstaat – Vom Fortschritt in die Unmensch- Leipzig 1964, S. 406-407.
lichkeit, München 1977.
- Jünger, Friedrich Georg: Nietzsche, Frankfurt/M. 1949.
- Jünger, Friedrich Georg: Die Spiele, München 1959.

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