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Juli 2013
Schweden SKR 89,00
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Focke-Wulf Fw 190
Der Angstgegner
Wie der »Würger«
frontreif wurde
Grumman Hellcat | Messerschmitt Bf 109 | Dornier Merkur
»Operation Chastise«
Talsperren im Visier: der
Angriff und die Folgen
P-51 Mustang
Mit Packard-Merlin
zum Superjäger
am Kiosk !
Jetzt
D
ie britischen Maschinen nähern sich der Tal- land ist dort das Andenken an »Operation Chastise«.
sperre. Die Luft ist erfüllt vom sonoren Dort feierte man den Triumph auf der Kinoleinwand
Brummen ihrer Triebwerke. Doch anders als nach (mehr dazu ab Seite 70), und der eigens kom-
vor 70 Jahren ist diese Formation im Mai 2013 in ponierte Dambuster-Marsch muss noch heute als mu-
friedlicher Mission unterwegs: Es geht um das Ge- sikalische Untermalung in launigen Werbespots her-
denken an die Opfer der RAF-Angriffe auf deutsche halten, in denen die Deutschen kräftig durch den
Talsperren in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943, Kakao gezogen werden.
bekannt als »Operation Chastise« (Züchtigung). Ab Und so darf es auch nicht verwundern, dass bei
Seite 30 erfahren Sie, liebe Leser, alles über den Ablauf englischen Touristen, die unser Land besuchen, ein
und die Folgen des Angriffs. Ort weit oben auf der Wunschliste steht. Das musste
Die versöhnliche Geste geht zurück auf den briti- auch FLUGZEUG-CLASSIC-Mitarbeiter und RAF-
schen »de Havilland Moth Club«. Ziel seiner mehr- Veteran Rick Chapman mal wieder erfahren, als er
tägigen Vintage Air Tour waren der Möhne- und sich mit drei seiner ehemaligen Kameraden zu ei-
Edersee, deren Sperrmauern sie zusammen mit deut- nem ihrer regelmäßigen Veteranentreffen verabre-
schen Piloten überflogen. Mit Aktionen wie dieser dete – natürlich an der Möhnetalsperre.
tut man sich hierzulande oft schwer. Markus Wunderlich,
Anders verhält es sich mit der Erinnerungskultur in Viel Lesevergnügen wünscht Ihnen Chefredakteur
Großbritannien. Weitaus lebendiger als in Deutsch- Markus Wunderlich
19,1 %
... ist eines der Ereignisse des Luftkrieges, die an Dramatik nur schwer zu überbieten sind.
32,8 %
... stellt für die Briten kein Ruhmesblatt dar, da neben vielen Zivilisten
auch zahlreiche alliierte Kriegsgefangene ihr Leben verloren.
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4
22 Vielversprechend: Mit einem Packard-Merlin unter der Haube
konnte die P-51 so richtig aufdrehen – im Sinne des Wortes 64 Sie war nicht nur hübsch anzusehen, sondern auch eine gelunge-
ne Konstruktion: Supermarines Wasserflugzeug Seagull
SERIE 70
»Operation Gomorrha«: Das Trauma Hamburgs
Der Feuersturm ..................................... 52
Die deutsche Seite schien bestens auf die britischen
Nachtbomber vorbereitet, dennoch sollten diese
Hamburg mit einem neuen, teuflischen Mittel den
Untergang bringen …
TECHNIK
Supermarines ungewöhnliches Amphibienflugzeug LESERALBUM
Halb Spitfire, halb Walrus .................... 64 Ein Fliegerleben zu Beginn des Krieges
Als ob man einem Elefanten Turnschuhe anzieht: Freiwillig zur Luftwaffe ........................ 74
Supermarines Seagull war ein extravaganter Ent- Trügerisch wirken diese frühen Aufnahmen, die ein
wurf. Konnte sich das formschöne Wasserflugzeug recht beschauliches Bild vom Fliegerleben zu Beginn
durchsetzen? des Zweiten Weltkrieges vermitteln.
7
RUBRIKEN DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER
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Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
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Der Angstgegner
Bild des Monats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Wie der »Würger«
frontreif wurde
Boeing B-29 ...................... 45 Handley Page Halifax.......... 53
Panorama . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Grumman Hellcat | Messerschmitt Bf 109 | Dornier Merkur
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FLUGZEUG CLASSIC 7/2013 7
PANORAMA
Für die
Gefallenen
Zum Gedenken an
gefallene Flieger:
John Hinton zieht seine
P-51 »Spam Can« hoch
und bricht damit aus
der Formation aus
Foto Frank Mormillo
8
■ FAIREY BATTLE
■ KLEMM L 25
Es »klemmt«
wieder!
■ MESSERSCHMITT BF 109
■ FLIEGENDES MUSEUM MENDIG
10
Die Donnet Lévêque im Techni-
schen Museum in Stockholm
Foto Arlanda Civil Aviation Collection
■ DONNET-LÉVÊQUE
Fliegender Fisch
D erzeit werden in Schweden mit der Don-
net-Lévêque und der Macchi M.7 zwei
seltene frühe Flugboote für eine spätere Aus-
stellung im Flygvapenmuseum restauriert.
Der Luftfahrtpionier Carl Cederström erwarb
die Donnet-Lévêque 1913 und gab ihr den
Namen »Flygfisken« (Fliegender Fisch). An-
fangs setzte er sie in einer Flugschule ein,
ehe er das Flugboot noch im selben Jahr an die tember 1919 dem Marinemuseum in Stock- 2010 begann, das Rumpfmittelteil und die
Marineflieger verkaufte. 1918 wurde es nach holm gestiftet. Mitte der 1930er-Jahre wurde Tragflächen zu restaurieren.
131 Flugstunden ausgemustert und am 15. Sep- die Donnet-Lévêque an das benachbarte Tech- Jan Forsgren ■
nische Museum
weitergereicht, wo
sie bis 1983 blieb.
Als sie eingelagert
werden sollte, zeig-
te sich, dass sich
das Flugboot in re-
lativ schlechtem
Zustand befand.
Im Dezember 1997
wurde die Maschi-
ne schließlich for-
Die Donnet Lévêque, als sie sich noch im Besitz von Carl Cederström be- mell an das Flyg- Flügelmittelteil und Oberurselmotor der Donnet
fand. Der Name »Flygfisken« ist vorne am Rumpf zu erkennen vapenmuseum ab- Lévêque während der Restaurierung in Tullinge
Foto Arlanda Civil Aviation Collection gegeben, wo man im September 2012 Foto Jan Forsgren
Aus dem Dornröschenschlaf erwacht: Nach 16 Jahren am Boden ist die »Hellcat« wieder in
der Luft zu sehen Foto Chris Stuart
12
Legende und Meilenstein der deutschen Luftwaffe
FW 190 D-9
Platzschutzschwarm JV 44 - » rote 13 «
PORTOFREI
Ø 30mm EUR 16,95
Straße, Nr.
14
r Alliierten
Der erste Einsatz kann kommen! Eine Focke-Wulf Fw 190 A-1 vor der Auslieferung an
das JG 26 im Frühjahr 1941 in Bremen Zeichnung H. Ringlstetter/aviaticus.com
D
er Erstflug der Fw 190 im Sommer lediglich vier Prototypen für die Erprobung 0008 bis 0035, sollte das neue Muster auf
1939 weckte die Hoffnung auf einen bereitstanden, aber noch kein einziger Jäger einer deutlich größeren Basis erprobt wer-
schnellen Serienanlauf. Doch der Ein- aus der geplanten Vorserie. den, als es bislang mit den wenigen Prototy-
bau des völlig neuen, unerprobten BMW-801- Der offizielle Vorserienauftrag des Reichs- pen möglich war. Ziel dieser Vorserie war es,
Motors führte zu Konstruktionsänderungen luftfahrtministeriums (RLM) für die Fw 190 den neuen Jäger frontreif zu machen. 14 Ma-
an der ursprünglichen Auslegung der Fw 190. war sicher ein großer Achtungserfolg für die schinen sollten als Fw 190 A-0 im geplan-
Dadurch wiederum verzögerte sich das ge-
samte Entwicklungsprogramm, sodass 1940
Der Vorserienauftrag war ein großer
Achtungserfolg für die geleistete Arbeit.
Erfolgreicher »190«-Pilot
bis dahin geleistete Entwicklungsarbeit. ten Serienzustand ausgeliefert werden. Mit
Als techni-
Doch erst die Vorserie musste nun zeigen, ob 14 weiteren A-0-Jägern wollte man die Serie
scher Offizier
der II./JG 26 die Fw 190 auch wirklich das Zeug zu einem verbessern, weshalb sie diverse Modifika-
trug Karl Bor- Jäger hatte. Bei Focke-Wulf in Bremen be- tionen erhielten. Dazu zählten von Anfang
ris maßgeb- gann noch 1940 unter Hochdruck die Pro- an verschiedene Motorentwicklungsstufen
lich dazu bei, duktion. Mit 28 Fw 190, Werknummern von des BMW 801, geänderte Waffenausrüstun-
die Fw 190
serienreif zu
machen. Im
November
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Dietmar Hermann
1941 wurde
er Staffelkapi-
tän der 8./JG
26. Bei einem Luftkampf mit einer B-17
musste er am 14. Mai 1943 aus seiner
Fw 190 aussteigen, wobei sich allerdings
sein Fallschirm nur teilweise öffnete.
Nachdem seine Wunden verheilt waren,
übernahm er am 23. Juni 1943 die
I./JG 26. Der Major und Ritterkreuzträger
Otto Behrens vom JG 26 testete bereits im März 1941 in
beendete den Krieg mit 43 Luftsiegen,
Wenzendorf bei Hamburg die erste fertige Fw 190 A-0 mit der
28 davon waren Spitfire. ■
Werknummer 0016 sowie die Werknummer 0021 (im Bild)
16
Eine Focke-Wulf Fw 190 im Detail
Fürsprecher der Fw 190
Zigarre und Die Fw 190 sollte gleichermaßen einstecken wie austeilen können. Dafür sorgte eine Panzerung,
Ritterkreuz die sowohl die Maschine als auch den Piloten schützte, während sechs Maschinengewehre für die
gehörten bei nötige Feuerkraft sorgten. Zudem ließ sich die Maschine leicht warten
Galland zur
Anzugsord- Ölkühler und -behälter waren durch Panzerringe, der Pilot durch einen Pan-
nung zersitz mit Kopf-, Arm- und Schulterschutz geschützt. Die Frontscheibe be-
stand aus Panzerglas
Adolph Gal-
land, hier als
Foto Kummer-Behrens
Geschwader-
kommodore
während sei-
nes Besu-
ches in Le-
Bourget, wur-
de zu einem der größten Fürsprecher der
Fw 190. Trotz der anfänglichen Unzuläng-
lichkeiten äußerste sich Galland zwei
Jahre später als General der Jagdflieger,
dass man froh war, die Fw 190 als neues
Muster für die Luftwaffe 1941 durchge-
Die beiden MG 17 im Rumpf verfügten über je
zogen zu haben und sie nicht fallengelas-
■
860, die MG 17 in den Flächen über je 1000 und
sen hat.
die zwei MG-FF/M über je 60 oder 90 Schuss
Einflugbetrieb aus Platz- und Sicherheitsgrün- für diese Aufgabe. Bereits am 13. März 1941 ständiges Erprobungskommando für die
den nach Hamburg-Wenzendorf. Bis zum verfasste er einen ersten Bericht, der 16 Kri- Fw 190 aufzustellen. Unter Führung von Otto
30. Juni 1941 liefen 15 A-0 vom Band. Größtes tikpunkte enthielt. Noch war genügend Zeit Behrens und des technischen Offiziers der
Manko der Fw 190 blieb der Bolide. Hin und für Änderungen. Wie sich später herausstel- II./JG 26, Oberleutnant Karl Borris, und nicht
zuletzt des Fliegerstabsingenieurs Ernst Batt-
mer wurde eine 30 Mann starke Expertengrup-
Die Expertengruppe des JG 26 war von der
Robustheit der neuen Maschine überzeugt.
wieder mussten die Motoren schon nach we- len sollte, war die Beteiligung der Truppe
nigen Starts ausgewechselt werden. Die Trieb- noch in dieser Phase von entscheidender Be-
werke hielten bis zu diesem Zeitpunkt zum deutung für die Serienreife der Fw 190.
Teil nur für wenige Betriebsstunden. Parallel zur Werkserprobung wurde ab Mai
Die Werkserprobung war die eine Sache, 1941 in Rechlin damit begonnen, ein eigen-
die Fronterprobung aber eine ganz andere.
Daher nahm man bereits zu diesem frühen
Zeitpunkt Kontakt mit dem Jagdgeschwader
26 auf. Während die Werkserprobung der
Fw 190 in Wenzendorf bei Hamburg auf
Hochtouren lief, erhielt Oberleutnant Otto
Behrens von der 6. Staffel des JG 26 die Gele-
genheit, die neue Fw 190 dort erstmals zu flie-
gen. Als erfahrener Pilot und durch seine
technische Ausbildung war er prädestiniert
18
pe des JG 26 dorthin abkommandiert. Focke-
Wulf unterstützte dieses Kommando mit eige-
nen erfahrenen Ingenieuren und Technikern.
Zusammen mit den Piloten des JG 26 soll-
ten sechs der neuen Jäger auf »Herz und Nie-
ren« geprüft werden. Mit dabei war die Werk-
nummer 0016, die am 12. Mai 1941 in Rechlin
eintraf. Erst im Mai 1941 wurden fünf weite-
re A-0 fertig, die wahrscheinlich direkt zum
Erprobungskommando kamen.
Die Situation um die Fw 190 war dort
hochbrisant. Obwohl die Expertengruppe des
JG 26 sofort von der Robustheit und den flie-
gerischen Eigenschaften der neuen Maschi-
ne überzeugt war, bereitete der Motor großen
Kummer. Die Piloten unterzogen den Jäger ei-
ner harten Erprobung, um die fliegerischen
und materiellen Schwächen herauszufinden.
Während der Testphase trat dann auch gleich
eine Reihe von technischen Problemen auf.
Denn trotz der bereits eingebauten Verbesse-
rungen bereitete der BMW 801 weiterhin
Schwierigkeiten. Von der Einsatzreife war er Endspurt: finale Montage einer Fw 190 A-0/A-1
immer noch weit entfernt. Durchschnittlich
erreichte der BMW 801 C eine Betriebsdauer
von knapp 25 Stunden, und rund 20 Ände- Auch im Einflugbetrieb ging nicht immer alles glatt. Hier die
Fw 190 A-1, SB+KP, nach einem Überschlag in Bremen
rungen warteten weiterhin darauf, umgesetzt
zu werden. Eine Kommission des RLM woll-
te aufgrund der Befundberichte und Be-
gutachtungen an Ort und Stelle die Erpro-
bung abbrechen und die Fw 190 als
Frontmuster streichen. Doch die Experten
Die »Schwarze 1«, W.Nr. 033, flog ebenfalls bei der 5. Staffel. Oberfeld-
webel Kurt Görbig starb beim Überführungsflug nach Abbeville am
22. Dezember 1941, als er bei schlechtem Wetter gegen einen Berg flog
ten stationiert blieben. Sie hatten damit von in Belgien, wo die Ausbildung auf der Fw 190 vom Typ IIb der 306 und 315 Squadron es-
diesem Zeitpunkt an die Hauptlast sämtlicher A-1 fortgesetzt wurde. Außerdem begann die kortierten Bristol-Blenheim-Mk.-V-Bomber zu
alliierter Luftangriffe im Westen zu tragen. Zu- 6. Staffel mit ersten Patrouillenflügen. ihrem Angriff auf die Granatenfabrik von Mar-
nächst sollte die komplette II. Gruppe auf den Trotz aller Maßnahmen blieben die Küh- quise, in deren Verlauf die 6. Staffel zwei Spit-
neuen Jäger umgerüstet werden. Während der lungsprobleme des BMW 801 C so kritisch, fire ohne eigene Verluste abschießen konnte.
Umrüstungsphase bewährte sich die Fw 190 dass die Piloten lediglich die Erlaubnis hatten,
in fliegerischer Hinsicht auf Anhieb. Anfang entlang der Kanalküste zu operieren. Ein Ein- Erste Maschinen gehen verloren
August verfügte die II./JG 26 über insgesamt satz über See blieb aus Sicherheitsgründen Den ersten Verlust einer Fw 190 gab es am
15 Fw 190 A-1 und vier Fw 190 A-0. Die vier noch untersagt. Am 14. August kam es dann 21. August 1941, allerdings ohne Feindein-
Fw 190 A-0 wurden für reine Umschulungs- während dieser Übungsflüge erstmals zu wirkung. Am 29. August 1941 schoss zudem
zwecke eingesetzt. Kurz danach, am 7. Au- einem Luftkampf zwischen der 6./JG 26 und eigene Flak eine Fw 190 bei Dünkirchen ab.
gust, verlegte die Gruppe nach Moorsele einem Verband Spitfire. Insgesamt 24 Spitfire Am 2. September 1941 fand beim JG 26
noch in Le Bourget erneut eine Besprechung
über die Fw 190 statt. Mit dabei waren Otto
Behrens, Vertreter der Luftflotte 3, der E-Stel-
le Rechlin und des Motorenwerks BMW
München. Zu diesem Zeitpunkt lag die
durchschnittliche Flugstundenzahl der 6. Staf-
fel bei 30 Stunden, die der vier Umschu-
lungsflugzeuge bei 70 Stunden. Die Störan-
fälligkeit des BMW 801 C hatte insgesamt
abgenommen, frühere Probleme wie Auslass-
ventilschäden traten jetzt nicht mehr auf.
Drei Wochen nach dieser Besprechung am
Interessante Motorfunktionskontrolle an einer Fw 190 A-1 in
21. September 1941 kam es über Frankreich zu
Le Bourget, die auf der Motorhaube den Schriftzug »Würger«
trägt. Bei dem Messgerät handelt es sich um ein Heinrichs Durchflussmen- einem schweren Luftgefecht. Ziel der RAF wa-
genmessgerät, das den genauen Treibstoffverbrauch anzeigt Foto Kummer-Behrens ren die Kraftwerksanlagen von Béthune und
Gosnay in Nordfrankreich. Zwölf Blenheim V
wurden durch eine große Anzahl Spitfire Vb
eskortiert. Ebenso griffen sechs von Jägern es-
Technische Daten – Focke-Wulf Fw 190 A-1 kortierte Hampden-Bomber die Lokfabrik von
Motor BMW 801 C, Kraftstoff C3 Lille an. Zu den deutschen Abfangjägern, die
Startleistung 1560 PS bei n = 2700 U/min sich den Alliierten entgegenstellten, gehörten
Luftschraube D = 3,30 m, dreiflügelige VDM-Verstellschraube auch die Fw 190 A-1 der 6. Staffel. Insgesamt
Spannweite 10,383 m gingen 15 Spitfire verloren, von denen die
Bewaffnung 2 x 7,92 mm MG 17 im Rumpf, 2 x 7,92 mm MG 17 Tragfläche 6./JG 26 mit ihren Fw 190 allein vier Abschüs-
innen, 2 x 20 mm MG FF außen se beanspruchte. Verluste gab es dabei keine.
Fluggewicht 3850 kg
Auch bei weiteren Luftgefechten zeigte die
Höchstgeschwindigkeit 545 km/h in 0 m Höhe, 660 km/h in 5700 m Höhe
Fw 190 immer wieder ihre Leistungsfähigkeit.
mit Startleistung
Steigleistung am Boden 16,0 m/s Auf britischer Seite begann das Rätselraten
Dienstgipfelhöhe 11 000 m über den neuen deutschen Jäger. Die britische
Luftwaffe hielt die wenigen Fw 190 zunächst
20
Fw 190 A-1, W.Nr. 074, der 6./JG 26 im Werkserprobung bei Focke-Wulf. Im Vordergrund die Fw 190
Herbst 1941. Sie ging Ende April 1942 als A-0 mit der Werknummer 0010 und BMW-801-C1-Motor
»Weiße 3« nach Kollision mit einer anderen
Fw 190 verloren. Der Pilot wurde dabei ge-
tötet Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus
ersten Fw 190 bereits im Spätsommer 1941 er- Luftwaffe aus. Im Herbst 1941 begannen auch
Quellen u. a.:
folgreiche Einsätze. die 4. und 5. Staffel der II./JG 26 auf die neue
Der erste Verlust einer Fw 190 im Kampf- Maschine umzurüsten. Rodeike, Peter: Fw 190/Ta 152, 1998
einsatz ereignete sich am 18. September 1941. Die Luftwaffe verfügte nun zusammen mit Erfahrungsbericht und Änderungswünsche
Dabei traf es den Gruppenkommandeur der der verbesserten Bf 109 über zwei Jagdflug- Fw 190, Behrens, 13.3.1941
II./JG 26 Walter Adolph. Auch diese abge- zeuge, die bis zum Kriegsende das Rückgrat Besprechungsprotokoll JG 26 in Le Bour-
schossene Fw 190 wurde noch von britischer der Jagdwaffe bilden sollten. Bis auf die Kur- get vom 4.9.1941
Seite als Curtiss Hawk angesprochen.
Die neue Fw 190 A-1 war ihrem Gegner,
der Supermarine Spitfire II und Vb, in fast
allen Bereichen überlegen. Deshalb waren
die FLugzeugführer der Fw 190 jederzeit in
der Lage, den Luftkampf anzunehmen oder
abzubrechen, wann immer sie es wollten.
Die Fw 190 bewährte sich damit in kürzes-
ter Zeit an der Front. Insbesondere die Tat-
sache, dass der neue BMW-801-Bolide un-
empfindlich gegen Beschuss war, stellte
einen unschätzbaren Vorteil gegenüber der
Bf 109 F dar. Denn deren wassergekühlter
DB 601 zeigte sich sehr verwundbar, und
Treffer im Kühlsystem führten meist zum Im Herbst begann auch die 5. Staffel vom JG 26 auf die Fw 190 A-1 umzurüsten. Hier die
Verlust des Jägers. Damit dürften wohl auch »Schwarze 13« mit der W.Nr. 100, geflogen von Leutnant Horst Sternberg in Morseele/Belgien
Spiel
FLUGZEUG CLASSIC 7/2013
des Triebwerk von Rolls Royce. Beide bilden auf Anhieb ein
Topteam – trotzdem sollen sie nur auf der Reservebank
Platz nehmen Von Wolfgang Mühlbauer
23
TECHNIK North American P-51 Mustang
E
s ist unbestritten, dass erst der Merlin- dass die Briten schon seit Herbst 1939 auf den in Auftrag. In der amerikanischen Lizenzaus-
Motor die Mustang zum überragenden Nachbau ihres Rolls Royce Merlin drängen. führung trägt der Merlin 28 die Bezeichnung
Jagdflugzeug macht. Die Idee, dieses Im Juni 1940 kommt es zum umfangreichen Packard V-1650-1.
Triebwerk anstelle des Allison V-1710 in deren Lizenzabkommen mit der Packard Motor Car Ehe er aber im August 1941 erstmals auf
Zelle einzubauen, kommt aus England. Dort Company aus Detroit, Michigan. Im August dem Prüfstand steht und kurz darauf vom
hat man bald erkannt, wie viel Potenzial noch
in dem Jäger schlummert – mit einem Motor,
dessen Lader nicht nur im unteren Höhenbe-
Der Packard V-1650-3 mit Höhenlader
reich volle Leistung ermöglicht (siehe FLUG- steigert die Leistung signifikant.
ZEUG CLASSIC 07/2012). Ein viel verspre-
chender Kandidat dafür ist der Merlin 61 von trifft man dort erste Vorbereitungen für den Band laufen kann, sind unterschiedlichste
Rolls Royce, weshalb in der zweiten Früh- Nachbau des Merlin 28 mit Zweigang-Lader Hindernisse auszuräumen (siehe Kasten
jahrshälfte 1942 ein passendes Testprogramm und 1390 PS Startleistung. Am 17. Oktober S. 29). Der V-1650-1 treibt unter anderem spä-
beginnt (siehe Kasten S. 25). gibt die US-Regierung zunächst 3000 Stück ter die Curtiss P-40F/L sowie deren RAF-Ver-
für das AAC sowie 6000 weitere für die RAF sion Kittyhawk II/IIa an. Obwohl sie in mitt-
Kooperation mit Packard
Auch in den Vereinigten Staaten mehren sich
seit Anfang 1940, genährt vom Kriegsverlauf
in Europa, die Zweifel an den bisher erreich-
ten Leistungen des V-1710. So kann der zu je-
ner Zeit modernste Jäger im US Army Air
Corps (AAC), die Curtiss P-40, damit weder
der Bf 109 E noch der Spitfire Mk.I das Was-
ser reichen. Doch da der Allison das einzig
verfügbare US-Triebwerk seiner Art und Leis-
tungsklasse ist, das Serienreife erlangt hat,
wird er in der Regel bevorzugt für die neu-
esten US-Jagdflugzeugmuster herangezogen.
Wobei weniger der Motor als dessen Einstu-
fenlader den Hemmschuh darstellt – doch
Höhenlader haben damals in den USA nur
für Bomber Priorität.
Als das Oberkommando des AAC endlich Zwar wird diese Maschine oft als die erste bei North American mit Merlin-Motor ausgerüstete
Handlungsbedarf sieht, passt es ganz gut, Mustang bezeichnet, doch scheint sie eher eine Attrappe zu sein Foto NAA
24
Erprobungsträger Mustang X, Kennung
AL-975-G. Das Flugzeug entstand aus ei-
ner Mustang Mk.I, die bei Rolls Royce im
Juli 1942 einen Merlin 61 Motor erhielt.
Zeichnung Juanita Franzi
Nachdem sie vollständig remontiert ist, absolviert diese Anfang Dezember 1943 frisch in England Komplizierter als gedacht
eingetroffene P-51B einen ersten Motortestlauf Foto USAF Es erweist sich allerdings als aufwendiger als
erwartet, die Motoren einzurüsten. So wiegt
leren Höhen spürbar schneller als ihre Vor- weise zum Packard V-1650-3 mit zweistufi- der Merlin trocken 766,5 Kilogramm – rund
gänger fliegen, verhindert der Luftwider- gem Zweiganglader, der die Höhenleistung 160 Kilogramm mehr als der V-1710. Auch
stand des sperrigen Frontkühlers den wirk- signifikant steigert. Die Motoren sind trotz der Hamilton Vierblattpropeller ist gewichti-
lich umfassenden Leistungssprung. des Ladersystems nur um wenige Zoll länger ger als die Dreiblattschraube für den Allison.
Davon unabhängig arbeiten Rolls Royce als die ursprünglichen Ausgangsmuster. Neben einer Verstärkung der Triebwerks-
wie Packard schon seit Anfang 1941 an Hö- North American spielte anfangs mit dem Ge- träger müssen Kühler- und Ladesysteme
henladern. Letzten Endes führen diese Be- danken, die P-51 auf einen Allison mit Turbo- umgestaltet oder teilweise neu entworfen so-
mühungen zur Merlin-60-Reihe beziehungs- lader umzurüsten, verwarf diese Pläne aber wie zahlreiche Anschlüsse und Leitungen
Wegbereiter Mustang X
Ende April 1942 fliegt Rolls-Royce-Testpilot Ro- riment; entsprechend »provisorisch« sind die Um-
nald Harker auf Einladung der RAF erstmals eine bauten. Am 13. Oktober 1942 ist der erste der
Mustang Mk.I. Sie beeindruckt ihn vor allem we- Mustang X genannten Erprobungsträger mit Har-
gen der fortschrittlichen Aerodynamik und ihrer ker im Cockpit startklar. Wie erwartet, stellt sich
Performance in Bodennähe. Was noch fehlt, ist der erhoffte Leistungssprung ein. Die Testflüge
seiner Ansicht nach »ein kleiner Schubs« – am laufen bis ins Frühjahr 1943 hinein, wobei
besten in ähnlicher Form wie der Merlin-61-Motor 696 km/h Höchstgeschwindigkeit erreicht wer-
in der Spitfire Mk.V. Bei Rolls Royce teilt man die- den. Das Programm führt zu einer ähnlichen Ver-
se Ansicht und beginnt, fünf Mustang Mk.I auf suchsumrüstung bei North American und mündet
Merlin-61- beziehungsweise Merlin-65-Triebwerke in die neue Serienversion P-51B/C beziehungswei- Merlin 65 in Mustang-Zelle
umzurüsten. Es handelt sich um ein reines Expe- se Mustang Mk.III. Sammlung WM
26
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Tags darauf lässt sich der Präsident Gene- ten P-51B bringt er mit Schwerpunkt Luft- ßen P-51C und sind ansonsten identisch. Am
ral Arnold, den Oberbefehlshaber der USAAF, nahunterstützung und taktische Aufklärung 5. August kann hier das erste Serienflugzeug
ans Telefon holen, um ihm die baldige Be- unter. Denn wie Echols favorisiert er die P-38. starten. Im selben Monat erhält die 54th
schaffung der Merlin-Mustang ans Herz zu le- Erst nachdem es im März 1943 zu einer Neu- Fighter Group auf der Bartow Air Force Ba-
gen. Arnold gibt den Schwarzen Peter an strukturierung kommt, werden die Machtbe- se, Florida, als erster Verband der USAAF die
Echols weiter, der nun den Bau der besagten fugnisse jener drei Herren gestutzt und ihr P-51B zugeteilt.
400 Maschinen einleiten muss. Doch wie ge- Widerstand wirkungsloser. Mittlerweile ist eine Debatte entbrannt, die
sagt, versucht er zugleich, sie als Jäger nicht Am 17. April 1943 trifft der erste V-1650-3 das weitere Schicksal der Mustang grundle-
zum Zug kommen zu lassen. Stützen kann er bei North American im Stammwerk Ingle- gend beeinflusst: Die 8. US-Luftflotte (8th AF)
sich dafür auf zwei mächtige Verbündete.
Zum einen auf General Schlatter, den Chef des
Directorate of Ground Support, der maßgeb-
General Arnold will die P-51B ab September
lich daran Schuld hat, dass die Allison-Mus- 1943 als Begleitjäger haben.
tang nur als Unterstützungsflugzeug fungiert.
Was er schmerzlich vermisst, ist ein moderner wood ein. Die erste P-51B-Serienmaschine in England benötigt immer dringender einen
Einsatztrainer, und das wäre in seinen Augen hebt dort am 5. Mai ab; die Massenherstel- vernünftigen Begleitjäger, um ihre Bomber zu
am besten die P-51B. lung läuft einen Monat später an. Da auch die schützen. Im April 1943 haben deren Verlustra-
Zum anderen Brigadier General Saville, RAF den Jäger, den man in England Mustang ten alarmierende Ausmaße erreicht – Tendenz
der das Air Defence Directorate leitet. Er ver- Mk.III nennt, in Auftrag gibt, wird eine zwei- steigend. Am 22. des Monats sieht sich Arnold
teilt die einzelnen Jagdflugzeugkontingente te Fertigungslinie in Fort Worth, Texas, einge- gezwungen, ein passendes Flugzeugmuster
auf die Verbände. Die vorerst 400 beauftrag- richtet. Die dort hergestellten Exemplare hei- mit entsprechend großer Reichweite bis Janu-
ar 1944 bereitstellen zu lassen, egal, ob Neuent-
wicklung oder ein schon vorhandener Typ.
Technische Daten – North American P-51B-1-NA
Berlin in Reichweite
Länge 9,82 m
Das ist der endgültige Durchbruch für die
Höhe 3,70 m
Spannweite 11,27 m
P-51, deren Weiterentwicklung zum Lang-
Triebwerk ein flüssigkeitsgekühlter Packard Merlin V-1650-3 strecken-Begleitjäger nun Colonel Mark Brad-
12-Zylinder-Reihenmotor mit 1400 PS Startleistung ley, neu ernannter Chief of Fighter Projects, in
Max. Startmasse 5125 kg die Hand nimmt. Er favorisiert seit Monaten
Höchstgeschwindigkeit 710 km/h in 9144 m die P-51B, die ohne Zusatztank über einen
Reichweite 1931 km (ohne Zusatztanks) größeren Aktionsradius als die P-47 (siehe
Dienstgipfelhöhe 12 800 m FLUGZEUG CLASSIC 01/2013) oder P-38
Bewaffnung vier 12,7-mm-Browning-MG in den Tragflächen,
bis zu 455 kg Abwurflasten
verfügt. Zudem schreiben jüngste Berech-
Besatzung ein Mann nungen dem Merlin günstige Verbrauchs-
werte auf langen Begleitflügen zu. Als Sofort-
28
North American P-51B-1-NA »Peg O'
my Heart«, s/n 43-12173, der 354th FG.
Die Maschine wurde von First Lt. George
Bickell geflogen, der mit ihr 3,5 Luftsiege
verbuchen konnte Zeichnung Juanita Franzi
»Après moi,
le deluge« *»Nach
*
Diese Bildfolge, die beim Trainig entstand, zeigt den Abwurf und … mit der sich Torpedonetze vor einem Hindernis wie einem Damm über-
den anschließenden ersten Sprung einer Rollbombe, … winden lassen. Dieser Übungswurf wurde bei Tag aufgenommen, …
30
D
ie Reihen des mysteriösen Lancaster-
Verbandes sind bereits gelichtet. Von
den ursprünglich 19 in Scampton, Ost-
england, gestarteten Maschinen sind in der
Nacht vom 16./17. Mai 1943 wenige Kilome-
ter vor den drei Staudämmen im Westen
Deutschlands nur noch 17 Viermots übrig.
Dabei kommt es auf jeden dieser mit einer
Geheimwaffe bestückten Bomber an, deren
Crews in dieser Nacht auf einen Schlag alles
entscheiden könnten – vielleicht sogar den
Krieg. Wochenlang haben sie trainiert, sich zu
Meistern des Tieffluges entwickelt, und nun
spulen sie mit tödlicher Präzision den An-
griffsplan ab. Die Losung ihrer Staffel »Après
moi, le deluge« – nach mir die Sintflut – ist
bitterernst gemeint, und kurz nach Mitter-
Die britische Bombereinheit 617 Squadron (hier nacht werden gewaltige Wassermassen in den
ihr Staffelabzeichen) wurde mit der Zerstörung Flusstälern von Möhne und Ruhr eine Schnei-
der deutschen Talsperren beauftragt – und erhob se der Verwüstung reißen.
den launigen Spruch »Nach mir die Sintflut« zu
ihrem Motto Foto F. Prins
Achillesferse der Rüstungsindustrie
Was in dieser Nacht dem Lancaster-Verband
gelingt, geht auf frühe Gedankenspiele des
RAF-Unterausschusses für Luftangriffe zu-
rück. Bereits im Oktober 1937 erarbeitet
dieser Pläne für den Angriff auf strategische
Ziele in Deutschland, die wichtig für das
Ruhrgebiet sind. Schätzungen gehen von 3000
Einsätzen aus, die notwendig sein würden,
um das Ruhrgebiet zu zerstören. Oder man
nimmt die sechs Talsperren ins Visier, die die
Produktionsstätten im Ruhrgebiet mit Wasser
versorgen. Doch wie? Fehlt den Briten nicht
das Flugzeug oder eine andere Waffe, diese
Aufgabe durchzuführen? Nein, befindet ein
Ausschuss für Bombeneinsätze. Er kommt
am 26. Juli 1938 zu dem Ergebnis, dass ein
Tiefangriff auf die Staumauern möglich wäre,
das Vorhaben jedoch genauestens untersucht
werden müsse.
32
Air Staff, ist beeindruckt und genehmigt den Schwertransporter mit Bombenantrieb
Umbau von drei Avro-Lancaster-Bombern
zum Mitführen von originalgroßen Mustern Umfassende Modifikationen waren nötig, damit die Avro Lancaster mit der Mine »Upkeep« be-
der Mine mit dem Decknamen »Upkeep«. stückt werden konnte. Die Formgebung der Mine blieb bis in die 1960er-Jahre geheim – obwohl
Und: Er erteilt dem RAF Bomber Command die Deutschen eine unversehrte Mine erbeuteten und Fotos davon im Umlauf waren.
den Befehl weiterzumachen.
Air Marshal Sir Arthur Harris vom RAF
Bomber Command überträgt daraufhin der
No 5 Group die operationelle Kontrolle über
den Einsatz und ordnet an, eine Spezialstaf-
fel aufzustellen. Unter der Führung von
Wing Commander Guy Gibson wird am
24. März 1943 No 617 Squadron in RAF
Scampton aus der Taufe gehoben; der Einsatz
selbst ist für den Monat Mai vorgesehen.
Langstrecke im Tiefflug
Unabdingbar ist zunächst eine intensive Tief-
flugausbildung von Besatzungen in 18 Me-
tern über der Wasseroberfläche. Die Crews
wissen zwar nichts über das vorgesehene
Ziel, munkeln jedoch, es ginge gegen das
deutsche Schlachtschiff Tirpitz. Sollen die
Guy Gibsons Lancaster ED932,
Angriff erfolgreich sein, so muss der Wasser-
AJ-G, aufgenommen vor dem Angriff
stand in den Staubecken am höchsten sein.
Dies wird für die Nacht vom 16. auf den
17. Mai vorhergesagt. Der Umfang der Ände-
Um die Mine tragen zu können, muss die rungen am Bomben-
Lancaster umgebaut werden, und zwar in- schacht war erheblich
nerhalb weniger Wochen. Jeder der Bomber
wiegt mit 7900 Liter Treibstoff und einer
4,2 Tonen schweren Mine 28,6 Tonnen – und
sie ist schwerfällig, wie sich der inzwischen
verstorbene ehemalige Dambuster-Pilot Dave
Shannon erinnerte: »Die Lancaster war im
Tiefflug alles andere als gut handhabbar.
Du musstest dich enorm konzentrieren; der
kleinste Fehler, und du warst weg. Ich erin-
nere mich noch an die Ausbildung. Selbst bei
einer normalen Lancaster ohne Bombenbela-
dung war dies riskant.«
Der Pilot Ken Brown hat nicht vergessen,
dass bei der Bekanntgabe der Ziele während
der Einsatzbesprechung »absolute Stille
herrschte, normalerweise hätte es etliche
Kommentare gegeben. Doch nein, es war so Die Lancaster ED925/G, die bei den Versuchen
still, dass man eine Stecknadel hätte fallen ge- eingesetzt und am Tag des Angriffs nach
hört, bevor Gibson fortfuhr«. Scampton geflogen wurde Fotos (3) F. Prins
Nach der Einsatzbesprechung starten
19 Avro-Lancaster-Bomber in drei Wellen von
Scampton aus. Die erste Welle von neun Ma-
schinen hat als Ziel die Möhne-, Sorpe- und
Edertalsperren in drei Gruppen zu je drei
Bombern, die zweite Welle (fünf Lancaster)
fliegt direkt die Sorpetalsperre an, während
die dritte Welle (fünf Bomber) zwei Stunden
später als Reserve abhebt.
Mit in der zweiten Welle ist Pilot Flt. Lt. Joe
McCarthy. Er hat Schwierigkeiten mit seiner
Maschine (ED923) und hastet zu der Ersatz-
maschine (ED825), die erst kurz vorher an
diesem Tag in Scampton eintraf. »Ich wollte
nicht zurückgelassen werden, ungeachtet
▲
▲
Tiefflug und »Bombenvisier« die erforderlichen 18 Meter Höhe anzuzeigen. richtige Entfernung zum Ziel wurde mit einem
Abgesehen davon, dass es höchste Konzentrati- Hier griff man auf ein so simples wie effektives rustikal anmutenden Instrument erfasst: Die
on und viel Übung erforderte, um die Lancaster Hilfsmittel zurück: Man baute zwei in einem be- mittlere Spitze eines genau berechneten Drei-
in »Baumwipfelhöhe« zu fliegen, war ihr barome- stimmten Winkel schräg nach unten gerichtete ecks diente als Kimme, die beiden anderen, in
trischer Höhenmesser nicht dazu in der Lage, Scheinwerfer ein (siehe Kasten oben). Auch die denen jeweils ein Nagel eingeschlagen war, als
34
Avro Lancaster B.Mk.III, ED932, AJ-G
der 617 Squadron, W/Cdr Guy Gibson.
Nach dem Einsatz wurde die Lancaster
wieder in ihre Standard-Bomberkonfigura-
tion zurückversetzt und im Juli 1947 ver-
schrottet Zeichnung J. Franzi/aeroillustrations.com
Gibson und seine Crew. Keiner von ihnen überlebte den Krieg Foto F. Prins
▲
Korn. Mit diesem einfachen Visier wurden die Nägel aus der Sicht des Bombenschützen
z. B. die beiden markanten Türme auf dem beim Anflug die Türme überlagerten, war die
Damm der Möhnetalsperre anvisiert (die für richtige Abwurfdistanz zum Ziel erreicht.
die Berechnung des Visiers nötigen Maße Manche Crews bevorzugten jedoch Alternati-
stammten aus der Vorkriegszeit), und sobald ven Marke Eigenbau. Peter Cronauer
Treffer auf der Krone der Sorpetalsperre – um ein Haar hätte dieser Damm nachgegeben … Foto P. Cronauer
36
Verluste und Orden
Von 19 eingesetzten Maschinen kehrten
acht nicht zurück. 53 Besatzungsmitglie-
der starben, drei gingen in Kriegsgefan-
genschaft.
Die Überlebenden wurden hoch
dekoriert, 35 Auszeichnungen
wurden den Angehörigen der 617
Squadron überreicht:
– 1 Victoria Cross (siehe Abb.) –
(Wing Commander G. Gibson)
– 5 Distinguished Service Order
– 2 Conspicuous Gallantry Medal
– 5 Bar to Distinguished Flying Cross
– 10 Distinguished Flying Cross
– 1 Bar to Distinguished Flying Medal
– 11 Distinguished Flying Medal
Die Möhnetalsperre heute: Die Schäden sind längst repariert, nichts Die Edertalsperre in Hessen, ebenfalls vor 70 Jahren Ziel der RAF und
erinnert mehr an die Angriffe der »Dambusters« bei den Angriffen zerstört Foto picture alliance/dpa
Schadensübersicht: »Rüstungsminis-
ter« Albert Speer besichtigt die zer-
störte Möhnetalsperre. Für ihn kam
der Angriff nicht überraschend …
Foto picture-alliance/akg-images
A
nfangs vernahm er nur, dass die Möh- brochenen Damms einst befindliche Kraft- um- und mitgerissen. Zahlreiche Gebäude
netalsperre zerstört und ausgelaufen werk war mit seinen schweren Maschinen wie Häuser, Kirchen, Fabriken, Bahndämme
war, von den anderen Staudämmen wie wegradiert.« Und nicht nur dieses. Eine oder Brücken wurden schwer beschädigt,
lagen noch keine Meldungen vor. Vom Flug- mehrere Meter hohe Flutwelle hatte das Möh- wenn nicht sogar komplett hinwegge-
zeug aus verschaffte sich dann Speer einen netal überflutet und vieles vernichtet, was ihr schwemmt, und unterirdische Einrichtungen
ersten Überblick: »In der ersten Morgendäm- in die Quere kam: Menschen und Tiere waren wie Keller, Kabelschächte, Unterführungen
merung landeten wir auf dem Flugplatz Werl, zu Hunderten in den Wassermassen umge- oder Bergwerke standen völlig unter Wasser.
nachdem wir das Bild der Verwüstung von kommen. Fahrzeuge, Bäume und was an- Noch im mehr als 70 Kilometer flussabwärts
oben betrachtet hatten: Das am Fuß des ge- sonsten nicht niet- und nagelfest war, wurden gelegenen Essen-Steele kamen Menschen in
38
Nachtjäger waren zwar Mitte 1943 ein
tödlicher Gegner der britischen Bomber,
den Wassermassen um, die für Speer zudem Fachleute kommen, die das Trocknen der doch in der Nacht des 17. Mai 1943 nicht
noch eine weitere »unscheinbar anmutende, elektrischen Wicklungen der Pumpanlagen am Himmel zu sehen: Hier eine Messer-
aber gravierende Folge« hatten: Die »elekt- besorgten, und beschlagnahmten zudem alle schmitt Bf 110 G der I./ NJG 1. Die Grup-
rischen Aggregate der Pumpstationen des Motoren ähnlicher Bauart in anderen Fabri- pe lag im Frühjahr 1943 im niederländi-
Ruhrtales waren durchnässt und ver- ken, ohne Rücksicht auf Ausfälle. Dadurch schen Venlo Zeichnung H. Ringlstetter
schlammt, sodass die Industrie zum Stillstand gelang es innerhalb einiger Wochen, die Ruhr-
gekommen und die Wasserversorgung der industrie wieder mit dem unentbehrlichen
Bevölkerung gefährdet war.« Wasser zu versorgen.« Rüstungsproduktion auszuschalten«. Selbst-
verständlich galt dies für alle kriegsführenden
Es kam nicht zum Äußersten Ein Blick zurück Parteien, auch für die Gegner. Folgerichtig
Es hätte jedoch noch weitaus schlimmer kom- Eigenen Angaben zufolge wusste Albert machte Speer Hitler unter anderem bereits
men können, wie der Minister feststellte, als er Speer schon lange, dass man den Krieg weit- im September 1942 darauf aufmerksam, »dass
im weiteren Verlauf des Tages die Sorpetal- gehend entscheiden könne, »wenn man statt wir durch einen Ausfall der Panzerzuliefe-
sperre besichtigte, die einen Volltreffer auf der ausgedehnten, aber sinnlosen Flächenbom- rungen aus Friedrichshafen sowie der Kugel-
Dammkrone erhalten hatte: »Der Bomben- bardierungen versucht hätte, Zentren der lagerproduktion von Schweinfurt in größte
trichter lag jedoch glücklicherweise um wenig
höher als der Wasserspiegel. Nur einige Zen-
timeter tiefer – und aus einem kleinen Bach
wäre schnell ein reißender Strom geworden,
der den aus Erde und Felsbrocken aufgeschüt-
teten Damm mit sich gerissen hätte.« Was dies
für das Ruhrgebiet bedeutet hätte, geht aus ei-
ner vom 19. Mai 1943 datierenden Mitteilung
vom »Leiter des Ruhrstabes«, Dr.-Ing. Walter
Roland, hervor: »Die Möhnetalsperre hatte ei-
nen Inhalt von 134000 000 m3, die Sorpetal-
sperre von 71000000. Bei einem Ausfall auch
der Sorpetalsperre speicherten die beiden rest-
lichen Ruhrtalsperren von Lister und Ennepe
nur noch 33 000 000 m3 oder 16 Prozent der
notwendigen Wassermenge. Diese hätte selbst
für einen Notbetrieb an der Ruhr nicht ausge-
reicht.« Bei einem Totalausfall der vier Ruhr-
talsperren und dem daraus folgenden Kühl-
wassermangel für Hochöfen und Kokereien
wäre Roland zufolge die Gesamtproduktion
im Ruhrgebiet um 65 Prozent gesunken.
Schwierigkeiten geraten würden«. Woraufhin Sinn für die kriegsentscheidende Bedeutung während der Sommermonate hauptsächlich
der »Führer« verstärkten Flakschutz für die derartiger Aktionen« fehlte und auch der Luft- dazu diente, den Wasserstand der Weser und
beiden Städte befahl. waffenstab »unfähig« war, »einen Luftkrieg des Mittellandkanals zu regulieren. Beides wa-
Selbstredend waren die vier Ruhrtalsper- nach technologischen statt nach überholten ren wichtige Schifffahrtswege, und somit war
ren als ähnlich sensibles Ziel bekannt, und der militärischen Gesichtspunkten zu führen«. auch die Edertalsperre ein legitimes militäri-
Angriff traf sie nicht gänzlich unvorbereitet. Dem Oberkommando der RAF waren der- sches Ziel. – Wenngleich eines, das mit den vier
Allerdings hatte man nicht mit einer neuarti- artige Gedankengänge offenbar ebenfalls nicht anderen nicht in direkter Verbindung stand.
gen Waffe wie »Upkeep« gerechnet, sondern fremd, denn obwohl ihre Bomberverbände Auch kannte Speer nicht das der »Opera-
sich auf eher konventionelle Angriffsmetho- schon längst nach der »Area Bombing Directi- tion Chastise« zugrunde liegende Konzept:
den eingestellt. So war beispielsweise der ve« handelten, »Tausend-Bomber-Angriffe« Nicht umsonst hatte man die »Dambusters«
Möhne-Damm mit Torpedonetzen gesichert, durchführten und im Rahmen des »Battle-of- in drei Angriffswellen eingeteilt, mit jeweils
und ursprünglich war hier auch reichlich Flak the-Ruhr« bereits seit Wochen großflächige eigens zugewiesenen Zielen. Wäre alles pro-
stationiert, doch gerade in dieser Hinsicht Nachtangriffe auf Städte an Rhein und Ruhr blemlos nach Plan verlaufen, hätte es alle vier
kam »Operation Chastise« für die deutsche flogen, führten sie eben auch Präzisionsangrif- Ruhrtalsperren und zusätzlich die der Eder
Seite zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt: fe wie »Operation Chastise« durch. In seinen erwischt. Doch wer konnte schon vorherse-
Kurz zuvor wurden die schweren 8,8-cm-Bat- »Erinnerungen« zollt Speer dieser Tatsache hen, dass von den 19 eingesetzten Maschinen
terien abgezogen, zurück blieben nur leich- Respekt: »Die Engländer standen in dieser nur zwölf ihr Ziel überhaupt erreichten?
tere Kaliber. – Den angreifenden Besatzungen Nacht bei einem Einsatz von wenigen Bom- Dementsprechend stand nur ein Dutzend
der 617. Bomberstaffel kam dieser Umstand bern vor einem Erfolg, der größer gewesen wä- »Upkeeps« für fünf Ziele zur Verfügung, und
natürlich sehr gelegen. re, als sie ihn bis dahin, bei Tausenden von alleine für die Möhnetalsperre wurden fünf
Bombereinsätzen, je erreicht hatten. Sie mach- davon verbraucht.
Eine Frage der Perspektive
Später wird Speer in seinen »Erinnerungen«
schreiben, dass die RAF mit »Operation Chas-
Kurz zuvor wurden die schweren
tise« genau das versucht habe, was er von der 8,8-cm-Batterien abgezogen.
Luftwaffe seit Langem vergeblich forderte:
durch die gezielte »Zerstörung eines einzigen ten dabei nur einen, mir heute noch unver- Die Dämme an Möhne und Eder fielen der
Nervenzentrums der Kriegswirtschaft, gewis- ständlichen Fehler: Sie teilten ihre Kräfte auf ersten Angriffswelle zum Opfer, die büßte beim
sermaßen nach dem Prinzip der Quer- und zerstörten in der gleichen Nacht die sieb- Anflug nur eine ihrer Maschinen ein. Doch von
schnittslähmung, den Kriegsverlauf entschei- zig Kilometer entfernte Edertalsperre, obwohl den fünf Lancaster der zweiten Welle, die sich
dend zu beeinflussen«. Gut vier Wochen diese mit der Wasserversorgung der Ruhr die Sorpetalsperre vornehmen sollte, erreichte
zuvor, am 11. April 1943, hatte Speer Hitler nicht das Geringste zu tun hatte.« nur eine einzige ihr Ziel. Von den ebenfalls fünf
vorgeschlagen, »ein Fachgremium von Indus- Lancaster der dritten Welle, die für die Dämme
triellen mit der Aufgabe zu betrauen, in der Die andere Seite von Sorpe, Lister und Ennepe vorgesehen wa-
sowjetischen Energiewirtschaft die entschei- Selbstverständlich schrieb Speer dies in Un- ren, kamen immerhin drei durch, konnten aber
dend wichtigen Angriffsziele auszusuchen.« – kenntnis der gegnerischen Sicht. Den Briten im dichten Nebel entweder ihr Ziel nicht fin-
Zwei Wochen nach dem Angriff auf die deut- war die Bedeutung der vier Ruhrtalsperren für den, oder die Wirkung ihrer Bomben verpuff-
schen Talsperren wiederholte er seinen Vor- die Rüstungsproduktion im Ruhrgebiet sehr te scheinbar wirkungslos.
schlag. Nach Speers eigenem Bekunden hatte wohl bekannt. Auch wussten sie, dass die Eder- Trotzdem verstand es die britische Propa-
er damit jedoch keinen Erfolg, weil Hitler »der talsperre nichts damit zu tun hatte, sondern ganda, auch den Teilerfolg in ihrer Öffent-
40
Waren bei Operation »Margin« zur Stel-
lichkeit zu nutzen. Die Luftaufnahmen von Reichsgebiet liegen neue Stimmungsberichte le: Messerschmitt Bf 109 F-4 der II./JG 2.
den zerstörten Dämmen verfehlten ihre Wir- vor. Diese sind wenig erfreulich. Sowohl die Am 17. April 1942 schoss ein gemischter
kung nicht; die Botschaft lautete: Seht her, wo- Reichspropagandaämter als auch die anderen Verband des JG 2 aus Bf 109 F und
zu wir in der Lage sind. Dabei mutet es aus Stimmung messenden Instanzen sprechen Fw 190 A vier von zwölf Lancaster-Bom-
heutiger Sicht wie eine bittere Ironie der Ge- übereinstimmend von einem Stimmungsein- bern ab Zeichnung H. Ringlstetter
schichte an, dass die überwiegende Mehrheit bruch, der augenblicklich in Deutschland
der Toten aus zwei überschwemmten Lagern stattfinde.« Goebbels nennt die Niederlage in
stammte: eines mit Zwangsarbeitern aus der Afrika, die Verschärfung des Luftkrieges, das südlich von Paris. Doch die verbliebenen acht
Ukraine und ein weiteres für alliierte Kriegs- zeitweilige Versagen des U-Boot-Krieges und Maschinen erreichten tatsächlich Augsburg,
gefangene. die Herabsetzung der Fleischrationen als warfen ihre Bomben auf die U-Boot-Motoren-
mögliche Ursachen. Die seinerzeit rollenden werke, wobei während des Angriffs von der
Wunsch und Wirklichkeit Luftangriffe auf die Städte an Rhein und Ruhr Flak zwei weitere und kurz danach noch eine
Allerdings wurde die Wirkung der »Operati- und nicht zuletzt die Zerstörung der Möhne- dritte Maschine abgeschossen wurden. Nur
on Chastise« deutlich übertrieben. Nicht nur und Edertalsperren trugen sicherlich auch fünf von ursprünglich zwölf Lancastern kehr-
Squadron Leader Guy Gibson, in der Folge noch das Ihre dazu bei. Im selben Eintrag ten wieder nach Hause zurück. »Operation
vorübergehend der am höchsten ausgezeich- schreibt Goebbels später: »Sehr scharfe Kritik Margin«, so lautete der Deckname für jenen
nete RAF-Pilot, irrte, als er meinte, Deutsch- wird augenblicklich an Göring geübt. (…) Gö- Einsatz bei Tageslicht, erwies sich als wenig
land habe einen Schlag erhalten, von dem es ring lässt mit einer gewissen Lethargie die effektives Experiment: Die RAF zahlte einen
sich auf Jahre hinaus nicht mehr erholen kön- ganze Entwicklung über sich ergehen (…).« – viel zu hohen Preis für die verhältnismäßig
ne. Tatsächlich erholte es sich überraschend
schnell. Die bereits erwähnten Pumpenanla-
gen waren schon bald wieder in Betrieb, die
Die Wirkung von ›Operation Chastise‹
Trinkwasserversorgung und das Elektrizi- wurde deutlich übertrieben.
tätsnetz wurden innerhalb von wenigen Wo-
chen repariert, und auch die Dämme setzte Und in diesem Zusammenhang stellt sich die kurze Unterbrechung der Augsburger Pro-
man wieder instand. Frage: Warum griff die Luftwaffe während der duktion. Es blieb bei diesem einen Mal.
Laut Albert Speer beging die RAF in die- Angriffe auf die Talsperren nicht ein? Dennoch weisen die Operationen »Mar-
sem Zusammenhang einen weiteren Fehler: gin« und »Chastise« einige Parallelen auf:
»Wenige Tage nach diesem Angriff arbeite- Nicht der erste Tiefangriff Wieder übten die Besatzungen extremen Tief-
ten bereits 7000 Mann, die ich vom Atlantik- Schließlich hatte das Bomber Command der flug, was mit der Lancaster nicht einfach ge-
wall ins Gebiet von Möhne und Eder beordert RAF bereits am 17. April 1942, fast auf den wesen sein soll. Wieder schlichen sich die An-
hatte, an der Wiedererrichtung der Dämme. Tag genau 13 Monate vor »Operation Chasti- greifer unter dem deutschen Radar hindurch,
Noch rechtzeitig vor dem Beginn der Regen- se«, bewiesen, dass man mit der damals erst und wieder erzielten sie einen zwar spekta-
fälle, am 23. September 1943, konnte die zwei- vor Kurzem in Dienst gestellten Avro Lancas- kulären, aber nicht sonderlich nachhaltigen
undzwanzig Meter tiefe und siebenundsieb- ter auch im Tiefflug angreifen kann. Damals Erfolg. Und auch »Chastise« wurde nicht wie-
zig Meter hohe Bresche im Möhne-Damm wurden jeweils sechs Maschinen der No. 44 derholt – die noch vorhandenen und allmäh-
geschlossen werden. Infolgedessen gelang es, und No. 97 Squadron unter dem Kommando lich verrottenden »Upkeeps« wurden nach
die Niederschläge des Spätherbstes und Win- von Staffelkapitän J. D. Nettleton zu einem Kriegsende entsorgt.
ters 1943 für den Bedarf des nächsten Som- Spezialverband vereint, übten eine Woche das Doch warum wurden die drei Angriffs-
mers zu sammeln. Bei unserem Wiederaufbau Fliegen in Baumwipfelhöhe und schlichen wellen der No. 617 Squadron nur von der
versäumte die britische Luftwaffe ihre zweite sich dann in nur wenigen Metern Flughöhe Flak bekämpft? Auch wenn sie das deutsche
Chance: Mit einigen Bomben hätten die ex- unter dem deutschen Radar hindurch, über Radarsystem erfolgreich unterflogen, blieben
ponierten Einrichtungen der Baustellen zum den Ärmelkanal hinweg und quer durch sie doch nicht gänzlich unbemerkt, schließlich
Einsturz gebracht, mit einigen Brandbomben Frankreich bis zu den MAN-Dieselmotoren- gab es auch noch Horchposten und derglei-
die hölzernen Baugerüste in Flammen gesetzt werken nach Augsburg. chen mehr. Waren die paar Lancaster für die
werden können.« Zeitgleich attackierten 30 Douglas Boston deutschen Nachtjäger kein lohnendes Ziel?
mit starkem Jagdschutz Ziele in Nordfrank- Weil ihr »Lichtenstein B/C« in Bodennähe
Wo blieb die Luftwaffe? reich, um die Aufmerksamkeit des für die Re- nicht sonderlich gut funktionierte? Weil sie im
Dr. Joseph Goebbels, der »Reichsminister für gion zuständigen JG 2 auf sich zu ziehen, was Einsatz gegen die Großformationen wichtiger
Volksaufklärung und Propaganda«, notierte jedoch nicht vollständig gelang: Mehrere waren, die seinerzeit die Städte entlang Rhein
am 22. Mai 1943, also fünf Tage nach »Opera- Alarmstaffeln der »Richthofener« jagten den und Ruhr in Schutt und Asche legten? Fragen,
tion Chastise«, in seinem Tagebuch: »Aus dem Viermots hinterher und stellten vier von ihnen die wohl unbeantwortet bleiben. ■
Der »Amerikabomber«
Mit der Me 264 schuf Messerschmitt ein außergewöhnliches Langstrecken-Flugzeug.
Der Mangel an geeigneten Triebwerken sowie die Unentschlossenheit der Luftwaffe-
Verantwortlichen verhinderten den Einsatz des »Amerikabombers« Von Herbert Ringlstetter
E
nde des Jahres 1942 war es soweit: Mes- Anlass zur Kritik. Am 23. März 1943 führte Bis zum 6. August 1943 fanden insgesamt
serschmitts »Optimal-Flugzeug«, die ein Hydraulikschaden sogar zur Bauchlan- 36 Erprobungsflüge statt. Bei zwei Testflügen
Me 264 V1, Werknummer 26400001, mit dung der V1, die glücklicherweise glimpflich erreichte Flugkapitän Karl Baur mit der ästhe-
der Kennung RE+EN, stand flugklar in Augs- verlief, jedoch die Erprobung verzögerte. Die tischen »Viermot« über 600 km/h. Neben Baur
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Ringlstetter
burg zum Jungfernflug bereit. Diesen führte Schwierigkeiten mit dem Seiten- und Höhen- flog auch Messerschmitt-Werkspilot Fritz Wen-
am 23. Dezember 1942 Cheftestpilot Karl Baur leitwerk resultierten wohl auch aus ihrer Un- del die Me 264. Am 9. März 1943 flog Stabsin-
durch. Das Fahrwerk blieb während des Flu- terdimensionierung. Ausgleichsgewichte, die genieur Friebel vom RLM als erster externer
ges ausgefahren. Doch die Bremsen fielen aus gefährliche Schwingungen im Leitwerk be- Pilot die V1. Ein eingehendes Urteil mochte er
und die Maschine wurde bei der Landung
leicht beschädigt. Der nächste Testflug fand
am 20. Januar 1943 statt. Zwei Tage darauf
Flugkapitän Karl Baur erreichte mit der
überführte Baur die V1 nach Lechfeld, südlich ästhetischen ›Viermot‹ 600 km/h.
von Augsburg, wo ein größeres Flugfeld zur
Verfügung stand. seitigen sollten, brachten nicht den ge- aber wegen der kurzen Flugdauer von 27 Mi-
Während der Erprobung wurden verschie- wünschten Effekt. Auch die Ruderanlage der nuten nicht abgeben. Am 2. Juni steuerte
dene Probleme deutlich: Vor allem gaben die V1 benötigte eine Überarbeitung. Außerdem Oberst Barsewich vom Generalstab der Auf-
zu hohen Quer- und Seitenruderkräfte sowie waren die Servomotoren für die Kurssteue- klärungsflieger die »264« für 14 Minuten. Doch
Störungen am Fahrwerk und der Hydraulik rung zu schwach. er fand die Maschine zu langsam für den
42
Noch lange nicht über New York: Die Me 264
ist hier vermutlich während ihres Erstflugs
am 23. Dezember 1942 zu sehen. Das Fahr-
werk blieb sicherheitshalber ausgefahren
Attrappenvariante: Rechts der Arbeitsplatz des Navigators/Funkers, und links des Bordwartes.
Die Öffnung hinten dem Drehsitz des B-1-Standes führt zum Bereich über dem Bombenraum
fliegt
Kampfeinsatz. Acht Tage später rollte Flug-
baumeister Böttcher vom RLM an den Start.
Obwohl die Me 264 nicht vollgetankt und da-
her mit eher niedrigem Fluggewicht startete,
erreichte das Flugzeug wegen hoher Lufttem-
peraturen nur eine sehr geringe Höchstge-
schwindigkeit. Böttcher äußerte große Beden- Das Innenleben einer Me 264, mit der Bewaffnung, wie sie für die V2 vorgesehen war
ken hinsichtlich der Sicherheit der Me 264.
Die V1 auf dem Werksflugplatz in Augsburg. Wegen der großzügigeren Platzverhältnisse wurde der
Großteil der Erprobungsflüge vom etwas südlich gelegenen Flugplatz bei Lechfeld aus durchgeführt
44
Die RLM 71/71/65 lackierte Me 264 Auffallende Ähnlichkeit mit der Boeing B-29 »Superfortress«
V1 nach der Umrüstung auf BMW-801.
Die Waffenstände B-1 und B-2 waren le- Der Vergleich mit der amerikanischen Boeing B-29 »Superfortress«, die ein paar Monate zuvor im
diglich Attrappen Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus September 1942 erstmals geflogen war, drängt sich förmlich auf. Der US-Bomber war jedoch um
rund zehn Meter länger und wesentlich schwerer. Die B-29 flog ab Mitte 1944 Einsätze gegen Ja-
pan. Die Me 264 ist hier vermutlich bei ihrem Erstflug zu sehen.
tretenen Mängel seien seiner Meinung nach
behebbar, und man könne die Me 264 »von
der Stange weg kaufen«.
Anschließend überführte Karl Baur die V1
zurück nach Memmingen. Dort setzte er die
schwere Maschine zu hart auf, und der Not-
sporn riss aus dem Heck. Nachdem der Scha-
den beseitigt war, flog am 26. April 1944 ein
weiterer Flugzeugführer der E-Stelle Rechlin,
Hauptmann Nebel, die V1 für 19 Minuten.
Dabei missfielen ihm die Seitenruderkräfte
und spürbaren Schwingungen. Als »noch er-
träglich« bezeichnete er die Querruderkräfte.
Die weitere Erprobung der Me 264 V1 lief
bis zum 26. Juni. Auf mindestens einem der
Testflüge waren Attrappen der Waffenstände
eingebaut. Nach dem 52. Start und einer Ge-
samtflugzeit von 38 Stunden und 22 Minu-
ten musste die V1 erneut zu Reparaturzwe-
cken pausieren.
Zu einem weiteren Flug sollte es nicht
mehr kommen: Am 18. Juli 1944 wurde die
Me 264 V1 während eines alliierten Luftan-
griffs so stark beschädigt, dass der Wieder-
aufbau nicht mehr infrage kam.
Me 264 V2 bis V6
Der Bau der beiden anderen V-Muster war
zum Teil schon weit fortgeschritten. Die Pla-
nung sah wahrscheinlich vor, neben einer
Bruchzelle V0 weitere sechs Flugzeuge zu
bauen. Dabei sollten die V2 und V3 mit der
für den Einsatz notwendigen Ausrüstung ver-
sehen werden. Fertiggestellt hat man keines
der Flugzeuge mehr.
46
Die Beurteilungen verschiedener Piloten, darunter von der E-Stelle Rechlin, fielen unterschiedlich
aus. Die formschöne »Viermot« verfügte noch über keinerlei Waffeneinbau
Wirre Aufgabenplanung
Abgesehen von den technischen Schwierig-
keiten bei Entwicklung, Bau und Erprobung Während der Erprobung mit der auf BMW-Motoren umgerüsteten Me 264 V1: Die Maschine ist
der Me 264, fiel es den Luftwaffe-Verantwort- hier mit Waffenstand-Attrappen ausgerüstet. Dritter von links ist Cheftestpilot Karl Baur
lichen äußerst schwer, sich über Bedarf, Aus-
legung und Aufgabenstellung der Me 264 zu
einigen und klare Vorgaben zu definieren.
Die Einsatzplanungen für die Me 264 reich-
ten vom Fernkampfflugzeug mit unterschied-
lichsten Traglasten, Triebwerken und Bewaff-
nungen bis hin zum Fern- und Sonder-
fernaufklärer, Höhenkampf- oder Kurierflug-
zeug. So manchem, auch dem hoch dekorier-
ten Kampfflieger Werner Baumbach, schweb-
te ein Fernbomber, ein »Amerikabomber«, vor,
mit dem Städte an der Ostküste der USA, wie
etwa New York, angegriffen werden könnten.
Um den Vorgaben gerecht zu werden, konzi-
pierte Messerschmitt zahlreiche Varianten und
Weiterentwicklungen der Me 264, so etwa mit
sechs Motoren, Pfeilflügeln, Propellerturbinen,
Strahltriebwerken oder auch Mischantrieben
bis hin zur Dampfturbine.
Die Kriegslage, mangelnde Produktions-
und Entwicklungskapazitäten sowie die Ent-
scheider im RLM erschwerten die Arbeiten
enorm. Auch die vom RLM favorisierte Fo-
cke-Wulf Ta 400 kam nicht über das Erpro-
bungsstadium hinaus. Am 18. Oktober 1944 Zwar bot die Kanzelverglasung grundsätzlich gute Sicht, doch führten die gewölbten Scheiben
kam für die Me 264 endgültig das Aus. ■ auch zu Verzerrungen
Dorniers »Götterbote«
In den verklärten »goldenen 20er-Jahren« erzielte auch die Luftfahrt bedeutende Fort-
schritte. Ein großer Wurf war der Verkehrsflieger »Merkur«, der sich vor allem durch
seine Zuverlässigkeit auszeichnete Von Peter W. Cohausz
A
nfang 1926 begannen sich die alliier- Steuer saß der bekannte schweizerische Pilot sen sich als robuste, leistungsfähige und si-
ten Baubeschränkungen zu lösen. So Walter Mittelholzer. chere Maschinen. Dazu waren sie der wirt-
konnte Dornier in seiner bewährten Als Dornier im September 1926 eine »Mer- schaftlichste Flugzeugtyp ihrer Zeit. Kleine-
Komet III einen stärkeren 600-PS-BMW-VI- kur« an die ukrainische Fluggesellschaft re Notlandungen und auch Unfälle in der
Motor einbauen, was die Flugleistungen er- UWP auslieferte, nutzte man diese Gelegen- Anfangsphase gingen glimpflich aus, und
heblich verbesserte. Der Flieger wurde nun heit, um die Leistungsfähigkeit und Zuver- bis zum Einsatzende 1934 gab es nur zwei
unter der Bezeichnung Dornier Do B Bal lässigkeit der Maschine zu demonstrieren. Totalschäden.
»Merkur« vermarktet und zu einem der zu- Die »Merkur« legte bei ihrem Überführungs- Insgesamt sind von 1924 bis 1928 41 »Mer-
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Cohausz
verlässigsten und sichersten Flugzeuge der flug insgesamt 7000 Kilometer zurück und er- kur« neu und 13 aus Komet III umgebaut
Lufthansa. reichte eine Höhe von bis zu 4500 Metern. Ein worden. Die letzten »Merkur« hatten einen
Der verstrebte Hochdecker »Komet III« weiterer Fernflug über 20 000 Kilometer führ- 640-PS-BMW-VI-U-Getriebemotor, ein ge-
blieb bei der Triebwerks-Umrüstung bis auf te eine Do B auf Schwimmern nach Kapstadt. schlossenes Cockpit und einen verkleideten
den neuen Kühler praktisch unverändert. Im Die ersten »Merkur« der Lufthansa waren Flügel-Rumpf-Übergang.
rechteckigen Kastenrumpf war eine Kabine umgebaute »Komet III«, und Ende 1926 kam Überlebt hat keine originale »Merkur«,
für sechs bis acht Passagiere, die auf gefloch- endlich der Großauftrag für 18 Flugzeuge. aber zur Eröffnung des neuen Dornier-Mu-
tenen Korbsesseln Platz fanden, während die Für Dornier zahlte es sich jetzt aus, dass man seums in Friedrichshafen wurde eine Do B
zwei Piloten unter der Tragfläche saßen. zuvor bereits mehrere »Merkur« auf Vorrat originalgetreu nachgebaut. Diese Do stellt die
Die verbesserten Flugleistungen führten gebaut hatte. D-1103 »Silberfuchs« der Lufthansa dar.
im Juni 1926 zu gleich sieben Nutzlast-Welt- Lufthansa und die Deutsch-Russische Das Cockpit der »Merkur« war zwar, wie
rekorden, die von dem schweizerischen Flug- Luftverkehrs A.G. (Deruluft) hatten zeitwei- damals üblich, offen, aber durch die Lage un-
platz Dübendorf aus erzielt wurden. Am se bis zu 34 »Merkur« im Einsatz. Sie erwie- ter der Tragfläche doch etwas geschützt. Zwei
48
Robust und zuverlässig:
Dornier »Merkur«, hier die
D-552 »Gepard« der Lufthansa
nebeneinanderliegende Pilotensitze hatten Blick in die gut ausgestattete Passagierkabine einer »Merkur« Foto Dornier Museum LFT 270
große Steuerräder vor sich. Die Instrumenten-
tafel war in der Mitte angeordnet und um-
Ein Fahrtmesser von
fasste hauptsächlich die Geräte und Bedien-
Bruhn bis 250 km/h
hebel für die Triebwerks- und Kraftstoffanlage.
Foto Jordan
Da die »Merkur« auf Sicht geflogen wurde
– die Gipfelhöhe lag bei 5200 Metern –, waren
nur wenige Flugüberwachungs- und Naviga-
tionsgeräte vorhanden. In der Gerätetafel be-
fanden sich lediglich der Höhenmesser und ei-
ne Borduhr.
Der Führerkompass Ludolph FK 6 saß in
Hängeausführung unter der Tragfläche. Der
Fahrtmesser von Bruhn (50–250 km/h) be-
fand sich vermutlich direkt vor dem Piloten- Führerkom-
sitz. Unklar ist auch der Einbauort der damals pass Ludolph
üblichen Anlasseinspritzpumpe. Ob noch ei- FK 6
ne Fluglageanzeige eingebaut war, ist auf dem Foto Jordan
Erläuterung der Instrumentierung Führerraum einer Dornier »Merkur« Foto Dornier Museum LFT 270
Instrumentierung eines Dornier Do B »Merkur« um 1928 vorliegenden historischen Foto nicht erkenn-
Nr. Gerät Anzeigebereich Hersteller bar. Möglich war es. Insgesamt war der Füh-
Die Reihen jeweils von oben: rerraum auf reine Zweckmäßigkeit hin aus-
1 Pilotensitz gelegt.
2 Seitensteuer Nach 1932 wurden die noch fliegenden
3 Luftpumpe für die Benzinuhr »Merkur« mit genormten Bordinstrumenten
4 Benzinuhr (pneumatisch) 0–300 Liter Maximall
ausgerüstet, um die Maschinen moderneren
Typen anzupassen.
5 Brandhahn
Die Zusammenstellung wurde auf Grund-
6 Zündschloss Bosch
lage einer historischen Fotografie durchge-
7 Steuerrad
führt. Nicht alle Geräte waren eindeutig
8 Hinweisschild zur Höchstgeschwindigkeit 250 km/h erkennbar. ■
9 Kraftstoffdruckmesser 0–0,5 kg/cm² Maximall
10 Öldruckmesser 0–3 kg/cm² Maximall
Quelle:
11 Höhenmesser 0–3000 m Goerz
12 Hebel für die Kühlung Frost, Günter/Kössler, Karl/Koos, Volker:
13 Hebel für Zündzeitpunktverstellung »Dornier – von den Anfängen bis 1945«,
14 Hebel für Normalgas Heel Verlag, Königswinter 2010
15 Drehzahlmesser »Phylax« 400–1600 U/min Morell
16 Behälterschaltung für Benzin Steuerbord/Backbord-Tank
17 Hebel für Höhengas
18 Hebel für ?
19 Behälterschaltung für Benzin Tank 1/Tank 2/Reserve
20 Borduhr 8 Tage Kienzle
21 Öltemperaturanzeiger 25–115° C Baecker
22 Kurbel für den Anlassmagnet
23 Kühlwassertemperaturanzeiger 25–115° C Baecker
24 Fettpresse für die Wasserpumpe
25 Anlassmagnet Bosch
26 Handpumpe für Kraftstoff Die neu gebaute »Merkur« D-1103 »Silberfuchs«
27 Behälterschaltung für die Benzinuhr des Dornier-Museums Foto Sonja Brüggemann, Lufthansa
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Der Feuersturm
Diesmal war Hamburg an der Reihe. Zwar warteten wie stets die gefährlichen deut-
schen Nachtjäger auf die britischen Bomber, doch hatten diese ein neues »Wundermit-
tel« geladen, welches Hamburg den Untergang bringen sollte … Von Peter Cronauer
A
m 24. Juli 1943 herrscht schon ab den beladen. Für die Mechaniker ist dies Routi- werden. Denn die deutsche Luftverteidigung
frühen Morgenstunden auf vielen ne, dennoch haben sie alle Hände voll zu tun. ist nach wie vor ein gefährlicher Gegner.
Flugplätzen Großbritanniens emsige Das fliegende Personal bereitet sich ebenfalls Man hatte gehofft, dass der »Battle of the
Betriebsamkeit. Das Bodenpersonal ist gerade auf den kommenden Angriff vor. Piloten und Ruhr« den Herzschlag der deutschen Rüs-
dabei, fast 800 Bomber für den kommenden Navigatoren nehmen an den Vorbesprechun- tungsindustrie endlich zum Erliegen bringe.
Nachteinsatz startklar zu machen. Die Ma- gen teil, studieren ihre Unterlagen, die Bord- Daher wird seit rund vier Monaten an den
schinen und ihre Ausrüstung werden über- schützen ruhen sich aus. Sie alle wissen, dass Flüssen Rhein und Ruhr eine Stadt nach der
prüft, gewartet, gegebenenfalls repariert, voll- ihnen eine weitere lange und harte Nacht be- anderen im Sinne der »Area Bombing Di-
getankt sowie mit Bomben und Munition vorsteht und dass nicht alle wiederkehren rective« aufs Schwerste bombardiert. Eine
10.5.1940 Westfeldzug
1.9.1939 Polenfeldzug 22.6.1941 Deutscher
Beginn des Zweiten Weltkriegs 9.4.1940 »Unternehmen 10.7. bis 31.10.1940 Angriff auf die UdSSR 7.12.1941 Japanischer
Weserübung« Luftschlacht um England Überfall auf Pearl Harbor
52
Handley Page Halifax B Mk.II, SN
Spezialeinheit zerstörte sogar die großen Für die britische Führung war dies sogar HR926, Kennung TL-L, der 35 Squadron
Stauseen an Eder und Möhne! Doch trotzdem noch ein Erfolg. Denn bei manchen Einsätzen Mitte 1943. Die HR926 nahm als »Pathfin-
steigen die Bomber-Verluste der RAF seit Mo- ging zwar bis zu einem Drittel der eingesetz- der« an »Gomorrha« teil, ehe sie im Oktober
naten kontinuierlich an. ten Maschinen verloren, dafür kamen sie bei verloren ging Zeichnung J. Franzi/aeroillustrations.com
anderer Gelegenheit weitgehend ungescho-
Verluste werden hingenommen ren davon, und somit lag die durchschnittli-
Insgesamt hatten die deutschen Nachtjäger che Verlustquote insgesamt bei unter fünf zumal es in der Nacht vom 24. auf den 25. Ju-
samt Flak alleine im Zuge jener »Schlacht um Prozent. Gemessen an der Gesamtstärke der li 1943 gegen ein besonders stark verteidigtes
die Ruhr« bislang rund 3000 britische Flug- britischen Bomberflotte war dies offenbar hin- Ziel geht: Hamburg. Allerdings ist für diesen
zeuge erwischt. Zwar schafften es mehr als nehmbar, an höchster Stelle wurden höhere Einsatz ein Wundermittel angekündigt, wel-
zweitausend davon irgendwie noch nach Einbußen einkalkuliert. ches das Risiko erheblich reduzieren soll: 40
Tonnen gebündelte Stanniolstreifen werden
zusätzlich auf die Bomber verteilt.
Für die britische Führung war dies sogar
noch ein Erfolg. Eine ausgeklügelte Organisation
Nach stundenlanger Vorbereitung rollen die
Hause, zum Teil sehr schwer beschädigt, doch Doch für jene, die Nacht für Nacht in ihre ersten Maschinen an den Start, fliegen zum
immerhin beinahe 900 blieben irgendwo da Maschinen steigen, ist dies nur ein schwacher festgelegten Sammelpunkt und warten krei-
draußen in der Nacht zurück. Und da in jeder Trost: Fünf Prozent sind fünf Prozent, und je- send auf die anderen. 800 Maschinen in die
dieser Maschinen eine mehrköpfige Besat- der kann sich ausrechnen, wann er selbst an Luft zu bringen, dauert seine Zeit. Mitunter
zung saß, bedeutete dies den Verlust von die Reihe kommt. Entsprechend angespannt drehen die ersten schon seit Stunden Warte-
mehreren Tausend Kameraden. ist die Stimmung der wartenden Besatzungen, schleifen, während die letzten noch am Boden
Eine Lancaster erhält ihre tödliche Fracht: Hier eine gemischte Abwurf- Der Brand beginnt: Eine Lancaster wirft Phosphor-Bomben ab. Sie tru-
last aus Sprengbomben und einer »Cookie«-Luftmine Foto RAF gen dazu bei, den Feuersturm zu entfachen Foto ullstein bild – Archiv Gerstenberg
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schlechtes Zeichen? Und es bleibt ruhig, bis reits lauernden Nachtjägern nutzt das jedoch
kurz vor Mitternacht. Dann laufen die ersten nicht viel, sie sind jetzt völlig auf sich alleine Avro Lancaster B.I, SN R5868, Kennung
Meldungen ein. Wieder einmal wandern ro- gestellt. OL-Q, der 83 Squadron Mitte 1943. Die
te Lichtpunkte auf der Milchglaskarte lang- Tief unter ihnen, im Gefechtsstand, gilt es, R5868 nahm an »Gomorrha« teil und über-
sam über die Ostsee, parallel zur deutschen jetzt bloß nicht die Nerven zu verlieren; die lebte den Krieg. Heute steht sie im RAF
Küste. Die ersten Messerschmitt Bf 110 und 2. Jagddivision bittet den Flugmeldedienst Museum Zeichnung J. Franzi/aeroillustrations.com
Junkers Ju 88 des der 2. Jagddivision unter- um Hilfe. Als hätte es das »Himmelbett«-Ver-
stellten Nachtjagdgeschwader 3 starten von fahren nie gegeben, als wäre diese gewaltige,
ihren Fliegerhorsten in Stade, Vechta, Witt- hochtechnisierte Organisation der deutschen bereits zahlreiche Bombenangriffe zu über-
mundhafen, Wunstorf, Lüneburg und Kas- Nachtjagd gar nicht existent, wird nun auf stehen, sowohl am Tag, als auch in der Nacht.
trup und nehmen ihre Wartepositionen in Methoden aus der Anfangszeit des Krieges Dabei reichte das Spektrum von kleineren
ihren jeweiligen »Himmelbetten« (siehe zurückgegriffen: auf die Beobachtungen der Störangriffen einzeln fliegender Maschinen
FLUGZEUG CLASSIC 05/13) über der deut- über das ganze Land verteilten Flugwachen bis hin zu schweren Bombardements, die be-
schen Nordseeküste ein. Schnell wird offen- am Boden. Diese melden, dass nun in der Nä- reits deutliche Spuren hinterließen. Ist heute
Nacht erneut die Millionen-Metropole dran?
Am Boden sind in und um Hamburg he-
Mit einem Schlag ist die komplette Luftraum- rum mehr als fünfzig schwere, gut zwei Dut-
verteidigung außer Gefecht gesetzt. zend leichte Flak- sowie 22 Scheinwerfer- und
drei Nebelbatterien positioniert. Doch weil
sichtlich, dass die vorausfliegenden »Pfadfin- he von Meldorf, über Dithmarschen, gelbe neben den Nachtjägern im »Himmelbett-Ver-
der«-Maschinen die Vorboten eines großen, Leuchtkaskaden vom Himmel rieseln. Immer fahren« auch die Schusswerte der Flak nach
aus mehreren Hundert Maschinen bestehen- wieder neue Kaskaden, immer über demsel- den Messdaten der »Würzburg«-Geräte er-
den Bomberstromes sind. Doch was hat jener ben Gebiet: Da setzen wohl Pfadfinderma- mittelt werden und hier seit kurz vor
vor? Bislang steuert er direkt auf die Elb- schinen eine Wendemarke? Tatsächlich bestä- ein Uhr nachts keine brauchbaren Angaben
mündung zu. Wird er davor abschwenken? tigen die nächsten Mitteilungen, dass der mehr durchdringen, ist quasi mit einem
Nach Süden? Oder über Norddeutschland Bomberstrom geschlossen nach Südosten Schlag die komplette deutsche Luftraumver-
hinweg weiter Richtung Ostsee ziehen? Viel- schwenkt; sich parallel zur Elbe weiterbewe- teidigung außer Gefecht gesetzt! Wie ist das
leicht sogar in Richtung Berlin? gend, hält er jetzt direkt auf Hamburg zu. Die nur möglich? ■
alte Hansestadt hatte seit Beginn des Krieges Fortsetzung im nächsten Heft.
Und plötzlich fällt die Technik aus
Da bleiben die roten Lichtpunkte plötzlich auf
der Glaswand stehen, verharren minutenlang
auf ein und demselben Fleck. Nervosität
macht sich breit. Was ist da los? Der Nach-
richtenoffizier schaltet sich in die Direktlei-
tungen zu den Radarstellungen ein und erhält
auf seine Fragen überall dieselbe Antwort:
»Die Geräte sind gestört oder ausgefallen.«
Vor allem die »Würzburg«-Geräte sind be-
troffen, über ihre Bildschirme flimmern nur
noch wirre Echozacken, aus denen nichts
Brauchbares herauszulesen ist. Das ist mehr
als nur alarmierend, denn von den präzisen
Angaben der »Würzburg«-Geräte hängt die
Führung der Nachtjäger in ihren »Himmel-
betten« ab! Und nicht nur die, sondern auch
die der Flak! Nun tappen sowohl die einen als
auch die anderen wortwörtlich im Dunkeln,
und die Jägerleitoffiziere können augenblick-
lich gar nichts für sie tun.
Selbst die »Freya«-Geräte funktionieren
nicht so wie gewohnt. Mal erfassen sie
Tausende von Flugzeugen, die sich dann
plötzlich wieder in Nichts auflösen; doch im-
merhin erkennen sie den Bomberstrom zu- Was auf diesem Gemälde wie geballtes Abwehrfeuer wirkt, entpuppte sich bei »Gomorrha« als ei-
mindest noch in groben Zügen. Den oben be- ne geringe Gefahr für die Angreifer
S
eit Menschengedenken vermag die chen Momenten ihres Lebens gehörten. te e.V. (DGSM). Mit SCHIFF CLASSIC ver-
raue, salzige See die Menschen zu fas- SCHIFF CLASSIC lässt Sie an all dem teilha- lässt das Heft nun den exklusiven »Hafen«
zinieren. Piraten, abenteuerliche See- ben! Lebendige Geschichte, üppig illustriert. des DGSM und öffnet sich mit neuer Aufma-
fahrten, erstaunliche Technik, die großen SCHIFF CLASSIC ist das Nachfolge-Heft chung jedem an Schifffahrt und Geschichte
und kleinen Tragödien – all dies auf den von »Schiff & Zeit – Panorama maritim«, interessierten Leser. SCHIFF CLASSIC lädt
Planken, die vielleicht nicht die Welt bedeu- dem Hausmagazin der Deutschen Gesell- Sie ein, mit uns die »Häfen« der Vergangen-
ten, für die Teilnehmer aber zu unvergessli- schaft für Schiffahrts- und Marinegeschich- heit anzusteuern.
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56
TITELGESCHICHTE MARITIME TECHNIK | Flugboote und -schiffe
Seeräuber: Piraten wie Störtebeker erlebten die letzten Minuten ihres Flugboote: Wem es nicht schnell genug ging, der nutzt die
Lebens häufig im Angesicht des Henkers. Doch dies hält moderne Pi- »fliegenden Schiffe«. Doch wie komfortabel, wie sicher waren diese ge-
raten wie etwa in Somalia nicht von ihrem »Beruf« ab … waltigen Vögel?
SCHIFF & ZEIT | GEORGIOS AVEROFF SCHIFF & ZEIT | S.M.S. EMDEN
Museumsschiff: Die Zeiten der Großkampfschiffe sind vorbei, doch es Besatzung der Emden: Die Seeleute des Kleinen Kreuzers EMDEN bra-
gibt diese »Dinosaurier« noch. In Griechenland wartet der Panzerkreu- chen 1914 zu einer abenteuerlichen Odyssee auf. Ein Spielfilm erzählt
zer GEORGIOS AVEROFF auf Besucher. ihre spannende Geschichte.
kelkraft zur Verfügung standen, um ein Traditionen der Seeleute eine so große Rol-
historisch korrekter ist es, von einem Shan- gebrasst werden, besonders die Arbeit an Shanty als Abgrenzung
Foto: picture alliance/akg images
sollte die zivile Schifffahrt von einer ty zu sprechen und damit bereits eine Ein- den Pumpen galt als Schwerstarbeit. Bis Das Shanteying unterschied auch die
grenzung hinsichtlich einer bestimmten zum Aufkommen der Stahlindustrie und Mannschaft von den Offizieren an Bord.
solchen Katastrophe heimgesucht werden. Form und Gattung vorzunehmen. Typi- des Vernietens von Stahlplatten wurden al- Die Form des Shanty – Vorsänger und Chor
Er war Auslöser für das Bestreben, die scherweise ist ein Shanty ein Seemannslied le seegängigen Schiffe aus Holzplanken ge- – demonstrierte, wer die Arbeit machte und
mit Refrain. Die Bezeichnung Shanty soll baut. Zum Abdichten standen als einzige wer die Order an Bord gab. Diese Form des
Schifffahrt mithilfe der Funkmesstechnik aus dem Französischen entlehnt sein, von Methoden nur das Kalfatern und das Im- Liedgesangs entstand in der europäischen
„chanter“ (singen). Ursprünglich waren prägnieren mit Pech zur Verfügung. Fast al- Musikgeschichte schon sehr früh und reicht
sicherer zu machen. Von Sigurd Hess Shanties die Lieder der Seeleute, die auf den le hölzernen Schiffe leckten, was kein Pro- bis zur kirchlichen Gesangspraxis des gre-
alten Seglern während der Arbeit gesungen blem darstellte, solange die Crew schneller gorianischen Chorals im 9. Jahrhundert zu-
wurden. Der Rhythmus dieser Lieder war pumpen konnte, als das Schiff Wasser rück. Auch hier drückte sich durch den
in vielen Fällen derart gestaltet, dass er bei machte. Wechsel von Vorsänger und Chor der Stan-
bestimmten gemeinschaftlichen Arbeiten desunterschied von Priester und Gemeinde
wie beim Brassen der Segel oder beim Pum- Gegen Wassermachen anpumpen aus. Der Shantyman war keine offizielle Po-
pen als Taktgeber fungierte, damit alle im Die Musik sollte dabei die Zusammenar- sition an Bord, auch gab es dafür keine be-
Rhythmus des Gesanges im selben Takt ar- beit in der Gruppe vereinfachen und den sondere musikalische Unterweisung. Der
beiteten. Dies zeigt die Form des typischen Teamgeist fördern. Rhythmus und Form Rang eines Seemanns innerhalb der Crew
Shanty, das aus einer Strophe besteht, die des Shanty koordinierten die Arbeitskräfte, hing von seiner Berufserfahrung ab: Je
von einem Vorsänger, dem Shantyman, so- richteten die Konzentration der Männer auf mehr Erfahrungen ein Seemann hatte, des-
lo vorgetragen wurde, und einem Refrain, die Arbeit und lenkten von der Schwere der to höher war auch seine Bezahlung. Die Fä-
der sich strophenweise wiederholt und von Tätigkeit ab – ein Effekt, der heute noch higkeit, Shanties zu singen, und das Reper-
der ganzen Crew im Chor gesungen wur- durch Musikbeschallung in Fitnessstudios toire an Liedern wuchsen ebenfalls mit den
de. Diese Tradition wurde bis zum Aufkom- erzielt wird. Daneben gaben Shanties der Berufsjahren. Dabei erlernten die Seeleute
men der Dampfschiffe gepflegt. Mannschaft die Möglichkeit, ihre Ansich- das Singen im Lauf ihrer Fahrenszeit. Wer
ten und Gefühle auszudrücken, ohne mit eine natürliche Begabung und eine gute
Erste Shanty-Erwähnung Bestrafung rechnen zu müssen. Da- Stimme hatte, wurde von der Crew als
Erstmals wurden die Arbeitslieder der her ist es nicht verwun- Shantyman akzeptiert und nahm dann
englischen Seeleute 1549 in „The Com- derlich, dass Shanties die Position des Vorsängers ein. Lieder
playnt of Scotland“ erwähnt. Die Blüte an Bord und in den wurden von Mann zu Mann weitergege-
erreichte das Shanty als musikalische ben. Typischerweise wurden die Texte
Gattung zweifellos mit dem Aufkom- und Melodien aufgrund einer fehlenden
men des vollgetakelten Segelschiffs. schulmusikalischen Ausbildung der See-
Zwar befuhren bereits wagemutige See- leute in erster Linie mündlich überliefert.
fahrer wie Leif Eriksson, Christopher Schriftliche Aufzeichnungen
Columbus, Bartolomeu Dias, Fernando von Shanties kamen nur zu-
Magellan und andere die Meere unter stande, wenn musikgelehrte
Segeln und entdeckten dabei neue Kon- Passagiere die Gesänge der
tinente und Handelswege, und sicher Seeleute abhörten und in
wurde auch auf ihren Schiffen gern ge- Notenschrift notierten oder
sungen, jedoch konnte das Shanty erst ein Shanty aus irgendeinem
BLICK IN DIE TAKELAGE: Bevor die Segel so mit dem Aufkommen einer umfangrei- Anlass selbst komponierten.
im Wind stehen, ist kräftiges Zupacken an- chen Seewirtschaft und des Seehandels
gesagt. Das geht am besten mit einem ar- zur Blüte gelangen.
beitsrhythmischen Lied auf den Lippen. ALLE MANN ZUGLEICH: Crew
In einer Zeit, in der nur die Kraft beim Setzen der Segel.
des Windes und menschliche Mus- Abbildung: Sammlung Gasenzer
Funk und Radar: Der Untergang der TITANIC brachte vielen Menschen Seemannslieder: Die kernigen Seeleute und ihr Gesang sind untrenn-
den Tod, doch war er auch Anstoß für einen technischen Sprung nach bar mit der Segelschifffahrt verbunden. Doch wieviel Romantik und
vorne, der die Schifffahrt sicherer machen sollte. wieviel harte Realität stand tatsächlich hinter der Musik?
Der Albatros-Jagddoppel-
decker von Leutnant
Friedrich-Wilhelm
Wichard der Jasta 24
Foto Othmar Hellinger
58
Aus Liebaeil
zum Det
Mit der maßstäblichen Verspannung wirkt das Modell sehr originalgetreu Foto Othmar Hellinger
Die farblich gestaltete Holzimitation, komplett Am Flugzeug verbaute Ösen und Halterun-
fertig mit den Decals und dezenter Alterung gen mit den gespannten Drähten
aus einem Spezialkunststoff der Lebens- wie auch auf der Unterseite komplett zu la-
mittelindustrie. Für die Spanndrähte be- ckieren. Mit einem feinen, weichen Minen-
nutzte ich eine 0,15 Millimeter starke Ang- bleistift, Ölfarbe und Buntmalstiften setzte
lerschnur. Die restlichen Bauteile außer ich noch weitere Akzente am Modell.
Rumpf mit Unterflügel beziehungsweise
Oberflügel konnten aufgrund ihrer Pass- Der große Moment
genauigkeit alle einzeln lackiert werden. Nun kam die Stunde der Wahrheit: das Zu-
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Jeden Mon !
Die Tragflächenunterseite lackierte ich mit sammenfügen von oberer Tragfläche mit
einem aufgehellten RLM-65-Ton, ange- dem Rumpf. Dies geschah mithilfe einer
mischt aus Tamiya-Farben. Die Oberseiten durchsichtigen Schablone, nach der ich die
eu a m K i o sk
bekamen einen Anstrich in Tamiya Grün
und Braun. Nach der Lackierung setzte ich
Rumpfstreben ausrichten und fest verkle-
ben konnte. Danach schloss sich die obe-
n
aus Tamiya-Band geschnittene Streifen auf re Tragfläche mit den Außenstreben an.
die Rippenstruktur, die dann mit hochver- Dies war noch recht instabil, und erst die
dünntem Schwarzbraun bemalt wurden, richtige Verspannung brachte Halt. Wäh-
um einen Schattenwurf darzustellen. rend der Bauphase korrigierte mich meine
Nachdem die Querruder der oberen Frau im Übrigen mehrmals, damit das Mo-
Tragfläche einzeln angebracht wurden, ent- dell auch ihren Wünschen entsprach. ■
schloss ich mich, die Hoheitsabzeichen hier Guido Veik/Othmar Hellinger
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Das brisante Leben des
Flugmotoren und mehr...
Testpiloten Richard Perlia
Ein Traum wird wahr
Georg Baumgarten
Lebendige Chronik eines deutschen und Dr.Wölfert
Lebenschronik des 2012 im Alter
Unternehmens und Dokumentation
von 107 Jahren verstorbenen Flie-
ihrer Produktpalette vom Anfang der Die wichtigsten deutschen Luftschiff-
gers - zugleich ein Zeitzeugnis der
Fliegerei bis zur Gegenwart pioniere des 19.Jahrhunderts und ihr
deutschen Luftfahrtgeschichte vom
Ersten Weltkrieg bis zum Jahr 2001 Luftschiff Deutschland, welches 1883
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Die »Superfestung« Bomber im Detail
Die B-50 war eine direkte Weiterent- In einem der bislang umfangreichsten
wicklung der B-29 mit stärkeren Moto- Bände der renommierten Reihe führt das
ren und mehr Bombenlast. Ihr Einsatz Autorenduo durch Entwicklung und
begann 1947 – zu einer Zeit, in der die Einsatzgeschichte des Patrouillenbom-
USA auf atomare Abschreckung zu zäh- bers Convair Privateer. Der Text ist ge-
len begannen und die UdSSR fortan als haltvoll geschrieben und der Band mehr Convair
Hauptfeind galt. Noch nie zuvor dürfte als üppig mit zeitgenössischen Aufnah- PB4Y-2/P4Y-2 Privateer
Boeing B-50 sich ein Werk derart umfangreich mit der men illustriert. Dazu gehören gestochen Naval Fighters Number 93
Air Force Legends Number 215
weitgehend vergessenen B-50 auseinan- scharfe Cockpitfotos und interessante In englischer Sprache
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Aspekt ihrer Einsatzgeschichte beleuch- bauerisch orientiert: Jeder Leser, der sich Bezugsquelle: Fachbuch-
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Die Bf 109 G-6, ein restaurierter Wasserfund, ist zeit-
weise im Museum ausgestellt Foto Mikael Olrog
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Klinkerbauweise wie beim Boots-
Checkliste
bau: LFG Roland D VIb Foto Mikael Olrog
Muzeum Lotnictwa Polskiego
Al. Jana Pawla II 39, 30-969 Kraków
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D er Flugplatz Krakau-Rakowice-Czyzny
hat eine lange Geschichte, die bereits En-
de des 19. Jahrhunderts mit einem Ballon-
Fluggesellschaft LOT, wurde 1963 eingestellt,
als die umliegende Bebauung zu nahe an den
Flugplatz heranrückte.
Öffnungszeiten:
Dienstag 9.00–19.00 Uhr, Eintritt frei
Mittwoch–Sonntag 9.00–19.00 Uhr
Startplatz für die Festung Krakau ihren An- Bereits 1964 wurde hier das Polnische Montag geschlossen
Eintrittspreise:
fang genommen hat. 1912 gründete man hier Luftfahrtmuseum gegründet, das heute einen Erwachsene ca. 3,30 €, Kinder und Studenten
schließlich den »Flugpark 7« der österreich- Bestand von rund 250 Flugzeugen, Hub- ca. 1,15 €, Führungen in Polnisch ca. 9,60 €,
ungarischen Luftwaffe, und ab 1915 waren schraubern und Flugkörpern hat. Schwer- in Deutsch oder Englisch ca. 15,60 €
hier eine Flugschule und eine Reparaturwerft punkt der Sammlung sind die Maschinen
untergebracht. der polnischen Luftfahrt und Luftwaffe, die
1918 begann der zivile Luftverkehr, als zahlreiche polnische und russische Typen
man eine Zwischenstation auf der Postflug- umfasst.
strecke Wien–Kiew–Odessa einrichtete. Aber Für deutsche Besucher findet sich hier je-
schon bald darauf übernahm das polnische doch ein Schatz, nämlich die Relikte der le-
Militär das Kommando über den Flugplatz. gendären »Deutschen Luftfahrtsammlung«
Bis 1939 wurde er dann zum zweitgrößten aus Berlin, die durch die Kriegswirren hierher
Stützpunkt der polnischen Luftwaffe mit gelangt sind. Rund 20 zwar meist nicht mehr
Kampfflugzeugen, einer Flugschule und einer ganz vollständige, aber doch seltene Raritäten
Flugzeugbaufabrik. befinden sich hier wie zum Beispiel AEG Eu-
Nächster Hausherr war bis 1945 die deut- le, Albatros B IIa, Albatros L 101, Aviatik C III,
sche Luftwaffe, die den Platz weiter ausbaute Udets Curtiss Hawk, DFW C V, Geest Möwe,
und als Nachschubbasis für die Ostfront nutz- Halberstadt CL II, Heinkel HE 5, LFG Roland,
te. Nachdem die Rote Armee den Ort erobert LVG Schneider oder die legendäre Rekord-
hatte, übernahmen ab 1945 wieder die Polen maschine Me 209 V1! Legendär: die Rekordmaschine Me 209 V1
das Zepter. Der Flugbetrieb, zuletzt durch die Peter W. Cohausz ■ Foto Muzeum Lotnictwa
UNGEWÖHNLICHES AMPHIBIENFLUGZEUG
Halb Spitfire,
Schön und nützlich: Die Seagull war als »Engel« für in Seenot
geratene Piloten geplant. Hier der erste Prototyp mit seinem
Leitwerk, das aus einer kleinen Mittelflosse und dem »Schmet-
terlings«-Leitwerk bestand. Ingesamt zeigt die Maschine eine
erstaunlich elegante Linienführung
64
halb Walrus
Der Entwurf erinnert an die sprichwörtliche »eierlegende Wollmilchsau«: Annähernd
schnell wie die Spitfire sollte die Seagull sein und dabei die hervorragenden Langsam-
Flugeigenschaften der Walrus aufweisen. Konnte dieses Konzept aufgehen? Von Nick Stroud
D
ie Supermarine Seagull, zweifelsohne Nachfolgemuster für die außerordentlich Erstere eine größere Dienstgipfelhöhe ermög-
eines der attraktivsten je gebauten erfolgreichen Walrus und Sea Otter anzubie- lichte, aber eine geringere Höchstgeschwin-
Amphibienflugzeuge, wurde vom ten, die erstmals 1933 beziehungsweise 1938 digkeit aufwies. Die Entwicklungsabteilung
Hersteller als »Bündelung der Erfahrungen flogen. von Supermarine favorisierte jedoch die zwei-
aus Walrus und Spitfire – Seetauglichkeit plus
Leistungsfähigkeit« betrachtet. Lediglich zwei
Exemplare davon wurden fertiggestellt.
Die Tragfläche entfaltete beim Marschflug
Die Seagull war 1940 ursprünglich als ver- eine optimale aerodynamische Wirkung.
bessertes Aufklärungs-Amphibienflugzeug
für die Flotte gemäß der Air Ministry Speci- Das neue Amphibienflugzeug war ur- te Lösung, die ihrer Meinung nach die mo-
fication S.12/40 konzipiert worden. Super- sprünglich sowohl als Doppeldecker- als auch dernere Konzeption eines Marine-Amphi-
marine kam damit der Forderung nach, ein als Eindecker-Variante vorgesehen, wobei bienflugzeugs darstellte. Die Firma betonte
natürlich auch ihre Erfolge sowohl mit ihrer
langsamsten als auch mit ihrer schnellsten
Maschine, nämlich der Walrus und der Spitfi-
re, und argumentierte, dass ihr neues Flug-
zeug eine Kombination aus beiden darstellen
würde – eine irrwitzige Ansicht!
66
Vorgänger der Seagull: Von der Truppe liebevoll als »Shagbat« bezeichnet, Auf dem Weg zur Seagull: Die Sea Otter stellte mit ihrem Zugpropeller
war die Walrus einer der willkommensten Anblicke für einen hilflos im eine Weiterentwicklung der Walrus dar. Sie besaß eine höhere Ge-
Meer treibenden Piloten während des Zweiten Weltkriegs schwindigkeit und eine größere Reichweite
Ungewöhnliches Leitwerk
Der Flügel wurde in Hochdeckerform über Für ein Amphibienflugzeug war die Seagull bemerkenswert schlank. Hier ist sie nach dem Einbau
dem Hauptrumpf auf einem verkleideten, einer Mittelflosse mit Seitenruder zur Verbesserung der Strömung am Leitwerk zu sehen
zweispantigen Triebwerksgerüst montiert. Im
vorderen Teil befanden sich Öl- und Flüssig-
keitskühler sowie der Lufteinlass für den Testpilot Michael John Lithgow
Rolls Royce Merlin 30. Der hintere Teil ent-
Testpilot der Seagull war Lieutenant Com- von Chicklade abstürzte. Dabei kamen auch
hielt eine Beobachterposition mit sehr groß-
mander Michael John Lithgow, geboren am sechs weitere Mitglieder des BAC-Flugerpro-
zügig dimensionierten Scheiben auf jeder Sei- 30. August 1920 und Schüler am Chelten- bungsteams ums Leben. ■
te, die eine ausgezeichnete Sicht nach unten ham College. Während des Krieges diente
und hinten erlaubten. er bei den britischen Marinefliegern und
Die Tragfläche selbst war mittels Scharnie- nahm mit einer Swordfish der 820 Squa-
ren an der vorderen Holmwurzel drehbar ge- dron vom Flugzeugträger HMS Ark Royal an
lagert und ließ sich durch zwei elektrisch be- dem Angriff auf die Bismarck teil. Im Dezem-
tätigte Schraubspindeln an einem hinteren ber 1945 verließ er die Royal Navy und ging
Zusatzholm verstellen. Der aus zwei Längs- einen Monat später als Testpilot zu Vickers
trägern, geknickten und eng angeordneten Supermarine. Dort wurde er zwei Jahre spä-
ter Cheftestpilot.
leichten Alurahmen bestehende Rumpf war
Am 26. September 1953 erlangte Lith-
mit bündig vernietetem Alclad-Blech be- gow Berühmtheit, als er mit der Supermari-
plankt. ne Swift F.4, Prototyp WK198, in der Nähe
Zur Verteidigung sollte das Flugzeug vier von Tripolis in Libyen mit 1184 km/h einen
Browning-MG vom Kaliber .303 in einem mo- neuen Geschwindigkeitsweltrekord aufstell-
difizierten Nash & Thomson-Drehturm an te. Er führte auch umfangreiche Testflüge
der Hinterkante der Motorgondel erhalten. mit anderen Supermarine-Flugzeugen wie
Doch diese Bewaffnung wurde nie eingebaut. Attacker, Swift, Scimitar sowie später Vi-
Das Leitwerk in Schmetterlingsanordnung ckers Vanguard und BAC 1-11 durch.
wies eine ausgeprägte V-Stellung auf. Zwar Tragischerweise kam Lithgow bei einem
Testflug mit dem Prototyp der BAC 1-11 Michael Lithgow (links) zusammen mit
erprobten die Ingenieure später ein etwas
G-ASHG am 22. Oktober 1963 ums Leben, Les Colquhoun, ebenfalls Supermarine-Test-
konventionelleres T-Leitwerk, doch erwies als das Flugzeug bei Strömungsabrissversu- pilot, zu Beginn der Erprobung der Super-
sich das Schmetterlingsleitwerk (V-Leitwerk) chen unkontrollierbar wurde und in der Nähe marine Swift Foto Phil Jarrett
als stabiler.
Im Juli 1948 war der Seagull-Prototyp Im September 1948 flog Lithgow die Sea- habbarkeit des Flugzeugs betätigte Lithgow
ASR.I, PA143, nach dreiwöchiger Erprobung gull schließlich zur neunten Ausstellung der die elektrisch angetriebenen Schraubspindeln,
im Wasser schließlich bereit für den Erstflug. Society of British Aircraft Constructors (SBAC) um den Anstellwinkel des Flügels zu erhöhen.
Bei diesen Tests hatte sich gezeigt, dass die in Farnborough, wo das neue Amphibien- Bei optimaler Stellung der Vorflügel, der ge-
Maschine bei niedrigen Geschwindigkeiten
zum Rollen neigte und schwer auf Kurs
zu halten war. Der rechte Schwimmer ten-
Das neue Amphibienflugzeug hinterließ trotz
dierte dazu, beim Abbremsen ins Wasser ein- schlechten Wetters einen guten Eindruck.
zutauchen, ein Problem, das durch längere
Schwimmerstreben gelöst wurde. Am 14. Ju- flugzeug trotz extrem schlechter Wetterver- schlitzten Flügelklappen und Querruder flog
li 1948 startete Supermarine-Testpilot Lieute- hältnisse einen guten Eindruck hinterließ. Die die Seagull mit laufendem Motor nahe ihrer
nant Commander Mike Lithgow die Seagull benötigte Startstrecke war sehr kurz, und nach Abrissgeschwindigkeit von rund 95 km/h
zu ihrem Jungfernflug. einer Demonstration der allgemeinen Hand- langsam an den Zuschauern vorbei.
Die Seagull PA143 mit vollständig gefalteten Flügeln *Leistungswerte geschätzt für Serienausführung mit Triebwerk RG.30SM)
68
In dem Bestreben, sowohl die Erfahrun-
gen mit der Spitfire als auch die mit der Wal-
rus einfließen zu lassen, war es Supermari-
ne tatsächlich gelungen, ein Flugzeug mit
einem beneidenswert großen Geschwindig-
keitsbereich zu bauen. So lag ihre Abrissge-
schwindigkeit unter 100 km/h, während
ihre Höchstgeschwindigkeit über 400 km/h
betrug.
Retter in der Not: Die 276 Squadron war Unterstützte die Walrus: Die Vickers Warwick Die Sikorsky Hoverfly kennzeichnete den Be-
eine typische ASR-Staffel. Hier aus der Zeit wurde mit abwerfbaren Rettungsbooten ausge- ginn eines neuen Zeitalters für die Royal Navy
kurz vor Kriegsende rüstet und zur Seenotrettung eingesetzt und die RAF – und das Ende für die Seagull
Foto R. Chapman Foto Phil Jarrett Foto Phil Jarrett
E
s klingt, als könnte es sich der alte Neu- seine Crew womöglich noch Glück gehabt: lebt sein Wirtschaftswunder, Großbritannien
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Stefan Bartmann
seeländer im Jahr 2010 noch immer Von den neunzehn gestarteten Lancaster sind macht harte Jahre durch. Die einstige Welt-
nicht verzeihen, es nicht bis ins Ruhr- acht auf der Strecke geblieben. Aber der Möh- macht muss sich mit einer radikal veränder-
gebiet geschafft zu haben! Les Munro, Pilot ei- ne- und Ederdamm sind gebrochen. ten Nachkriegs-Weltordnung abfinden. Sol-
ner Lancaster aus der zweiten Angriffswelle Gut ein Jahrzehnt nach dem 17. Mai 1943 che Überlegungen und Stimmungen prägen
und auf dem Weg zur Sorpetalsperre, bekam wird daraus ein aufwendiger Spielfilm ge- zwangsläufig auch die Populärkultur eines
schon über Holland einen Flaktreffer ab, der macht, der die »Operation Chastise« und die Landes. Mit Filmen wie »Dam Busters« wird
einen Weiterflug sinnlos machte. In einem 617 Squadron ohne lästige Zwischentöne glo- die lange britische Erinnerungskultur an den
Dokumentarfilm (im Anhang der »Dam Bus- rifiziert; ein Film mit spürbarer Genugtuung. Zweiten Weltkrieg fortgeführt. Viele ähnlich
ters«-DVD) erinnern er und vier weitere letz- Als »The Dam Busters« 1955 in die briti- geartete Produktionen werden folgen.
te Dambusters sich an eine der legendärsten schen Kinos kommt, ist auf der Insel die Er- »Dam Busters«, in strengem Schwarz-Weiß
Aktionen des Zweiten Weltkriegs. innerung an den großen Konflikt noch ganz gedreht, sollte sich als der erfolgreichste Film
Munro kehrte zur RAF-Basis Scampton in frisch. Aber etwas in der Bilanz scheint nicht des Jahres 1955 an den britischen Kinokassen
Lincolnshire zurück. Und da hatten er und zu stimmen; das geschlagene Deutschland er- erweisen. Mit seinerzeit populären Schauspie-
70
Richard Todd spielte den Squadron-Leader Das Beste an »Dam Busters«: Drei echte Lancaster verhel-
Guy Gibson Foto François Prins fen dem Film zu Authentizität Foto Richard Chapman
lern wie Michael Redgrave (als Dr. Barnes Wal- Guy Gibson hat sein nächtliches Abenteuer
lis) und Richard Todd (als Wing-Commander in Buchform unter die Leute gebracht: »Enemy
Guy Gibson) ist das Epos erstklassig besetzt. Coast Ahead«, das 1946 erschien. Zu diesem
Die Handlung dreht sich oft um diese beiden Zeitpunkt lebte der gefeierte Kriegsheld schon
zentralen Figuren von »Chastise« und zerfällt nicht mehr. Bei einem (völlig missratenen)
dabei in zwei sehr verschiedene, aber gleich be- Nachtangriff war er am 19. September 1944
deutende Teile: die pedantische Vorbereitung über den Niederlanden mit einer Mosquito
und den dramatischen Einsatz selbst. abgestürzt; die genauen Umstände sind bis
heute ungeklärt und Gegenstand von Speku-
»Enemy Coast Ahead« lationen. Hauptsächlich bediente sich Dreh-
Unverkennbar sind daher die Parallelen die- buchautor R.C. Sherriff aus dem Buch »The
ses Films zu einem anderen Klassiker seines Dam Busters« von Paul Brickhill. Der Film ist
Genres: »Thirty Seconds over Tokyo« (siehe die erste große Regie-Arbeit des 35-jährigen
FLUGZEUG CLASSIC 4/2012). Beide Filme Michael Anderson; ein Jahr später wird er mit
handeln von ganz realen, waghalsigen Welt- »In 80 Tagen um die Welt« (mit David Niven)
kriegsoperationen mit Wende-Charakter. Und einen der prächtigsten, teuersten und schöns-
beide haben dasselbe Problem: Eine Ge- ten Filme der 1950er-Jahre abliefern.
schichte, deren Ausgang jeder kennt, span- Damals nahm sich das Unterhaltungskino
nend zu erzählen, ist gar nicht so einfach. deutlich mehr Zeit, um seine Figuren und
Dreharbeiten auf den alten RAF-Basen Scamp- Spektakulär: Das Tiefflug-Training wird per In- Dreh am Originalschauplatz: das National
ton und Hemswell Foto François Prins board-Kamera gefilmt Foto François Prins Physical Laboratory in Teddington Foto François Prins
72
war Gibson mit einer schwierigen Aufgabe
konfrontiert und hoher Verantwortung bela-
den worden, und seine Untergebenen be-
merkten schnell, dass er unter keinen Um-
ständen daran scheitern wollte.
Un-Wort »Nigger«
Bisweilen besitzt »Dam Busters« geradezu
dokumentarische Qualitäten. Originale Ar-
chivfilme, welche die Tests der Wallis-Roll-
bomben vom Typ »Upkeep« und »Highball«
(gegen Schiffe) festgehalten haben, veredeln
diese Sequenzen. Die Geheimhaltung erfor-
derte, dass die genaue Form der Bombe per
Übermalung auf dem Filmmaterial unkennt-
lich gemacht wurde!
Das Training der 617 Squadron ist schon in
vollem Gange, als Wallis noch immer an seiner
unausgereiften »Bouncing Bomb« tüftelt. Nach
peinlichen Fehlschlägen wird klar, dass die Im Film nimmt die pedantische Vorbereitung auf die »Operation Chastise« mehr Raum ein als der
Lancaster deutlich tiefer anfliegen müssen als Einsatz selbst Foto Richard Chapman
ursprünglich berechnet: nur noch 60 Fuß, also
18 Meter. Inzwischen weiß man wenigstens, nicht unähnlich. Nicht in allen Lancaster kam ihre Kosten. Die Flugaufnahmen entstehen an
wie diese knifflige Höhe annähernd präzise zu der originelle »coat hanger« zum Einsatz; man- mehreren Orten. Der Derwent-Wasserspeicher
halten ist: Zwei Scheinwerfer am Rumpfboden che Besatzungen verwendeten alternative Ein- in Derbyshire (wo einst die echte 617 Squa-
werden so eingestellt, dass sich ihre Lichtkegel richtungen. dron ihren Tiefflug übte) wird als Ersatz für
in genau dieser Flughöhe berühren. Entsprechend den Spielregeln des Unter- das Tal der Ruhr herhalten. Um den Einflug in
Der Film findet für die Entstehung dieses haltungsfilms, hätte ein Love-Plot die Sache die Niederlande überzeugend zu filmen, geht
Kniffs eine wahrhaft cineastische Erklärung: anreichern müssen. Doch Gibson scheint nur man an die flachere Ostküste nach Skegness.
Während eines Varietébesuchs in London eine einzige Liebe zu haben: die zu seinem Ein weiterer Schauplatz ist der idyllische Lake
überkommt Gibson persönlich dieser Geistes- pechschwarzen Labrador, das Staffel-Mas- District im Nordwesten der Insel.
Eine Flugstunde mit der durstigen, war-
Die Wirklichkeit ist, wie so oft, tungsintensiven Lancaster ist teuer. Am
Schluss wird sich allein der Film-Flugbetrieb
sehr viel prosaischer … auf ein Zehntel der Produktionskosten an-
häufen! Und die drei Lancaster sind tatsäch-
blitz beim Betrachten der Bühnenbeleuchtung. kottchen, den auch der echte Gibson in rüh- lich viel unterwegs. Einer aus dem künftigen
Die Wirklichkeit ist, wie so oft, sehr viel pro- render Ahnungslosigkeit künftiger Korrekt- Publikum wird nachhaltig von den so ent-
saischer. Der Vorschlag kam aus Farnborough, heitszwänge schlicht »Nigger« zu nennen standenen Szenen beeindruckt sein: Peter
was das nervöse Air Ministry aber nicht publik pflegte. Und dies ist auch schon der einzige Jackson, der umtriebige Warbird-Fan und Ki-
gemacht haben wollte. Aus derselben Ecke echte Gag dieses vollkommen ironiefreien no-Magier. Schon seit 2008 feilt der neusee-
stammte auch die simple Methode, wie man Films (und ein Spätzünder dazu). Das Un- ländische Erfolgsregisseur am Remake von
die Entfernung zu den Wehrtürmen auf den Wort taucht oft auf, später auch als Code- »Dam Busters» – mit allem, was die moder-
Staumauern während des Anflugs messen Name für den zerstörten Möhnedamm. ne Computertechnik hergibt. Mehr dazu in
konnte. Das optische Hilfsmittel für den Bom- Mit dem Beginn des Tiefflugtrainings kom- der übernächsten Ausgabe von FLUGZEUG
benschützen im Bug sieht einem Kleiderbügel men Lancaster-Fans in diesem Film voll auf CLASSIC. ■
»Oben ohne« auf der Haube: Eine Bf 109 E-1, »Rote 11«
der 2./JG 77, bei der Sitzbereitschaft. Das Gruppenab-
zeichen auf der Motorhaube fehlt. Der eigentlich zu ei-
ner IV. Gruppe gehörende Kreis nach dem Balkenkreuz
ist eine Besonderheit, die noch von der letzten Umor-
ganisation der Jagdgeschwader herrührt und von einer
früheren Einheit stammt
Erwin Peters in
E
in Päckchen mit einem dicken Stapel Fo- nicht so groß, und nun kann er ihn nicht mehr
Ausgehuniform
auf Heimatur-
tos hat uns Leser Mario Peters zukom- fragen. Daher möchte er die interessanten
laub. Das Bild ist men lassen, der sich eigentlich mehr mit Schnappschüsse unseren Lesern zeigen, in
1943 nach sei- Schiffen und Dampfmaschinen beschäftigt. der Hoffnung, etwas über die Flugzeuge auf
ner Beförderung Die Bilder stammen von seinem Vater Erwin den Bildern zu erfahren.
zum Feldwebel Peters. Wie so oft war das Interesse am Flie- Die militärische Laufbahn führte Peters
entstanden gerleben des Vaters zu dessen Lebzeiten noch unter anderem zum JG 77, zum JG 51 und zur
74
Im März/April 1939
war Erwin Peters
(rechts oben auf der
Tragfläche) in Olmütz
stationiert. Hier wird
eine Messerschmitt
Bf 109 D-1 gewartet.
Diese Version war die
meistgebaute Variante
mit dem 680-PS-Jumo-
210 und Zweiblatt-Ver-
stellluftschraube. Durch
ihre gutmütigen Flug-
eigenschaften war die
Maschine bei den Pilo-
ten beliebt und blieb bis
Kriegsende bei den Flie-
gerschulen im Einsatz
Ergänzungs-Jagdgruppe Ost; dabei traf er Kriegsende noch einen guten Kontakt hatte.
auch mit so bekannten Fliegerassen wie Her- Während dieser Zeit muss er auch bei der Le-
mann Graf, Adolf Galland, Werner Mölders gion Condor gewesen sein, wie sich sein Sohn
oder Johannes Trautloft zusammen. aus Erzählungen noch erinnert. Im Wehrpass
Erwin Peters (9. Juli 1917 bis 29. Dezember wurde dies aus Gründen der Geheimhaltung
2002) stammt aus dem Kreis Schleswig und aber nicht vermerkt.
hat nach der Volksschule von 1933 bis 1937 Ab August 1938 wurde aus der I./132 die
zunächst eine Ausbildung zum Kraftfahr- I. Gruppe des JG 77. Erwin Peters kam zur
zeugmechaniker gemacht. 2. Staffel. Das JG 77 wurde aufgrund seines Ziellandung in einem Kornfeld mit einer Arado
Im Februar 1937 meldete er sich in Rends- Wappens auch »Herz-As-Geschwader« ge- Ar 68 E. Von diesem Jagddoppeldecker gab es
burg freiwillig zur Luftwaffe. Zuvor musste nannt, wobei die 2. Staffel einen schwarzen Versionen mit dem Jumo 210 (Ar 68 E) oder
mit dem BMW VI (Ar 68 F). Das Bild ist vermut-
er jedoch erst zum Reichsarbeitsdienst. Die Zylinderhut als Abzeichen führte.
lich in der Zeit entstanden, als Erwin Peters bei
anschließende Grundausbildung von No- Während des Polenfeldzuges war die der Jagdgruppe I./132 war
vember 1937 bis März 1938 begann für ihn 2./JG 77 in Juliusburg, Niederschlesien, sta-
beim Infanterieregiment 116 in Gießen, ob- tioniert. Mit drei Abschüssen und zwei Flug-
wohl er zur Flieger-Ersatzabteilung 12 in zeugverlusten ohne Personenschäden kam Weitere Quellen:
Schönwalde gehörte. die Gruppe glimpflich davon.
Den ersten echten Kontakt zur Luftwaffe Im Wehrpass sind Krakau und Krosno als
bekam er dann bei der 3. Staffel der Jagd- Erwin Peters’ Einsatzorte vermerkt, was ver- Ketley, Barry/Rolfe, Mark: »Luftwaffen
gruppe I./132. Deren Kommandeur war kein gleichsweise akkurat ist, denn mit fortschrei- Embleme 1939–1945«, Bonn 2001
Geringerer als das spätere Fliegerass Johannes tender Kriegsdauer werden die Einträge im- Ries, Karl: »Photo Collection Luftwaffe
Trautloft, zu dem Erwin Peters auch nach mer oberflächlicher und allgemeiner. Embleme 1935–1945«, Mainz 1976
Wenn das Bodenpersonal etwas mehr Zeit hatte, wurde mit dem Aufbau eines Tarnnet-
zes etwas mehr Sichtschutz betrieben. Dazu zog man den Maschinen bei einem längeren
Abstellen maßgeschneiderte Abdeckplanen über. Man beachte auch die übergroßen Bal-
kenkreuze an den Tragflächenunterseiten
76
Wartungsarbeiten an Mann und Gerät: Während
sich der Wart hinten um den Motor der
Bf 109 E-1 kümmert, werden dem Kameraden
die Haare geschnitten
78
Die zwei MG 17
über dem Motor
dieser Bf 109 E-1
werden aufmunitio-
niert. Der Waffen-
wart war verant-
wortlich, dass die
MG im Einsatz
reibungslos
funktionierten
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Hans Bertram meradschaftlich und infolge des- land geschaffen haben, mit einem noch um GN+DT, sondern um
»Verschollen in Australien« sen auch nicht angetan war, den – Schlag wieder illusorisch wird das Verbandskennzeichen 6N+DT
alles in allem – verunglückten und ausländische Regierungen der Kampfgruppe 100. In Köthen
in Heft 5/2013
Flug in ein besseres Licht zu rü- zu einer Haltung gezwungen flog 1939/1940 eine Ju 52 6N+DT
Im Zusammenhang mit dem Ar- cken. (…) Es geht wirklich nicht werden, die Flüge anderer deut- (W.Nr. 6028?), als Quelle dient das
tikel zu Hans Bertrams Flug mit an, dass durch solche aus recht scher Flieger gefährdet, ja fast un- Flugbuch Pullert. Daneben flogen
der »Atlantis« möchte ich den Le- durchsichtigen Gründen ertrotz- möglich macht. Denn dass die in Köthen mehrere Ju 52 mit dem
sern einige relevante Auszüge ten Gewaltflüge all das Gute, das australische Regierung jetzt für Verbandskennzeichen 6N+. Viel-
aus der damaligen Tagespresse andere deutsche Flieger im Aus- Flüge nach Australien hohe Kau- leicht hilft das als Ansatzpunkt
nicht vorenthalten. So schrieb die tionen verlangt, ist nur darauf zu- für eine Suche weiter.
in Berlin herausgegebene, über- rückzuführen, dass ihr durch das Dazu ergänzend: Die Kampf-
regional angesehene Vossische wochenlange Suchen nach Bert- gruppe 100 war in der frühen Pha-
Zeitung am 17. April 1933 unter ram außerordentlich hohe Kosten se des Zweiten Weltkriegs eine
der Überschrift »Eine unerfreuli- entstanden sind.« Einheit von Spezialisten. Es war
che Angelegenheit«: »Mit der An- Kritische zeitgenössische Zei- die erste Einheit, die das »Pfadfin-
kunft Bertrams in Tempelhof len, die auf die Kehrseite der Me- der-Konzept« angewendet hat,
kann man jetzt einen Strich zie- daille hinweisen – und zugleich weshalb deren Flugzeuge mit den
hen unter das Kapitel Atlantis- jene Schieflage offenbaren, die damals neuesten Funknaviga-
Flugexpedition des Fliegers Ber- seit Jahrzehnten die allgemeine tionseinrichtungen ausgestattet
tram, die leider so ziemlich das Wahrnehmung Bertrams und sei- waren. Die Gruppe entstand am
Gegenteil dessen erreicht hat, nes Fluges prägt. 18. November 1939 aus Teilen der
was solche Flüge im Allgemeinen Wolfgang Mühlbauer, per E-Mail Luftnachrichten-Abteilung 100 aus
erreichen sollen. Der Verlauf des Köthen mit dem Stab und den bei-
Fluges (…) hat keineswegs zur Junkers Ju 52 den Staffeln 1./ und 2./KGr 100.
Stärkung des deutschen fliegeri- »Das Geisterflugzeug« in Später wurden daraus drei Staf-
schen Ansehens in der Welt bei- Bei seiner Rückkehr nach Köln, feln, die dann jedoch mit He 111
getragen. Hinzu kommt, dass das
Heft 5/2013 ausgerüstet waren, und am
dem Ausgangspunkt der Altantis-
Verhalten, dessen sich Bertram Flugexpedition, wird Hans Bertram Es handelt sich bei besagter Ma- 15. Dezember 1941 wurde daraus
gegenüber seinen Flugkamera- herzlich von der Fliegerin Liesel schine höchstwahrscheinlich we- die Basis für das Kampfgeschwa-
den befleißigte, mehr als unka- Bach begrüßt Foto DEHLA der um das Kennzeichen CN+DT der 100. Peter Achs, per E-Mail
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RAF Loosiemouth B ACKGROUND
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Pioniergeist, Innovationen,
Peter Cronauer, 2. Historiker der »Traditionsgemeinschaft JG 52«, Technikeuphorie: Die Geschichte
kennt viele ehemalige Jagdflieger persönlich. In diesem Band der zivilen und militärischen
lässt er sechs von ihnen zu Wort kommen, vom Ritterkreuzträger Luftfahrt 1933 – 1945 kompetent
bis zum Nachwuchspiloten im letzten Aufgebot. Sie berichten erzählt und üppig bebildert.
von ihren Erlebnissen und Einsätzen, vom Eismeer bis Nord-
afrika, von der Ostfront bis in die Normandie, am Tag und in 144 Seiten · ca. 200 Abb.
der Nacht. 22,3 x 26,5 cm
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