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Die Preußen und ihre Italiensehnsucht sind in der
Landeshauptstadt allgegenwärtig. Kurioser-
4 weise fühle ich mich an Venedig erinnert, als wir
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vom quirligen Luisenplatz in die Zimmerstraße
einbiegen. Schlagartig wird es still, wie in der La-
gunenstadt, wenn man die Pfade der Touristen
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verlässt. Auf dem Köhlerplatz herrscht denn auch
eine heimelige Atmosphäre. An seiner Nordseite
befindet sich die Eingangsfront des einstigen
Hans-Otto-Theaters, an das noch die „Theater-
6 klause“ gemahnt. Hier sitzt jetzt die Kantine des
Wissenschafts- und Restaurierungszentrums der
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Ber-
lin-Brandenburg, in dem die vordem verstreut un-
7 tergebrachten Sammlungen und Werkstätten
konzentriert wurden.
Die Werkstätten liegen zwi- oben: Die Treibhäuser des
1 Luisenplatz
schen dem erhaltenen früheren „Ananas-“ oder
Theatereingang am Köhler- auch „Melonen Reviers“ um 2 Köhlerplatz
platz und dem südlichen 1880, zeichnerisch rekon 3 Schloss Sanssouci
Teil von Park Sanssouci. Die struiert von Gerd Schurig. 4 Allee am Grünen Gitter
Villa Liegnitz (Seite 24) Lageplan im Maßstab
fehlt auf dem Plan. Rechts 1 :10.000 5 Friedenskirche
6 Markt Center Potsdam
7 Neustädter Havelbucht
Bauen im Ananas-Revier
Der Gebäudekomplex für das Wissenschafts- und Restaurierungs-
zentrum in Potsdam ist wie sein Inhalt: Auf hohem Niveau im Hinter-
grund dienend. Für unterschiedlichste Werkstätten und Sammlun
gen leiteten Staab Architekten aus der Baugeschichte des Ortes
eine Struktur ab, die dort schon jetzt verblüffend vertraut erscheint.
Bauwelt 18.2017 Thema 21
Schnell gehen wir durch das Vestibül auf den
Hof, wo wir mit Birgit Hübner, die Projektleiterin
der Architekten, sowie Ayhan Ayrilmaz und De-
mir Asantepe, die verantwortlichen Planer bei der
Stiftung, verabredet sind. Beinahe hätten wir
übersehen, dass der Pförtner in der ehemaligen
Theaterkasse sitzt; die Spielstätte war nach
dem Zweiten Weltkrieg von dem zerstörten Stadt-
theater in das ehemalige Gesellschaftshaus
„Zum Alten Fritz“ verlagert worden. Nach der bau-
polizeilichen Schließung in den 1990er Jahren
stehen nun die baulichen Reminiszenzen zwar in
einer anderen Relation, sind jedoch in Gebrauch:
Als Empfang, als Büros oder, in einem ehemaligen
Festsaal, als Dokumentations- und Informati-
onszentrum. Obwohl der Einzug noch läuft, fügen
sich die gediegenen Räume mit der gedämpf-
ten Atmosphäre der Kultur bereits nahtlos inein
Die unprätentiöse Gestalt
ander.
Zunächst durchschreiten wir den Hof, der sich und der Ziegel gemahnen an
seitlich zwischen den einzelnen Gebäudeflügeln Karl Friedrich Schinkel und
erweitert. Auf den ersten Blick wird deutlich, was
sich in den Schnitten dann auch bewahrheitet:
seine Nachwirkung auf die
Die Firsthöhen nehmen nach Norden, also zum Bauten Preußens, ohne
Park Sanssouci und der davor verlaufenden Allee auch nur den Anschein eines
am Grünen Gitter hin sanft ab, gleichsam vermit-
telnd zwischen der städtischen Bebauung und
Zitats zu erzeugen.
den frisch gepflanzten Bäumen im neu angeleg-
ten Garten. Aus der vor dem Gesellschaftshaus
liegenden Nutzung des Areals als Zuchtgarten
des Parks leitet sich die städtebauliche Struktur
ab, erläutert uns Hübner anhand historischer
Oben: Der erste Hof hinter
Pläne. Sie zeigen vor allem in Ost-West-Richtung dem alt-neuen Empfangs-
hintereinander gereihte Treibhäuser, die in Pots- bau mit dem Eingang in das
Dokumentationszentrum.
dam seinerzeit auch als „Ananas-Revier“ geläu-
Rechts: Die Abfolge der be-
fig waren, weil hier die bis ins 19. Jahrhundert wegten Dächer des Gebäu-
sehr beliebten Südfrüchte gezogen und vor al- dekomplexes, deren First-
lem überwintert wurden. höhen zum Park Sanssouci
hin sanft abnehmen.
Die Assoziation an eine Orangerie wird sofort Schnittansichten im Maß-
geweckt, als wir die Restaurierungsateliers be- stab 1 :750
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5 5
7
4 Perforierte Metallplatten
kennzeichnen die Eingänge
in den Höfen und spenden
4 Schatten.
7 Grundrisse im Maßstab
1:1500
Freiraumplanung
Mitarbeiter
Jacobs & Hübinger, Berlin
Marion Rehn, Florian Nusser,
Henriette Siegert, Sonja
Hehemann, Antje Bittorf, Bauherr
Eriona Zeneli, Carolin Stiftung Preußische Schlös-
Kuhn, Sabine Zoske, Johan ser und Gärten Berlin-
Jensen, Manuela Joch- Brandenburg, Abteilung
heim, Dirk Brändlin, Nicole Architektur
Pechardschek, Claudia
Trott, Thomas Müller, Hersteller
Sophie Hartmann, Nina
Ziegel Ziegelei Hebrok
Gromoli, Züleyha Timur,
Metallfassade/Außentüren
Sylvio Heuer
Schüco
Lamellendecken Pagolux
Bauleitung Aufzüge FB Aufzüge
Dirk Richter, Lutz Bahle, Sanitär Geberit, Keramag
Daniel Unterberg, Moritz Beschläge FSB
Buchholz Linoleum Forbo