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Mit einem Ausblick auf das Neue Testament und die christliche Rezeptionsgeschichte.
Die Erzählung von Adam und Eva und dem ersten Sündenfall einschließlich seiner
Konsequenzen ist sehr wahrscheinlich jeder Christin und jedem Christen bekannt und sollte
auch für den Großteil der Menschen wenigstens ein Begriff sein. Darüber hinaus wird sie
immer wieder auch außerhalb des christlichen Kontexts z.B. in Kunst, Werbung, etc.
aufgegriffen und nicht selten wird diese grundlegende biblische Erzählung auf üble Weise
missbraucht – insbesondere in Bezug auf die Rolle der Frau, bzw. hinsichtlich „ihrer“ Schuld.
Generell enthält der Bibeltext (Gen 2,4b – 4,1) einige Spannungen, zu denen es
unterschiedliche Lösungsansätze gibt. Beispielsweise stellt sich die Frage nach der Gattung:
Historischer Tatsachenbericht oder – und diese Meinung entspricht der Lehrmeinung –
paradigmatische Schuld-Strafe-Erzählung? Darüber hinaus gibt es auch verschiedene
Meinungen zur Funktion der Erzählung, wobei relativ unumstritten ist, dass es sich
zumindest in erster Linie um eine Ätiologie handelt, die versucht, zu erklären, wieso das Leid
existiert, wenn Gott doch eigentlich alles gut erschaffen hat (vgl. Gen 1,31).
Die Wirkungsgeschichte der Paradies- und Sündenfallerzählung lässt sich grob in vier
Abschnitte unterteilen. Die Literatur des Frühjudentums spricht von Adam als dem „König,
der Erde“ und spricht ihm göttliche Weisheit zu – jedenfalls vor seinem Vergehen. Philon von
Alexandrien nimmt nun zum ersten Mal Bezug auf die Geschlechterverhältnisse und deutet
den Sündenfall allegorisch: Schlange = Lust, Adam = Vernunft, Eva = Sinneswahrnehmung.
Die Tendenz, Eva die Schuld an der „Erbsünde“ zu geben, wird schon hier deutlich.
Im Rabbinischen Judentum wurde diese Thematik nahezu ignoriert und vor allem die
Schuldfrage wurde kaum mehr berücksichtigt.
Ab dem 1. Jh.. v. Chr. bis ins 1. Jh. n. Chr. fanden die sogenannten Adamschriften große
Verbreitung. In Vita Adae et Evae wird Adams Sünde vergeben, Eva hingegen wird sogar
zweimal verführt, bzw. lässt sich verführen.
Im Neuen Testament wird an manchen Stellen ein Bezug zwischen Adam und dem Messias
hergestellt. Adam brachte demnach den Tod in die Welt, woraufhin Christus (der „letzte
Adam“) lebendig machender Geist ist (Röm 5,12ff). Auch in der Genealogie Jesu wird bis auf
Adam zurück verwiesen (Lk 3,38). Das Verhältnis von Mann und Frau wird unter Rückgriff auf
Gen 1-3 nur in wenigen Stellen erläutert: In 1Kor 11,7-9 wird der Mann zunächst als Abglanz
Gottes und die Frau als Abglanz des Mannes beschrieben, was allerdings in Vers 12
relativiert wird, und in 1Tim 2,8-15 wird dazu aufgerufen, dass sich die Frauen im
Gottesdienst den Männern unterordnen und schweigen mögen. Die Begründung wird kurz
darauf geliefert: „Denn Adam wurde zuerst gemacht, danach Eva. Und Adam wurde nicht
verführt, die Frau aber hat sich zur Übertretung verführen lassen.“ (1Tim 2,13f) Eine traurige
und vollkommen falsche Schlussfolgerung…
Nico Schuppener